Ausgabe 3/2009 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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<strong>Ausgabe</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Zeitschrift des<br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbundes<br />
und der<br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong>
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Freundliche Grüße<br />
aus der OF-Redaktion<br />
W<br />
em zu einer aktuellen Standortbestimmung des Spitzensports<br />
die Stichworte „Sumpf“ und „Sündenpfuhl“ einfallen,<br />
der ist von der Realität oft nicht weit entfernt. Viele, allzu<br />
viele Problemzonen tun sich auf. Skandale und Exzesse beherrschen<br />
die Schlagzeilen. Negativereignisse kommen gleich in Serie<br />
daher, Steigerungen keineswegs ausgeschlossen. Das ist, liebe<br />
Leserinnen und Leser, sportlicher Alltag. Und der wirft längst<br />
auch beim breiten Publikum mehr Fragen auf, als überzeugend<br />
beantwortet werden können: Sind die Grenzen menschlicher<br />
Leistungsfähigkeit ein dauerhaftes Tabuthema? Bleibt der Sieg<br />
um jeden Preis weiter erstrebenswert? Gibt es demzufolge tatsächlich<br />
keine Hemmschwelle mehr für den einzelnen Athleten?<br />
Rechtfertigt der Erfolg im Kollektiv ebenfalls alle Mittel? Lassen<br />
abenteuerliche finanzielle Höhenflüge die gute alte Sportmoral<br />
endgültig auf einen Tiefststand sinken?<br />
Wenn sich schon die Suche nach glaubwürdigen Antworten auf<br />
solche und ähnliche Fragenkataloge als schwierig bis unmöglich<br />
erweist, von harten Konsequenzen ganz zu schweigen, versuchen<br />
wir es wenigstens mit deutlicher Benennung und Beschreibung<br />
der sportlichen Krisenfelder. In der Titelgeschichte dieser OF-<br />
<strong>Ausgabe</strong> werden beispielsweise die Hauptrisiken des Sports in<br />
diesen Zeiten ungebremsten Erfolgs- und Gewinnstrebens aufgezeigt.<br />
Und die Schlagworte dazu binden von der Kommerzialisierung<br />
über die Korruption, Manipulation und andere Betrugsvarianten<br />
bis zur Gewalt und Gesundheitsgefährdung alle hinlänglich<br />
bekannten Problembereiche mit ein. Dies auch in der Erkenntnis,<br />
dass Vieles mit Vielem oder sogar Alles mit Allem zusammenhängt.<br />
Daraus folgernde neuerliche Sinn- und Grundsatzfragen<br />
werden in anderen Beiträgen beleuchtet.<br />
Wo aber bleibt bei solcher Bündelung des Negativen die Positivbetrachtung<br />
des Sports in diesem Heft? Die gibt es durchaus, und<br />
auch gleich bündelweise. Da wäre etwa das <strong>Deutsche</strong> Turnfest<br />
<strong>2009</strong> zu nennen, wo es von der Spitze bis zur Breite Sportwerbung<br />
der besonders überzeugenden Art gab. Optimistische<br />
Erwartungen immerhin auch mit Blick auf die Leichtathletik-WM<br />
im August in Berlin - vielleicht sogar mit der Neuauflage eines<br />
deutschen Sommermärchens ... Und dann treten wir schließlich<br />
mit einem großen Komplex zum Thema Gesundheit sozusagen<br />
den Gegenbeweis zur vorher genannten Gefährdung an. Der<br />
Sport ist und bleibt ein Gesundheits- und Lebenselixier - da<br />
mögen die Hochleistungsauswüchse noch so dramatische Formen<br />
annehmen. <strong>Olympische</strong> Hoffnungen, gesellschaftspolitische<br />
Verpflichtungen, verbandspolitische Erinnerungen und sportkulturelle<br />
Betrachtungen vervollständigen das Angebot dieser<br />
<strong>Ausgabe</strong>. Beim Zieleinlauf dominiert zweifellos das Posotive -<br />
knapp zwar, aber immerhin.<br />
Ihr Harald Pieper<br />
Inhalt<br />
OF Mosaik 4<br />
OF-Podium: Prof. Dr. Dietmar Mieth 6<br />
Über die Risiken des modernen Sports 8<br />
Prof. Dr. Helmut Digel<br />
Geisteswissenschaftler übersetzen Doping und wollen 12<br />
Sinnfragen zum Spitzensport beantworten<br />
Bianka Schreiber-Rietig<br />
Traditionsbewusst und modern zugleich: 16<br />
Das <strong>Deutsche</strong> Turnfest <strong>2009</strong> hat mühelos Grenzen<br />
überschritten<br />
Steffen Haffner<br />
Vor der WM <strong>2009</strong> in Berlin: Zwischen der Leichtathletik 20<br />
und der <strong>Olympische</strong>n Bewegung besteht traditionelle<br />
Verbundenheit<br />
Prof. Dr. Winfried Joch<br />
Der lange Weg zur Kunststoffbahn 22<br />
Ewald Walker<br />
Die Neuauflage des Sommermärchens 24<br />
Für Leichtathleten ein aussichtsloses Unterfangen?<br />
Michael Gernandt<br />
Was macht eigentlich ...? Willi Wülbeck 26<br />
Steffen Haffner<br />
Eine Jahrhundert-Zeitreise durch 12 <strong>Olympische</strong> Kongresse 28<br />
Günter Deister<br />
OF-Interview mit Bernhard Schwank 32<br />
Michael Gernandt<br />
Sanierungsfall Sportstätte 36<br />
Von ungeahnten Chancen und Konjunkturimpulsen in der<br />
Wirtschaftskrise<br />
Andreas Klages<br />
OF-Kommentare 38<br />
Walter Mirwald, Harald Pieper, Hans Peter Kreuzer<br />
Auch der Sport muss sich in der Lobby-Republik behaupten 40<br />
Günter Deister<br />
Gesundheitskultur statt Gesundheitskult sollte das 42<br />
sportliche Leitmotiv lauten<br />
Prof. Dr. Ommo Grupe<br />
Zurück ins Leben - Sport mit Krebs 48<br />
Patricia Noll<br />
Sport - eine gute und wirkungsvolle Medizin bei Krebs 50<br />
Britta Kuntoff<br />
Vor 60 Jahren: Aufbruchstimmung auch im Sport 54<br />
Friedrich Mevert<br />
Meister der kritischen Sympathie 58<br />
Ewald Walker<br />
OF-Galerie: Auch das Schwimmbad ist ein Motivparadies 60<br />
Unterwasserbilder von Anna Löbner<br />
Dr. Thomas Hirsch<br />
Nachrichten des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbundes 63<br />
Nachrichten der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> 69<br />
Impressum 76<br />
Nachrichten der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Akademie 77<br />
<strong>Deutsche</strong>s Sport & Olympia Museum 80<br />
3
Festivals des Sports<br />
fördern bedürftige<br />
Kinder und Jugendliche<br />
L<br />
aufend Kinder und Jugendliche<br />
fördern. Mit dieser Idee startet ein<br />
weiteres Projekt im Rahmen der Kooperation<br />
zwischen dem <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />
Sportbund (DOSB) und Samsung<br />
Electronics zu den Festivals des<br />
Sports.<br />
Unter dem Motto You Run. We Help.<br />
werden an jedem Austragungsort der<br />
Festivals (Berlin, Göttingen, Norden,<br />
Neubrandenburg, Stuttgart und Lübbenau)<br />
2.300 Kilometer laufend zurückgelegt,<br />
um Spenden zugunsten von Kin-<br />
B<br />
undeskanzlerin Angela Merkel hat<br />
in Berlin die Unterstützung der<br />
Bundesregierung für die Münchner<br />
Bewerbung um die <strong>Olympische</strong>n<br />
Winterspiele 2018 bekräftigt. Bei<br />
einem Treffen im Berliner Kanzleramt<br />
hat die Bundeskanzlerin die Bewerbung<br />
Münchens für die <strong>Olympische</strong>n<br />
Winterspiele 2018 als "eine Bewerbung<br />
von nationaler Bedeutung<br />
4<br />
der- und Jugendförderungsprojekten zu<br />
sammeln. Die Distanz entspricht der<br />
Entfernung zwischen den Städten, die<br />
in diesem Jahr ein Festival des Sports<br />
ausrichten. Insgesamt stellt Samsung im<br />
Rahmen der<br />
Charity-Aktion<br />
eine Spendensumme<br />
von 30.000<br />
Euro zur Verfügung.<br />
Das Prinzip: Ein<br />
Kernteam von<br />
Samsung-Läufern<br />
legt gemeinsam<br />
mit einer Gruppe<br />
möglichst vieler<br />
Teilnehmer aus<br />
jeder Stadt insgesamt<br />
2.300 Kilo-<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel:<br />
Mit Leidenschaft für München 2018 kämpfen<br />
bezeichnet". Sie versprach, mit Leidenschaft<br />
für München 2018 kämpfen<br />
zu wollen. Deutschland biete sich<br />
die Chance, sich als fröhliches, engagiertes<br />
und kompetentes Land zu<br />
präsentieren.<br />
Zuvor hatte die Bundeskanzlerin<br />
gemeinsam mit DOSB-Präsident<br />
Thomas Bach und dem bayerischen<br />
Ministerpräsidenten<br />
Horst Seehofer<br />
mögliche<br />
Partner der<br />
Bewerbung aus<br />
der Wirtschaft zu<br />
Treffen ins Kanzleramt<br />
geladen.<br />
Bach begrüßte<br />
das klare Signal<br />
der Bundeskanzlerin<br />
in Richtung<br />
meter zurück. Jede Runde und jeder<br />
Läufer zählt - die zurückgelegte Laufleistung<br />
aller Sportler wird addiert.<br />
Kommen die 2.300 Kilometer zusammen,<br />
gibt es einen Scheck. Die Spen-<br />
Olympiabewerbung: "Die eindeutige<br />
Positionierung von Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel wird auf internationaler<br />
Ebene Eindruck machen. Ein nationaler<br />
Schulterschluss ist eine wichtige<br />
Voraussetzung für eine erfolgreiche<br />
Bewerbung um <strong>Olympische</strong> Spiele."<br />
Ministerpräsident Horst Seehofer<br />
erklärte im Anschluss an das<br />
Gespräch, er habe ermutigende Signale<br />
aus der Wirtschaft erhalten: "Ich<br />
habe richtig Appetit auf Olympia<br />
bekommen, es herrschte ein guter<br />
Grundtenor. Es zeigt sich, dass die<br />
Bewerbung breite Unterstützung<br />
genießt." Die Entscheidung über die<br />
<strong>Olympische</strong>n Winterspiele 2018 fällt<br />
im Juli 2011 auf der IOC-Session in<br />
Durban (Südafrika). Neben München<br />
bewerben sich bislang Annecy (Frankreich)<br />
und Pyeongchang (Südkorea).<br />
OF-MOSAIK<br />
OF-MOSAIK
densumme fließt in die Sportförderung<br />
von sozial benachteiligten oder anders<br />
bedürftigen Kindern und Jugendlichen<br />
aus der jeweiligen Region.<br />
Auch diese gemeinsame Initiative von<br />
Samsung und dem DOSB im Rahmen<br />
der Festivals soll für mehr Gesundheit<br />
und Fitness in der Bevölkerung sorgen<br />
sowie benachteiligten Kindern und<br />
Jugendlichen die Möglichkeit zu sportlicher<br />
Aktivität bieten. Zudem werden<br />
durch den integrativen Ansatz der<br />
Aktion Werte wie Gemeinschaftsdenken<br />
und Solidarität gefördert, die in Sport<br />
und <strong>Gesellschaft</strong> gleichermaßen von<br />
Bedeutung sind.<br />
DOSB warnt vor Konjunkturprogramm<br />
mit angezogener<br />
Handbremse<br />
D<br />
er <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> Sportbund<br />
drängt darauf, Einschränkungen<br />
beim Konjunkturpaket II aufzuheben,<br />
die verhindern, dass Mittel für die<br />
dringend erforderliche Sanierung von<br />
Sportstätten der Kommunen und der<br />
Vereine verwendet werden können.<br />
In einem Schreiben an die DOSB-Mitgliedsorganisationen<br />
fordert DOSB-<br />
Vizepräsident Walter Schneeloch die<br />
deutschen Sportverbände und die<br />
Landessportbünde auf, sich für die<br />
dafür erforderliche Grundgesetzänderung<br />
einzusetzen und zugleich in den<br />
Kommunen dafür zu werben, bereits<br />
jetzt vorhandene Möglichkeiten des<br />
Konjunkturpakets zu nutzen. Bisher<br />
begrenzt das Grundgesetz Finanzhilfen<br />
des Bundes an die Länder auf Bereiche,<br />
in denen der Bund die Gesetzgebungskompetenz<br />
hat. Deshalb beschränken<br />
die Förderrichtlinien die Projekte auf<br />
energetische Sanierungsmaßnahmen<br />
und Gebiete der Städtebauförderung.<br />
Schneeloch kritisierte, dass dies die<br />
Anwendbarkeit auf Sportstätten in<br />
erheblichem Maße einschränken würde.<br />
OF-MOSAIK<br />
OF-MOSAIK<br />
DOSB-Generaldirektor Michael Vesper<br />
sagte, wenn hier nicht im Sinne des<br />
Sports nachgebessert werde, könnte der<br />
bundesweite Sanierungsstau bei Sportstätten<br />
in Höhe von rund 40 Milliarden<br />
Euro nicht angegangen werden: "Dann<br />
hätten wir ein Programm mit angezogener<br />
Handbremse. Der Bund will<br />
helfen, darf aber nicht. Gerade deshalb<br />
bin ich froh über parlamentarische<br />
Initiativen, den entsprechenden Art.<br />
104b des Grundgesetzes in diesem<br />
Punkt zu ändern."<br />
Startschuss für den<br />
<strong>Deutsche</strong>n Schulsportpreis<br />
<strong>2009</strong>/2010<br />
I<br />
m Rahmen des Internationalen<br />
<strong>Deutsche</strong>n Turnfestes <strong>2009</strong> in Frankfurt<br />
am Main fiel der Startschuss für<br />
den <strong>Deutsche</strong>n Schulsportpreis<br />
<strong>2009</strong>/2010. "Wir hoffen viele engagierte<br />
Lehrerinnen und Lehrer sowie<br />
Übungsleiterinnen und Übungsleiter für<br />
den Wettbewerb begeistern zu können,<br />
denn die Ausschreibung richtet sich<br />
zum ersten Mal an Schulen und Sportvereine.<br />
Wir sind uns sicher, dass es nur<br />
gemeinsam gelingt, die neue Bildungs-,<br />
Betreuungs- und Erziehungssituation<br />
zu lösen. Daher vergeben wir diesen<br />
Förderpreis für innovative und beispiel-<br />
hafte Projekte auch und gerade in<br />
schwierigen Zeiten sehr gerne", so Ingo<br />
Weiss, Vorsitzender der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Sportjugend. In der aktuellen Schulentwicklung<br />
sind Kooperations- und<br />
Netzwerkarbeit von Schulen, Sportvereinen,<br />
Eltern und weiteren Trägern der<br />
Kinder- und Jugendhilfe gefragt. Nur<br />
gemeinsam ist es möglich, junge Menschen<br />
in ihrem Kompetenzerwerb zu<br />
fördern und zu unterstützen sowie den<br />
neuen Herausforderungen von Ganztag<br />
und der gymnasialen Schulzeitverkürzung<br />
zu begegnen. Daher liegt der<br />
Schwerpunkt der sechsten Ausschreibung<br />
des <strong>Deutsche</strong>n Schulsportpreises<br />
auf der Auszeichnung von Kooperationskonzepten<br />
und Netzwerkbeispielen,<br />
die die gelungene Zusammenarbeit<br />
zwischen Sportverein und Schule<br />
beschreiben und Kindern und Jugendlichen<br />
ein<br />
Sportplakette des<br />
Bundespräsidenten an<br />
drei Vereine<br />
F<br />
ür 100 Jahre Einsatz und Verdienste<br />
für Turnen und Sport wurden der<br />
Turn- und Sportverein Isen von 1909,<br />
der Turn- und<br />
Sportverein Langstadt<br />
und der<br />
Oranienbaumer SV<br />
"Hellas 09" mit der<br />
Sportplakette des<br />
Bundespräsidenten<br />
ausgezeichnet.<br />
Bei einem von<br />
DOSB-Präsident<br />
Thomas Bach im<br />
Rahmen des<br />
Internationalen<br />
<strong>Deutsche</strong>n Turnfests<br />
in Frankfurt<br />
eröffneten Festakt<br />
zeichnete der<br />
Staatssekretär im Bundesministerium<br />
des Innern, Dr. Christoph Bergner am<br />
Mittwoch die Vereine aus.<br />
5
In den letzten Jahrzehnten hat sich in den modernen<br />
westlichen <strong>Gesellschaft</strong>en ein Wandel vollzogen. Er ist<br />
vielleicht weniger dramatisch als die Wandlungen in<br />
Schwellenländern und Entwicklungsländern, aber doch<br />
sehr gut zu greifen. Auf der Ebene der wirtschaftlichen<br />
Verhältnisse sind die Unterschiede größer und weniger<br />
durchlässig geworden. Auf der Ebene der Sinnsuche<br />
spricht man von Transformationsprozessen des Religiösen.<br />
Religion ist individueller, unverbindlicher und biographisch<br />
wandelbarer geworden. Auf der Ebene der Rechtskultur<br />
entsteht mit dem sogenannten "gläsernen Menschen"<br />
der Datenwelt und mit unserem Sicherheitsbedürfnis<br />
ein großes Veränderungspotenzial. Das Verständnis<br />
des Rechtsstaates ist angesichts der Sicherheitsfragen<br />
ebenso in Bewegung wie das Verständnis des Sozialstaates,<br />
der mehr Eigenverantwortung des Menschen und<br />
mehr Beteiligung der Zivilgesellschaft einfordert. In<br />
Fragen des Geschlechterverhältnisses und der Familie<br />
stellen sich immer wieder neue Herausforderungen.<br />
Schließlich hat sich unser Alltag und unsere Lebensführung<br />
durch die Allgegenwart der medialen Vermittlung,<br />
die digitale Technik und durch die Angebote der Biomedizin<br />
verändert. Die ökologische Herausforderung ist<br />
weder weiter zu übersehen noch zu übergehen. Und wir<br />
alle sind von allem, was in der Welt geschieht, abhängiger<br />
als je zuvor. Die Systeme der Steuerung ändern sich<br />
auf provinzieller, staatlicher und kontinentaler Ebene.<br />
Von all dem sind auch gesellschaftliche Phänomene wie<br />
der Sport erfasst. Zwar stellt der Sport eine eigene Regelwelt<br />
dar, aber er ist kein Naturereignis und wird von<br />
allen Wandlungen mit betroffen. Indem er sich an diese<br />
Welten anpasst bzw. sich in sie einpasst, verändert er sich<br />
mit. Insbesondere wird er von der Event-Kultur erfasst.<br />
Dadurch wird er präsenter und potenter; zugleich verliert<br />
er aber auf der Ebene des Ehrenamtes, weil die Ressource<br />
Zivilgesellschaft unter ständigem Zeitmangel und Stress<br />
leidet.<br />
Bei alldem ist es kein Wunder, dass auch von einem Wandel<br />
der moralischen Orientierung gesprochen wird. Es ist<br />
freilich nicht so, als verliere der Mensch sein unausrottbar<br />
moralisches Wesen. Die <strong>Gesellschaft</strong> ist nämlich, wenn<br />
man genau hinschaut, voller Moral, diese wird oft in den<br />
Medien als Waffe gegeneinander benutzt, vor allem in<br />
der Politik. Man kann die Benutzung der Moral aber auch<br />
am Beispiel des Fußballspieles veranschaulichen. Die<br />
Kunst, sich foulen zu lassen, steigt ebenso an, wie der<br />
Versuch, den Gegner schädigende Entscheidungen des<br />
Schiedsrichters herbeizuführen oder seine Bestrafung zu<br />
verlangen. Ein Zweikampf muss nicht nur bestanden, er<br />
muss auch dargestellt werden, und dies greift auch auf<br />
andere Teamsportarten über. Es ist also so, wie der<br />
Schriftsteller Robert Musil einmal vorausgesagt hat: alles<br />
6<br />
ist moralisch, nur die Moral ist nicht mehr moralisch.<br />
Solange man selbst nicht erwischt wird, kann man auf<br />
den anderen zeigen. Die moralischen Betrachtungsweisen<br />
sind zudem oft verschieden und stehen gegeneinander.<br />
Überspitzt gesagt: Wir leben in der Kultur der gleichzeitigen<br />
Geltung des Verschiedenen: alles gilt, was gilt, und,<br />
dass nicht alles gilt, was gilt, das gilt auch.<br />
Dies lässt sich auch auf den Boom der Ethik, den sogenannten<br />
"ethical turn", übertragen. Bereichsethiken wie<br />
auch die Sportethik können in der gesellschaftlichen<br />
Auseinandersetzung zu Kampf- und Gebrauchsinstrumenten<br />
werden.<br />
Zwar kann man<br />
diese Auseinandersetzungen<br />
selbst wiederum<br />
der Moral des<br />
Diskurses -<br />
Begrenzung der<br />
Einflüsse, gleicheAusgangschancen,Beteiligung<br />
aller<br />
Betroffenen -<br />
unterwerfen,<br />
aber dieser<br />
Moral mit ihren<br />
formalen Bedingungen<br />
fehlen<br />
oft die Werte,<br />
die Güter, Rechte<br />
und Pflichten,<br />
die es moralisch<br />
zu begründen,<br />
zu verteidigen und zu propagieren gilt. Mehr Diskurs ist<br />
noch keine Garantie für mehr Moral, wohl aber eine<br />
Bedingung dafür, dass der Wandel mit seinen moralischen<br />
Wirkungen breit diskutiert wird und Konsense finden<br />
kann.<br />
Wandel bedeutet auch Gewinne. Ein Gewinn ist z.B. der<br />
Kampf gegen sexuellen Mißbrauch und Kindermanipulation,<br />
das Gefühl für die "political correctness" oder, sichtbar<br />
am Sport aber auch weit darüber hinaus, der Siegeszug<br />
der Fairness als einem neuen Grundwort für allgemeine<br />
Gerechtigkeit. Gleiches soll gleich, Ungleiches soll<br />
ungleich behandelt werden. Man kann sich dann darüber<br />
streiten, wann Ungleichheit gerecht zu berücksichtigen<br />
ist. Man kann darüber streiten, wann mehr Gleichheit und<br />
wann mehr Freiheit am Platze ist. Man kann das Gefühl<br />
für Ungerechtigkeit kultivieren, eines der stärksten<br />
Antriebskräfte für die Moral.
Wir lehnen uns also nicht an die moralische Klagemauer.<br />
Aber was sind überhaupt Werte, wie sie gesucht werden?<br />
Der Begriff "Wert", bezogen auf etwas Geistiges, ist merkwürdig<br />
unscharf. Wir haben weniger Probleme, wenn wir<br />
ihn auf Materielles beziehen. So wird von hochwertigen<br />
Ausstattungen gesprochen, sogar das Wort "wertig" für<br />
Plastik im Automobil ist eingeführt. Der Wertbegriff kann<br />
seine Herkunft aus der Ökonomie nicht verbergen. Etwas<br />
ist das wert, was man dafür gibt. Im Vordergrund steht<br />
der Tauschwert. Vereine tauschen "Sportlerwerte". Fußballer<br />
wissen um ihren Verkaufswert. Mit solchen "Werten"<br />
kann sich ein Vermittler oder Berater eine goldene Nase<br />
verdienen. So entsteht ein ungutes Gefühl, wenn von<br />
Werten die Rede ist.<br />
Was meinen wir also mit "Wert"? Wir meinen das, was<br />
wir für eine Gemeinschaft und für ihren Zusammenhalt<br />
für unverzichtbar halten: eine Art "Ökumene" der praxisrelevanten<br />
Sinneinsichten, die aus Traditionen und neuen<br />
Optionen stammen. Für die Tradition mag z.B. ein humanistisches<br />
Erbe aus Antike, Christentum und Aufklärung<br />
stehen, für die Option ein wirtschaftliches, politisches und<br />
kulturelles Gemeinwohl, das man im Interesse von<br />
Lebensqualität und Friedenswahrung, von Sicherheitsund<br />
Freiheitsbedürfnis verteidigt und propagiert. Dabei<br />
müssen wir instrumentelle Werte, die dem Menschen<br />
weiter helfen, aber auch aus dem Ruder geraten können,<br />
von Werten unterscheiden, die den Menschen in seiner<br />
Ganzheit auszeichnen und seine unverlierbare Würde<br />
repräsentieren.<br />
Die Traditions- und Optionsgemeinschaft hat zugleich<br />
Gehalte, von denen man weitgehende und breit entfaltete<br />
Anerkennung erhofft und die zur Integrierung von etwaigen<br />
Abweichungen bereit stehen. Was dazu gehört, ist z.B.<br />
in der Charta europäischer Grundrechte anvisiert. Das sind<br />
Optionen politischer Herrschaftsform, die Menschenwürde<br />
und Menschenrechte umrahmenden unverzichtbaren<br />
Merkmale der institutionellen Gestaltung des Zusammenlebens.<br />
Der Sport hat Traditionen wie den "Olympismus", und er<br />
hat Optionen wie die Gestaltung des Körpers, die Kunst<br />
OF-PODIUM<br />
Wertewandel und Sportmoral<br />
Von Dr. Dietmar Mieth, Professor für Sozialethik an der Universität Tübingen<br />
der Beweglichkeit und der Bewegung, die innere Fairness,<br />
die Abstimmung spielender und kämpfender Menschen<br />
aufeinander und die äußere Friedlichkeit. Im Körper<br />
erscheint dabei der Kulturwert "Natur" als Verbindung von<br />
Leiblichkeit und Leistungsfähigkeit. Sport kennzeichnet in<br />
seinem Regelwerk hier auch - im Anti-Doping - Gestaltungsgrenzen,<br />
um die sich die <strong>Gesellschaft</strong> im Hinblick auf<br />
Vorschläge zur Perfektionierung des Menschen bemühen<br />
muss. Werte gibt es nicht ohne Grenzwerte. Sport kann<br />
Werte national und international abbilden, stärken, aber<br />
auch schwächen. Das alles hängt davon ab, ob er die<br />
Werte in die richtige Reihenfolge bringt, d.h. dem Menschen,<br />
der Person, Vorrang gibt vor den instrumentellen<br />
Werten wie Medien, Eventkultur, Finanzen und Medikamenten.<br />
Denn der Mensch, so der Philosoph Immanuel<br />
Kant, ist ein absoluter Wert, der durch nichts aufgewogen<br />
werden kann.<br />
7
Über die Risiken des<br />
modernen Sports<br />
Von Helmut Digel<br />
8
"<br />
R<br />
isikogesellschaft" ist der Titel<br />
eines der wichtigsten Bücher,<br />
die in den vergangenen Jahr-<br />
zehnten publiziert wurden. Ulrich Beck<br />
hat uns dabei eindrucksvoll die Risiken<br />
vor Augen geführt, die angesichts<br />
globaler Wandlungsprozesse längst<br />
eingetreten sind oder uns noch bevorstehen.<br />
Seit Tschernobyl sind uns die<br />
atomaren Risiken bewusst, globale<br />
Gesundheitsrisiken machen vor keiner<br />
<strong>Gesellschaft</strong> Halt, ökologische Risiken<br />
haben auf der politischen Agenda<br />
längst einen vorderen Rangplatz eingenommen,<br />
und finanzielle und wirtschaftliche<br />
Risiken werden uns in<br />
diesen Monaten nahezu täglich vor<br />
Augen geführt. Jedes Mitglied unserer<br />
<strong>Gesellschaft</strong> ist mit diesen Risiken<br />
konfrontiert, und alle Bereiche und<br />
Teilsysteme unserer <strong>Gesellschaft</strong> sind<br />
davon betroffen. Das gilt auch für den<br />
Sport. Im Sport sind allerdings eine<br />
ganze Reihe von hausgemachten Risiken<br />
anzutreffen, die zunehmend selbstgefährdend<br />
und äußerst problematisch<br />
geworden sind. Sie zu beherrschen ist<br />
eine besondere Herausforderung.<br />
Geeignete Lösungen für die anstehenden<br />
Probleme zu finden, müsste für<br />
Sportpolitiker höchste Priorität besitzen.<br />
Mindestens sechs Risiken scheinen<br />
dabei besonders gravierend zu sein.<br />
Da ist zunächst das Risiko der ungezügelten<br />
Kommerzialisierung. Die Kommerzialisierung<br />
des Sports hat bewirkt,<br />
dass das Motiv der Bereicherung alle<br />
sonstigen Motive überlagert, die einstmals<br />
den Sport ausgezeichnet haben.<br />
Finanzielle Interessen sind es, die vorwiegend<br />
das Handeln aller Beteiligten<br />
prägen. Dies gilt gleichermaßen für den<br />
Spitzensport wie für den Breiten- und<br />
Gesundheitssport. Der Sport ist eine<br />
Marktangelegenheit, wobei der Markt<br />
oft nur in verdeckter Form zum Tragen<br />
kommt. Bereits im Kindesalter werden<br />
mit Athletinnen und Athleten Verträge<br />
abgeschlossen, Honorarvereinbarungen<br />
festgelegt, Prämien ausgelobt. Immer<br />
mehr Athletinnen und Athleten betreiben<br />
Sport vorrangig aus materiellen<br />
Erwägungen heraus. Gewinnmaximie-<br />
9
ung ist das tragende Motiv des sportlichen Handelns. In<br />
gleicher Weise handeln die Verbände. Die Frage, wie der<br />
Erfolg gesteigert werden kann, um die Einnahmen zu erhöhen,<br />
steht im Mittelpunkt ihres Denkens. Die Verbände folgen<br />
damit der gleichen Logik wie jene Partner aus der Wirtschaft,<br />
wenn sie sich für den Sport interessieren. Die Folgen einer<br />
derartig ungezügelten Kommerzialisierung, derzeit im gesamten<br />
System des Sports zu beobachten, sind offensichtlich.<br />
Eine mögliche Sinn- und Motivvielfalt wird reduziert, der<br />
Sport nähert sich immer mehr der Arbeitswelt, wird teilweise<br />
mit ihr identisch, selbstloses Handeln wird zurückgedrängt,<br />
Handeln um der Ehre willen muss als naiv eingestuft werden,<br />
technologische Macher aus Wirtschaft und Justiz werden die<br />
Leitpersönlichkeiten eines derartigen Sports.<br />
Die ungezügelte Kommerzialisierung hat eine Reihe von<br />
weiteren Risiken zur Folge, zuvorderst ist dabei die Gefahr der<br />
Korruption zu benennen. Wird das System des Sports vom<br />
Geld dominiert, so ist es naheliegend, dass jenen, die darüber<br />
verfügen, eine besondere Macht zukommt. Deshalb kann es<br />
nicht überraschen, dass Stimmenkäufe bei Wahlen zu beobachten<br />
sind, wenn es um wichtige Positionen im Weltsystem<br />
des Sports geht. Ganze Mannschaften können von reichen<br />
Oligarchen eingekauft werden, mittlerweile stehen auch<br />
ganze Verbände auf der Kaufliste. Korruption lässt sich mittlerweile<br />
nahezu in allen Entscheidungsprozessen innerhalb<br />
des Systems des Sports beobachten. Bei der Vergabe von<br />
attraktiven sportlichen Großereignissen haben sich solche<br />
Tendenzen gezeigt, beim Verkauf von attraktiven Fernsehund<br />
Sponsorenrechten haben sich einige Funktionäre bereichert,<br />
und als Gastgeschenke verhüllte Beeinflussungen sind<br />
längst in allen Sportarten üblich geworden, mit denen sich<br />
Geld verdienen lässt.<br />
Das dritte Risiko, mit dem der Sport konfrontiert ist, hat ebenfalls<br />
mit der Kommerzialisierung zu tun. Es ist die zunehmende<br />
Betrugsgefahr, die in allen denkbaren Varianten zum Ausdruck<br />
kommt. Fast immer wird dabei der Zuschauer und es werden<br />
jene Athletinnen und Athleten betrogen, die bereit sind, das<br />
Prinzip des Fair-Play zu beachten und die selbstgesetzten<br />
Regeln zu befolgen. Wettbetrug, Schiedsrichterbestechung,<br />
Ergebnisabsprachen und manipulierte Wettkämpfe sind das<br />
Dauerthema der Berichterstattung über den Sport.<br />
Das Betrugsthema gipfelt in dem wohl dramatischsten Risiko,<br />
mit dem der Sport derzeit konfrontiert ist. Die medikamentöse<br />
Manipulation sportlicher Leistung, der Dopingbetrug, hat<br />
ein Ausmaß erreicht, das eine Hilflosigkeit bei den Verantwortlichen<br />
im System des Sports zur Folge hat, die ihresgleichen<br />
sucht. Kriminelle Netzwerke, die sich durch höchste<br />
Professionalität auszeichnen, haben mittlerweile den gesamten<br />
Hochleistungssport unterlaufen und haben eine Situation<br />
hervorgerufen, in der der Zuschauer mit seinen Zweifeln über<br />
die Qualität der sportlichen Leistung allein gelassen wird. Das<br />
10<br />
Phänomen des Dopingbetrugs hat dabei den Charakter eines<br />
Flächenbrandes. Bisher eingeschlagene präventive Maßnahmen<br />
zeichnen sich durch Hilflosigkeit aus; ein teures und in<br />
seiner Wirkung bei weitem überschätztes Kontrollsystem hat<br />
allenfalls einen Alibicharakter, und nach wie vor stehen dem<br />
Dopingproblem viel zu viele Sportfachverbände halbherzig<br />
und folgenlos gegenüber. Gleiches gilt für die beteiligten<br />
Partner aus Staat und Wirtschaft. Dies alles hat zur Folge,<br />
dass für jene, die sich für den Betrug entschieden haben,<br />
dieser sich lohnt. All jene, die aus dem Dopingbetrug ihren<br />
Vorteil und Nutzen ziehen können, verfügen über eine Macht,<br />
die die wenigen engagierten Antidoping-Kämpfer zwangsläufig<br />
als ohnmächtig erscheinen lassen.<br />
Als fünftes Risiko ist von der Gewalt zu sprechen, die den<br />
Sport seit seinen Anfängen begleitet, die jedoch in einem<br />
kommerzialisierten Sport mit immer wieder neuen Merkmalen<br />
zutage tritt. Psychische und physische Gewaltexzesse<br />
unter Spielern, Athletinnen und Athleten, Zuschauergewalt in<br />
den und außerhalb der Sportarenen sind dabei die Markierungspunkte,<br />
die allenthalben sichtbar sind. In diesem<br />
Zusammenhang muss aber auch von den verbalen Zuschaueraggressionen<br />
gesprochen werden, die in einigen Sportarten<br />
ein Ausmaß angenommen haben, dass das Prinzip des Fair-<br />
Play ständig mit Füßen getreten wird. Verbale Aggressionen<br />
unter Athletinnen und Athleten haben ebenfalls eine Entwicklung<br />
aufzuweisen, die meist großzügig übersehen wird.<br />
Die Verrohung der Sprache im Sport ist dabei jedoch offensichtlich,<br />
und es muss dabei angenommen werden, dass<br />
aggressives sprachliches Handeln auf das Engste mit physischer<br />
Gewalt verknüpft ist.<br />
Schließlich muss von einem sechsten Risiko gesprochen<br />
werden, das auf eine Paradoxie verweist. Im Alltagswissen<br />
über den Sport kommt der Gesundheit eine herausragende<br />
Bedeutung zu. Der Sport wird durch seine Gesundheitsfunktion<br />
legitimiert: Wer Sport treibt, lebt gesünder, mittels Sport<br />
können Lebenserwartungen vergrößert werden, Sport wirkt<br />
präventiv in Bezug auf mögliche Risikofaktoren, die die<br />
Gesundheit des Menschen beeinträchtigen. Diese besondere<br />
Bedeutungszuschreibung hat dem Sport bislang sehr genützt,<br />
nicht zuletzt ihr ist es zuzuschreiben, dass der Sport ein<br />
Wachstumsphänomen erster Ordnung in den vergangenen<br />
Jahrzehnten geworden ist. Doch genau die Gesundheit ist<br />
mittlerweile zu einem Risikofaktor des Sports selbst geworden.<br />
Der Sport muss mit der Paradoxie leben, dass er einen<br />
positiven Beitrag zur Gesundheit erbringen kann, dass mittels<br />
Sporttreiben jedoch auch die Gesundheit gefährdet wird. Er<br />
muss auch damit leben, dass nicht alle Bedeutungsmotive,<br />
die Menschen mit Sport verbinden, notwendigerweise der<br />
Gesundheit dienen. Dies war lange Zeit unproblematisch,<br />
problematisch ist mittlerweile jedoch, dass die Beeinträchtigungen<br />
der Gesundheit durch den Sport selbst ein Ausmaß<br />
annehmen, das nicht länger hingenommen werden kann.
