30.10.2012 Aufrufe

Ausgabe 3/2009 - Deutsche Olympische Gesellschaft

Ausgabe 3/2009 - Deutsche Olympische Gesellschaft

Ausgabe 3/2009 - Deutsche Olympische Gesellschaft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

einer Mischung aus Eishockey und klassischem Hockey, versuchen.<br />

Konnten in einem Parcours der Behinderten nachempfinden,<br />

wie es ist, sich im Rollstuhl oder mit einer stark die Sicht<br />

einschränkenden Brille vorwärts zu bewegen.<br />

Einen starken Akzent setzte der DTB beim Turnfest mit dem<br />

Thema Kinder. Im Kinderturnland tummelten sich die Kleinen<br />

mit leuchtenden Augen an den verschiedenen Spiel- und<br />

Turnstationen bis hin zur rasanten Fahrt mit dem Rollbrett. An<br />

mehreren Stellen des Turnfests konnten Mädchen und Jungen<br />

den Kinderturntest absolvieren. Dabei werden mit sieben<br />

einfachen Übungen Koordination, Beweglichkeit, Kraft und<br />

Ausdauer von Drei- bis Zehnjährigen überprüft. Dieser Test ist<br />

Teil der seit drei Jahren laufenden Kinderturnkampagne des<br />

DTB, der von der Krankenkasse BEK unterstützt und von der<br />

Universität Karlsruhe wissenschaftlich begleitet wird. Inzwischen<br />

sind rund 250 000 Mädchen und Jungen erfasst worden.<br />

Andere Untersuchungen hatten zuvor ergeben, dass sich der<br />

Fitnesszustand von deutschen Kindern dieser Altersgruppe im<br />

Vergleich zu Werten von vor 20 Jahren um zehn Prozent<br />

verschlechtert hat. Professor Klaus Bös berichtete in Frankfurt,<br />

der Kinderturntest habe diesen Trend nicht bestätigt. Vielleicht,<br />

weil die beteiligten Kindergärten, Schulen und Vereine ohnehin<br />

sportfreundlich sind. Ziel des DTB ist es, langfristig besonders<br />

die passiven Kinder zu aktivieren und in die Vereine zu locken.<br />

An der Turnfest-Akademie nahmen 5 500 Interessierte, darunter<br />

zahlreiche Übungsleiter und ihre Ausbilder, in 620 Workshops<br />

teil. 217 Wissenschaftler und andere Experten boten<br />

einen Großteil des Bildungsspektrums der Turnbewegung an.<br />

Das reichte vom Pilates-Studio bis zu Aroha und Indian Balance,<br />

sogenannten Body&Mind-Programmen, die Körper und<br />

Geist in Harmonie bringen sollen, wie Akademie-Leiterin<br />

Gudrun Paul erläuterte.<br />

Bei allem Ernst in Theorie und Praxis wurde beim Turnfest auch<br />

herzhaft gefeiert. Allabendlich lockte die Wassershow mit ihren<br />

phantasievollen Laserprojektionen auf eine 200 Meter breite und<br />

40 Meter hohe Wand aus Gischt, verzauberten die über dem<br />

Main vor der Kulisse der Bankentürme als Sonne und Mond<br />

schwebenden Riesenballons. Das 1,1-Millionen-Euro-Geschenk<br />

der Stadt Frankfurt wurde von rund 2,6 Millionen Besuchern der<br />

Flussfestmeile an beiden Main-Ufern dankend angenommen.<br />

Die 800 000 Euro teure Stadion-Gala sorgte vor 40 000<br />

Zuschauern in der Commerzbank-Arena mit einer die Sinne<br />

fast überreizenden Kolossalshow für einen nachhallenden<br />

Schlussakkord. Angela Merkel, die mit prasselndem Beifall<br />

bedacht wurde, lobte: "Die Turner haben ein wunderbares Bild<br />

des Turnsports abgegeben." Das galt auch für die Gala. Sie<br />

spiegelte in dem Dauerrahmen von 2500 in Rot und Weiß<br />

gewandeten Turnern den Charakter des Turnfests: so verwirrend<br />

vielschichtig und voll gepackt mit Attraktionen, dass die<br />

Zuschauer kaum wussten, wohin sie schauen sollten. Es war<br />

18<br />

eine kühne Kombination aus individuell<br />

agierenden Gruppen von Akrobaten und<br />

Turnern, von Hip-Hop-Tänzern und<br />

Ballerinen, die sich zu einer Großchoreographie<br />

fanden, ohne zu seelenlosen<br />

Menschenmarionetten zu werden. Bei<br />

aller Überfülle des Angebots wurde den<br />

turnerischen Darbietungen am aufmerksamsten<br />

applaudiert. Und natürlich<br />

machte sich die Begeisterung vor allem<br />

an Fabian Hambüchen und seiner fulminanten<br />

Reck-Kür fest. Schade, dass das<br />

Turnidol bei seinem Sieg im Wettbewerb<br />

der Champions Trophy und beim Gewinn<br />

von fünf deutschen Meistertiteln am<br />

Rande im Vorort Höchst statt im Zentrum<br />

der Festhalle platziert wurde.<br />

Das hinderte die Medien aber nicht<br />

daran, das 35,6 Millionen Euro teure<br />

Turnfest weitgehend nur als lokales<br />

Ereignis wahrzunehmen und sich überregional<br />

zumeist auf Hambüchen, Leistungsturnen<br />

und den Titelstreit in der<br />

Rhythmischen Sportgymnastik zu<br />

beschränken. Damit aber wurden die<br />

vielschichtigen Wirkungsmöglichkeiten<br />

des Turnfests eines Stückes ihrer medialen<br />

Durchschlagskraft beraubt. Dennoch<br />

wird das Ereignis positiv in die Turnbewegung<br />

hinein und darüber hinaus<br />

strahlen. Auffällig war ein Zug zur Professionalität,<br />

der Trend zu Showdarbietungen,<br />

womit sich vor allem Mädchen<br />

und Frauen ansprechen lassen, und der<br />

Hang zu spektakulären Highlights. Das<br />

Turnfest scheint keine Grenzen zu kennen,<br />

nach der Devise: Turnen ist (fast)<br />

alles, was sich bewegt und was gefällt.<br />

Die Teilnehmer sind mit einem Sack<br />

voller guter Erinnerungen an ein heiteres,<br />

sonniges Turnfest heimgereist, das nicht<br />

zuletzt von 10 000 freiwilligen Helfern<br />

getragen wurde. Die Gastgeber, die vom<br />

DTB-Präsidenten Rainer Brechtken mit<br />

einem "Frisch, fromm, fröhlich, frei -<br />

Frankfurt" geadelt wurden, waren ihrerseits<br />

begeistert von den freundlichen,<br />

sich tadellos benehmenden Turnern. Sie<br />

dürfen - wozu Oberbürgermeisterin<br />

Petra Roth pauschal einlud - (irgendwann)<br />

wiederkommen: zum sechsten<br />

Frankfurter Turnfest.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!