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Ausgabe 3/2009 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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<strong>Ausgabe</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Zeitschrift des<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbundes<br />

und der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong>


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Freundliche Grüße<br />

aus der OF-Redaktion<br />

W<br />

em zu einer aktuellen Standortbestimmung des Spitzensports<br />

die Stichworte „Sumpf“ und „Sündenpfuhl“ einfallen,<br />

der ist von der Realität oft nicht weit entfernt. Viele, allzu<br />

viele Problemzonen tun sich auf. Skandale und Exzesse beherrschen<br />

die Schlagzeilen. Negativereignisse kommen gleich in Serie<br />

daher, Steigerungen keineswegs ausgeschlossen. Das ist, liebe<br />

Leserinnen und Leser, sportlicher Alltag. Und der wirft längst<br />

auch beim breiten Publikum mehr Fragen auf, als überzeugend<br />

beantwortet werden können: Sind die Grenzen menschlicher<br />

Leistungsfähigkeit ein dauerhaftes Tabuthema? Bleibt der Sieg<br />

um jeden Preis weiter erstrebenswert? Gibt es demzufolge tatsächlich<br />

keine Hemmschwelle mehr für den einzelnen Athleten?<br />

Rechtfertigt der Erfolg im Kollektiv ebenfalls alle Mittel? Lassen<br />

abenteuerliche finanzielle Höhenflüge die gute alte Sportmoral<br />

endgültig auf einen Tiefststand sinken?<br />

Wenn sich schon die Suche nach glaubwürdigen Antworten auf<br />

solche und ähnliche Fragenkataloge als schwierig bis unmöglich<br />

erweist, von harten Konsequenzen ganz zu schweigen, versuchen<br />

wir es wenigstens mit deutlicher Benennung und Beschreibung<br />

der sportlichen Krisenfelder. In der Titelgeschichte dieser OF-<br />

<strong>Ausgabe</strong> werden beispielsweise die Hauptrisiken des Sports in<br />

diesen Zeiten ungebremsten Erfolgs- und Gewinnstrebens aufgezeigt.<br />

Und die Schlagworte dazu binden von der Kommerzialisierung<br />

über die Korruption, Manipulation und andere Betrugsvarianten<br />

bis zur Gewalt und Gesundheitsgefährdung alle hinlänglich<br />

bekannten Problembereiche mit ein. Dies auch in der Erkenntnis,<br />

dass Vieles mit Vielem oder sogar Alles mit Allem zusammenhängt.<br />

Daraus folgernde neuerliche Sinn- und Grundsatzfragen<br />

werden in anderen Beiträgen beleuchtet.<br />

Wo aber bleibt bei solcher Bündelung des Negativen die Positivbetrachtung<br />

des Sports in diesem Heft? Die gibt es durchaus, und<br />

auch gleich bündelweise. Da wäre etwa das <strong>Deutsche</strong> Turnfest<br />

<strong>2009</strong> zu nennen, wo es von der Spitze bis zur Breite Sportwerbung<br />

der besonders überzeugenden Art gab. Optimistische<br />

Erwartungen immerhin auch mit Blick auf die Leichtathletik-WM<br />

im August in Berlin - vielleicht sogar mit der Neuauflage eines<br />

deutschen Sommermärchens ... Und dann treten wir schließlich<br />

mit einem großen Komplex zum Thema Gesundheit sozusagen<br />

den Gegenbeweis zur vorher genannten Gefährdung an. Der<br />

Sport ist und bleibt ein Gesundheits- und Lebenselixier - da<br />

mögen die Hochleistungsauswüchse noch so dramatische Formen<br />

annehmen. <strong>Olympische</strong> Hoffnungen, gesellschaftspolitische<br />

Verpflichtungen, verbandspolitische Erinnerungen und sportkulturelle<br />

Betrachtungen vervollständigen das Angebot dieser<br />

<strong>Ausgabe</strong>. Beim Zieleinlauf dominiert zweifellos das Posotive -<br />

knapp zwar, aber immerhin.<br />

Ihr Harald Pieper<br />

Inhalt<br />

OF Mosaik 4<br />

OF-Podium: Prof. Dr. Dietmar Mieth 6<br />

Über die Risiken des modernen Sports 8<br />

Prof. Dr. Helmut Digel<br />

Geisteswissenschaftler übersetzen Doping und wollen 12<br />

Sinnfragen zum Spitzensport beantworten<br />

Bianka Schreiber-Rietig<br />

Traditionsbewusst und modern zugleich: 16<br />

Das <strong>Deutsche</strong> Turnfest <strong>2009</strong> hat mühelos Grenzen<br />

überschritten<br />

Steffen Haffner<br />

Vor der WM <strong>2009</strong> in Berlin: Zwischen der Leichtathletik 20<br />

und der <strong>Olympische</strong>n Bewegung besteht traditionelle<br />

Verbundenheit<br />

Prof. Dr. Winfried Joch<br />

Der lange Weg zur Kunststoffbahn 22<br />

Ewald Walker<br />

Die Neuauflage des Sommermärchens 24<br />

Für Leichtathleten ein aussichtsloses Unterfangen?<br />

Michael Gernandt<br />

Was macht eigentlich ...? Willi Wülbeck 26<br />

Steffen Haffner<br />

Eine Jahrhundert-Zeitreise durch 12 <strong>Olympische</strong> Kongresse 28<br />

Günter Deister<br />

OF-Interview mit Bernhard Schwank 32<br />

Michael Gernandt<br />

Sanierungsfall Sportstätte 36<br />

Von ungeahnten Chancen und Konjunkturimpulsen in der<br />

Wirtschaftskrise<br />

Andreas Klages<br />

OF-Kommentare 38<br />

Walter Mirwald, Harald Pieper, Hans Peter Kreuzer<br />

Auch der Sport muss sich in der Lobby-Republik behaupten 40<br />

Günter Deister<br />

Gesundheitskultur statt Gesundheitskult sollte das 42<br />

sportliche Leitmotiv lauten<br />

Prof. Dr. Ommo Grupe<br />

Zurück ins Leben - Sport mit Krebs 48<br />

Patricia Noll<br />

Sport - eine gute und wirkungsvolle Medizin bei Krebs 50<br />

Britta Kuntoff<br />

Vor 60 Jahren: Aufbruchstimmung auch im Sport 54<br />

Friedrich Mevert<br />

Meister der kritischen Sympathie 58<br />

Ewald Walker<br />

OF-Galerie: Auch das Schwimmbad ist ein Motivparadies 60<br />

Unterwasserbilder von Anna Löbner<br />

Dr. Thomas Hirsch<br />

Nachrichten des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbundes 63<br />

Nachrichten der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> 69<br />

Impressum 76<br />

Nachrichten der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Akademie 77<br />

<strong>Deutsche</strong>s Sport & Olympia Museum 80<br />

3


Festivals des Sports<br />

fördern bedürftige<br />

Kinder und Jugendliche<br />

L<br />

aufend Kinder und Jugendliche<br />

fördern. Mit dieser Idee startet ein<br />

weiteres Projekt im Rahmen der Kooperation<br />

zwischen dem <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />

Sportbund (DOSB) und Samsung<br />

Electronics zu den Festivals des<br />

Sports.<br />

Unter dem Motto You Run. We Help.<br />

werden an jedem Austragungsort der<br />

Festivals (Berlin, Göttingen, Norden,<br />

Neubrandenburg, Stuttgart und Lübbenau)<br />

2.300 Kilometer laufend zurückgelegt,<br />

um Spenden zugunsten von Kin-<br />

B<br />

undeskanzlerin Angela Merkel hat<br />

in Berlin die Unterstützung der<br />

Bundesregierung für die Münchner<br />

Bewerbung um die <strong>Olympische</strong>n<br />

Winterspiele 2018 bekräftigt. Bei<br />

einem Treffen im Berliner Kanzleramt<br />

hat die Bundeskanzlerin die Bewerbung<br />

Münchens für die <strong>Olympische</strong>n<br />

Winterspiele 2018 als "eine Bewerbung<br />

von nationaler Bedeutung<br />

4<br />

der- und Jugendförderungsprojekten zu<br />

sammeln. Die Distanz entspricht der<br />

Entfernung zwischen den Städten, die<br />

in diesem Jahr ein Festival des Sports<br />

ausrichten. Insgesamt stellt Samsung im<br />

Rahmen der<br />

Charity-Aktion<br />

eine Spendensumme<br />

von 30.000<br />

Euro zur Verfügung.<br />

Das Prinzip: Ein<br />

Kernteam von<br />

Samsung-Läufern<br />

legt gemeinsam<br />

mit einer Gruppe<br />

möglichst vieler<br />

Teilnehmer aus<br />

jeder Stadt insgesamt<br />

2.300 Kilo-<br />

Bundeskanzlerin Angela Merkel:<br />

Mit Leidenschaft für München 2018 kämpfen<br />

bezeichnet". Sie versprach, mit Leidenschaft<br />

für München 2018 kämpfen<br />

zu wollen. Deutschland biete sich<br />

die Chance, sich als fröhliches, engagiertes<br />

und kompetentes Land zu<br />

präsentieren.<br />

Zuvor hatte die Bundeskanzlerin<br />

gemeinsam mit DOSB-Präsident<br />

Thomas Bach und dem bayerischen<br />

Ministerpräsidenten<br />

Horst Seehofer<br />

mögliche<br />

Partner der<br />

Bewerbung aus<br />

der Wirtschaft zu<br />

Treffen ins Kanzleramt<br />

geladen.<br />

Bach begrüßte<br />

das klare Signal<br />

der Bundeskanzlerin<br />

in Richtung<br />

meter zurück. Jede Runde und jeder<br />

Läufer zählt - die zurückgelegte Laufleistung<br />

aller Sportler wird addiert.<br />

Kommen die 2.300 Kilometer zusammen,<br />

gibt es einen Scheck. Die Spen-<br />

Olympiabewerbung: "Die eindeutige<br />

Positionierung von Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel wird auf internationaler<br />