Auch hier zeigen sich die Folgen der Kommerzialisierung.<br />
Hochleistungssport hat exzessiven Charakter,<br />
der Athlet wird dabei auf verantwortungslose<br />
Weise dem freien Markt ausgeliefert. Nicht<br />
nur im Handball zeigt sich, dass die Spieler hilflos<br />
der Überbelastung ausgeliefert sind und nahezu<br />
täglich ihre Gesundheit aufs Spiel setzen. Im<br />
gesamten Hochleistungssport kann nur noch<br />
bedingt von einer positiven Gesundheitswirkung<br />
gesprochen werden. Die Folgeschäden sind offensichtlich.<br />
Montag für Montag kann man sie in<br />
den Praxen von Ärzten beobachten. Die Aufwendungen<br />
aus dem medizinischen System, um die<br />
Leistungsfähigkeit von Athleten zu erhalten, sind<br />
mittlerweile immens, sie wachsen ständig, und<br />
Interventionen erfolgen in unkontrollierter Weise.<br />
Gesundheitsmanagement ist längst zur zentralen<br />
Herausforderung des gesamten Hochleistungssports<br />
geworden. Aber nicht nur im Spitzensport<br />
kommt es zur Gefährdung der Gesundheit, exzessive<br />
Tendenzen zeigen sich auch im Breiten - und<br />
Gesundheitssport. Der Fetisch Gesundheitssport<br />
kann sich sehr schnell in sein Gegenteil verkehren.<br />
Angesichts dieser Risiken kann in Analogie zu<br />
Becks "Risikogesellschaft" von einem "Risikosport"<br />
moderner <strong>Gesellschaft</strong>en gesprochen werden. Es<br />
scheint dabei zu einer Kumulation von Risiken zu<br />
kommen, die in ihrem Kern auf einen gravierenden<br />
Werteverfall verweist. Im hierarchischen<br />
Gefüge jener Werte, die den Sport prägen, haben<br />
sich entscheidende Veränderungen ereignet. Das<br />
Fair-Play als Leitprinzip wird durch den Betrug,<br />
durch Korruption, durch Manipulation sportlicher<br />
Leistungen entwertet, Egoismus und Gewinnsucht<br />
nehmen hingegen eine vorrangige Position ein.<br />
Eigennutz verdrängt Solidarität, Spiel wird zu<br />
Arbeit und Geschäft, Leistung wird als Prinzip<br />
desavouiert. Glücklicherweise sind nicht alle<br />
Bereiche von derartigen Entwicklungen betroffen,<br />
doch die Risiken, die im Sport anzutreffen sind,<br />
scheinen die Einheit des Sports mehr und mehr in<br />
Frage zu stellen. Sport, wie er sich in Vereinen Tag<br />
für Tag und an den Wochenenden ereignet, hat<br />
immer weniger mit jenem Sport zu tun, der die<br />
öffentliche Aufmerksamkeit erregt und in dem<br />
Kommerz die Oberhand gewonnen hat. Den<br />
Spagat zu meistern, war schon immer eine<br />
Herausforderung des modernen Sports. Jene, die<br />
für den modernen Sport von heute verantwortlich<br />
zeichnen, sollten jedoch wissen, dass jeder<br />
Spagat seine Grenzen hat. Werden sie überschritten,<br />
so ist ein irreparabler Riss die Folge.<br />
11
Geisteswissenschaftler übersetzen Doping<br />
Sinnfragen zum Spitzensport beantworten<br />
Von Bianka Schreiber-Rietig<br />
Sie sind schon lange von ihrem Elfenbeinturm herabgestiegen,<br />
auch in die Niederungen - wie mancher Intellektuelle<br />
immer noch ironisch bemerkt - des Sports: An<br />
Universitäten sind Sportwissenschaften aller Art heute anerkannte<br />
Disziplinen. Und wer etwa in der Ringvorlesung zum<br />
Thema "Grenzen Los? - Spitzensport-Globalisierung- Regionalisierung"<br />
der Berliner Humboldt-Universität sitzt, wo sich<br />
exzellente Professoren mit der breiten Palette Sport - und<br />
speziell Spitzensport - auseinandersetzen, dem wird noch<br />
einmal deutlich vorgeführt, wie komplex und auch beliebt<br />
dieser Sport seit langem nicht nur als Bewegungs- sondern<br />
auch als Forschungs- und Experimentierfeld geworden ist.<br />
12<br />
In den letzten Jahrzehnten wurden viele Aspekte des Sports<br />
aus der jeweiligen Perspektive untersucht: Soziologen, Pädagogen,<br />
Juristen, Mediziner, Natur- und Geisteswissenschaftler<br />
- alle sammelten kleine Mosaiksteinchen, um Sport und seine<br />
Wirkung zu erklären, zu verbessern, um ihm zum Erfolg zu<br />
verhelfen. Oder auf Gefahren aufmerksam zu machen. Die<br />
Wissenschaft hat sich in vielen Bereichen als wertvoller<br />
Interpret und Helfer des Sports gezeigt, war aber nicht selten<br />
ein Alibipflänzchen, das manchmal auch selbstverliebt an<br />
unnützen Themen hing. Viele Untersuchungen und Ergebnisse<br />
- vor allem solche, die am schönen Bild des Sports kratzten -<br />
verschwanden oft ungelesen in den Schubladen der Sportver-
antwortlichen, die<br />
sich nicht gerne<br />
mit Problemen<br />
auseinandersetzen<br />
wollten.<br />
Willkommen in<br />
der Galaxie des<br />
Sports! In einer<br />
Schein- und<br />
Parallelwelt, die<br />
zwischen<br />
Anspruch und<br />
Wirklichkeit durch<br />
den realen Alltag<br />
taumelt, die mit<br />
Pathos die gute<br />
Welt des Fair<br />
Plays, des Teamgeists,<br />
des sozialen<br />
Engagements,<br />
des Miteinanders,<br />
des Völkerverbindenden,<br />
des<br />
Integrativen<br />
predigt und<br />
beschwört - und<br />
damit eine Gesin-<br />
und wollen<br />
nungsethikvorgibt, die sie gar<br />
nicht hat. Ja, da<br />
gibt es den Sport<br />
und das Spiel, die<br />
Spaß machen, wo<br />
durch Bewegung<br />
der Stress des<br />
Alltags und der<br />
Arbeit abgeschüttelt<br />
werden kann.<br />
Vom Menschen<br />
unter Druck zum<br />
homo ludens<br />
werden - wenn auch nur für kurze Zeit. Der Sport als Erholungs-Biotop.<br />
Da gibt es den Wettkampfsport, der an Grenzen führt, wo<br />
man sich freut über einen Sieg beim Tennis und dabei noch<br />
das gute Gefühl hat, für sich etwas getan zu haben. Da sind<br />
die Kinder und Jugendlichen, die auf dem Platz lernen sollen,<br />
sich in die Mannschaft harmonisch einzufügen und ihren<br />
Eigensinn zu Gunsten des großen Ganzen, nämlich des Teams,<br />
aufzugeben, mannschaftsdienlich zu spielen und dazu noch<br />
gute soziale Erfahrungen zu machen.<br />
Moment! Ist das so? Zeigt die Fair-Play-Forschung nicht, dass<br />
das mit dem Umgang miteinander auf dem Platz doch nicht<br />
so ohne ist? Dass die lieben Kleinen, je länger sie im Spielbetrieb<br />
zu Gange sind, um so trickreicher und schlitzohriger<br />
Fairness umgehen? Funktioniert das mit dem Werte-Vermitteln<br />
wirklich noch? Schließlich lassen ja auch die Vorbilder<br />
auf dem Rasen oder in den Arenen zu wünschen übrig.<br />
Möchte man im Sport wirklich über Werte reden - außer in<br />
Sonntagsreden? Da müsste man vieles in Frage stellen. Vor<br />
allem den Spitzensport, dem ja das öffentliche Hauptinteresse<br />
gehört. Um die grundsätzliche Frage "Welchen Sport<br />
wollen wir?", lavieren alle herum. Denn alles, den sauberen<br />
und den erfolgreichen Sport - so zeigt die leidige Wirklichkeit<br />
- können wir in diesem System und bei diesen gesellschaftlichen<br />
und politischen Vorgaben offensichtlich immer weniger<br />
haben. Wissenschaft war bisher bei den sportlichen und oft<br />
auch politischen Protagonisten meist nur von Interesse, wenn<br />
sie hilfreich, ja erfolgsfördernd war: So gewannen Biomechaniker<br />
und Biochemiker, aber vor allem Mediziner, bei Athleten,<br />
Trainern, und Funktionären schnell ein hohes Ansehen: Sie<br />
waren die vermeintlichen Garanten für Erfolge.<br />
Je mehr Spitzensport Prestige bedeutete, je mehr das Wettrüsten<br />
zwischen Ost und West gesteigert wurde, je mehr<br />
ökonomische Gewinne zu erzielen waren, um so mehr<br />
schätzten die "Sportmacher" ihre Mediziner. Und jede kritische<br />
Bemerkung, ob denn da alles mit rechten Dingen zuginge,<br />
und dass nicht nur die Schwimmerinnen in der DDR so<br />
merkwürdig tiefe Stimmen hätten, sondern auch manche<br />
Sportlerin in westdeutschen Teams sich mit breitem Kreuz<br />
präsentiert, verbat man sich.<br />
Auch Jahrzehnte später gibt es die medizinischen und chemischen<br />
Experimentierfelder, auf denen Ärzte sich am Versuchskaninchen<br />
Athlet austoben zum Wohle ihrer selbst - und<br />
wessen noch? Des Athleten? Des jeweiligen Sportverbandes<br />
und seiner Protagonisten? Auf wessen Kosten? Auf jeden Fall<br />
auf Kosten der Gesundheit des Athleten. Aber der will doch<br />
Erfolg! Und alle wollen Erfolg. Überhaupt, wenn der ausbleibt,<br />
gibt es keine Förderung mehr. Das System ist schuld am<br />
Sündenfall. Mehrere Systeme sind da wohl den Anforderungen<br />
nicht gerecht geworden. "Ohne zur Entweihung der<br />
hehren Wissenschaft beitragen zu wollen: Die Strukturen an<br />
Universitäten werfen schon die Frage auf, wie wissenschaftliche<br />
Arbeit kontrolliert wird", sagt Elk Franke, Professor für<br />
Sportpädagogik und Sportphilosophie. Dass Auswüchse wie in<br />
Freiburg möglich waren, lag wohl auch daran, dass meist die<br />
einzelnen Bereiche alleine vor sich hinforschten.<br />
Wer kümmerte sich schon ernsthaft - außer auf Kongressen -<br />
um ethische Fragen? Doppelmoral war und ist der Seilakt,<br />
den noch immer viele Verbände, Funktionäre und Athleten<br />
vollführen. Und auch mancher Wissenschaftler - die berühm-<br />
13
ten Schwarzen Schafe sind Synonym für individuelle Fehlleistungen,<br />
aber keineswegs für systemimmanente Entwicklungen.<br />
Insofern ist das Projekt, das Humboldt- und Technische<br />
Universität Berlin nun starten werden und das vom Bundesministerium<br />
für Bildung und Forschung (BMBF) mit über 1,3<br />
Millionen Euro gefördert wird, etwas Wegweisendes: Nicht<br />
nur zwei Unis haben sich zusammengetan, sondern das ganze<br />
Projekt unter dem Titel "Translating Doping - Doping übersetzen"<br />
ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt und beinhaltet<br />
zwangsläufig gegenseitige Kontrollmechanismen.<br />
Wenn es um Dopingfragen ging, waren bisher Juristen und<br />
Mediziner gefragt, Geisteswissenschaftler blieben außen vor.<br />
Dabei sind sie es, die auf gesellschaftliche Probleme viele<br />
Antworten geben könnten. "Philosophen im traditionellen<br />
Sinne zeichnen sich dadurch aus, dass sie Fragen haben, wo<br />
andere nicht mehr fragen", sagt Professor Elk Franke, der nun<br />
dieses drei Jahre dauernde Projekt an der Humboldt-Uni<br />
leiten wird.<br />
Doping übersetzen - wie soll das gehen? Mit den richtigen<br />
Fragen. So werden sich die Wissenschaftler etwa mit rechtlichen<br />
und medizinischen Konfliktfällen befassen, die im Sportsystem<br />
auftreten. Woraus sich Fragen ergeben wie: Welche<br />
Rolle spielen der menschliche Körper und das Menschenbild<br />
insgesamt, wenn Grenzen und Grenzwerte diagnostisch und<br />
rechtlich diskutiert und festgelegt werden? Wenn diese und<br />
weitere Fragen beantwortet sind, dann sollen in einer Anti-<br />
Doping-"Database" die "Paradoxien, die mit der aktuellen<br />
Dopingdiskussion verbunden sind, für Außenstehende transparent<br />
gemacht und vor allem Lösungsmöglichkeiten angeboten<br />
werden", so Franke.<br />
Die Database bringt naturwissenschaftliche und geisteswissenschaftliche<br />
Quellen zusammen - also bekommt man<br />
ganzheitliche Antworten, wenn man sie denn will. Denn ob<br />
im Sport "Bereitschaft und Sensibilität", etwas ändern zu<br />
wollen, wirklich vorhanden sind, ist doch mehr als fraglich,<br />
wie die Vergangenheit zeigt.<br />
Beispiel Doping. "Wenn man über Eis geht, dann weiß man<br />
nicht, wie dick es ist. Und man tut gut daran zu handeln,<br />
bevor man einbricht", sagt Franke. Sensibles Handeln bedeutet<br />
auch Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. "Wenn eine<br />
Sportart erst einmal Glaubwürdigkeit verloren hat, dann ist es<br />
wie in der Alltagswelt auch - man muss hart und überzeugend<br />
daran arbeiten, sie wieder zu erreichen." Als Beispiel, wo<br />
es nun gerade nicht besonders gut klappt mit der Glaubwürdigkeit,<br />
führt Franke den Radsport an.<br />
Aber auch in anderen Sportarten funktioniert das mit der<br />
Glaubwürdigkeit immer weniger: Es werden Sportevents<br />
inszeniert, wo der eigentliche Sport, der Wettkampf, nur noch<br />
eine Nebenrolle spielt. "Wir sind in einer <strong>Gesellschaft</strong>, die sich<br />
14<br />
sehr viel auf Bilder konzentriert und auf schnelle Meldungen",<br />
sagt Franke.<br />
In dieser medialen Welt, die auch den Sport hauptsächlich<br />
unter ökonomischen und vermarktungstechnischen Gesichtspunkten<br />
sieht, steht der Athlet. "Dem sind biologische, somit<br />
zeitliche Grenzen gesetzt, und er muss sich im modernen<br />
Hochleistungssport aus anderen Umwelträumen verabschieden.<br />
Das heißt, er muss eine Güterabwägung treffen: Wie viel<br />
Zeit muss ich investieren, und was bekomme ich dafür<br />
heraus? Und so unterwirft er sich auch den medienrelevanten<br />
Verwertungsstrukturen, damit sich der Marktwert steigert",<br />
sagt Franke. "Sport mit großen Eventeinlagen hat zwar einen<br />
Showcharakter, ist aber, solange der Wettbewerb nicht beeinflusst<br />
wird und ergebnisoffen ist, immer noch Sport. Beispiel:<br />
Der letzte Boxkampf von Axel Schulz war so schnell zu Ende,<br />
dass die Gäste in<br />
der VIP-Lounge<br />
noch nicht mal ihr<br />
Sektglas in der<br />
Hand hatten.<br />
Ergebnisoffen -<br />
dass es so schnell<br />
ging, damit hatte<br />
keiner gerechnet.<br />
Beim Wrestling<br />
werden Sie keinen<br />
Wettbewerb<br />
erleben, der nicht<br />
mindestens über<br />
12 Runden geht.<br />
Die Zuschauer<br />
erwarten das, weil<br />
es eine Showveranstaltung<br />
ist."<br />
Doch eine Reihe<br />
von noch immer<br />
als Sportarten<br />
geltenden Disziplinen<br />
ist auf dem<br />
besten Weg, zum<br />
Zirkus zu werden -<br />
nicht zuletzt auch<br />
deswegen, weil<br />
"ehrliche" Wettbewerbe<br />
nicht<br />
immer garantiert<br />
sind: KorruptionsundManipulationsvorwürfe<br />
gehören ja heute<br />
zum Sportgeschehen<br />
- vor allem im
ezahlten Sport. "Auf Bestechungsvorwürfe reagieren Medien<br />
und Öffentlichkeit sehr sensibel", sagt Franke.<br />
Auch auf Doping wird empört reagiert. Doch nach einem<br />
kurzen Liebesentzug ist oft alles schnell wieder vergeben und<br />
vergessen. Idole sind auch fehlbar - sie sind wie du und ich.<br />
Die Stellvertreter-Inszenierung klappt deshalb auch beim<br />
Doping: Schließlich können wir den Stress, den Druck, die<br />
Wehwehchen des Alltags oft auch nur mit Hilfe der Pharmaindustrie<br />
durchstehen. Und sie, die modernen Helden, müssen<br />
noch mehr bringen, müssen rekordtauglich sein. Was sind da<br />
schon ein paar Pillen oder andere Helferchen, wenn sie in<br />
Superzeiten über die Ziellinie fliegen?<br />
"Der Sport", so schrieb der Schriftsteller Maurice Barres<br />
einmal bissig, "züchtet Trottel, Herzkranke, Krüppel und<br />
Gewalttäter." Die Welt des Sports ist nicht besser oder<br />
schlechter als andere <strong>Gesellschaft</strong>sbereiche, aber Antworten<br />
und Methoden, die im Alltagsleben greifen oder einen<br />
Placeboeffekt haben - sprich Beruhigungsmittel sind -<br />
erweisen sich im Sport oft als untauglich und nicht praktikabel.<br />
Ein Ziel des Berliner Projekts ist, eine "Lücke zu<br />
schließen", denn es "kann dem Sport nur dann auch in<br />
Zukunft seine spezifische gesellschafts- und wirtschaftspolitische<br />
Bedeutung zugesprochen werden, wenn es gelingt,<br />
ihm auch eine anerkannte ethische Legitimation zuzusprechen",<br />
heißt es in der Vorstellung des Verbundprojekts. Auf<br />
die Resultate kann man gespannt sein. Doch noch mehr<br />
darauf, was Sportfunktionäre dann damit anfangen. Wie<br />
sagte schon Karl Marx: "Die Philosophen haben die Welt nur<br />
verschieden interpretiert; es kömmt aber darauf an, sie zu<br />
verändern."<br />
15
Traditionsbewusst und modern zugleich:<br />
Das <strong>Deutsche</strong> Turnfest <strong>2009</strong> hat mühelos Grenzen überschritten<br />
Von Steffen Haffner<br />
16
Turnbewegung, wie hast du dich verändert! Ihre bedeutendsten<br />
Pioniere staunten zum Beginn des Internationalen<br />
<strong>Deutsche</strong>n Turnfests in der Frankfurter Paulskirche<br />
nicht schlecht. Johann Christoph Friedrich GutsMuths, vor<br />
gut 200 Jahren Schöpfer des Schulturnens und des pädagogischen<br />
Spiels, und Turnvater Friedrich Ludwig Jahn konnten sich<br />
in ihrem fiktiven Gespräch nur wundern, was aus ihren Ideen<br />
geworden ist. Schon beim beschwingten Festakt an der Stätte<br />
der Nationalversammlung von 1848 setzten Tänzerinnen,<br />
Sportakrobatinnen und die Frauen von "Drums alive", die<br />
Gymnastikbälle mit Trommeln traktierten, die Akzente. Und das<br />
im einst so männlich geprägten Turnen, in dem sich das weibliche<br />
Geschlecht erst zum Beginn des vorigen Jahrhunderts die<br />
Teilnahme an Turnfesten erkämpfte.<br />
Inzwischen haben sich die Verhältnisse umgekehrt. Von den 5,1<br />
Millionen Mitgliedern im <strong>Deutsche</strong>n Turner-Bund (DTB) sind<br />
sage und schreibe 3,4 Millionen weiblich. In Frankfurt am<br />
Main, das zum fünften Mal Gastgeber des größten Breitensportfests<br />
der Welt war, betrug der Anteil der Mädchen und<br />
Frauen 67,5 Prozent. Das Turnfest kam erfrischend jugendlich<br />
daher. Von den 65 000 (Dauer-)Teilnehmern) - zu denen noch<br />
20 000 Tagesbesucher stießen - waren knapp 21 000 zwischen<br />
11 und 18 Jahre alt. Dafür blieben diesmal mehr Ältere zu<br />
Hause, was der Turner-Bund auf ein zu knappes Angebot an<br />
preisgünstigen Hotels zurückführt. Dennoch waren immer<br />
noch genügend bejahrte Turnbrüder und Turnschwestern mit<br />
Herz und Eifer dabei, wie auch 1353 nicht selten deutschstämmige<br />
Turner aus 40 Ländern. Im munteren Jugendlager mit<br />
320 Teilnehmern aus 12 Ländern wurden ebenfalls im lockeren<br />
Kontakt Grenzen übersprungen, ganz nach dem Motto des<br />
Frankfurter Turnfests "Wir schlagen Brücken".<br />
Alle ließen sich einfangen von einem vielschichtigen Ereignis,<br />
das vom Schlafen auf Luftmatratzen in den Schulturnhallen<br />
über anspruchsvolle Showvorführungen in ausverkauften<br />
Hallen bis hin zu Wettkämpfen zum Anschauen und Mitmachen<br />
reichte. 16 000 Turner stellten sich in 17 Altersklassen<br />
dem Leistungstest des Wahlwettkampfs. Jahn-, und Friesenkampf<br />
sowie das Wertungsmusizieren der Turner-Musiker, dazu<br />
der sich nur zäh vorwärts bewegende Festzug mit 4500 Teilnehmern<br />
und mit 1000 reich bestickten historischen Fahnen,<br />
standen für die alte Turner-Tradition.<br />
Als Kontrast dazu wurden die neuesten Trends des Freizeit-,<br />
Fitness- und Gesundheitssports mit dem Kern Gymnastik, die<br />
der DTB unter der Marke GYMWELT bündelt, gezeigt. "Slackline",<br />
das Balancieren auf einem fünf Zentimeter breiten Gurtband,<br />
ist der Renner. Power Trider, ein Hightechgerät, das man<br />
sich unterschnallt wie der unterschenkelamputierte südafrikanische<br />
Sprinter Oscar Pistorius seine federnden Prothesen,<br />
erlaubt große Sprünge. Im Tuju-Club der Turnerjugend konnten<br />
sich die Teilnehmer unter anderem an Teamsportarten wie<br />
Ultimate Frisbee oder Unihockey (auch Floorball genannt),<br />
17
einer Mischung aus Eishockey und klassischem Hockey, versuchen.<br />
Konnten in einem Parcours der Behinderten nachempfinden,<br />
wie es ist, sich im Rollstuhl oder mit einer stark die Sicht<br />
einschränkenden Brille vorwärts zu bewegen.<br />
Einen starken Akzent setzte der DTB beim Turnfest mit dem<br />
Thema Kinder. Im Kinderturnland tummelten sich die Kleinen<br />
mit leuchtenden Augen an den verschiedenen Spiel- und<br />
Turnstationen bis hin zur rasanten Fahrt mit dem Rollbrett. An<br />
mehreren Stellen des Turnfests konnten Mädchen und Jungen<br />
den Kinderturntest absolvieren. Dabei werden mit sieben<br />
einfachen Übungen Koordination, Beweglichkeit, Kraft und<br />
Ausdauer von Drei- bis Zehnjährigen überprüft. Dieser Test ist<br />
Teil der seit drei Jahren laufenden Kinderturnkampagne des<br />
DTB, der von der Krankenkasse BEK unterstützt und von der<br />
Universität Karlsruhe wissenschaftlich begleitet wird. Inzwischen<br />
sind rund 250 000 Mädchen und Jungen erfasst worden.<br />
Andere Untersuchungen hatten zuvor ergeben, dass sich der<br />
Fitnesszustand von deutschen Kindern dieser Altersgruppe im<br />
Vergleich zu Werten von vor 20 Jahren um zehn Prozent<br />
verschlechtert hat. Professor Klaus Bös berichtete in Frankfurt,<br />
der Kinderturntest habe diesen Trend nicht bestätigt. Vielleicht,<br />
weil die beteiligten Kindergärten, Schulen und Vereine ohnehin<br />
sportfreundlich sind. Ziel des DTB ist es, langfristig besonders<br />
die passiven Kinder zu aktivieren und in die Vereine zu locken.<br />
An der Turnfest-Akademie nahmen 5 500 Interessierte, darunter<br />
zahlreiche Übungsleiter und ihre Ausbilder, in 620 Workshops<br />
teil. 217 Wissenschaftler und andere Experten boten<br />
einen Großteil des Bildungsspektrums der Turnbewegung an.<br />
Das reichte vom Pilates-Studio bis zu Aroha und Indian Balance,<br />
sogenannten Body&Mind-Programmen, die Körper und<br />
Geist in Harmonie bringen sollen, wie Akademie-Leiterin<br />
Gudrun Paul erläuterte.<br />
Bei allem Ernst in Theorie und Praxis wurde beim Turnfest auch<br />
herzhaft gefeiert. Allabendlich lockte die Wassershow mit ihren<br />
phantasievollen Laserprojektionen auf eine 200 Meter breite und<br />
40 Meter hohe Wand aus Gischt, verzauberten die über dem<br />
Main vor der Kulisse der Bankentürme als Sonne und Mond<br />
schwebenden Riesenballons. Das 1,1-Millionen-Euro-Geschenk<br />
der Stadt Frankfurt wurde von rund 2,6 Millionen Besuchern der<br />
Flussfestmeile an beiden Main-Ufern dankend angenommen.<br />
Die 800 000 Euro teure Stadion-Gala sorgte vor 40 000<br />
Zuschauern in der Commerzbank-Arena mit einer die Sinne<br />
fast überreizenden Kolossalshow für einen nachhallenden<br />
Schlussakkord. Angela Merkel, die mit prasselndem Beifall<br />
bedacht wurde, lobte: "Die Turner haben ein wunderbares Bild<br />
des Turnsports abgegeben." Das galt auch für die Gala. Sie<br />
spiegelte in dem Dauerrahmen von 2500 in Rot und Weiß<br />
gewandeten Turnern den Charakter des Turnfests: so verwirrend<br />
vielschichtig und voll gepackt mit Attraktionen, dass die<br />
Zuschauer kaum wussten, wohin sie schauen sollten. Es war<br />
18<br />
eine kühne Kombination aus individuell<br />
agierenden Gruppen von Akrobaten und<br />
Turnern, von Hip-Hop-Tänzern und<br />
Ballerinen, die sich zu einer Großchoreographie<br />
fanden, ohne zu seelenlosen<br />
Menschenmarionetten zu werden. Bei<br />
aller Überfülle des Angebots wurde den<br />
turnerischen Darbietungen am aufmerksamsten<br />
applaudiert. Und natürlich<br />
machte sich die Begeisterung vor allem<br />
an Fabian Hambüchen und seiner fulminanten<br />
Reck-Kür fest. Schade, dass das<br />
Turnidol bei seinem Sieg im Wettbewerb<br />
der Champions Trophy und beim Gewinn<br />
von fünf deutschen Meistertiteln am<br />
Rande im Vorort Höchst statt im Zentrum<br />
der Festhalle platziert wurde.<br />
Das hinderte die Medien aber nicht<br />
daran, das 35,6 Millionen Euro teure<br />
Turnfest weitgehend nur als lokales<br />
Ereignis wahrzunehmen und sich überregional<br />
zumeist auf Hambüchen, Leistungsturnen<br />
und den Titelstreit in der<br />
Rhythmischen Sportgymnastik zu<br />
beschränken. Damit aber wurden die<br />
vielschichtigen Wirkungsmöglichkeiten<br />
des Turnfests eines Stückes ihrer medialen<br />
Durchschlagskraft beraubt. Dennoch<br />
wird das Ereignis positiv in die Turnbewegung<br />
hinein und darüber hinaus<br />
strahlen. Auffällig war ein Zug zur Professionalität,<br />
der Trend zu Showdarbietungen,<br />
womit sich vor allem Mädchen<br />
und Frauen ansprechen lassen, und der<br />
Hang zu spektakulären Highlights. Das<br />
Turnfest scheint keine Grenzen zu kennen,<br />
nach der Devise: Turnen ist (fast)<br />
alles, was sich bewegt und was gefällt.<br />
Die Teilnehmer sind mit einem Sack<br />
voller guter Erinnerungen an ein heiteres,<br />
sonniges Turnfest heimgereist, das nicht<br />
zuletzt von 10 000 freiwilligen Helfern<br />
getragen wurde. Die Gastgeber, die vom<br />
DTB-Präsidenten Rainer Brechtken mit<br />
einem "Frisch, fromm, fröhlich, frei -<br />
Frankfurt" geadelt wurden, waren ihrerseits<br />
begeistert von den freundlichen,<br />
sich tadellos benehmenden Turnern. Sie<br />
dürfen - wozu Oberbürgermeisterin<br />
Petra Roth pauschal einlud - (irgendwann)<br />
wiederkommen: zum sechsten<br />
Frankfurter Turnfest.
Über Europa in die Welt<br />
Vor der WM <strong>2009</strong> in Berlin: Zwischen der Leichtathletik und der<br />
<strong>Olympische</strong>n Bewegung besteht traditionelle Verbundenheit<br />
E<br />
s hat lange gedauert, bis sich die Leichtathleten<br />
dazu durchringen konnten, dem Zug der Zeit zu<br />
folgen und - wie z.B. die Fußballer (seit 1930) alle<br />
vier Jahre oder die Radfahrer (seit 1921) in jährlichem<br />
Rhythmus - eigene Weltmeisterschaften auszurichten. Das<br />
war erst 1983 der Fall, 71 Jahre nach der Gründung der<br />
International Amateur Athletic Federation (IAAF) und lange<br />
auch vor den ersten Europameisterschaften 1934 (Männer)<br />
und 1938 (Frauen); zunächst alle vier Jahre und nach 1991<br />
jedes zweite Jahr. Berlin<strong>2009</strong> (15.8. bis 23.8.) ist also die 12.<br />
WM.<br />
20<br />
Vor 1983 gab es schon ein paar Anläufe, die das Großereignis<br />
vorbereitet haben. Zu ihnen gehören der 1977 in Düsseldorf<br />
erstmals durchgeführte Weltcup sowie die vorgelagerten<br />
Weltmeisterschaften über 50 km Gehen der Männer (1978)<br />
und 3.000 m der Frauen (1980) - alles Disziplinen, die bei den<br />
<strong>Olympische</strong>n Spielen im jeweiligen Jahr nicht auf dem Programm<br />
standen. Das entsprach genau dem Teil der IAAF-<br />
Satzung von 1913, der festlegte, dass die <strong>Olympische</strong>n Spiele<br />
auch als Weltmeisterschaften galten und der Olympiasieger<br />
auch Weltmeister sei. Eine Überschneidung von Olympia und<br />
WM war damit zu Gunsten von Olympia ausgeschlossen. Und
die Rangordnung war insofern<br />
eindeutig festgeschrieben.<br />
Die meisten WM-Orte waren<br />
europäische Großstädte,<br />
insgesamt neun, und nun ist<br />
Deutschland nach Stuttgart<br />
(1993) zum zweiten Mal<br />
Gastgeber, 20 Jahre nach<br />
dem Fall der Mauer und dem<br />
Untergang der DDR. Der<br />
andere deutsche Staat repräsentierte<br />
mit dem DVfL einen<br />
Verband, der mit den Großen<br />
der Zunft, den USA an der<br />
Spitze, nicht nur Schritt<br />
halten konnte, sondern sie<br />
gelegentlich in den Ranglisten<br />
gar überflügelte. Der<br />
andere deutsche Verband, der<br />
1949 in München gegründete<br />
<strong>Deutsche</strong> Leichtathletik-<br />
Verband (DLV), hat eine<br />
solche WM-Bilanz aus<br />
bekannten Gründen nie<br />
aufweisen können, 1987 in<br />
Rom mit nur drei Medaillen<br />
(kein Gold) sogar ein damals<br />
als Desaster empfundenes<br />
Tief erlebt und 2008 bei den<br />
Spielen in Peking mit nur<br />
einer (Bronze-) Medaille sein<br />
schlechtestes Olympiaergebnis<br />
seit 104 Jahren erzielt.<br />
Ein wesentlicher Grund für<br />
den verspäteten Start der<br />
WM - auch als Konzession an<br />
den Zeitgeist - ist die traditionelle<br />
Verbundenheit der<br />
Leichtathletik mit der <strong>Olympische</strong>n<br />
Bewegung und einer<br />
ununterbrochenen Teilnahme an <strong>Olympische</strong>n Spielen von<br />
Beginn an. Nicht umsonst gilt sie als die "Krone des olympischen<br />
Sports". Auch <strong>Deutsche</strong> mit leichtathletischer Herkunft<br />
hatten enge Verbindungen zu Olympia: Carl Diem, der 1912<br />
wegen der Übernahme des Amtes als Generalsekretär der<br />
<strong>Olympische</strong>n Spiele 1916 in Berlin - sie fielen allerdings<br />
wegen des 1. Weltkriegs aus - den Vorsitz des deutschen<br />
Leichtathletik-Verbands aufgab; Karl Ritter von Halt, Vorsitzender<br />
(1931 - 1945) und später DLV-Ehrenpräsident, der seit<br />
1929 bis zu seinem Lebensende (1964) Mitglied im IOC war<br />
und national Präsident des NOK (1951-1960). Die internatio-<br />
Von Winfried Joch<br />
nale Personalvariante, der Schwede Sigfrid Edström, erster<br />
Präsident der IAAF (1912-1946), war eine Zeit lang gleichzeitig<br />
auch IOC-Präsident (1942 - 1952). 1952 löste ihn im IOC-<br />
Amt der Amerikaner Avery Brundage ab, auch ein früherer<br />
Leichtathlet und Olympiastarter.<br />
Die europäische Prägung<br />
der Leichtathletik<br />
Die Nähe zwischen Leichtathletik und Olympia ist auch das<br />
Resultat einer geistigen Verwandtschaft. Die Leichtathletik ist<br />
wie der Sport, für den sie exemplarisch steht, ein Kind des 19.<br />
Jahrhunderts und der industriellen Entwicklung, ausgehend<br />
von England, dem Mutterland des Sports. Wettkampfmaße<br />
und Gerätenormen zeugen bis heute von diesem englischen<br />
Ursprung. Und mit jenem Jahrhundert der Erfindungen und<br />
des überschießenden industriellen Wachstums teilt sie den<br />
Glauben an Fortschritt und Leistung, an die Omnipotenz<br />
menschlicher Fähigkeiten und das Vermögen, alles uneingeschränkt<br />
nach eigenen Maßstäben regeln zu können und<br />
allen Anforderungen gewachsen zu sein. Zusammen mit der<br />
<strong>Olympische</strong>n Bewegung ist sie von Anfang an zudem den<br />
(Wert-)Vorstellungen und der Gedankenwelt der europäischen<br />
Aufklärung verpflichtet. Dazu gehört das Genuin-Leichtathletische,<br />
die messbare Leistung, ihre Progression, der Rekord,<br />
gemessen am persönlichen und - in seiner höchsten Form -<br />
am internationalen Standard. Es sei das Los der Menschen, so<br />
wird in dieser Zeit argumentiert, unermüdlich nach immer<br />
neuen Herausforderungen zu streben, sich immer neue Ziele<br />
zu setzen: Eine bis ins beinahe Unendliche gehende Steigerung<br />
der Ansprüche und ihrer Befriedigung. Der Sport findet<br />
dafür die klassische Formel "citius, altius, fortius".<br />
Fortschritt und Leistung waren also die bewegenden Kräfte<br />
dieser neuen Sport- und <strong>Olympische</strong>n Bewegung, die ihren<br />
Siegeszug um die Welt antraten mit - damals wie vielfach<br />
heute noch - schier unglaublichen Leistungssteigerungen in<br />
allen Disziplinen, in allen Altersklassen für Männer und -<br />
zeitverzögert - für Frauen. Von Anfang an war diese Leichtathletik<br />
weltorientiert, auch wenn das neben den europäischen<br />
Ländern, voran die nordeuropäischen, zunächst nur<br />
oder vor allem die USA betraf. Aber ihre aufklärerische Wurzel,<br />
ihr geistiges Erbe liegt in Europa, in England, Frankreich<br />
und Deutschland.<br />
Zu dieser Wurzel gehört der Glaube an wissenschaftlichen<br />
Fortschritt, an die Lösbarkeit aller Probleme durch den Menschen,<br />
der sich auf sich selbst besinnt und auf seine Vernunft,<br />
der nicht abhängig ist von obrigkeitsstaatlichem Denken und<br />
von den vermeintlichen Autoritäten, die sein Leben, Handeln<br />
und Denken bestimmen wollen. Das Maß aller Dinge: der<br />
individuelle, vernunftbegabte, autonom handelnde Mensch.<br />
21
So kommt bei der Deutung der Leichtathletik neben dem<br />
technischen Fortschritt, der messbaren Leistung, als zweites<br />
Deutungselement der aufgeklärte Humanismus hinzu, das<br />
heißt, ein Verständnis vom Menschen als einem selbstbestimmten<br />
Wesen einerseits und einem durch Erziehung<br />
geformten, nach Vollkommenheit und Höherentwicklung<br />
strebenden und nach immer neuen, selbstgesteckten Zielen<br />
suchenden Menschen. Die sportliche Leistung ist nie bedingungslos<br />
und isoliert, sondern stets auch an den von der<br />
Aufklärung beeinflussten Menschen geknüpft. Darin besteht<br />
der Beitrag Europas zum Verständnis dieses Sports, der dann<br />
olympisch wird und das neue Olympia als das Ideal einer<br />
durch die Athleten geprägten Kultur begreift. Es handelt sich<br />
um eine Elite, die gelernt hat und durch Erziehung dazu<br />
gebracht wurde, beides miteinander zu verbinden: Leistung<br />
und aufgeklärte Menschlichkeit, darin allen anderen zum<br />
Vorbild.<br />
Beginn in Helsinki<br />
Am Anfang der WM-Serie stand 1983 Helsinki. 1980 hatte<br />
die finnische Kapitale bei der Vergabe den Vorrang vor Stuttgart<br />
bekommen. Vermutlich hatte die politische Neutralität<br />
den Ausschlag gegeben. Deutschland hatte ja 1980 die <strong>Olympische</strong>n<br />
Spiele in Moskau - politisch motiviert - boykottiert<br />
und sich damit den Weg für einen positiven Nominierungsentscheid<br />
verbaut. Für Helsinki sprach auch, dass die Spiele<br />
von 1952 noch in guter Erinnerung waren und das Versprechen,<br />
einfache, natürliche und unkomplizierte Wettkämpfe zu<br />
veranstalten, in dem alten, nur mäßig modernisierten Olympiastadion<br />
und ohne den inzwischen Standard gewordenen<br />
gigantomanischen Aufwand. Zusätzlich konnten die Finnen<br />
auf die große Leichtathletiktradition Nordeuropas verweisen,<br />
die in der Pionierzeit Unschätzbares für das Ansehen der<br />
Leichtathletik getan hatten.<br />
Letztlich war Helsinki 1983 aber doch nicht mehr das von<br />
1952 - und die Leichtathletik war es auch nicht mehr. 1981<br />
hatte in Baden-Baden unter der Regie von NOK-Präsident<br />
Willi Daume ein IOC-Kongress stattgefunden, der die Liberalisierung<br />
des Paragrafen 26 beschloss, in dem die Zulassung zu<br />
<strong>Olympische</strong>n Spielen nur für Amateure geregelt wird. Diese<br />
Liberalisierung, die in Wahrheit das Ende des Amateurstatus`<br />
und den Beginn der Kommerzialisierung bedeutete, erlaubte<br />
im Endeffekt die Honorierung der Sportler. Anfangs wurde sie<br />
noch getarnt, indem man die Gagen über die Verbände<br />
laufen ließ, sie also nicht direkt den Athleten<br />
überwies. Das veränderte die Leichtathletik in<br />
erheblichem Maße. Die Folgen: totale Abhängigkeit<br />
des Sports vom Fernsehen als seinem größten<br />
Finanzierer und zunehmende Neigung zur<br />
bedingungslosen Leistungssteigerung. Die<br />
Athleten sahen nun eine Chance, ihren sozialen<br />
22<br />
Die Geschichte der Laufbahnen ist so alt wie die<br />
Geschichte der Leichtathletik selbst. Der Stadionlauf<br />
über 600 Fuß im antiken Olympia wurde<br />
barfuß auf sandigem Mutterboden durchgeführt. Weil die<br />
"leichte Athletik" Ende des 19. Jahrhunderts eine Laufbewegung<br />
war, benötigte man vor allem Laufbahnen. Das<br />
"Lauffest" in Hannover wurde 1879 auf Wiesen am<br />
Maschsee durchgeführt. Drei Jahre später fanden in<br />
Hamburg auf einer Pferderennbahn Laufwettbewerbe<br />
statt. Von Parks und Straßen wechselten die Leichtathleten<br />
in die Radrennbahnen, wo überhöhte Kurven, vermessene<br />
Rundbahnen und getrennte Bereiche für<br />
Sprung- und Wurfbereiche scheinbar ideale Voraussetzungen<br />
boten. Betonierte Zementpisten in den Radrennbahnen<br />
ließ die Athleten auch auf Exerzierplätze oder<br />
Rasenbahnen ausweichen. Der Traum der Athleten<br />
damals: die Aschenbahn! In Hannover wurde 1906 eine<br />
solche eingeweiht, und die Leichathleten rannten und<br />
sprangen in der ganzen Welt auf solchen standardisierten<br />
400 Meter-Rundbahnen mit einem Schotter- oder<br />
Schlackenbett und einer festgewalzten Deckschicht aus<br />
einem Aschen- oder Sand-Gemisch.<br />
Die <strong>Olympische</strong>n Spiele 1968 in Mexiko City leiteten mit<br />
der roten Kunststoffbahn in über 2000 Meter Meereshöhe<br />
weltweit eine revolutionäre Entwicklung ein, von der<br />
die Leichtathletik bis heute profitiert. Bob Beamons 8.90<br />
Meter-Sprung "ins nächste Jahrtausend" war der Anfang<br />
Status zu verbessern. Derart wurde die Baden-Badener Entscheidung<br />
auch begründet. Die Sportler seien (durch die neue<br />
Regelung) nun sozial besser abgesichert als früher, sagte<br />
Daume 1983.<br />
Nun trieb es Athleten und Verbände an die Fleischtöpfe,<br />
zögerlich und unerfahren zunächst, dann mit erhöhtem<br />
Tempo. Sachmittel für die Sieger, ein Mercedes, waren ein<br />
erstes sichtbares Zeichen der Veränderung; später wurden<br />
Geldpreise vergeben: 100.000 Dollar für den Weltrekord,<br />
60.000 Dollar für den WM-Titel. Und noch wichtiger: In<br />
Helsinki trat erstmals ein Fernsehvertrag für die IAAF in Kraft,<br />
er sicherte dem Weltverband das Überleben und half den<br />
WM-Veranstaltern. 2001 kam es zur überfälligen<br />
Namensänderung der IAAF. Seitdem steht das<br />
Kürzel für International Association of Athletics<br />
Federations, das "A" für Amateur hatte dran<br />
glauben müssen. An die Non-Profit-Mentalität<br />
der Leichtathleten und Olympiasportler hatte<br />
schon lange niemand mehr geglaubt.
Der lange Weg zur Kunststoffbahn<br />
einer Leistungsexplosion auf solchen Synthetikbahnen, deren<br />
weitere Vorteile die geringe Pflege und Witterungsunabhängigkeit<br />
darstellen. Dies war das Ende einer Zeit, in der die<br />
Sprinter mit einem Schäufelchen Löcher als Starthilfe in die<br />
Asche und Schlacke gegraben haben und die Startmaschinen<br />
mit Nägeln einzeln festgehämmert werden mussten. "Von<br />
'regenschwerer' oder 'aufgeweichter' Bahn wird im Kunststoff-Zeitalter<br />
keine Rede mehr sein. Das Wasser wird einfach<br />
von der Bahn gekehrt, und schon herrschen Rekordbedingungen",<br />
beschrieb Leichtathletik-Experte Gustav Schwenk nach<br />
Mexiko die Laufbahn-Revolution.<br />
Kunststoffbahnen gab es schon vor Mexiko, beispielsweise<br />
in San Josè (USA). Wo die erste Kunststoffbahn gebaut<br />
wurde, ist schwer zu recherchieren. Hansjörg Wirz, Präsident<br />
des Europäischen Leichtathletik-Verbandes, schätzt aus der<br />
Erinnerung auf 1966 als Geburtsjahr für die erste Tartanbahn.<br />
Die erste Bahn dieser Art in Europa wurde 1968 in<br />
London im Chrystal Palace verlegt, Zürich erhielt im selben<br />
Jahr die erste Bahn auf dem europäischen Festland. Den Ruf<br />
als "piste magique" hatte sich der Letzigrund aber bereits<br />
Im Blickfeld der Berliner WM<br />
Nach der Streichung des Amateurparagrafen stieg die Erwartungshaltung<br />
an die erste WM, es herrschte große Betriebsamkeit,<br />
die eine Weltrekordflut zur Folge hatte. Allein bei<br />
den Frauen gab es 18, darunter die der <strong>Deutsche</strong>n Ulrike<br />
Meyfarth (Hochsprung 2,03 m) und Marlies Göhr (100 m<br />
10,81 sec). Heute ist vom damaligen Boom noch der 800-m-<br />
Weltrekord von Jarmila Kratochvilova (CSSR) (1:53,29 min)<br />
gültig. Die Weltmeisterschaften selbst waren geprägt von<br />
Athleten, die in Helsinki große Karrieren starteten: US-Sprinter<br />
Carl Lewis mit drei Goldmedaillen (100 m, Weitsprung,<br />
4x100 m); der gerade 19-jährige Sergei Bubka (UdSSR), der<br />
im Stabhochsprung seinen ersten von insgesamt sechs WM-<br />
Titeln gewann und heute IAAF-Vorständler und Mitglied im<br />
IOC ist; Heike Daute vom SC Motor Jena, 18 Jahre alt, siegte<br />
im Weitsprung mit 7,27 m und repräsentierte danach als<br />
Heike Drechsler in dieser Disziplin nahezu zwei Jahrzehnte<br />
Weltniveau.<br />
auf Asche verdient. In Stuttgart feierte die neue Laufbahn<br />
1969 beim Erdteilkampf Europa-Amerika Deutschland -<br />
Premiere.<br />
Bemerkenswert ist auch die Entwicklung in Afrika. 1971<br />
erhielt Dakar (Senegal) eine Rekortan-Bahn, wenig später<br />
kam dieselbe Bahn nach Südafrika. 1973 wurde anlässlich<br />
der All-African-Games in Lagos (Nigeria) die erste Tartanbahn<br />
gebaut. Die nächste Bahn von den Chinesen in Sansibar<br />
1974 verlegt. Rund 20 (von 52) afrikanischen Ländern<br />
besitzen auf dem Kontinent der Laufwunder und Wunderläufer<br />
immer noch keine Kunststoffbahn. Auch nicht<br />
Botswana, das seine Bahn schon mal zur Hunderennbahn<br />
umfunktionierte. Kenia erhielt erst 1981 mit deutscher<br />
Unterstützung eine Kunststoffanlage. Bis heute gibt es im<br />
Land der Läufer lediglich zwei Bahnen in Nairobi. Auch<br />
deshalb träumt 800 Meter-Olympiasieger Wilfred Bungei<br />
von einer solchen modernen Anlage im kleinen Ort Kabirisang<br />
in seinem Heimatland, das auf unzähligen Sandpisten<br />
viele Weltstars hervorbrachte.<br />
Ewald Walker<br />
Die Athleten des <strong>Deutsche</strong>n Leichtathletik-Verbands (DLV)<br />
erreichten acht Medaillen, darunter zwei goldene: über 3.000<br />
m Hindernis für Patriz Ilg und über 800 m für Willi Wülbeck<br />
mit dem noch heute gültigen deutschen Rekord von 1:43,65<br />
Minuten. Erfolgreicher waren die Athleten und Athletinnen<br />
aus der DDR. Mit zehn Siegen schnitten sie sogar besser ab<br />
als Amerikaner (8) und Russen (6).<br />
Dass die 83er-WM ohne jegliche Reibereien und politisch<br />
motivierte Auseinandersetzungen über die Bühne ging, war<br />
am Ende das wesentliche Verdienst der Veranstaltung in der<br />
finnischen Hauptstadt. Welchen Erfolg die 12. WM in Berlin<br />
zeitigt, muss sich noch erweisen. Vielleicht lässt sich ja von<br />
den Verantwortlichen wieder stärker ins Blickfeld rücken,<br />
dass die Leistung, der Rekord, immer nur eine Seite der<br />
Medaille darstellt; die andere ist geprägt von dem Anspruch,<br />
dass Athleten, die Träger der Leistung, gereift durch Erziehung<br />
und Selbstverantwortung, anderen dauerhaft Vorbilder<br />
sind.<br />
23
Die Neuauflage des Sommermärchens<br />
Für Leichtathleten ein aussichtsloses Unterfangen?<br />
Von Michael Gernandt<br />
Jedes Märchen, sagt der Volksmund, beginnt mit dem<br />
Satz: "Es war einmal". Auch oder gerade das des Sommers<br />
2006. Das viel zitierte und deshalb schon ein<br />
wenig abgegriffene Sommermärchen der Fußball-WM vor<br />
drei Jahren in Deutschland. Die eigene WM vor Augen träumen<br />
nun die Freunde der Leichtathletik davon, dass es<br />
gelingen möge, solch ein Märchen in die Gegenwart zurück<br />
zu holen. Damit, wenn Berlin <strong>2009</strong> der Vergangenheit<br />
24<br />
anheim gegeben ist, die Geschichte ihres Fests des Sports<br />
ebenso beginnt: Es war einmal ein Sommermärchen anno<br />
domini <strong>2009</strong>.<br />
Ein solches Begehr, hört man allenthalben, sei Illusion, das<br />
Fußballereignis in der flirrenden Hitze des Sommers 2006, als<br />
Deutschland Flagge zeigte, schwarzrotgoldene Perücken trug<br />
und vor sich her wie eine Monstranz "gedämpften Patriotis-
mus" (Spiegel), sodass sich die Welt verwundert die Augen<br />
rieb, lasse sich nicht beliebig wiederholen. Zumindest nicht<br />
schon nach drei Jahren wieder. In der Tat, die letzte staunend<br />
wahrgenommene Verwandlung des <strong>Deutsche</strong>n zum<br />
weltoffenen, unverkrampften Gastgeber liegt eine Menschengeneration<br />
zurück; immerhin, auch sie ermöglicht erst<br />
durch ein Treffen des Sports: die mit pastellfarbener Leichtigkeit<br />
und heiter-beschwingter Ungezwungenheit sommerlich<br />
flanierenden <strong>Olympische</strong>n Spiele vor 37 Jahren in München.<br />
Zumindest bis zu dieser grausamen Zäsur des 5. Septembers.<br />
Und überhaupt: Heißt es nicht, die Leichtathletik, diese<br />
Disziplin der Individualisten und ihr eher der gehobenen<br />
Bürgerschicht entstammender und lautem Überschwang<br />
zumeist unverdächtiger Anhang würden nicht taugen zu<br />
bierseliger Party? Wie sie weiland der zu Gemeinsinn verpflichtete<br />
Fußball auf wogenden Fanmeilen und in lauschigen<br />
Vergnügungsparks vor überdimensionalen TV-Geräten feierte?<br />
Das Spiel mit dem Ball lebe sich eben auch auf der Straße<br />
aus, die Leichtathletik nicht. Wobei, zuweilen kann auch die<br />
durchaus zu frohgemutem Treiben neigen. Aber eben bevorzugt<br />
im Rund des Stadions, wie die Erinnerung an die erste<br />
WM in Deutschland lehrt: Im Sommer 1993 führten in Stuttgart<br />
begeisterte Ränge die Ola (damals "Schwabenwelle") in<br />
Deutschland ein, worauf das Internationale <strong>Olympische</strong><br />
Komitee sich vor den Schwaben verneigte und sie, ob der<br />
allen Athleten entgegengebrachten Fairness, mit Lorbeer<br />
schmückte. Nur, lokal fixierter Enthusiasmus allein reicht<br />
diesmal dem nicht, der vom globalen Championat der Leichtathleten<br />
"Märchenqualität" erwartet. Qualitätsmindernd,<br />
führen hinsichtlich eines Sommermärchens `09 Ungläubige<br />
ins Feld, seien die im Vergleich zur Fußballauswahl 2006 nicht<br />
sonderlich ausgeprägten Erfolgsaussichten der heimischen<br />
Athletenklientel.<br />
Gemach, Freunde des Zweifels, selbst Leichtathleten vermögen<br />
über ihren Schatten zu springen. Die Hoffnung, die<br />
eigenen Sportler könnten vielleicht doch mit ihren Leistungen<br />
dem Fest eine märchenhaft anmutende Girlande flechten, hat<br />
schließlich Nahrung erhalten in den Wintermonaten, die auf<br />
das Pekinger Desaster folgten. Natürlich wird, weil auch die<br />
Welt des Sports nicht mehr ist, wie sie mal war, nichts mehr<br />
heranreichen an jenen rauschhaften Sonntagnachmittag im<br />
September 1972, an den wohl glorreichsten Tag der deutschen<br />
Nachkriegsleichtathletik. Damals gewannen Hilde Falck,<br />
Klaus Wolfermann und Bernd Kannenberg<br />
Olympiagold im Stundentakt, ihre Siege zogen<br />
wie Donnerhall durchs Land.<br />
Immerhin haben jetzt unverbrauchte, Optimismus<br />
widerspiegelnde Gesichter Neugier geweckt,<br />
haben Namen wie Bayer, Holzdeppe und Friedrich<br />
einen neuen Abschnitt angedeutet. Und vor<br />
allem: Irina Mikitenko, die Läuferin mit dem kurzen Schritt<br />
und dem langen Atem. Kaum auszudenken, wie sich die<br />
