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Ausgabe 3/2009 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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antwortlichen, die<br />

sich nicht gerne<br />

mit Problemen<br />

auseinandersetzen<br />

wollten.<br />

Willkommen in<br />

der Galaxie des<br />

Sports! In einer<br />

Schein- und<br />

Parallelwelt, die<br />

zwischen<br />

Anspruch und<br />

Wirklichkeit durch<br />

den realen Alltag<br />

taumelt, die mit<br />

Pathos die gute<br />

Welt des Fair<br />

Plays, des Teamgeists,<br />

des sozialen<br />

Engagements,<br />

des Miteinanders,<br />

des Völkerverbindenden,<br />

des<br />

Integrativen<br />

predigt und<br />

beschwört - und<br />

damit eine Gesin-<br />

und wollen<br />

nungsethikvorgibt, die sie gar<br />

nicht hat. Ja, da<br />

gibt es den Sport<br />

und das Spiel, die<br />

Spaß machen, wo<br />

durch Bewegung<br />

der Stress des<br />

Alltags und der<br />

Arbeit abgeschüttelt<br />

werden kann.<br />

Vom Menschen<br />

unter Druck zum<br />

homo ludens<br />

werden - wenn auch nur für kurze Zeit. Der Sport als Erholungs-Biotop.<br />

Da gibt es den Wettkampfsport, der an Grenzen führt, wo<br />

man sich freut über einen Sieg beim Tennis und dabei noch<br />

das gute Gefühl hat, für sich etwas getan zu haben. Da sind<br />

die Kinder und Jugendlichen, die auf dem Platz lernen sollen,<br />

sich in die Mannschaft harmonisch einzufügen und ihren<br />

Eigensinn zu Gunsten des großen Ganzen, nämlich des Teams,<br />

aufzugeben, mannschaftsdienlich zu spielen und dazu noch<br />

gute soziale Erfahrungen zu machen.<br />

Moment! Ist das so? Zeigt die Fair-Play-Forschung nicht, dass<br />

das mit dem Umgang miteinander auf dem Platz doch nicht<br />

so ohne ist? Dass die lieben Kleinen, je länger sie im Spielbetrieb<br />

zu Gange sind, um so trickreicher und schlitzohriger<br />

Fairness umgehen? Funktioniert das mit dem Werte-Vermitteln<br />

wirklich noch? Schließlich lassen ja auch die Vorbilder<br />

auf dem Rasen oder in den Arenen zu wünschen übrig.<br />

Möchte man im Sport wirklich über Werte reden - außer in<br />

Sonntagsreden? Da müsste man vieles in Frage stellen. Vor<br />

allem den Spitzensport, dem ja das öffentliche Hauptinteresse<br />

gehört. Um die grundsätzliche Frage "Welchen Sport<br />

wollen wir?", lavieren alle herum. Denn alles, den sauberen<br />

und den erfolgreichen Sport - so zeigt die leidige Wirklichkeit<br />

- können wir in diesem System und bei diesen gesellschaftlichen<br />

und politischen Vorgaben offensichtlich immer weniger<br />

haben. Wissenschaft war bisher bei den sportlichen und oft<br />

auch politischen Protagonisten meist nur von Interesse, wenn<br />

sie hilfreich, ja erfolgsfördernd war: So gewannen Biomechaniker<br />

und Biochemiker, aber vor allem Mediziner, bei Athleten,<br />

Trainern, und Funktionären schnell ein hohes Ansehen: Sie<br />

waren die vermeintlichen Garanten für Erfolge.<br />

Je mehr Spitzensport Prestige bedeutete, je mehr das Wettrüsten<br />

zwischen Ost und West gesteigert wurde, je mehr<br />

ökonomische Gewinne zu erzielen waren, um so mehr<br />

schätzten die "Sportmacher" ihre Mediziner. Und jede kritische<br />

Bemerkung, ob denn da alles mit rechten Dingen zuginge,<br />

und dass nicht nur die Schwimmerinnen in der DDR so<br />

merkwürdig tiefe Stimmen hätten, sondern auch manche<br />

Sportlerin in westdeutschen Teams sich mit breitem Kreuz<br />

präsentiert, verbat man sich.<br />

Auch Jahrzehnte später gibt es die medizinischen und chemischen<br />

Experimentierfelder, auf denen Ärzte sich am Versuchskaninchen<br />

Athlet austoben zum Wohle ihrer selbst - und<br />

wessen noch? Des Athleten? Des jeweiligen Sportverbandes<br />

und seiner Protagonisten? Auf wessen Kosten? Auf jeden Fall<br />

auf Kosten der Gesundheit des Athleten. Aber der will doch<br />

Erfolg! Und alle wollen Erfolg. Überhaupt, wenn der ausbleibt,<br />

gibt es keine Förderung mehr. Das System ist schuld am<br />

Sündenfall. Mehrere Systeme sind da wohl den Anforderungen<br />

nicht gerecht geworden. "Ohne zur Entweihung der<br />

hehren Wissenschaft beitragen zu wollen: Die Strukturen an<br />

Universitäten werfen schon die Frage auf, wie wissenschaftliche<br />

Arbeit kontrolliert wird", sagt Elk Franke, Professor für<br />

Sportpädagogik und Sportphilosophie. Dass Auswüchse wie in<br />

Freiburg möglich waren, lag wohl auch daran, dass meist die<br />

einzelnen Bereiche alleine vor sich hinforschten.<br />

Wer kümmerte sich schon ernsthaft - außer auf Kongressen -<br />

um ethische Fragen? Doppelmoral war und ist der Seilakt,<br />

den noch immer viele Verbände, Funktionäre und Athleten<br />

vollführen. Und auch mancher Wissenschaftler - die berühm-<br />

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