Ebene Eindruck machen. Ein nationaler<br />

Schulterschluss ist eine wichtige<br />

Voraussetzung für eine erfolgreiche<br />

Bewerbung um <strong>Olympische</strong> Spiele."<br />

Ministerpräsident Horst Seehofer<br />

erklärte im Anschluss an das<br />

Gespräch, er habe ermutigende Signale<br />

aus der Wirtschaft erhalten: "Ich<br />

habe richtig Appetit auf Olympia<br />

bekommen, es herrschte ein guter<br />

Grundtenor. Es zeigt sich, dass die<br />

Bewerbung breite Unterstützung<br />

genießt." Die Entscheidung über die<br />

<strong>Olympische</strong>n Winterspiele 2018 fällt<br />

im Juli 2011 auf der IOC-Session in<br />

Durban (Südafrika). Neben München<br />

bewerben sich bislang Annecy (Frankreich)<br />

und Pyeongchang (Südkorea).<br />

OF-MOSAIK<br />

OF-MOSAIK


densumme fließt in die Sportförderung<br />

von sozial benachteiligten oder anders<br />

bedürftigen Kindern und Jugendlichen<br />

aus der jeweiligen Region.<br />

Auch diese gemeinsame Initiative von<br />

Samsung und dem DOSB im Rahmen<br />

der Festivals soll für mehr Gesundheit<br />

und Fitness in der Bevölkerung sorgen<br />

sowie benachteiligten Kindern und<br />

Jugendlichen die Möglichkeit zu sportlicher<br />

Aktivität bieten. Zudem werden<br />

durch den integrativen Ansatz der<br />

Aktion Werte wie Gemeinschaftsdenken<br />

und Solidarität gefördert, die in Sport<br />

und <strong>Gesellschaft</strong> gleichermaßen von<br />

Bedeutung sind.<br />

DOSB warnt vor Konjunkturprogramm<br />

mit angezogener<br />

Handbremse<br />

D<br />

er <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> Sportbund<br />

drängt darauf, Einschränkungen<br />

beim Konjunkturpaket II aufzuheben,<br />

die verhindern, dass Mittel für die<br />

dringend erforderliche Sanierung von<br />

Sportstätten der Kommunen und der<br />

Vereine verwendet werden können.<br />

In einem Schreiben an die DOSB-Mitgliedsorganisationen<br />

fordert DOSB-<br />

Vizepräsident Walter Schneeloch die<br />

deutschen Sportverbände und die<br />

Landessportbünde auf, sich für die<br />

dafür erforderliche Grundgesetzänderung<br />

einzusetzen und zugleich in den<br />

Kommunen dafür zu werben, bereits<br />

jetzt vorhandene Möglichkeiten des<br />

Konjunkturpakets zu nutzen. Bisher<br />

begrenzt das Grundgesetz Finanzhilfen<br />

des Bundes an die Länder auf Bereiche,<br />

in denen der Bund die Gesetzgebungskompetenz<br />

hat. Deshalb beschränken<br />

die Förderrichtlinien die Projekte auf<br />

energetische Sanierungsmaßnahmen<br />

und Gebiete der Städtebauförderung.<br />

Schneeloch kritisierte, dass dies die<br />

Anwendbarkeit auf Sportstätten in<br />

erheblichem Maße einschränken würde.<br />

OF-MOSAIK<br />

OF-MOSAIK<br />

DOSB-Generaldirektor Michael Vesper<br />

sagte, wenn hier nicht im Sinne des<br />

Sports nachgebessert werde, könnte der<br />

bundesweite Sanierungsstau bei Sportstätten<br />

in Höhe von rund 40 Milliarden<br />

Euro nicht angegangen werden: "Dann<br />

hätten wir ein Programm mit angezogener<br />

Handbremse. Der Bund will<br />

helfen, darf aber nicht. Gerade deshalb<br />

bin ich froh über parlamentarische<br />

Initiativen, den entsprechenden Art.<br />

104b des Grundgesetzes in diesem<br />

Punkt zu ändern."<br />

Startschuss für den<br />

<strong>Deutsche</strong>n Schulsportpreis<br />

<strong>2009</strong>/2010<br />

I<br />

m Rahmen des Internationalen<br />

<strong>Deutsche</strong>n Turnfestes <strong>2009</strong> in Frankfurt<br />

am Main fiel der Startschuss für<br />

den <strong>Deutsche</strong>n Schulsportpreis<br />

<strong>2009</strong>/2010. "Wir hoffen viele engagierte<br />

Lehrerinnen und Lehrer sowie<br />

Übungsleiterinnen und Übungsleiter für<br />

den Wettbewerb begeistern zu können,<br />

denn die Ausschreibung richtet sich<br />

zum ersten Mal an Schulen und Sportvereine.<br />

Wir sind uns sicher, dass es nur<br />

gemeinsam gelingt, die neue Bildungs-,<br />

Betreuungs- und Erziehungssituation<br />

zu lösen. Daher vergeben wir diesen<br />

Förderpreis für innovative und beispiel-<br />

hafte Projekte auch und gerade in<br />

schwierigen Zeiten sehr gerne", so Ingo<br />

Weiss, Vorsitzender der <strong>Deutsche</strong>n<br />

Sportjugend. In der aktuellen Schulentwicklung<br />

sind Kooperations- und<br />

Netzwerkarbeit von Schulen, Sportvereinen,<br />

Eltern und weiteren Trägern der<br />

Kinder- und Jugendhilfe gefragt. Nur<br />

gemeinsam ist es möglich, junge Menschen<br />

in ihrem Kompetenzerwerb zu<br />

fördern und zu unterstützen sowie den<br />

neuen Herausforderungen von Ganztag<br />

und der gymnasialen Schulzeitverkürzung<br />

zu begegnen. Daher liegt der<br />

Schwerpunkt der sechsten Ausschreibung<br />

des <strong>Deutsche</strong>n Schulsportpreises<br />

auf der Auszeichnung von Kooperationskonzepten<br />

und Netzwerkbeispielen,<br />

die die gelungene Zusammenarbeit<br />

zwischen Sportverein und Schule<br />

beschreiben und Kindern und Jugendlichen<br />

ein<br />

Sportplakette des<br />

Bundespräsidenten an<br />

drei Vereine<br />

F<br />

ür 100 Jahre Einsatz und Verdienste<br />

für Turnen und Sport wurden der<br />

Turn- und Sportverein Isen von 1909,<br />

der Turn- und<br />

Sportverein Langstadt<br />

und der<br />

Oranienbaumer SV<br />

"Hellas 09" mit der<br />

Sportplakette des<br />

Bundespräsidenten<br />

ausgezeichnet.<br />

Bei einem von<br />

DOSB-Präsident<br />

Thomas Bach im<br />

Rahmen des<br />

Internationalen<br />

<strong>Deutsche</strong>n Turnfests<br />

in Frankfurt<br />

eröffneten Festakt<br />

zeichnete der<br />

Staatssekretär im Bundesministerium<br />

des Innern, Dr. Christoph Bergner am<br />

Mittwoch die Vereine aus.<br />

5


In den letzten Jahrzehnten hat sich in den modernen<br />

westlichen <strong>Gesellschaft</strong>en ein Wandel vollzogen. Er ist<br />

vielleicht weniger dramatisch als die Wandlungen in<br />

Schwellenländern und Entwicklungsländern, aber doch<br />

sehr gut zu greifen. Auf der Ebene der wirtschaftlichen<br />

Verhältnisse sind die Unterschiede größer und weniger<br />

durchlässig geworden. Auf der Ebene der Sinnsuche<br />

spricht man von Transformationsprozessen des Religiösen.<br />

Religion ist individueller, unverbindlicher und biographisch<br />

wandelbarer geworden. Auf der Ebene der Rechtskultur<br />

entsteht mit dem sogenannten "gläsernen Menschen"<br />

der Datenwelt und mit unserem Sicherheitsbedürfnis<br />

ein großes Veränderungspotenzial. Das Verständnis<br />

des Rechtsstaates ist angesichts der Sicherheitsfragen<br />

ebenso in Bewegung wie das Verständnis des Sozialstaates,<br />

der mehr Eigenverantwortung des Menschen und<br />

mehr Beteiligung der Zivilgesellschaft einfordert. In<br />

Fragen des Geschlechterverhältnisses und der Familie<br />

stellen sich immer wieder neue Herausforderungen.<br />

Schließlich hat sich unser Alltag und unsere Lebensführung<br />

durch die Allgegenwart der medialen Vermittlung,<br />

die digitale Technik und durch die Angebote der Biomedizin<br />

verändert. Die ökologische Herausforderung ist<br />

weder weiter zu übersehen noch zu übergehen. Und wir<br />

alle sind von allem, was in der Welt geschieht, abhängiger<br />

als je zuvor. Die Systeme der Steuerung ändern sich<br />

auf provinzieller, staatlicher und kontinentaler Ebene.<br />

Von all dem sind auch gesellschaftliche Phänomene wie<br />

der Sport erfasst. Zwar stellt der Sport eine eigene Regelwelt<br />

dar, aber er ist kein Naturereignis und wird von<br />

allen Wandlungen mit betroffen. Indem er sich an diese<br />

Welten anpasst bzw. sich in sie einpasst, verändert er sich<br />

mit. Insbesondere wird er von der Event-Kultur erfasst.<br />

Dadurch wird er präsenter und potenter; zugleich verliert<br />

er aber auf der Ebene des Ehrenamtes, weil die Ressource<br />

Zivilgesellschaft unter ständigem Zeitmangel und Stress<br />

leidet.<br />

Bei alldem ist es kein Wunder, dass auch von einem Wandel<br />

der moralischen Orientierung gesprochen wird. Es ist<br />

freilich nicht so, als verliere der Mensch sein unausrottbar<br />

moralisches Wesen. Die <strong>Gesellschaft</strong> ist nämlich, wenn<br />

man genau hinschaut, voller Moral, diese wird oft in den<br />

Medien als Waffe gegeneinander benutzt, vor allem in<br />

der Politik. Man kann die Benutzung der Moral aber auch<br />

am Beispiel des Fußballspieles veranschaulichen. Die<br />

Kunst, sich foulen zu lassen, steigt ebenso an, wie der<br />

Versuch, den Gegner schädigende Entscheidungen des<br />

Schiedsrichters herbeizuführen oder seine Bestrafung zu<br />

verlangen. Ein Zweikampf muss nicht nur bestanden, er<br />

muss auch dargestellt werden, und dies greift auch auf<br />

andere Teamsportarten über. Es ist also so, wie der<br />

Schriftsteller Robert Musil einmal vorausgesagt hat: alles<br />

6<br />

ist moralisch, nur die Moral ist nicht mehr moralisch.<br />

Solange man selbst nicht erwischt wird, kann man auf<br />

den anderen zeigen. Die moralischen Betrachtungsweisen<br />

sind zudem oft verschieden und stehen gegeneinander.<br />

Überspitzt gesagt: Wir leben in der Kultur der gleichzeitigen<br />

Geltung des Verschiedenen: alles gilt, was gilt, und,<br />

dass nicht alles gilt, was gilt, das gilt auch.<br />

Dies lässt sich auch auf den Boom der Ethik, den sogenannten<br />

"ethical turn", übertragen. Bereichsethiken wie<br />

auch die Sportethik können in der gesellschaftlichen<br />

Auseinandersetzung zu Kampf- und Gebrauchsinstrumenten<br />

werden.<br />

Zwar kann man<br />

diese Auseinandersetzungen<br />

selbst wiederum<br />

der Moral des<br />

Diskurses -<br />

Begrenzung der<br />

Einflüsse, gleicheAusgangschancen,Beteiligung<br />

aller<br />

Betroffenen -<br />

unterwerfen,<br />

aber dieser<br />

Moral mit ihren<br />

formalen Bedingungen<br />

fehlen<br />

oft die Werte,<br />

die Güter, Rechte<br />

und Pflichten,<br />

die es moralisch<br />

zu begründen,<br />

zu verteidigen und zu propagieren gilt. Mehr Diskurs ist<br />

noch keine Garantie für mehr Moral, wohl aber eine<br />

Bedingung dafür, dass der Wandel mit seinen moralischen<br />

Wirkungen breit diskutiert wird und Konsense finden<br />

kann.<br />

Wandel bedeutet auch Gewinne. Ein Gewinn ist z.B. der<br />

Kampf gegen sexuellen Mißbrauch und Kindermanipulation,<br />

das Gefühl für die "political correctness" oder, sichtbar<br />

am Sport aber auch weit darüber hinaus, der Siegeszug<br />

der Fairness als einem neuen Grundwort für allgemeine<br />

Gerechtigkeit. Gleiches soll gleich, Ungleiches soll<br />

ungleich behandelt werden. Man kann sich dann darüber<br />

streiten, wann Ungleichheit gerecht zu berücksichtigen<br />

ist. Man kann darüber streiten, wann mehr Gleichheit und<br />

wann mehr Freiheit am Platze ist. Man kann das Gefühl<br />

für Ungerechtigkeit kultivieren, eines der stärksten<br />

Antriebskräfte für die Moral.


Wir lehnen uns also nicht an die moralische Klagemauer.<br />

Aber was sind überhaupt Werte, wie sie gesucht werden?<br />

Der Begriff "Wert", bezogen auf etwas Geistiges, ist merkwürdig<br />

unscharf. Wir haben weniger Probleme, wenn wir<br />

ihn auf Materielles beziehen. So wird von hochwertigen<br />

Ausstattungen gesprochen, sogar das Wort "wertig" für<br />

Plastik im Automobil ist eingeführt. Der Wertbegriff kann<br />

seine Herkunft aus der Ökonomie nicht verbergen. Etwas<br />

ist das wert, was man dafür gibt. Im Vordergrund steht<br />

der Tauschwert. Vereine tauschen "Sportlerwerte". Fußballer<br />

wissen um ihren Verkaufswert. Mit solchen "Werten"<br />

kann sich ein Vermittler oder Berater eine goldene Nase<br />

verdienen. So entsteht ein ungutes Gefühl, wenn von<br />

Werten die Rede ist.<br />

Was meinen wir also mit "Wert"? Wir meinen das, was<br />

wir für eine Gemeinschaft und für ihren Zusammenhalt<br />

für unverzichtbar halten: eine Art "Ökumene" der praxisrelevanten<br />

Sinneinsichten, die aus Traditionen und neuen<br />

Optionen stammen. Für die Tradition mag z.B. ein humanistisches<br />

Erbe aus Antike, Christentum und Aufklärung<br />

stehen, für die Option ein wirtschaftliches, politisches und<br />

kulturelles Gemeinwohl, das man im Interesse von<br />

Lebensqualität und Friedenswahrung, von Sicherheitsund<br />

Freiheitsbedürfnis verteidigt und propagiert. Dabei<br />

müssen wir instrumentelle Werte, die dem Menschen<br />

weiter helfen, aber auch aus dem Ruder geraten können,<br />

von Werten unterscheiden, die den Menschen in seiner<br />

Ganzheit auszeichnen und seine unverlierbare Würde<br />

repräsentieren.<br />

Die Traditions- und Optionsgemeinschaft hat zugleich<br />

Gehalte, von denen man weitgehende und breit entfaltete<br />

Anerkennung erhofft und die zur Integrierung von etwaigen<br />

Abweichungen bereit stehen. Was dazu gehört, ist z.B.<br />

in der Charta europäischer Grundrechte anvisiert. Das sind<br />

Optionen politischer Herrschaftsform, die Menschenwürde<br />

und Menschenrechte umrahmenden unverzichtbaren<br />

Merkmale der institutionellen Gestaltung des Zusammenlebens.<br />

Der Sport hat Traditionen wie den "Olympismus", und er<br />

hat Optionen wie die Gestaltung des Körpers, die Kunst<br />

OF-PODIUM<br />

Wertewandel und Sportmoral<br />

Von Dr. Dietmar Mieth, Professor für Sozialethik an der Universität Tübingen<br />