Woche in Berlin entwickelte, hätten die Organisatoren das<br />
Marathonrennen der Frauen an den Anfang des Programms<br />
gestellt und nicht ans Ende, wenn die Messe bereits gelesen<br />
ist: Vorneweg laufend Mikitenko, die Favoritin nach Siegen in<br />
Berlin und London, vorbei an Hunderttausenden auf den<br />
Straßen, lärmbewährt, fähnchenschwingend, und an Berlins<br />
vom Sonnenlicht filmreif ausgeleuchteten Sehenswürdigkeiten,<br />
und das Fernsehen immer voll drauf, hinein in die gute<br />
Stube, weltweit sowieso. Wer würde dann nicht Feuer fangen,<br />
landauf, landab ...<br />
… und sich delektieren an einem weiteren, kurzfristig programmierten<br />
Szenario des Marathons? Nach der Startzusage<br />
von Sabrina Mockenhaupt, die auf die zehn Bahnkilometer<br />
setzen wollte und nicht auf die 42 auf der Straße, wird eine<br />
nationale Konkurrentin Mikitenko begleiten. Eine für Werbefachleute<br />
faszinierende Geschichte: Mit Miki und Mocki quer<br />
durch die Kapitale. Da könnte selbst WM-Maskottchen Berlino<br />
in Atemnot geraten. Und Poldi und Schweini erst recht.<br />
Märchen, auch die des Sommers, selbst die für Erwachsene,<br />
beruhen auf Fiktion, auf etwas, das nur in der Vorstellung<br />
existiert. Mal angenommen, der Märchenfreund stellt sich<br />
nun vor, das verflixte Thema Doping hätte nicht wie ein<br />
Wirbelsturm tiefe Schneisen in den Wert geschlagen, der da<br />
heißt Glaubwürdigkeit - ein Sommermärchen <strong>2009</strong> der<br />
Leichtathleten besäße dann tatsächlich reelle Chancen,<br />
Realität zu werden. Unvorstellbar? Ja, aber …<br />
Die deutsche Leichtathletik sollte wenigstens die Möglichkeit<br />
erkennen, endlich den Schatten zu beseitigen, den der<br />
Moloch Doping auf sie wirft, seit zwei Jahrzehnten schon,<br />
aber im Jahr <strong>2009</strong> von besonders belastender Schwere.<br />
Gemeint ist die Auseinandersetzung zwischen Tätern und<br />
Opfern der staatlich verordneten Athletenmanipulation in der<br />
DDR mitsamt ihrem hässlichen Wurmfortsatz, der (auch von<br />
höchster Stelle vorgenommenen) Verschleierung der Dopingszene<br />
im Westen vor der Wende. Ist es nicht an der Zeit, allen<br />
Groll, hüben wie drüben, zu überwinden? Die Konfrontation<br />
der Ostdeutschen nach überfälliger persönlicher und mit aller<br />
Aufrichtigkeit und Toleranz geführter Aussprache mit einem<br />
Handschlag noch vor der WM zu beenden, wäre ein feiner<br />
Beitrag zur atmosphärischen Gestaltung der Weltmeisterschaft<br />
- und der Westdeutschen Geständnis, immer nur<br />
weggeschaut und auf andere gezeigt zu haben,<br />
der noch fehlende Schritt zu einem Zustand,<br />
der dann so beschrieben werden könnte: Die<br />
gesamtdeutsche Leichtathletik von nun an ohne<br />
trennenden Graben.<br />
Naiv sich derlei vorzustellen? Mag schon sein.<br />
Ein Sommermärchen halt.<br />
25
Was as macht eigentlich ...?<br />
Willi Wülbeck<br />
Von Steffen Haffner<br />
Den Lauf hat Willi Wülbeck immer noch vor Augen.<br />
"Auch, weil ich immer wieder darauf angesprochen<br />
werde", wie das war an jenem 9. August 1983 in<br />
Helsinki. Der populärste Sportler des Ruhrgebiets und wohl<br />
beliebteste deutsche Leichtathlet stürmte im 800-Meter-<br />
Finale nach vorne und biss sich zum Sieg durch. Eine Sensation.<br />
Der Oberhausener hatte zwar hierzulande die Szene<br />
beherrscht und war zehnmal in Folge auf dieser Strecke<br />
deutscher Meister geworden. Ein<br />
Jahr zuvor aber enttäuschte der<br />
Olympiavierte von Montreal 1976<br />
als Letzter im Finallauf der Europameisterschaft<br />
von Athen. Der Fokus<br />
der Aufmerksamkeit richtete sich<br />
damals auf seinen Rivalen Hans-<br />
Peter Ferner, der den Olympiasieger<br />
Sebastian Coe schlug.<br />
In diesen Wochen vor der Weltmeisterschaft<br />
in Berlin, wo Wülbeck<br />
im August ein paar Tage als<br />
Ehrengast dabei sein will, wird die<br />
Erinnerung durch Interviews und<br />
Zeitungsberichte belebt. Augenzwinkernd<br />
sagt der schlaksige 54-<br />
Jährige: "Ich bin ja nach diesen 26<br />
Jahren fast schon zur historischen<br />
Persönlichkeit geworden." Da ist er<br />
wieder, dieser leise Humor, der die<br />
Art ins Gedächtnis ruft, in der<br />
"Williii", wie sie ihn in den Stadien<br />
anfeuerten, schüchtern lächelnd<br />
mit den Zuschauern Zwiesprache<br />
hielt. Der Publikumsliebling verlor nicht einmal in der Niederlage<br />
an Sympathie. Und wenn er wieder einmal das Video<br />
von Helsinki zeigen muss, kommt immer noch Jubel auf. Das<br />
tut einem wie ihm persönlich, aber auch geschäftlich gut, der<br />
mit seiner Sport- und Veranstaltungsagentur die Öffentlichkeit<br />
braucht. "Weltmeister - das war ja doch eine Lebensleis-<br />
26<br />
tung und ist immer noch die Auszeichnung schlechthin." Sein<br />
deutscher Rekord von 1:43,65 Minuten steht bis auf den<br />
heutigen Tag. Ebenso die Bestmarke im 1.000-Meter-Lauf von<br />
2:14,53 Minuten aus dem Jahre 1980.<br />
Der Blick zurück auf den Höhepunkt seiner Laufbahn sagt<br />
nichts über die Zweifel, die nach dem Tief von Athen an Willi<br />
Wülbeck nagten. Bis zu den Vorläufen von Helsinki fragte er<br />
sich, ob es noch Sinn hatte, überhaupt<br />
weiter zu laufen. Wegen<br />
Schlafstörungen griff er vor wichtigen<br />
Wettkämpfen schon einmal zur<br />
Tablette. "Ich hatte mich in den<br />
Jahren vor der WM aus der<br />
Umklammerung durch meinen<br />
Trainer Hans Raff gelöst." Der<br />
Olympiateilnehmer im Hindernislauf<br />
von Berlin 1936 "hat zu viel mentalitätsfremdes<br />
Verhalten von mir<br />
verlangt: Ruhe und Askese, sich<br />
nicht der Sonne aussetzen, nicht<br />
schwimmen, keine Mädchen. Das<br />
hat zu Verdruss geführt." Nun war<br />
er frei, selbst verantwortlich. Das tat<br />
seiner sportlichen und persönlichen<br />
Entwicklung gut. Dennoch war Raff,<br />
der den jungen Läufer schon unter<br />
seine Fittiche nahm, als der Sechzehnjährige<br />
vom Vorortverein TV<br />
Biefang zum renommierten Club<br />
Rot-Weiß Oberhausen und später<br />
zum TV Wattenscheid wechselte, so<br />
eine Art Vaterfigur. Der eigene Vater<br />
war meist in Sachen Industriebau für Mannesmann von Griechenland<br />
über Ägypten bis Irak unterwegs.<br />
"Irgendwie bin ich zur falschen Zeit gelaufen. Schon acht<br />
Jahre nach der WM in Helsinki wären ganz andere Dimensionen<br />
möglich gewesen, nachdem 1981 der Amateur-Paragraph
fiel und Bezahlung und<br />
vor allem Werbung<br />
gestattet wurden." Auch<br />
wenn Wülbeck die exorbitanten<br />
Beträge sieht,<br />
die heute Spitzenleichtathleten<br />
erhalten, spiegelt<br />
der Satz "Ich will<br />
mich nicht beklagen."<br />
seine Lebenseinstellung.<br />
"Ich habe auch mein<br />
Geld verdienen und als<br />
Student manches auf die<br />
hohe Kante legen können,<br />
so gering die Beträge<br />
waren." Zwei Mehrfamilienhäuser in Duisburg und ein<br />
Einfamilien-Reihenhaus in Oberhausen, das er mit seiner<br />
Partnerin bewohnt, tragen zu der ihm wichtigen sozialen<br />
Abgesichertheit bei.<br />
Mit einer Anstellung als Lehrer wäre er seiner finanziellen<br />
Sorgen ledig gewesen. Doch nach dem Biologie- und Sport-<br />
Studium fand sich im Schulbetrieb jener Jahre kein Platz für<br />
ihn. Ulrike Meyfarth,<br />
der zweifachen Olympiasiegerin<br />
im Hochsprung,<br />
und anderen<br />
Spitzensportlern ging<br />
es ähnlich. "Das<br />
waren enttäuschende<br />
gesellschaftliche<br />
Zustände, in denen<br />
herausragenden<br />
Athleten keine Chance<br />
gegeben wurde."<br />
Nach zwei Jahren<br />
Halbtagstätigkeit<br />
beim Kommunalverband<br />
Ruhrgebiet blieb<br />
dem Weltmeister<br />
nichts anderes übrig,<br />
als sich auf dem Feld<br />
der Selbstständigen<br />
durchzuschlagen. Das<br />
Spektrum reichte von Sport-Promotion über PR-Auftritte bis<br />
hin zu journalistischer Tätigkeit. Seine mit Humor gewürzten<br />
Kolumnen kamen gut an. "Nur war ich enttäuscht, wenn ich<br />
hörte, was einer wie Udo Lattek dafür bekam, während ich für<br />
ein paar hundert Mark schrieb. Da schnappte ich mir lieber<br />
20.000, 30.000 Mark für die Organisation von Veranstaltungen."<br />
So betreute Wülbeck mit seiner Agentur lange Jahre den mit<br />
Weltklasse-Teilnehmern besetzten Silvesterlauf und vor allem<br />
das renommierte Mehrkampfmeeting des TV Ratingen. In<br />
diesem Verein engagierte er sich als Leiter der Leichtathletik-<br />
Abteilung und trainierte mit Freude und dem Gewinn zahlreicher<br />
Landes- und Kreismeistertitel Kinder und Jugendliche ab<br />
zwölf Jahre. Die fruchtbare Zusammenarbeit ging im vergangenen<br />
Jahr zu Bruch, "als ich zwischen die Stühle von Interessensparteien<br />
im Verein geriet, das tat sehr weh". Gegen<br />
Horst Becker, den früheren Vorsitzenden des Vereins, wurde<br />
Strafantrag gestellt. Der Streitpunkt: Aus Sicht des Vereins<br />
soll er sich über Honorar, das er als freier Mitarbeiter von<br />
Wülbecks Agentur erhielt, unrechtmäßig bereichert haben.<br />
Heute wendet sich der Spitzensportler von einst der Fitness-<br />
Szene zu. Gegenwärtig ist er in Aktionen wie "Fitness mit der<br />
WAZ, Fit mit dem Weltmeister" eingebunden. Er betreut<br />
weiter die "RWE-Schulstaffelläufe", bei denen in neun Städten<br />
Schüler 8 mal 100 Meter laufen und sich in der Gesamtzeit<br />
immer noch die Zähne am Rekord ihres Vorbilds ausbeißen.<br />
Der Läufer von einst ist niemals vom Sport losgekommen,<br />
weder beruflich noch privat. Beim Blick auf die deutsche<br />
Leichtathletik fürchtet er, dass die einstige olympische Kernsportart<br />
hierzulande verkümmert. "Der Nachwuchs scheint ja<br />
recht gut zu sein. Aber es fehlt die Kontinuität, ihn an die<br />
Spitze zu führen."<br />
Beim Thema Doping<br />
wirkt er resignierend:<br />
"Anscheinend ist das<br />
systemimmanent. Die<br />
Verlockung wegen der<br />
kommerziellen Möglichkeiten<br />
ist riesengroß."<br />
Auch Wülbeck<br />
wurde bei sportmedizinischenUntersuchungen<br />
in Versuchung<br />
geführt: "Wenn<br />
ich mal was brauchte<br />
oder mal was ausprobieren<br />
wollte, sollte<br />
ich es nur sagen. Zum<br />
Glück habe ich mich<br />
nicht darauf eingelassen<br />
und gezeigt, dass<br />
ich auch ,ohne' in der<br />
Weltspitze mitlaufen konnte." Kritisch ist sein Blick auf den<br />
Fußball: "Ich sehe die Profis mehr als Söldner." Deshalb hängt<br />
er auch keinem Bundesliga-Club als Fan an.<br />
Sport treiben bezeichnet der einstige Athlet als Lebenselixier<br />
für die Menschen. Das gilt auch für ihn selbst. Hin und wieder<br />
läuft er eine halbe Stunde. Besonders gern fährt Willi Wülbeck<br />
mit dem Crossbike durch die Natur des Ruhrgebiets, wo<br />
er sich heimisch fühlt. Hier kennen und lieben sie "Williiii",<br />
den Weltmeister.<br />
27
Eine Jahrhundert-Zeitreise<br />
Zwölf <strong>Olympische</strong> Kongresse als Versuch des Weltsports, in bewegten Zeiten die<br />
Einheit durch ein Gleichmaß an Zielen herzustellen Von Günter Deister<br />
Die Abschlusserklärung war gedruckt und bereits als<br />
Ergebnis des 11. <strong>Olympische</strong>n Kongresses 1981 in<br />
Baden-Baden vermeldet worden. "Das IOC muss den<br />
ihm in der Welt des Sports zustehenden Platz einnehmen",<br />
lautete der Satz, auf den sich eine Dreierkommission aus<br />
Vertretern des IOC, der Fachverbände und der Nationalen<br />
<strong>Olympische</strong>n Komitees über viele Stunden mühevoll verständigt<br />
hatte. Dann kam von IOC-Direktorin Monique Berlioux<br />
das Stoppzeichen. Das 100-Zeilen-Papier war nur noch<br />
Makulatur. Im Neudruck des finalen Berichts, der den Kon-<br />
28<br />
gressmitgliedern erst mit einstündiger Verspätung zur Akklamation<br />
vorgelegt werden konnte, stand nun der Satz: "Das<br />
IOC muss der Führer des Weltsports sein."<br />
Wer das Kommando für dieses trickreiche Vorgehen gegeben<br />
hatte, war erkennbar. "Das ist die Handschrift von Juan Antonio<br />
Samaranch", sagte ein empörter Thomas Keller, damals als<br />
Präsident des Internationalen-Ruderverbandes auch Vorsitzender<br />
des Zusammenschlusses der Welt-Sportverbände. Auf<br />
diese Art und Weise schaffte es der Spanier, ein Jahr nach
seiner Wahl zum IOC-Präsidenten für sich und seine Organisation<br />
die Führungsrolle des Weltsports festschreiben zu lassen.<br />
Für den Oppositionsführer aus der Schweiz endete die Aufmüpfigkeit<br />
zwei Jahre später mit der Entmachtung. Samaranch<br />
spaltete die Verbände in Sommer- und Wintersport-<br />
Organisationen auf, für Keller gab es keinen führenden Platz<br />
mehr in den neuen Partnerverbänden des IOC.<br />
Der <strong>Olympische</strong> Kongress von Baden-Baden war sicher eine<br />
der wichtigsten der bisher zwölf Generalversammlungen des<br />
olympischen Weltsports. Er stärkte die Position des IOC,<br />
markierte das Ende des Amateurzeitalters, öffnete das IOC für<br />
Frauen und schuf ein Mitbestimmungsrecht für den Athleten.<br />
Die Kongresse als umfassende Begegnung des IOC mit den<br />
Nationalen <strong>Olympische</strong>n Komitees und internationalen Sportverbänden<br />
dienten der Standortbestimmung. Sie waren ein<br />
über ein Jahrhundert reichender Versuch, den olympischen<br />
Sport in einen gesellschaftlichen, globalen Zusammenhang zu<br />
stellen, seinen ideellen - und später immer stärker auch<br />
seinen finanziellen - Nutzwert zu definieren und über ein<br />
Gleichmaß an Vorstellungen und Zielen eine Einheit herzustellen.<br />
Dies alles auch als Selbstbehauptung in dramatischen<br />
Zeiten mit zwei Weltkriegen und der Aufspaltung in zwei<br />
politische Blöcke. Eingebettet in die Kongresse waren jeweils<br />
die Sessionen des IOC. Ihrer Zuständigkeit oblag es, aus den<br />
Vorstellungen und Empfehlungen ein ständig fortzuschreibendes<br />
Grundgesetz zu formulieren. Es fand seinen Ausdruck<br />
in der <strong>Olympische</strong>n Charta.<br />
Paris steht für die Veränderung und auch Brüche über 100<br />
Jahre <strong>Olympische</strong>r Kongresse. Der französische Pädagoge,<br />
Historiker und Sportfunktionär Baron Pierre de Coubertin<br />
hatte 1894 in die französische Hauptstadt zu "Überlegungen<br />
zu den Prinzipien des Amateurismus und ihrer Propagierung"<br />
eingeladen. Am Ende stand die Wiederaufnahme der <strong>Olympische</strong>n<br />
Spiele 1896 in Athen und die Gründung des IOC.<br />
Kongressteilnehmer waren 58 Franzosen, die 24 Sportorganisationen<br />
und Vereine vertraten, 20 Vertreter von 13 ausländischen<br />
Sportorganisationen und 50 Ehrenmitglieder, darunter<br />
sechs künftige Nobelpreisträger. Die Gründungsversammlung<br />
fand in der Universität Sorbonne statt.<br />
Ein Jahrhundert später war Paris auch Schauplatz des bisher<br />
letzten <strong>Olympische</strong>n Kongresses. Es gab 1 800 Teilnehmer, in<br />
vier Tagen wurden 430 vorgefertigte Reden gehalten, die auf<br />
6,5 Millionen Blatt Papier abgedruckt wurden. Die von einem<br />
prächtigen Fest begleitete Veranstaltung kostete 25 Millionen<br />
Mark und wurde damit auch zu einem Symbol für gewonnenen<br />
Wohlstand und olympisches Übermaß. Versammlungszentrum<br />
war die durch kühlen Beton gekennzeichnete Satelitenvorstadt<br />
Bercy. Dorthin wurde auch das <strong>Olympische</strong> Feuer<br />
getragen, nach dem es von einem Profikletterer in einer<br />
circensischen Aufführung vom Eiffelturm abgeseilt worden<br />
war. Die Schlussakte des Kongresses las sich mit 61 Forderun-<br />
gen und Feststellungen wie ein Warenhauskatalog. Coubertins<br />
Nachlassverwalter Geoffroy de Navacelle beklagte in der<br />
abschließenden Sitzung, dass der Name seines Großonkels<br />
aus einer wichtigen Passage der <strong>Olympische</strong>n Charta gestrichen<br />
worden sei. "Will der Präsident ebenfalls vergessen?",<br />
fragte Navacelle in Richtung Samaranch.<br />
Coubertin, der Gründer und langjährige IOC-Präsident, hat<br />
die ersten acht <strong>Olympische</strong>n Kongresse bis 1925 auch durch<br />
Themenvorgaben geprägt. Der Sport als ganzheitliches Phänomen<br />
wurde, wissenschaftlichen Seminaren nicht unähnlich,<br />
in Bezug gesetzt zu Hygiene, Pädagogik, physische Erziehung,<br />
Psychologie, Physiologie, Literatur und Kunst. Immer ging es<br />
auch um die Weiterentwicklung der Regeln unter Wahrung<br />
des Amateurismus und die Suche nach einem Gleichgewicht<br />
der drei Säulen des olympischen Sports: IOC, NOKs, Verbände.<br />
Der letzte Kongress vor dem Zweiten Weltkrieg 1930 in Berlin<br />
und der erste ohne Coubertin kündigte die politische Einvernahme<br />
des Sports als eine neue große Herausforderung an.<br />
Reichspräsident Paul von Hindenburg gab einen großen<br />
Empfang, Reichsinnenminister Joseph Wirth kündigte in<br />
seiner Eröffnungsrede eine deutsche Bewerbung um die<br />
<strong>Olympische</strong>n Spiele 1936 an. Als sich Berlin ein Jahr später<br />
bei der IOC-Wahl klar gegen Barcelona durchsetzte und<br />
Hindenburg 1933 Adolf Hitler zur Macht verhalf, stand der<br />
olympische Sport vor seinem größten Problem: Die <strong>Olympische</strong>n<br />
Spiele als Instrument eines verbrecherischen politischen<br />
Systems.<br />
Die moderne Ära <strong>Olympische</strong>r Kongresse begann mit der<br />
Zusammenkunft im bulgarischen Varna 1973. Zum politischen<br />
Missbrauch einer in Ost und West auseinander gefallenen<br />
Welt kam als neue äußere Gefahr der Terrorismus. Ein<br />
Jahr zuvor hatten Araber bei den Spielen in München bei<br />
ihrem Überfall auf das israelische Team ein Blutbad angerichtet.<br />
Der olympische Sport selbst befand sich nicht nur wegen<br />
des Präsidentenwechsels 1972 vom amerikanischen Fundamentalisten<br />
Avery Brundage zum liberalen irischen Lord<br />
Michael Killanin in einer Übergangsphase. Verbände und<br />
NOKs hatten dem IOC eine Drei-Parteien-Kommission aufgezwungen,<br />
die auch als Kongress-Veranstalter auftrat. Angeführt<br />
von ihrem Schweizer Anführer Keller probten die Verbände<br />
den Aufstand. "Wir sind mit unseren Sportlern die<br />
eigentlichen Träger der Spiele", begehrte Keller auf und<br />
forderte ein Mitentscheidungsrecht bei der Programmgestaltung<br />
der Spiele und deren Zulassungsbestimmungen. Killanin<br />
gab dem Begehren nach, dass jeder Verband seine Amateurregel<br />
selbst formulieren könne, allerdings unter dem Vorbehalt:<br />
"Die letzte Entscheidung hat das IOC. Es lässt sich von<br />
niemandem etwas diktieren."<br />
Politisch lief in Varna der Versuch des Ostblocks ins Leere, das<br />
"NOK für Deutschland" in "NOK der Bundesrepublik Deutsch-<br />
29
land" umzubenennen. Dahinter verbarg sich die trickreiche<br />
Absicht, West-Berlin mit seinem politischen Sonderstatus als<br />
drittes deutsches NOK sportpolitisch isolieren zu wollen.<br />
Zudem fand das Begehren des kommunistischen Lagers in<br />
Allianz mit Ländern der Dritten Welt keine Zustimmung, das<br />
IOC durch eine "Demokratisierung" in eine Art Sport-UNO zu<br />
verwandeln, jedes NOK sollte in der IOC-Vollversammlung<br />
eine Stimme erhalten. Der deutsche Olympier Berthold Beitz<br />
zog aus dem Varna-Kongress ein positives Fazit: "Unter dem<br />
Druck von außen ist das IOC näher zusammengerückt. Sie<br />
dachten vorher, die sind schwach, alt und blaublütig, die<br />
können wir auffressen."<br />
Markierte Varna einen Übergang, so wurde Baden-Baden<br />
1981 zu einer Zäsur in bedrückenden Zeiten. Unter der Führung<br />
der USA hatten die meisten westlichen Staaten die<br />
Spiele 1980 in Moskau wegen des sowjetischen Einmarsches<br />
in Afghanistan boykottiert. Das zwischen die Blöcke geratene<br />
IOC kämpfte um sein - auch finanzielles - Überleben. Die<br />
UNESCO galt damals als alternative olympische Dachorganisation.<br />
Im beschaulichen Umfeld des weltbekannten Kurorts<br />
und seiner ebenfalls berühmten Spielbank begann das große<br />
Spiel von Juan Antonio Samaranch, der in der russischen<br />
Metropole mit starker Unterstützung der kommunistischen<br />
Welt das Erbe von Lord Killanin angetreten hatte. Und der<br />
spanische Großmeister legte los, und zwar in einem Zweckbündnis<br />
mit dem Kongress-Organisator Willi Daume, den er<br />
bei der Präsidentenwahl in Moskau haushoch besiegt hatte.<br />
Der deutsche NOK-Präsident schrieb in seiner Eigenschaft<br />
als Vorsitzender der IOC-Zulassungskommission die Vorlage<br />
für einen veränderten Amateurparagrafen, der den westlichen<br />
Berufssportlern - unter dem Protest des Ostblocks -<br />
die Tür zu Olympia öffnete und damit Gleichheit herstellte<br />
mit dem Staatsamateur. Als Folge beförderte die Session in<br />
Baden-Baden Tennis und Tischtennis als 22. und 23. Sportart<br />
ins Olympiaprogramm. Daume stand auch Pate für die<br />
Schaffung einer Athletenkommission, die durch die Olympiasieger<br />
Sebastian Coe und Thomas Bach eine starke Vertretung<br />
erhielt. Unter Samaranchs früher Präsidentschaft<br />
wurden nach 329 Männern mit der Finnin Pirjo Haeggman<br />
und Flor Isava Fonseca aus Venezuela die ersten Frauen in<br />
den olympischen Orden aufgenommen, aber auch Funktionäre<br />
wie der gelernte Maschinenschlosser Günther Heinze<br />
aus Ost-Berlin.<br />
Dass Samaranch in Baden-Baden unter dubiosen Umständen<br />
den Führungsanspruch des IOC festschreiben ließ, gehört<br />
zur Realität des Baden-Baden-Kongresses wie die dunkle<br />
Aussage des Ehrenpräsidenten Killanin: "Ich war der Überzeugung,<br />
dass der Posten des IOC-Präsidenten nicht käuflich,<br />
sondern für jedermann offen sein sollte, der die Zeit opfern<br />
kann." Auf jeden Fall markiert der zweite <strong>Olympische</strong> Kongress<br />
auf deutschem Boden den Beginn der Ära Samaranch.<br />
30<br />
Über ihn sagte in Baden-Baden der griechische Olympier<br />
Nikolaos Nissiotis, ein Professor der Theologie: "Er vermag auf<br />
allen Klavieren virtuos zu spielen. Er manipuliert, ich meine<br />
dies in positivem Sinn. Er kann das, was ein Kennzeichen<br />
spanischer Geschichte ist: Er beherrscht die Welt durch<br />
Freundschaften."<br />
Der Jahrhundertkongress von Paris 1996 zeigte Samaranch<br />
auf dem Höhepunkt seiner Macht. Er konnte als großen<br />
Erfolg die Wiedervereinigungsspiele in Seoul 1988 und die<br />
geglückten Sommerspiele in Barcelona 1992 vorweisen. Auf<br />
der Habenseite des östlichen Gegenboykotts der Spiele von<br />
Los Angeles 1984 stand der große kommerzielle Erfolg. Olympia<br />
war dabei, eine Geldmaschine zu werden. Das IOC stand<br />
glänzend da, und die Auflösung der politischen Blöcke nach<br />
dem Fall der Mauer hatte den politischen Druck genommen.<br />
Doch eine neue Gefahr wurde deutlich, benannt durch den<br />
australischen Vizepräsidenten Kevan Gosper: "Wir sollten<br />
neben dem Boykott, dem Doping und den Drogen auch der<br />
Korruption ein energisches Halt sagen."<br />
Der Kongress plädierte für die Verstärkung sportlicher Entwicklungshilfe,<br />
erhob den Umweltschutz zu einer olympischen<br />
Priorität, forderte für den Sport Autonomie und für die<br />
Athleten, dass sie den Großteil ihrer Kommission selbst wählen<br />
dürfen. Mit einem Plädoyer für Fair Play im Sport nahm<br />
mit Willi Daume einer der großen Olympier leise Abschied.<br />
Die Session endete mit der Verabschiedung eines Doping-<br />
Gesetzbuchs (Medical Code), das den gesamten olympischen<br />
Sport zu einem einheitlichen Kampf gegen den Leistungsbetrug<br />
verpflichtete. Samaranch machte eine höchst erstaunliche<br />
Personalpolitik dadurch, dass er unter 12 neuen Mitgliedern<br />
auch den Tennistrainer Schamil Tarpischew in das IOC<br />
wählen ließ, auf Wunsch des russischen Präsidenten Boris<br />
Jelzin, dessen Übungsleiter Tarpischew auch war. Allerdings<br />
fand die Allmacht des Spaniers auch seine Grenzen. Als er für<br />
sich selbst das Recht reklamierte, zehn Präsidenten von<br />
olympischen Verbänden zu IOC-Mitgliedern zu ernennen,<br />
blockierte die Vollversammlung. Da half Thomas Bach, als<br />
Jungmitglied des IOC schnell zum Mitglied der Juristischen<br />
Kommission aufgestiegen und dabei auch zum Mitautor des<br />
Medical Codes geworden, seinem Förderer aus der Patsche.<br />
Samaranch solle nur ein Vorschlagsrecht bekommen und die<br />
Session ihr letztes Wort behalten, schlug Bach vor. So<br />
geschah es.<br />
Während des Kongresses erregte noch ein gewisser Jacques<br />
Rogge mit der Aussage Aufsehen, notfalls sollten die Athleten<br />
ihre Rechte mit einem Streik erzwingen. In seinem<br />
Anlauf auf die IOC-Präsidentschaft gab sich der Belgier<br />
noch als kleiner Revolutionär. Beim 13. <strong>Olympische</strong>n Kongress<br />
vom 3. bis 5. Oktober <strong>2009</strong> in Kopenhagen ist er der<br />
große Vorsitzende, der irgendwelche Aufstände nicht<br />
gebrauchen kann.
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D<br />
ie Bewerbung Münchens und der Partner Garmisch-Partenkirchen<br />
und Schönau (Königssee) für die <strong>Olympische</strong>n<br />
Winterspiele 2018 nimmt Fahrt auf. Am 2. Juni versicherte<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel dem deutschen Sport und den<br />
Münchnern, die Bundesregierung stehe "als Ganzes hinter der<br />
Bewerbung". Seit Mitte Februar hat die Bewerbergesellschaft<br />
neben Richard Adam, 47, einen zweiten Geschäftsführer: Bernhard<br />
Schwank, 48, den ehemaligen Direktor Leistungssport des<br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbunds (DOSB) und Chef de Mission<br />
der deutschen Olympiamannschaft in Vancouver 2010. Der<br />
frühere Tourismusmanager Adam kümmert sich um die Finanzen<br />
und das Marketing, Schwank um die Erstellung des sportlich-technischen<br />
Konzepts und die Pflege des internationalen<br />
Netzwerks. Spätestens am 15. Oktober, dem Meldeschluss beim<br />
IOC, wissen die Münchner, wie die Konkurrenten heißen. Dann<br />
wird sich herausstellen, mit welchen Kandidaten das IOC ins<br />
Wahlfinale geht. Vorläufig sind namentlich nur Pyeonchang<br />
(Südkorea) und Annecy (Frankreich) bekannt. Bis zur Entscheidung<br />
im Juli 2011 in Durban (Südafrika) bleibt München Zeit für<br />
die diffizile Feinabstimmung der Bewerbung, deren Kosten in<br />
Höhe von geschätzten 30 Millionen Euro trotz der Wirtschaftsund<br />
Finanzkrise nach wie vor von der Privatwirtschaft gedeckt<br />
werden sollen. Über den Stand der Dinge in der Bewerbungszentrale<br />
am Agnes-Pockels-Bogen mit Blick auf den Olympiapark<br />
in München unterhielt sich das "<strong>Olympische</strong> Feuer" (OF)<br />
Anfang Juni mit Bernhard Schwank.<br />
OF: Der abrupte Wechsel vom DOSB zur Bewerbergesellschaft<br />
war vermutlich in Ihrer persönlichen Berufsplanung nicht<br />
vorgesehen. Wie war Ihre Gefühlslage, als Sie den Job in München<br />
antraten, war Ihnen die Größe der Aufgabe in allen<br />
Belangen bewusst?<br />
Schwank: Ich habe mich sehr gefreut, als die Anfrage kam.<br />
Wer so im Sport und Spitzensport zu Hause ist, wie ich, für den<br />
sind <strong>Olympische</strong> Spiele nun mal das herausragende Ereignis.<br />
Mitzuhelfen, Spiele mal wieder nach Deutschland zu holen, das<br />
ist im Berufsleben eine einmalige Chance, ja eine Ehre. Emotionen<br />
haben bei diesem Wechsel sicher eine Rolle gespielt,<br />
unabhängig von dem Wissen, was genau auf mich zu kommen<br />
wird. Die neue Aufgabe ist gleichermaßen Herausforderung<br />
und Abenteuer.<br />
OF: Teamchef bei <strong>Olympische</strong>n Spielen oder Bewerber um<br />
<strong>Olympische</strong> Spiele - beides kann eine Menge Druck und Stress<br />
verursachen. Würden Sie diese Belastungen für sich gewichten<br />
wollen?<br />
Schwank: Für die Vorbereitung der Spiele in Vancouver gilt es,<br />
Zeit einzubringen. Das läuft in enger Abstimmung mit den<br />
Kollegen vom DOSB sehr gut. Die Zeit vor Ort in Vancouver<br />
"Wir machen Spiele für die<br />
nächste Generation"<br />
Bernhard Schwank, Geschäftsführer der Bewerbungsgesellschaft<br />
<strong>Olympische</strong> Winterspiele 2018 in München<br />
32<br />
wird belastend sein. Das haben wir aber vorher gut durchdacht.<br />
Wir sind der Meinung, dass es für die Münchner Bewerbung<br />
von Vorteil ist, wenn sie in Kanada jemand vertritt, der das<br />
operative Geschäft der Spiele kennt und die Erfahrung dann<br />
einbringen kann in die Bewerbungsunterlagen. Wir werden die<br />
Doppelbelastung gemeinsam hinkriegen. Aus unserer Sicht ist<br />
sie eine ideale Ergänzung.<br />
OF: Es liegen diverse Meinungen vor, dass "München 2018"<br />
eine aussichtsreiche Bewerbung sein kann. Wo liegt aus Ihrer<br />
Sicht Münchens Vorteil im Vergleich zu den 1986 (Berchtesgaden/Winter),<br />
1993 (Berlin/Sommer) und 2005 (Leipzig/Sommer)<br />
in den Sand gesetzten deutschen Olympiabewerbungen?<br />
Schwank: München hat die uneingeschränkte Unterstützung<br />
des deutschen Sports und der deutschen Politik. Es gab kein<br />
nationales Auswahlverfahren, das möglicherweise im Nachgang<br />
nicht alle hinter der Bewerbung versammelt hätte. Die Bewerbung<br />
ist von vorneherein international wettbewerbsfähig und<br />
OF-INTERVIEW
verspricht Erfolg, das war bei den früheren Bewerbungen nicht<br />
der Fall. Am Münchner Konzept ist von Anfang an weder von<br />
politischer noch von fachlicher Seite gerüttelt worden - es ist<br />
mit allen abgestimmt worden. Wir sind auch international<br />
besser aufgestellt als noch vor vier Jahren. Die Liste deutscher<br />
Vertreter in den internationalen Boards ist nicht so klein, wie<br />
man immer meint.<br />
OF: Der "Spiegel" schrieb, der Olympiapark sei "das Hauptargument<br />
der Münchner Bewerbung". Wenn Sie das auch so sehen,<br />
wie ist das zu begründen?<br />
Schwank: Der Park ist nicht ein Hauptargument, aber natürlich<br />
ein ganz, ganz starkes. Er ist weltweit das Paradebeispiel sinnvoller<br />
olympischer Nachlassung. Der Park wird uns helfen, weil<br />
wir dort einen hohen Bestand an Sportstätten vorweisen<br />
können. Aber allein<br />
reicht er nicht aus.<br />
Wir brauchen<br />
zusätzlich die neue<br />
Idee, ein neues<br />
Erbe für die Zeit<br />
nach Olympia, falls<br />
wir den Zuschlag<br />
erhalten.<br />
OF: Der Park<br />
verliert aber doch<br />
hoffentlich durch<br />
die notwendigen<br />
Zubauten nicht<br />
seinen hoch gelobten<br />
Charakter?<br />
Schwank: Auf<br />
keinen Fall, da<br />
wären wir schlecht beraten. Wir werden dort, so sehen es die<br />
Planungen zur Zeit vor, zwei permanente neue Hallen bekommen,<br />
eine für das Eishockeyturnier der Frauen auf dem Platz<br />
des jetzigen Eishockeystadions und an der Stelle des jetzigen<br />
Radstadions eine neue Multifunktionshalle. Dann fehlt noch die<br />
Eisschnelllaufhalle, über die jetzt noch keine Klarheit besteht,<br />
ob sie permanent oder temporär sein soll.<br />
OF: Die Bewerbung fußt auf dem so genannten Zwei-Cluster-<br />
Konzept, Eiswettbewerbe in München, Schneebewerbe in<br />
Garmisch-Partenkirchen (dazu Bob und Rodeln in Schönau). An<br />
der Aufteilung reiben sich die Umweltschützer. Kommt da auf<br />
die Bewerber, die auf Ökologie und Nachhaltigkeit setzen,<br />
Ungemach zu?<br />
Schwank: Nein! Wir haben im Vorfeld eine Entscheidung zu<br />
Gunsten dieses Konzepts getroffen, weil es allein Erfolg verspricht.<br />
Seine Vorteile sind: Die Kürze der Wegstrecken, die<br />
Kompaktheit der Anbindung, die verkehrliche Infrastruktur und<br />
OF-INTERVIEW<br />
die Nachhaltigkeit. Das sind genau die Argumente, die gegen<br />
eine Ausweitung dieser zwei Cluster sprechen. Aber wir sind<br />
dabei, die Umweltbelange weiter abzuprüfen.<br />
OF: Umweltschützer argumentieren gegen neu zu errichtende<br />
nordische Anlagen im alpinen Garmisch, wollen zum Beispiel<br />
Biathlon im Olympiastadion vor 70.000 Zuschauern sehen.<br />
Schwank: Biathlon ist vom Ablauf der Spiele her mit Eröffnungs-<br />
und Schlussfeier im Olympiastadion nicht durchführbar.<br />
Ein solcher Wettbewerb gehört raus in die Natur.<br />
OF: Wie ist eigentlich die Stimmung im Lande beim Thema<br />
Olympia 2018, in der Bevölkerung, in den Parteien? Ist die<br />
Skepsis eines Teils der Münchner und bayerischen Grünen<br />
bereits ein Störfaktor? Der Bundestagsabgeordnete Parr (FDP)<br />
will angeblich eine "Stinkstiefel-Kultur" in München ausgemacht<br />
haben.<br />
Schwank: Aus meiner Sicht ist die Stimmung gut bis sehr gut.<br />
Betrachten sie die Beschlüsse, die gefällt wurden, im DOSB, im<br />
Münchner Stadtrat, im Garmischer Gemeinderat, dem Landkreis<br />
Berchtesgaden: nahezu alle mit überwältigender Mehrheit. Es<br />
gibt dann noch einen Unterstützungsbeschluss der Ministerpräsidentenkonferenz,<br />
der nur einstimmig gefällt werden kann, ein<br />
Beschluss des Bundestags ist in Vorbereitung und soll noch vor<br />
der Sommerpause erfolgen, die Bundeskanzlerin hat eine<br />
deutlich uneingeschränkte Unterstützung der Regierung ausgesprochen,<br />
die Zustimmung in der Bevölkerung liegt unseren<br />
Umfragen zufolge bei 70 Prozent. So gesehen sind wir auf dem<br />
richtigen Weg. Was Vertreter der Grünen - oder von anderen<br />
Parteien - betrifft, muss abgewartet werden, bis deren Einzeldiskussionen<br />
beendet sind. Man muss abwarten, bis sie mit<br />
ihrer Diskussion am Ende sind. Angekündigt ist das für den<br />
Herbst, dann wollen sie sagen, ob sie die Spiele mittragen. Im<br />
Übrigen pflegen wir die Diskussionen mit Umweltorganisationen<br />
und Grünen sehr intensiv und binden sie über Fachkommissionen<br />
ein. Unsere Masterplanung hat bereits Veränderung<br />
wegen ökologischer Unverträglichkeit erfahren.<br />
OF: Wenn von den Münchner Olympiaplänen die Rede ist,<br />
dreht sich augenblicklich in der öffentlichen Wahrnehmung<br />
vieles, um nicht zu sagen alles, um die Probleme der Finanzierung<br />
der Bewerbungskosten (30 Millionen Euro). Nervt Sie das,<br />
oder muss man sich doch ernsthaft Sorgen machen, dass das<br />
Versprechen, größtenteils privates Geld dafür zu akquirieren,<br />
nicht gehalten werden kann?<br />
Schwank: Nein, das nervt nicht, und Sorgen muss man sich<br />
auch keine machen. Es ist natürlich, dass im Zusammenhang<br />
mit solchen Großereignissen der finanzielle Aspekt sehr kritisch<br />
durchleuchtet wird. Auch von unserer Seite, das gebietet die<br />
sachgemäße Verwendung von Mitteln, egal ob aus Privatschatullen<br />
oder von öffentlicher Hand. Die Mittel, die wir im<br />
Moment brauchen, haben wir, die bis zum Ende der Bewerbung<br />
33
noch nicht, die benötigen wir jetzt auch noch nicht. Die Kanzlerin<br />
hat mit ihrer Unterstützung beim Gespräch mit uns und<br />
potenziellen Sponsoren dazu beigetragen, dass wir das eine<br />
oder andere Unternehmen gewinnen werden. Ich glaube, mit<br />
dem Wachsen der Bewerbung, wenn noch mal deutlicher wird,<br />
was die Kernpunkte der Bewerbung sind, wenn die Konkurrenten<br />
feststehen, Schwung und Emotionalität dazukommen,<br />
werden wir die Bewerbung wie angekündigt stemmen.<br />
OF: Die vorentscheidende Weichenstellung, die Erfolgschancen<br />
betreffend, wird im Oktober erfolgen, wenn der Sommerort für<br />
2016 feststeht und die Winterorte für 2018 sich gemeldet<br />
haben müssen. Ist das auch die Zeit für bisher zurückhaltende<br />
deutsche Sponsoren, aus der Deckung heraus zu kommen?<br />
Schwank: Wie schon gesagt, mit zunehmender Bewerbungsdauer<br />
glaube ich: Wir werden gewinnen. Gewinnen im Sinne<br />
von mehr Präsenz, mehr Klarheit und Überzeugungskraft und<br />
damit gegenüber potenziellen Sponsoren. Die Überlegungen<br />
mit den Kandidaten für 2016, Madrid, Tokio, Rio oder Chicago,<br />
kann man so oder so interpretieren. Wir werden genau beobachten,<br />
was da passiert, aber unabhängig davon werden wir<br />
weiter auf uns schauen. Unsere Konkurrenten sind Pyeonchang<br />
und Annecy. Ich rechne nicht mit zusätzlichen Bewerbern.<br />
OF: Wann wird bekannt sein, was <strong>Olympische</strong> Winterspiele<br />
2018 in München kosten?<br />
Schwank: Ende dieses Jahres, Anfang 2010.<br />
OF: Im Juli wird ein Kuratorium mit prominenten Botschaftern<br />
für die Bewerbung gegründet. Bedauern Sie, dass der Wintersport<br />
eine Lichtgestalt wie Franz Beckenbauer nicht wird aufbieten<br />
können?<br />
Schwank: Das muss kein Nachteil sein. Andere Wintersportnationen<br />
haben auch keinen Beckenbauer. Unser Wintersport hat<br />
so viele prominente internationale Gesichter, die man mit<br />
einem intelligenten Konzept wird einsetzen können. Wir sind<br />
stark aufgestellt, auch mit Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft,<br />
Kultur und Wissenschaft.<br />
OF: Wem fällt die Aufgabe eines, sagen wir Strippenziehers zu,<br />
der bis zur Wahl 2011 versucht, unter IOC-Mitgliedern und<br />
Fachverbänden Stimmung zu Gunsten Münchens zu organisieren?<br />
Das kann ja so entscheidend sein wie die Qualität des<br />
Bidbooks. Hauptkonkurrent Pyeonchang, das zum dritten Mal<br />
antritt, geht mit dem Milliardär Kun Hee Lee, Samsung-Chef<br />
und IOC-Mitglied, ins Rennen. Ein solches Pfund kann München<br />
doch nicht auf die Waagschale legen.<br />
Schwank: Wir sind sehr gut aufgestellt. Das knüpft an unsere<br />
schon erwähnten Vertreter in den internationalen Gremien an<br />
und an die umfangreiche internationale Arbeit, die der deutsche<br />
Sport seit vielen Jahren, seit Jahrzehnten erfolgreich<br />
34<br />
macht. Ich denke, dass wir mit dem Weg der Überzeugungsarbeit<br />
den richtigen beschreiten und damit am Ende erfolgreich<br />
sein werden.<br />
OF: Und wir machen uns da nichts vor, ist der deutsche Sport<br />
international wirklich so einflussreich aufgestellt? Denken Sie<br />
an Salzburgs sportfachlich erstklassige Bewerbung für 2014 -<br />
die war am Ende chancenlos.<br />
Schwank: Unsere Bundeskanzlerin hat die Unterstützung der<br />
Bundesregierung erklärt. Warum sollten wir dies international<br />
unterschätzen? Auch andere Persönlichkeiten aus Politik und<br />
Wirtschaft werden uns mit Sicherheit helfen können.<br />
OF: Sie sagten, zu Ihren Aufgaben gehöre die Pflege des internationalen<br />
Netzwerks. Trauen Sie sich das zu?<br />
Schwank: Das ist nicht die Aufgabe eines Einzelnen, das kann<br />
auch einer allein nicht leisten. Wir haben ein gutes Team, mit<br />
dem Präsidenten des DOSB und Vorsitzenden unserer <strong>Gesellschaft</strong>erversammlung,<br />
Thomas Bach, und anderen Vertretern<br />
aus Deutschland im internationalen Sport.<br />
OF: Thomas Bach ist aber auch IOC-Vizepräsident, kann er als<br />
solcher auch frei für München werben?<br />
Schwank: Ich sehe da keine Probleme, ich bin überzeugt, dass<br />
Herr Bach diese Bewerbung zu hundert Prozent unterstützt.<br />
Schließlich ist es die vornehmste Aufgabe eines NOK, sich um<br />
<strong>Olympische</strong> Spiele zu bewerben. Ein Stück der Kraft und des<br />
Schwungs der Münchner Bewerbung von Anfang an hat auch<br />
damit zu tun, dass wir so gut aufgestellt sind.<br />
OF: Erhält München tatsächlich den Zuschlag, dann wird doch<br />
sicher Tradition verpflichtend sein?<br />
Schwank: Ja, in der bewegen wir uns hier ja von 1972 her,<br />
besonders in dem Zusammenspiel von Sport, Kultur, Kunst und<br />
<strong>Olympische</strong>r Bewegung, verbunden mit der Person von Professor<br />
Daume. Es gibt noch andere Traditionslinien, an denen man<br />
nicht vorbei kann, wenn man sich mit einer Stadt wie München<br />
bewirbt: Einfache Spiele, heitere Spiele, das architektonische<br />
Vermächtnis, aber eben auch die Linie eines Terroraktes, mit der<br />
wir sinnvoll umgehen müssen. Kultur und Kunst in München<br />
im Zusammenhang mit Winterolympia muss und wird ein<br />
wichtiges Thema sein. Diese Linie ist ein Vermächtnis, ein<br />
Auftrag. Es geht ja auch um die Wirkung der Spiele in die<br />
<strong>Gesellschaft</strong> hinein.<br />
OF: München wäre die erste Stadt, die Sommer- und Winterspiele<br />
veranstaltet hat, dazwischen liegen 46 Jahre.<br />
Schwank: Ja, wir machen Spiele für die nächste Generation.<br />
Das Interview führte Michael Gernandt<br />
OF-INTERVIEW
Neunzig Prozent aller deutschen Medaillen<br />
bei EM, WM und <strong>Olympische</strong>n Spielen werden<br />
von Sporthilfe-geförderten Athleten gewonnen.<br />
Sporthilfe-Athleten achten die Grundsätze<br />
des Sports und werben für unser Land.<br />
Verlierer ?<br />
www.sporthilfe.de<br />
Ruder-WM Eton 2006: Der Deutschland-Achter hatte<br />
seit Jahren WM-Gold verpaßt. Aber der Ehrgeiz der<br />
Ruderer blieb ungebrochen. Als keiner mehr damit<br />
rechnete, fanden sich acht Männer zusammen, die ein<br />
verschworenes Team bildeten. Sie wurden Weltmeister,<br />
weil sie das Miteinander im Sport verstanden hatten.<br />
Leistung. Fairplay. Miteinander.<br />
Die Prinzipien des Sports stärken unser Land.<br />
Unterstützen Sie die Prinzipien des Sports: <strong>Deutsche</strong> Sporthilfe · Konto: 092 777 2 · <strong>Deutsche</strong> Bank BLZ: 500 700 10
Seit dem Herbst 2008 werden die wirtschaftspolitischen<br />
Nachrichten schlechter. Die internationale Kredit- und<br />
Finanzmarktkrise hat sich zu einer Wirtschafts- und<br />
Konjunkturkrise erweitert. Die Politik versucht, diese Herausforderung<br />
zu gestalten, zumal in einem Wahljahr: Rettungssowie<br />
Schutzschirme wurden ebenso entwickelt wie Konjunkturpakete,<br />
die auch eine Verbesserung der kommunalen<br />
Infrastruktur möglich machen sollen.<br />
Der kommunale Anlagenbestand hat es auch nötig! Eine<br />
aktuelle Studie des <strong>Deutsche</strong>n Instituts für Urbanistik (DIFU)<br />
aus dem Jahr 2008 diagnostiziert einen Sanierungsstau von<br />
704 Mrd. Euro: Schlechte Straßen, marode Schulgebäude und<br />
lecke Abwassersysteme zeugen in West wie Ost davon, dass<br />
seit 1992 die kommunale Investitionstätigkeit kontinuierlich<br />
zurückgeht. Die DIFU-Studie beziffert den Investitionsbedarf<br />
allein für die Sportanlagen in kommunaler Trägerschaft auf<br />
35 Mrd. Euro und bestätigt die Erhebungen des DOSB, der<br />
den Sanierungsbedarf im Sportstättenbereich trägerübergreifend<br />
auf über 42 Mrd. Euro schätzt. Die DIFU-Studie weist<br />
insgesamt neun einzelne Investitionsbereiche aus; der Bereich<br />
Sportstätten ist hier an sechster Stelle genannt, knapp hinter<br />
dem Nahverkehr und mit größerem Bedarf als z.B. für Krankenhäuser<br />
oder für den Trinkwasserbereich! Unverändert ragt<br />
der Sanierungs- und Modernisierungsbedarf im Bereich der<br />
Bäder und der Sporthallen heraus. Die Zahl vereinseigener<br />
Sportstätten nimmt auf Grund von Eigentumserwerb und der<br />
zunehmenden Eigentumsübertragung von Kommunen auf<br />
Vereine zu - hier entsteht ein zusätzliches quantitativ<br />
bedeutsames Handlungsfeld. Der milliardenschwere Sanierungs-<br />
und Modernisierungsbedarf im Bereich der Sportstätten<br />
ist zum einen Bestandteil eines weitergehenden kommunalpolitischen<br />
Problemfeldes und entwickelt sich zum anderen<br />
zunehmend zu einem Engpassfaktor der Sportentwicklung<br />
Neben diesen ernüchternden Befunden ist auf die Chancen<br />
der Gesamtsituation und hierbei insbesondere auf die volkswirtschaftlichen<br />
Konsequenzen hinzuweisen. Bereits im Jahr<br />
2000 wurde in volkswirtschaftlichen Studien nachgewiesen,<br />
dass staatliche <strong>Ausgabe</strong>n für Sportstätten positive Effekte auf<br />
die Entwicklung von Einkommen und Beschäftigung in<br />
Sanierungsfall<br />
Von ungeahnten Chancen und Konjunkturimpulsen<br />
36<br />
Deutschland haben, somit hohe finanzielle Rückflüsse in den<br />
staatlichen Sektor erfolgen und Nettobelastungen der öffentlichen<br />
Haushalte bemerkenswert gering ausfallen. In diesem<br />
Zusammenhang sei auch auf den aktuellen Sportentwicklungsbericht<br />
2008/<strong>2009</strong> verwiesen, der feststellt, dass die<br />
steuerlichen Rückflüsse der Vereine die direkten öffentlichen<br />
Zuwendungen um über 300 Millionen Euro übersteigen.<br />
Aktuelle Studien belegen diese Annahmen erneut:<br />
� Investitionsprogramme zur Sanierung von Sportstätten<br />
geben der Bauwirtschaft zusätzliche Impulse. Expansive<br />
Effekte des Wirtschaftskreislaufs werden zusätzliche Einnahmen<br />
des Staates in<br />
Form höherer Steuern nach<br />
sich ziehen.<br />
� Entsprechende Investitionen<br />
haben regionalökonomische<br />
Dimensionen:<br />
Baumaßnahmen für Sportzwecke<br />
leisten auf Grund<br />
ihrer spezifischen Eigenschaften<br />
hinsichtlich der<br />
regionalen Verortung der<br />
Auftragnehmer von kleinen<br />
und mittleren Unternehmen<br />
zur Aufgabenerfüllung<br />
einen besonderen<br />
Beitrag.<br />
� Positive Effekte entstehen<br />
auch dann, wenn die<br />
Investitionen durch Verschuldung<br />
entstehen oder<br />
auf Grund staatlicher<br />
Darlehen an Vereine für<br />
vereinseigene Sportstätten<br />
finanziert werden.<br />
Angesichts dieser Szenarien<br />
richten sich viele Hoffnungen<br />
auf das Konjunkturpaket II
Sportstätte<br />
in der Wirtschaftskrise Von Andreas Klages<br />
und das so genannte Zukunftsinvestitionsgesetz. Der <strong>Deutsche</strong><br />
<strong>Olympische</strong> Sportbund hat dieses Paket begrüßt, jedoch<br />
auch eine sportfreundlichere Ausgestaltung angemahnt, da<br />
eine Reihe von Förderbedingungen die Anwendbarkeit auf<br />
