Ausgabe 3/2009 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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ten Schwarzen Schafe sind Synonym für individuelle Fehlleistungen,<br />
aber keineswegs für systemimmanente Entwicklungen.<br />
Insofern ist das Projekt, das Humboldt- und Technische<br />
Universität Berlin nun starten werden und das vom Bundesministerium<br />
für Bildung und Forschung (BMBF) mit über 1,3<br />
Millionen Euro gefördert wird, etwas Wegweisendes: Nicht<br />
nur zwei Unis haben sich zusammengetan, sondern das ganze<br />
Projekt unter dem Titel "Translating Doping - Doping übersetzen"<br />
ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt und beinhaltet<br />
zwangsläufig gegenseitige Kontrollmechanismen.<br />
Wenn es um Dopingfragen ging, waren bisher Juristen und<br />
Mediziner gefragt, Geisteswissenschaftler blieben außen vor.<br />
Dabei sind sie es, die auf gesellschaftliche Probleme viele<br />
Antworten geben könnten. "Philosophen im traditionellen<br />
Sinne zeichnen sich dadurch aus, dass sie Fragen haben, wo<br />
andere nicht mehr fragen", sagt Professor Elk Franke, der nun<br />
dieses drei Jahre dauernde Projekt an der Humboldt-Uni<br />
leiten wird.<br />
Doping übersetzen - wie soll das gehen? Mit den richtigen<br />
Fragen. So werden sich die Wissenschaftler etwa mit rechtlichen<br />
und medizinischen Konfliktfällen befassen, die im Sportsystem<br />
auftreten. Woraus sich Fragen ergeben wie: Welche<br />
Rolle spielen der menschliche Körper und das Menschenbild<br />
insgesamt, wenn Grenzen und Grenzwerte diagnostisch und<br />
rechtlich diskutiert und festgelegt werden? Wenn diese und<br />
weitere Fragen beantwortet sind, dann sollen in einer Anti-<br />
Doping-"Database" die "Paradoxien, die mit der aktuellen<br />
Dopingdiskussion verbunden sind, für Außenstehende transparent<br />
gemacht und vor allem Lösungsmöglichkeiten angeboten<br />
werden", so Franke.<br />
Die Database bringt naturwissenschaftliche und geisteswissenschaftliche<br />
Quellen zusammen - also bekommt man<br />
ganzheitliche Antworten, wenn man sie denn will. Denn ob<br />
im Sport "Bereitschaft und Sensibilität", etwas ändern zu<br />
wollen, wirklich vorhanden sind, ist doch mehr als fraglich,<br />
wie die Vergangenheit zeigt.<br />
Beispiel Doping. "Wenn man über Eis geht, dann weiß man<br />
nicht, wie dick es ist. Und man tut gut daran zu handeln,<br />
bevor man einbricht", sagt Franke. Sensibles Handeln bedeutet<br />
auch Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. "Wenn eine<br />
Sportart erst einmal Glaubwürdigkeit verloren hat, dann ist es<br />
wie in der Alltagswelt auch - man muss hart und überzeugend<br />
daran arbeiten, sie wieder zu erreichen." Als Beispiel, wo<br />
es nun gerade nicht besonders gut klappt mit der Glaubwürdigkeit,<br />
führt Franke den Radsport an.<br />
Aber auch in anderen Sportarten funktioniert das mit der<br />
Glaubwürdigkeit immer weniger: Es werden Sportevents<br />
inszeniert, wo der eigentliche Sport, der Wettkampf, nur noch<br />
eine Nebenrolle spielt. "Wir sind in einer <strong>Gesellschaft</strong>, die sich<br />
14<br />
sehr viel auf Bilder konzentriert und auf schnelle Meldungen",<br />
sagt Franke.<br />
In dieser medialen Welt, die auch den Sport hauptsächlich<br />
unter ökonomischen und vermarktungstechnischen Gesichtspunkten<br />
sieht, steht der Athlet. "Dem sind biologische, somit<br />
zeitliche Grenzen gesetzt, und er muss sich im modernen<br />
Hochleistungssport aus anderen Umwelträumen verabschieden.<br />
Das heißt, er muss eine Güterabwägung treffen: Wie viel<br />
Zeit muss ich investieren, und was bekomme ich dafür<br />
heraus? Und so unterwirft er sich auch den medienrelevanten<br />
Verwertungsstrukturen, damit sich der Marktwert steigert",<br />
sagt Franke. "Sport mit großen Eventeinlagen hat zwar einen<br />
Showcharakter, ist aber, solange der Wettbewerb nicht beeinflusst<br />
wird und ergebnisoffen ist, immer noch Sport. Beispiel:<br />
Der letzte Boxkampf von Axel Schulz war so schnell zu Ende,<br />
dass die Gäste in<br />
der VIP-Lounge<br />
noch nicht mal ihr<br />
Sektglas in der<br />
Hand hatten.<br />
Ergebnisoffen -<br />
dass es so schnell<br />
ging, damit hatte<br />
keiner gerechnet.<br />
Beim Wrestling<br />
werden Sie keinen<br />
Wettbewerb<br />
erleben, der nicht<br />
mindestens über<br />
12 Runden geht.<br />
Die Zuschauer<br />
erwarten das, weil<br />
es eine Showveranstaltung<br />
ist."<br />
Doch eine Reihe<br />
von noch immer<br />
als Sportarten<br />
geltenden Disziplinen<br />
ist auf dem<br />
besten Weg, zum<br />
Zirkus zu werden -<br />
nicht zuletzt auch<br />
deswegen, weil<br />
"ehrliche" Wettbewerbe<br />
nicht<br />
immer garantiert<br />
sind: KorruptionsundManipulationsvorwürfe<br />
gehören ja heute<br />
zum Sportgeschehen<br />
- vor allem im