der Beweglichkeit und der Bewegung, die innere Fairness,<br />

die Abstimmung spielender und kämpfender Menschen<br />

aufeinander und die äußere Friedlichkeit. Im Körper<br />

erscheint dabei der Kulturwert "Natur" als Verbindung von<br />

Leiblichkeit und Leistungsfähigkeit. Sport kennzeichnet in<br />

seinem Regelwerk hier auch - im Anti-Doping - Gestaltungsgrenzen,<br />

um die sich die <strong>Gesellschaft</strong> im Hinblick auf<br />

Vorschläge zur Perfektionierung des Menschen bemühen<br />

muss. Werte gibt es nicht ohne Grenzwerte. Sport kann<br />

Werte national und international abbilden, stärken, aber<br />

auch schwächen. Das alles hängt davon ab, ob er die<br />

Werte in die richtige Reihenfolge bringt, d.h. dem Menschen,<br />

der Person, Vorrang gibt vor den instrumentellen<br />

Werten wie Medien, Eventkultur, Finanzen und Medikamenten.<br />

Denn der Mensch, so der Philosoph Immanuel<br />

Kant, ist ein absoluter Wert, der durch nichts aufgewogen<br />

werden kann.<br />

7


Über die Risiken des<br />

modernen Sports<br />

Von Helmut Digel<br />

8


"<br />

R<br />

isikogesellschaft" ist der Titel<br />

eines der wichtigsten Bücher,<br />

die in den vergangenen Jahr-<br />

zehnten publiziert wurden. Ulrich Beck<br />

hat uns dabei eindrucksvoll die Risiken<br />

vor Augen geführt, die angesichts<br />

globaler Wandlungsprozesse längst<br />

eingetreten sind oder uns noch bevorstehen.<br />

Seit Tschernobyl sind uns die<br />

atomaren Risiken bewusst, globale<br />

Gesundheitsrisiken machen vor keiner<br />

<strong>Gesellschaft</strong> Halt, ökologische Risiken<br />

haben auf der politischen Agenda<br />

längst einen vorderen Rangplatz eingenommen,<br />

und finanzielle und wirtschaftliche<br />

Risiken werden uns in<br />

diesen Monaten nahezu täglich vor<br />

Augen geführt. Jedes Mitglied unserer<br />

<strong>Gesellschaft</strong> ist mit diesen Risiken<br />

konfrontiert, und alle Bereiche und<br />

Teilsysteme unserer <strong>Gesellschaft</strong> sind<br />

davon betroffen. Das gilt auch für den<br />

Sport. Im Sport sind allerdings eine<br />

ganze Reihe von hausgemachten Risiken<br />

anzutreffen, die zunehmend selbstgefährdend<br />

und äußerst problematisch<br />

geworden sind. Sie zu beherrschen ist<br />

eine besondere Herausforderung.<br />

Geeignete Lösungen für die anstehenden<br />

Probleme zu finden, müsste für<br />

Sportpolitiker höchste Priorität besitzen.<br />

Mindestens sechs Risiken scheinen<br />

dabei besonders gravierend zu sein.<br />

Da ist zunächst das Risiko der ungezügelten<br />

Kommerzialisierung. Die Kommerzialisierung<br />

des Sports hat bewirkt,<br />

dass das Motiv der Bereicherung alle<br />

sonstigen Motive überlagert, die einstmals<br />

den Sport ausgezeichnet haben.<br />

Finanzielle Interessen sind es, die vorwiegend<br />

das Handeln aller Beteiligten<br />

prägen. Dies gilt gleichermaßen für den<br />

Spitzensport wie für den Breiten- und<br />

Gesundheitssport. Der Sport ist eine<br />

Marktangelegenheit, wobei der Markt<br />

oft nur in verdeckter Form zum Tragen<br />

kommt. Bereits im Kindesalter werden<br />

mit Athletinnen und Athleten Verträge<br />

abgeschlossen, Honorarvereinbarungen<br />

festgelegt, Prämien ausgelobt. Immer<br />

mehr Athletinnen und Athleten betreiben<br />

Sport vorrangig aus materiellen<br />

Erwägungen heraus. Gewinnmaximie-<br />

9


ung ist das tragende Motiv des sportlichen Handelns. In<br />

gleicher Weise handeln die Verbände. Die Frage, wie der<br />

Erfolg gesteigert werden kann, um die Einnahmen zu erhöhen,<br />

steht im Mittelpunkt ihres Denkens. Die Verbände folgen<br />

damit der gleichen Logik wie jene Partner aus der Wirtschaft,<br />

wenn sie sich für den Sport interessieren. Die Folgen einer<br />

derartig ungezügelten Kommerzialisierung, derzeit im gesamten<br />

System des Sports zu beobachten, sind offensichtlich.<br />

Eine mögliche Sinn- und Motivvielfalt wird reduziert, der<br />

Sport nähert sich immer mehr der Arbeitswelt, wird teilweise<br />

mit ihr identisch, selbstloses Handeln wird zurückgedrängt,<br />

Handeln um der Ehre willen muss als naiv eingestuft werden,<br />

technologische Macher aus Wirtschaft und Justiz werden die<br />

Leitpersönlichkeiten eines derartigen Sports.<br />

Die ungezügelte Kommerzialisierung hat eine Reihe von<br />

weiteren Risiken zur Folge, zuvorderst ist dabei die Gefahr der<br />

Korruption zu benennen. Wird das System des Sports vom<br />

Geld dominiert, so ist es naheliegend, dass jenen, die darüber<br />

verfügen, eine besondere Macht zukommt. Deshalb kann es<br />

nicht überraschen, dass Stimmenkäufe bei Wahlen zu beobachten<br />

sind, wenn es um wichtige Positionen im Weltsystem<br />

des Sports geht. Ganze Mannschaften können von reichen<br />

Oligarchen eingekauft werden, mittlerweile stehen auch<br />

ganze Verbände auf der Kaufliste. Korruption lässt sich mittlerweile<br />

nahezu in allen Entscheidungsprozessen innerhalb<br />

des Systems des Sports beobachten. Bei der Vergabe von<br />

attraktiven sportlichen Großereignissen haben sich solche<br />

Tendenzen gezeigt, beim Verkauf von attraktiven Fernsehund<br />

Sponsorenrechten haben sich einige Funktionäre bereichert,<br />

und als Gastgeschenke verhüllte Beeinflussungen sind<br />

längst in allen Sportarten üblich geworden, mit denen sich<br />

Geld verdienen lässt.<br />

Das dritte Risiko, mit dem der Sport konfrontiert ist, hat ebenfalls<br />

mit der Kommerzialisierung zu tun. Es ist die zunehmende<br />

Betrugsgefahr, die in allen denkbaren Varianten zum Ausdruck<br />

kommt. Fast immer wird dabei der Zuschauer und es werden<br />

jene Athletinnen und Athleten betrogen, die bereit sind, das<br />

Prinzip des Fair-Play zu beachten und die selbstgesetzten<br />

Regeln zu befolgen. Wettbetrug, Schiedsrichterbestechung,<br />

Ergebnisabsprachen und manipulierte Wettkämpfe sind das<br />

Dauerthema der Berichterstattung über den Sport.<br />

Das Betrugsthema gipfelt in dem wohl dramatischsten Risiko,<br />

mit dem der Sport derzeit konfrontiert ist. Die medikamentöse<br />

Manipulation sportlicher Leistung, der Dopingbetrug, hat<br />

ein Ausmaß erreicht, das eine Hilflosigkeit bei den Verantwortlichen<br />

im System des Sports zur Folge hat, die ihresgleichen<br />

sucht. Kriminelle Netzwerke, die sich durch höchste<br />

Professionalität auszeichnen, haben mittlerweile den gesamten<br />

Hochleistungssport unterlaufen und haben eine Situation<br />

hervorgerufen, in der der Zuschauer mit seinen Zweifeln über<br />

die Qualität der sportlichen Leistung allein gelassen wird. Das<br />

10<br />

Phänomen des Dopingbetrugs hat dabei den Charakter eines<br />

Flächenbrandes. Bisher eingeschlagene präventive Maßnahmen<br />

zeichnen sich durch Hilflosigkeit aus; ein teures und in<br />

seiner Wirkung bei weitem überschätztes Kontrollsystem hat<br />

allenfalls einen Alibicharakter, und nach wie vor stehen dem<br />

Dopingproblem viel zu viele Sportfachverbände halbherzig<br />

und folgenlos gegenüber. Gleiches gilt für die beteiligten<br />

Partner aus Staat und Wirtschaft. Dies alles hat zur Folge,<br />

dass für jene, die sich für den Betrug entschieden haben,<br />

dieser sich lohnt. All jene, die aus dem Dopingbetrug ihren<br />

Vorteil und Nutzen ziehen können, verfügen über eine Macht,<br />

die die wenigen engagierten Antidoping-Kämpfer zwangsläufig<br />

als ohnmächtig erscheinen lassen.<br />

Als fünftes Risiko ist von der Gewalt zu sprechen, die den<br />

Sport seit seinen Anfängen begleitet, die jedoch in einem<br />

kommerzialisierten Sport mit immer wieder neuen Merkmalen<br />

zutage tritt. Psychische und physische Gewaltexzesse<br />

unter Spielern, Athletinnen und Athleten, Zuschauergewalt in<br />

den und außerhalb der Sportarenen sind dabei die Markierungspunkte,<br />

die allenthalben sichtbar sind. In diesem<br />

Zusammenhang muss aber auch von den verbalen Zuschaueraggressionen<br />

gesprochen werden, die in einigen Sportarten<br />

ein Ausmaß angenommen haben, dass das Prinzip des Fair-<br />

Play ständig mit Füßen getreten wird. Verbale Aggressionen<br />

unter Athletinnen und Athleten haben ebenfalls eine Entwicklung<br />

aufzuweisen, die meist großzügig übersehen wird.<br />

Die Verrohung der Sprache im Sport ist dabei jedoch offensichtlich,<br />

und es muss dabei angenommen werden, dass<br />

aggressives sprachliches Handeln auf das Engste mit physischer<br />

Gewalt verknüpft ist.<br />

Schließlich muss von einem sechsten Risiko gesprochen<br />

werden, das auf eine Paradoxie verweist. Im Alltagswissen<br />

über den Sport kommt der Gesundheit eine herausragende<br />

Bedeutung zu. Der Sport wird durch seine Gesundheitsfunktion<br />

legitimiert: Wer Sport treibt, lebt gesünder, mittels Sport<br />

können Lebenserwartungen vergrößert werden, Sport wirkt<br />

präventiv in Bezug auf mögliche Risikofaktoren, die die<br />

Gesundheit des Menschen beeinträchtigen. Diese besondere<br />

Bedeutungszuschreibung hat dem Sport bislang sehr genützt,<br />

nicht zuletzt ihr ist es zuzuschreiben, dass der Sport ein<br />

Wachstumsphänomen erster Ordnung in den vergangenen<br />

Jahrzehnten geworden ist. Doch genau die Gesundheit ist<br />

mittlerweile zu einem Risikofaktor des Sports selbst geworden.<br />

Der Sport muss mit der Paradoxie leben, dass er einen<br />

positiven Beitrag zur Gesundheit erbringen kann, dass mittels<br />

Sporttreiben jedoch auch die Gesundheit gefährdet wird. Er<br />

muss auch damit leben, dass nicht alle Bedeutungsmotive,<br />

die Menschen mit Sport verbinden, notwendigerweise der<br />

Gesundheit dienen. Dies war lange Zeit unproblematisch,<br />

problematisch ist mittlerweile jedoch, dass die Beeinträchtigungen<br />

der Gesundheit durch den Sport selbst ein Ausmaß<br />

annehmen, das nicht länger hingenommen werden kann.


Auch hier zeigen sich die Folgen der Kommerzialisierung.<br />

Hochleistungssport hat exzessiven Charakter,<br />

der Athlet wird dabei auf verantwortungslose<br />

Weise dem freien Markt ausgeliefert. Nicht<br />

nur im Handball zeigt sich, dass die Spieler hilflos<br />

der Überbelastung ausgeliefert sind und nahezu<br />

täglich ihre Gesundheit aufs Spiel setzen. Im<br />

gesamten Hochleistungssport kann nur noch<br />

bedingt von einer positiven Gesundheitswirkung<br />

gesprochen werden. Die Folgeschäden sind offensichtlich.<br />

Montag für Montag kann man sie in<br />

den Praxen von Ärzten beobachten. Die Aufwendungen<br />

aus dem medizinischen System, um die<br />

Leistungsfähigkeit von Athleten zu erhalten, sind<br />

mittlerweile immens, sie wachsen ständig, und<br />

Interventionen erfolgen in unkontrollierter Weise.<br />

Gesundheitsmanagement ist längst zur zentralen<br />

Herausforderung des gesamten Hochleistungssports<br />

geworden. Aber nicht nur im Spitzensport<br />

kommt es zur Gefährdung der Gesundheit, exzessive<br />

Tendenzen zeigen sich auch im Breiten - und<br />

Gesundheitssport. Der Fetisch Gesundheitssport<br />

kann sich sehr schnell in sein Gegenteil verkehren.<br />

Angesichts dieser Risiken kann in Analogie zu<br />

Becks "Risikogesellschaft" von einem "Risikosport"<br />

moderner <strong>Gesellschaft</strong>en gesprochen werden. Es<br />

scheint dabei zu einer Kumulation von Risiken zu<br />

kommen, die in ihrem Kern auf einen gravierenden<br />

Werteverfall verweist. Im hierarchischen<br />

Gefüge jener Werte, die den Sport prägen, haben<br />

sich entscheidende Veränderungen ereignet. Das<br />

Fair-Play als Leitprinzip wird durch den Betrug,<br />

durch Korruption, durch Manipulation sportlicher<br />

Leistungen entwertet, Egoismus und Gewinnsucht<br />

nehmen hingegen eine vorrangige Position ein.<br />

Eigennutz verdrängt Solidarität, Spiel wird zu<br />

Arbeit und Geschäft, Leistung wird als Prinzip<br />

desavouiert. Glücklicherweise sind nicht alle<br />

Bereiche von derartigen Entwicklungen betroffen,<br />

doch die Risiken, die im Sport anzutreffen sind,<br />

scheinen die Einheit des Sports mehr und mehr in<br />

Frage zu stellen. Sport, wie er sich in Vereinen Tag<br />

für Tag und an den Wochenenden ereignet, hat<br />

immer weniger mit jenem Sport zu tun, der die<br />

öffentliche Aufmerksamkeit erregt und in dem<br />

Kommerz die Oberhand gewonnen hat. Den<br />

Spagat zu meistern, war schon immer eine<br />

Herausforderung des modernen Sports. Jene, die<br />

für den modernen Sport von heute verantwortlich<br />

zeichnen, sollten jedoch wissen, dass jeder<br />

Spagat seine Grenzen hat. Werden sie überschritten,<br />

so ist ein irreparabler Riss die Folge.<br />

11


Geisteswissenschaftler übersetzen Doping<br />

Sinnfragen zum Spitzensport beantworten<br />

Von Bianka Schreiber-Rietig<br />

Sie sind schon lange von ihrem Elfenbeinturm herabgestiegen,<br />

auch in die Niederungen - wie mancher Intellektuelle<br />

immer noch ironisch bemerkt - des Sports: An<br />

Universitäten sind Sportwissenschaften aller Art heute anerkannte<br />

Disziplinen. Und wer etwa in der Ringvorlesung zum<br />

Thema "Grenzen Los? - Spitzensport-Globalisierung- Regionalisierung"<br />

der Berliner Humboldt-Universität sitzt, wo sich<br />

exzellente Professoren mit der breiten Palette Sport - und<br />

speziell Spitzensport - auseinandersetzen, dem wird noch<br />

einmal deutlich vorgeführt, wie komplex und auch beliebt<br />

dieser Sport seit langem nicht nur als Bewegungs- sondern<br />

auch als Forschungs- und Experimentierfeld geworden ist.<br />

12<br />

In den letzten Jahrzehnten wurden viele Aspekte des Sports<br />

aus der jeweiligen Perspektive untersucht: Soziologen, Pädagogen,<br />

Juristen, Mediziner, Natur- und Geisteswissenschaftler<br />

- alle sammelten kleine Mosaiksteinchen, um Sport und seine<br />

Wirkung zu erklären, zu verbessern, um ihm zum Erfolg zu<br />

verhelfen. Oder auf Gefahren aufmerksam zu machen. Die<br />

Wissenschaft hat sich in vielen Bereichen als wertvoller<br />

Interpret und Helfer des Sports gezeigt, war aber nicht selten<br />

ein Alibipflänzchen, das manchmal auch selbstverliebt an<br />

unnützen Themen hing. Viele Untersuchungen und Ergebnisse<br />

- vor allem solche, die am schönen Bild des Sports kratzten -<br />

verschwanden oft ungelesen in den Schubladen der Sportver-


antwortlichen, die<br />

sich nicht gerne<br />

mit Problemen<br />

auseinandersetzen<br />

wollten.<br />

Willkommen in<br />

der Galaxie des<br />

Sports! In einer<br />

Schein- und<br />

Parallelwelt, die<br />

zwischen<br />

Anspruch und<br />

Wirklichkeit durch<br />

den realen Alltag<br />

taumelt, die mit<br />

Pathos die gute<br />

Welt des Fair<br />

Plays, des Teamgeists,<br />

des sozialen<br />

Engagements,<br />

des Miteinanders,<br />

des Völkerverbindenden,<br />

des<br />

Integrativen<br />

predigt und<br />

beschwört - und<br />

damit eine Gesin-<br />

und wollen<br />

nungsethikvorgibt, die sie gar<br />

nicht hat. Ja, da<br />

gibt es den Sport<br />

und das Spiel, die<br />

Spaß machen, wo<br />

durch Bewegung<br />

der Stress des<br />

Alltags und der<br />

Arbeit abgeschüttelt<br />

werden kann.<br />

Vom Menschen<br />

unter Druck zum<br />

homo ludens<br />

werden - wenn auch nur für kurze Zeit. Der Sport als Erholungs-Biotop.<br />

Da gibt es den Wettkampfsport, der an Grenzen führt, wo<br />

man sich freut über einen Sieg beim Tennis und dabei noch<br />

das gute Gefühl hat, für sich etwas getan zu haben. Da sind<br />

die Kinder und Jugendlichen, die auf dem Platz lernen sollen,<br />

sich in die Mannschaft harmonisch einzufügen und ihren<br />

Eigensinn zu Gunsten des großen Ganzen, nämlich des Teams,<br />

aufzugeben, mannschaftsdienlich zu spielen und dazu noch<br />

gute soziale Erfahrungen zu machen.<br />

Moment! Ist das so? Zeigt die Fair-Play-Forschung nicht, dass<br />

das mit dem Umgang miteinander auf dem Platz doch nicht<br />

so ohne ist? Dass die lieben Kleinen, je länger sie im Spielbetrieb<br />

zu Gange sind, um so trickreicher und schlitzohriger<br />

Fairness umgehen? Funktioniert das mit dem Werte-Vermitteln<br />

wirklich noch? Schließlich lassen ja auch die Vorbilder<br />

auf dem Rasen oder in den Arenen zu wünschen übrig.<br />

Möchte man im Sport wirklich über Werte reden - außer in<br />

Sonntagsreden? Da müsste man vieles in Frage stellen. Vor<br />

allem den Spitzensport, dem ja das öffentliche Hauptinteresse<br />

gehört. Um die grundsätzliche Frage "Welchen Sport<br />

wollen wir?", lavieren alle herum. Denn alles, den sauberen<br />

und den erfolgreichen Sport - so zeigt die leidige Wirklichkeit<br />

- können wir in diesem System und bei diesen gesellschaftlichen<br />

und politischen Vorgaben offensichtlich immer weniger<br />

haben. Wissenschaft war bisher bei den sportlichen und oft<br />

auch politischen Protagonisten meist nur von Interesse, wenn<br />

sie hilfreich, ja erfolgsfördernd war: So gewannen Biomechaniker<br />

und Biochemiker, aber vor allem Mediziner, bei Athleten,<br />

Trainern, und Funktionären schnell ein hohes Ansehen: Sie<br />

waren die vermeintlichen Garanten für Erfolge.<br />

Je mehr Spitzensport Prestige bedeutete, je mehr das Wettrüsten<br />

zwischen Ost und West gesteigert wurde, je mehr<br />

ökonomische Gewinne zu erzielen waren, um so mehr<br />

schätzten die "Sportmacher" ihre Mediziner. Und jede kritische<br />

Bemerkung, ob denn da alles mit rechten Dingen zuginge,<br />

und dass nicht nur die Schwimmerinnen in der DDR so<br />

merkwürdig tiefe Stimmen hätten, sondern auch manche<br />

Sportlerin in westdeutschen Teams sich mit breitem Kreuz<br />

präsentiert, verbat man sich.<br />

Auch Jahrzehnte später gibt es die medizinischen und chemischen<br />

Experimentierfelder, auf denen Ärzte sich am Versuchskaninchen<br />

Athlet austoben zum Wohle ihrer selbst - und<br />

wessen noch? Des Athleten? Des jeweiligen Sportverbandes<br />

und seiner Protagonisten? Auf wessen Kosten? Auf jeden Fall<br />

auf Kosten der Gesundheit des Athleten. Aber der will doch<br />

Erfolg! Und alle wollen Erfolg. Überhaupt, wenn der ausbleibt,<br />

gibt es keine Förderung mehr. Das System ist schuld am<br />

Sündenfall. Mehrere Systeme sind da wohl den Anforderungen<br />

nicht gerecht geworden. "Ohne zur Entweihung der<br />

hehren Wissenschaft beitragen zu wollen: Die Strukturen an<br />

Universitäten werfen schon die Frage auf, wie wissenschaftliche<br />

Arbeit kontrolliert wird", sagt Elk Franke, Professor für<br />

Sportpädagogik und Sportphilosophie. Dass Auswüchse wie in<br />

Freiburg möglich waren, lag wohl auch daran, dass meist die<br />

einzelnen Bereiche alleine vor sich hinforschten.<br />

Wer kümmerte sich schon ernsthaft - außer auf Kongressen -<br />

um ethische Fragen? Doppelmoral war und ist der Seilakt,<br />

den noch immer viele Verbände, Funktionäre und Athleten<br />

vollführen. Und auch mancher Wissenschaftler - die berühm-<br />

13


ten Schwarzen Schafe sind Synonym für individuelle Fehlleistungen,<br />

aber keineswegs für systemimmanente Entwicklungen.<br />

Insofern ist das Projekt, das Humboldt- und Technische<br />

Universität Berlin nun starten werden und das vom Bundesministerium<br />

für Bildung und Forschung (BMBF) mit über 1,3<br />

Millionen Euro gefördert wird, etwas Wegweisendes: Nicht<br />

nur zwei Unis haben sich zusammengetan, sondern das ganze<br />

Projekt unter dem Titel "Translating Doping - Doping übersetzen"<br />

ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt und beinhaltet<br />

zwangsläufig gegenseitige Kontrollmechanismen.<br />

Wenn es um Dopingfragen ging, waren bisher Juristen und<br />

Mediziner gefragt, Geisteswissenschaftler blieben außen vor.<br />

Dabei sind sie es, die auf gesellschaftliche Probleme viele<br />

Antworten geben könnten. "Philosophen im traditionellen<br />

Sinne zeichnen sich dadurch aus, dass sie Fragen haben, wo<br />

andere nicht mehr fragen", sagt Professor Elk Franke, der nun<br />

dieses drei Jahre dauernde Projekt an der Humboldt-Uni<br />

leiten wird.<br />

Doping übersetzen - wie soll das gehen? Mit den richtigen<br />

Fragen. So werden sich die Wissenschaftler etwa mit rechtlichen<br />

und medizinischen Konfliktfällen befassen, die im Sportsystem<br />

auftreten. Woraus sich Fragen ergeben wie: Welche<br />

Rolle spielen der menschliche Körper und das Menschenbild<br />

insgesamt, wenn Grenzen und Grenzwerte diagnostisch und<br />

rechtlich diskutiert und festgelegt werden? Wenn diese und<br />

weitere Fragen beantwortet sind, dann sollen in einer Anti-<br />

Doping-"Database" die "Paradoxien, die mit der aktuellen<br />

Dopingdiskussion verbunden sind, für Außenstehende transparent<br />

gemacht und vor allem Lösungsmöglichkeiten angeboten<br />

werden", so Franke.<br />

Die Database bringt naturwissenschaftliche und geisteswissenschaftliche<br />

Quellen zusammen - also bekommt man<br />

ganzheitliche Antworten, wenn man sie denn will. Denn ob<br />

im Sport "Bereitschaft und Sensibilität", etwas ändern zu<br />

wollen, wirklich vorhanden sind, ist doch mehr als fraglich,<br />

wie die Vergangenheit zeigt.<br />

Beispiel Doping. "Wenn man über Eis geht, dann weiß man<br />

nicht, wie dick es ist. Und man tut gut daran zu handeln,<br />

bevor man einbricht", sagt Franke. Sensibles Handeln bedeutet<br />

auch Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. "Wenn eine<br />

Sportart erst einmal Glaubwürdigkeit verloren hat, dann ist es<br />

wie in der Alltagswelt auch - man muss hart und überzeugend<br />

daran arbeiten, sie wieder zu erreichen." Als Beispiel, wo<br />

es nun gerade nicht besonders gut klappt mit der Glaubwürdigkeit,<br />

führt Franke den Radsport an.<br />

Aber auch in anderen Sportarten funktioniert das mit der<br />

Glaubwürdigkeit immer weniger: Es werden Sportevents<br />

inszeniert, wo der eigentliche Sport, der Wettkampf, nur noch<br />

eine Nebenrolle spielt. "Wir sind in einer <strong>Gesellschaft</strong>, die sich<br />