Sportstätten in erheblichem Maße einschränken würde (z.B.<br />
die Begrenzung auf Förderung in Gebieten der Städtebauförderung<br />
oder auf energetische Sanierung). Hintergrund dieser<br />
Begrenzungen ist Art. 104b Grundgesetz, wonach bei Finanzhilfen<br />
des Bundes an die Länder eine Gesetzgebungskompetenz<br />
des Bundes erforderlich ist. Dieser Sachverhalt wurde in<br />
der öffentlichen Debatte häufig übersehen - auch in der<br />
Sportpublizistik! Die Föderalismuskommission II hat nunmehr,<br />
im Frühjahr <strong>2009</strong>,<br />
vorgeschlagen,<br />
diese Beschränkungen<br />
zu lockern<br />
- entsprechend<br />
wurden politische<br />
Initiativen für eine<br />
Verfassungsänderung<br />
auf den Weg<br />
gebracht.<br />
Im Förderbereich<br />
"Bildung" des<br />
Zukunftsinvestitionsgesetzes<br />
sind<br />
Investitionen bei<br />
den schulbezogenen<br />
Sportstätten<br />
denkbar. Im Förderbereich"sonstige<br />
Infrastruktur"<br />
entfallen mit<br />
einem neugefassten<br />
Art. 104b<br />
zahlreiche Einschränkungen<br />
mit<br />
der Folge, dass<br />
auch Investitionen<br />
in Einrichtungen<br />
des Sports förder-<br />
fähig sein werden. Mit der angestrebten Grundgesetzänderung<br />
(vorausgesetzt diese kommt noch rechtzeitig vor der<br />
parlamentarischen Sommerpause!) erweitern sich nochmals<br />
die Spielräume für den Sportstättensektor. Das Konjunkturpaket<br />
II kann helfen, den Sanierungsstau abzubauen. Hierfür<br />
sind entsprechende politische Weichenstellungen in den<br />
Kommunen und auf landespolitischer Ebene von Bedeutung.<br />
In vielen Regionen Deutschlands ist der Sport gut aufgestellt,<br />
z.B. stehen in Rheinland-Pfalz rund 36 Mio. Euro für Sportstätten<br />
zur Verfügung. In anderen Teilen Deutschlands kämpfen<br />
die Sportorganisationen noch für eine angemessene<br />
Berücksichtigung des Sports bei den Projektlisten.<br />
Bei allen berechtigten positiven Bewertungen aktueller politischer<br />
Initiativen ist auf die grundsätzlichen Dimensionen<br />
hinzuweisen. Die DIFU-Schätzungen beziffern den kommunalen<br />
Investitionsbedarf auf 704 Mrd. Euro, was einem jährlichen<br />
Bedarf von rundd. 47 Mrd. Euro entspricht. Das Konjunkturpaket<br />
II ist mit einem Investitionsprogramm von 13,3<br />
Mrd. Euro (einschließlich Länderanteilen) nicht weniger als<br />
der Tropfen auf den heißen Stein.<br />
Ein bundesweit koordiniertes mehrjähriges Investitionsprogramm<br />
zur Sanierung und Modernisierung von Sportstätten<br />
ist notwendiger denn je und würde nicht nur einen Engpassfaktor<br />
der Sportentwicklung reduzieren, sondern wäre mit<br />
deutlichen volkswirtschaftlichen Impulsen verbunden. Hierbei<br />
sollten auch die zunehmenden vereinseigenen Sportstätten<br />
nicht vergessen werden. Darüber hinaus ist daran zu erinnern,<br />
dass die kommunalen Kassen strukturell unterfinanziert sind.<br />
Ihre Einnahmenpositionen sind durch grundsätzliche finanzpolitische<br />
Änderungen zu verbessern - die Kommunen müssen<br />
wieder in die Lage versetzt werden, die notwendigen<br />
Investitionen für die kommunale Infrastruktur aus ihren<br />
Haushalten finanzieren zu können.<br />
Der Sport ist ein sympathisches Politikfeld, welches volkswirtschaftliche<br />
Multiplikationseffekte in bemerkenswerter Weise<br />
mobilisiert. Das "Politikfeld Sport" könnte durch ein Bundesinvestitionsprogramm<br />
aufgewertet und sein vielfältiger<br />
gesellschaftspolitischer Mehrwert sowie seine Integrationsund<br />
Gesundheitsfunktionen gestärkt werden.<br />
37
Das Sportabzeichen ist Millionär<br />
D<br />
as waren Sternstunden für den Breitensport und das<br />
<strong>Deutsche</strong> Sportabzeichen! Am Vormittag absolvierte<br />
Bundespräsident Horst Köhler mit seiner Ehefrau Eva Luise im<br />
Berliner Olympiastadion wieder einmal die Bedingungen für<br />
das auch nach 96 Jahren immer noch begehrte <strong>Deutsche</strong><br />
Sportabzeichen. Einige Stunden, nachdem das Staatsoberhaupt,<br />
auch Schirmherr des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbundes,<br />
als gutes Beispiel vorweg gelaufen und gesprungen<br />
ist, verkündete DOSB-Präsident Thomas Bach in der Hauptstadt<br />
die frohe Botschaft, auf die die Breitensportstrategen<br />
des deutschen Sports schon so lange gewartet haben: Erstmals<br />
haben im Jahr 2008 mehr als eine Millionen Menschen<br />
aus allen Generationen die Prüfungen für das Sportabzeichen<br />
mit Erfolg abgelegt. Das Sportabzeichen ist in den Kreis der<br />
Millionäre eingezogen.<br />
Am darauf folgenden Tag gab dann das Mitglied des DOSB-<br />
Präsidialausschusses Breitensport/Sportentwicklung, Dr. Petra<br />
Tzschoppe, in Weimar den Startschuss zur Sportabzeichen-Tour<br />
<strong>2009</strong>. Bis zum 24. Juli soll in zehn deutschen Städten - symbolisch<br />
für die vielen Städte und Gemeinden in unserem Lande -<br />
dazu aufgerufen werden, sich<br />
der Herausforderung "<strong>Deutsche</strong>s<br />
Sportabzeichen" zu<br />
stellen und die persönliche<br />
Fitness zu überprüfen. Mehr<br />
als zwei Millionen Kinder,<br />
Jugendliche und Erwachsene<br />
haben sich in den vergangenen<br />
Jahren vorgenommen, in<br />
den fünf geforderten Bereichen<br />
Schwimmen, Springen,<br />
Schnelligkeit Kraft und Ausdauer<br />
die erforderlichen<br />
Leistungen zu erreichen. Über<br />
die Hälfte ist noch gescheitert.<br />
Deshalb darf jeder, der<br />
nun zum "Club der Millionäre" zählt, stolz sein. Häufig wurde<br />
vom "Olympia für Jedermann" gesprochen. Und da ist etwas<br />
dran, denn wer die Bedingungen für das Sportabzeichen erfüllt<br />
hat, der gehört zur Breitensport-Elite der Nation.<br />
Die Tatsache, dass das im Jahre 1913 von Carl Diem in<br />
Deutschland eingeführte Sportabzeichen in unserer schnelllebigen<br />
Zeit keine Plakette ist, die man so locker im Vorbeigehen<br />
ohne große Anstrengung erwerben kann, macht es um so<br />
wertvoller. Hier wird nichts billig weggegeben oder gar verschenkt,<br />
hier gibt es kein Schnäppchen einzufangen. Vielmehr<br />
muss regelmäßig trainiert werden. Und dazu stehen in unseren<br />
mehr als 91.000 Vereinen qualifizierte Übungsleiterinnen und<br />
Übungsleiter mit ihren Angeboten bereit. Aber eine bedeutende<br />
38 OF-K<br />
Rolle spielen auch die Schulen. Immerhin sind drei Viertel der<br />
neuen "Millionäre" Kinder und Jugendliche.<br />
Der DOSB will sich nicht untätig im Glanz der Million sonnen.<br />
Im Gegenteil. Der Rekord spornt an. Das Profil des Sportordens<br />
soll weiter geschärft, modernisiert und sportmedizinisch überprüft<br />
werden. Die Million erfüllt mit Stolz, ist aber eine Herausforderung.<br />
Denn die Zahl der Bewegungsmuffel ist noch viel zu<br />
groß.<br />
Walter Mirwald<br />
Getrübte Badefreuden<br />
W<br />
enn nach den beliebtesten Freizeitbetätigungen der<br />
<strong>Deutsche</strong>n gefragt wird, dann nimmt das Schwimmen<br />
regelmäßig einen der Spitzenplätze ein. Doch diese bemerkenswert<br />
beständige Tabellensituation in der Bundesliga des<br />
Bewegungsvergnügens steht im krassen Gegensatz zu Erhebungen<br />
anderen Zuschnitts. Das Einläuten der Freiluft-Badesaison<br />
wird nämlich im Jahresrhythmus ebenso regelmäßig<br />
von Trendmeldungen der negativen Art getrübt. Sie besagen<br />
etwa, dass die Zahl der<br />
Nichtschwimmer stetig<br />
zunimmt. Und in der Begründungskette<br />
wird der logische<br />
Zusammenhang von den<br />
Körperbildungs-Defiziten und<br />
Versäumnissen im Kindesund<br />
Schüleralter bis zu den<br />
wachsenden Problemen in<br />
der Sportstätten-Infrastruktur<br />
klar aufgezeigt.<br />
Es ist zweifellos ein Tiefpunkt<br />
in dem an Skandalen nicht<br />
gerade armen bundesdeutschen<br />
Bildungstheater der<br />
letzten Jahrzehnte, dass zu den Unzulänglichkeiten des Schulsports<br />
auch der Schwimmunterricht gehört. Bewegungserziehung<br />
- ein Dauer-Notstandsgebiet! Und die Folgen sind hinlänglich<br />
bekannt: Zu wenig Sport in jungen Jahren bedeutet<br />
Entwicklungsstörungen, gesundheitliche Beeinträchtigungen,<br />
Übergewicht, psychische Gefährdungen - und zu allem Überfluss<br />
werden auch die positiven pädagogischen Auswirkungen<br />
qualitätsvollen Sportunterrichts auf den Fächerkanon insgesamt<br />
geradezu fahrlässig ignoriert. In solcher Mängelliste fallen<br />
dann die unzureichenden Schwimmquoten kaum noch auf. Ein<br />
Zustand, den der organisierte Sport längst als alarmierend<br />
bezeichnet. Neben dem <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbund<br />
(DOSB) warnen vor allem die <strong>Deutsche</strong> Lebensrettungsgesellschaft<br />
(DLRG), der <strong>Deutsche</strong> Schwimm-Verband (DSV) und die<br />
OF-KOMMENT OMMENTARE ARE
<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> (DOG) vor weiteren<br />
Abwärtstrends. Die besorgniserregende DLRG-Statistik 2008<br />
verzeichnet zum Beispiel 475 Todesfälle durch Ertrinken in den<br />
deutschen Gewässern - ein Anstieg gegenüber<br />
2007 um 52.<br />
Kinder müssen schwimmen lernen! Die<br />
Erfüllung dieser nachdrücklichen Forderung<br />
der Sportverbände wird allerdings in jüngster<br />
Zeit durch neue Probleme erschwert.<br />
Immer mehr Bäder werden dank klammer<br />
öffentlicher Kassen geschlossen - in den<br />
letzten zwei Jahren waren es bundesweit<br />
nicht weniger als 230. Hinzukommt, dass<br />
die gesamte Badelandschaft in Deutschland<br />
- rund 7.800 Bäder, davon 48% Hallenbäder,<br />
38% Freibäder, der Rest Naturbäder - in<br />
hohem Maße sanierungsbedürftig ist. Je<br />
nach Berechnungsgrundlage von Experten<br />
macht das einen Betrag von 20 bis 40<br />
Milliarden Euro aus. Weil die Überforderung<br />
der kommunalen Haushalte offensichtlich<br />
ist, ruhen die Hoffnungen des Sports jetzt<br />
auf den Konjunkturprogrammen, mit denen<br />
man der großen Krise begegnen will. Das<br />
wäre immerhin eine Breitband-Investition, die sich lohnen<br />
würde. Denn wo mit der Verbesserung der Sportstätten-Infrastruktur<br />
mittel- und langfristig auch in Gesundheit und Bildung<br />
der Bevölkerung investiert wird, macht man<br />
gesellschaftspolitisch eigentlich nichts falsch.<br />
Harald Pieper<br />
Rettung der Randsportarten?<br />
W<br />
enn das Internationale <strong>Olympische</strong> Komitee oder die<br />
<strong>Deutsche</strong> Fußball-Liga ihre Fernsehrechte verkaufen,<br />
regnet es hunderte von Millionen Euro und der Blätterwald<br />
rauscht. Dagegen findet die Pressemitteilung "SportA lizenziert<br />
Internetportal RSK1 Veranstaltungen von 33 Sportverbänden"<br />
kaum Beachtung.<br />
RSK 1 zeigt bisher in erster Linie Amateur-Videos von Sportfans.<br />
Mit Hilfe der Verbände, Vereine und auch eigener Video-<br />
Reporter sollen jetzt ganze Veranstaltungen live und als Video<br />
on demand gezeigt werden. Nach dem gescheiterten Versuch<br />
mit grid-TV ist das der zweite Anlauf des öffentlich-rechtlichen<br />
Rechtemaklers, die Sportarten aus dem 33er-Vertrag ins Internet<br />
zu bringen. Denn mediale Präsenz erfahren viele Sportarten<br />
nur alle vier Jahre bei Olympia. Ansonsten dominieren Fußball,<br />
Formel 1, Boxen und Biathlon den Bildschirm. Selbst Spartenkanäle<br />
bilden nicht die Breite des Sports ab.<br />
Was bleibt also dem Rest-Sport als Präsentationsmöglichkeit?<br />
Das World Wide Web. Und da der Vertrag zwischen SportA und<br />
RSK 1 keine Exklusivität beinhaltet, stehen Verbänden und<br />
Vereinen das Internet und seine<br />
Möglichkeiten weiter offen. Denn<br />
SportA ist auch für die Lizenzierung<br />
der Verbands-Websites oder<br />
anderer Anbieter offen.<br />
OF-KOMMENT<br />
OF-KOMMENTARE<br />
ARE<br />
Das Internet könnte jetzt die Rolle<br />
einnehmen , die vor sieben Jahren<br />
der Kölner Professor Horst Schellhaaß<br />
in einer Studie für das Regionalfernsehen<br />
vorgesehen hatte: Den<br />
Retter der Randsportarten. Statt<br />
von Einnahmen aus den Fernsehübertragungen<br />
zu träumen, forderte<br />
der Ökonom Investitionen, um<br />
Bekanntheit und Interesse aufzubauen.<br />
Erst müsse eine Nachfrage<br />
geschaffen werden. Kein Zuschauer<br />
suche aktiv nach einer Randsportart,<br />
sondern man müsse ihn mit<br />
einer Reportage über eine Randsportart<br />
überraschen, und zwar in<br />
einer Sendung, die er aus anderen Gründen einschalte. Am<br />
besten geeignet sei dafür das Regionalprogramm mit Spielen der<br />
regionalen Mannschaften.<br />
Diese Theorie kann heute in Teilen auf das Internet übertragen<br />
werden. Es ist so gar noch einfacher, Verbände und Vereine<br />
müssen nur in Eigenregie produzieren. Wenn Katzenvideos<br />
schon zwei Millionen Abrufe generieren, finden auch Sportclips<br />
ihr Publikum. Das große Geld ist damit nicht zu machen, aber<br />
die Fan- Gemeinde kann die Wettkämpfe verfolgen. Mittelfristig<br />
könnte so über Sponsoring sogar Geld verdient werden.<br />
Ein weiterer Schritt könnte die Entwicklung von IPTV sein. Der<br />
dritte TV-Verbreitungsweg neben Kabel und Satellit steckt in<br />
Deutschland noch in den Kinderschuhen. Die technische Verbreitung<br />
dürfte in den kommenden Jahren jedoch gewährleistet<br />
sein. Denn im Konjunkturpaket 2 ist der Ausbau des Breitbandnetzes<br />
ebenso vorgesehen wie in der Förderung der<br />
Europäischen Union. Ob sich IPTV in Deutschland durchsetzt,<br />
hängt vor allem davon ab, wie die Telekom die Fußball-Bundesliga<br />
vermarkten kann. Gelingt der Durchbruch mit einem<br />
Format wie der Bundesliga, muss das Angebot mit weiteren<br />
Sportarten abgerundet werden. Zwar werden diese Sportarten<br />
keine 20 Millionen Euro im Jahr erhalten, aber für die Produktionskosten<br />
könnte es reichen.Und ein starker technischer Partner<br />
ist auch ein Wert. Denn diese Form der Kommunikation<br />
kann nur mit Profis Erfolg haben. Mit Hobbyfilmern ist das<br />
Scheitern programmiert.<br />
Heinz Peter Kreuzer<br />
39
Auch der Sport muss<br />
sich in der Lobby-<br />
Republik behaupten<br />
Von Günter Deister<br />
Kritiker sprechen von einer Lobby-Republik, von einem<br />
Lobby-Dschungel und von einer fünften Gewalt.<br />
Gemeint sind die 4.500 Interessensvertreter aus 1.780<br />
Verbänden und Organisationen, die beim Parlament registriert<br />
sind, mit Hausausweisen Zutritt zum Bundestag bekommen<br />
und an Gesetzgebungsverfahren teilnehmen können. Allein<br />
zum großen Gesundheitsreform-Hearing hatten sich 140<br />
Organisationen angemeldet, darunter die geballte Kraft der<br />
Pharma-Industrie. Großunternehmen beschäftigen bis zu 20<br />
Repräsentanten zur Pflege der politischen Landschaft in der<br />
Hauptstadt. Wer einen Unterschied festmachen will zwischen<br />
der Bonner und der Berliner Republik, der kann ihn dokumentieren<br />
am Wachstum der Lobbyisten und ihren veränderten<br />
Wirkungsweisen und Wirkungen.<br />
Längst geht es nicht mehr nur um Information, Kontakte,<br />
Beratung und Repräsentation. Der Lobbyismus in seiner herkömmlichen<br />
Bedeutung, vertreten zu sein in der Vorhalle<br />
(Lobby) des Parlaments, hat sich in großer Geschwindigkeit<br />
40<br />
und mit starkem Antrieb gewandelt. Er<br />
ist zur Pressure Group geworden, "die<br />
durch Beeinflussung der öffentlichen<br />
Meinung und von Regierungsorganen,<br />
Demonstrationen usw. Druck auf politische<br />
Entscheidungsgremien auszuüben<br />
versucht" (Brockhaus). Er hat sich festgesetzt<br />
im Parlament, wirkt bei Empfängen<br />
und in Hinterzimmern und hat<br />
sogar Platz genommen in Ministerien.<br />
Dort dürfen so genannte "externe Mitarbeiter"<br />
von Organisationen und Unternehmen<br />
die Bundesregierung bei Verhandlungen<br />
und Veranstaltungen vertreten,<br />
Leitungsvorlagen für Topbeamte<br />
schreiben und sich an Vergabeverfahren<br />
für öffentliche Aufträge beteiligen.<br />
Das hat der Bundesrechnungshof in<br />
einer Untersuchung moniert und die<br />
Bewertung hinzugefügt, dass der Einfluss<br />
der Berliner Lobbyisten immens sei<br />
und wesentlich größer als erwartet. Zur<br />
Wirkungsweise einer schier unübersichtlichen<br />
Branche gehört der Seitenwechsel<br />
als perfektioniertes Modell. Ob<br />
Minister, Staatssekretäre, Abgeordnete<br />
und selbst Kanzler - nahezu übergangsund<br />
mühelos gelingt Politikern und<br />
Staatsdienern der Sprung auf die andere<br />
Seite, abgepolstert durch lukrative<br />
Verträge, unter Mitnahme kostbarer<br />
Kenntnisse, Beziehungen und Ressourcen.<br />
Die Lobby-Republik ist schier grenzenlos und ohne Transparenz.<br />
Sie erscheint als ein Schattenreich, in dem der Einsatz<br />
von rechtlich zulässigen und unzulässigen Mitteln immer<br />
weniger unterscheidbar ist. Sie bedient sich der Medien, sie<br />
ist geprägt durch das Ungleichgewicht von Macht und Einfluss.<br />
Sozialverbände, Umwelt- und Verbraucherorganisationen<br />
treten in Konkurrenz zu Organisationen und Unternehmen,<br />
die über enormes ökonomisches Druckpotenzial verfügen.<br />
Und irgendwo dazwischen bewegt sich der organisierte<br />
Sport mit seinem Anspruch, ausreichend Gehör und Unterstützung<br />
zu finden für seine Anliegen als größte Bürgerbewegung<br />
des Landes.<br />
Die Ständige Vertretung des deutschen Sports residiert nicht<br />
in einem Glaspalast, wie ihn sich die Spitzenvereinigungen<br />
von Arbeitgebern, Industrie und Handelskammern in Berlin<br />
gebaut haben, sondern vergleichsweise bescheiden auf dem<br />
ersten Stock der Behringstraße 24 im Zentrum der Hauptstadt.<br />
Im "DOSB-Büro am Sitz der Bundesregierung" hat sich
der Dachverband Ende 2007 in einer großen Koalition des<br />
Sports eine gemeinsame Vertretung mit dem starken <strong>Deutsche</strong>n<br />
Fußball-Bund geschaffen, zum Büro-Bund gehören<br />
auch die Fußball-Liga DFL, die <strong>Deutsche</strong> Sport-Jugend (dsj),<br />
der Behindertensport-Verband (DBS) und die Sport-Vermarktungsgesellschaft<br />
DSM. "10 Minuten zum Kanzleramt und<br />
zum Reichstag, nahe den verschiedenen Ministerien", so<br />
beschreibt Christian Sachs den Standortvorteil. "Der Sport hat<br />
hier die kürzesten Wege."<br />
Der 41-Jährige ist Leiter dieser Nebenstelle. Fern dem DOSB-<br />
Mutterhaus in Frankfurt ist sie in eine Hauptrolle gewachsen,<br />
die vom Main aus gesehen nicht nur mit Wohlgefallen<br />
betrachtet wird. DOSB-Präsident Thomas Bach ist mindestens<br />
einmal pro Woche auf Stippvisite und arbeitet dabei seine<br />
Termine mit Spitzenvertretern aus Politik und <strong>Gesellschaft</strong> ab.<br />
Das gilt auch für Generaldirektor Michael Vesper als prominentester<br />
Seitenwechsler aus der Politik in den Sport. Der<br />
ehemalige Spitzen-Grüne und Sportminister aus Nordrhein-<br />
Westfalen ist mit den politischen Netzwerken aus seiner<br />
Parlamentarierzeit noch bestens vertraut.<br />
Ein Seitenwechsler ist auch Sachs. Der Politologe und Journalist<br />
diente als stellvertretender Pressesprecher im Innenministerium<br />
von Wolfgang Schäuble, was über sein damaliges<br />
Spezialgebiet Fußball-Weltmeisterschaft 2006 hinaus manchen<br />
Erkenntnisgewinn brachte. Den kann er seit Oktober<br />
2007 als Leiter des dreiköpfigen DOSB-Büros, das auch den<br />
DFB vertritt, nutzbar machen. Das Innenressort ist als größter<br />
staatlicher Sponsor des Spitzensports die erste Anlaufadresse.<br />
"Jedes Jahr muss der Kampf um Unterstützung neu geführt<br />
werden", sagt Sachs. Für <strong>2009</strong> sind es 142 Millionen Euro und<br />
damit 15 Millionen Euro mehr als im Jahr davor. Über alle<br />
Ministerien hinweg wird der Sport im laufenden Jahr mit 230<br />
Millionen Euro unterstützt.<br />
Auch wegen der unterschiedlichsten gemeinsamen Kooperationen<br />
und Kampagnen gehören die Ministerien zu den<br />
wichtigsten Partnern des Sports. Die Jubiläumsveranstaltung<br />
zu 20 Jahren "Integration durch Sport" hat das am 10. Juni in<br />
Berlin deutlich gemacht. Wichtige Adressen sind die politischen<br />
Parteien. Die Tatsache, dass der Sport für sein Wahlhearing<br />
am 1. Juli mit Schäuble (CDU), Frank-Walter Steinmeier<br />
(SPD), Guido Westerwelle (FDP), Claudia Roth (Die Grünen)<br />
und Gregor Gysi von den Linken ohne große Mühe eine<br />
Elefantenrunde zusammenbringen konnte, spricht dafür, dass<br />
der Sport mit seinen in 91.000 Vereinen organisierten 27<br />
Millionen Mitgliedern von den Parteien zumindest in Wahljahren<br />
als eine bedeutsame gesellschaftliche Kraft wahrgenommen<br />
wird.<br />
In Bundespräsident Horst Köhler und Kanzlerin Angela Merkel<br />
hat der Sport an der Spitze des Staates zwei ganz wichtige<br />
Verbündete. Sport-Schirmherr Köhler mit seiner Frau als<br />
eifrige Sportabzeichensammler, Frau Merkel als begeisterter<br />
Tribünengast - das gibt Bilder von doppeltem Lobbyismus, die<br />
Politik und Sport gleichermaßen gut tun. Das gilt auch für<br />
ein von Bach erbetenes Treffen, zu dem die Regierungschefin<br />
am 2. Juni potenzielle Sponsoren für die Bewerbung Münchens<br />
um die <strong>Olympische</strong>n Winterspiele 2018 ins Kanzleramt<br />
eingeladen hatte. Es war in einem von einer großen ökonomischen<br />
Krise geprägten Umfeld notwendige Lobby für das<br />
größte Gemeinschaftsprojekt des nächsten Jahrzehnts von<br />
Sport, Politik und Wirtschaft.<br />
Zur politischen Landschaft für den Sport zählt besonders<br />
auch der Bundestags-Sportausschuss. Dort spielt der ehemalige<br />
Turn-Weltmeister und DOSB-Vizepräsident Eberhard<br />
Gienger als CDU-Abgeordneter eine nicht ganz unproblematische<br />
Doppelrolle. Was der Sportfunktionär Gienger als<br />
Verbandsverantwortlicher für den Spitzensport wünscht, kann<br />
der Politiker Gienger mit beeinflussen. Allerdings hat das<br />
Gremium, ganz offensichtlich zum Verdruss seines Vorsitzenden<br />
Peter Danckert, nur eine beratende Funktion. Der in<br />
Selbstdarstellung geübte SPD-Politiker und ehemalige Strafverteidiger<br />
erweckt immer wieder den Eindruck, als sei der<br />
Ausschuss eine Nebenregierung des Sports.<br />
Bei allen Gemeinsamkeiten vertreten die in der Bürogemeinschaft<br />
zusammengefassten Sport-Organisationen auch sehr<br />
unterschiedliche Ziele. Dem DOSB geht es neben der ausreichenden<br />
Unterstützung des Spitzensports und den verschiedensten<br />
Kooperationen um die Anerkennung des Sports als<br />
Staatsziel im Grundgesetz. Zudem möchte er für das Ehrenamt<br />
in Vereinen eine Haftbefreiung erreichen. Der vergleichsweise<br />
eigennützige Bundesliga-Fußball kämpft gegen staatliche<br />
Eingrenzungen im Wettgeschäft, gegen ein Alkoholwerbeverbot<br />
im Sport, die Besteuerung von Stadion-Logen, die<br />
Quellensteuer von 25 Prozent auf Transfererlöse und Kartellamts-Restriktionen<br />
bei der Fernsehvermarktung der Bundesliga.<br />
"Den Strauß der Interessen des Sport zu bündeln", das ist<br />
nach Einschätzung von Christian Sachs die wichtigste Aufgabe<br />
der Ständigen Vertretung. Sie müsse "den täglichen Dialog<br />
mit der Bundesregierung führen, in Netzwerken vertreten<br />
sein, ständig als Interessensvertreter des Sports wahrgenommen<br />
werden, sich als attraktiver Partner anbieten, gemeinsame<br />
Auftritte des Sports organisieren". Mit ihren Räumlichkeiten<br />
sei sie auch "eine kleine Heimat für die Spitzenverbände"<br />
des DOSB. Thomas Bach spricht von einer "bewährten, unverzichtbaren<br />
Einrichtung" auch deshalb, weil sie die Beziehungen<br />
zu anderen gesellschaftlichen Gruppierungen stärken<br />
hilft. Er hat in Berlin häufiger zu tun als in der Frankfurter<br />
Zentrale. Den Sport einen Lobbyisten zu nennen, dem es<br />
zuallererst um das Gemeinwohl gehe, dagegen hat der DOSB-<br />
Präsident keinen Einwand, "aber eine Pressure Group, das sind<br />
wir nicht".<br />
41
Gesundheitskultur statt Gesundheitskult sollte<br />
das sportliche Leitmotiv lauten Von Ommo Grupe<br />
Neu ist das Thema "Gesundheit" im Sport nicht. Lange<br />
bevor es eine solche "Konjunktur" wie heute hatte,<br />
galten Leibesübungen und gymnastische Bewegungen<br />
bereits als geeignete Mittel zur Erhaltung und Verbesserung<br />
der Gesundheit und zur Vorbeugung gegen Krankheiten,<br />
und dies sogar schon zu einer Zeit, in der es weder Vereine<br />
noch verlässliche medizinische Ergebnisse zur gesundheitlichen<br />
Bedeutung von Turnen und Sport gab. Schon vor über<br />
zweihundert Jahren benutzten zum Beispiel die "Menschenfreunde",<br />
auch Philanthropen genannt, gesundheitliche Argumente<br />
zur Begründung der Leibesübungen. Ihr allgemeines<br />
Ziel war dabei, den Menschen über den richtigen Gebrauch<br />
ihrer Vernunft zur "diesseitigen Glückseligkeit" zu verhelfen.<br />
Ansatzpunkt dafür war der Körper. Wenn er nämlich nicht<br />
42<br />
gesund sei, so lesen wir bei ihnen, dann müsse man sich nicht<br />
wundern, wenn man die Erde nur noch als ein "Tränen- und<br />
Jammertal" empfinden könne und im Grunde nur noch den<br />
einen Wunsch verspüre, möglichst schnell von seinem "lästigen<br />
Leib" getrennt zu werden, um - von ihm "befreit" - ein<br />
unbeschwertes Leben im Jenseits genießen zu können. Christian<br />
Gotthilf Salzmann, Gründer und Leiter des Philanthropinums<br />
im thüringischen Schnepfenthal, erklärte dazu: "Wer<br />
nun seinen Himmel bloß jenseits des Grabes erwartet, der mag<br />
fortfahren, seinen Körper zu vernachlässigen. Wer aber den<br />
Himmel schon diesseits genießen will, der muss notwendig<br />
auf seinen Körper mehr Aufmerksamkeit verwenden, wenn<br />
sein Streben nach dem Himmel nicht vergeblich sein soll."<br />
Deshalb ruft er den Lehrern an seiner Schule und seinen
Zöglingen zu: "Sei gesund!" Allerdings verstand man vor<br />
zweihundert Jahren, als die meisten Menschen schwer unter<br />
Armut, Hunger, Krankheit und Kälte leiden mussten, unter<br />
Gesundheit etwas Anderes als heute, und "Wohlbefinden",<br />
"Fitness" und "Wellness", die heute oft in Verbindung mit<br />
Gesundheit genannt werden, waren damals noch unbekannt.<br />
Wenn heute von Sport die Rede ist, denkt man vermutlich<br />
nicht zuerst an den Gesundheitssport, sondern an den Leistungssport<br />
oder den Breitensport. Mit dem Leistungs- und<br />
Spitzensport haben Gesundheit und Gesundheitssport allerdings<br />
nicht unmittelbar zu tun, abgesehen davon, dass<br />
Gesundheit eine der Voraussetzungen ist, überhaupt Sport auf<br />
hohem Niveau zu betreiben. Während der Gesundheitssport<br />
jedoch vor allem auf Gesundheit ausgerichtet ist, gelten<br />
Leistung und Wettkampf als Kennzeichen des sportlichen<br />
Selbstverständnisses. Gesundheit ist dabei keineswegs unwichtig;<br />
wichtig ist sie aber vor allem deshalb, weil bei den meist<br />
unvermeidlichen körperlichen Belastungen in Training und<br />
Wettkampf gesundheitliche Schäden und Folgeschäden möglichst<br />
ausgeschlossen werden sollen, auch wenn sie manchmal<br />
zur Leistungssteigerung in Kauf genommen werden. Diesen<br />
Unterschied sah wohl auch Coubertin; den Gesundheitssport<br />
nannte er deshalb auch "Hygienesport". Allerdings ist es auch<br />
im Gesundheitssport so, dass in ihm "Gesundheit" kaum zu<br />
haben ist, ohne dass man sich um sie bemüht; mess- und<br />
bewertbare Leistungen stehen aber nicht im Vordergrund.<br />
Im Freizeit- und Breitensport spielt Gesundheit dagegen eine<br />
größere Rolle; aber auch in ihm ist sie oft eher "Mittel zum<br />
Zweck" - man möchte fit fürs Skifahren sein, an einem Volkslauf<br />
teilnehmen oder ohne große Mühe sein Sportabzeichen<br />
machen können, bei Bergtouren nicht gleich außer Atem<br />
geraten und auch eine längere Fahrt mit dem Fahrrad nicht<br />
gerade erschöpft beenden.<br />
Im Gesundheitssport ist Gesundheit dagegen Ziel und Zweck<br />
zugleich; es geht um ihre Erhaltung, Wiederherstellung und<br />
Verbesserung, um den gezielten Ausgleich von gesundheitlichen<br />
Mängeln oder um Vorbeugung gegen gesundheitliche<br />
Beeinträchtigungen, sofern dies mit Hilfe körperlicher Aktivitäten<br />
möglich ist oder diese dabei nützlich sind. Oft sind es<br />
aber gar nicht die körperbezogenen Aktivitäten allein, die<br />
dabei von Bedeutung sind, sondern es sind - vor allem in<br />
psychischer und sozialer Hinsicht - die Gruppe, in die man<br />
gerne geht oder die sympathische Lehrkraft.<br />
Gesundheitsport - heute ein wichtiger<br />
Teil sportlicher Angebote<br />
Als 1945 nach dem Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft<br />
die Gründung von Turn- und Sportvereinen wieder<br />
erlaubt wurde, sich bald danach auch Landessportbünde und<br />
Fachverbände sowie 1950 der <strong>Deutsche</strong> Sportbund bilden<br />
konnten, wurde Gesundheit für sie von Anfang an zu einem<br />
wichtigen Thema. "Gesundheitsförderung" wurde ausdrücklich<br />
zu einer Aufgabe des Sports erklärt; in vielen Vereins- und<br />
Verbandsatzungen wurde dies eigens festgeschrieben. Da in<br />
den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg die meisten Menschen<br />
in Deutschland unter Hunger, Unterernährung, Mangelkrankheiten,<br />
Kriegsverletzungen und heute kaum noch vorstellbaren<br />
Lebensbedingungen leiden mussten, war dies zwar<br />
ein naheliegendes Ziel, aber schon auf Grund fehlender Sportmöglichkeiten<br />
war es letztlich gar nicht erreichbar. Noch bis in<br />
die fünfziger Jahre gab es in Schulen und Universitäten die<br />
sogenannte "Hoover-Speisung", um wenigstens die schlimmsten<br />
Folgen von Hunger und Unterernährung bei Kindern und<br />
jungen Menschen zu lindern. Die Aufgabe der Gesundheitsförderung<br />
konnte deshalb in Sportvereinen auch nicht an erster<br />
Stelle stehen. Verständlicherweise hatte in jener Zeit, in der<br />
den meisten Menschen selbst das existentiell Nötigste fehlte,<br />
Gesundheit auch eine andere Bedeutung als heute.<br />
Das Thema "Gesundheit" selbst galt jedoch als wichtig, und<br />
das ist bis heute so geblieben. Der nach dem <strong>Deutsche</strong>n<br />
Fußball-Bund größte deutsche Verband, der <strong>Deutsche</strong> Turner-<br />
Bund, dem diese gesundheitssportliche Aufgabe besonders<br />
nahe liegt, erweiterte später sogar seinen Verbandsnamen um<br />
den Zusatz "Verband für Leistungs-, Freizeit- und Gesundheitssport";<br />
ein von ihm 1994 organisierter Kongress hieß<br />
"Gesundheitssport im Verein", allein der zweite Teil des Kongressberichts<br />
füllt mehr als 500 Seiten. Auch Landessportbünde<br />
und Bundesländer veröffentlichten Materialien zu gesundheitssportlichen<br />
Fragen. In der Fachliteratur wurden Gesundheit<br />
und Gesundheitsport zu viel bearbeiteten Themen. Heute<br />
umfasst der Gesundheitssport nicht mehr nur einen kleinen<br />
und unwichtigen Bereich des in Vereinen organisierten Sports.<br />
Der Forschungsbericht zur "Sozialberichterstattung des deutschen<br />
Sports" von Professor Breuer und Mitarbeitern zeigt,<br />
dass fast ein Viertel der von den rund 90.000 deutschen<br />
Sportvereinen gemachten Sportangebote "explizit auf die<br />
Vermeidung, Beseitigung oder Linderung gesundheitlicher<br />
Beeinträchtigungen" abzielt.<br />
Neben die Vereine sind in den letzten Jahrzehnten allerdings<br />
auch noch zahlreiche weitere Anbieter von "Gesundheit"<br />
getreten: Es handelt sich vor allem um gewerblich-kommerziell<br />
ausgerichtete, dann aber auch um kommunale, kirchliche<br />
und universitäre Einrichtungen; auch Urlaubs- und Erholungsorte<br />
machen gesundheitssportliche Angebote. Viele Menschen<br />
bemühen sich allerdings auch alleine um ihre Gesundheit,<br />
indem sie laufen, schwimmen, rad- und skifahren, Morgengymnastik<br />
betreiben, Yogaübungen machen oder Spazieren<br />
gehen. Viele von ihnen sind gleichzeitig auch Vereinsmitglieder<br />
oder gehen in Gesundheits- oder Fitnessstudios. Inzwischen<br />
gibt es außerhalb des im DOSB organisierten Gesund-<br />
43
heitsports auch einen eigenen Verband für Gesundheitssport,<br />
in dem sich gesundheitssportlich ausgerichtete Vereine<br />
zusammen geschlossen haben. Obwohl dies alles nicht gerade<br />
als Konkurrenz anzusehen ist, stellt sich die Frage, was das<br />
"Besondere" der Vereinsangebote ist.<br />
Gesundheit und "Spaß"<br />
Wenn man gesundheitssportliche Angebote genauer betrachtet,<br />
stellt man fest, dass es in ihnen keineswegs nur um<br />
Gesundheit gehen soll. Gesundheit taucht nämlich durchweg<br />
in Verbindung mit "Spaß" auf; "Spaß" (oder "Fun") zu haben<br />
oder zu bekommen, spielt in Begründung und Ankündigung<br />
von gesundheitsförderlichen Angeboten eine wichtige Rolle.<br />
"Fit for Fun" heißt zum Beispiel ein verbreitetes Motto. "Fit for<br />
Fun" hieß der Titel einer Leibes- und Lebensertüchtigungszeitschrift,<br />
die man an Zeitungskiosken kaufen konnte. Mit "Fit for<br />
Fun" wurde auch ein Artikel des Trend- und Lebensstil-Magazins<br />
MAX eingeleitet: Dieses "neue Selbstbewusstsein", so<br />
konnte man lesen, "seinen Körper und seine Seele zu hegen<br />
und zu pflegen, sich täglich etwas Gutes zu tun", und dies mit<br />
"lauter Aktivitäten, die Spaß machen, Optimismus wecken,<br />
Erotik steigern". Heiko Ernst versah eines seiner Bücher mit<br />
dem Titel: "Gesund ist, was Spaß macht". Ein Hotel am Rhein<br />
wirbt mit "Gesundheit zum Mitnehmen" und "High Level<br />
Wellness" für ein Wochenendprogramm, das zwei Übernachtungen<br />
mit Frühstücksbuffet, Begrüßungscocktail, naturheilkundliche<br />
Betreuung, chinesische Massage, Yoga, Kosmetikbehandlung<br />
und ein "sportliches Begleitprogramm", das aus<br />
Sauna, Warmwasserpool und Wassertretbecken besteht,<br />
umfasst. Von einem Berghotel wird "Winterwellness" mit<br />
"Bergwiesen-Heubad, Relaxmassage, Moorpackung, Magnetfeldtherapie"<br />
offeriert. Ein bekannter Kurort bietet "Gesundheit,<br />
Wellness, Beauty und Lifestyle" an. Um Gesundheit<br />
herum bildet sich inzwischen offensichtlich ein eigener<br />
"Gesundheitsmarkt", auf dem "Spaß", "Fun", "Gesundheit zum<br />
Wohlfühlen", "Fitness zum Wohlfühlen", manchmal auch als<br />
"wellness" bezeichnet, zu Werbezwecken eingesetzt werden.<br />
Damit soll die öffentliche Aufmerksamkeit erreicht werden, die<br />
das Wachstum dieses Markts sichert. Was aber Spaß in Verbindung<br />
mit Gesundheit konkret heißt, wird nirgendwo erklärt.<br />
Die Vereine haben ihre Angebote bislang allerdings von Werbe-<br />
und Marketingsprüchen dieser Art weitgehend frei halten<br />
können; zu einem großen Teil ihrer Angebote passen sie auch<br />
nicht.<br />
Allerdings stößt diese Entwicklung auch auf Kritik. In vorderster<br />
Reihe der Kritiker steht der Arzt, Psychiater und Theologe<br />
Manfred Lütz. Er versieht sein Buch "Lebenslust" mit dem<br />
Untertitel "Über Risiken und Nebenwirkungen des Gesundheitswahns".<br />
In einer <strong>Gesellschaft</strong>, in der die traditionellen<br />
Religionen für viele Menschen offenbar an Bedeutung verlören,<br />
so stellt er fest, sei eine neue Religion entstanden. Er<br />
44<br />
nennt sie "Gesundheitsreligion". Wir "glauben nicht mehr an<br />
den lieben Gott, sondern an die Gesundheit", und alles, was<br />
man früher für ihn tat - fasten, wallfahren, gute Werke vollbringen<br />
- das "tut man heute für die Gesundheit". Gesundheits-<br />
und Fitnessstudios werden zu "Wellnesstempeln".<br />
So betrachtet ist es nicht verwunderlich, dass auf dem<br />
Gesundheitsmarkt nicht nur "Gesundheit" angeboten wird,<br />
sondern neben "Spaß" auch noch unterstützende Mittel in<br />
Form von Medikamenten, Kräutern, Tees, Getränken, Mineralien,<br />
Massagen, Salben, Nahrungsergänzungsmitteln, Geräten,<br />
Expandern, Seilen, Fahrrädern, Hometrainern, Zeitschriften,<br />
Broschüren - und zu allem das passende Outfit. Die Nachfrage<br />
nach "Gesundheit" wird noch dadurch verstärkt, dass in<br />
Gesundheitssendungen der Medien, kostenlosen Apothekenzeitschriften,<br />
Ratgeberspalten von Illustrierten und Tageszeitungen<br />
ständig darüber informiert wird, was man tun muss,<br />
um sich gesund zu halten oder es wieder zu werden. Ganze<br />
Regale der Buchhandlungen sind gefüllt mit entsprechender<br />
Ratgeberliteratur.<br />
Für diesen großen, inzwischen aber auch unübersichtlichen<br />
und in manchen seiner Fehlentwicklungen sicher kritikwürdigen<br />
Bereich ist die Bezeichnung "Gesundheitssport", manchmal<br />
auch "Fitnesssport" üblich geworden. Allerdings ist der<br />
Begriff "Gesundheitssport", unter dem sehr unterschiedliche<br />
Angebote zusammengefasst werden, ebenso unpräzise wie der<br />
ihm zugrundeliegende Gesundheitsbegriff.<br />
Was heißt Gesundheitssport?<br />
Natürlich gibt es für die öffentliche Bedeutung des Gesundheitsthemas<br />
und des Gesundheitsports überzeugendere Gründe<br />
als das Spaßargument: Bewegungsmangelkrankheiten<br />
nehmen in unserer bewegungsarmen <strong>Gesellschaft</strong> bekanntlich<br />
zu. Und im Hinblick auf Krankheitsbilder, die insbesondere<br />
durch Bewegungsmangel verursacht oder mit verursacht<br />
werden - beispielsweise Herz- und Kreislauferkrankungen,<br />
Gelenkbeschwerden oder Übergewicht -, gelten Bewegung<br />
und körperliche Übungen als besonders geeignete Mittel der<br />
Therapie, Rehabilitation und Prävention. Auch bei anderen<br />
Krankheitsbildern haben sie offensichtlich positive körperliche<br />
und auch seelische Wirkungen. Die gestiegene Nachfrage<br />
nach Sport und Körperübungen hängt zweifellos auch mit<br />
diesen Gründen zusammen, die mit dazu geführt haben, dass<br />
"Gesundheit" zu einem wichtigen Beweggrund des Sporttreibens<br />
vieler Menschen und zu einem ebenso wichtigen Argument<br />
für die öffentliche Anerkennung und Förderung des<br />
Sports geworden ist.<br />
Der in Vereinen und Verbänden organisierte Sport konnte mit<br />
seinen bereits bestehenden, aber auch neu entwickelten<br />
gesundheitsbezogenen Angeboten einen großen Teil der
gewachsenen öffentlichen Nachfrage nach Gesundheit, die er<br />
auch selbst mit angeregt und geschürt hatte, erfüllen. Dafür<br />
wurden spezielle Ausbildungsgänge entwickelt, Fachkräfte<br />
ausgebildet und gesucht, Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt.<br />
Und für besonders gelungene und qualifizierte Programme<br />
werden heute Qualitätszertifikate vergeben. Neben<br />
dem allgemeinen Gesundheitsport, dem Fitness- und Konditionssport<br />
sowie dem Präventions- und Rehabilitationssport<br />
gibt es zum Beispiel mit Herzsport, Sport nach Krebs, Rückensport,<br />
Hüftsport, Wirbelsäulensport, Sport mit Sehgeschädigten,<br />
Sport bei Asthma, Diabetes, Osteoporose oder Depressionen<br />
hochspezialisierte Angebote, die auf höchst sensible<br />
Krankheitsbilder ausgerichtet sind und für die deshalb auch<br />
besonders qualifizierte Lehrkräfte benötigt werden, die<br />
imstande sind, geeignete Übungs- und Bewegungsformen<br />
auszuwählen und einzusetzen - von Gymnastik, Walken,<br />
Radfahren und Schwimmen bis zu Yoga, autogenem Training,<br />
Tai Chi, meditativen Techniken, Tanzen und therapeutischem<br />
Reiten; oft ist auch die Anwesenheit eines Arztes erforderlich.<br />
Nicht wenige Vereine haben dazu eigene Gesundheits- und<br />
Fitnessstudios aufgebaut. Innerhalb des breiten Angebotsspektrums<br />
gesundheitssportlicher Aktivitäten gehören Sportvereine<br />
heute zu den "sozial" ausgerichteten Anbietern, die mit<br />
ihren speziellen gesundheits-sportlichen Angeboten eine<br />
Sonderstellung haben. In dem Forschungsbericht von Professor<br />
Breuer wird festgestellt, dass es gerade diese Angebote<br />
sind, die den gemeinnützigen Charakter<br />
der Vereine begründen.<br />
Allerdings ist das Bild, das der<br />
gesundheitssportliche Bereich innerhalb<br />
und außerhalb der Vereine<br />
bietet, für Außenstehende ausgesprochen<br />
verwirrend. Vieles, manchmal<br />
schwer Vergleichbares wird<br />
unter dem Namen "Gesundheitssport"<br />
zusammengefasst - von<br />
Rollstuhlsport, Wirbelsäulensport,<br />
Sport nach Krebs, Sport mit gliedmaßengeschädigten<br />
Kindern bis zu<br />
Cardio-Tennis, therapeutischem<br />
Reiten u.a.m. Für den auch leistungsund<br />
wettkampforientierten Behindertensport<br />
gibt es einen eigenen<br />
Verband. Das Bild des von Vereinen<br />
angebotenen Gesundheitssports<br />
erscheint trotzdem als vergleichsweise<br />
homogen. Dies hängt damit<br />
zusammen, dass bestimmte Gütekriterien<br />
und Qualitätsanforderungen<br />
für seine Inhalte, Angebote und die<br />
Ausbildung seiner Lehrkräfte entwickelt<br />
wurden. Die Verantwortlichkeit<br />
dafür ist eindeutig zu bestimmen,<br />
was bei den anderen Anbietern weniger der Fall ist - zum<br />
großen Teil verfolgen sie wirtschaftliche Ziele, tun dies aber<br />
auch im Namen von Gesundheit und Wohlbefinden. Da der<br />
Gesundheitssport seinen Namen über einen unklaren Begriff<br />
von Gesundheit erhält, muss er sich vor allem über Inhalte<br />
und Niveau seiner Programme und die Qualität seiner Lehrkräfte<br />
definieren, weniger jedoch über "Gesundheit". Eine<br />
allgemein anerkannte Definition von Gesundheit gibt es bis<br />
heute nämlich nicht.<br />
Gesundheit und Wohlbefinden<br />
Da eine Klärung der Begriffe von Gesundheit und Wohlbefinden,<br />
die zur Begründung des "Gesundheitssports" besonders<br />
häufig verwendet werden, nicht erfolgt ist und wohl auch<br />
nicht möglich ist, ist es nicht überraschend, dass unter<br />
Gesundheitssport oft Unterschiedliches verstanden wird.<br />
Immerhin lässt sich feststellen, dass sich das ursprünglich<br />
enge Verständnis von Gesundheit als "Abwesenheit von Krankheit"<br />
- nicht zuletzt unter dem Eindruck einer weit gefassten<br />
Gesundheitsdefinition der Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO), die von Gesundheit als "vollkommenem körperlichem,<br />
seelischem und sozialem Wohlbefinden" spricht - deutlich<br />
ausgeweitet hat. Heute umfasst der Gesundheitsbegriff körperliche,<br />
seelische und soziale Komponenten gleichermaßen.<br />
45
Außerdem wurde er noch durch andere, ihn erläuternde<br />
Begriffe ergänzt, manchmal auch verwässert oder ersetzt,<br />
nämlich durch Wohlbefinden, Fitness und "Wellness". Obwohl<br />
alle diese Begriffe Verschiedenes beinhalten, werden sie oft in<br />
einem Atemzug genannt. Die WHO-Definition wurde inzwischen<br />
allerdings wieder etwas eingeschränkt, weil sie sich mit<br />
ihrem Vollkommenheitsanspruch als "utopisch" erwiesen<br />
hatte.<br />
Ungenauigkeiten im Gebrauch von Begriffen jedoch möglichst<br />
zu vermeiden, ist deshalb wichtig, weil man für die Konzeptionierung<br />
und Gestaltung gesundheitssportlicher Angebote klare<br />
Begriffe benötigt, um ihre Inhalte, Wirkungen sowie die Möglichkeiten<br />
der Realisierung ihrer Ziele genauer einschätzen zu<br />
können. Dabei ist es keineswegs belanglos, wenn Gesundheit<br />
mit Wohlbefinden verwechselt oder mit ihm gleichgesetzt<br />
wird. Nicht alles beispielsweise, was beim Sporttreiben Wohlbefinden<br />
vermittelt oder Spaß macht, muss auch gesund sein,<br />
und umgekehrt: Nicht alles, was zur Erhaltung und Verbesserung<br />
von Gesundheit erforderlich ist, muss Spaß machen oder<br />
zu Wohlbefinden führen. Manchmal muss man durch Phasen<br />
des Missbefindens hindurch, um zu einem länger anhaltenden<br />
Wohlbefinden zu gelangen, zum Beispiel im Training, beim<br />
Üben bestimmter Bewegungen in der Physiotherapie oder<br />
dem Einhalten strenger Diätvorschriften. Und manchmal ist<br />
gerade das Missbefinden nach einem längeren Lauf oder nach<br />
einem langem Aufstieg am Berg Zeichen für langfristiges<br />
Wohlbefinden: Man kann sich etwas zumuten oder kann es<br />
wieder. Und auch das Wohlbefinden, das man bei sportlichen<br />
Aktivitäten unmittelbar erfahren kann, ist nicht oder nur zum<br />
Teil mit Gesundheit gleichzusetzen. Gesundheit kann mit<br />
Wohlbefinden verbunden sein, aber oft muss man sie auch<br />
von Wohlbefinden unterscheiden. Schließlich ist auch noch zu<br />
bedenken, dass das momentane und subjektive Wohlbefinden,<br />
das man selbst bei anstrengenden Sport- und Bewegungsaktivitäten<br />
erleben kann, nicht identisch sein muss mit einem<br />
dauerhaften Wohlbefinden. Und mit dem wiederum kann es<br />
schon vorbei sein, wenn berufliche Erfolge ausbleiben, man<br />
Zahnschmerzen hat, erkältet ist, soziale Bindungen zerbrechen<br />
oder einem der Freund oder die Freundin davonlaufen -<br />
"gesund" kann man trotzdem sein oder bleiben.<br />
Obwohl die ärztlichen Wissenschaften unsere Kenntnisse über<br />
Gesundheit und Gesundheitsförderung beträchtlich bereichert<br />
haben, ist auch die Frage bislang unbeantwortet geblieben, ob<br />
Sport wirklich so und in dem Sinne gesund ist, wie gewünscht,<br />
erwartet oder behauptet wird. Zu einer genaueren Einschätzung<br />
würden "harte" Daten fehlen, so dass generell der<br />
gesundheitlich positive Wert des Sports nicht als erwiesen<br />
gelten könne, stellen der Sportmediziner Dickhuth und der<br />
Sportwissenschaftler Schlicht fest. Auch hinsichtlich des<br />
jeweils erforderlichen Umfangs und der Intensität von sportlichen<br />
Betätigungen, die gesundheitlich wirksam sein sollen,<br />
gibt es bislang keine vollständige Klarheit. Manche macht der<br />
46<br />
Sport auch nicht gesund, sondern eher krank, wenn sie die<br />
Sportstätten als Verletzte verlassen; beim Skifahren ist es<br />
schon eine einkalkulierte Größe. Verletzungen und gesundheitliche<br />
Schäden finden sich im Übrigen nicht nur im Spitzensport,<br />
sondern auch bei breitensportlichen Wettbewerben,<br />
an denen viele Akteure oft wenig vorbereitet teilnehmen. Dies<br />
alles spricht nicht gegen den Gesundheitssport, wohl aber<br />
dagegen, ihn mit Erwartungen und Hoffnungen zu verknüpfen,<br />
die letztendlich nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen<br />
erfüllt werden können.<br />
Gleichwohl haben sich Gesundheit und Wohlbefinden zu<br />
wichtigen Motiven und Zielen des Sports entwickelt. Dies gilt<br />
für die einzelnen Sportakteure, weil es ihnen im Sport, wenn<br />
auch nicht immer vorrangig, darum geht, sich möglichst<br />
gesund und wohl zu fühlen, sich als fit, aktiv und leistungsfähig<br />
zu erleben; vor allem gilt dies für jene, die ausdrücklich<br />
daran interessiert sind, ihre Gesundheit zu erhalten, wiederherzustellen,<br />
zu verbessern oder gesundheitliche Mängel zu<br />
beseitigen und zu überwinden.<br />
Vielfalt gesundheitssportlicher Angebote<br />
und Organisationsformen<br />
Im <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbund, seinen Verbänden und<br />
Vereinen hat sich mit dem Gesundheitssport neben dem<br />
traditionellen Leistungs- und Wettkampfsport, dem Breitenund<br />
Freizeitsport sowie dem Kinder- und Jugendsport eine<br />
weitere und inzwischen auch stabile Säule entwickelt. Sie<br />
zeichnet sich nicht nur durch eigene Angebots- und Organisationsformen<br />
sowie Zielgruppen aus, sondern auch durch die<br />
speziellen Ziele, die in ihr verfolgt werden. Nicht mehr Leistung,<br />
Wettkampf und Freizeitgestaltung sollen im Vordergrund<br />
stehen, es geht vorrangig um Gesundheit, Fitness und Wohlbefinden.<br />
Dies entspricht offensichtlich neuen Motivlagen und<br />
Interessen vieler Menschen. Damit entstand ein inzwischen<br />
relativ eigenständiger Organisationsbereich, der durch seine<br />
speziellen gesundheitlichen Ziele und besondere Nachfragen<br />
geprägt ist. Er hebt sich deutlich von den traditionellen Bereichen<br />
des organisierten Sports ab. Seine Besonderheit gegenüber<br />
den Gesundheitsanbietern außerhalb des DOSB liegt vor<br />
allem darin, dass er in das Leben gemeinnütziger Vereine mit<br />
ihren speziellen Werten und Gemeinschaftsformen integriert<br />
ist.<br />
In manchen Vereinen entstehen allerdings auch Konkurrenzen<br />
zwischen verschiedenen Abteilungen, die verständlicherweise<br />
alle darauf aus sind, für die Verwirklichung ihrer jeweiligen<br />
Ziele möglichst gute organisatorische, räumliche und finanzielle<br />
Voraussetzungen zu erhalten - wenn nicht, kommt es<br />
leicht zu Streit oder sogar zur Ausgliederung oder zum Auszug<br />
einzelner Abteilungen aus dem Vereinsverbund. Nicht immer
ist auch das Verständnis für die unterschiedlichen Belange<br />
der einzelnen Abteilungen vorhanden, das unter anderem<br />
deshalb erforderlich ist, damit die schwächeren nicht zu kurz<br />
kommen. Bei großen Unterschieden in Angebotsformen,<br />
Programminhalten, Zielen, Interessen und Erwartungen der<br />
Mitglieder nehmen erfahrungsgemäß die auseinanderstrebenden<br />
Kräfte zu, wie das Beispiel der inzwischen auch eigens zu<br />
gesundheitlichen Zwecken gegründeten Gesundheitssportvereine<br />
zeigt, die sich die Vorteile der Gemeinnützigkeit und<br />
Unterstützung durch Kassen unmittelbar sichern wollen und<br />
zumeist auch die Mitgliedschaft in einem Landesportverband<br />
anstreben.<br />
Unterschätzen darf man aber auch die allgemeinen vereinsund<br />
verbandsinternen Probleme, die in diesem Zusammenhang<br />
entstehen können, nicht: ein Hochleistungssport, zum<br />
Teil hochprofessionalisiert und nach Markt-Kriterien organisiert,<br />
der sich vom allgemeinen Leistungs- und Wettkampfsport<br />
im Verein zunehmend abkoppelt, ein Breiten- und Freizeitsport,<br />
der allein schon durch seine große Masse Gewicht<br />
besitzt, ein Kinder- und Jugendsport, der gesellschaftlich und<br />
sozial von größter Bedeutung ist, aber keineswegs immer jene<br />
Aufmerksamkeit erfährt, die er verdient hätte, und dazu nun<br />
auch ein Gesundheitssport, der eigenen Interessen und Zielsetzungen<br />
folgt - das alles unter dem Dach eines Vereins oder<br />
Verbands möglichst konfliktlos und ohne größere Reibungsverluste<br />
zu organisieren, erfordert ein hohes Maß an gegenseitigem<br />
Verständnis und an Kooperationsbereitschaft.<br />
Über die Vereinsebene hinaus stellt sich damit die nicht einfach<br />
zu beantwortende und nicht zuletzt auch sportpolitische<br />
Frage, was in dem in Vereinen und Verbänden organisierten<br />
Sport besonders wichtig ist, welche Ziele verfolgt und welche<br />
bevorzugt gefördert werden sollten (oder eben auch nicht).<br />
Dazu kann es unterschiedliche Positionen geben. Umso wichtiger<br />
ist eine Klärung, die auch eine begründete Prioritätensetzung<br />
erlaubt. Dies gilt nicht zuletzt für den organisierten<br />
Sport, der sich unter dem Namen "olympisch" vereinigt hat.<br />
Da gesundheitliche Ziele zum traditionellen olympischen<br />
Selbstverständnis nicht unmittelbar hinzu gehörten, gilt es für<br />
ihn, der Leistungs- und Spitzensport, Breiten-. Freizeit- und<br />
Jugendsport, Behindertensport und aus guten Gründen auch<br />
Gesundheitssport zu seinen Aufgaben zählt, diese möglichst<br />
gleichgewichtig zu behandeln, ihre unterschiedlichen Interessen<br />
auszugleichen und zu koordinieren, ihre jeweiligen Möglichkeiten<br />
angemessen einzuschätzen und für ihr partnerschaftliches<br />
Zusammenwirken in Verein und Verband zu<br />
sorgen.<br />
Möglicherweise gravierender als vereins- und verbandsinterne<br />
Differenzen wird in diesem Zusammenhang allerdings oft das<br />
Verhältnis zwischen dem vereins- und verbandsgebundenen<br />
Gesundheitsport und jenen gesundheitsportlichen Aktivitäten<br />
empfunden, die mittlerweile von zahlreichen Anbietern außer-<br />
halb der Vereine angeboten werden. Volkshochschulen, Familienbildungsstätten,<br />
kommunale Einrichtungen, Kurorte, Touristikunternehmen,<br />
Urlaubsregionen, Kirchengemeinden und<br />
Hochschulen gehören - neben den kommerziellen Gesundheits-<br />
und Fitnessstudios - zu diesen Anbietern. Sie werden<br />
deshalb oft als Konkurrenz angesehen, dies auch, weil sie den<br />
Vereinen häufig von ihnen ausgebildete Übungsleiter durch<br />
günstigere Bezahlung weglocken, allerdings auch arbeitslosen<br />
Sportlehrern und Sportlehrerinnen Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
bieten. Sofern dies wirklich eine Konkurrenz sein sollte,<br />
können sich die Vereine mit ihren spezifischen Angeboten<br />
jedoch getrost auf diese einlassen.<br />
Das starke Wachstum des Gesundheitsbereichs bedeutet<br />
natürlich nicht, dass alle gesundheitssportlichen Angebote<br />
auch auf ihre tatsächlichen gesundheitlichen Wirkungen<br />
geprüft wären - auch wenn sie Spaß machen und Wohlbefinden<br />
vermitteln, so heißt dies nicht, dass sie auch die<br />
gewünschten gesundheitlichen Ziele erreicht haben - dazu<br />
sind auch langfristiges und beharrliches Üben, eine "gesunde"<br />
Lebensweise mit "gesunder" Ernährung, viel Bewegung, Wechsel<br />
zwischen Anspannung und Entspannung und möglichst<br />
Verzicht auf Alkohol und Nikotin erforderlich. Gerade den<br />
Verzicht auf Alkohol im Vereinsleben umzusetzen, ist nicht<br />
einfach, nachdem es kaum noch eine Sportübertragung im<br />
Fernsehen gibt, die ohne Werbung für alkoholische Getränke<br />
auskommt. Wie kann da die Idee vom "gesunden Sport"<br />
überzeugend vertreten werden? Es gehört deshalb zur Verantwortung<br />
des organisierten Sports, sich auch darüber klar zu<br />
werden, was Gesundheit und Wohlbefinden im Rahmen ihrer<br />
gesundheitsheitssportlichen Angebote wirklich bedeuten, wie<br />
dieses Angebot organisiert werden muss, damit es wirksam ist<br />
und welches die dafür geeigneten Inhalte sind. Gesundheit,<br />
Wohlbefinden und Fitness sollten keine Etiketten sein. Vielmehr<br />
es ist wichtig, deutlich zu machen, was der besondere<br />
Sinn eines im Rahmen eines funktionierenden Vereinslebens<br />
organisierten Gesundheitssports ist und was ihn von den<br />
gesundheitssportlichen Angeboten unterscheidet, die man<br />
auch anderswo haben kann.<br />
Dazu gehört auch, sich über die Grenzen der gesundheitlichen<br />
Möglichkeiten des Sports klar zu werden. Wie man Gesundheit<br />
versteht, aber auch, wie man seinen Körper "vervollkommnet",<br />
wie man ihn "leistungssporttauglich" macht, wie man junge<br />
Talente trainiert, wie man alte Menschen behandelt, wie man<br />
mit Rauchen und Alkohol im Vereinsleben umgeht - dies<br />
berührt nicht nur speziell gesundheitliche Fragen, sondern<br />
auch sport- und gesundheitsethische. "Gesundheitskultur"<br />
statt "Gesundheitskult" sollte das Leitmotiv gesundheitssportlicher<br />
Angebote der Vereine lauten. Gerade in einer Zeit, in der<br />
Gesundheit so groß geschrieben wird und der "junge", fitte,<br />
schöne, schlanke, attraktive und gesunde Körper zum verbreiteten<br />
Leitbild wird, ist auch daran zu erinnern, dass Krankheit,<br />
Verletzlichkeit und Altern zu unserem Leben gehören.<br />
47
Zurück ins<br />
Leben -<br />
Sport mit<br />
Krebs<br />
Von Patricia Noll<br />
Ich fühlte mich sicher, mitten im Leben, mitten in meinem<br />
Sportstudium. Etwas müde vielleicht, vom vielen<br />
Training? Von heute auf morgen ist dann alles anders.<br />
Die Diagnose: Lymphdrüsen-Krebs. Langsam versuche ich<br />
mich zurück ins Leben zu tasten. Welches? Eine Krankheit,<br />
die noch zu viele Menschen in die Resignation und Lethargie<br />
zwingt, wird mein Lehrer: Aus Ehrgeiz wird Demut. Und aus<br />
unerbittlichem "Leistungs"-Sport : lustvolle Bewegung.<br />
Hallentraining, Leichtathletik, Hürden. Es ist Winter. Im<br />
nächsten Sommer muss ich für die Prüfung "fit" sein. Also<br />
noch mal… Dass ich mich in dem Startblock nicht wohl<br />
fühle, hat viele Gründe. Meine sportliche Leidenschaft gilt<br />
dem Tanz. Eigentlich will ich gezielt "Gesundheitssport"<br />
studieren - Gesundheitsförderung. Dass ich davon Lichtmeilen<br />
entfernt bin, hat nicht nur mit meinem Alter zu tun. Als<br />
ich das Studium beginne, bin ich 36 Jahre alt. Auch viele<br />
meiner halb so alten Kommilitonen leiden unter ständigem<br />
Übertraining, an Überlastungssyndromen, Knochenhautent-<br />
48<br />
zündungen, Ermüdungsbrüchen, Bandscheibenvorfällen. Die<br />
Studienordnung zwingt mich in dieses ausschließlich leistungsorientierte<br />
System. Ich passe mich notgedrungen an.<br />
Nur mein Körper schafft das nicht so schnell. "So wird das<br />
nix! Du kommst ja wie eine lahme Ente aus dem Block", der<br />
Dozent ist genervt, ich langsam hoffnungslos.<br />
Zwei Wochen später wache ich in der Chirurgie auf. Darmverschluss.<br />
Ein männerfaustgroßer Tumor, der halbe Dickdarm<br />
und alle Lymphknoten im Bauchraum wurden entfernt.<br />
Nach langem hin und her ist die Diagnose klar: Ein seltenes<br />
Burkitt-Lymphom, Lymphdrüsenkrebs, hoch aggressiv. Die<br />
Ärzte sagen, "das geht auf wie Popcorn", aber mit einer hoch<br />
dosierten Chemotherapie sei das "relativ gut" zu behandeln.<br />
Mit Krebs wird das ganze Leben plötzlich relativ. Gut, ist am<br />
Anfang wenig.<br />
Mein größtes Glück ist, von der allgemeinen Panik, die die<br />
meisten Menschen allein bei dem Wort Krebs im Nacken
packt, bleibe ich verschont. Der erste Gedanke nach der<br />
Operation gilt zwar sorgenvoll meiner Tochter, aber dann<br />
sofort meinem scheinbaren Krankheitsgewinn: Ich muss die<br />
Leichtathletik- und die Geräte-Turnprüfung nicht machen!<br />
Davor hatte ich anscheinend so große Angst, dass mir diese<br />
triftige Ausrede gerade recht kommt. Heute weiß ich: das<br />
war meine wirkliche Krankheit. Erst die große Krise zwingt<br />
mich zurück auf den sportlichen Weg, den ich immer gehen<br />
wollte. Ich hörte auf, mich zu verbiegen, in standardisierte<br />
Leistungskriterien pressen zu lassen und entdeckte Bewegung,<br />
Sport im weiten Sinne, noch einmal und wieder neu.<br />
Behutsam, langsam - und trotzdem noch auf einigen Irrwegen.<br />
Schon in meinem Studium hatte ich den Schwerpunkt auf<br />
das Thema Sport und Krebs gelegt. Zufall? Zahlreiche Studien<br />
belegen inzwischen eindeutig: Körperliche Aktivität senkt<br />
das Krebs-Risiko, macht die Therapie erträglicher, schützt vor<br />
dem krankhaften Erschöpfungs-Syndrom Fatigue, dass so<br />
viele Krebspatienten buchstäblich lähmt, und sehr wahrscheinlich<br />
senkt Bewegung auch das Rückfall-Risiko - um bis<br />
zu 50 Prozent!<br />
Sinnvolle und wohl dosierte Bewegung allerdings. Überlastung<br />
und Übertraining fördern hingegen das Entstehen einer<br />
Krebserkrankung, und sollten deshalb von Gesunden und von<br />
Krebspatienten erst recht gemieden werden. Zum Zeitpunkt<br />
meiner Erkrankung hatte mein Körper den gefühlten<br />
Immunstatus eines AIDS-Patienten:<br />
ständige Infekte, Hauterkrankungen<br />
- ein Burkitt-Lymphom bekommt oft<br />
genau diese Patientengruppe.<br />
Zufall?<br />
Bevor mich die maximal dosierte<br />
Chemotherapie richtig in die Knie<br />
zwang, behielt ich mein leistungsorientiertes<br />
Training bei. Rauf auf<br />
den Stepper, den ich mir für das<br />
Krankenzimmer besorgt hatte, das<br />
Theraband hatte ich für Kraftübungen<br />
an das untere Bettende gebunden.<br />
Eigentlich ideal, man muss<br />
Möglichkeiten zur Bewegung schaffen.<br />
Noch heute propagiere ich<br />
genau dieses "bewegungsfreundliche<br />
Umfeld" für Krebspatienten in<br />
der Therapie. Aber wie für ein Medikament<br />
gilt: die Dosis macht das<br />
Gift. Ich machte Fehler. Am Anfang.<br />
In meinem Vitalitätswahn litt ich<br />
immer noch unter kolossaler Selbst-<br />
überschätzung. Ich war mir sogar sicher: wenn ich mit<br />
einem Hämoglobin-Wert von 7,0 (normal sind 12-16<br />
g/dl)noch 15 Minuten lang auf dem Stepper durchhalte,<br />
würde ich keine Blut-Transfusionen brauchen. Die Blutarmut<br />
gehört zum Programm, denn die Chemotherapie zerstört<br />
nicht nur Krebszellen, sondern alle schnell wachsenden<br />
Zellen. Dazu gehören neben den Haarwurzelzellen leider<br />
auch sämtliche blutbildenden Zellen wie Leukozyten,<br />
Thrombozyten und eben Erythrozyten. Ich war mir aber<br />
sicher: ich würde die erste Patientin sein, die kein Spenderblut<br />
braucht. Training regt die Erythrozytenbildung an.<br />
Außerdem ließ ich mir EPO spritzen und wäre bei der Tour<br />
de France, die ich jeden Tag im Fernsehen verfolgte, in<br />
bester <strong>Gesellschaft</strong> gewesen. Am nächsten Morgen lag ich<br />
trotz allem wie gelähmt in meinem Bett, sah buchstäblich<br />
nur noch Sterne und konnte nicht einmal mehr der Schwester<br />
klingeln. Ich kapitulierte zwangsläufig - und bin heute<br />
noch den tapferen Blutspendern dankbar. Meistens entließ<br />
ich mich kurz nach der Transfusion wie neu geboren, für ein<br />
oder zwei Tage, auf eigene Verantwortung. Ich fuhr sofort<br />
in den Stall zu meinem Pferd, und war wieder "oben", fühlte<br />
mich lebendig, selbst wenn ich es nur ein paar Minuten<br />
aushielt und mich dann die Kräfte wieder verließen. Ein<br />
Grund, warum ich bis heute von der Reittherapie für Krebspatienten<br />
begeistert bin.<br />
Meine Grenzen definierten sich während der Therapie komplett<br />
neu. Wortwörtlich Schritt für Schritt lernte ich auf<br />
meinen Körper zu hören, zu genießen was geht - und nicht<br />
Patricia Noll, 42, arbeitete<br />
als TV- und Hörfunkjournalistin<br />
für ZDF,<br />
SWR und Deutschlandfunk.<br />
Inzwischen arbeitet<br />
die Sportwissenschaftlerinhauptsächlich<br />
mit Krebspatienten<br />
und in der Forschung.<br />
Sie gründete die Stiftung<br />
"good hope" - für<br />
Patientenwürde und<br />
humane Krebstherapie.<br />
Ihr Patientenratgeber<br />
"Zurück ins Leben -<br />
selbst bestimmt durch<br />
die Krebs-Therapie" ist<br />
im Herder-Verlag, Freiburg,<br />
erschienen. Mehr<br />
Informationen unter<br />
www.good-hope.de<br />
49
zu bejammern, was gerade nicht mehr geht. Manchmal<br />
waren das 50 Meter Stationsumrundung, manchmal sogar<br />
nur 5 Meter ins Bad, die mir vorkamen wie ein Marathon -<br />
und genauso glücklich machten. Geschafft. Ich lernte Bewegung<br />
als etwas Wohltuendes und niemals Schmerzhaftes,<br />
Zwanghaftes zu erleben - Schmerzen hatte ich genug. Wenn<br />
mich nach einer Lumbalpunktion, bei der Liquor entnommen<br />
wird und Medikamente direkt in den Rückenmarkkanal<br />
gespritzt werden, wieder tagelang stärkste Kopfschmerzen<br />
ans Bett fesselten, dann tanzte ich eben Salsa oder Rumba im<br />
Bett. Zumindest lockerte ich so auf meine Lieblingsmusik<br />
sanft das Becken und die Wirbelsäule- und meine Psyche.<br />
Noch heute arbeite ich mit Krebspatienten hauptsächlich<br />
tanztherapeutisch, dieses ganz spezielle Körpererleben, das bis<br />
in alle Winkel "genussvoll sich selbst entdecken", im eigenen<br />
Rhythmus, fließt auch in alle meine anderen sporttherapeutischen<br />
Kurse mit ein. Das funktioniert auch beim Nordic<br />
Walking. Auch Gehen ist Rhythmus, und die Wirkung verdoppelt<br />
sich, wenn man es aufmerksam und bewusst wahrnimmt.<br />
Oft bedarf es sanfter "Nachhilfe" um wieder mit seinem<br />
Körper in Kontakt zu kommen. Erst recht für Krebspatienten,<br />
Es ist noch nicht lange her, da galt als vorherrschende<br />
Meinung unter den <strong>Deutsche</strong>n: Sport schadet oft mehr<br />
als er nützt, er ruiniert die Gelenke, verursacht ein<br />
Ochsenherz und ist sowieso nur etwas für junge und vor<br />
allem gesunde Menschen. Vieles hat sich gewandelt. Heute<br />
jedoch gibt es kaum jemanden, der nicht weiß, wie wertvoll<br />
ein regelmäßiges Training für die Gesundheit ist. Sport tut<br />
gut - aber gilt das auch für Krebspatienten?<br />
Die Ergebnisse unterschiedlicher neuerer Studien jedenfalls<br />
geben darauf zahlreiche Hinweise: Sport hat eine positive<br />
Wirkung in der Krebsvor- wie Nachsorge und hilft schon<br />
während der Therapie, die körperliche Leistungsfähigkeit zu<br />
erhöhen. "Sie haben Krebs" - eine Diagnose, mit der nach<br />
Angaben des Robert-Koch-Instituts jährlich rund 436.000<br />
Menschen in Deutschland zum ersten Mal konfrontiert werden.<br />
An Krebs sterben in jedem Jahr 211.500 Menschen; die Krankheit<br />
ist damit nach den Folgen der Erkrankungen des Herz-<br />
Kreislaufsystems die häufigste Todesursache der <strong>Deutsche</strong>n.<br />
Sport, am besten regelmäßig und täglich, senkt das Risiko, an<br />
Krebs zu erkranken. Diese These ist durch Studien aus den USA,<br />
die oft jegliches Vertrauen in ihren Körper jäh verloren<br />
haben. Hat er sie nicht im Stich gelassen? Plötzlich funktioniert<br />
er nicht mehr. Körpereigene Zellen wenden sich scheinbar<br />
gegen einen. Scheinbar, denn oft zeigt uns der Körper<br />
nur unsere Grenzen und signalisiert, was wir sonst nicht<br />
wahrhaben wollen: So geht es nicht mehr weiter.<br />
Mein Nachhilfelehrer war ein sehr westlicher Qi-Gong-<br />
Lehrer. Bis heute nutze ich die Ruhe, Kraft und Balance aus<br />
der meditativen chinesischen Heilgymnastik. Yoga funktioniert<br />
ähnlich. Nur der westliche "Sport" kennt die Kombination<br />
von Körper, Geist und Seele nicht mehr. Seit René Descartes<br />
im 17. Jahrhundert den Mechanizismus begründete<br />
und die Trennung von Körper und Geist ausrief, betrachtet<br />
unsere Wissenschaft den Menschen als "Maschine"- bislang<br />
auch die junge Disziplin der Sportwissenschaft. Glücklicherweise<br />
bekommen innovative Sportwissenschaftler Schützenhilfe<br />
von Seiten der Neuroimmunologie, die handfest nachweisen<br />
kann: Sport, sagen wir lieber Bewegung, macht<br />
glücklich. Wir schütten Glückshormone aus. Bewegungsmangel<br />
hingegen macht krank und depressiv.<br />
Sport - eine gute und wirkungsvolle Medizin<br />
50<br />
aber auch aus Deutschland längst belegt. Zur Prävention<br />
gehören laut der <strong>Deutsche</strong>n Krebshilfe e.V. unter anderem auch<br />
eine gesunde Ernährung, der Verzicht auf Rauchen und ausgiebige<br />
Sonnenbäder und ein maßvoller Umgang mit Alkohol.<br />
Bewegung wirkt nicht nur vorbeugend gegen die Entstehung<br />
von Tumoren, sondern kann sogar schon während oder<br />
unmittelbar nach der Krankheitsbehandlung wie z. B. Chemotherapie<br />
oder Bestrahlung das Krankheitsbild günstig beeinflussen.<br />
Aus medizinischer Warte ist diese Erkenntnis eine<br />
kleine Revolution, riet man den Kranken doch noch vor<br />
einigen Jahren eindringlich dazu, sich zu schonen. Man<br />
befürchtete sogar, Sport sei eine Art Katalysator für neu<br />
entstehende Metastasen. Dabei wurde übersehen, dass übermäßige<br />
Bettruhe den Körper zusätzlich schwächt und nach<br />
und nach unbeweglicher macht.<br />
Die medizinischen Schritte bei der Behandlung einer Krebserkrankung<br />
- meist sind es Operation, Chemotherapie und<br />
Bestrahlung - sind mit Nebenwirkungen verbunden. Die<br />
häufigste Begleiterscheinung der Chemotherapie und<br />
Bestrahlung ist das so genannte Fatigue-Syndrom. Dieser
Schon kurz nach der Operation saß ich, mein Bauchschnitt<br />
noch mit 28 Klammern zusammen gehalten, im nächstbesten<br />
Qi-Gong-Intensivkurs. Ich suchte nach dem passenden<br />
"Handwerkszeug", mir war klar: mit "herkömmlichem Sport",<br />
Leistungsdenken und sinnentleerten Übungen würde ich die<br />
nächsten Monate nicht weiterkommen.<br />
Im Qi-Gong lernte ich spürbar, wie sehr Kopf und Körper,<br />
Psyche und Physis zusammen funktionieren und sich<br />
gegenseitig beeinflussen. Was die chinesische Heilgymnastik<br />
seit Jahrtausenden vereint und anwendet, nennt die moderne<br />
Wissenschaft heute Embodiment. Psychologen, Neuround<br />
Bewegungswissenschaftler erringen immer neue<br />
Erkenntnisse um das eng verflochtene Zusammenspiel<br />
zwischen Körper und Geist. Der Körper ist der Spiegel unserer<br />
Seele, aber das ganze funktioniert auch "rückwärts".<br />
Bewegung und Körperhaltung beeinflussen unsere Psyche<br />
direkt - und setzen somit neurologische, immunologische<br />
und hormonelle Prozesse in Gang, die unter anderem die<br />
Wirkung von Bewegung auf die Krebsentstehung und<br />
Krebsheilung erklären können. Weitere Wirkhypothesen sind<br />
klar messbar: Durch einen aktiven Lebensstil sinkt der Kör-<br />
bei Krebs Von Britta Kuntoff<br />
starke Erschöpfungszustand begründet sich meist auf Blutarmut,<br />
auf ein verkleinertes Lungenluftvolumen und auf eine<br />
Abnahme der Muskelmasse. Weil sich Patienten so müde<br />
fühlen, verringern sie ihre Bewegungen, was zu weiterem<br />
Muskelabbau führt - ein Teufelskreis.<br />
Sport wirkt dem Fatigue-Syndrom entgegen. Allerdings: Es<br />
erfordert einiges an Überwindung, dem Impuls zum Ausruhen<br />
nicht nachzugeben: "Angefangen habe ich mit dem Bewegungsprogramm,<br />
als die Chemotherapie begann", erzählt<br />
Brigitte Mieczynski, die an Lymphdrüsenkrebs erkrankt war:<br />
"Mir war nach vielem anderem, nur nicht nach Sport. Auf das<br />
Laufband zu gehen, war das Letzte, was ich mir vorstellen<br />
konnte. Ich habe allerdings gemerkt, wie sehr mir die Bewegung<br />
geholfen hat, mit der Krankheit besser zurecht zu<br />
kommen."<br />
Frau Mieczynski war eine der Teilnehmerinnen am Sportprogramm<br />
für Krebspatienten an der Charité Benjamin Franklin<br />
in Berlin. Mehrere Studien zu diesem Projekt unter der Leitung<br />
des Sportmediziners Priv.-Doz. Dr. Fernando C. Dimeo<br />
zeigen, dass sich die körperliche Leistungsfähigkeit verbessert,<br />
perfettanteil und damit die Produktion von Östrogen, dem<br />
weiblichen Sexualhormon. Nach der Menopause wird Östrogen<br />
fast ausschließlich in Fettzellen produziert, und wirkt<br />
unter Umständen als Promotor für den hormonsensiblen<br />
Brustkrebs. Das erklärt die Erfolge der Sporttherapie bei<br />
Brustkrebspatientinnen. Ein ähnliches Prinzip vermutet man<br />
bei Prostata-Krebs-Patienten. Durch Bewegung erhöht sich<br />
das SHGB (SexualHormonBindungsGlobulin), bindet das<br />
freie Testosteron und wirkt so hemmend auf eventuell<br />
bestehende Mikrotumore in der Vorsteherdrüse. Unzählige<br />
dieser Wirkmechanismen werden stetig weiter erforschtund<br />
es wird immer deutlicher, was schon lange zu vermuten<br />
war: Auch Krebs ist zu einem Großteil, wie Arteriosklerose,<br />
Koronare Herzerkrankung, Diabetes II und Osteoporose -<br />
eine Lebensstilerkrankung. Sicher spielt auch genetische<br />
Veranlagung in der Ursachenkaskade der Krebsentstehung<br />
eine Rolle, aber diese erklärt nicht die erschreckenden, fast<br />
epidemischen Erkrankungsraten in den letzten zwanzig<br />
Jahren. Vergleicht man die Zahlen des Krebsregisters des<br />
Robert-Koch-Instituts (RKI), stieg die Zahl der allgemeinen<br />
Krebserkrankungen von 1984-2004 um über 50 Prozent,<br />
Lymphomerkrankungen gibt es heute fast doppelt so viele!<br />
Beschwerden abnehmen und die Patienten nach<br />
einer Chemotherapie schneller regenerieren, wenn<br />
sie sich während einer Krebstherapie bewegen.<br />
Sport stärkt die Muskeln und die Struktur des<br />
Halteapparats und gleicht auf diesem Wege den durch eine<br />
Chemotherapie ausgelösten Verlust von Muskelmasse und<br />
Knochendichte aus. Ein trainiertes Herz hat eine höhere<br />
Pumpleistung. Dies ist für Krebspatienten bedeutsam, weil die<br />
Herztätigkeit oft durch die Medikamente eingeschränkt sein<br />
kann. Körperliche Aktivität unterstützt das Knochenmark in<br />
seiner Rehabilitation und begünstigt so die Blutbildung, das<br />
Nervensystem und die Verdauung profitieren davon.<br />
Doch Sport hilft nicht nur dem krebskranken Körper, wieder<br />
auf die Beine zu kommen. An Krebs erkrankt zu sein, raubt<br />
den allermeisten Menschen Mut und Zutrauen in die Leistungskraft.<br />
Wer sich bewegt, kann dem Gefühl des Ausgeliefertseins<br />
etwas entgegensetzen und befreit sich aus der<br />
passiven Rolle. Es schafft Selbstvertrauen und bessert die<br />
Stimmung, einen eigenen aktiven Beitrag dazu zu leisten,<br />
wieder gesund zu werden.<br />
Sport in der Gruppe schafft die Möglichkeit, sich mit Menschen<br />
auszutauschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht<br />
haben wie man selbst und zu erfahren, dass man mit der<br />
Krankheit nicht allein ist. Seit 1981 ermöglicht die Dachorga-<br />
51
Nicht nur die<br />
Überalterung<br />
unserer<br />
<strong>Gesellschaft</strong><br />
oder eine<br />
verfeinerte<br />
Diagnostik<br />
können diese<br />
Zahlen<br />
erklären. Sie<br />
bleiben<br />
dramatisch,<br />
vor allem<br />
wenn, trotz<br />
aller Forschung<br />
und<br />
intensivster<br />
Therapien,<br />
die Heilungsquote<br />
in den<br />
letzten<br />
fünfzig<br />
nisation des Sports mit dem Rehabilitationssport für chronisch<br />
Kranke und Menschen mit Behinderung, dieses Gemeinschaftsgefühl<br />
zu erleben. Derzeit werden in fast allen Rehabilitationszentren<br />
Bewegungsprogramme für Patienten mit<br />
einer Krebserkrankung angeboten. Mehr als 650 Vereine<br />
betreuen in einem weltweit einmaligen Angebot Nachsorgegruppen<br />
für Tumorpatienten.<br />
Das Projekt "Sport nach Krebs" im Württembergischen Landessportbund<br />
zeigt beispielhaft, wie hochwertig und flächendeckend<br />
die Möglichkeiten in der sportlichen Krebsnachsorge<br />
heute sind: 141 speziell vom WLSB für "Sport nach Krebs"<br />
ausgebildete Übungsleiter bieten in 118 württembergischen<br />
Sportvereinen 139 Gruppen an. Die Qualität der Kurse beruht<br />
in erster Linie auf der Qualifikation der hierfür zugelassenen<br />
Übungsleiter, die sich aus- und regelmäßig fortbilden lassen<br />
müssen und so mit den medizinischen Aspekten der Krebsnachsorge<br />
vertraut sind.<br />
Alle Sportbünde bilden hierfür gezielt und fachkundig<br />
Übungsleiter aus.<br />
"Das Projekt wurde 1985 ins Leben gerufen und richtete sich<br />
damals an Brustkrebspatientinnen", berichtet Ina<br />
Schmid,WLSB-Referntin von "Sport nach Krebs": "Obwohl es<br />
Mitte der 80er Jahre noch keine wissenschaftliche Bestätigung<br />
gab, dass sich Sport positiv auf den Krankheitsverlauf<br />
52<br />
Jahren weitestgehend stagniert. Fast die Hälfte der Patienten<br />
stirbt immer noch an dieser Krankheit- und jeden dritten<br />
<strong>Deutsche</strong>n trifft sie irgendwann in seinem Leben.<br />
Keine Panikmache, aber höchste Zeit zur Aufklärung und zur<br />
konkreten Hilfe für alle Betroffenen, um wieder sanft und<br />
beständig in ein "bewegtes" Leben zu kommen. Die <strong>Deutsche</strong><br />
Krebshilfe und der DOSB arbeiten an Kampagnen, das ist gut<br />
so. Vor Ort müssen die neuesten Erkenntnisse der Krebs- und<br />
Bewegungsforschung wirksam in die Praxis umgesetzt werden.<br />
Daran arbeite auch ich leidenschaftlich, kehre in einem<br />
aktuellen Forschungsprojekt in "meine Klinik" zurück - als<br />
Sportwissenschaftlerin, die aber immer ein kleines Stück<br />
Patientin bleibt.<br />
Um "sinn"volle Bewegung allen zugänglich zu machen, gilt<br />
es tatsächlich noch einige Hürden zu überwinden - aber<br />
durch meine eigene Krankheit musste und durfte ich lernen:<br />
Manchmal muss man ganz "unsportlich" Regeln ignorieren!<br />
Man muss nicht über alle Hürden springen. Manchmal ist es<br />
besser, an der Seite vorbei zu laufen und wenn es sein muss<br />
- unten durch zu krabbeln.<br />
und die Rehabilitation auswirkt, hat der gesunde Menschenverstand<br />
schon damals gewusst: Wer Sport macht, fühlt sich<br />
wohler. Das ist nicht nur bei Gesunden so, sondern auch bei<br />
Kranken und Gesund-Gewordenen." Heute beschränkt sich<br />
das Bewegungsprogramm nicht mehr nur auf jene, die an<br />
Brustkrebs erkrankt sind - Mammakarzinom ist die häufigste<br />
Krebserkrankung bei Frauen -, sondern hat sich auch für<br />
Menschen mit anderen Krebserkrankungen geöffnet.<br />
Die guten Erfahrungen in der Prävention, in der Therapie und<br />
Nachsorge zeigen: Sport ist bei Krebs eine gute Medizin.<br />
Damit ein Sportprogramm erfolgreich sein kann, muss das<br />
Training jedoch maßgeschneidert und auf die individuellen<br />
Bedürfnisse der Patienten abgestimmt sein. Vor Beginn des<br />
Trainings ist Beratung durch den Arzt unerlässlich.<br />
Ausführliche Informationen zum Thema Krebs gibt es über die<br />
<strong>Deutsche</strong> Krebshilfe<br />
e. V.. Aus der Reihe "Die blauen Ratgeber" bietet sich die<br />
Broschüre "Bewegung und Sport bei Krebs" an, anzufordern<br />
auch beim <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbund (DOSB). <strong>Deutsche</strong><br />
Krebshilfe e.V., Buschstraße 32, 53113 Bonn, Telefon:<br />
(Mo bis Do 9.00 - 16.00 h, Fr 9.00 - 15.00 h), Zentrale:<br />
0228/72 99 0-0, Härtefonds: 0228/72 99 0 - 94, Informationsdienst;<br />
0228/72 99 0 - 95 (Mo bis Fr 8.00 - 17.00 h), E-<br />
Mail deutsch@krebshilfe.de, Internet: www.krebshilfe.de.
Das Jahr 1949 war das Jahr des Aufbruchs im geteilten<br />
Nachkriegsdeutschland, und das nicht nur im politischen<br />
Bereich im Westen und im Osten. Es war auch<br />
das Jahr des Aufbruchs zu neuen Strukturen im Sport in beiden<br />
deutschen Staaten, nachdem die bisher den Aufbau zentraler<br />
Organisationen hindernde Direktive 23 der Alliierten Besatzungsmächte<br />
vom 17. Dezember 1945 ihre Wirkung nach und<br />
nach verlor. Im Bereich der Bundesrepublik wurden in diesem<br />
Jahr allein 18 Bundesfachverbände wiedergegründet, deren<br />
formelle Konstituierung in dieser länderübergreifenden Form -<br />
im Gegensatz zu den schon seit 1945 (Württemberg) nach und<br />
nach neu aufgebauten Landessportbünden - bis dahin durch<br />
die alliierten Besatzungsmächte nicht zugelassen worden war.<br />
Hinzu kam mit dem Basketball-Bund ein neuer Verband. Dem<br />
Bund <strong>Deutsche</strong>r Radfahrer (BDR) war es als einzigem deutschen<br />
Spitzenverband gelungen, sich schon am 21. November<br />
1948 in Frankfurt/Main wiederzugründen und damit an die<br />
Tradition des bereits 1884 in Leipzig ins Leben gerufenen<br />
<strong>Deutsche</strong>n Radfahrer-Bundes anzuknüpfen.<br />
Parallel zur Staatsgründung der Bundesrepublik Deutschland<br />
auf der Grundlage der drei westlichen Besatzungszonen im<br />
Mai 1949 in Bonn liefen die letzten Vorgespräche zur dann<br />
am 24. September 1949 erfolgten Konstituierung des Nationalen<br />
<strong>Olympische</strong>n Komitees (NOK), während andererseits<br />
Streitigkeiten in der Arbeitsgemeinschaft <strong>Deutsche</strong>r Sport<br />
(ADS) unter den führenden Persönlichkeiten und über die<br />
künftige Organisationsform die Gründung des <strong>Deutsche</strong>n<br />
Sportbundes (DSB) immer wieder verzögerten, so dass diese<br />
erst am 10. Dezember 1950 in Hannover möglich wurde.<br />
Die Gründung der 19 bundesdeutschen<br />
Spitzenverbände 1949<br />
Die Gründungsserie der bundesdeutschen Spitzenverbände<br />
begann bereits drei Monate vor der Staatsgründung am 5./6.<br />
Februar 1949 in Aßmannshausen mit dem <strong>Deutsche</strong>n Tennis-<br />
Bund (DTB). Zum Gründungspräsidenten wurde Richard<br />
Stephanus (Hannover) gewählt, der aber bald danach in das<br />
Amt des Bundesleiters überwechselte und das Präsidentenamt<br />
an den Ulmer Max Stahl übergab. Am 12. Juli 1950<br />
erfolgte die Wiederaufnahme in die International Lawn Tennis<br />
Federation (ITF), vor allem dank der engagierten Bemühungen<br />
des "Tennis-Barons" Gottfried von Cramm. Dem DTB folgte<br />
dann am 12. März 1949 die Gründung des <strong>Deutsche</strong>n Golf-<br />
Verbandes (DGV) in Wiesbaden, wo der Verband bis heute<br />
noch seinen Sitz und seine Geschäftsstelle hat. Erster Nachkriegspräsident<br />
der Golfer, deren Sportart vor allem bei den<br />
britischen Besatzungstruppen sehr beliebt war, wurde Freiherr<br />
M. von Bissing (Frankfurt/Main). Bereits eine Woche später,<br />
am 19. März, wurde in Kassel der <strong>Deutsche</strong> Kanu-Verband<br />
(DKV) wiedergegründet. Die Kanuten, die 1936 in Berlin ihre<br />
54<br />
Vor 60 Jahren:<br />
Zahlreiche Verbandsgründungen<br />
glanzvolle olympische Premiere gefeiert hatten, beriefen den<br />
Wuppertaler Otto Vorberg an ihre Spitze, der den DKV dann<br />
zwölf Jahre führte.<br />
Zur Wiedergründung des <strong>Deutsche</strong>n Fußball-Bundes hatte<br />
der "<strong>Deutsche</strong> Fußball-Ausschuss" für den 1. Juli - trotz<br />
erheblicher Proteste der Militärbehörden - nach Stuttgart -<br />
Bad Cannstatt eingeladen. Mit einem Festakt in der Stuttgarter<br />
Oper wurde die Gründung auch öffentlich proklamiert. Die<br />
FIFA nahm den DFB dann am 22. September 1950 wieder in<br />
ihre Mitte auf. Als erstem deutschen Sportverband gelang<br />
dem <strong>Deutsche</strong>n Schwimm-Verband (DSV) allerdings bereits<br />
ein Jahr früher - am 5. September 1949 - die Wiederaufnahme<br />
in seine internationale Dachorganisation, die FINA. Zwei<br />
Monate vorher war der DSV am 10. Juli im Rahmen der 3.<br />
<strong>Deutsche</strong>n Nachkriegsmeisterschaften im Schwimmen im<br />
niedersächsischen Feine gegründet worden. Ebenfalls im Juli -<br />
am 17. - wurde in Witzenhausen der <strong>Deutsche</strong> Tischtennis-<br />
Bund (DTTB) ins Leben gerufen und zum Präsidenten der<br />
Hamburger Karl-Heinz Eckhardt gewählt, der dieses Amt bis<br />
1957 ausübte.<br />
Die nächste Verbandsgründung erfolgte nach der Sommerpause<br />
am 3. September in Nürnberg mit dem <strong>Deutsche</strong>n<br />
Rollsport-Bund (DRB) mit dem Dortmunder Georg Homann
Aufbruchstimmung auch im Sport<br />
mit dem "Geburtsjahr" 1949 Von Friedrich Mevert<br />
als Gründungspräsident. Gemessen an der Zahl der internationalen<br />
Titel entwickelte sich der DRB dann in den Folgejahren<br />
zu einem der erfolgreichsten Sportverbände. Am 18.<br />
September erblickte in Mannheim der <strong>Deutsche</strong> Eissport-<br />
Verband (DEV) das Licht der Welt, der zunächst ab 1947 mit<br />
den Rollsportlern in einer Arbeitsgemeinschaft, der DERAG,<br />
kooperiert hatte. Zum DEV-Präsidenten wurde Rechtsanwalt<br />
Herbert Kunze gewählt, der dieses Ehrenamt anschließend<br />
fast vier Jahrzehnte ausübte und später als OK-Generalsekretär<br />
der <strong>Olympische</strong>n Spiele München 1972 wirkte. Gleich<br />
zwei Gründungen gab es dann am 1. Oktober: In Mülheim<br />
mit dem <strong>Deutsche</strong>n Handball-Bund (DHB) und in Düsseldorf<br />
mit dem <strong>Deutsche</strong>n Basketball-Bund (DBB). DHB-Präsident<br />
wurde der Dortmunder Industrielle Willi Daume, der bereits<br />
seit 1947 den "<strong>Deutsche</strong>n Arbeitsausschuss für Handball"<br />
geleitet hatte und später als DSB- und NOK-Präsident sowie<br />
OK-Präsident der Münchner Spiele Deutschlands prominentester<br />
und wichtigster Sportführer wurde. Der DBB hatte<br />
dagegen als einziger späterer DSB-Mitbegründer keine Vorgänger<br />
aus der Vorkriegszeit und war die einzige "Neugründung"<br />
in diesem Jahr. Zum ersten DBB-Präsidenten wurde der<br />
Münchner Dr. Siegfried Reiner gewählt.<br />
Auch im Herbst 1949 folgten Wiedergründungen am laufenden<br />
Band. Am 10. Oktober fanden sich im Olympiaort Gar-<br />
misch-Partenkirchen die Skisportler zur Gründung des <strong>Deutsche</strong>n<br />
Skiverbandes (DSV) zusammen und wählten Guy<br />
Schmidt zu ihrem Präsidenten. Am 22. Oktober wurde in<br />
Ludwigshafen mit Josef Hergl als Gründungspräsident an der<br />
Spitze der <strong>Deutsche</strong> Athleten-Bund (DAB) gegründet, der<br />
aber 1969 aufgelöst wurde, da die einzelnen Kraftsportdisziplinen<br />
eigene Bundesverbände bildeten. In Frankfurt/Main<br />
wurde am 29. Oktober der <strong>Deutsche</strong> Bob- und Schlittensportverband<br />
(DBSV) konstituiert, mit Otto Griebel an der Spitze,<br />
der als Ulanenleutnant bereits 1911 die Gründung des Vorgängerverbandes<br />
initiiert hatte.<br />
Nach der Zwischenstufe des "<strong>Deutsche</strong>n Leichtathletik-<br />
Ausschusses" kam es am 12. November in München zur<br />
Neugründung des <strong>Deutsche</strong>n Leichtathletik-Verbandes (DLV)<br />
mit dem früheren Weltklasseläufer und Kasseler Arzt Dr. Max<br />
Danz als Verbandspräsident an der Spitze. Carl-Georg Gewers<br />
wurde Gründungspräsident des <strong>Deutsche</strong>n Segler-Verbandes<br />
(DSV), der am 26. November in Flensburg wiedergegründet<br />
wurde. Einen Tag später - am 27. November - erfolgte in<br />
Bonn trotz des noch bestehenden Verbotes der britischen<br />
Militärregierung die Wiedergründung des <strong>Deutsche</strong>n Fechter-<br />
Bundes (DFB). Zum Präsidenten wurde der vielfache <strong>Deutsche</strong><br />
Meister Erwin Casmir gewählt, der bereits von 1934 bis 1937<br />
dieses Führungsamt innegehabt hatte.<br />
55
Der 10. Dezember 1949 war schließlich der Gründungstag<br />
von gleich drei Verbänden, von denen die beiden ersteren<br />
später zu den erfolgreichsten in der olympischen Sportgeschichte<br />
Deutschlands zählten. Im hessischen Wetzlar<br />
begründeten die Rudersportler den <strong>Deutsche</strong>n Ruder-Verband<br />
(DRV) mit Dr. Walter Wülfing an der Spitze, der später in der<br />
deutschen Sportorganisation eine herausragende Rolle spielte.<br />
In Köln fanden sich die Hockeysportler zur Wiedergründung<br />
des <strong>Deutsche</strong>n Hockey-Bundes (DHB) mit dem Hamburger<br />
Paul Reinberg als Gründungspräsidenten zusammen, und<br />
in Essen schließlich wurde der <strong>Deutsche</strong> Amateurbox-Verband<br />
(DABV) mit Georg Dietrich als Präsidenten ins Leben gerufen.<br />
Die formelle Gründung des <strong>Deutsche</strong>n Turner-Bundes (DTB)<br />
aber musste aus politischen Gründen noch ein Jahr warten.<br />
Erst nach Überwindung zahlreicher Schwierigkeiten durch die<br />
Besatzungsmächte konnte am 2. September 1950 in Tübingen<br />
in feierlicher Form die Gründung des DTB erfolgen.<br />
Die Gründung des NOK im Rahmen<br />
der Bundesfeier in Bonn<br />
Die Gründung des Nationalen <strong>Olympische</strong>n Komitees für<br />
Deutschland (NOK) erfolgte am 24. September 1949 in Bonn<br />
und war langfristig in zahlreichen Konferenzen vorbereitet<br />
worden. Nachdem die Vorgängerorganisation, der 1925<br />
innerhalb des <strong>Deutsche</strong>n Reichsausschusses für Leibesübungen<br />
(DEL) berufene <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> Ausschuss am 10.<br />
Oktober 1945 auf der Grundlage des Alliierten Kontrollratsgesetzes<br />
Nr. 2 aufgelöst worden war und die Direktive Nr. 23<br />
des Kontrollrates vom 17. Dezember 1945 nur Sportorganisationen<br />
lokalen Charakters zuließ, musste ein Neuaufbau<br />
erfolgen. Bereits Ende November 1946 stellte die erste Interzonale<br />
Sportkonferenz in Frankfurt/Main im ersten von sechs<br />
verabschiedeten Leitsätzen die Gründung eines <strong>Olympische</strong>n<br />
Ausschusses als Zielsetzung vor, und schon im Juni 1947<br />
wurde während der zweiten Frankfurter Sportkonferenz ein<br />
"Vorläufiger" <strong>Deutsche</strong>r <strong>Olympische</strong>r Ausschuss gebildet.<br />
Weitere Beratungen erfolgten im Rahmen der sogenannten<br />
Münchner und Kölner Arbeitsausschüsse, bei der Verabschiedung<br />
der "Grundsätze für eine deutsche Sportorganisation"<br />
anlässlich der Schönberger Konferenz im August 1948 und<br />
bei der Gründung der Arbeitsgemeinschaft <strong>Deutsche</strong>r Sport<br />
(ADS) am 23. Oktober 1948 in Bad Homburg.<br />
Im Ringen um die neuen Strukturen des Sports entstanden<br />
Spannungen auch insbesondere dadurch, dass einerseits Persönlichkeiten<br />
Ansprüche auf eine führende Mitwirkung einforderten,<br />
die bereits während des NS-Regimes im "Dritten Reich"<br />
die olympische Bewegung und die Sportorganisation mitgetragen<br />
hatten, denen andererseits politisch unbelastete Sportführer<br />
mit ihren Vorstellungen gegenüberstanden, die in der NS-<br />
Zeit aus ihren Ämtern verdrängt, politisch verfolgt worden<br />
56<br />
oder zum Teil ins Ausland emigriert waren. Dies führte natürlich<br />
neben den unzureichenden organisatorischen Rahmenbedingungen<br />
und den unterschiedlichen Vorbehalten der alliierten<br />
Kontrolloffiziere zu erheblichen Verzögerungen.<br />
Weitere wesentliche Stationen im Jahr 1949 waren dann die<br />
ADS-Plenumstagung am 6. März in Mülheim, die lOC-Exekutiv-Komiteesitzung<br />
am 19./20. April in Lausanne, die Einsetzung<br />
eines "Fünfer-Ausschusses" am 18. Juni zur Vorbereitung<br />
der NOK-Gründung sowie die Deutsch-Alliierte Sportkonferenz<br />
am 16./17. Juli in Bad Schwalbach/Taunus, bei der<br />
die Vertreter der Besatzungsmächte empfahlen, die geplante<br />
Gründung des NOK erst nach der Konstituierung der Bundesrepublik<br />
vorzunehmen. Die Gründung erfolgte dann schließlich<br />
am 24. September im Festsaal des Bonner Museums<br />
König, im gleichen Gebäude, das zu diesem Zeitpunkt noch<br />
Sitz des Bundeskanzleramtes war. Der Festakt war eingebettet<br />
in die gleichzeitig stattfindende "Bundesfeier der deutschen<br />
Jugend und des deutschen Sports" aus Anlass der Konstituierung<br />
der Bundesrepublik Deutschland.<br />
Am 5. November 1949 fand in Köln dann die 1. Hauptversammlung<br />
des NOK statt, in der u. a. die Satzung erweitert,<br />
das Präsidium ergänzt und weitere Verbandsvertreter und<br />
persönliche Mitglieder aufgenommen wurden. Zwei Ausschüsse<br />
zur Vorbereitung auf die <strong>Olympische</strong>n Spiele 1952 sowie<br />
ein Wirtschafts- und ein Pressegremium wurden gebildet und<br />
auf Antrag von Carl Diem ein Grundsatzbeschluss gefasst, eine<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> zu begründen. Diese <strong>Gesellschaft</strong><br />
sollte vor allem die Aufgabe haben, durch das Einsammeln<br />
von Spenden die olympische Arbeit zu finanzieren.<br />
Am Dachverband wurde weitergebaut<br />
Das Jahr 1949 diente den Repräsentanten der Landessportbünde<br />
und Spitzenverbände aber auch dazu, aus der 1948 gebildeten<br />
provisorischen Dachorganisation Arbeitsgemeinschaft<br />
<strong>Deutsche</strong>r Sport (ADS) nun einen umfassenden Dachverband<br />
auf demokratischer und föderalistischer Grundlage aufzubauen.<br />
Doch war dies noch ein weiter und schwieriger Weg mit<br />
zahlreichen Konferenzen, informellen Besprechungen, persönlichen<br />
Streitereien und Kontroversen, Schlichtungsbemühungen<br />
und - auch weiterhin - hemmenden Auflagen der Besatzungsbehörden.<br />
Nachdem schließlich auch die Landessportbünde der<br />
französischen Zone zu den ADS-Mitgliedern zählten, lud die<br />
ADS mit Schreiben vom 29. Dezember 1949 zur Auflösung der<br />
ADS und Gründung einer bundesdeutschen Spitzenorganisation<br />
für den 18./19. März 1950 nach Hannover ein, doch auch<br />
dieser Termin musste wiederum verschoben werden.<br />
Bis zur endgültigen Gründung des <strong>Deutsche</strong>n Sportbundes als<br />
der "Einheit in der Vielfalt" am 10. Dezember 1950 war noch ein<br />
ganzes Jahr voller anstrengender Bemühungen notwendig.