14<br />

sehr viel auf Bilder konzentriert und auf schnelle Meldungen",<br />

sagt Franke.<br />

In dieser medialen Welt, die auch den Sport hauptsächlich<br />

unter ökonomischen und vermarktungstechnischen Gesichtspunkten<br />

sieht, steht der Athlet. "Dem sind biologische, somit<br />

zeitliche Grenzen gesetzt, und er muss sich im modernen<br />

Hochleistungssport aus anderen Umwelträumen verabschieden.<br />

Das heißt, er muss eine Güterabwägung treffen: Wie viel<br />

Zeit muss ich investieren, und was bekomme ich dafür<br />

heraus? Und so unterwirft er sich auch den medienrelevanten<br />

Verwertungsstrukturen, damit sich der Marktwert steigert",<br />

sagt Franke. "Sport mit großen Eventeinlagen hat zwar einen<br />

Showcharakter, ist aber, solange der Wettbewerb nicht beeinflusst<br />

wird und ergebnisoffen ist, immer noch Sport. Beispiel:<br />

Der letzte Boxkampf von Axel Schulz war so schnell zu Ende,<br />

dass die Gäste in<br />

der VIP-Lounge<br />

noch nicht mal ihr<br />

Sektglas in der<br />

Hand hatten.<br />

Ergebnisoffen -<br />

dass es so schnell<br />

ging, damit hatte<br />

keiner gerechnet.<br />

Beim Wrestling<br />

werden Sie keinen<br />

Wettbewerb<br />

erleben, der nicht<br />

mindestens über<br />

12 Runden geht.<br />

Die Zuschauer<br />

erwarten das, weil<br />

es eine Showveranstaltung<br />

ist."<br />

Doch eine Reihe<br />

von noch immer<br />

als Sportarten<br />

geltenden Disziplinen<br />

ist auf dem<br />

besten Weg, zum<br />

Zirkus zu werden -<br />

nicht zuletzt auch<br />

deswegen, weil<br />

"ehrliche" Wettbewerbe<br />

nicht<br />

immer garantiert<br />

sind: KorruptionsundManipulationsvorwürfe<br />

gehören ja heute<br />

zum Sportgeschehen<br />

- vor allem im


ezahlten Sport. "Auf Bestechungsvorwürfe reagieren Medien<br />

und Öffentlichkeit sehr sensibel", sagt Franke.<br />

Auch auf Doping wird empört reagiert. Doch nach einem<br />

kurzen Liebesentzug ist oft alles schnell wieder vergeben und<br />

vergessen. Idole sind auch fehlbar - sie sind wie du und ich.<br />

Die Stellvertreter-Inszenierung klappt deshalb auch beim<br />

Doping: Schließlich können wir den Stress, den Druck, die<br />

Wehwehchen des Alltags oft auch nur mit Hilfe der Pharmaindustrie<br />

durchstehen. Und sie, die modernen Helden, müssen<br />

noch mehr bringen, müssen rekordtauglich sein. Was sind da<br />

schon ein paar Pillen oder andere Helferchen, wenn sie in<br />

Superzeiten über die Ziellinie fliegen?<br />

"Der Sport", so schrieb der Schriftsteller Maurice Barres<br />

einmal bissig, "züchtet Trottel, Herzkranke, Krüppel und<br />

Gewalttäter." Die Welt des Sports ist nicht besser oder<br />

schlechter als andere <strong>Gesellschaft</strong>sbereiche, aber Antworten<br />

und Methoden, die im Alltagsleben greifen oder einen<br />

Placeboeffekt haben - sprich Beruhigungsmittel sind -<br />

erweisen sich im Sport oft als untauglich und nicht praktikabel.<br />

Ein Ziel des Berliner Projekts ist, eine "Lücke zu<br />

schließen", denn es "kann dem Sport nur dann auch in<br />

Zukunft seine spezifische gesellschafts- und wirtschaftspolitische<br />

Bedeutung zugesprochen werden, wenn es gelingt,<br />

ihm auch eine anerkannte ethische Legitimation zuzusprechen",<br />

heißt es in der Vorstellung des Verbundprojekts. Auf<br />

die Resultate kann man gespannt sein. Doch noch mehr<br />

darauf, was Sportfunktionäre dann damit anfangen. Wie<br />

sagte schon Karl Marx: "Die Philosophen haben die Welt nur<br />

verschieden interpretiert; es kömmt aber darauf an, sie zu<br />

verändern."<br />

15


Traditionsbewusst und modern zugleich:<br />

Das <strong>Deutsche</strong> Turnfest <strong>2009</strong> hat mühelos Grenzen überschritten<br />

Von Steffen Haffner<br />

16


Turnbewegung, wie hast du dich verändert! Ihre bedeutendsten<br />

Pioniere staunten zum Beginn des Internationalen<br />

<strong>Deutsche</strong>n Turnfests in der Frankfurter Paulskirche<br />

nicht schlecht. Johann Christoph Friedrich GutsMuths, vor<br />

gut 200 Jahren Schöpfer des Schulturnens und des pädagogischen<br />

Spiels, und Turnvater Friedrich Ludwig Jahn konnten sich<br />

in ihrem fiktiven Gespräch nur wundern, was aus ihren Ideen<br />

geworden ist. Schon beim beschwingten Festakt an der Stätte<br />

der Nationalversammlung von 1848 setzten Tänzerinnen,<br />

Sportakrobatinnen und die Frauen von "Drums alive", die<br />

Gymnastikbälle mit Trommeln traktierten, die Akzente. Und das<br />

im einst so männlich geprägten Turnen, in dem sich das weibliche<br />

Geschlecht erst zum Beginn des vorigen Jahrhunderts die<br />

Teilnahme an Turnfesten erkämpfte.<br />

Inzwischen haben sich die Verhältnisse umgekehrt. Von den 5,1<br />

Millionen Mitgliedern im <strong>Deutsche</strong>n Turner-Bund (DTB) sind<br />

sage und schreibe 3,4 Millionen weiblich. In Frankfurt am<br />

Main, das zum fünften Mal Gastgeber des größten Breitensportfests<br />

der Welt war, betrug der Anteil der Mädchen und<br />

Frauen 67,5 Prozent. Das Turnfest kam erfrischend jugendlich<br />

daher. Von den 65 000 (Dauer-)Teilnehmern) - zu denen noch<br />

20 000 Tagesbesucher stießen - waren knapp 21 000 zwischen<br />

11 und 18 Jahre alt. Dafür blieben diesmal mehr Ältere zu<br />

Hause, was der Turner-Bund auf ein zu knappes Angebot an<br />

preisgünstigen Hotels zurückführt. Dennoch waren immer<br />

noch genügend bejahrte Turnbrüder und Turnschwestern mit<br />

Herz und Eifer dabei, wie auch 1353 nicht selten deutschstämmige<br />

Turner aus 40 Ländern. Im munteren Jugendlager mit<br />

320 Teilnehmern aus 12 Ländern wurden ebenfalls im lockeren<br />

Kontakt Grenzen übersprungen, ganz nach dem Motto des<br />

Frankfurter Turnfests "Wir schlagen Brücken".<br />

Alle ließen sich einfangen von einem vielschichtigen Ereignis,<br />

das vom Schlafen auf Luftmatratzen in den Schulturnhallen<br />

über anspruchsvolle Showvorführungen in ausverkauften<br />

Hallen bis hin zu Wettkämpfen zum Anschauen und Mitmachen<br />

reichte. 16 000 Turner stellten sich in 17 Altersklassen<br />

dem Leistungstest des Wahlwettkampfs. Jahn-, und Friesenkampf<br />

sowie das Wertungsmusizieren der Turner-Musiker, dazu<br />

der sich nur zäh vorwärts bewegende Festzug mit 4500 Teilnehmern<br />

und mit 1000 reich bestickten historischen Fahnen,<br />

standen für die alte Turner-Tradition.<br />

Als Kontrast dazu wurden die neuesten Trends des Freizeit-,<br />

Fitness- und Gesundheitssports mit dem Kern Gymnastik, die<br />

der DTB unter der Marke GYMWELT bündelt, gezeigt. "Slackline",<br />

das Balancieren auf einem fünf Zentimeter breiten Gurtband,<br />

ist der Renner. Power Trider, ein Hightechgerät, das man<br />

sich unterschnallt wie der unterschenkelamputierte südafrikanische<br />

Sprinter Oscar Pistorius seine federnden Prothesen,<br />

erlaubt große Sprünge. Im Tuju-Club der Turnerjugend konnten<br />

sich die Teilnehmer unter anderem an Teamsportarten wie<br />

Ultimate Frisbee oder Unihockey (auch Floorball genannt),<br />

17


einer Mischung aus Eishockey und klassischem Hockey, versuchen.<br />

Konnten in einem Parcours der Behinderten nachempfinden,<br />

wie es ist, sich im Rollstuhl oder mit einer stark die Sicht<br />

einschränkenden Brille vorwärts zu bewegen.<br />

Einen starken Akzent setzte der DTB beim Turnfest mit dem<br />

Thema Kinder. Im Kinderturnland tummelten sich die Kleinen<br />

mit leuchtenden Augen an den verschiedenen Spiel- und<br />

Turnstationen bis hin zur rasanten Fahrt mit dem Rollbrett. An<br />

mehreren Stellen des Turnfests konnten Mädchen und Jungen<br />

den Kinderturntest absolvieren. Dabei werden mit sieben<br />

einfachen Übungen Koordination, Beweglichkeit, Kraft und<br />

Ausdauer von Drei- bis Zehnjährigen überprüft. Dieser Test ist<br />

Teil der seit drei Jahren laufenden Kinderturnkampagne des<br />

DTB, der von der Krankenkasse BEK unterstützt und von der<br />

Universität Karlsruhe wissenschaftlich begleitet wird. Inzwischen<br />

sind rund 250 000 Mädchen und Jungen erfasst worden.<br />

Andere Untersuchungen hatten zuvor ergeben, dass sich der<br />

Fitnesszustand von deutschen Kindern dieser Altersgruppe im<br />

Vergleich zu Werten von vor 20 Jahren um zehn Prozent<br />

verschlechtert hat. Professor Klaus Bös berichtete in Frankfurt,<br />

der Kinderturntest habe diesen Trend nicht bestätigt. Vielleicht,<br />

weil die beteiligten Kindergärten, Schulen und Vereine ohnehin<br />

sportfreundlich sind. Ziel des DTB ist es, langfristig besonders<br />

die passiven Kinder zu aktivieren und in die Vereine zu locken.<br />

An der Turnfest-Akademie nahmen 5 500 Interessierte, darunter<br />

zahlreiche Übungsleiter und ihre Ausbilder, in 620 Workshops<br />

teil. 217 Wissenschaftler und andere Experten boten<br />

einen Großteil des Bildungsspektrums der Turnbewegung an.<br />

Das reichte vom Pilates-Studio bis zu Aroha und Indian Balance,<br />

sogenannten Body&Mind-Programmen, die Körper und<br />

Geist in Harmonie bringen sollen, wie Akademie-Leiterin<br />

Gudrun Paul erläuterte.<br />

Bei allem Ernst in Theorie und Praxis wurde beim Turnfest auch<br />

herzhaft gefeiert. Allabendlich lockte die Wassershow mit ihren<br />

phantasievollen Laserprojektionen auf eine 200 Meter breite und<br />

40 Meter hohe Wand aus Gischt, verzauberten die über dem<br />

Main vor der Kulisse der Bankentürme als Sonne und Mond<br />

schwebenden Riesenballons. Das 1,1-Millionen-Euro-Geschenk<br />

der Stadt Frankfurt wurde von rund 2,6 Millionen Besuchern der<br />

Flussfestmeile an beiden Main-Ufern dankend angenommen.<br />

Die 800 000 Euro teure Stadion-Gala sorgte vor 40 000<br />

Zuschauern in der Commerzbank-Arena mit einer die Sinne<br />

fast überreizenden Kolossalshow für einen nachhallenden<br />

Schlussakkord. Angela Merkel, die mit prasselndem Beifall<br />

bedacht wurde, lobte: "Die Turner haben ein wunderbares Bild<br />

des Turnsports abgegeben." Das galt auch für die Gala. Sie<br />

spiegelte in dem Dauerrahmen von 2500 in Rot und Weiß<br />

gewandeten Turnern den Charakter des Turnfests: so verwirrend<br />

vielschichtig und voll gepackt mit Attraktionen, dass die<br />

Zuschauer kaum wussten, wohin sie schauen sollten. Es war<br />

18<br />

eine kühne Kombination aus individuell<br />

agierenden Gruppen von Akrobaten und<br />

Turnern, von Hip-Hop-Tänzern und<br />

Ballerinen, die sich zu einer Großchoreographie<br />

fanden, ohne zu seelenlosen<br />

Menschenmarionetten zu werden. Bei<br />

aller Überfülle des Angebots wurde den<br />

turnerischen Darbietungen am aufmerksamsten<br />

applaudiert. Und natürlich<br />

machte sich die Begeisterung vor allem<br />

an Fabian Hambüchen und seiner fulminanten<br />

Reck-Kür fest. Schade, dass das<br />

Turnidol bei seinem Sieg im Wettbewerb<br />

der Champions Trophy und beim Gewinn<br />

von fünf deutschen Meistertiteln am<br />

Rande im Vorort Höchst statt im Zentrum<br />

der Festhalle platziert wurde.<br />

Das hinderte die Medien aber nicht<br />

daran, das 35,6 Millionen Euro teure<br />

Turnfest weitgehend nur als lokales<br />

Ereignis wahrzunehmen und sich überregional<br />

zumeist auf Hambüchen, Leistungsturnen<br />

und den Titelstreit in der<br />

Rhythmischen Sportgymnastik zu<br />

beschränken. Damit aber wurden die<br />

vielschichtigen Wirkungsmöglichkeiten<br />

des Turnfests eines Stückes ihrer medialen<br />

Durchschlagskraft beraubt. Dennoch<br />

wird das Ereignis positiv in die Turnbewegung<br />

hinein und darüber hinaus<br />

strahlen. Auffällig war ein Zug zur Professionalität,<br />

der Trend zu Showdarbietungen,<br />

womit sich vor allem Mädchen<br />

und Frauen ansprechen lassen, und der<br />

Hang zu spektakulären Highlights. Das<br />

Turnfest scheint keine Grenzen zu kennen,<br />

nach der Devise: Turnen ist (fast)<br />

alles, was sich bewegt und was gefällt.<br />

Die Teilnehmer sind mit einem Sack<br />

voller guter Erinnerungen an ein heiteres,<br />

sonniges Turnfest heimgereist, das nicht<br />

zuletzt von 10 000 freiwilligen Helfern<br />

getragen wurde. Die Gastgeber, die vom<br />

DTB-Präsidenten Rainer Brechtken mit<br />

einem "Frisch, fromm, fröhlich, frei -<br />

Frankfurt" geadelt wurden, waren ihrerseits<br />

begeistert von den freundlichen,<br />

sich tadellos benehmenden Turnern. Sie<br />

dürfen - wozu Oberbürgermeisterin<br />

Petra Roth pauschal einlud - (irgendwann)<br />

wiederkommen: zum sechsten<br />

Frankfurter Turnfest.