Neunzig Prozent aller deutschen Medaillen<br />
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von Sporthilfe-geförderten Athleten gewonnen.<br />
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Professor Walter Jens ist immer auch ein Liebhaber des<br />
Sports gewesen - ein kritischer. Das verdeutlicht ein<br />
neues Buch, das die Sport Essays des 86-Jährigen<br />
zusammenfasst, die er geschrieben hat, bevor er an Demenz<br />
erkrankte.<br />
Zuerst Marathonlauf und dann die Pilsreklame? Walter Jens,<br />
dem ehemaligen Tübinger Rhetorikprofessor und so feinsinnigen<br />
wie scharfen Kritiker des Sports,<br />
war der Macht der Werbeindustrie<br />
über den Sport und dessen fehlende<br />
Autonomie immer ein Dorn im Auge.<br />
Dagegen fand Jens die gleichzeitige<br />
Präsenz von Bundesadler und dem<br />
Daimler-Stern auf dem Nationaltrikot<br />
der Kicker überhaupt nicht<br />
anstößig, "weil ehrlich und nichts<br />
verschleiernd".<br />
Aber warum beschäftigte sich ein<br />
Schriftsteller, ein Präsident der<br />
<strong>Deutsche</strong>n Akademie der Künste, der<br />
als Mitglied der legendären 47er<br />
Gruppe zu den repräsentativen<br />
Intellektuellen der alten Bundesrepublik<br />
zählte, überhaupt mit so profanen<br />
Dingen wie dem Sport? Die<br />
Antwort ist einfach: weil Jens eine<br />
genauso große emotionale Bindung zum Fußball verspürte<br />
wie viele Fans in den Stadien auch.<br />
Das wird deutlich, wenn man sich Jens` "Reden zum Sport"<br />
durchliest, die in einem neuen Buch gesammelt sind, das jüngst<br />
in der Möhringer Buchhandlung Ebert vorgestellt wurde.<br />
Liebeserklärung an den Fußball<br />
Jens war als Jugendlicher Torwart beim Hamburger Stadtteilklub<br />
Eimsbütteler TV, und nur seine Asthmaerkrankung hinderte<br />
ihn an einer längeren Fußball-Karriere. Jens selber hatte<br />
zum großen HSV die Kleine-Leute-Perspektive, aus der schon<br />
in den 1930er Jahren die Erkenntnis resultierte: "Wer Geld<br />
hat, hat auch die entsprechenden Kicker". Daraus wird verständlich,<br />
wenn sich Jens später in die Schar derer einreihte,<br />
die sich lustvoll an jedem Samstag freut, wenn der Geldklub<br />
Bayern ("Das schwarze Monopol") verliert. "Wenn ich den<br />
letzten Goethe-Vers vergessen habe, werde ich den Eimsbütteler<br />
Sturm noch aufzählen können", machte Walter Jens aus<br />
seiner Jugendliebe Fußball heraus eine Liebeserklärung an den<br />
Fußball.<br />
Doch als Festredner konnte der Rhetoriker Jens den Sportverbänden<br />
auch die Leviten lesen. Der Sport könne keine politi-<br />
58<br />
sche Neutralität beanspruchen, schrieb Jens dem <strong>Deutsche</strong>n<br />
Fußball-Bund schon 1975 beim 75-jährigen Jubiläum ins<br />
Stammbuch und forderte eine längst überfällige Aufarbeitung<br />
der unrühmlichen Geschichte des DFB im Nationalsozialismus.<br />
Doch Jens` Festrede ("Versöhnung im Streit") fand erst<br />
30 Jahre später Beachtung, als der Historiker Nils Havermann<br />
("Fußball unterm Hakenkreuz) die Geschichte des Fußballs<br />
aufgearbeitet hatte.<br />
Meister der<br />
kritischen Sympathie<br />
Auch beim 100. Geburtstag des <strong>Deutsche</strong>n Leichtathletik-<br />
Verbands 1998 schaffte Walter Jens den Spagat zwischen<br />
Feier und Kritik. Der Sport dürfe sich nicht der Kommerzialisierung<br />
unterordnen und auch nicht zum reinen Medienspektakel<br />
verkommen, schrieb Jens und warnte davor, dass<br />
sich Spitzen- und Breitensport nicht trennen dürften, weil<br />
sich beides bedingen würde. "Jens` Beiträge zum Sport<br />
dürfen nicht verloren gehen", fordert der Tübinger Sportsoziologe<br />
Helmut Digel bei der Buchvorstellung von "Reden<br />
zum Sport", bei der Jens` Ehefrau Inge aus dem Werk vorlas.<br />
Wahrscheinlich würde Jens noch manches schärfer formulieren"<br />
sagte Digel, " seine Beiträge sind heute aktueller denn<br />
je".<br />
"Die Schotten sind noch dicht"<br />
Von Ewald Walker<br />
Neben den Appellen an die Sportverbände, ihre Geschichte<br />
aufzuarbeiten und sich in ihrer Verbandsarbeit zu öffnen,<br />
zählen auch Jens Appelle zur Sportberichterstattung zu<br />
dessen besonderen Anliegen.<br />
Unter dem Pseudonym "Momos" verfasste "Kleinstkicker Jens",<br />
wie er sich selber nannte, jahrelang Fernsehkritiken für "Die<br />
Zeit". Dort kritisierte er das "Kick and rush" in der Sportsprache<br />
ebenso wie die Qualität der TV-Kommentierung ("Insgesamt ist
es ein Trauerspiel") und mokierte sich über die Metaphorik von<br />
Berichterstattern ("Die Schotten sind noch dicht"). Der Meister<br />
der Rhetorik fand manches einfach nur "Papperlapapp".<br />
"Stellen Sie sich vor, ein Politikjournalist geht zum Bundeskanzler<br />
und sagt: hey Du, wie findest du eigentlich ...?" kritisierte<br />
Walter Jens die Duz-Mentalität und Anbiederungshaltung<br />
von Sportjournalisten. Umgekehrt stellte er den Sport<br />
als vorbildhaft für die Politik dar, wenn er sich wünschte,<br />
"dass der Bundeskanzler so regiert wie Beckenbauer einmal<br />
Fußball spielte".<br />
Dass er sich erfolglos gegen den Olympiaboykott einsetzte,<br />
ist kein Makel. In der Diskussion um den Olympiaboykott<br />
1980 in Moskau stand Jens (erfolglos) an der Seite von Willi<br />
Daume. "Verlegt die Spiele, das werden sie spüren, die<br />
Roten", forderte Jens und musste mit ansehen, wie es doch<br />
zum Boykott kam. Spekulation, was Walter Jens zu den<br />
Spielen von Peking 2008 gesagt hätte. "Eine unbelehrbare<br />
Diktatur dürfte keine <strong>Olympische</strong>n Spiele austragen", sagte<br />
Jens im Interview mit der Stuttgarter Zeitung schon 1987.<br />
Dies lässt Jens Einschätzung der Peking-Spiel zumindest<br />
erahnen.<br />
"Jens wäre mit seiner kritischen Sympathie zum Sport als<br />
Orientierung und Korrektiv noch heute hilfreich", sagt Ommo<br />
Gruppe, Nestor der deutschen Sportwissenschaft. Diese<br />
Sympathie kann Walter Jens (86) heute nicht mehr aufbringen.<br />
Seit vier Jahren leidet er an Demenz. Der Band "Reden<br />
zum Sport" soll seine Gedanken zum Sport erhalten.<br />
� Walter Jens: Reden zum Sport, Nachdenkliches und Kritisches<br />
1964-1999, Hoffmann-Verlag Schorndorf <strong>2009</strong>, 90<br />
Seiten, 12.90 Euro<br />
Biografisches zu Walter Jens<br />
Walter Jens wurde am 8. März 1923 in Hamburg geboren,<br />
lebt und arbeitete in Tübingen als Professor für Klassische<br />
Philologie und Allgemeine Rhetorik (1963-89) in Tübingen;<br />
Präsident der Berliner Akademie der Künste (1989-97); ab<br />
1950 gehörte Jens zur "Gruppe 47", deren Ziel die Förderung<br />
von Autoren der noch jungen<br />
deutschen Nachkriegsliteratur<br />
sowie die Aufklärung<br />
und Erziehung zur Demokratie<br />
der Menschen in<br />
Deutschland nach dem<br />
Hitlerregime war.<br />
Auszeichnungen/Ehrungen/<br />
Preise: u.a. Heine-Preis,<br />
Düsseldorf. Corine-Literaturpreis<br />
(2003); Mitglied in der<br />
Akademie der Künste, Berlin<br />
und im P.E.N;<br />
Veröffentlichungen (u.a.):<br />
Der Blinde (1951), Der Mann,<br />
der nicht alt werden wollte<br />
(1955). Nein. Die Welt der<br />
Angeklagten (1959), Die rote<br />
Rosa, Fernsehspiel (1966), Die Verschwörung, Fernsehspiel<br />
(1966), Frau Thomas Mann, Biografie (2003 - zusammen mit<br />
Inge Jens). Katias Mutter, Biografie (2005 - zusammen mit<br />
Inge Jens).<br />
Im Jahre 2003 wurde bekannt, dass er seit dem 1. September<br />
1942 als Mitglied der NSDAP geführt wurde.<br />
Seit 2004 leidet Walter Jens an Demenz. Mit seinem Buch<br />
"Demenz - Abschied von meinem Vater" sorgte Sohn Tilman<br />
Jens Anfang <strong>2009</strong> für große Aufregung. "Die Rache des<br />
Spätgeborenen" (Süddeutsche Zeitung), "Vatermord" (Welt)<br />
oder "Warum schützt niemand den Vater vor dem Sohn?"<br />
(Zeit) kritisieren die Medien den 54-jährigen Kulturjournalisten<br />
ob der Offenlegung des Vater-Sohn-Verhältnisses.<br />
Gewinnbringend ist das Buch zum Thema Demenz und die<br />
Diskussion um die Sterbehilfe, die Walter Jens 1995 ("Darf ich<br />
nach einem selbstbestimmtem Leben nicht auch einen selbstbestimmten<br />
Tod haben?") angestoßen hatte.<br />
Beim letzten öffentlichen Auftritt im Januar 2007 in der<br />
Mediothek in Pliezhausen (bei Tübingen) hat der Autor einen<br />
von seiner Krankheit gezeichneten Walter Jens erlebt. "Mein<br />
Mann hat an diesem Abend seine Fähigkeit verloren, seinen<br />
Namen zu schreiben", erinnert sich Inge Jens. Beim Signieren<br />
von Büchern schob er diese seiner Frau weiter...<br />
59
Mittelsprung<br />
Auch das Schwimmbad ist ein Motivparadies<br />
Unterwasserbilder von Anna Löbner<br />
D<br />
Mit großem Erfolg zeigte das <strong>Deutsche</strong> Sport & Olympia<br />
Museum in den vergangenen sechs Monaten die<br />
Ausstellung ‚Schwimmbad-Unterwasserbilder' mit<br />
Werken von Anna Löbner aus Düsseldorf. Der renommierte<br />
Kunstkritiker Dr. Thomas Hirsch hat sich eingehend<br />
mit der Ausstellung beschäftigt und kommt zu<br />
folgender Bewertung:<br />
er Realismus der Bilder von Anna Löbner steht außer<br />
Frage. Alles ist erkennbar. Aber so bestimmt das Sujet ist,<br />
so ungesichert ist es doch. Ein wenig dauert es, bis man sich<br />
in den Unterwasser-Ansichten gekachelter Freibäder zurecht-<br />
60<br />
findet. Gegeben sind unterschiedlich blaue, verschieden helle<br />
und in sich strukturierte Innenräume, die über gerade Linien<br />
und eine klare Ordnung aus Stufen und Absätzen verfügen.<br />
Wendekreuze, die am Beckenrand angebracht sind, definieren<br />
eine Ausdehnung; Streifen auf dem Boden bezeichnen eine<br />
Tiefe und Weite, die sich dem Betrachter entgegenstreckt.<br />
Aber die Raumkanten sind vom Wasserspiegel beschnitten<br />
und durch ihn gleichsam abgeschlossen. Die Architektur wird<br />
in der Spiegelung im bewegten Wasser verwackelt und<br />
unscharf, so dass zwei Erscheinungsbilder aufeinander stoßen,<br />
getrennt durch einen hellen Horizont, welcher aus der<br />
Brechung des Lichtes resultiert. In der Wasserfläche selbst<br />
OF-GALERIE<br />
OF-GALERIE
Zwei Wendekreuze Tiefer Einstieg<br />
sind bisweilen Regentropfen auszumachen, die gleichsam das<br />
Eindringen einer anderen Dimension bezeichnen. Zum Unbegreiflichen<br />
der Wasserräume tragen noch die Schatten an<br />
den Wänden und auf dem Grund bei. Weiße Linien verhalten<br />
sich hier als unruhige zeichnerische Zacken. Zwischen Stillstand<br />
und Bewegung, Konkretion und Abstraktion, Ordnung<br />
und Unordnung, Leere und Fülle entwirft Anna Löbner Bilder<br />
von unfassbarem Reichtum und lakonischer Konsequenz. Seit<br />
2005 entstehen diese Bilder vereinzelt, aber kontinuierlich;<br />
die Formate wechseln mit den Darstellungen, die völlig unterschiedlich<br />
sind. Stets liegen reale Orte zugrunde; sie sind von<br />
Anna Löbner im Tauchgang gefunden. Den Bildern ist noch<br />
das Erlebte, mithin Erfahrene eigen, wodurch sie sich etwa<br />
von den Konzepten der Pop-Art, des Hyperrealismus und der<br />
ausgezirkelten Farbfeldmalerei eines Hans-Peter Reuter<br />
unterscheiden. Mit Reuters Raumkonstruktionen haben ihre<br />
Bilder indes das Interesse für pure Architektur und deren<br />
Systematik gemeinsam - ebenso wie den Verzicht auf den<br />
OF-GALERIE<br />
OF-GALERIE<br />
Menschen. Aber hier wie dort finden sich grundsätzliche und<br />
evidente Hinweise auf ihn.<br />
Löbners Bilder ohne Menschen verfügen über eine Vitalität<br />
und Dynamik, auf die ihr anderer zentraler Werkkomplex aus<br />
schwarz-weißen Bildern gerade verzichtet, der seinerseits<br />
Menschen wie auch Tiere zeigt. Bei beiden Werkgruppen aber<br />
bleibt Anna Löbner einer lapidaren Konzentriertheit treu, in<br />
einer verhaltenen Monochromie. Die Wasser-Bilder mit ihren<br />
Türkistönen loten freilich Farbwerte aus, thematisieren deren<br />
Intensität und Emotionalität, zumal in der Konfrontation mit<br />
der sachlichen Binnenform der Schwimmbäder. Anna Löbner<br />
malt farblose Materie und lässt sie sichtbar werden: Indem sie<br />
die Ruhe und die Ordnung auflöst und in der Brechung durch<br />
das Wasser Chaos erzeugt. Maß aller Dinge bleibt der statische<br />
Raum. Und was wir darin, dadurch sehen, ist ein vorübergehender<br />
Zustand, in den wir unmittelbar einbezogen<br />
sind. Noch nie waren wir Anna Löbner so nahe.<br />
61
Kathedrale des Schwimmens<br />
Großes Unterwassertheater<br />
62<br />
OF-GALERIE<br />
OF-GALERIE
Nachrichten des DOSB<br />
Informationen aus dem<br />
Präsidium<br />
Am 12. Mai <strong>2009</strong> trat das DOSB-Präsidium<br />
zu seiner 26. Sitzung in Berlin, im Hauptstadtbüro<br />
des <strong>Deutsche</strong>n Sports, zusammen.<br />
Die umfangreiche Tagesordnung<br />
berührte alle Arbeitsbereiche<br />
des Sports in Deutschland.<br />
Am gleichen Tag legte der<br />
Schirmherr des DOSB, Bundespräsident<br />
Dr. Horst Köhler,<br />
gemeinsam mit seiner Frau Eva-<br />
Luise und den Mitgliedern des<br />
Sportausschusses des <strong>Deutsche</strong>n<br />
Bundestages (darunter<br />
auch DOSB-Vizepräsident<br />
Eberhard Gienger), erneut das<br />
Sportabzeichen ab. Prüferin war<br />
die Vizepräsidentin des Landessportbundes<br />
Berlin, Frau Gabriele<br />
Wrede. Das war ein<br />
schönes und auch aussagekräftiges<br />
zeitliches Zusammentreffen,<br />
denn mit der Erfolgsgeschichte<br />
Sportabzeichen befasste<br />
sich das Präsidium aus<br />
willkommenen Anlass: Im<br />
vergangenen Jahr wurde<br />
erstmals die Millionengrenze<br />
überschritten. 1.004.341 Sportbegeisterte,<br />
Männer und Frauen,<br />
Junge und Ältere, legten es<br />
im Jahr 2008 ab und erarbeiteten<br />
sich ihren ganz persönlichen<br />
"Fitnessorden". Der DOSB<br />
bemüht sich, das Sportabzeichen<br />
gemeinsam mit den<br />
Mitgliedsorganisationen mittelfristig<br />
noch attraktiver zu<br />
gestalten.<br />
Um Leistungen auf Spitzenniveau<br />
wird es bei den <strong>Olympische</strong>n<br />
Winterspielen in Vancouver<br />
im Februar 2010 gehen. Das<br />
Präsidium wertete die gerade zu Ende<br />
gegangene Wintersportsaison 2008/09 aus.<br />
Sie gibt, von Ausnahmen abgesehen,<br />
durchaus Anlass zu Optimismus: In allen<br />
15 olympischen Sportarten fanden Weltmeisterschaften<br />
statt, und mit 9 Siegen, 15<br />
zweiten und 4 dritten Plätzen konnte der<br />
deutsche Wintersport die Anzahl der<br />
Medaillen von Turin 2006 (insgesamt 29)<br />
fast erreichen; auf dem fiktiven "Medaillenspiegel"<br />
belegt der deutsche Sport<br />
allerdings hinter den USA und Norwegen<br />
Sportlicher Bundespräsident: Horst Köhler sprintet in 7,6 Sekunden<br />
auf 50 Metern dem <strong>Deutsche</strong>n Sportabzeichen entgegen.<br />
Platz drei. Erklärtes Ziel bleibt dennoch, als<br />
"Titelverteidiger" in Vancouver wieder<br />
vorne mitzumischen; aber es ist auch<br />
bekannt, dass die internationale Konkur-<br />
renz härter geworden ist und neben den<br />
genannten mit Kanada und Österreich<br />
weitere ehrgeizige Mitbewerber auftreten.<br />
Die Vorbereitung ist im Plan. Voraussichtlich<br />
werden ca. 160 Athleten/innen nach<br />
Vancouver und Whistler fahren. Sie werden<br />
dort exzellente Bedingungen vorfinden.<br />
Das Präsidium wird die Mannschaft auf<br />
seinen Sitzungen am 17.<br />
Dezember <strong>2009</strong> und am 22.<br />
Januar 2010 nominieren.<br />
Das vom Präsidium verabschiedete<br />
Anti-Doping-Management<br />
der deutschen Olympia-Mannschaft<br />
für Vancouver sieht u.a.<br />
vor, dass alle Athleten/innen<br />
seit 1. Januar <strong>2009</strong> im nationalen<br />
Testpool der NADA sein<br />
müssen und zwischen Nominierung<br />
und Eröffnung der Spiele<br />
noch einmal unangekündigt<br />
kontrolliert werden.<br />
Die Bewerbung der Stadt<br />
München um die Ausrichtung<br />
der <strong>Olympische</strong>n Winterspiele<br />
2018 ist auf einem guten Weg:<br />
Nach der <strong>Gesellschaft</strong>erversammlung<br />
hat sich auch der<br />
Aufsichtsrat unter Vorsitz von<br />
Dr. Michael Vesper konstituiert.<br />
Am 9. Juli <strong>2009</strong> wird das<br />
Kuratorium folgen, für das<br />
herausragende Persönlichkeiten<br />
aus Wirtschaft und <strong>Gesellschaft</strong>,<br />
Sport und Politik gewonnen<br />
werden konnten. Zwar<br />
ist es angesichts der schwersten<br />
Wirtschafts- und Finanzkrise<br />
der letzten Jahrzehnte schwieriger<br />
geworden, das erklärte Ziel<br />
der Bewerberstadt zu erreichen,<br />
die Bewerbung ausschließlich<br />
aus privaten Mitteln zu finanzieren;<br />
aber nach wie vor<br />
weisen alle Anzeichen darauf<br />
hin, dass dies gelingen wird. Die<br />
partei- und fraktionsübergreifende zugesicherte<br />
Unterstützung der Bewerbung durch<br />
die Politik ist dabei weiterhin wichtig. Der<br />
Freistaat Bayern, die Landeshauptstadt<br />
63
München, Garmisch-Partenkirchen und der<br />
Landkreis Berchtesgadener Land stellen sich<br />
ihrer Verantwortung.<br />
Das Präsidium begrüßte, dass das Konjunkturpaket<br />
II - wie vom organisierten Sport in<br />
zahlreichen Eingaben verlangt - nach der<br />
für den Sommer geplanten Grundgesetz-<br />
Änderung zusätzliche Perspektiven eröffnen<br />
wird. Dann fallen die derzeitigen Begrenzungen<br />
weg, und die Kommunen können<br />
auch die dringend erforderlichen Maßnahmen<br />
zur Sanierung und Modernisierung der<br />
Sportstätten-Infrastruktur aus dem K II<br />
finanzieren.<br />
Auch die Finanzen standen auf der Tagesordnung<br />
des Präsidiums. Vizepräsident<br />
Hans-Peter Krämer stellte den geprüften<br />
Jahresabschluss 2008 vor, der aufgrund<br />
erwarteter Sondereffekte und in Olympiajahren<br />
üblicher zusätzlicher Vermarktungseinnahmen<br />
positiv ist. Der vom Präsidium<br />
beschlossene Konsolidierungskurs greift:<br />
Die <strong>Ausgabe</strong>n konnten begrenzt, die<br />
Einnahmen etwa durch die verstärkten<br />
Vermarktungsaktivitäten gesteigert werden;<br />
die Glücksspirale hat sich aufgrund<br />
des Aufbringens auf<br />
dem Lottoschein in<br />
mittlerweile 13<br />
Bundesländern in<br />
etwa so nach oben<br />
entwickelt, wie sich<br />
das vor einigen<br />
Monaten bereits<br />
abzeichnete. Die<br />
Vorstellung der<br />
aktuellen mittelfristigenFinanzplanung<br />
bestätigte im<br />
Übrigen erneut,<br />
dass die von der<br />
Mitgliederversammlung<br />
im<br />
Dezember 2008 im<br />
Grundsatz beschlosseneBeitragsanpassung,<br />
will man die Arbeit<br />
des DOSB auf eine<br />
solide finanzielle<br />
Grundlage stellen,<br />
unumgänglich ist.<br />
Die von der Mitgliederversammlung<br />
eingesetzte Arbeitsgruppe kommt<br />
Anfang Juni zu ihrer zweiten Sitzung<br />
zusammen; über deren Ergebnisse wird<br />
zeitnah informiert.<br />
64<br />
Vizepräsidentin Ilse Ridder-Melchers zog<br />
eine positive Zwischenbilanz der Kampagne<br />
"Frauen gewinnen!", die mit einer Präsentation<br />
bei der Schirmherrin, Frau Bundeskanzlerin<br />
Dr. Angela Merkel, mit allen<br />
Bundesministerinnen und weiteren Unterstützerinnen<br />
einen weiteren Markstein<br />
setzte.<br />
Die Aktivenvertreter Christian Breuer und<br />
Claudia Bokel stellten das Athlete Career<br />
Program vor, das eines der schwierigsten<br />
Strukturprobleme im Spitzensport aufgreift:<br />
die Duale Karriere. Es geht darum, Spitzensportlern/innen<br />
bei der bundesweiten<br />
Suche nach sportfreundlichen Arbeitsplätzen<br />
zu unterstützen, um ihnen die Ausübung<br />
ihres Sports zu ermöglichen und<br />
zugleich eine Perspektive für die Zeit<br />
danach zu eröffnen. Dabei ist die Zusammenarbeit<br />
mit der Stiftung <strong>Deutsche</strong><br />
Sporthilfe flankierend ebenso wichtig wie<br />
die Tätigkeit der Laufbahnberater/innen bei<br />
den Olympiastützpunkten.<br />
Natürlich stand auch wieder der Kampf<br />
gegen Doping auf der Agenda. Zustimmend<br />
nahm das Präsidium den Jahresbericht der<br />
Nicht nur die Sportlerinnen und Sportler, sondern auch die Sponsoren und Partner treffen<br />
ihre Vorbereitungen auf die <strong>Olympische</strong>n Winterspiele 2010. Hier eine Reisegruppe der<br />
<strong>Deutsche</strong>n Sportmarketing vor einem historischen kanadischen Wegweiser, dem Wahrzeichen<br />
und Logo der Winterspiele.<br />
NADA zur Kenntnis, demzufolge bei einer<br />
Ausweitung der Zahl der Dopingkontrollen<br />
um fast 50 Prozent auf rund 13000 im Jahr<br />
2008 (2007: 9533) die Zahl der positiven<br />
Ergebnisse sogar auf 66 zurückgegangen<br />
ist. Das zeigt, dass die Abschreckung funktioniert.<br />
In diesem Zusammenhang wurde auf<br />
Vorschlag des federführenden Präsidiumsmitglieds<br />
Ingo-Rolf Weiss der Entwurf des<br />
Nationalen Dopingpräventionsplans, an<br />
dessen Erstellung die <strong>Deutsche</strong> Sportjugend<br />
aktiv beteiligt war, zustimmend zur Kenntnis<br />
genommen; er soll als bundesweiter<br />
Rahmenplan die Zusammenarbeit der<br />
zentralen Akteure auf dem Gebiet der<br />
Prävention intensivieren.<br />
Auch der Schulsport war Thema der Präsidiumssitzung.<br />
Dabei wurde begrüßt, dass<br />
die Kultusministerkonferenz ihren Beschluss<br />
vom Oktober 2008 aufgrund des<br />
fatalen Eindrucks, den Sportfachunterricht<br />
in dem Fach "Ästhetische Bildung" aufgehen<br />
zu lassen, modifiziert und korrigiert<br />
hat. Bis es zu diesem Ergebnis kam, haben<br />
Ingo-Rolf Weiss, Prof. Dr. Gudrun Doll-<br />
Tepper und Dr. Michael Vesper zahlreiche<br />
Gespräche mit Verantwortlichen der<br />
Kultusministerkonferenz geführt. Zum<br />
anderen wurde das "Memorandum zum<br />
Schulsport" thematisiert,<br />
das die<br />
<strong>Deutsche</strong> Vereinigung<br />
für Sportwissenschaft<br />
(DVS), der<br />
<strong>Deutsche</strong> Sportlehrerverband<br />
(DSLV)<br />
und der DOSB<br />
(Vizepräsidentin<br />
Prof. Dr. Gudrun<br />
Doll-Tepper) erstellt<br />
haben. Nach der<br />
nun folgenden<br />
Feinabstimmung<br />
soll das Papier im<br />
Herbst formell<br />
beschlossen und<br />
veröffentlicht<br />
werden.<br />
Die Vizepräsidenten<br />
Eberhard Gienger<br />
und Gudrun Doll-<br />
Tepper gaben einen<br />
Überblick über den<br />
Stand der Vorbereitungen<br />
der ersten<br />
Youth Olympic<br />
Games in Singapur im Sommer 2010. Aus<br />
Deutschland werden voraussichtlich<br />
maximal 135 Sportler/innen daran teilnehmen.<br />
Die Spiele werden von einem um-
fangreichen Kulturprogramm begleitet<br />
werden. Wegen der Einzelheiten werden<br />
wir auf die Mitgliedsorganisationen<br />
zukommen.<br />
Überdies hat das Präsidium die in der<br />
vorigen Sitzung ins Auge gefasste strategi-<br />
Olympiasiegerin Rosi Mittermeier freut<br />
sich über die Bewerbung Münchens zu den<br />
<strong>Olympische</strong>n Winterspielen 2018.<br />
sche Vereinbarung mit der Bundesagentur<br />
für Arbeit beschlossen. Unter dem Titel<br />
"Sport baut Brücken zur arbeitsmarktlichen<br />
Integration" soll die Vereinbarung demnächst<br />
durch DOSB-Präsident Dr. Thomas<br />
Bach und dem Vorstandsmitglied der<br />
Bundesagentur für Arbeit Heinrich Alt<br />
unterzeichnet und anschließend der Öffentlichkeit<br />
präsentiert werden.<br />
Das Präsidium hatte auch Personalentscheidungen<br />
zu treffen. Nach dem Ausscheiden<br />
einiger Mitglieder aus dem Beirat Leistungssportentwicklung<br />
waren Nachbesetzungen<br />
erforderlich. Das Präsidium berief<br />
Rolf Beilschmidt, Hauptgeschäftsführer des<br />
LSB Thüringen, Heiner Gabelmann, Sportdirektor<br />
des <strong>Deutsche</strong>n Schützenbundes, Dr.<br />
Lutz Nordmann, Direktor der Trainerakademie,<br />
Prof. Dr. Arndt Pfützner, Direktor des<br />
Instituts für Angewandte Trainingswissenschaften,<br />
Michael Scharf, Leiter des OSP<br />
Rheinland, Dirk Schimmelpfennig, Sportdirektor<br />
des <strong>Deutsche</strong>n Tischtennisbundes,<br />
und Thomas Schwab, Generalsekretär des<br />
Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland<br />
in den Beirat.<br />
In den Verein "Gegen Vergessen - Für<br />
Demokratie" berief das Präsidium Vizepräsidentin<br />
Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper als<br />
Nachfolgerin des ausgeschiedenen Ehrenpräsidenten<br />
Manfred von Richthofen.<br />
Am 23. Mai <strong>2009</strong> fand in Berlin das Bürgerfest<br />
zum 60-jährigen Bestehen der Bundesrepublik<br />
Deutschland statt. Der Sport<br />
präsentierte sich mit Informations- und<br />
Aktionsflächen auf einer über 3000 qm<br />
großen Fläche auf der Straße des 17. Juni.<br />
Darüber hinaus stellte sich der Sport<br />
gemeinsam mit dem ZDF auf der Hauptbühne<br />
am Brandenburger Tor dar.<br />
Am 10. Juni <strong>2009</strong> fand in Berlin der Festakt<br />
anlässlich des 20-jährigen Bestehens des<br />
Programms "Integration durch Sport" statt.<br />
Dieses Programm gilt zu Recht als das<br />
erfolgreichste, was die Förderung der<br />
Integration von Menschen mit Migrationshintergrund<br />
angeht. Bundesinnenminister<br />
Dr. Wolfgang Schäuble und DOSB-Präsident<br />
Thomas Bach nahmen an dem Festakt<br />
teil.<br />
Für den 1. Juli <strong>2009</strong> lädt der DOSB zum<br />
DOSB-Wahlhearing anlässlich der bevorste-<br />
henden Bundestagswahl nach Berlin ein.<br />
Den Fragen des organisierten Sports werden<br />
sich für die CDU/CSU Bundesinnenminister<br />
Wolfgang Schäuble, für die SPD<br />
deren Kanzlerkandidat Bundesaußenminister<br />
Frank-Walter Steinmeier, FDP-Parteichef<br />
Guido Westerwelle, ein/e Vertreter/in der<br />
Linken und die Grünen-Parteivorsitzende<br />
Claudia Roth stellen; die Moderation<br />
übernimmt Johannes B. Kerner. Das Wahlhearing<br />
ersetzt in diesem Jahr den "Parlamentarischen<br />
Abend", der in den vergangenen<br />
Jahren jeweils im Herbst veranstaltet<br />
wurde.<br />
Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel unterstützt<br />
Jahr der Frauen im Sport<br />
Am Donnerstag, 23. April <strong>2009</strong> traf sich<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin<br />
mit Unterstützerinnen der Aktion "Frauen<br />
gewinnen" des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />
Sportbundes aus Sport, Politik und Wirtschaft<br />
- darunter auch die nahezu komplette<br />
Frauenriege aus dem Bundeskabinett.<br />
Die Bundeskanzlerin ist Schirmherrin des<br />
Aktionsjahres des DOSB, der unter dem<br />
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (l.), Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, die<br />
Vizepräsidentin des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbundes (DOSB), Ilse Ridder-Melchers,<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Präsident des DOSB, Thomas Bach bei einem<br />
Treffen anlässlich des "Jahres der Frauen im Sport <strong>2009</strong>" im Bundeskanzleramt.<br />
65
Motto "Frauen gewinnen!" für <strong>2009</strong> einen<br />
Schwerpunkt seiner Arbeit setzt.<br />
Die Bundeskanzlerin zeigte sich vor allem<br />
davon angetan, dass mit "Frauen gewinnen!"<br />
mehr Frauen in Führungspositionen<br />
gebracht werden sollen: "Den Männern<br />
muss nun nicht bange sein, aber sie sollen<br />
sich darauf einstellen, mehr Wettbewerb<br />
und Konkurrenz zu bekommen." DOSB-<br />
Präsident Thomas Bach sagte, er rechne mit<br />
dieser Konkurrenz und das sei auch gut so:<br />
"Wir müssen unsere Führungspositionen<br />
stärker für Frauen öffnen." DOSB-Vizepräsidentin<br />
Ilse Ridder-Melchers nannte als Ziel<br />
einen Frauenanteil von 50 Prozent im Sport<br />
und in dessen Führungspositionen: "Wir<br />
setzen auf Sieg, nicht auf Platz."<br />
Das Jahr der Frauen im Sport stellt die<br />
Themen Frauen und Fitness, Aktionen gegen<br />
Gewalt gegen Frauen, Frauen in Führungspositionen<br />
und die Integration von Migrantinnen<br />
durch Sport in den Vordergrund.<br />
Der DOSB will mit "Frauen gewinnen!" mehr<br />
Mädchen und Frauen für den Sport und<br />
seine Vereine begeistern. Die Rahmenbedingungen<br />
für ein ehrenamtliches Engagement<br />
von Frauen im Sport sollen noch besser<br />
werden und eine gleichberechtigte Teilhabe<br />
von Frauen in der Führungsarbeit des<br />
organisierten Sports sichern. Im Jahr <strong>2009</strong><br />
werden hierzu unter anderem ein Verbandswettbewerb<br />
"Frauen an die Spitze"<br />
ausgeschrieben, FrauenSportWochen<br />
veranstaltet, weiblichen Führungstalenten<br />
spezielle Camps und Fortbildungen angeboten<br />
und Aktionen und Projekte gegen<br />
Gewalt und für mehr Migrantinnen im<br />
Sport durchgeführt.<br />
DOSB für qualifizierten<br />
Sportunterricht an Grundschulen<br />
Neben dem DOSB haben auch die <strong>Deutsche</strong><br />
Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs)<br />
und der <strong>Deutsche</strong> Sportlehrerverband<br />
(DSLV) eine Anfang Mai veröffentlichte<br />
Erklärung der Kultusminister der Länder<br />
begrüßt, auch weiterhin guten Sportunterricht<br />
an Grundschulen anzubieten.<br />
Ergänzend zu ihren Beschlüssen vom 16.<br />
Oktober 2008 in Saarbrücken hatte die<br />
66<br />
Kultusministerkonferenz (KMK) erklärt,<br />
Sport solle gerade im für die kindliche<br />
Entwicklung wichtigen Primarbereich auch<br />
in Zukunft von qualifizierten Lehrkräften<br />
unterrichtet werden. Das Vorhaben der<br />
Kultusminister, ein neues Studienfach<br />
Ästhetische Bildung mit künstlerischen,<br />
musischen und sportlichen Inhalten an den<br />
Hochschulen zu installieren, hatte Befürchtungen<br />
geweckt, die neuen Studieninhalte<br />
gingen zu Lasten der Fachlehrerausbildung.<br />
Die DOSB-Vizepräsidentin für <strong>Olympische</strong><br />
Bildung und Erziehung, Prof. Dr. Gudrun<br />
Doll-Tepper, sagte: "Ich bin erleichtert, dass<br />
die Kultusminister klargestellt haben, dass<br />
mit dem neuen Studienbereich die Fachlehrerausbildung<br />
nicht an den Rand gedrängt<br />
wird. Bereits heute wird jede zweite Sportstunde<br />
an Grundschulen von fachfremden<br />
Lehrerinnen oder Lehrern gegeben. Allerdings<br />
werden wir nun verstärkt darauf<br />
achten müssen, wie die Ankündigung in<br />
den einzelnen Ländern umgesetzt wird."<br />
Ingo-Rolf Weiss, Vorsitzender der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Sportjugend (dsj) betonte: "Die<br />
Schulen dürfen die Sportvereine bei der<br />
Aufgabe, die wachsenden motorischen<br />
Defizite oder das Übergewicht von Kindern<br />
zu korrigieren, nicht im Stich lassen. Zumal<br />
nachgewiesen ist, dass die Lern- und<br />
Konzentrationsfähigkeit bei Kindern mit<br />
ausreichender Bewegung besser ist. Die<br />
Kinder fördert man am Besten mit gut<br />
ausgebildeten Sportlehrern und drei Schulsportstunden<br />
pro Woche in jedem Bundes-<br />
Nach massivem Druck des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sport-Bundes (DOSB) haben die Kultusminister<br />
der Länder beschlossen, den Sportunterricht an Grundschulen wie bisher aufrechtzuerhalten.<br />
`Es ist gut, dass die Kultusministerkonferenz den fatalen Eindruck korrigiert<br />
hat, das Sportfach in ästhetischer Bildung aufgehen zu lassen´, sagte DOSB-Generaldirektor<br />
Michael Vesper.<br />
land. Ich freue mich über das klare Signal,<br />
dass die KMK uns bei der Bewältigung<br />
dieser Aufgabe als verlässlicher Partner<br />
unterstützend zur Seite steht."<br />
Für die <strong>Deutsche</strong> Vereinigung für Sportwissenschaft<br />
(dvs) erklärte deren Präsident<br />
Prof. Dr. Bernd Strauß: "Kinder und Jugendliche<br />
sind auf kompetent ausgebildete<br />
Sportlehrerinnen und Sportlehrer dringend<br />
angewiesen - mehr denn je. Eine universitäre<br />
spezifische Sportlehrerausbildung ist<br />
nicht nur zu erhalten, sondern im Gegenteil:<br />
sie muss ausgebaut werden. Daher<br />
freue ich mich natürlich über das jetzige<br />
Signal der KMK, das in die richtige Richtung<br />
weist. Wichtig ist nun, dass die Länder<br />
und die Universitäten diese Klarstellung der<br />
Kultusminister bei ihren Planungen und<br />
Umsetzungen berücksichtigen und die<br />
Sportlehrerausbildung stärken und nicht<br />
schwächen."<br />
Der Präsident des DLSV, Prof. Dr. Udo<br />
Hanke, begrüßte die KMK-Erklärung und
äußerte die Erwartung, dass sich nun alle<br />
Studentinnen und Studenten für den<br />
Grundschulbereich zumindest rudimentär<br />
mit Bewegungserziehung befassen. Damit<br />
werde der Ansatz einer "Bewegten Schule"<br />
fester Bestandteil der universitären Ausbildung<br />
von Grundschulpädagogen, also von<br />
"Nicht-Fachlehrern Sport", bei gleichzeitigem<br />
Fortbestand der Ausbildung zum<br />
Grundschul-Sportlehrer.<br />
Erstmals mehr als eine<br />
Million <strong>Deutsche</strong> Sportabzeichen<br />
Zum ersten Mal hat das <strong>Deutsche</strong> Sportabzeichen<br />
im Jahr 2008 mehr als eine Million<br />
Menschen in Deutschland erfolgreich in<br />
Bewegung versetzt: 1.004.341 Kinder und<br />
Jugendliche, Männer und Frauen, Junge<br />
und Ältere sind im vergangenen Jahr<br />
schnell genug gelaufen oder geschwommen,<br />
hoch genug gesprungen oder haben<br />
Ball und Kugel weit genug geworfen oder<br />
gestoßen, um die begehrte Auszeichnung<br />
zu erringen. "Das ist ein grandioser Erfolg<br />
für Sport, Gesundheit und Lebensfreude in<br />
Deutschland", sagte DOSB-Präsident Thomas<br />
Bach. "Ich gratuliere allen sportbegeisterten<br />
Teilnehmern zu ihren Leistungen und<br />
danke Sportvereinen, Schulen und der<br />
Bundeswehr sowie den mehr als 100.000<br />
Helfern, deren Engagement dieses Ergebnis<br />
ermöglicht haben." Gleichzeitig ermunterte<br />
der DOSB-Präsident die weiteren über eine<br />
Million Teilnehmer, die im Jahr 2008 nicht<br />
erfolgreich waren, in diesem Jahr einen<br />
erneuten Anlauf zu unternehmen.<br />
Allen voran ging Bundespräsident Horst<br />
Köhler, der gemeinsam mit seiner Frau Eva-<br />
Luise Köhler und Mitgliedern des Sportausschusses<br />
des <strong>Deutsche</strong>n Bundestages zum<br />
wiederholten Mal erfolgreich das Sportabzeichen<br />
ablegte. "Wir legen das <strong>Deutsche</strong><br />
Sportabzeichen seit vielen Jahren ab und<br />
wir machen gerne mit. Das Sportabzeichen<br />
ist wichtig und ich will es gerne unterstützen",<br />
sagte der Bundespräsident.<br />
Besonders erfreulich ist, dass 2008 drei<br />
Viertel der erfolgreichen Absolventen<br />
(776.920) Kinder und Jugendliche sind.<br />
Dazu kommen 227.421 Erwachsene. "So<br />
glücklich wie wir über dieses großartige<br />
Ergebnis sind, wollen wir uns auf diesem<br />
Erfolg nicht ausruhen. Deshalb diskutieren<br />
wir über Möglichkeiten, das <strong>Deutsche</strong><br />
Gemeinsam mit Bundespräsident Horst Köhler (M) legten auch seine Frau sowie mehrere<br />
Mitglieder und Mitarbeiter des Sportausschusses sowie Abgeordnete des <strong>Deutsche</strong>n<br />
Bundestages das Sportabzeichen ab.<br />
Sportabzeichen noch attraktiver zu machen,<br />
als es jetzt schon ist. Wir erstreben<br />
eine Modernisierung ohne die reiche<br />
Tradition zu beeinträchtigen", sagte Thomas<br />
Bach.<br />
Das <strong>Deutsche</strong> Sportabzeichen ist das<br />
erfolgreichste und einzige Auszeichnungssystem<br />
außerhalb des Wettkampfsports, das<br />
umfassend die persönliche Fitness überprüft.<br />
Das Abzeichen mit Ordenscharakter<br />
wird an Frauen und Männer ab 18 Jahren<br />
verliehen, für Kinder und Jugendliche ab 8<br />
Jahren gibt es das "<strong>Deutsche</strong> Sportabzeichen<br />
Jugend", für Menschen mit Behinderung<br />
das "Sportabzeichen für Menschen<br />
mit Behinderung" mit Übungen, die auf die<br />
jeweilige Art der Behinderung abgestimmt<br />
sind.<br />
DOSB unterstützt Aktionswoche<br />
"Alkohol? Kenn<br />
Dein Limit"<br />
In Deutschland wird zu viel und zu regelmäßig<br />
Alkohol getrunken. Das gilt schon<br />
für Kinder und Jugendliche. Selbst in der<br />
Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen, von<br />
denen nach dem Jugendschutzgesetz der<br />
größte Teil gar keinen Alkohol trinken<br />
dürfte, geben in einer bundesweiten Repräsentativbefragung<br />
der Bundeszentrale für<br />
gesundheitliche Aufklärung (BZgA) etwa 20<br />
Prozent an, dass sie im Monat vor der<br />
Befragung mindestens bei einer Gelegenheit<br />
fünf oder sogar mehr Gläser Alkohol<br />
getrunken haben. Damit praktizieren sie ein<br />
Trinkverhalten, das unter dem Begriff<br />
"Binge Drinking" einen gefährlichen Alkoholkonsum<br />
beschreibt.<br />
Sportvereine können viel für einen verantwortungsbewussten<br />
Umgang mit Alkohol<br />
beitragen, da über sie viele Kinder und<br />
Jugendliche, ihre Mütter und Väter, aber<br />
auch Trainer, Übungsleiter und Betreuer<br />
erreicht werden. Um frühzeitig Kinder und<br />
Jugendliche zu erreichen und auf die<br />
negativen Folgen übermäßigen Alkoholkonsums<br />
aufmerksam zu machen, haben der<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> Sportbund (DOSB)<br />
und die BZgA Sportvereine, gebeten, aktiv<br />
an der für Juni geplanten Aktionswoche<br />
"Alkohol? Kenn Dein Limit." teilzunehmen.<br />
Sie sind aufgerufen, an einem oder beiden<br />
Wochenenden der Aktionswoche (13./14.<br />
Juni und 20./21. Juni <strong>2009</strong>) ein alkoholfreies<br />
Sportwochenende durchzuführen.<br />
DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach übernahm<br />
die Schirmherrschaft für die Aktionswoche<br />
im Sport: "Der DOSB ist sich über die<br />
67
unterschiedlichen Ausprägungen von<br />
Alkoholmissbrauch, besonders von Kindern<br />
und Jugendlichen, bewusst. Mit seinen<br />
Vereinen und Verbänden will er diesem<br />
Problem entgegenwirken. Dabei ist Aufklärung<br />
ein wichtiges Element. Gemeinsam<br />
mit der BZgA wollen wir deshalb insbesondere<br />
den Erwachsenen Hilfestellung geben,<br />
die in den Vereinen für Kinder und Jugendliche<br />
Verantwortung tragen. Ein alkoholfreies<br />
Wochenende mit entsprechenden<br />
Aktionen, ist eine sehr gute Möglichkeit<br />
festzustellen, wie im eigenen Verein mit<br />
Alkohol umgegangen wird und was verbessert<br />
werden kann."<br />
Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der<br />
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung<br />
betont: "Rund 70 Prozent aller jungen<br />
Menschen sind zumindest vorübergehend<br />
in einem Sportverein aktiv. Dort können sie<br />
vielfältige Fähigkeiten und Eigenschaften<br />
wie Teamgeist, Belastbarkeit, Durchsetzungsfähigkeit<br />
oder soziale Verantwortung<br />
entwickeln. Diese Stärken helfen einer<br />
Suchtentwicklung vorzubeugen. Der Sport<br />
unterstützt also junge Menschen dabei,<br />
Lebenskompetenzen zu erwerben. Darüber<br />
hinaus sind Trainerinnen und Trainer sowie<br />
Betreuerinnen und Betreuer wichtige<br />
Vorbilder und häufig auch Vertrauenspersonen<br />
für die jungen Vereinsmitglieder, auch<br />
in Bezug auf den Konsum von Alkohol.<br />
Wenn sie selbst verantwortungsbewusst<br />
mit Alkohol umgehen, können sie das<br />
Trinkverhalten der Kinder und Jugendlichen<br />
positiv beeinflussen."<br />
Die <strong>Deutsche</strong> Sportjugend arbeitet mit der<br />
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung<br />
im Themenfeld Suchtprävention eng<br />
zusammen. Insbesondere bei Großveranstaltungen,<br />
wie z.B. dem Jugendevent,<br />
betreibt sie Aufklärung und setzt sich für<br />
eine Sensibilisierung beim Thema Alkoholmissbrauch<br />
ein. Für die <strong>Deutsche</strong> Sportjugend<br />
passen Sport und Alkohol nicht<br />
zusammen, deshalb geht die Wirkung der<br />
Aktion "Alkoholfrei Sport genießen" weit<br />
über die Aktionswochen hinaus.<br />
Sportvereine, die eine Veranstaltung im<br />
Zeitraum der Aktionswoche unter das<br />
Motto "Alkoholfrei Sport genießen" stellen<br />
wollen oder andere Aktionen im Rahmen<br />
eines alkoholfreien Sportwochenendes<br />
durchführen, werden von der Bundeszentrale<br />
für gesundheitliche Aufklärung und<br />
dem <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbund<br />
mit einer kostenlosen Aktionsbox unter-<br />
68<br />
stützt. Darin enthalten sind u.a. Informationsmaterialien<br />
zum Thema "Suchtprävention<br />
im Sportverein", ein Banner "Alkoholfrei<br />
Sport genießen", das Jugendschutzgesetz<br />
als Poster und Thekenaufsteller sowie T-<br />
Shirts. Die Aktionsbox wird automatisch an<br />
alle Vereine versendet, die das Anmeldeformular<br />
auf der Internetseite www.aktionswoche-alkohol.de<br />
ausfüllen. Für Fragen zur<br />
Anmeldung und zur Umsetzung geplanter<br />
Aktivitäten gibt es das Servicetelefon:<br />
06173 / 70 27 29 (Mo bis Fr 9-17 Uhr)<br />
<strong>Deutsche</strong>r und polnischer<br />
Sport intensivieren Zusammenarbeit<br />
Das Nationale <strong>Olympische</strong> Komitee für<br />
Polen und der <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> Sportbund<br />
werden ihre Zusammenarbeit weiter<br />
ausbauen. Dies vereinbarten der polnische<br />
NOK-Präsident Piotr Nurowski, Vize-<br />
Präsident Andrzej Krasncki, Generalsekretär<br />
Adam Krzesinski und der Staatssekretär im<br />
polnischen Ministerium für Sport und<br />
Tourismus, Adam Giersz, mit DOSB-Präsident<br />
Thomas Bach und Generaldirektor<br />
Michael Vesper. Während eines zweitägigen<br />
Besuches Ende April in Frankfurt informierten<br />
sich die polnischen Gäste insbesondere<br />
über die Struktur des unabhängigen deutschen<br />
Sports nach der Gründung des DOSB<br />
und die duale Karriere, also die parallel zur<br />
sportlichen Laufbahn verlaufende berufliche<br />
Ausbildung von Sportlern. Besprochen<br />
wurden auch gemeinsame Jugendprojekte<br />
auf Basis des Engagements der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Sportjugend (dsj) im deutsch-polnischen<br />
Jugendwerk. Außerdem signalisierten die<br />
polnischen Gäste Interesse an einer Zusammenarbeit<br />
auf europäischer Ebene über das<br />
EOC EU Office in Brüssel.<br />
DOSB leistet Erdbebenhilfe in China<br />
Mit der Übergabe eines Kinderbusses an ein<br />
Waisenhaus im chinesischen Maoxian<br />
durch das deutsche Generalkonsulat<br />
Chengdu helfen der DOSB und das Nationale<br />
<strong>Olympische</strong> Komitee von Katar (QOC)<br />
Erdbebenopfern der Katastrophe von 2008.<br />
DOSB und QOC hatten bei den <strong>Olympische</strong>n<br />
Spielen in Peking mehr als 30.000 Euro<br />
gesammelt. Mit dem Bus sollen jetzt Spielund<br />
Sportmöglichkeiten für Waisenhäuser<br />
in entlegenen Bereichen der betroffenen<br />
Provinz Sichuan verbessert werden.<br />
Impressum<br />
Impressum<br />
<strong>Olympische</strong>s Feuer<br />
Zeitschrift des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />
Sportbundes und der<br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong><br />
Herausgeberkollegium:<br />
Gerd Graus (DOSB), Harald Denecken (DOG),<br />
Steffen Haffner, Michael Gernandt<br />
Chefredakteur: Harald Pieper<br />
Redaktion: Dr. Stefan Volknant, Dr. Andreas Höfer,<br />
Daniela Doerinckel<br />
Redaktionsanschrift:<br />
Dr. Stefan Volknant<br />
<strong>Deutsche</strong>r <strong>Olympische</strong>r Sportbund<br />
Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt<br />
Telefon: 0 69 / 6 70 02 27, Fax: 0 69 / 67 00 12 27<br />
E-Mail: volknant@dosb.de<br />
Harald Pieper<br />
Stieglitzstraße 2<br />
63263 Neu-Isenburg<br />
Telefon: 0 61 02 / 5 22 62<br />
Herstellung, Vertrieb & Verlag:<br />
Peter Kühne Verlag<br />
Theodor-Heuss-Straße 11<br />
63303 Dreieich<br />
Telefon: 0 61 03 / 8 07 91 70,<br />
Telefax: 0 61 03 / 8 07 91 71<br />
E-Mail: freiwurf@aol.com<br />
Grafische Gestaltung: Werner Pettersch, Dreieich<br />
Schlussredaktion/Anzeigenleitung: Peter Kühne<br />
Die Zeitschrift erscheint 6 x jährlich.<br />
Der Bezugspreis ist durch den Mitgliedsbeitrag der<br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> abgegolten.<br />
Druck: HMS-Druckhaus GmbH<br />
Benzstraße 57 - 59, 63303 Dreieich<br />
Telefon: 0 61 03 / 93 39-0.<br />
Das <strong>Olympische</strong> Feuer ist zu beziehen durch:<br />
Geschäftsstelle der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />
<strong>Gesellschaft</strong>, Otto-Fleck-Schneise 12 - Haus II,<br />
60528 Frankfurt am Main,<br />
Telefon: 0 69 / 69 50 16-0,<br />
Telefax: 0 69 / 6 77 18 26,<br />
E-Mail: office@dog-bewegt.de,<br />
Frankfurter Sparkasse,<br />
Kontonummer 200313592,<br />
Bankleitzahl: 500 502 01<br />
Das <strong>Olympische</strong> Feuer ist ein Diskussionsforum.<br />
Mit Namen gekennzeichnete Artikel müssen nicht<br />
unbedingt der Meinung der Redaktion, des DOSB<br />
bzw. der DOG entsprechen.<br />
Titelgrafik: Eberhard Stroot<br />
Fotos, Illustrationen, Karikaturen:<br />
picture-alliance/dpa<br />
Markus Niethammer<br />
Foto Schell<br />
Eberhard Stroot<br />
Gerd Waßner
Nachrichten der DOG<br />
Aktuelles aus der<br />
Bundesgeschäftsstelle<br />
Liebe Mitglieder,<br />
das Jahr <strong>2009</strong> ist stark geprägt von wirtschaftlichen<br />
Schwierigkeiten und ihren<br />
Folgen. Eine Situation, die auch an der<br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> nicht<br />
spurlos vorbei zieht. Wichtiger denn je ist<br />
derzeit die Vermittlung von Werten, denn<br />
sie sind insbesondere in schwierigen Zeiten<br />
eine große Stütze. Umso erfreulicher ist<br />
daher, dass durch unsere Mitgliederwerbeaktion<br />
"Lassen Sie sich anstecken" bereits<br />
neue Mitglieder gewonnen werden konnten.<br />
Im Namen des Präsidiums möchte ich Sie<br />
alle recht herzlich in unserer <strong>Olympische</strong>n<br />
Familie willkommen heißen und freue mich<br />
sehr, dass wir auf Ihre Unterstützung zählen<br />
können.<br />
Wie bereits in der vergangenen <strong>Ausgabe</strong> des<br />
<strong>Olympische</strong>n Feuers berichtet, fand unter<br />
der Anleitung der Führungsakademie des<br />
DOSB im Rahmen von Regionaltreffen eine<br />
Auseinandersetzung mit den Zielen, Aufgaben<br />
und Visionen der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />
<strong>Gesellschaft</strong> statt. In vier Regionaltreffen<br />
hatten Vertreter der Zweigstellen<br />
und Landesverbände die Möglichkeit, in<br />
einem gemeinsamen Dialog mit dem Präsidium<br />
die Chancen, Risiken, laufenden<br />
Projekte und Probleme der fast 60-jährigen<br />
Existenzzeit zu diskutieren. Wir konnten<br />
gemeinsam zurückblicken und Geschehenes<br />
kritisch hinterleuchten. Nun gilt es, aus den<br />
Resonanzen, Vorschlägen und Visionen<br />
konkrete Strategien zu entwickeln, denn das<br />
"<strong>Olympische</strong> Feuer" ist auch weiterhin in<br />
uns allen entfacht. Derzeit arbeiten das<br />
Präsidium, die Geschäftsstelle und die<br />
Führungsakademie gemeinsam diese Auswertung<br />
aus. Bei der nächsten Präsidiumssitzung<br />
findet die finale Besprechung hierzu<br />
statt, um anschließend die Auswertung den<br />
Zweigstellen zur Verfügung stellen zu<br />
können.<br />
Liebe Mitglieder, für Ihre Unterstützung<br />
möchte ich Ihnen recht herzlich danken und<br />
durch das unermüdliche Engagement der<br />
Zweigstellen, der Bundesgeschäftsstelle und<br />
des Präsidiums werden wir uns gemeinsam<br />
mit Ihnen auch weiterhin für die Initiierung<br />
von Bewegung unserer jüngsten Generation,<br />
für die Förderung junger Talente, für Fair<br />
Play sowie die Vermittlung aller <strong>Olympische</strong>n<br />
Werte einsetzen.<br />
Ihr<br />
Harald Denecken<br />
Präsident<br />
Kinder laufen für Kinder<br />
Spenden in Höhe von rund 9.000 Euro<br />
erliefen circa 527 Kinder aus München und<br />
Umgebung bei der Auftaktveranstaltung im<br />
April für SOS-Kinderdörfer und den FlughafenVerein<br />
e.V. bzw. der Stiftung "Sehnsucht"<br />
(Suchtprävention für Kinder und Jugendliche<br />
in Schule und Freizeit). Schnell wie die Wiesel<br />
schossen die Mädchen und Jungen um den<br />
Laufparcours im Besucherpark des Flughafen<br />
München, nachdem der ehemalige FC-<br />
Bayern-Profi und Fußball-Nationalspieler<br />
Thomas Helmer das Startband für die bundesweite<br />
Initiative "Kinder laufen für Kinder"<br />
unterwegs mit Kraft Cares" <strong>2009</strong> durchge-<br />
Neben Thomas Helmer (Mitte) unterstützte Vize-Präsident Christian Tröger (rechts) den<br />
Spendenlauf in München.<br />
69
schnitten hatte.<br />
Unterstützt wurde<br />
die Veranstaltung<br />
ebenfalls durch die<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong><br />
<strong>Gesellschaft</strong>. So<br />
war auch der Ex-<br />
Schwimmolympionike<br />
und jetzige<br />
Vizepräsident<br />
Christian Tröger vor<br />
Ort, um Kindern in<br />
Not zu helfen.<br />
Angespornt durch<br />
die prominente<br />
Unterstützung<br />
rannten die Schüler<br />
Kilometer für Kilometer, um Spenden für<br />
Kinder in Not zu sammeln. Unter ihnen waren<br />
auch 41 "Integrationskinder". Meist vom<br />
Schicksal schwer gebeutelt, sind sie überglücklich,<br />
selbst etwas für andere Kinder tun<br />
zu können. Überrascht und erfreut über das<br />
tolle Spendenergebnis übergab Kultusstaatssekretär<br />
Dr. Marcel Huber den Spendenscheck<br />
an die Repräsentanten der SOS-Kinderdörfer<br />
Carolin Poeplau und Bernd Dorn.<br />
Über 337.000 laufbegeisterten Schülern aus<br />
ganz Deutschland gelang es in den vergangenen<br />
sechs Jahren bereits 3,24 Millionen<br />
Euro an Spendengeldern für Kinder in Not<br />
zu sammeln. Die fünf- bis 14-jährigen<br />
Läufer haben sich im Vorfeld Sponsoren<br />
gesucht, die einen bestimmten Betrag pro<br />
Kilometer spendeten.<br />
Im Zentrum der Initiative "Kinder laufen für<br />
Kinder" steht neben dem sozialen Engagement<br />
von Kindern das Thema Gesundheit. In<br />
Deutschland ist jedes siebte Kind zwischen<br />
drei und 17 Jahren übergewichtig. Die<br />
Verbindung von Fitness mit einem guten<br />
Zweck soll sie motivieren, aktiv zu werden.<br />
Dabei kann jeder Läufer selbst entscheiden,<br />
wie viele Runden er zurücklegen will - und<br />
in welchem Tempo, denn auch Gehen ist<br />
erlaubt. Behinderte und benachteiligte<br />
Kinder waren besonders eingeladen, sich am<br />
Auftaktlauf zu beteiligen.<br />
Wilhelm-Garbe-Preis<br />
Der Sieg ist dem Landesverband Berlin kaum<br />
noch zu nehmen: Mit vier weiteren Neumitgliedern<br />
konnten die Hauptstädter mit<br />
insgesamt 29 Mitgliedern ihre Führung<br />
weiter ausbauen. 15 neugewonnene Mitglie-<br />
70<br />
der sind Voraussetzung, um in die Wertung<br />
des Wilhelm-Garbe-Preises aufgenommen<br />
werden. Insbesondere für die Zweigstelle<br />
Baden-Baden/Mittelbaden ist dieses Ziel<br />
bereits zum Greifen nah. Noch bis Ende Juli<br />
haben alle Zweigstellen die Chance durch<br />
gezielte Mitgliederwerbung in die Wertung<br />
zu gelangen und somit Preisgelder in Höhe<br />
von insgesamt 3000 Euro zu erhalten.<br />
50 Jahre Mitgliedschaft<br />
Langjährige Mitglieder sind weit mehr als<br />
die Basis der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />
<strong>Gesellschaft</strong>. Seit 50 Jahren ist Herr Siegward<br />
Riedel aus Köln von der Zweigstelle<br />
Rheinland Teil der <strong>Olympische</strong>n Familie und<br />
mit seinem Engagement und aus tiefer<br />
Verbundenheit Mitglied der <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Olympische</strong>n Familie.<br />
Zudem geht der Dank an alle langjährigen<br />
Mitglieder. Sie alle tragen dazu bei, dass die<br />
<strong>Olympische</strong>n Werte auch weiterhin in der<br />
<strong>Gesellschaft</strong> verbreitet werden - herzlichen Dank.<br />
Berlin<br />
Fair Play-Pokale beim<br />
35. Drumbo Cup<br />
Ganz im Sinne von Fair Play stand Anfang<br />
April der Finaltag des 35. Drumbo Cup der<br />
Dresdner Bank, dem größten Hallenfußballturnier<br />
für Grundschulen in Europa, an dem<br />
auch <strong>2009</strong> über 3.000 Schülerinnen und<br />
Schüler aus Berlin und Potsdam teilnahmen.<br />
Zum sechsten Mal in Folge hatte die Berliner<br />
DOG Fair Play-Pokale für Mädchen und<br />
Jungen ausgelobt, zu deren Gewinn die<br />
Beachtung folgender Punkte gehörte:<br />
. werden die Schiedsrichterentscheidungen<br />
akzeptiert<br />
. Selbstanzeige von Fouls und Ausbällen<br />
. Korrektur von Fehlentscheidungen des<br />
Unparteiischen zu eigenen Ungunsten<br />
. Entschuldigung, Handschlag oder gegenseitiges<br />
Aufhelfen bei Fouls<br />
. Hilfestellung bei Verletzungen<br />
. schlichtendes Auftreten des Mannschaftskapitäns<br />
in kritischen Situationen<br />
. Verhalten der Trainer, Betreuer, Eltern und<br />
Fans der Mannschaften.<br />
Das hohe faire Niveau des Turniers sowie die<br />
eindrucksvolle Leistung der jungen Nach-
wuchsschiedsrichter machten der Jury, zu<br />
der Jörg Halfter (Frauenbeauftragter des<br />
BFV), Bernd Bouwman (Stellv. Vorsitz.<br />
Sportgericht BFV) und Jürgen Hensch<br />
(ehemaliger Sportlehrer) zählten, die Entscheidung<br />
nicht leicht.<br />
Die Akzeptanz der Schiedsrichterentscheidungen,<br />
das Selbstanzeigen von Fouls und<br />
Ausbällen, Entschuldigungen und Hilfestellungen<br />
gegenüber der gegnerischen Mannschaft<br />
und nicht zuletzt das Verhalten der<br />
Betreuer, gaben den Ausschlag für die<br />
letztendlich einstimmige Auswahl der<br />
Stechlinsee-Grundschule aus dem Bezirk<br />
Tempelhof-Schöneberg bei den Mädchen<br />
und der Michael-Ende-Schule aus Berlin-<br />
Neukölln bei den Jungen.<br />
Hans-Jürgen Bartsch, Präsident der Berliner<br />
DOG und Ulrike Ufert-Hoffmann, Präsidiumsmitglied<br />
der Berliner DOG, überreichten den<br />
fairen Mannschaften die Buddy-Bären-Pokale<br />
und die Fair Play-Urkunden. Im Hauptturnier<br />
erreichten die beiden Mannschaften übrigens<br />
jeweils die 3. Plätze.<br />
Ulrike Ufert-Hoffmann<br />
Coburg<br />
Ehrung zum "Sportler<br />
des Jahres"<br />
Im Rahmen der Jahressiegerfeier der Stadt<br />
Coburg würdigte der geschäftsführende<br />
Vorstand der Zweigstelle Coburg, Bürgermeister<br />
Hans-Heinrich Ulmann, den erfolgreichen<br />
Coburger Leichtathleten Norbert<br />
Paul vom TV 1848 Coburg und zeichnete<br />
ihn als Sportler des Jahres aus. Bereits 1990<br />
begann Norbert Paul in der Leichtathletikabteilung<br />
des VfB Coburg mit dem Laufsport.<br />
Schnell stellten sich die ersten sportli-<br />
chen Erfolge ein und seitdem ist der Läufer<br />
eine feste Sportgröße in der Stadt. "Sie sind<br />
seit Jahren einer der besten Seniorensportler<br />
in Coburg", würdigte Ulmann die Leistungen<br />
des Leichtathleten. Hans-Heinrich Ulmann<br />
betonte in seiner Laudatio, dass Norbert<br />
Paul als sehr ehrgeiziger Sportler gelte, der<br />
sich seine Erfolge mit enormem Trainingsfleiß<br />
verdient habe. Nur so seien die zahlreichen<br />
sportlichen Höchstleistungen über die<br />
vielen Jahre möglich gewesen.<br />
Der mehrfache Bayerische Marathonmeister<br />
sicherte sich viele Plätze bei Straßenläufen<br />
in ganz Deutschland, von Coburg bis zum<br />
Nürburgring und vom Berlin Marathon bis<br />
zum New York City - Marathon. Insgesamt<br />
lief Paul in seiner Karriere als Seniorensportler<br />
elfmal den Marathon unter<br />
2:40 Stunden.<br />
Verletzungsbedingt musste Paul<br />
vor einigen Jahren mit dem<br />
Laufen kürzer treten und widmet<br />
sich seither verstärkt dem Radsport<br />
und dem Duathlon. Durch<br />
einen enorm hohen Trainingsaufwand<br />
stellten sich auch hier<br />
schnell große Erfolge ein. Nachdem<br />
der Leistungssportler bereits<br />
2006 die Senioren-Weltmeisterschaften<br />
im Duathlon erringen<br />
konnte, wurde Pauls 2008 in Geel<br />
(Belgien) erneut Weltmeister über die Langdistanz<br />
in seiner Altersklasse. Im gleichen Jahr<br />
wurde er <strong>Deutsche</strong>r Duathlon-Meister in<br />
Backnang und Bayerischer Duathlon-Meister<br />
in Kehlheim.<br />
Eberhard Fröbel<br />
Heidenheim/Ostalb/Rems-Murr<br />
Die Vorbildfunktion<br />
vorbildlich ausgeführt<br />
Bürgermeister Peter Traub konnte vom<br />
Vorsitzenden der Regionalgruppe Heidenheim/<br />
Ostalb/Rems-Murr Erich Hägele die<br />
Auszeichnung für 40 Jahre Mitgliedschaft<br />
der Stadt Oberkochen in der <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> (DOG) entgegennehmen.<br />
Die Stadt Oberkochen unterstützt seit vier<br />
Jahrzehnten nachhaltig die Ideen der<br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> in<br />
punkto Fair Play, <strong>Olympische</strong> Idee, Völker-<br />
verständigung sowie Kinder-, Jugend- und<br />
Leistungssport.<br />
Mit ihren 16 Sportvereinen könne die Stadt<br />
ein breites Band an Sportarten anbieten;<br />
nicht umsonst werde Oberkochen eine<br />
kinder- und familienfreundliche Stadt<br />
Oberkochens Bürgermeister Peter Traub<br />
(links) nahm die Ehrenurkunde und Ehrenplakette<br />
vom Vorsitzenden Erich Hägele<br />
entgegen.<br />
genannt, erklärte der DOG-Vorsitzende und<br />
ergänzte: "Der Sport verbindet zudem alle<br />
gesellschaftlichen Gruppen." Zudem erklärte<br />
Hägele, dass eine solide Jugendarbeit eine<br />
Grundvoraussetzung für den späteren<br />
Leistungssport sei.<br />
Bürgermeister Peter Traub brachte den Dank<br />
der Stadt für die Ehrenurkunde und Ehrenplakette<br />
zum Ausdruck. Der erfolgreiche<br />
gemeinsame Weg soll auch in Zukunft<br />
fortgesetzt werden.<br />
Miltenberg<br />
Toben und klettern für<br />
Olympia<br />
Dass Bewegung mit den einfachsten Mitteln<br />
möglich ist, zeigt die Kreisgruppe Miltenberg<br />
derzeit eindrucksvoll mit ihrem Bewegungsparcours<br />
für Kindergartenkinder. Die<br />
Vorsitzende der Zweigstelle, Rosi Dauphin,<br />
hatte alle Kindergärten des Landkreises<br />
Miltenberg eingeladen, sich den Bewegungsparcours<br />
vom Collenberger Kindergarten<br />
und der Grundschule anzusehen. Der<br />
Parcours wurde in den Osterferien für drei<br />
Tage mit vielen Ideen aus vorhandenen<br />
Gerätschaften aufgebaut und vom Kindergarten<br />
und der Grundschule genutzt. 14<br />
71
Erzieherinnen kamen der Einladung nach.<br />
Sie informierten sich, wie beispielsweise aus<br />
sechs Holzreifen ein fragiles Häuschen<br />
gebaut werden kann, durch das die Kinder<br />
hindurchklettern können. Bei der geringsten<br />
Berührung fällt es um wie ein Kartenhaus.<br />
Auch weitere Anregungen konnten die<br />
Erzieherinnen aufnehmen, denn Ideen und<br />
Kreativität sind in diesem Zusammenhang<br />
keinerlei Grenzen gesetzt.<br />
Diesen Bewegungsparcours nutzte der<br />
Collenberger Kindergarten Sankt Martin. Für<br />
die rund 70 Kinder der Mäuse-, Raupenund<br />
Sonnenscheingruppe sorgte er für<br />
zusätzliche Bewegung in den Ferien.<br />
Die Kreisgruppe Miltenberg möchte mit<br />
ihrer Aktion sowohl Kindergärten und<br />
Grundschulen als auch Sportvereine zu<br />
mehr "Bewegungserziehung im Zeichen<br />
Olympias" animieren und zeigen, dass dies<br />
ohne großen finanziellen Aufwand möglich<br />
ist. "Es ist erschütternd, dass Kinder teilweise<br />
nicht einmal drei Minuten am Stück<br />
laufen können", berichtet Andrea Read. Die<br />
Mitarbeiterin des Collenberger Kindergartens<br />
spricht aus Erfahrung: Bei einem Drei-<br />
Minuten-Lauf auf dem am Kindergarten<br />
angrenzenden Hartplatz schafften dies nur<br />
zwei Kinder der 15-köpfigen Gruppe.<br />
Bei dem zehn Stationen zählenden Parcours<br />
haben Andrea Read und die Erzieherin<br />
Annika Fürst darauf geachtet, dass die<br />
Kinder in der Halle noch genug Platz haben,<br />
herumzutoben. Und selbst wenn ein Kind<br />
erst einmal nur zuschauen möchte, wird es<br />
auf seinem Beobachtungsposten in Ruhe<br />
gelassen. "Die Kinder sind ganz frei in ihrer<br />
Entscheidung, welche Station sie testen<br />
möchten. Gerade für die Schüchternen unter<br />
ihnen sind diese 90 Minuten gut", betont die<br />
Vorsitzende Rosi Dauphin. Erfahrungsgemäß<br />
tauen diese Kinder auf, wenn sie in Ruhe<br />
gelassen werden. Der Anfang ist gemacht<br />
und alle Beteiligten sind sich einig: Es muss<br />
und wird weitergehen.<br />
Mittelfranken<br />
<strong>Olympische</strong>r Festabend<br />
zum 70. Geburtstag<br />
Die <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> blickt<br />
im Raum Nürnberg auf eine lange und<br />
erfolgreiche Tradition zurück. Dies hat sie<br />
72<br />
auch dem Engagement von Dr. Peter Schönlein<br />
als Vorsitzenderden in Mittelfranken zu<br />
verdanken. Anlässlich des 70. Geburtstages<br />
von Dr. Peter Schönlein gab die Zweigstelle<br />
Mittelfranken am 3. April in den Räumen<br />
des Industriemuseums Tafelhalle einen<br />
Empfang. Der oberste Repräsentant der<br />
DOG, Präsident Harald Denecken, würdigte<br />
das Schaffen von Dr. Peter Schönlein als<br />
große Unterstützung bei der Verbreitung der<br />
<strong>Olympische</strong>n Idee hier in Mittelfranken. Dr.<br />
Thomas Bach, Präsident des <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Olympische</strong>n Sportbundes ( DOSB ) und<br />
Vorstandsmitglied des Internationalen<br />
<strong>Olympische</strong>n Komitees unterstrich in einer<br />
engagierten Rede das außerordentliche<br />
Wirken der DOG für die Bedeutung des<br />
Sports.<br />
Die DOG schaffe dabei als einzige Mitgliederorganisation<br />
mit Sport als Transportmittel<br />
eine Orientierung der Werte<br />
in einer veränderten <strong>Gesellschaft</strong>.<br />
Die Feier in der Runde<br />
hochkarätiger Gäste aus Sport,<br />
Politik und Wirtschaft, sowie der<br />
<strong>Olympische</strong>n Familie, vertreten<br />
durch Olympioniken wie Karl-<br />
Friedrich Haas; Martin Lauer,<br />
Claus Wolffermann, Jörg Spengler,<br />
Silke Otto oder Max Müller,<br />
verdeutlichte die Bedeutung der<br />
<strong>Olympische</strong>n Spiele und des<br />
Sports an sich für die Völkerver-<br />
bindung über alle trennenden<br />
Grenzen hinweg. Die Bedeutung<br />
wurde u.a. auch unterstrichen<br />
durch die Anwesenheit des<br />
Generalkonsuls der Volksrepublik China,<br />
Hulqun Yang. Eine Reise einer 25-köpfigen<br />
Nürnberger Delegation unter der Leitung<br />
von Dr. Peter Schönlein als Nachlese der<br />
letzten <strong>Olympische</strong>n Spiele stand zu diesem<br />
Zeitpunkt kurz bevor und fand große<br />
Aufmerksamkeit.<br />
Dr. Peter Schönlein wirkt hier vor Ort als<br />
Vorsitzender in besonderer und vielfältiger<br />
Weise. Als ehemaliger Oberbürgermeister<br />
und Gymnasiallehrer habe er sich dabei<br />
stets zum Wohle anderer eingesetzt,<br />
betonte Präsident Harald Denecken in<br />
seinem Grußwort. So ließ er auch das<br />
Schaffen der Zweigstelle im mittelfränkischen<br />
Raum vor vielen Jahren wieder<br />
aufleben. Der besondere Dank galt für<br />
aktuelle außergewöhnliche Veranstaltungen,<br />
wie die <strong>Olympische</strong> Matinee. Die <strong>Olympische</strong>n<br />
Spiele bedeuten nach Aussage Deneckens<br />
mehr als eine kurzzeitige Faszination.<br />
Dr. Thomas Bach, Präsident des <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Olympische</strong>n Sportbundes und in der<br />
Metropolregion Nürnberg wohnhaft, berichtete<br />
im Anschluss über die grandiose<br />
Organisation der zurückliegenden <strong>Olympische</strong>n<br />
Spiele in Peking. Eine außerordentliche<br />
Gastfreundschaft und friedliche Neugier<br />
prägten diese Spiele im letzten Jahr. Auch in<br />
Hinsicht auf die Organisation der teilnehmenden<br />
Sportler war viel zu leisten. Nach<br />
dem Motto der DOG "Fair geht vor" betonte<br />
Bach immer wieder und mit deutlichen<br />
Beispielen, wie viele Strapazen ein Sportler<br />
über sich ergehen lassen muss, um nicht<br />
nur die sportliche Leistung, sondern auch<br />
die Grundvoraussetzungen für eine Teilnahme<br />
zu erfüllen. Das Bekenntnis zu fairer<br />
Leistung beinhalte viele Tests im Vorfeld, die<br />
das Privatleben der Olympioniken gewaltig<br />
einschränken. Dabei haben es die deutschen<br />
Sportler zudem in besonderem Maße<br />
Steffen Bauersachs, Dr. Thomas Bach, Dr. Peter Schönlein<br />
und Harald Denecken (v.l.).<br />
geschafft, in Peking Sympathie und Leistung<br />
zu verbinden und auszustrahlen. Die grandiosen<br />
Einzelsiege der <strong>Deutsche</strong>n hätten<br />
den Abwärtstrend der deutschen Mannschaft<br />
in Peking gestoppt. Der 6. Platz in der<br />
Medaillenwertung bedeute. "Eine großartige<br />
Botschaft unseres Landes".<br />
Immer wieder betonte der Präsident des<br />
DOSB, dass noch nie in der Sportgeschichte<br />
so viel Know how und Geld in Olympiamannschaften<br />
investiert wurde wie augenblicklich.<br />
Die jeweilige deutsche Olympiamannschaft<br />
rekrutiere sich als Topteam.<br />
Dabei soll zukünftig noch stärker im Bereich<br />
der Sportwissenschaft und der Sportgeräte<br />
weiterentwickelt werden. Zusammen mit<br />
mündigen Athleten, die den Erfolg mit<br />
Sympathie vertreten, werde die <strong>Deutsche</strong><br />
<strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> von diesen "Siegertypen"<br />
getragen. Die Verbindung von<br />
Siegeswillen und Sympathie zeige ein
eeindruckendes Bekenntnis zur Leistung.<br />
Leistungssportler zeigten sich in der Regel<br />
auch als besonders leistungsbereite und<br />
fähige Arbeitnehmer. "Leistung macht Spaß"<br />
als Slogan auf den Infobroschüren der DOG<br />
verdeutliche diese Haltung.<br />
Der "saubere Sport" war und ist großes<br />
Anliegen der DOG und des DOSB. Sie stehen<br />
für manipulationsfreien Sport und für den<br />
Kampf gegen Doping jeder Art. Dr. Bach<br />
forderte auch den gnadenlosen Ausschluss<br />
von Ärzten, die Manipulationen unterstützen<br />
oder fördern. Bei Doping wird der jeweilige<br />
Sportler mit den Entsendungskosten für die<br />
<strong>Olympische</strong>n Spiele belastet, wie das jüngste<br />
Beispiel eines westfälischen Reiters verdeutlicht<br />
habe. Der Schutz der Athleten, die<br />
sauberen Sport vertreten, habe oberste<br />
Priorität. Als Vorsitzender der Disziplinarkommission<br />
will Dr. Bach die Hintermänner<br />
stärker zur Verantwortung ziehen und<br />
eliminieren. Er propagiert "stets Null-Toleranz"<br />
und sieht nur so das Ziel des sauberen<br />
Sports. Dr. Bach forderte Anerkennung,<br />
Freude und Beifall für alle sauberen Sportler,<br />
die unter Aufgabe ihrer Privatsphäre große<br />
Strapazen der Kontrolle auf sich nähmen.<br />
Zum Ende seiner Ausführungen würdigte<br />
auch er das Leben Dr. Peter Schönleins für<br />
die <strong>Olympische</strong> Idee. Der <strong>Deutsche</strong> Sport<br />
bräuchte Menschen wie Schönlein, die die<br />
Werte im Sport vermitteln und vertreten.<br />
Nach einem musikalischen Lebenslauf<br />
vorgetragen von Nürnberger Künstlern<br />
bedankte sich Dr. Peter Schönlein in einer<br />
Abschlussrede für die große Verbundenheit<br />
der Anwesenden anlässlich seines 70. Geburtstages.<br />
Vor allem auch bei Dr. Bach, der<br />
"zwar in der Welt zuhause, aber in der<br />
Region beheimatet" sei. Er erinnerte insbesondere<br />
auch an den geschichtlichen Ursprung<br />
der <strong>Olympische</strong>n Spiele, die zunächst<br />
bei den Griechen noch mit großen Einschränkungen<br />
verbunden waren. Vieles ist<br />
dabei besser geworden. Vor allem auch, dass<br />
Frauen zu den Spielen zugelassen wurden.<br />
Ursprünglich waren "<strong>Olympische</strong> Spiele" das<br />
Fest unter Griechen. Heute verbinden sie alle<br />
Völker der Welt. Das olympische Dorf sei ein<br />
einzigartiger Ort der Begegnung und Gelegenheit.<br />
einander zu achten und kennen zu<br />
lernen. Die DOG fühle sich der Völkerverständigung<br />
durch den Sport verpflichtet. Dr.<br />
Peter Schönlein betonte aber auch, dass er<br />
durchaus die Politisierung der <strong>Olympische</strong>n<br />
Spiele sehe. Anschließend wurde er mit der<br />
Silbernen Ehrenplakette der <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> ausgezeichnet. Ein<br />
Scheck der DOG als Geschenk zur Weitergabe<br />
an eine Kindertagesstätte unterstrich<br />
zusätzlich das außergewöhnliche Engagement.<br />
Uschi Friedmann<br />
25köpfige<br />
DOG-Delegation in Peking<br />
"Peking im Jahr danach" war das Motto<br />
einer Erkundungs- und Begegnungsreise der<br />
Zweigstelle Mittelfranken im April. Diese<br />
Reise war Ausdruck des Bemühens, dem<br />
olympischen Ideal der Völkerverständigung<br />
zu dienen.<br />
Während Teile der deutschen Medien in den<br />
<strong>Olympische</strong>n Spielen 2008 eine Gelegenheit<br />
zu sehen schienen, alte Vorurteile und<br />
Klischees zu pflegen und neue Feindbilder<br />
aufzubauen, erkannte die Zweigstelle darin<br />
eine Chance, im olympischen Geiste zu<br />
wirken und den Ausrichter der Spiele und<br />
seine europäischen Partner zusammenzubringen.<br />
So kam in der Olympia-Matinee am<br />
20. Juli 2008 nicht nur die deutsche Seite<br />
zu Wort, auch die chinesische Seite hatte<br />
einen Vizedirektor der BOCOG zum Vortrag<br />
nach Nürnberg entsandt.<br />
Die hierbei geknüpften Kontakte und sehr<br />
persönlichen Begegnungen sollten in<br />
diesem Jahre fortgeführt und ausgebaut<br />
werden. Dass es dabei gelang, ein ebenso<br />
vielfältiges wie anspruchsvolles Programm<br />
auf die Beine zu stellen, verdanken die<br />
Teilnehmer den chinesischen Unterstützern:<br />
dem chinesischen Generalkonsul in München,<br />
Huiqun Yang, vor allem aber der<br />
Die Delegation der DOG Mittelfranken vor dem "Vogelnest".<br />
Direktorin der Konfuzius-Instituts Nürnberg-Erlangen,<br />
Dr. Yan Xu-Lackner, die die<br />
Fäden zu den Partnern in Peking knüpfte<br />
und als Mitglied der Delegationsleitung<br />
ganz wesentlich zur erfolgreichen Durchführung<br />
des Reiseprogramms beitrug. So<br />
war die Reisegruppe in Peking Gäste einer<br />
<strong>Gesellschaft</strong> (The chinese People`s Association<br />
for Friendship with foreign Countries),<br />
die sie von der Stunde der Ankunft bis zur<br />
Abreise betreute und begleitete.<br />
Der erste Programm-Schwerpunkt war den<br />
<strong>Olympische</strong>n Spielen gewidmet. Die Besichtigung<br />
der zentralen olympischen Stätten<br />
ließ niemanden unbeeindruckt. Das imposanteste<br />
Bauwerk ist zweifellos das Zentralstadion,<br />
das sog. Vogelnest.<br />
Da der gesamte Innenraum - mit grünem<br />
Teppichboden ausgelegt - begehbar ist,<br />
erhält man einen Eindruck von den gewaltigen<br />
Dimensionen des Baus. Scharen von<br />
ausländischen Touristen, chinesischen<br />
Reisegruppen und Schulklassen aus der<br />
Pekinger Region bevölkern täglich die Arena<br />
und bestaunen die architektonische Konzeption.<br />
In dem vom Nürnberger Architekten<br />
Thomas Glöckner entworfenen Turnstadion<br />
wurde die nacholympische Nutzung bestaunt:<br />
Ein großer japanischer Autobauer<br />
veranstaltete gerade in einer Show die<br />
Präsentation seiner neuesten Modelle. In<br />
der Wandelhalle des Turnstadions ist auch<br />
eines der längsten Wandgemälde weltweit<br />
zu bestaunen, das die gesamte Geschichte<br />
der neuzeitlichen <strong>Olympische</strong>n Spiele<br />
dargestellt. Die bedeutendsten Medaillengewinner<br />
und Sportfunktionäre des IOC sind<br />
darin verewigt, der deutsche IOC-Vizepräsident<br />
Dr. Thomas Bach sogar in herausgehobener<br />
Position. Neben den zentralen Olympia-Stätten<br />
besuchte die Reisegruppe auch<br />
den Triathlon-<br />
Austragungsort<br />
Changping und ließ<br />
sich über die ambitionierten<br />
Pläne für<br />
die Zukunft informieren.<br />
In einer<br />
Aussprache mit dem<br />
früheren Vizedirektor<br />
der BOCOG<br />
wurde erkennbar,<br />
dass ein umfassendes<br />
und wirtschaftlich<br />
überzeugendes<br />
Konzept der nacholympischenNutzung<br />
der Olympia-<br />
73
Anlagen wohl noch nicht in jedem Falle<br />
gefunden wurde. In einem Staat, der wirtschaftlich<br />
und damit finanziell (vergleichsweise)<br />
gut dasteht, dürfte dies jedoch keine<br />
allzu großen Sorgen bereiten.<br />
Vielfältig waren die Begegnungen und<br />
Gespräche mit chinesischen Organisationen<br />
und Institutionen. Zum Empfang mit anschließendem<br />
Bankett und Gesprächen war<br />
die Gruppe schon am Ankunftstag vom<br />
Vizepräsidenten der gastgebenden <strong>Gesellschaft</strong><br />
eingeladen worden, am nächsten Tag<br />
von der Vizebürgermeisterin des Pekinger<br />
Stadtbezirks Changping (Kooperationspartner<br />
der IHK Nürnberg und des Wirtschaftsreferats<br />
der Stadt Nürnberg), des Weiteren vom<br />
amtierenden Präsidenten der Zentrale der<br />
Konfuzius-Institute (mittlerweile über 300<br />
weltweit) und vom Prorektor der Beijing<br />
Foreign Studies University (Partneruniversität<br />
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-<br />
Nürnberg), wo Dr. Peter Schönlein vor<br />
Professoren und Studenten einen Vortrag<br />
über europäische Geschichte hielt. Die<br />
Aussprache im Anschluss bot beste Möglichkeiten,<br />
die chinesische Sicht auf Europa und<br />
die europäische Sicht auf China zu erörtern.<br />
Das starke und wache Interesse der chinesischen<br />
Studentinnen und Studenten an der<br />
politischen, wirtschaftlichen und kulturellen<br />
Entwicklung in Europa trat dabei eindrucksvoll<br />
zutage.<br />
Abgerundet wurde das Besuchsprogramm<br />
durch einen historisch-kulturellen Teil. Prof.<br />
Li Xuetao, ein anerkannter Forscher auf<br />
dem Gebiet der Missionierung Chinas,<br />
ermöglichte eine Führung durch den<br />
Friedhof der Jesuitenmissionare und eine<br />
Besichtigung der von den Jesuiten im 17.<br />
Jahrhundert errichteten Sternwarte. Eine<br />
Wanderung auf der Großen Mauer bei<br />
Mutianyu vergegenwärtigte die jahrtausend<br />
alte Geschichte Chinas. Es versteht sich vor<br />
selbst, dass ein Gang über den Platz des<br />
Himmlischen Friedens und durch die<br />
Verbotene Stadt sowie der Besuch mehrerer<br />
Tempel und des Sommerpalastes auf dem<br />
Programm standen. Auch eine Aufführung<br />
der Peking-Oper vertiefte die Einblicke in<br />
chinesische Kulturtraditionen. Abschließender<br />
Höhepunkt des kulturellen Teils war<br />
dann der Lieder-Abend mit dem chinesischen<br />
Opernsänger Song-Hu Liu, der bis<br />
zum Sommer 2008 am Staatstheater<br />
Nürnberg engagiert gewesen war. Begleitet<br />
von einem Professor der Pekinger Musikhochschule<br />
begeisterte er mit chinesischen<br />
und deutschen Liedern.<br />
74<br />
So gedrängt die Programm-Abfolge auch war,<br />
blieb doch noch etwas Zeit, um mit der<br />
Rikscha eine Fahrt durch die alten Hutongs zu<br />
unternehmen und der Einladung des Vizedirektors<br />
der Gastgebergesellschaft zu einem<br />
privaten Besuch in der Wohnung seiner<br />
Familie zu folgen. Auf diese Weise wurde nach<br />
so vielen offiziellen Terminen auch ein Einblick<br />
in die privaten Lebensverhältnisse eines<br />
Pekinger Großstadtmenschen ermöglicht.<br />
Zusammengefasst gesagt: Es war eine<br />
Delegationsreise mit einer überwältigenden<br />
Fülle neuer Eindrücke und gewiss eine<br />
Bereicherung der eigenen Erkenntniswelt,<br />
zudem eine Ermutigung, im Geiste der<br />
Völkerverständigung auch künftig engagiert<br />
zu bleiben.<br />
Dr. Peter Schönlein<br />
München<br />
Ein neues Ziel:<br />
Sportpolitisch mitreden<br />
Der Vorstand der Zweigstelle München hat<br />
auf seiner Sitzung Anfang Mai in den<br />
Räumen der Stadtsparkasse weitreichende<br />
Beschlüsse gefasst und auf den Weg gebracht.<br />
Sie beinhalten unter anderem die<br />
Vorstellung der DOG-Führung, für olympisches<br />
Gedankengut, auch im Zusammenhang<br />
mit der Bewerbung um die <strong>Olympische</strong>n<br />
Winterspiele 2018 in München und<br />
Garmisch-Partenkirchen/Schönau, in sportpolitischen<br />
Gremien der Landeshauptstadt<br />
und des Landes zu werben. So wird die<br />
Zweigstelle einen Antrag stellen, Mitglied<br />
des Bayerischen Landessport-Verbands<br />
(BLSV) zu werden. Über ihn soll am 21.<br />
November beim BLSV-Verbandstag entschieden<br />
werden. Dass der Antrag Aussichten<br />
auf Akzeptanz hat, erfuhren der Zweigstellenvorsitzende<br />
Joachim Ebener und sein<br />
Stellvertreter Christian Tröger bei einem<br />
Gespräch mit BLSV-Präsident Günther<br />
Lommer. Dessen Verband ist Mitglied der<br />
Zweigstelle München.<br />
Darüber hinaus unternimmt die Zweigstelle<br />
den Versuch, einen Sitz im Sportbeirat der<br />
Stadt München zu bekommen. Sportamts-<br />
Chef Rudi Behacker (DOG-Mitglied) ermutigte<br />
den Vorstand zu diesem Schritt: "Und<br />
wenn der Versuch nur dazu führt, dass über<br />
die Zusammensetzung des Beirats neu<br />
nachgedacht wird". Derlei scheint notwen-<br />
dig zu sein. So wurde auf der Sitzung<br />
bemängelt, dass der Olympiastützpunkt in<br />
München mit seinem Leiter Klaus Pohlen<br />
(DOG-Mitglied) nicht im städtischen Beratergremium<br />
sitzt.<br />
Des Weiteren hat der Vorstand eine Aktion in<br />
Angriff genommen, ehemalige und möglichst<br />
auch aktive Olympiastarter zum Dialog mit<br />
Jugendlichen in die Hauptschulen zu schicken.<br />
Ein positives Echo fand die auf den<br />
Speerwurf-Olympiasieger Klaus Wolfermann<br />
(DOG-Mitglied) zurückgehende Idee bereits<br />
im Bayerischen Kultusministerium. Zum<br />
Gespräch bereit sind zunächst die folgenden<br />
Ex-Sportler: Maria Epple, Ricco Groß, Lars<br />
Riedel und Fritz Fischer. Gut möglich, dass<br />
sich unter den Gesprächspartner der Sportgrößen<br />
von einst auch junge Sportler befinden,<br />
die für einen Fair Play-Pokal in Frage<br />
kommen. Eine solche Auszeichnung will die<br />
DOG-München erstmals 2010 vergeben.<br />
Michael Gernandt<br />
Odenwald<br />
Rück- und Ausblicke<br />
Ein Hauptziel der Aktivitäten der Kreisgruppe<br />
Odenwald sei das Bemühen, Kinder<br />
schon im Vorschulalter für mehr Bewegung<br />
und für den Sport zu gewinnen, denn nach<br />
wie vor gebe es bei vielen Kindern Übergewichtigkeit<br />
und Defizite in der Koordination,<br />
führte der im vergangenen Jahr neu gewählte<br />
Vorsitzende Johann Weyrich bei der<br />
Jahreshauptversammlung aus. Deshalb habe<br />
die Zweigstelle nach dem Motto "Kinder<br />
bewegen" Patenschaften mit Kindergärten<br />
abgeschlossen, um mit Aktionen den Defiziten<br />
des Nachwuchses gegenzusteuern. Aus<br />
ursprünglich einmal fünf Patenkindergärten<br />
seien mittlerweile elf geworden und man<br />
wolle dieses Netz flächendeckend auf alle<br />
Kommunen ausweiten und hoffe hierbei<br />
auch auf die Unterstützung der Städte und<br />
Gemeinden. Letztlich könnten auch Sportvereine<br />
davon profitieren, die sportliche<br />
Angebote für die Kinder schon im Vorschulalter<br />
vorhalten und diese den Eltern entsprechend<br />
offerieren. Sehr aufschlussreich<br />
und positiv verlaufen sei kürzlich eine<br />
Gesprächsrunde des DOG-Vorstandes mit<br />
den Leiterinnen der Kindergärten.<br />
Ebenso soll die Zusammenarbeit mit den<br />
Schulen fortgesetzt und weiter ausgebaut<br />
werden. Hierzu teilte der dafür im Vorstand
zuständige Manfred Kirschner mit, dass<br />
wieder ein olympischer Wettbewerb im<br />
Hinblick auf die <strong>Olympische</strong>n Winterspiele<br />
2010 am Gymnasium in Michelstadt ausgeschrieben<br />
werden solle und außerdem sei<br />
daran gedacht, die Bundesjugendspiele<br />
durch die Auszeichnung der Besten aller<br />
Schulen aufzuwerten.<br />
Ein Highlight im vergangenen Jahr war<br />
wieder die Aktion "Junge Könner brauchen<br />
Gönner", so der Vorsitzende Weyrich. Mit 27<br />
jungen Sportlerinnen und Sportlern, die<br />
ideell und finanziell unterstützt wurden, sei<br />
eine neue Höchstmarke in der seit 14<br />
Jahren stattfindenden Aktion erreicht<br />
worden. Dank der Spenden und durch die<br />
Mitgliedsbeiträge des Sportförderkreises<br />
sowie zwei Stipendien der HSE konnten<br />
5.000 Euro an Fördermitteln vergeben<br />
Ehrenvorsitzender Hubert Hey (links) erhielt die goldene<br />
Ehrennadel durch den Vorsitzenden Johann Weyrich.<br />
werden. Diese Aktion werde auch in diesem<br />
Jahr fortgeführt. Weiterhin sei die DOG<br />
auch wieder bei der Sportlerehrung des<br />
Kreises, bei gleichartigen Events von Kommunen<br />
und bei bedeutenden Veranstaltungen<br />
von Sportvereinen präsent gewesen<br />
und so solle es auch in diesem Jahr sein.<br />
Nicht aus dem Auge verlieren wolle man die<br />
Integrationsbemühungen von Migrantenkindern<br />
in Sportvereinen in Zusammenarbeit<br />
mit den Städten und Gemeinden.<br />
Auch die Zusammenarbeit mit dem Sportkreis<br />
will die Zweigstelle intensivieren. Die<br />
Bereitschaft von beiden Seiten wurde bei<br />
der Versammlung deutlich durch die Ausführungen<br />
des Vorsitzenden und durch die<br />
Präsenz des neuen Sportkreisvorsitzenden<br />
Klaus-Dieter Neumann und seinen Stellvertretern<br />
Walter Karg und Wolfgang Fröhlich.<br />
Erste Gespräche über eine künftige Zusammenarbeit<br />
sollen bei der nächsten Vorstandssitzung<br />
dem engeren Sportkreisvorstand<br />
geführt werden. Wie Weyrich weiter<br />
ausführte, wolle die Kreisgruppe Odenwald<br />
demnächst eine Homepage unter der<br />
Federführung von Ronny Kelz einrichten.<br />
Gesunken sei die Zahl der Mitglieder von<br />
122 in 2008 auf nun 114. Deshalb wolle<br />
man die Mitgliederwerbung verstärken.<br />
Dagegen verzeichnete der Sportförderkreis<br />
Olympia Odenwald einen Zuwachs von 25<br />
auf jetzt 33 Mitglieder.<br />
In seiner Eigenschaft als Schatzmeister der<br />
DOG und des Sportförderkreises konnte der<br />
Ehrenvorsitzende Hubert Hey von geordneten<br />
Finanzen in beiden Organisationen<br />
berichten. Der Sportförderkreis verfügt<br />
demnach über einen soliden<br />
finanziellen Grundstock. Dem<br />
ehemaligen Sparkassendirektor<br />
Hey bescheinigte Kassenprüfer<br />
Horst Bitsch eine korrekte<br />
Kassenführung und die Entlastung<br />
des Vorstandes erfolgte<br />
einstimmig. Für Hey, der den<br />
Posten des Schatzmeisters nur<br />
übergangsweise im vergangenen<br />
Jahr übernommen hatte, wurde<br />
jetzt Frank Weichel, Geschäftsstellenleiter<br />
der Sparkassenhauptstelle<br />
in Erbach, als neuer<br />
Schatzmeister gewählt.<br />
Weyrich überreichte an Hey für<br />
20jähriges Wirken in der DOG<br />
die Ehrennadel in Gold. Hans-<br />
Joachim Bessert wurde für seine<br />
Verdienste um den Schützenverein Hüttenthal<br />
und in Anerkennung seiner hervorragenden<br />
Leistungen als Schütze mit dem<br />
Ehrenpreis der DOG ausgezeichnet. In den<br />
Grußworten des Erbacher Bürgermeisters<br />
Harald Buschmann, der CDU-Landtagsabgeordneten<br />
Judith Lannert und des Sportkreisvorsitzenden<br />
Klaus-Dieter Neumann kam<br />
durchweg Lob und Anerkennung für die<br />
Aktivitäten der Kreisgruppe zum Ausdruck.<br />
Kindergartenaktion wird<br />
fortgesetzt<br />
Zum Erfahrungsaustausch unter den Patenkindergärten<br />
der Kreisgruppe Odenwald<br />
hatte der Vorsitzende Johann Weyrich jetzt<br />
nach Michelstadt eingeladen. Es war der<br />