Über Europa in die Welt<br />

Vor der WM <strong>2009</strong> in Berlin: Zwischen der Leichtathletik und der<br />

<strong>Olympische</strong>n Bewegung besteht traditionelle Verbundenheit<br />

E<br />

s hat lange gedauert, bis sich die Leichtathleten<br />

dazu durchringen konnten, dem Zug der Zeit zu<br />

folgen und - wie z.B. die Fußballer (seit 1930) alle<br />

vier Jahre oder die Radfahrer (seit 1921) in jährlichem<br />

Rhythmus - eigene Weltmeisterschaften auszurichten. Das<br />

war erst 1983 der Fall, 71 Jahre nach der Gründung der<br />

International Amateur Athletic Federation (IAAF) und lange<br />

auch vor den ersten Europameisterschaften 1934 (Männer)<br />

und 1938 (Frauen); zunächst alle vier Jahre und nach 1991<br />

jedes zweite Jahr. Berlin<strong>2009</strong> (15.8. bis 23.8.) ist also die 12.<br />

WM.<br />

20<br />

Vor 1983 gab es schon ein paar Anläufe, die das Großereignis<br />

vorbereitet haben. Zu ihnen gehören der 1977 in Düsseldorf<br />

erstmals durchgeführte Weltcup sowie die vorgelagerten<br />

Weltmeisterschaften über 50 km Gehen der Männer (1978)<br />

und 3.000 m der Frauen (1980) - alles Disziplinen, die bei den<br />

<strong>Olympische</strong>n Spielen im jeweiligen Jahr nicht auf dem Programm<br />

standen. Das entsprach genau dem Teil der IAAF-<br />

Satzung von 1913, der festlegte, dass die <strong>Olympische</strong>n Spiele<br />

auch als Weltmeisterschaften galten und der Olympiasieger<br />

auch Weltmeister sei. Eine Überschneidung von Olympia und<br />

WM war damit zu Gunsten von Olympia ausgeschlossen. Und


die Rangordnung war insofern<br />

eindeutig festgeschrieben.<br />

Die meisten WM-Orte waren<br />

europäische Großstädte,<br />

insgesamt neun, und nun ist<br />

Deutschland nach Stuttgart<br />

(1993) zum zweiten Mal<br />

Gastgeber, 20 Jahre nach<br />

dem Fall der Mauer und dem<br />

Untergang der DDR. Der<br />

andere deutsche Staat repräsentierte<br />

mit dem DVfL einen<br />

Verband, der mit den Großen<br />

der Zunft, den USA an der<br />

Spitze, nicht nur Schritt<br />

halten konnte, sondern sie<br />

gelegentlich in den Ranglisten<br />

gar überflügelte. Der<br />

andere deutsche Verband, der<br />

1949 in München gegründete<br />

<strong>Deutsche</strong> Leichtathletik-<br />

Verband (DLV), hat eine<br />

solche WM-Bilanz aus<br />

bekannten Gründen nie<br />

aufweisen können, 1987 in<br />

Rom mit nur drei Medaillen<br />

(kein Gold) sogar ein damals<br />

als Desaster empfundenes<br />

Tief erlebt und 2008 bei den<br />

Spielen in Peking mit nur<br />

einer (Bronze-) Medaille sein<br />

schlechtestes Olympiaergebnis<br />

seit 104 Jahren erzielt.<br />

Ein wesentlicher Grund für<br />

den verspäteten Start der<br />

WM - auch als Konzession an<br />

den Zeitgeist - ist die traditionelle<br />

Verbundenheit der<br />

Leichtathletik mit der <strong>Olympische</strong>n<br />

Bewegung und einer<br />

ununterbrochenen Teilnahme an <strong>Olympische</strong>n Spielen von<br />

Beginn an. Nicht umsonst gilt sie als die "Krone des olympischen<br />

Sports". Auch <strong>Deutsche</strong> mit leichtathletischer Herkunft<br />

hatten enge Verbindungen zu Olympia: Carl Diem, der 1912<br />

wegen der Übernahme des Amtes als Generalsekretär der<br />

<strong>Olympische</strong>n Spiele 1916 in Berlin - sie fielen allerdings<br />

wegen des 1. Weltkriegs aus - den Vorsitz des deutschen<br />

Leichtathletik-Verbands aufgab; Karl Ritter von Halt, Vorsitzender<br />

(1931 - 1945) und später DLV-Ehrenpräsident, der seit<br />

1929 bis zu seinem Lebensende (1964) Mitglied im IOC war<br />

und national Präsident des NOK (1951-1960). Die internatio-<br />

Von Winfried Joch<br />

nale Personalvariante, der Schwede Sigfrid Edström, erster<br />

Präsident der IAAF (1912-1946), war eine Zeit lang gleichzeitig<br />

auch IOC-Präsident (1942 - 1952). 1952 löste ihn im IOC-<br />

Amt der Amerikaner Avery Brundage ab, auch ein früherer<br />

Leichtathlet und Olympiastarter.<br />

Die europäische Prägung<br />

der Leichtathletik<br />

Die Nähe zwischen Leichtathletik und Olympia ist auch das<br />

Resultat einer geistigen Verwandtschaft. Die Leichtathletik ist<br />

wie der Sport, für den sie exemplarisch steht, ein Kind des 19.<br />

Jahrhunderts und der industriellen Entwicklung, ausgehend<br />

von England, dem Mutterland des Sports. Wettkampfmaße<br />

und Gerätenormen zeugen bis heute von diesem englischen<br />

Ursprung. Und mit jenem Jahrhundert der Erfindungen und<br />

des überschießenden industriellen Wachstums teilt sie den<br />

Glauben an Fortschritt und Leistung, an die Omnipotenz<br />

menschlicher Fähigkeiten und das Vermögen, alles uneingeschränkt<br />

nach eigenen Maßstäben regeln zu können und<br />

allen Anforderungen gewachsen zu sein. Zusammen mit der<br />

<strong>Olympische</strong>n Bewegung ist sie von Anfang an zudem den<br />

(Wert-)Vorstellungen und der Gedankenwelt der europäischen<br />

Aufklärung verpflichtet. Dazu gehört das Genuin-Leichtathletische,<br />

die messbare Leistung, ihre Progression, der Rekord,<br />

gemessen am persönlichen und - in seiner höchsten Form -<br />

am internationalen Standard. Es sei das Los der Menschen, so<br />

wird in dieser Zeit argumentiert, unermüdlich nach immer<br />

neuen Herausforderungen zu streben, sich immer neue Ziele<br />

zu setzen: Eine bis ins beinahe Unendliche gehende Steigerung<br />

der Ansprüche und ihrer Befriedigung. Der Sport findet<br />

dafür die klassische Formel "citius, altius, fortius".<br />

Fortschritt und Leistung waren also die bewegenden Kräfte<br />

dieser neuen Sport- und <strong>Olympische</strong>n Bewegung, die ihren<br />

Siegeszug um die Welt antraten mit - damals wie vielfach<br />

heute noch - schier unglaublichen Leistungssteigerungen in<br />

allen Disziplinen, in allen Altersklassen für Männer und -<br />

zeitverzögert - für Frauen. Von Anfang an war diese Leichtathletik<br />

weltorientiert, auch wenn das neben den europäischen<br />

Ländern, voran die nordeuropäischen, zunächst nur<br />

oder vor allem die USA betraf. Aber ihre aufklärerische Wurzel,<br />

ihr geistiges Erbe liegt in Europa, in England, Frankreich<br />

und Deutschland.<br />

Zu dieser Wurzel gehört der Glaube an wissenschaftlichen<br />

Fortschritt, an die Lösbarkeit aller Probleme durch den Menschen,<br />

der sich auf sich selbst besinnt und auf seine Vernunft,<br />

der nicht abhängig ist von obrigkeitsstaatlichem Denken und<br />

von den vermeintlichen Autoritäten, die sein Leben, Handeln<br />

und Denken bestimmen wollen. Das Maß aller Dinge: der<br />

individuelle, vernunftbegabte, autonom handelnde Mensch.<br />

21


So kommt bei der Deutung der Leichtathletik neben dem<br />

technischen Fortschritt, der messbaren Leistung, als zweites<br />

Deutungselement der aufgeklärte Humanismus hinzu, das<br />

heißt, ein Verständnis vom Menschen als einem selbstbestimmten<br />

Wesen einerseits und einem durch Erziehung<br />

geformten, nach Vollkommenheit und Höherentwicklung<br />

strebenden und nach immer neuen, selbstgesteckten Zielen<br />

suchenden Menschen. Die sportliche Leistung ist nie bedingungslos<br />

und isoliert, sondern stets auch an den von der<br />

Aufklärung beeinflussten Menschen geknüpft. Darin besteht<br />

der Beitrag Europas zum Verständnis dieses Sports, der dann<br />

olympisch wird und das neue Olympia als das Ideal einer<br />

durch die Athleten geprägten Kultur begreift. Es handelt sich<br />

um eine Elite, die gelernt hat und durch Erziehung dazu<br />

gebracht wurde, beides miteinander zu verbinden: Leistung<br />

und aufgeklärte Menschlichkeit, darin allen anderen zum<br />

Vorbild.<br />

Beginn in Helsinki<br />

Am Anfang der WM-Serie stand 1983 Helsinki. 1980 hatte<br />

die finnische Kapitale bei der Vergabe den Vorrang vor Stuttgart<br />

bekommen. Vermutlich hatte die politische Neutralität<br />

den Ausschlag gegeben. Deutschland hatte ja 1980 die <strong>Olympische</strong>n<br />

Spiele in Moskau - politisch motiviert - boykottiert<br />

und sich damit den Weg für einen positiven Nominierungsentscheid<br />

verbaut. Für Helsinki sprach auch, dass die Spiele<br />

von 1952 noch in guter Erinnerung waren und das Versprechen,<br />

einfache, natürliche und unkomplizierte Wettkämpfe zu<br />

veranstalten, in dem alten, nur mäßig modernisierten Olympiastadion<br />

und ohne den inzwischen Standard gewordenen<br />

gigantomanischen Aufwand. Zusätzlich konnten die Finnen<br />

auf die große Leichtathletiktradition Nordeuropas verweisen,<br />

die in der Pionierzeit Unschätzbares für das Ansehen der<br />

Leichtathletik getan hatten.<br />

Letztlich war Helsinki 1983 aber doch nicht mehr das von<br />

1952 - und die Leichtathletik war es auch nicht mehr. 1981<br />

hatte in Baden-Baden unter der Regie von NOK-Präsident<br />

Willi Daume ein IOC-Kongress stattgefunden, der die Liberalisierung<br />

des Paragrafen 26 beschloss, in dem die Zulassung zu<br />

<strong>Olympische</strong>n Spielen nur für Amateure geregelt wird. Diese<br />

Liberalisierung, die in Wahrheit das Ende des Amateurstatus`<br />

und den Beginn der Kommerzialisierung bedeutete, erlaubte<br />

im Endeffekt die Honorierung der Sportler. Anfangs wurde sie<br />

noch getarnt, indem man die Gagen über die Verbände<br />

laufen ließ, sie also nicht direkt den Athleten<br />

überwies. Das veränderte die Leichtathletik in<br />

erheblichem Maße. Die Folgen: totale Abhängigkeit<br />

des Sports vom Fernsehen als seinem größten<br />

Finanzierer und zunehmende Neigung zur<br />

bedingungslosen Leistungssteigerung. Die<br />

Athleten sahen nun eine Chance, ihren sozialen<br />

22<br />

Die Geschichte der Laufbahnen ist so alt wie die<br />

Geschichte der Leichtathletik selbst. Der Stadionlauf<br />

über 600 Fuß im antiken Olympia wurde<br />

barfuß auf sandigem Mutterboden durchgeführt. Weil die<br />

"leichte Athletik" Ende des 19. Jahrhunderts eine Laufbewegung<br />

war, benötigte man vor allem Laufbahnen. Das<br />

"Lauffest" in Hannover wurde 1879 auf Wiesen am<br />

Maschsee durchgeführt. Drei Jahre später fanden in<br />

Hamburg auf einer Pferderennbahn Laufwettbewerbe<br />

statt. Von Parks und Straßen wechselten die Leichtathleten<br />

in die Radrennbahnen, wo überhöhte Kurven, vermessene<br />

Rundbahnen und getrennte Bereiche für<br />

Sprung- und Wurfbereiche scheinbar ideale Voraussetzungen<br />

boten. Betonierte Zementpisten in den Radrennbahnen<br />

ließ die Athleten auch auf Exerzierplätze oder<br />

Rasenbahnen ausweichen. Der Traum der Athleten<br />

damals: die Aschenbahn! In Hannover wurde 1906 eine<br />

solche eingeweiht, und die Leichathleten rannten und<br />

sprangen in der ganzen Welt auf solchen standardisierten<br />

400 Meter-Rundbahnen mit einem Schotter- oder<br />

Schlackenbett und einer festgewalzten Deckschicht aus<br />

einem Aschen- oder Sand-Gemisch.<br />

Die <strong>Olympische</strong>n Spiele 1968 in Mexiko City leiteten mit<br />

der roten Kunststoffbahn in über 2000 Meter Meereshöhe<br />

weltweit eine revolutionäre Entwicklung ein, von der<br />

die Leichtathletik bis heute profitiert. Bob Beamons 8.90<br />

Meter-Sprung "ins nächste Jahrtausend" war der Anfang<br />

Status zu verbessern. Derart wurde die Baden-Badener Entscheidung<br />

auch begründet. Die Sportler seien (durch die neue<br />

Regelung) nun sozial besser abgesichert als früher, sagte<br />

Daume 1983.<br />

Nun trieb es Athleten und Verbände an die Fleischtöpfe,<br />

zögerlich und unerfahren zunächst, dann mit erhöhtem<br />

Tempo. Sachmittel für die Sieger, ein Mercedes, waren ein<br />

erstes sichtbares Zeichen der Veränderung; später wurden<br />

Geldpreise vergeben: 100.000 Dollar für den Weltrekord,<br />

60.000 Dollar für den WM-Titel. Und noch wichtiger: In<br />

Helsinki trat erstmals ein Fernsehvertrag für die IAAF in Kraft,<br />

er sicherte dem Weltverband das Überleben und half den<br />

WM-Veranstaltern. 2001 kam es zur überfälligen<br />

Namensänderung der IAAF. Seitdem steht das<br />

Kürzel für International Association of Athletics<br />

Federations, das "A" für Amateur hatte dran<br />

glauben müssen. An die Non-Profit-Mentalität<br />

der Leichtathleten und Olympiasportler hatte<br />

schon lange niemand mehr geglaubt.