dritte Treff dieser Art im Laufe von fünf<br />
Jahren aktiver DOG-Arbeit für mittlerweile<br />
zehn Kindergärten im Odenwaldkreis unter<br />
dem Slogan "Kinder bewegen". Begonnen<br />
hatte seinerzeit diese Aktion mit den Aktivitäten<br />
des Kindergartens "Flohzirkus" in<br />
Michelstadt - mittlerweile unter der Führung<br />
von Christina Schuller, die zugleich als<br />
Geschäftsführerin für die Kreisgruppe<br />
Odenwald fungiert.<br />
Die Gesprächsrunde wurde jetzt von der<br />
koordinierenden Leiterin der Michelstädter<br />
Kindergärten, Anni Resch, eingeleitet. Mit<br />
ihren interessanten Ausführungen konnte sie<br />
über die eigenen Erfahrungen mit dem<br />
Bewegungsverhalten der Kinder berichten.<br />
Fortgesetzt wurde die Runde durch die<br />
erprobte und bekannte Marathonläuferin<br />
Kathrin Dörre Heinig. Im Fokus der Probleme<br />
stand dabei die notwendige Mithilfe der Eltern<br />
in allen Erziehungsfragen der Kindergärten.<br />
Von sehr positiven Erfahrungen konnte<br />
Christina Schuller mit der Motivation der<br />
Eltern für ein gesundes Frühstück der Kinder<br />
(Müsli-Speisen, Quark und Obst) berichten.<br />
Diese Sättigungsstoffe mit gutem Nährwert<br />
sollten anstatt Süßigkeiten und Fetten den<br />
Kindern vermehrt zugeführt werden.<br />
Überzeugt und einig waren sich die Teilnehmer<br />
darin, dass nach den ersten Bewegungsübungen<br />
in den Kindergärten, die<br />
Kinder zu den örtlichen Sportvereinen als<br />
neue junge Mitglieder zu überführen, so<br />
dass in enger Kooperation mit den Schulen<br />
konstante und bewegungsaktive Kinderjahre<br />
entstehen und damit der Übergewichtigkeit<br />
vorgebeugt wird.<br />
Der Vorsitzende Weyrich unterstrich die<br />
Absicht, die Arbeit in den Kindergärten im<br />
Sinne der <strong>Olympische</strong>n Idee nach dem<br />
Beispiel seines Vorgängers Hubert Hey aktiv<br />
fortzusetzen. Im Odenwald werden die<br />
Kindergärten regelmäßig zu öffentlichen<br />
Bewegungsstunden eingeladen und mit<br />
kleinen finanziellen Hilfen des Sportförderkreises<br />
Olympia Odenwald e.V. unterstützt.<br />
Auch für den Weltkindertag <strong>2009</strong>, regelmäßig<br />
am 20. September, wurde den Kindergärten<br />
wie auch in den Vorjahren die Einladung<br />
der Eltern zu den eingeübten Bewegungsstunden<br />
der Kindergärten empfohlen.<br />
Beteiligt haben sich auch die Odenwälder<br />
Kindergärten am bundesweiten Treffen in<br />
Karlsruhe. Für eine gesunde Erziehung bei<br />
75
den Eltern eintreten und die Kinder schon im<br />
Kindergarten für den Sport zu interessieren<br />
und sie frühzeitig in die Obhut der Übungsleiter<br />
der Vereine zu überführen, dass soll<br />
auch in diesem Jahr zu den Hauptaufgaben<br />
der Kreisgruppe zählen.<br />
Das rege Diskussionsgespräch mit den<br />
Erzieherinnen zeigte ein großes Interesse<br />
durch die Kindergärten. Ziel sei es nach wie<br />
vor, so der Vorsitzende Johann Weyrich, den<br />
Kontakt mit den Odenwälder Kindergärten<br />
auf 15 Gemeinden zu erweitern.<br />
Gerd Waßner<br />
Schwarzwald-Bodensee<br />
Zahlreiche Sportler in<br />
Tuttlingen geehrt<br />
Traditionell hat Herr Oberbürgermeister<br />
Michael Beck auch in diesem Jahr zur<br />
Sportlerehrung eingeladen. Insgesamt 48<br />
Einzelathleten wurden für ihre 137 Erfolge<br />
auf Landes- und Bundesebene bis hin zur<br />
Teilnahme an Europa- und Weltmeisterschaften<br />
geehrt. Zusätzlich würdigte man<br />
neun Mannschaften mit insgesamt zehn<br />
Erfolgen. Als Geschenk erhielten die Sportler<br />
eine Urkunde sowie eine Ehrengabe der<br />
Stadt und des Stadtverbandes für Sport e.V.<br />
Die Gäste wurden durch das bunte Rahmenprogramm<br />
mit Akrobatik, Show und Comedy<br />
abwechslungsreich unterhalten. Es traten auf<br />
die Lucky Hands, die Dream Boys des TV<br />
Nellingen mit den Sahneschnittchen, das<br />
Sport-Aerobic-Team des TV Villingen sowie die<br />
Akro-Girls des TV Uhingen und die Schlangenfrau<br />
Nina mit ihrer Show "Golden Eye".<br />
Die Sportler des Jahres 2008 wurden wieder<br />
von den Lesern der örtlichen Zeitung<br />
gewählt. Sportlerin des Jahres wurde die<br />
Leichtathletin Nicola Neumann von der LG<br />
Tuttlingen-Fridingen, Sportler des Jahres<br />
darf sich der beliebte Ringer Florian<br />
Schwarz vom ASV Nendingen nennen. Als<br />
die Mannschaft des Jahres wurde die<br />
3x800m-Staffel der LG Tuttlingen-Fridingen<br />
mit Nicola Neumann und den Schwestern<br />
Tamara und Vanessa Stocker geehrt.<br />
Den Sport-Anerkennungspreis 2008 für<br />
besondere Verdienste um den Sport erhielt<br />
Thomas Waizenegger und der Sport-Ehrenpreis<br />
2008 ging für wiederholte hervorra-<br />
76<br />
gende Leistungen an Matthias Schwierz.<br />
Über den Jugend-Sportförderpreis, welcher<br />
an besonders talentierte Nachwuchstalente<br />
zur Förderung der weiteren sportlichen<br />
Entwicklung vergeben wird, durften sich<br />
dieses Mal die Fechterin Viviane Kirschbaum<br />
und die Inlinesportlerin Alessandra Veit,<br />
beide von der TG Tuttlingen, freuen.<br />
Eine weitere Besonderheit stellten in diesem<br />
Jahr die Auszeichnungen der <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> dar. <strong>2009</strong> wurden<br />
diese im Rahmen der Sportlerehrung<br />
erstmalig auch an Personen aus dem gesamten<br />
Bezirksgebiet Schwarzwald-Bodensee<br />
vergeben. Oberbürgermeister Beck<br />
anerkannte in seiner Funktion als Vorsitzender<br />
der Zweigstelle Schwarzwald-Bodensee<br />
der DOG die Arbeit der "Stillen Helfer des<br />
Sports". So erhielt Herr Sigisbert Ackermann<br />
aus dem Sportkreis Rottweil die "Plakette<br />
für besondere Leistungen im Sport und der<br />
<strong>Olympische</strong>n Idee". Aus dem Sportkreis<br />
Tuttlingen wurde diese an Frau Charlotte<br />
Deutschkämer, Herrn Pius Gaspar und Herrn<br />
Klaus Reichle verliehen.<br />
Weiterhin zeichnete er Herrn Erich Koch,<br />
Herrn Peter Emmering und Herrn Dieter<br />
Franke, ebenfalls alle aus dem Sportkreis<br />
Rottweil, mit der goldenen Ehrennadel aus.<br />
Sie alle haben sich über einen längeren<br />
Zeitraum hinweg um die <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong><br />
<strong>Gesellschaft</strong> besonders verdient gemacht.<br />
Die goldene Ehrennadel für DOG-Jubilare<br />
ging an Herrn Dr. Peter Schablowski, der<br />
bereits seit 50 Jahren Mitglied der DOG ist<br />
und schließlich an die Stadt Tuttlingen für<br />
40jährige Mitgliedschaft.<br />
Stadt Tuttlingen<br />
Südniedersachsen<br />
Rainer Hald ist neuer<br />
Vorsitzender<br />
Rainer Hald wurde zum neuen Vorsitzenden<br />
der Bezirksgruppe Südniedersachsen gewählt.<br />
Der 51-Jährige, seines Zeichens<br />
Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Göttingen,<br />
wurde auf der außerordentlichen<br />
Mitgliederversammlung einstimmig gewählt<br />
und tritt die Nachfolge von Gerhard Scharner<br />
an. Der Vorgänger war auch gleichzeitig<br />
der erste Gratulant und wünschte seinem<br />
Nachfolger sogleich: "Viel Erfolg mit einer<br />
hervorragenden Mannschaft." Scharner,<br />
dessen Amtszeit eigentlich noch bis 2011<br />
lief, hatte aus Altersgründen nach "vier<br />
Olympiaden" an der Spitze der Bezirksgruppe<br />
seinen Rückzug aus dem Vorstand<br />
erklärt. Auf Antrag von Vorstandsmitglied<br />
Wolfgang Buss bekam Scharner, begleitet<br />
von stehenden Ovationen, den Ehrenvorsitz<br />
verliehen. In seiner Laudatio würdigte Buss<br />
die Stationen und Erfolge des seit 1993<br />
amtierenden langjährigen Vorsitzenden: "Er<br />
war immer ein Mann des Sports".<br />
Vor allem die Reisen zu den <strong>Olympische</strong>n<br />
Spielen seien ein Markenzeichen in der<br />
DOG-Ära von Gerhard Scharner gewesen. Er<br />
habe stets für und mit den Menschen vor<br />
Ort das Leben gestaltet und damit den<br />
besonderen Charakter der DOG geprägt. In<br />
Scharners Amtszeit sei es ihm gelungen, die<br />
Bezirksgruppe Südniedersachsen zur zweitgrößten<br />
Zweigstelle innerhalb Deutschlands<br />
zu machen. "Zum Glück bleibst du uns ja<br />
weiterhin erhalten", freute sich Wolfgang<br />
Buss. Scharner, der als Gewinner eines<br />
Kicker-Preisausschreibens 1960 in Rom das<br />
erste Mal olympische Luft schnupperte,<br />
hatte in seinem Bericht erklärt, er wolle<br />
nicht wie der ehemalige IOC-Präsident Juan<br />
Antonio Samaranch zu lange an seinem<br />
Amt festhalten und lieber den Weg für<br />
einen Generationenwechsel freimachen.<br />
Der neue Mann an der DOG-Spitze ist<br />
ebenfalls ein passionierter Sportler. Hald hat<br />
sich für seine erste Amtszeit drei Schwerpunkte<br />
gesetzt. Er möchte das erfolgreiche<br />
DOG-Patenschaftenprogramm für junge<br />
Sportler aus der Region fortsetzen, den<br />
olympischen Gedanken noch stärker an die<br />
Öffentlichkeit tragen und den Verein insbesondere<br />
für die so genannten "mid-ager",<br />
also 30- bis 50-Jährige öffnen. Sein Motto:<br />
"Wir lieben Sport". Bei den Zuwahlen wurden<br />
Hans-Georg Halve (DOG-Patenschaften),<br />
Henrik Schaper (Pressesprecher) und Rüdiger<br />
Grunewald (Aktion Kinder bewegen) in den<br />
erweiterten Vorstand aufgenommen.<br />
Im Anschluss informierten Alexander Frey<br />
und Veit Hesse von der Göttinger Sport und<br />
Freizeit GmbH die Mitglieder über den<br />
aktuellen Stand der Mission Olympic Bewerbung.<br />
"Wir haben bereits jetzt gewonnen",<br />
sagte Veit Hesse, der alleine von den DOGlern<br />
über 1000 Bewegungspunkte beim<br />
Festival des Sports vom 13. bis 15. Juni<br />
erwartet.<br />
Henrik Schaper
Nachrichten der DOA<br />
„Biebricher Schlossgespräche“<br />
Gelungene Premiere einer neuen<br />
Veranstaltungsreihe<br />
"Unserer Anliegen ist es, im Blick auf drängende<br />
und übergreifende Fragen des Sports<br />
miteinander ins Gespräch zu kommen." Mit<br />
diesen Worten begrüßte Vorstandsmitglied<br />
Ingo-Rolf Weiss im Namen der <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Olympische</strong>n Akademie (DOA) die zahlreichen<br />
Gäste, die am 15. Mai der Einladung ins<br />
Wiesbadener Schloss Biebrich gefolgt waren,<br />
um sich mit dem Leistungsgedanken in Sport<br />
und <strong>Gesellschaft</strong> zu beschäftigen.<br />
Auch und nicht zuletzt das engagierte<br />
Fachpublikum leistete seinen Beitrag zu einer<br />
gelungenen Premiere einer gemeinsamen<br />
Veranstaltungsreihe von DOA und hessischer<br />
Landesregierung, die unter dem beziehungsreichen<br />
Titel "<strong>Gesellschaft</strong> in Bewegung" im<br />
wunderbaren Ambiente hochherrschaftlicher<br />
Räumlichkeiten auch in Zukunft entsprechende<br />
Akzente setzen möchte. Dem besonderen<br />
Anliegen entspricht es dabei, das Phänomen<br />
Sport nicht isoliert, sondern explizit in seinen<br />
gesellschaftlichen, sozialen, ökonomischen<br />
und kulturellen Bezügen zu betrachten.<br />
In diesem Sinne war auch kein Sportwissenschaftler,<br />
sondern der Tübinger Moraltheologe<br />
Dietmar Mieth um das erste Wort und eine<br />
Betrachtung über die Perspektive der Leistungsgesellschaft<br />
gebeten worden, wobei er<br />
vor dem Hintergrund akuter Krisenerscheinungen<br />
sowohl deren Risiken und Nebenwirkungen<br />
als auch deren Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten<br />
thematisierte.<br />
Andreas Höfer im Gespräch mit Meike Freitag, Cornelia<br />
Hanisch, Edgar Itt und Roland Baar (von rechts).<br />
Anschließend wartete der vielfach ausgewiesene<br />
Darmstädter Soziologe Michael Hartmann<br />
mit einer höchst differenzierten und<br />
kritischen Analyse des Elitegedankens auf, die<br />
in einem Podiumsgespräch mit dem Hessischen<br />
Schulsportrefernten Thomas Hörold<br />
sowie dem Rektor der Wiesbadener Elly-<br />
Heuss-Schule, Reinhard Rzytki, weiter vertieft<br />
wurde. Dabei ging es<br />
nicht zuletzt um die<br />
Frage, ob und wie<br />
gerade die Schule<br />
der - empirisch<br />
nachgewiesenen -<br />
Benachteiligung<br />
Jugendlicher aus<br />
sozial unterprivilegierten<br />
Familien<br />
wirksam begegnen<br />
und spezifische<br />
Talente der Betroffenen<br />
trotz problematischer<br />
Mitgift<br />
langfristig zur<br />
Geltung bringen<br />
kann.<br />
Großen Beifall fand auch die ebenfalls höchst<br />
anregende und kritische Analyse von Eike<br />
Emrich zu "Strukturen, Defiziten, Perspektiven"<br />
des Leistungssports in Deutschland,<br />
zumal der renommierte Sportwissenschaftler<br />
der Universität Saarbrücken die Materie aus<br />
vielfältiger praktischer Erfahrung, unter<br />
anderem als Vizepräsident des <strong>Deutsche</strong>n<br />
Leichtathletik-Verbandes kennt. Zu seinen<br />
zunächst überraschenden, dann gut nachvollziehbaren<br />
Befunde zählte etwa, dass sich eine<br />
frühe Spezialisierung und frühe Förderung<br />
talentierter Sportlerinnen und<br />
Sportler im Blick auf den ganz<br />
großen Erfolg potentiell als<br />
kontraproduktiv erweist. Wie<br />
angesichts solcher und anderer<br />
Systemfehler tatsächlich Abhilfe<br />
zu schaffen ist, blieb allerdings<br />
eine offene Frage.<br />
Praxisnah und zugleich auf<br />
hohem Niveau reflektierend<br />
waren auch die Ausführungen<br />
von Roland Baar, Meike Freitag,<br />
Cornelia Hanisch und Edgar Itt. In der von<br />
DOA-Direktor Andreas Höfer moderierten<br />
Abschlussrunde berichteten die ehemaligen<br />
Spitzenathleten über ihre Einstellung zum<br />
Leistungsprinzip und entsprechende Erfahrungen<br />
beim Übergang von sportlicher<br />
Karriere ins "Leben danach". Der vielfache<br />
Ruder-Weltmeister Roland Baar, für einige<br />
Interessiertes Publikum, wunderbares Ambiente<br />
Jahre auch als Athleten-Vertreter im IOC, wies<br />
etwa darauf hin, dass man auch nach einer<br />
großen Karriere im Sport im Berufsleben in<br />
der Regel bei Null, gleichsam als "Praktikant"<br />
beginnen und sich aufs Neue durch Leistung<br />
für höhere Aufgaben qualifizieren müsse. Alle<br />
Athleten bestätigten, dass sie sich ihrer<br />
Vorbildfunktion bewusst gewesen seien und,<br />
wie etwa Fecht-Olympiasiegerin Cornelia<br />
Hanisch, dieser auch in ihrem beruflichen<br />
Wirken - als Lehrerin - gerecht werden<br />
wollen. Der frühere 400-Meter-Hürdenläufer<br />
Edgar Itt unterstrich, wie offen junge Menschen<br />
für seine Erfahrungen und Anregungen<br />
sind, die er als Motivationscoach inzwischen<br />
professionell weitergibt.<br />
Auch wenn - nein, gerade weil im Rahmen<br />
einer Tagesveranstaltung zu einem solcherart<br />
anspruchsvollen Thema naturgemäß nicht<br />
alle relevanten Fragen aufgeworfen, geschweige<br />
denn erschöpfend beantwortet<br />
werden konnten, waren sich alle Beteiligten<br />
einig, dass der Auftakt Lust auf mehr gemacht<br />
hat. Dies bestätigte auch Heinz Zielin-<br />
77
ski, Abteilungsleiter im Hessischen Ministerium<br />
des Innern und für Sport, der im Namen<br />
der Landesregierung bekräftigte, gemeinsam<br />
mit der DOA auf dem eingeschlagenen Weg<br />
weitergehen zu wollen.<br />
„Olympia ruft: Mach mit!“<br />
Auszeichnung für Schulprojekte<br />
Im Rahmen der ersten "Biebricher Schlossgespräche"<br />
am 15. Mai in Wiesbaden wurde die<br />
Ehrung der ausgezeichneten Schulen des<br />
DOA-Wettbewerbs "Olympia ruft: Mach mit!"<br />
vorgenommen. Aus knapp 100 begutachteten<br />
Dokumentationen olympiabezogener Projekte<br />
an deutschen Grundschulen im Olympiajahr<br />
2008 wurden folgende Schulen mit einem<br />
ersten Preis und einem Preisgeld von je 500<br />
Euro ausgestattet. Die Friedrich-Reimann-<br />
Grundschule in Zeulenrode, die Katholische<br />
Grundschule Leuth in Nettetal, die Johann-<br />
Heinrich-Büttner-Schule in Altenheim und<br />
die Grundschule Niederbrombach und erhielten<br />
je 500 Euro. Die Vertreter der Schulen -<br />
im Bild von links nach rechts: Steffi Hetzheim,<br />
Lohn und Ansporn: Steffi Hetzheim, Hans-Alfons<br />
Tobrock, Oliver Bensch und André Scherer mit Urkunde<br />
und Scheck (von links).<br />
Hans-Alfons Tobrock, Oliver Bensch und<br />
André Scherer - nahmen den Scheck gerne<br />
entgegen und versprachen, sich auch zukünftig<br />
an ihren Einrichtungen im Sinne der<br />
<strong>Olympische</strong>n Erziehung zu engagieren.<br />
P.S.: Auszeichnungen und Zuwendungen in<br />
Höhe von 200 beziehungsweise 100 Euro<br />
erhielten die Berliner Kiekemal-Grundschule,<br />
die Grundschule Olbersdorf, die Friedrich-<br />
Engels-Schule in Meerane, die Grundschule<br />
Birkenfeld, die Albert-Schweitzer-Schule in<br />
Bargteheide, die gleichnamige Schule in<br />
Frankenthal, die Zwickauer Schule am<br />
Windberg sowie die Tabaluga-Förderschule in<br />
Leinefelde-Worbis.<br />
78<br />
<strong>Olympische</strong>r<br />
Internationalismus<br />
DOA unterstützt Mainzer Symposium<br />
Mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 16<br />
Ländern löste ein Symposium am 22. Mai an<br />
der Universität Mainz einen thematischen<br />
Anspruch ein, der zudem durch Vorträge eines<br />
wirklich illustren Expertenkreises und entsprechende<br />
Diskussionen auch inhaltlich zum<br />
Tragen kam. Schon von daher unterstützte die<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> gerne die<br />
Initiative von Prof. Holger Preuß, die ebenfalls<br />
vom Innenministerium und dem Zentrum für<br />
Interkulturelle Studien der Johannes Gutenberg<br />
Universität gefördert wurde.<br />
Besonders reizvoll war der Ansatz, das Thema<br />
"Internationalismus in der <strong>Olympische</strong>n<br />
Bewegung" nicht von einer gleichsam höheren<br />
Warte aus, sondern vor dem Hintergrund<br />
verschiedener nationaler und kultureller<br />
Bezüge aus unterschiedlichen Perspektiven zu<br />
betrachten. So trugen die Referenten aus<br />
Brasilien, Korea, den USA, Kanada, Großbritannien,<br />
Österreich, Griechenland,<br />
Algerien und Deutschland zu<br />
einem bunten und facettenreichen<br />
Bild bei, das - ganz im Sinne<br />
der <strong>Olympische</strong>n Idee - den<br />
Mehrwert eines internationalen<br />
und interkulturellen Austausch<br />
unter Beweis stellte.<br />
Zu den Vortragenden zählten<br />
auch Prof. Dr. Roland Naul<br />
(Universität Essen-Duisburg), der<br />
über internationale Aspekte der<br />
<strong>Olympische</strong>n Erziehung referierte<br />
sowie DOA-Vorstandsmitglied Dr.<br />
h.c. Klaus Schormann, dessen<br />
Ausführungen sich auf sportliche<br />
und interkulturelle Aspekte der <strong>Olympische</strong>n<br />
Jugendspiele bezogen.<br />
<strong>Olympische</strong> Erziehung beim<br />
<strong>Deutsche</strong>n Turnfest<br />
Wie viele andere Einrichtungen des deutschen<br />
Sports hat auch die <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong><br />
Akademie (DOA) die Gelegenheit genutzt und<br />
sich und ihre Arbeit im Rahmen des <strong>Deutsche</strong>n<br />
Turnfestes präsentiert. Dabei wurden<br />
insbesondere Projekte und Programme zur<br />
<strong>Olympische</strong>n Erziehung vorgestellt.<br />
In der "Info-Markthalle" war die DOA mit<br />
ihrer großen Präsentationswand und einem<br />
Infostand vertreten. Dort waren nicht nur<br />
Materialien und Publikationen verfügbar. Der<br />
interessierte Besucher fand auch eine Ausstellung<br />
sowie verschiedene Filme zum<br />
Thema. Zum Mitmachen regte ein Olympiaquiz<br />
sowie das interaktive Computerspiel<br />
"Wer wird Olympionär" ein - zwei Angebote,<br />
die schon bei verschiedenen Veranstaltungen,<br />
zuletzt bei "Jugend trainiert für Olympia"<br />
großen Zuspruch erfuhren.<br />
Im Rahmen des Turnfest-Kongresses veranstaltete<br />
die DOA zudem ein Podiumsgespräch<br />
zur Frage, ob und inwieweit die olympischen<br />
Werte eine Orientierung zu einer guten<br />
Entwicklung von Kindern und Jugendlichen<br />
zu liefern vermögen: "The Olympic Values: A<br />
Guideline to a Sound Development of Children<br />
an Youth?" Das Impulsreferat hielt der<br />
vielfach ausgewiesene Experte zum Thema,<br />
Prof. Dr. Roland Naul (Universität Essen-<br />
Duisburg). Das Podium fand am Donnerstag,<br />
dem 4. Juni, 11 bis 12.30 Uhr. Der Kongressort<br />
ist die Industrie- und Handelskammer, Börsenplatz<br />
4, in der Frankfurter Innenstadt.<br />
Fit für Olympia<br />
Vorbereitung der IOA-Fahrerinnen<br />
Es entspricht einer guten Tradition und dem<br />
Anspruch der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Akademie,<br />
die deutschen Teilnehmerinnen und<br />
Teilnehmer an der Veranstaltungen der<br />
Internationalen <strong>Olympische</strong>n Akademie (IOA)<br />
nicht nur gut auszuwählen, sondern auch<br />
gezielt auf das besondere Erlebnis im griechischen<br />
Olympia vorzubereiten. Dies betrifft<br />
insbesondere diejenigen, die im Namen<br />
Deutschlands an den jährlichen Hauptsessionen<br />
"for young participants" teilnehmen, wo<br />
sie auf etwa 200 Mitstudenten aus circa 100<br />
Ländern treffen werden.<br />
Die gute Betreuung, die auch eine viertägige<br />
"Vortour" durch einige der berühmten archäologischen<br />
Stätten Griechenlands umfasst, zahlt<br />
sich im übrigen auch insofern immer wieder<br />
aus, als sich die Betreffenden nach ihrer IOA-<br />
Teilnahme vielfach langfristig für die Belange<br />
der <strong>Olympische</strong>n Idee engagieren und sich<br />
dem großen Kreis ehrenamtlicher Unterstützer<br />
der DOA und ihrer Anliegen anschließen.<br />
In diesem Jahr wurde die Vorbereitung der<br />
auserwählten Studierenden der Universitäten<br />
Regensburg und Bayreuth sowie der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Sporthochschule Köln (siehe Bild) in
Verbindung mit der DOA-Veranstaltung im<br />
Wiesbadener Schloss Biebrich (siehe oben)<br />
vorgenommen. Zudem beschäftigten sich die<br />
Teilnehmerinnen mit historischen und aktuel-<br />
Vorfreude auf Olympia: Simona Sommer<br />
(Regensburg), Alexandra Kolier (Köln) und<br />
Vanessa Reuter (Bayreuth) (von links).<br />
len Fragen der <strong>Olympische</strong>n Bewegung sowie<br />
entsprechenden Aspekten der <strong>Olympische</strong>n<br />
Erziehung.<br />
Wie die Berichte der Rückkehrer immer<br />
wieder bestätigen, bedeutet die Teilnahme an<br />
einer IOA-Session nicht nur einen großen<br />
fachlichen Input, sondern wird auch als eine<br />
besondere Lebenserfahrung wahrgenommen.<br />
„Mein Olympia“<br />
Ein Literaturwettbewerb<br />
Wie bereits in der letzten <strong>Ausgabe</strong> der "DOA-<br />
Informationen" berichtet, führt die <strong>Deutsche</strong><br />
<strong>Olympische</strong> Akademie im Auftrag des <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Olympische</strong>n Sportbundes einen vom<br />
Internationalen <strong>Olympische</strong>n Komitee angeregten<br />
Wettbewerb für junge Literaten durch,<br />
deren Siegerinnen und/oder Sieger mit ihren<br />
Arbeiten auf internationaler Ebene antreten.<br />
Der Wettbewerb ist für Schülerinnen und<br />
Schüler in zwei Altersgruppen ausgeschrieben:<br />
Bis elf Jahre und bis 18 Jahre. Stichtag<br />
ist jeweils der 31. August <strong>2009</strong>.<br />
Zugelassen sind Prosatexte (Erzählung,<br />
Kurzgeschichte, Aufsatz), die einen Umfang<br />
von vier DIN-A4-Seiten nicht überschreiten.<br />
Die eingereichten Arbeiten sollen der übergeordneten<br />
Thematik "Mein Olympia: Ein Sport-<br />
Erlebnis", also etwa den Aspekten Wettkampf,<br />
Leistung, Fairplay oder Freundschaft gewidmet<br />
sein und dabei auch eigene Erlebnisse,<br />
Erfahrungen und Meinungen widerspiegeln.<br />
Die Arbeiten müssen - in elektronischer Form<br />
(Word-Dokument) -bis zum 17. Juli <strong>2009</strong> bei<br />
der DOA eingegangen sein. Die Begutachtung<br />
der eingerechten Texte obliegt einer fachkundigen<br />
Jury.<br />
Die Gewinner der 1. Preise der beiden Alterskategorien<br />
erhalten eine wertvolle vom IOC<br />
gestiftete Trophäe, die Zweit- und Drittplatzierten<br />
Sachpreise. Weitere Auszeichnungen<br />
durch das IOC winken den Siegerarbeiten im<br />
Rahmen der internationalen Ausscheidung.<br />
Die Ausschreibung ist in vollem Wortlauf auf<br />
der homepage der DOA abrufbar.<br />
Lehrerfortbildung in Inzell<br />
Für die Lehrerfortbildungsmaßnahme der<br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Akademie im Feriendorf<br />
Inzell des Bayerischen Landessportverbandes<br />
vom 29. August bis 3. September sind<br />
noch einige Restplätze zu vergeben. Die<br />
Ausschreibung zu der Veranstaltung mit dem<br />
Thema "Erziehung zu Leistung, Fairplay und<br />
gegenseitiger Achtung" richtet sich in diesem<br />
Jahr an Lehrerinnen und Lehrer der Eliteschulen<br />
des Sports sowie der sportbetonten<br />
Schulen. Anmeldungen nimmt die DOA noch<br />
kurzfristig entgegen. Die Ausschreibung<br />
findet sich auf der DOA-Homepage.<br />
Olympia vor Ort<br />
DOA-Studienreise nach Griechenland<br />
Olympia kann überall sein, doch eigentlich liegt<br />
es in Griechenland. Es ist der Austragungsort<br />
der <strong>Olympische</strong>n Spiele der Antike und eine<br />
touristische Attraktion eigener Art. Diesen<br />
besonderen historischen Ort sowie einige<br />
andere der berühmten archäologischen Stätten<br />
Griechenlands will die <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong><br />
Akademie interessierten Vertreterinnen und<br />
Vertretern ihrer Mitgliedsorganisationen im<br />
Rahmen einer Studienreise näher bringen.<br />
So steht auf dem Programm einer vom 5. bis<br />
13. September <strong>2009</strong> geplanten Maßnahme<br />
unter anderem der Besuch von Korinth, Delphi.<br />
Epidaurus und Mykene, wo die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer fachkundige Führungen<br />
erwarten. Bei dieser Gelegenheit wird auch<br />
eine intensive Beschäftigung mit dem Sport in<br />
Antike und Gegenwart mit seinen historischen,<br />
gesellschaftlichen und kulturellen Implikationen<br />
erfolgen.<br />
Konkrete Informationen und Teilnahmebedingungen<br />
sind bei der DOA-Geschäftsstelle zu<br />
erfragen.<br />
<strong>Olympische</strong>s<br />
Jugendlager 2010<br />
Die Vorbereitungen für die Durchführung<br />
eines nationalen Jugendlagers anlässlich der<br />
<strong>Olympische</strong>n Winterspiele in Vancouver<br />
laufen weiter auf vollen Touren. Nachdem mit<br />
der "Copperdome Lodge" in Pemberton,<br />
unweit von Whistler, dem Austragungsort der<br />
olympischen Schneewettbewerbe, ein hervor-<br />
Olympia hautnah: Das Quartier für das<br />
Jugendlager 2010.<br />
ragend geeignetes Quartier gefunden wurde,<br />
arbeitet die <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> Akademie<br />
in Verbindung mit der <strong>Deutsche</strong>n Sportjugend<br />
sowie den Fachverbänden für den Wintersport<br />
nun an der Ausgestaltung des Programms<br />
sowie den logistischen Notwendigkeiten.<br />
Vor diesem Hintergrund ist in Bälde<br />
mit der Veröffentlichung der Ausschreibung<br />
zu rechnen. Entsprechende Informationen<br />
finden sich auch auf der DOA-Homepage.<br />
79
<strong>Deutsche</strong>s Sport & Olympia Museum<br />
Herausgeber: <strong>Deutsche</strong>s Sport & Olympia Museum Jahrgang 29 - Heft 3/<strong>2009</strong><br />
Im Zollhafen 1, 50678 Köln, Tel.: +49 (0)221 3 36 09-0<br />
Verantwortlich für den Inhalt: Klaus H. Schopen<br />
Internet: www.sportmuseum.info<br />
LVR-IntegraTour<br />
Die "LVR-IntegraTour <strong>2009</strong>" des Landschaftsverbandes<br />
Rheinland (LVR) hat ihr<br />
"Bergfest" in Köln gefeiert. Dazu kamen am<br />
30. April <strong>2009</strong> über 500 Schülerinnen und<br />
Schüler zum <strong>Deutsche</strong>n Sport & Olmpia<br />
Museum. An der fünften Auflage des<br />
rheinischen Staffellaufs für die Integration<br />
von Menschen mit Behinderung beteiligten<br />
sich insgesamt über 3000 Kinder und<br />
Jugendliche. Ihre über 800 Kilometer lange<br />
Strecke führte sie bis nach Xanten, wo am<br />
16. Mai <strong>2009</strong> der zwölfte "LVR-Tag der<br />
Die Schirmherrin der LVR-IntegraTour, Angelika Rüttgers, und LVR-<br />
Direktor Harry K. Voigtsberger singen gemeinsam mit den Staffelläufern<br />
beim Konzert der Gruppe Klee den Integrations-Song "Wir<br />
halten zusammen".<br />
Begegnung" stattfand, Deutschlands größtes<br />
Fest für Menschen mit und ohne Handicap.<br />
Am <strong>Deutsche</strong>n Sport & Olympia Museum<br />
trafen sich neun LVR-Förderschulen aus<br />
Köln und dem Umland. Die Schülerinnen<br />
80<br />
und Schüler legten die Strecken mit Fahrrädern,<br />
zu Fuß, mit Handbikes und Rollstühlen<br />
zurück. Dabei waren fünf Kölner LVR-<br />
Förderschulen und je eine Schule aus<br />
Euskirchen, Wiehl, Rösrath und St. Augustin.<br />
Außerdem war die Kölner Henry-Ford-<br />
Realschule als Regelschule beim Bergfest<br />
dabei, um die Läuferinnen und Läufer zu<br />
empfangen und gemeinsam mit ihnen den<br />
Gedanken eines besseren Miteinanders mit<br />
Leben zu füllen.<br />
"Die IntegraTour bietet die Chance, dass sich<br />
die Schülerinnen und Schüler verschiedener<br />
Schulen und Schulformen kennen lernen.<br />
Hier gelingt Integration<br />
durch den<br />
Aufbau von Verständnis<br />
und Respekt<br />
vor den unterschiedlichenFähigkeiten<br />
und Bedürfnissen<br />
der jungen<br />
Menschen", so LVR-<br />
Direktor Harry K.<br />
Voigtsberger zur<br />
Idee des Staffellaufes.<br />
Das Bergfest der<br />
LVR-IntegraTour bot<br />
viele Möglichkeiten<br />
zum Spielen, Staunen,<br />
Lernen und<br />
Mitmachen. Auf<br />
dem Gelände tollten<br />
sich Assistenzhunde<br />
für Menschen mit<br />
Behinderung und es<br />
gab Spiel- und Sportstationen, die die<br />
Motorik und Beweglichkeit trainieren. Für<br />
die Kinder gab es Ballon-und Fotoaktionen.<br />
Als musikalischen Höhepunkt gab die<br />
Kölner Popband Klee ein Konzert, in dem<br />
sie auch ihren neuen Song "Wir halten<br />
zusammen" präsentierte, den die Gruppe<br />
eigens zum Thema Integration geschrieben<br />
hat.<br />
"Es war für uns eine große Freude, dass das<br />
<strong>Deutsche</strong> Sport & Olympia Museum zum<br />
zweiten Mal in Folge als Austragungsort des<br />
Bergfestes der LVR-IntegraTour ausgewählte<br />
wurde!" so Klaus H. Schopen, stellvertretender<br />
Direktor des Museums. In diesem Jahr<br />
stellt der Einlauf der LVR-IntegraTour<br />
zudem den Auftakt zu einer Reihe von<br />
Veranstaltungen im <strong>Deutsche</strong> Sport &<br />
Olympia Museum dar, die sich dem Thema<br />
"Sport mit Behinderung" widmen. Höhepunkt<br />
dieser Aktivitäten soll die Ausstellung<br />
"Yes, we ca! sport & disability" im Frühjahr<br />
2010 sein.<br />
Kölner Sportgespräch zur<br />
Zukunft des Basketballs in<br />
Deutschland<br />
Wenn es sich bei allen Besuchern um<br />
potenzielle Sponsoren gehandelt hätte,<br />
könnten die Köln 99ers entspannt in die<br />
neue Saison gehen. Die Sitzplätze reichten<br />
am 14. Mai <strong>2009</strong> im Salon des <strong>Deutsche</strong>n<br />
Sport & Olympia Museums nicht aus, rund<br />
200 Zuhörer versammelten sich um über die<br />
Zukunft des Basketballs zu diskutieren.<br />
Sowohl Bundestrainer Dirk Bauermann als<br />
auch Stephan Baeck, Geschäftsführer der<br />
Köln 99ers, forderten bei der Gesprächsreihe,<br />
die das Museum gemeinsam mit dem<br />
Kölner Stadt-Anzeiger initiiert hat eine<br />
Reformierung der Nachwuchsarbeit.<br />
Nachdem der Kölner Basketball-Bundesligist<br />
die Klasse sowohl sportlich als auch finanziell<br />
nur mit Mühe halten konnte, wollen<br />
die Verantwortlichen auf junge deutsche
Spieler setzen - wenn es der Etat zulässt.<br />
Bleiben die Sponsoren aus, droht der Gang<br />
in die zweite Liga. "Wir führen durchaus<br />
positive Gespräche mit Perspektive", sagte<br />
Baeck in der Diskussion mit Karlheinz<br />
Wagner, Sport-Ressortleiter des Kölner<br />
Stadt-Anzeigers und Basketball-Reporter<br />
Lars Richter.<br />
Dirk Bauermann warf den deutschen<br />
Profivereinen erhebliche Versäumnisse bei<br />
der Jugendförderung vor. "Wenn über Jahre<br />
nicht in junge Spieler, Talentsucher und<br />
Jugendtrainer investiert wird, darf man sich<br />
nicht wundern, wenn das Angebot an guten<br />
deutschen Spielern heute beschränkt ist",<br />
sagte der Bundestrainer. Bei der Talentsuche<br />
vermisse er die nötige Sorgfalt, außerdem<br />
hätten junge deutsche Spieler keine Perspektive<br />
in der Bundesliga, weil zu sehr auf<br />
ausländische Profis gesetzt werde.<br />
<strong>Deutsche</strong> Nachwuchsspieler sind derzeit die<br />
große Hoffnung der Köln 99ers, sie wollen<br />
in der kommenden Spielzeit ein "Team<br />
Germany" auf die Beine stellen, bei dem nur<br />
der Name amerikanisch sein soll, nicht aber<br />
die Spieler. Nur so könne es gelingen, neue<br />
Fans zu gewinnen und sich zwischen<br />
Eishockey und Handball zu positionieren.<br />
"Wir müssen unseren Sport wieder größer<br />
machen und neue Gesichter schaffen. Wir<br />
brauchen mehr deutsche Stars in der Liga",<br />
sagte Baeck. Er warb ebenso wie der Bundestrainer<br />
für eine Verschärfung der Ausländerquote<br />
in der Liga. Derzeit stünden die<br />
Namen der deutschen Spieler lediglich auf<br />
dem Spielbericht, um die Quote zu erfüllen,<br />
während ausländische Akteure spielen. In<br />
die Nachwuchs-Debatte mischten sich auch<br />
die Zuhörer mit ihren Fragen ein. Sie machen<br />
sich vor allem Gedanken über die<br />
Konkurrenzfähigkeit eines Teams mit überwiegend<br />
deutschen Spielern in der Bundesliga.<br />
Grimme-Preis<br />
Diskutierten Zukunftsmodelle für den deutschen Basketball:<br />
Dirk Bauermann, Stephan Baeck, Lars Richter und Karlheinz Wagner.<br />
Das Internetportal zur aktuellen Ausstellung<br />
"Fussball-Landschaft" im <strong>Deutsche</strong>n Sport &<br />
Olympia Museum ist für den GRIMME<br />
ONLINE AWARD <strong>2009</strong> nominiert.<br />
Dies gab das Adolf-Grimme-Institut am<br />
Dienstag in Düsseldorf bekannt. Damit<br />
gehört "fussball-landschaft.de" zu den 24<br />
von der Nominierungskommission aus 1700<br />
Vorschlägen für vier Kategorien ausgewählten<br />
Webangeboten.<br />
Das Projekt startete 2007 und hat sich<br />
konsequent dem Charme des dörflichen<br />
Fußballplatzes und<br />
der vom Abriss bedrohten Holztribüne<br />
verschrieben. Neben dem Preis der Jury, der<br />
am 24. Juni <strong>2009</strong> in Köln vergeben wird,<br />
geht es nun auch um den Arcandor Publikumspreis.<br />
Das nominierte Angebot, das bei<br />
einem Publikumsvoting unter www.tvspielfilm.de/grimme<br />
die meisten Stimmen erhält,<br />
wird mit diesem Preis ausgezeichnet. "Wir<br />
hoffen auf das Voting möglichst vieler<br />
Fußball-, Fotografie- und Architekturfans.<br />
Für versonnene Fußballästheten ist unsere<br />
Seite ein Fest", so Hubert Detmer und<br />
Thomas Frison in Düsseldorf.<br />
Museumsfest <strong>2009</strong><br />
Aus Anlass des diesjährigen Museumsfestes,<br />
am 17. Mai <strong>2009</strong>, hatte das <strong>Deutsche</strong> Sport<br />
& Olympia Museum erneut ein attraktives<br />
Programm zusammengestellt. Neben zahlreichen,<br />
gut besuchten Sonderführungen<br />
fand eine Gesprächsrunde mit den Initiatoren<br />
des Projektes "fussball-landschaft.de"<br />
und dem Schatzmeister des Fussball-<br />
Verbandes, Hubert Detmer und Thomas<br />
Frison, Mittelrhein im Salon statt.<br />
Die Fotografen schwärmten nochmals<br />
ausführlich von ihrem Projekt: "Für uns und<br />
unsere 33 Gastfotografen ist dieses weltweite<br />
Phänomen faszinierender als jede<br />
WM-Arena".<br />
Zudem stellte Sascha Hendrich-Bächer das<br />
Projekt "Wir gegen Gewalt" vor, das der<br />
FVM ins Leben gerufen hat. Gewalt gehört<br />
nicht auf den Fußballplatz! Das wissen alle,<br />
die den Fußball lieben. In den vergangenen<br />
Engagiert gegen Gewalt im Fußball: Sascha Hendrich-Bächer,<br />
Thomas Frison, Klaus H. Schopen, Hubert Detmer und Ansgar<br />
Molzberger<br />
Jahren hat sich jedoch eine traurige Entwicklung<br />
ergeben: Einigen Leuten geht es<br />
immer weniger um den Sport, sie entladen<br />
ihre Aggressionen auf dem Fußballplatz<br />
und verprügeln oder bespucken den Gegner,<br />
Schiedsrichter und sogar ihre eigenen<br />
Mitspieler. "Wir gegen Gewalt" ist eine<br />
Initiative des Fußball-Verbandes Mittelrhein<br />
und seiner neun Fußballkreise. Die gemeinsame<br />
Aktion soll vor allem eines bezwecken:<br />
ein friedliches und faires Miteinander<br />
auf unseren Fußballplätzen!<br />
81
In neuem GlanzKufen-Königin Tatjana<br />
Hüfner<br />
Rennrodeln - es gibt kaum eine andere<br />
Sportart, in der deutsche Athletinnen über<br />
einen so langen Zeitraum international<br />
derart erfolgreich gewesen sind. So blieben<br />
die deutschen Frauen seit der letzten Weltcup-Niederlage<br />
im November 1997 in<br />
insgesamt 99 Rennen in Folge (3x bei Olympia,<br />
8x bei einer WM und 88x im Weltcup)<br />
unbesiegt. Ausgerechnet im 100. Rennen bei<br />
Die Wettkampfschuh, die Tatjana Hüfner auf dem<br />
Weg zum Weltcup-Sieg <strong>2009</strong> trug, schenkte sie dem<br />
Museum.<br />
der Weltmeisterschaft in Lake Placid im<br />
Februar <strong>2009</strong> riss der Faden und der Sieg<br />
ging an die US-Amerikanerin Erin Hamlin.<br />
Maßgeblichen Anteil an dieser schier unglaublichen<br />
Erfolgs-Serie hat dabei die 26jährige<br />
Tatjana Hüfner. Die gebürtige Neuruppinerin<br />
und jetzt für den WSC Erzgebirge<br />
Oberwiesenthal startende Rodlerin machte -<br />
nach etlichen Siegen im Juniorenbereich -<br />
mit dem Gewinn des Vize-Europameister-<br />
Titels in der Saison 2003/04 international<br />
erstmals auf sich aufmerksam. Im Winter<br />
2005/06 wiederholte sie diesen Erfolg und<br />
belegte zudem in der Weltcup-Gesamtwertung<br />
den dritten Platz. Damit qualifizierte sie<br />
sich für die <strong>Olympische</strong>n Spiele in Turin 2006<br />
und gewann dort die Bronzemedaille.<br />
Eine weitere Leistungssteigerung gelang der<br />
Bundeswehrsportlerin ab der Saison 2006/07.<br />
Erste und zweite Plätze im Weltcup krönte<br />
sie mit dem Gewinn des Weltmeistertitels<br />
2007 im österreichischen Igls. Diesen Titel<br />
verteidigte sie im Folgejahr in Oberhof. 2008<br />
82<br />
Sammlungsgeschichten<br />
und <strong>2009</strong> sicherte sie sich zudem den ersten<br />
Platz in der Weltcup-Gesamtwertung.<br />
Diese beeindruckende Erfolgs-Bilanz, die mit<br />
dem Gewinn der Goldmedaille bei den <strong>Olympische</strong>n<br />
Spielen in Vancouver 2010 eine<br />
nochmalige Steigerung erfahren soll, durfte<br />
auch im <strong>Deutsche</strong>n Sport & Olympia Museum<br />
nicht länger undokumentiert bleiben. Auf<br />
unsere Anfrage hin stellt Tatjana Hüfner<br />
spontan einen Teil ihrer Rennrodel-Ausrüstung<br />
zur Verfügung. Ab sofort können somit unsere<br />
Besucherinnen und Besucher, die von ihr<br />
signierten und erstaunlich zierlichen Wettkampf-Schuhe,<br />
sogenannte Rennstrecker, in<br />
der erst kürzlich neu gestalteten Wintersport-<br />
Abteilung in Augenschein nehmen.<br />
Olympiasieger unter der Lupe<br />
Die ersten <strong>Olympische</strong>n Spiele der Neuzeit in<br />
Athen 1896 markieren nicht nur den Beginn<br />
für ein nunmehr weltumspannendes sportliches<br />
Großereignis, sondern sie bilden gleichfalls<br />
den Ausgangspunkt für eine stetig sich<br />
entwickelnde, weltweite Leidenschaft: das<br />
Sammeln von Sportbriefmarken. Zur Finanzierung<br />
der Spiele in Griechenland erstmalig<br />
verausgabt, entwickelte sich dieses Philatelie-<br />
Segment zum unverzichtbaren Bestandteil<br />
der allgemeinen Mittelbeschaffung im Sport.<br />
So wurden am 06. Juni 1968 mit Blick auf<br />
die <strong>Olympische</strong>n Spiele in München 1972 die<br />
ersten Sportbriefmarken mit Zuschlag in<br />
Deutschland zugunsten der im Jahr zuvor<br />
gegründeten <strong>Deutsche</strong>n Sporthilfe verkauft.<br />
Seit 1978 firmiert die Herausgabe entsprechender<br />
Motive unter der Serienbezeichnung<br />
"Für den Sport".<br />
Selbstverständlich ist dieses Sammlungsgebiet<br />
auch für das <strong>Deutsche</strong> Sport & Olympia<br />
Museum von Interesse. In diesem speziellen<br />
Segment ist es einer glückliche Fügung zu<br />
verdanken ist, dass die systematische Beobachtung<br />
des Marktes in Kooperation mit der<br />
Sammler-Vereinigung "Internationale Motivgruppen<br />
Olympiaden und Sport e.V."(IMOS)<br />
erfolgen kann und die IMOS immer wieder<br />
engagierte und kompetente Unterstützung<br />
leistet.<br />
Mitte Mai konnte die museumseigene<br />
Sammlung um ganz aktuelle Stücke ergänzt<br />
werden. Eine <strong>Ausgabe</strong> der chinesischen Post,<br />
die zu Ehren der deutschen Olympiasieger<br />
von Peking 2008 Portraits der jeweiligen<br />
Goldmedaillengewinner in den Einzel- und<br />
Mannschaftsdisziplinen auf insgesamt vier<br />
Kleinbögen verewigt hat. Dies ist - auch<br />
qualitativ, wie ein Blick durch die Lupe<br />
schnell erkennen lässt - bislang einmalig und<br />
stellt eine besondere Geste des Gastgeberlandes<br />
dar. Die auf 5.000 Exemplare pro Kleinbogen<br />
limitierte Auflage, die als postfrischer<br />
Komplettsatz zum Preis von € 49,50 in<br />
Deutschland zu erwerben ist, wurde uns zu<br />
Dokumentationszwecken dankenswerterweise<br />
von der Briefmarkenfachhandlung Richard<br />
Borek in Braunschweig (www.borek.de) als<br />
Schenkung zur Verfügung gestellt.
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