Der lange Weg zur Kunststoffbahn<br />

einer Leistungsexplosion auf solchen Synthetikbahnen, deren<br />

weitere Vorteile die geringe Pflege und Witterungsunabhängigkeit<br />

darstellen. Dies war das Ende einer Zeit, in der die<br />

Sprinter mit einem Schäufelchen Löcher als Starthilfe in die<br />

Asche und Schlacke gegraben haben und die Startmaschinen<br />

mit Nägeln einzeln festgehämmert werden mussten. "Von<br />

'regenschwerer' oder 'aufgeweichter' Bahn wird im Kunststoff-Zeitalter<br />

keine Rede mehr sein. Das Wasser wird einfach<br />

von der Bahn gekehrt, und schon herrschen Rekordbedingungen",<br />

beschrieb Leichtathletik-Experte Gustav Schwenk nach<br />

Mexiko die Laufbahn-Revolution.<br />

Kunststoffbahnen gab es schon vor Mexiko, beispielsweise<br />

in San Josè (USA). Wo die erste Kunststoffbahn gebaut<br />

wurde, ist schwer zu recherchieren. Hansjörg Wirz, Präsident<br />

des Europäischen Leichtathletik-Verbandes, schätzt aus der<br />

Erinnerung auf 1966 als Geburtsjahr für die erste Tartanbahn.<br />

Die erste Bahn dieser Art in Europa wurde 1968 in<br />

London im Chrystal Palace verlegt, Zürich erhielt im selben<br />

Jahr die erste Bahn auf dem europäischen Festland. Den Ruf<br />

als "piste magique" hatte sich der Letzigrund aber bereits<br />

Im Blickfeld der Berliner WM<br />

Nach der Streichung des Amateurparagrafen stieg die Erwartungshaltung<br />

an die erste WM, es herrschte große Betriebsamkeit,<br />

die eine Weltrekordflut zur Folge hatte. Allein bei<br />

den Frauen gab es 18, darunter die der <strong>Deutsche</strong>n Ulrike<br />

Meyfarth (Hochsprung 2,03 m) und Marlies Göhr (100 m<br />

10,81 sec). Heute ist vom damaligen Boom noch der 800-m-<br />

Weltrekord von Jarmila Kratochvilova (CSSR) (1:53,29 min)<br />

gültig. Die Weltmeisterschaften selbst waren geprägt von<br />

Athleten, die in Helsinki große Karrieren starteten: US-Sprinter<br />

Carl Lewis mit drei Goldmedaillen (100 m, Weitsprung,<br />

4x100 m); der gerade 19-jährige Sergei Bubka (UdSSR), der<br />

im Stabhochsprung seinen ersten von insgesamt sechs WM-<br />

Titeln gewann und heute IAAF-Vorständler und Mitglied im<br />

IOC ist; Heike Daute vom SC Motor Jena, 18 Jahre alt, siegte<br />

im Weitsprung mit 7,27 m und repräsentierte danach als<br />

Heike Drechsler in dieser Disziplin nahezu zwei Jahrzehnte<br />

Weltniveau.<br />

auf Asche verdient. In Stuttgart feierte die neue Laufbahn<br />

1969 beim Erdteilkampf Europa-Amerika Deutschland -<br />

Premiere.<br />

Bemerkenswert ist auch die Entwicklung in Afrika. 1971<br />

erhielt Dakar (Senegal) eine Rekortan-Bahn, wenig später<br />

kam dieselbe Bahn nach Südafrika. 1973 wurde anlässlich<br />

der All-African-Games in Lagos (Nigeria) die erste Tartanbahn<br />

gebaut. Die nächste Bahn von den Chinesen in Sansibar<br />

1974 verlegt. Rund 20 (von 52) afrikanischen Ländern<br />

besitzen auf dem Kontinent der Laufwunder und Wunderläufer<br />

immer noch keine Kunststoffbahn. Auch nicht<br />

Botswana, das seine Bahn schon mal zur Hunderennbahn<br />

umfunktionierte. Kenia erhielt erst 1981 mit deutscher<br />

Unterstützung eine Kunststoffanlage. Bis heute gibt es im<br />

Land der Läufer lediglich zwei Bahnen in Nairobi. Auch<br />

deshalb träumt 800 Meter-Olympiasieger Wilfred Bungei<br />

von einer solchen modernen Anlage im kleinen Ort Kabirisang<br />

in seinem Heimatland, das auf unzähligen Sandpisten<br />

viele Weltstars hervorbrachte.<br />

Ewald Walker<br />

Die Athleten des <strong>Deutsche</strong>n Leichtathletik-Verbands (DLV)<br />

erreichten acht Medaillen, darunter zwei goldene: über 3.000<br />

m Hindernis für Patriz Ilg und über 800 m für Willi Wülbeck<br />

mit dem noch heute gültigen deutschen Rekord von 1:43,65<br />

Minuten. Erfolgreicher waren die Athleten und Athletinnen<br />

aus der DDR. Mit zehn Siegen schnitten sie sogar besser ab<br />

als Amerikaner (8) und Russen (6).<br />

Dass die 83er-WM ohne jegliche Reibereien und politisch<br />

motivierte Auseinandersetzungen über die Bühne ging, war<br />

am Ende das wesentliche Verdienst der Veranstaltung in der<br />

finnischen Hauptstadt. Welchen Erfolg die 12. WM in Berlin<br />

zeitigt, muss sich noch erweisen. Vielleicht lässt sich ja von<br />

den Verantwortlichen wieder stärker ins Blickfeld rücken,<br />

dass die Leistung, der Rekord, immer nur eine Seite der<br />

Medaille darstellt; die andere ist geprägt von dem Anspruch,<br />

dass Athleten, die Träger der Leistung, gereift durch Erziehung<br />

und Selbstverantwortung, anderen dauerhaft Vorbilder<br />

sind.<br />

23


Die Neuauflage des Sommermärchens<br />

Für Leichtathleten ein aussichtsloses Unterfangen?<br />

Von Michael Gernandt<br />

Jedes Märchen, sagt der Volksmund, beginnt mit dem<br />

Satz: "Es war einmal". Auch oder gerade das des Sommers<br />

2006. Das viel zitierte und deshalb schon ein<br />

wenig abgegriffene Sommermärchen der Fußball-WM vor<br />

drei Jahren in Deutschland. Die eigene WM vor Augen träumen<br />

nun die Freunde der Leichtathletik davon, dass es<br />

gelingen möge, solch ein Märchen in die Gegenwart zurück<br />

zu holen. Damit, wenn Berlin <strong>2009</strong> der Vergangenheit<br />

24<br />

anheim gegeben ist, die Geschichte ihres Fests des Sports<br />

ebenso beginnt: Es war einmal ein Sommermärchen anno<br />

domini <strong>2009</strong>.<br />

Ein solches Begehr, hört man allenthalben, sei Illusion, das<br />

Fußballereignis in der flirrenden Hitze des Sommers 2006, als<br />

Deutschland Flagge zeigte, schwarzrotgoldene Perücken trug<br />

und vor sich her wie eine Monstranz "gedämpften Patriotis-


mus" (Spiegel), sodass sich die Welt verwundert die Augen<br />

rieb, lasse sich nicht beliebig wiederholen. Zumindest nicht<br />

schon nach drei Jahren wieder. In der Tat, die letzte staunend<br />

wahrgenommene Verwandlung des <strong>Deutsche</strong>n zum<br />

weltoffenen, unverkrampften Gastgeber liegt eine Menschengeneration<br />

zurück; immerhin, auch sie ermöglicht erst<br />

durch ein Treffen des Sports: die mit pastellfarbener Leichtigkeit<br />

und heiter-beschwingter Ungezwungenheit sommerlich<br />

flanierenden <strong>Olympische</strong>n Spiele vor 37 Jahren in München.<br />

Zumindest bis zu dieser grausamen Zäsur des 5. Septembers.<br />

Und überhaupt: Heißt es nicht, die Leichtathletik, diese<br />

Disziplin der Individualisten und ihr eher der gehobenen<br />

Bürgerschicht entstammender und lautem Überschwang<br />

zumeist unverdächtiger Anhang würden nicht taugen zu<br />

bierseliger Party? Wie sie weiland der zu Gemeinsinn verpflichtete<br />

Fußball auf wogenden Fanmeilen und in lauschigen<br />

Vergnügungsparks vor überdimensionalen TV-Geräten feierte?<br />

Das Spiel mit dem Ball lebe sich eben auch auf der Straße<br />

aus, die Leichtathletik nicht. Wobei, zuweilen kann auch die<br />

durchaus zu frohgemutem Treiben neigen. Aber eben bevorzugt<br />

im Rund des Stadions, wie die Erinnerung an die erste<br />

WM in Deutschland lehrt: Im Sommer 1993 führten in Stuttgart<br />

begeisterte Ränge die Ola (damals "Schwabenwelle") in<br />

Deutschland ein, worauf das Internationale <strong>Olympische</strong><br />

Komitee sich vor den Schwaben verneigte und sie, ob der<br />

allen Athleten entgegengebrachten Fairness, mit Lorbeer<br />

schmückte. Nur, lokal fixierter Enthusiasmus allein reicht<br />

diesmal dem nicht, der vom globalen Championat der Leichtathleten<br />

"Märchenqualität" erwartet. Qualitätsmindernd,<br />

führen hinsichtlich eines Sommermärchens `09 Ungläubige<br />

ins Feld, seien die im Vergleich zur Fußballauswahl 2006 nicht<br />

sonderlich ausgeprägten Erfolgsaussichten der heimischen<br />

Athletenklientel.<br />

Gemach, Freunde des Zweifels, selbst Leichtathleten vermögen<br />

über ihren Schatten zu springen. Die Hoffnung, die<br />

eigenen Sportler könnten vielleicht doch mit ihren Leistungen<br />

dem Fest eine märchenhaft anmutende Girlande flechten, hat<br />

schließlich Nahrung erhalten in den Wintermonaten, die auf<br />

das Pekinger Desaster folgten. Natürlich wird, weil auch die<br />

Welt des Sports nicht mehr ist, wie sie mal war, nichts mehr<br />

heranreichen an jenen rauschhaften Sonntagnachmittag im<br />

September 1972, an den wohl glorreichsten Tag der deutschen<br />

Nachkriegsleichtathletik. Damals gewannen Hilde Falck,<br />

Klaus Wolfermann und Bernd Kannenberg<br />

Olympiagold im Stundentakt, ihre Siege zogen<br />

wie Donnerhall durchs Land.<br />

Immerhin haben jetzt unverbrauchte, Optimismus<br />

widerspiegelnde Gesichter Neugier geweckt,<br />

haben Namen wie Bayer, Holzdeppe und Friedrich<br />

einen neuen Abschnitt angedeutet. Und vor<br />

allem: Irina Mikitenko, die Läuferin mit dem kurzen Schritt<br />

und dem langen Atem. Kaum auszudenken, wie sich die<br />

Woche in Berlin entwickelte, hätten die Organisatoren das<br />

Marathonrennen der Frauen an den Anfang des Programms<br />

gestellt und nicht ans Ende, wenn die Messe bereits gelesen<br />

ist: Vorneweg laufend Mikitenko, die Favoritin nach Siegen in<br />

Berlin und London, vorbei an Hunderttausenden auf den<br />

Straßen, lärmbewährt, fähnchenschwingend, und an Berlins<br />

vom Sonnenlicht filmreif ausgeleuchteten Sehenswürdigkeiten,<br />

und das Fernsehen immer voll drauf, hinein in die gute<br />

Stube, weltweit sowieso. Wer würde dann nicht Feuer fangen,<br />

landauf, landab ...<br />

… und sich delektieren an einem weiteren, kurzfristig programmierten<br />

Szenario des Marathons? Nach der Startzusage<br />

von Sabrina Mockenhaupt, die auf die zehn Bahnkilometer<br />

setzen wollte und nicht auf die 42 auf der Straße, wird eine<br />

nationale Konkurrentin Mikitenko begleiten. Eine für Werbefachleute<br />

faszinierende Geschichte: Mit Miki und Mocki quer<br />

durch die Kapitale. Da könnte selbst WM-Maskottchen Berlino<br />

in Atemnot geraten. Und Poldi und Schweini erst recht.<br />

Märchen, auch die des Sommers, selbst die für Erwachsene,<br />

beruhen auf Fiktion, auf etwas, das nur in der Vorstellung<br />

existiert. Mal angenommen, der Märchenfreund stellt sich<br />

nun vor, das verflixte Thema Doping hätte nicht wie ein<br />

Wirbelsturm tiefe Schneisen in den Wert geschlagen, der da<br />

heißt Glaubwürdigkeit - ein Sommermärchen <strong>2009</strong> der<br />

Leichtathleten besäße dann tatsächlich reelle Chancen,<br />

Realität zu werden. Unvorstellbar? Ja, aber …<br />

Die deutsche Leichtathletik sollte wenigstens die Möglichkeit<br />

erkennen, endlich den Schatten zu beseitigen, den der<br />

Moloch Doping auf sie wirft, seit zwei Jahrzehnten schon,<br />

aber im Jahr <strong>2009</strong> von besonders belastender Schwere.<br />

Gemeint ist die Auseinandersetzung zwischen Tätern und<br />

Opfern der staatlich verordneten Athletenmanipulation in der<br />

DDR mitsamt ihrem hässlichen Wurmfortsatz, der (auch von<br />

höchster Stelle vorgenommenen) Verschleierung der Dopingszene<br />

im Westen vor der Wende. Ist es nicht an der Zeit, allen<br />

Groll, hüben wie drüben, zu überwinden? Die Konfrontation<br />

der Ostdeutschen nach überfälliger persönlicher und mit aller<br />

Aufrichtigkeit und Toleranz geführter Aussprache mit einem<br />

Handschlag noch vor der WM zu beenden, wäre ein feiner<br />

Beitrag zur atmosphärischen Gestaltung der Weltmeisterschaft<br />

- und der Westdeutschen Geständnis, immer nur<br />

weggeschaut und auf andere gezeigt zu haben,<br />

der noch fehlende Schritt zu einem Zustand,<br />

der dann so beschrieben werden könnte: Die<br />

gesamtdeutsche Leichtathletik von nun an ohne<br />

trennenden Graben.<br />

Naiv sich derlei vorzustellen? Mag schon sein.<br />

Ein Sommermärchen halt.<br />

25


Was as macht eigentlich ...?<br />

Willi Wülbeck<br />

Von Steffen Haffner<br />

Den Lauf hat Willi Wülbeck immer noch vor Augen.<br />

"Auch, weil ich immer wieder darauf angesprochen<br />

werde", wie das war an jenem 9. August 1983 in<br />

Helsinki. Der populärste Sportler des Ruhrgebiets und wohl<br />

beliebteste deutsche Leichtathlet stürmte im 800-Meter-<br />

Finale nach vorne und biss sich zum Sieg durch. Eine Sensation.<br />

Der Oberhausener hatte zwar hierzulande die Szene<br />

beherrscht und war zehnmal in Folge auf dieser Strecke<br />

deutscher Meister geworden. Ein<br />

Jahr zuvor aber enttäuschte der<br />

Olympiavierte von Montreal 1976<br />

als Letzter im Finallauf der Europameisterschaft<br />

von Athen. Der Fokus<br />

der Aufmerksamkeit richtete sich<br />

damals auf seinen Rivalen Hans-<br />

Peter Ferner, der den Olympiasieger<br />

Sebastian Coe schlug.<br />

In diesen Wochen vor der Weltmeisterschaft<br />

in Berlin, wo Wülbeck<br />

im August ein paar Tage als<br />

Ehrengast dabei sein will, wird die<br />

Erinnerung durch Interviews und<br />

Zeitungsberichte belebt. Augenzwinkernd<br />

sagt der schlaksige 54-<br />

Jährige: "Ich bin ja nach diesen 26<br />

Jahren fast schon zur historischen<br />

Persönlichkeit geworden." Da ist er<br />

wieder, dieser leise Humor, der die<br />

Art ins Gedächtnis ruft, in der<br />

"Williii", wie sie ihn in den Stadien<br />

anfeuerten, schüchtern lächelnd<br />

mit den Zuschauern Zwiesprache<br />

hielt. Der Publikumsliebling verlor nicht einmal in der Niederlage<br />

an Sympathie. Und wenn er wieder einmal das Video<br />

von Helsinki zeigen muss, kommt immer noch Jubel auf. Das<br />

tut einem wie ihm persönlich, aber auch geschäftlich gut, der<br />

mit seiner Sport- und Veranstaltungsagentur die Öffentlichkeit<br />

braucht. "Weltmeister - das war ja doch eine Lebensleis-<br />

26<br />

tung und ist immer noch die Auszeichnung schlechthin." Sein<br />

deutscher Rekord von 1:43,65 Minuten steht bis auf den<br />

heutigen Tag. Ebenso die Bestmarke im 1.000-Meter-Lauf von<br />

2:14,53 Minuten aus dem Jahre 1980.<br />

Der Blick zurück auf den Höhepunkt seiner Laufbahn sagt<br />

nichts über die Zweifel, die nach dem Tief von Athen an Willi<br />

Wülbeck nagten. Bis zu den Vorläufen von Helsinki fragte er<br />

sich, ob es noch Sinn hatte, überhaupt<br />

weiter zu laufen. Wegen<br />

Schlafstörungen griff er vor wichtigen<br />

Wettkämpfen schon einmal zur<br />

Tablette. "Ich hatte mich in den<br />

Jahren vor der WM aus der<br />

Umklammerung durch meinen<br />

Trainer Hans Raff gelöst." Der<br />

Olympiateilnehmer im Hindernislauf<br />

von Berlin 1936 "hat zu viel mentalitätsfremdes<br />

Verhalten von mir<br />

verlangt: Ruhe und Askese, sich<br />

nicht der Sonne aussetzen, nicht<br />

schwimmen, keine Mädchen. Das<br />

hat zu Verdruss geführt." Nun war<br />

er frei, selbst verantwortlich. Das tat<br />

seiner sportlichen und persönlichen<br />

Entwicklung gut. Dennoch war Raff,<br />

der den jungen Läufer schon unter<br />

seine Fittiche nahm, als der Sechzehnjährige<br />

vom Vorortverein TV<br />

Biefang zum renommierten Club<br />

Rot-Weiß Oberhausen und später<br />

zum TV Wattenscheid wechselte, so<br />

eine Art Vaterfigur. Der eigene Vater<br />

war meist in Sachen Industriebau für Mannesmann von Griechenland<br />

über Ägypten bis Irak unterwegs.<br />

"Irgendwie bin ich zur falschen Zeit gelaufen. Schon acht<br />

Jahre nach der WM in Helsinki wären ganz andere Dimensionen<br />

möglich gewesen, nachdem 1981 der Amateur-Paragraph


fiel und Bezahlung und<br />

vor allem Werbung<br />

gestattet wurden." Auch<br />

wenn Wülbeck die exorbitanten<br />

Beträge sieht,<br />

die heute Spitzenleichtathleten<br />

erhalten, spiegelt<br />

der Satz "Ich will<br />

mich nicht beklagen."<br />

seine Lebenseinstellung.<br />

"Ich habe auch mein<br />

Geld verdienen und als<br />

Student manches auf die<br />

hohe Kante legen können,<br />

so gering die Beträge<br />

waren." Zwei Mehrfamilienhäuser in Duisburg und ein<br />

Einfamilien-Reihenhaus in Oberhausen, das er mit seiner<br />

Partnerin bewohnt, tragen zu der ihm wichtigen sozialen<br />

Abgesichertheit bei.<br />

Mit einer Anstellung als Lehrer wäre er seiner finanziellen<br />

Sorgen ledig gewesen. Doch nach dem Biologie- und Sport-<br />

Studium fand sich im Schulbetrieb jener Jahre kein Platz für<br />

ihn. Ulrike Meyfarth,<br />

der zweifachen Olympiasiegerin<br />

im Hochsprung,<br />

und anderen<br />

Spitzensportlern ging<br />

es ähnlich. "Das<br />

waren enttäuschende<br />

gesellschaftliche<br />

Zustände, in denen<br />

herausragenden<br />

Athleten keine Chance<br />

gegeben wurde."<br />

Nach zwei Jahren<br />

Halbtagstätigkeit<br />

beim Kommunalverband<br />

Ruhrgebiet blieb<br />

dem Weltmeister<br />

nichts anderes übrig,<br />

als sich auf dem Feld<br />

der Selbstständigen<br />

durchzuschlagen. Das<br />

Spektrum reichte von Sport-Promotion über PR-Auftritte bis<br />

hin zu journalistischer Tätigkeit. Seine mit Humor gewürzten<br />

Kolumnen kamen gut an. "Nur war ich enttäuscht, wenn ich<br />

hörte, was einer wie Udo Lattek dafür bekam, während ich für<br />

ein paar hundert Mark schrieb. Da schnappte ich mir lieber<br />

20.000, 30.000 Mark für die Organisation von Veranstaltungen."<br />

So betreute Wülbeck mit seiner Agentur lange Jahre den mit<br />

Weltklasse-Teilnehmern besetzten Silvesterlauf und vor allem<br />

das renommierte Mehrkampfmeeting des TV Ratingen. In<br />

diesem Verein engagierte er sich als Leiter der Leichtathletik-<br />

Abteilung und trainierte mit Freude und dem Gewinn zahlreicher<br />

Landes- und Kreismeistertitel Kinder und Jugendliche ab<br />

zwölf Jahre. Die fruchtbare Zusammenarbeit ging im vergangenen<br />

Jahr zu Bruch, "als ich zwischen die Stühle von Interessensparteien<br />

im Verein geriet, das tat sehr weh". Gegen<br />

Horst Becker, den früheren Vorsitzenden des Vereins, wurde<br />

Strafantrag gestellt. Der Streitpunkt: Aus Sicht des Vereins<br />

soll er sich über Honorar, das er als freier Mitarbeiter von<br />

Wülbecks Agentur erhielt, unrechtmäßig bereichert haben.<br />

Heute wendet sich der Spitzensportler von einst der Fitness-<br />

Szene zu. Gegenwärtig ist er in Aktionen wie "Fitness mit der<br />

WAZ, Fit mit dem Weltmeister" eingebunden. Er betreut<br />

weiter die "RWE-Schulstaffelläufe", bei denen in neun Städten<br />

Schüler 8 mal 100 Meter laufen und sich in der Gesamtzeit<br />

immer noch die Zähne am Rekord ihres Vorbilds ausbeißen.<br />

Der Läufer von einst ist niemals vom Sport losgekommen,<br />

weder beruflich noch privat. Beim Blick auf die deutsche<br />

Leichtathletik fürchtet er, dass die einstige olympische Kernsportart<br />

hierzulande verkümmert. "Der Nachwuchs scheint ja<br />

recht gut zu sein. Aber es fehlt die Kontinuität, ihn an die<br />

Spitze zu führen."<br />

Beim Thema Doping<br />

wirkt er resignierend:<br />

"Anscheinend ist das<br />

systemimmanent. Die<br />

Verlockung wegen der<br />

kommerziellen Möglichkeiten<br />

ist riesengroß."<br />

Auch Wülbeck<br />

wurde bei sportmedizinischenUntersuchungen<br />

in Versuchung<br />

geführt: "Wenn<br />

ich mal was brauchte<br />

oder mal was ausprobieren<br />

wollte, sollte<br />

ich es nur sagen. Zum<br />

Glück habe ich mich<br />

nicht darauf eingelassen<br />

und gezeigt, dass<br />

ich auch ,ohne' in der<br />

Weltspitze mitlaufen konnte." Kritisch ist sein Blick auf den<br />

Fußball: "Ich sehe die Profis mehr als Söldner." Deshalb hängt<br />

er auch keinem Bundesliga-Club als Fan an.<br />

Sport treiben bezeichnet der einstige Athlet als Lebenselixier<br />

für die Menschen. Das gilt auch für ihn selbst. Hin und wieder<br />

läuft er eine halbe Stunde. Besonders gern fährt Willi Wülbeck<br />

mit dem Crossbike durch die Natur des Ruhrgebiets, wo<br />

er sich heimisch fühlt. Hier kennen und lieben sie "Williiii",<br />

den Weltmeister.<br />

27


Eine Jahrhundert-Zeitreise<br />

Zwölf <strong>Olympische</strong> Kongresse als Versuch des Weltsports, in bewegten Zeiten die<br />

Einheit durch ein Gleichmaß an Zielen herzustellen Von Günter Deister<br />

Die Abschlusserklärung war gedruckt und bereits als<br />

Ergebnis des 11. <strong>Olympische</strong>n Kongresses 1981 in<br />

Baden-Baden vermeldet worden. "Das IOC muss den<br />

ihm in der Welt des Sports zustehenden Platz einnehmen",<br />

lautete der Satz, auf den sich eine Dreierkommission aus<br />

Vertretern des IOC, der Fachverbände und der Nationalen<br />

<strong>Olympische</strong>n Komitees über viele Stunden mühevoll verständigt<br />

hatte. Dann kam von IOC-Direktorin Monique Berlioux<br />

das Stoppzeichen. Das 100-Zeilen-Papier war nur noch<br />

Makulatur. Im Neudruck des finalen Berichts, der den Kon-<br />

28<br />

gressmitgliedern erst mit einstündiger Verspätung zur Akklamation<br />

vorgelegt werden konnte, stand nun der Satz: "Das<br />

IOC muss der Führer des Weltsports sein."<br />

Wer das Kommando für dieses trickreiche Vorgehen gegeben<br />

hatte, war erkennbar. "Das ist die Handschrift von Juan Antonio<br />

Samaranch", sagte ein empörter Thomas Keller, damals als<br />

Präsident des Internationalen-Ruderverbandes auch Vorsitzender<br />

des Zusammenschlusses der Welt-Sportverbände. Auf<br />

diese Art und Weise schaffte es der Spanier, ein Jahr nach


seiner Wahl zum IOC-Präsidenten für sich und seine Organisation<br />

die Führungsrolle des Weltsports festschreiben zu lassen.<br />

Für den Oppositionsführer aus der Schweiz endete die Aufmüpfigkeit<br />

zwei Jahre später mit der Entmachtung. Samaranch<br />

spaltete die Verbände in Sommer- und Wintersport-<br />

Organisationen auf, für Keller gab es keinen führenden Platz<br />

mehr in den neuen Partnerverbänden des IOC.<br />

Der <strong>Olympische</strong> Kongress von Baden-Baden war sicher eine<br />

der wichtigsten der bisher zwölf Generalversammlungen des<br />

olympischen Weltsports. Er stärkte die Position des IOC,<br />

markierte das Ende des Amateurzeitalters, öffnete das IOC für<br />

Frauen und schuf ein Mitbestimmungsrecht für den Athleten.<br />

Die Kongresse als umfassende Begegnung des IOC mit den<br />

Nationalen <strong>Olympische</strong>n Komitees und internationalen Sportverbänden<br />

dienten der Standortbestimmung. Sie waren ein<br />

über ein Jahrhundert reichender Versuch, den olympischen<br />

Sport in einen gesellschaftlichen, globalen Zusammenhang zu<br />

stellen, seinen ideellen - und später immer stärker auch<br />

seinen finanziellen - Nutzwert zu definieren und über ein<br />

Gleichmaß an Vorstellungen und Zielen eine Einheit herzustellen.<br />

Dies alles auch als Selbstbehauptung in dramatischen<br />

Zeiten mit zwei Weltkriegen und der Aufspaltung in zwei<br />

politische Blöcke. Eingebettet in die Kongresse waren jeweils<br />

die Sessionen des IOC. Ihrer Zuständigkeit oblag es, aus den<br />

Vorstellungen und Empfehlungen ein ständig fortzuschreibendes<br />

Grundgesetz zu formulieren. Es fand seinen Ausdruck<br />

in der <strong>Olympische</strong>n Charta.<br />

Paris steht für die Veränderung und auch Brüche über 100<br />

Jahre <strong>Olympische</strong>r Kongresse. Der französische Pädagoge,<br />

Historiker und Sportfunktionär Baron Pierre de Coubertin<br />

hatte 1894 in die französische Hauptstadt zu "Überlegungen<br />

zu den Prinzipien des Amateurismus und ihrer Propagierung"<br />

eingeladen. Am Ende stand die Wiederaufnahme der <strong>Olympische</strong>n<br />

Spiele 1896 in Athen und die Gründung des IOC.<br />

Kongressteilnehmer waren 58 Franzosen, die 24 Sportorganisationen<br />

und Vereine vertraten, 20 Vertreter von 13 ausländischen<br />

Sportorganisationen und 50 Ehrenmitglieder, darunter<br />

sechs künftige Nobelpreisträger. Die Gründungsversammlung<br />

fand in der Universität Sorbonne statt.<br />

Ein Jahrhundert später war Paris auch Schauplatz des bisher<br />

letzten <strong>Olympische</strong>n Kongresses. Es gab 1 800 Teilnehmer, in<br />

vier Tagen wurden 430 vorgefertigte Reden gehalten, die auf<br />

6,5 Millionen Blatt Papier abgedruckt wurden. Die von einem<br />

prächtigen Fest begleitete Veranstaltung kostete 25 Millionen<br />

Mark und wurde damit auch zu einem Symbol für gewonnenen<br />

Wohlstand und olympisches Übermaß. Versammlungszentrum<br />

war die durch kühlen Beton gekennzeichnete Satelitenvorstadt<br />

Bercy. Dorthin wurde auch das <strong>Olympische</strong> Feuer<br />

getragen, nach dem es von einem Profikletterer in einer<br />

circensischen Aufführung vom Eiffelturm abgeseilt worden<br />

war. Die Schlussakte des Kongresses las sich mit 61 Forderun-<br />

gen und Feststellungen wie ein Warenhauskatalog. Coubertins<br />

Nachlassverwalter Geoffroy de Navacelle beklagte in der<br />

abschließenden Sitzung, dass der Name seines Großonkels<br />

aus einer wichtigen Passage der <strong>Olympische</strong>n Charta gestrichen<br />

worden sei. "Will der Präsident ebenfalls vergessen?",<br />

fragte Navacelle in Richtung Samaranch.<br />

Coubertin, der Gründer und langjährige IOC-Präsident, hat<br />

die ersten acht <strong>Olympische</strong>n Kongresse bis 1925 auch durch<br />

Themenvorgaben geprägt. Der Sport als ganzheitliches Phänomen<br />

wurde, wissenschaftlichen Seminaren nicht unähnlich,<br />

in Bezug gesetzt zu Hygiene, Pädagogik, physische Erziehung,<br />

Psychologie, Physiologie, Literatur und Kunst. Immer ging es<br />

auch um die Weiterentwicklung der Regeln unter Wahrung<br />

des Amateurismus und die Suche nach einem Gleichgewicht<br />

der drei Säulen des olympischen Sports: IOC, NOKs, Verbände.<br />

Der letzte Kongress vor dem Zweiten Weltkrieg 1930 in Berlin<br />

und der erste ohne Coubertin kündigte die politische Einvernahme<br />

des Sports als eine neue große Herausforderung an.<br />

Reichspräsident Paul von Hindenburg gab einen großen<br />

Empfang, Reichsinnenminister Joseph Wirth kündigte in<br />

seiner Eröffnungsrede eine deutsche Bewerbung um die<br />

<strong>Olympische</strong>n Spiele 1936 an. Als sich Berlin ein Jahr später<br />

bei der IOC-Wahl klar gegen Barcelona durchsetzte und<br />

Hindenburg 1933 Adolf Hitler zur Macht verhalf, stand der<br />

olympische Sport vor seinem größten Problem: Die <strong>Olympische</strong>n<br />

Spiele als Instrument eines verbrecherischen politischen<br />

Systems.<br />

Die moderne Ära <strong>Olympische</strong>r Kongresse begann mit der<br />

Zusammenkunft im bulgarischen Varna 1973. Zum politischen<br />

Missbrauch einer in Ost und West auseinander gefallenen<br />

Welt kam als neue äußere Gefahr der Terrorismus. Ein<br />

Jahr zuvor hatten Araber bei den Spielen in München bei<br />

ihrem Überfall auf das israelische Team ein Blutbad angerichtet.<br />

Der olympische Sport selbst befand sich nicht nur wegen<br />

des Präsidentenwechsels 1972 vom amerikanischen Fundamentalisten<br />

Avery Brundage zum liberalen irischen Lord<br />

Michael Killanin in einer Übergangsphase. Verbände und<br />

NOKs hatten dem IOC eine Drei-Parteien-Kommission aufgezwungen,<br />

die auch als Kongress-Veranstalter auftrat. Angeführt<br />

von ihrem Schweizer Anführer Keller probten die Verbände<br />

den Aufstand. "Wir sind mit unseren Sportlern die<br />

eigentlichen Träger der Spiele", begehrte Keller auf und<br />

forderte ein Mitentscheidungsrecht bei der Programmgestaltung<br />

der Spiele und deren Zulassungsbestimmungen. Killanin<br />

gab dem Begehren nach, dass jeder Verband seine Amateurregel<br />

selbst formulieren könne, allerdings unter dem Vorbehalt:<br />

"Die letzte Entscheidung hat das IOC. Es lässt sich von<br />

niemandem etwas diktieren."<br />

Politisch lief in Varna der Versuch des Ostblocks ins Leere, das<br />

"NOK für Deutschland" in "NOK der Bundesrepublik Deutsch-<br />

29


land" umzubenennen. Dahinter verbarg sich die trickreiche<br />

Absicht, West-Berlin mit seinem politischen Sonderstatus als<br />

drittes deutsches NOK sportpolitisch isolieren zu wollen.<br />

Zudem fand das Begehren des kommunistischen Lagers in<br />

Allianz mit Ländern der Dritten Welt keine Zustimmung, das<br />

IOC durch eine "Demokratisierung" in eine Art Sport-UNO zu<br />

verwandeln, jedes NOK sollte in der IOC-Vollversammlung<br />

eine Stimme erhalten. Der deutsche Olympier Berthold Beitz<br />

zog aus dem Varna-Kongress ein positives Fazit: "Unter dem<br />

Druck von außen ist das IOC näher zusammengerückt. Sie<br />

dachten vorher, die sind schwach, alt und blaublütig, die<br />

können wir auffressen."<br />

Markierte Varna einen Übergang, so wurde Baden-Baden<br />

1981 zu einer Zäsur in bedrückenden Zeiten. Unter der Führung<br />

der USA hatten die meisten westlichen Staaten die<br />

Spiele 1980 in Moskau wegen des sowjetischen Einmarsches<br />

in Afghanistan boykottiert. Das zwischen die Blöcke geratene<br />

IOC kämpfte um sein - auch finanzielles - Überleben. Die<br />

UNESCO galt damals als alternative olympische Dachorganisation.<br />

Im beschaulichen Umfeld des weltbekannten Kurorts<br />

und seiner ebenfalls berühmten Spielbank begann das große<br />

Spiel von Juan Antonio Samaranch, der in der russischen<br />

Metropole mit starker Unterstützung der kommunistischen<br />

Welt das Erbe von Lord Killanin angetreten hatte. Und der<br />

spanische Großmeister legte los, und zwar in einem Zweckbündnis<br />

mit dem Kongress-Organisator Willi Daume, den er<br />

bei der Präsidentenwahl in Moskau haushoch besiegt hatte.<br />

Der deutsche NOK-Präsident schrieb in seiner Eigenschaft<br />

als Vorsitzender der IOC-Zulassungskommission die Vorlage<br />

für einen veränderten Amateurparagrafen, der den westlichen<br />

Berufssportlern - unter dem Protest des Ostblocks -<br />

die Tür zu Olympia öffnete und damit Gleichheit herstellte<br />

mit dem Staatsamateur. Als Folge beförderte die Session in<br />

Baden-Baden Tennis und Tischtennis als 22. und 23. Sportart<br />

ins Olympiaprogramm. Daume stand auch Pate für die<br />

Schaffung einer Athletenkommission, die durch die Olympiasieger<br />

Sebastian Coe und Thomas Bach eine starke Vertretung<br />

erhielt. Unter Samaranchs früher Präsidentschaft<br />

wurden nach 329 Männern mit der Finnin Pirjo Haeggman<br />

und Flor Isava Fonseca aus Venezuela die ersten Frauen in<br />

den olympischen Orden aufgenommen, aber auch Funktionäre<br />

wie der gelernte Maschinenschlosser Günther Heinze<br />

aus Ost-Berlin.<br />

Dass Samaranch in Baden-Baden unter dubiosen Umständen<br />

den Führungsanspruch des IOC festschreiben ließ, gehört<br />

zur Realität des Baden-Baden-Kongresses wie die dunkle<br />

Aussage des Ehrenpräsidenten Killanin: "Ich war der Überzeugung,<br />

dass der Posten des IOC-Präsidenten nicht käuflich,<br />

sondern für jedermann offen sein sollte, der die Zeit opfern<br />

kann." Auf jeden Fall markiert der zweite <strong>Olympische</strong> Kongress<br />

auf deutschem Boden den Beginn der Ära Samaranch.<br />

30<br />

Über ihn sagte in Baden-Baden der griechische Olympier<br />

Nikolaos Nissiotis, ein Professor der Theologie: "Er vermag auf<br />

allen Klavieren virtuos zu spielen. Er manipuliert, ich meine<br />

dies in positivem Sinn. Er kann das, was ein Kennzeichen<br />

spanischer Geschichte ist: Er beherrscht die Welt durch<br />

Freundschaften."<br />

Der Jahrhundertkongress von Paris 1996 zeigte Samaranch<br />

auf dem Höhepunkt seiner Macht. Er konnte als großen<br />

Erfolg die Wiedervereinigungsspiele in Seoul 1988 und die<br />

geglückten Sommerspiele in Barcelona 1992 vorweisen. Auf<br />

der Habenseite des östlichen Gegenboykotts der Spiele von<br />

Los Angeles 1984 stand der große kommerzielle Erfolg. Olympia<br />

war dabei, eine Geldmaschine zu werden. Das IOC stand<br />

glänzend da, und die Auflösung der politischen Blöcke nach<br />

dem Fall der Mauer hatte den politischen Druck genommen.<br />

Doch eine neue Gefahr wurde deutlich, benannt durch den<br />

australischen Vizepräsidenten Kevan Gosper: "Wir sollten<br />

neben dem Boykott, dem Doping und den Drogen auch der<br />

Korruption ein energisches Halt sagen."<br />

Der Kongress plädierte für die Verstärkung sportlicher Entwicklungshilfe,<br />

erhob den Umweltschutz zu einer olympischen<br />

Priorität, forderte für den Sport Autonomie und für die<br />

Athleten, dass sie den Großteil ihrer Kommission selbst wählen<br />

dürfen. Mit einem Plädoyer für Fair Play im Sport nahm<br />

mit Willi Daume einer der großen Olympier leise Abschied.<br />

Die Session endete mit der Verabschiedung eines Doping-<br />

Gesetzbuchs (Medical Code), das den gesamten olympischen<br />

Sport zu einem einheitlichen Kampf gegen den Leistungsbetrug<br />

verpflichtete. Samaranch machte eine höchst erstaunliche<br />

Personalpolitik dadurch, dass er unter 12 neuen Mitgliedern<br />

auch den Tennistrainer Schamil Tarpischew in das IOC<br />

wählen ließ, auf Wunsch des russischen Präsidenten Boris<br />

Jelzin, dessen Übungsleiter Tarpischew auch war. Allerdings<br />

fand die Allmacht des Spaniers auch seine Grenzen. Als er für<br />

sich selbst das Recht reklamierte, zehn Präsidenten von<br />

olympischen Verbänden zu IOC-Mitgliedern zu ernennen,<br />

blockierte die Vollversammlung. Da half Thomas Bach, als<br />

Jungmitglied des IOC schnell zum Mitglied der Juristischen<br />

Kommission aufgestiegen und dabei auch zum Mitautor des<br />

Medical Codes geworden, seinem Förderer aus der Patsche.<br />

Samaranch solle nur ein Vorschlagsrecht bekommen und die<br />

Session ihr letztes Wort behalten, schlug Bach vor. So<br />

geschah es.<br />

Während des Kongresses erregte noch ein gewisser Jacques<br />

Rogge mit der Aussage Aufsehen, notfalls sollten die Athleten<br />

ihre Rechte mit einem Streik erzwingen. In seinem<br />

Anlauf auf die IOC-Präsidentschaft gab sich der Belgier<br />

noch als kleiner Revolutionär. Beim 13. <strong>Olympische</strong>n Kongress<br />

vom 3. bis 5. Oktober <strong>2009</strong> in Kopenhagen ist er der<br />

große Vorsitzende, der irgendwelche Aufstände nicht<br />

gebrauchen kann.


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D<br />

ie Bewerbung Münchens und der Partner Garmisch-Partenkirchen<br />

und Schönau (Königssee) für die <strong>Olympische</strong>n<br />

Winterspiele 2018 nimmt Fahrt auf. Am 2. Juni versicherte<br />

Bundeskanzlerin Angela Merkel dem deutschen Sport und den<br />

Münchnern, die Bundesregierung stehe "als Ganzes hinter der<br />

Bewerbung". Seit Mitte Februar hat die Bewerbergesellschaft<br />

neben Richard Adam, 47, einen zweiten Geschäftsführer: Bernhard<br />

Schwank, 48, den ehemaligen Direktor Leistungssport des<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbunds (DOSB) und Chef de Mission<br />

der deutschen Olympiamannschaft in Vancouver 2010. Der<br />

frühere Tourismusmanager Adam kümmert sich um die Finanzen<br />

und das Marketing, Schwank um die Erstellung des sportlich-technischen<br />

Konzepts und die Pflege des internationalen<br />

Netzwerks. Spätestens am 15. Oktober, dem Meldeschluss beim<br />

IOC, wissen die Münchner, wie die Konkurrenten heißen. Dann<br />

wird sich herausstellen, mit welchen Kandidaten das IOC ins<br />

Wahlfinale geht. Vorläufig sind namentlich nur Pyeonchang<br />

(Südkorea) und Annecy (Frankreich) bekannt. Bis zur Entscheidung<br />

im Juli 2011 in Durban (Südafrika) bleibt München Zeit für<br />

die diffizile Feinabstimmung der Bewerbung, deren Kosten in<br />

Höhe von geschätzten 30 Millionen Euro trotz der Wirtschaftsund<br />

Finanzkrise nach wie vor von der Privatwirtschaft gedeckt<br />

werden sollen. Über den Stand der Dinge in der Bewerbungszentrale<br />

am Agnes-Pockels-Bogen mit Blick auf den Olympiapark<br />

in München unterhielt sich das "<strong>Olympische</strong> Feuer" (OF)<br />

Anfang Juni mit Bernhard Schwank.<br />

OF: Der abrupte Wechsel vom DOSB zur Bewerbergesellschaft<br />

war vermutlich in Ihrer persönlichen Berufsplanung nicht<br />

vorgesehen. Wie war Ihre Gefühlslage, als Sie den Job in München<br />

antraten, war Ihnen die Größe der Aufgabe in allen<br />

Belangen bewusst?<br />

Schwank: Ich habe mich sehr gefreut, als die Anfrage kam.<br />

Wer so im Sport und Spitzensport zu Hause ist, wie ich, für den<br />

sind <strong>Olympische</strong> Spiele nun mal das herausragende Ereignis.<br />

Mitzuhelfen, Spiele mal wieder nach Deutschland zu holen, das<br />

ist im Berufsleben eine einmalige Chance, ja eine Ehre. Emotionen<br />

haben bei diesem Wechsel sicher eine Rolle gespielt,<br />

unabhängig von dem Wissen, was genau auf mich zu kommen<br />

wird. Die neue Aufgabe ist gleichermaßen Herausforderung<br />

und Abenteuer.<br />

OF: Teamchef bei <strong>Olympische</strong>n Spielen oder Bewerber um<br />

<strong>Olympische</strong> Spiele - beides kann eine Menge Druck und Stress<br />

verursachen. Würden Sie diese Belastungen für sich gewichten<br />

wollen?<br />

Schwank: Für die Vorbereitung der Spiele in Vancouver gilt es,<br />

Zeit einzubringen. Das läuft in enger Abstimmung mit den<br />

Kollegen vom DOSB sehr gut. Die Zeit vor Ort in Vancouver<br />

"Wir machen Spiele für die<br />

nächste Generation"<br />

Bernhard Schwank, Geschäftsführer der Bewerbungsgesellschaft<br />

<strong>Olympische</strong> Winterspiele 2018 in München<br />

32<br />

wird belastend sein. Das haben wir aber vorher gut durchdacht.<br />

Wir sind der Meinung, dass es für die Münchner Bewerbung<br />

von Vorteil ist, wenn sie in Kanada jemand vertritt, der das<br />

operative Geschäft der Spiele kennt und die Erfahrung dann<br />

einbringen kann in die Bewerbungsunterlagen. Wir werden die<br />

Doppelbelastung gemeinsam hinkriegen. Aus unserer Sicht ist<br />

sie eine ideale Ergänzung.<br />

OF: Es liegen diverse Meinungen vor, dass "München 2018"<br />

eine aussichtsreiche Bewerbung sein kann. Wo liegt aus Ihrer<br />

Sicht Münchens Vorteil im Vergleich zu den 1986 (Berchtesgaden/Winter),<br />

1993 (Berlin/Sommer) und 2005 (Leipzig/Sommer)<br />

in den Sand gesetzten deutschen Olympiabewerbungen?<br />

Schwank: München hat die uneingeschränkte Unterstützung<br />

des deutschen Sports und der deutschen Politik. Es gab kein<br />

nationales Auswahlverfahren, das möglicherweise im Nachgang<br />

nicht alle hinter der Bewerbung versammelt hätte. Die Bewerbung<br />

ist von vorneherein international wettbewerbsfähig und<br />

OF-INTERVIEW


verspricht Erfolg, das war bei den früheren Bewerbungen nicht<br />

der Fall. Am Münchner Konzept ist von Anfang an weder von<br />

politischer noch von fachlicher Seite gerüttelt worden - es ist<br />

mit allen abgestimmt worden. Wir sind auch international<br />

besser aufgestellt als noch vor vier Jahren. Die Liste deutscher<br />

Vertreter in den internationalen Boards ist nicht so klein, wie<br />

man immer meint.<br />

OF: Der "Spiegel" schrieb, der Olympiapark sei "das Hauptargument<br />

der Münchner Bewerbung". Wenn Sie das auch so sehen,<br />

wie ist das zu begründen?<br />

Schwank: Der Park ist nicht ein Hauptargument, aber natürlich<br />

ein ganz, ganz starkes. Er ist weltweit das Paradebeispiel sinnvoller<br />

olympischer Nachlassung. Der Park wird uns helfen, weil<br />

wir dort einen hohen Bestand an Sportstätten vorweisen<br />

können. Aber allein<br />

reicht er nicht aus.<br />

Wir brauchen<br />

zusätzlich die neue<br />

Idee, ein neues<br />

Erbe für die Zeit<br />

nach Olympia, falls<br />

wir den Zuschlag<br />

erhalten.<br />

OF: Der Park<br />

verliert aber doch<br />

hoffentlich durch<br />

die notwendigen<br />

Zubauten nicht<br />

seinen hoch gelobten<br />

Charakter?<br />

Schwank: Auf<br />

keinen Fall, da<br />

wären wir schlecht beraten. Wir werden dort, so sehen es die<br />

Planungen zur Zeit vor, zwei permanente neue Hallen bekommen,<br />

eine für das Eishockeyturnier der Frauen auf dem Platz<br />

des jetzigen Eishockeystadions und an der Stelle des jetzigen<br />

Radstadions eine neue Multifunktionshalle. Dann fehlt noch die<br />

Eisschnelllaufhalle, über die jetzt noch keine Klarheit besteht,<br />

ob sie permanent oder temporär sein soll.<br />

OF: Die Bewerbung fußt auf dem so genannten Zwei-Cluster-<br />

Konzept, Eiswettbewerbe in München, Schneebewerbe in<br />

Garmisch-Partenkirchen (dazu Bob und Rodeln in Schönau). An<br />

der Aufteilung reiben sich die Umweltschützer. Kommt da auf<br />

die Bewerber, die auf Ökologie und Nachhaltigkeit setzen,<br />

Ungemach zu?<br />

Schwank: Nein! Wir haben im Vorfeld eine Entscheidung zu<br />

Gunsten dieses Konzepts getroffen, weil es allein Erfolg verspricht.<br />

Seine Vorteile sind: Die Kürze der Wegstrecken, die<br />

Kompaktheit der Anbindung, die verkehrliche Infrastruktur und<br />

OF-INTERVIEW<br />

die Nachhaltigkeit. Das sind genau die Argumente, die gegen<br />

eine Ausweitung dieser zwei Cluster sprechen. Aber wir sind<br />

dabei, die Umweltbelange weiter abzuprüfen.<br />

OF: Umweltschützer argumentieren gegen neu zu errichtende<br />

nordische Anlagen im alpinen Garmisch, wollen zum Beispiel<br />

Biathlon im Olympiastadion vor 70.000 Zuschauern sehen.<br />

Schwank: Biathlon ist vom Ablauf der Spiele her mit Eröffnungs-<br />

und Schlussfeier im Olympiastadion nicht durchführbar.<br />

Ein solcher Wettbewerb gehört raus in die Natur.<br />

OF: Wie ist eigentlich die Stimmung im Lande beim Thema<br />

Olympia 2018, in der Bevölkerung, in den Parteien? Ist die<br />

Skepsis eines Teils der Münchner und bayerischen Grünen<br />

bereits ein Störfaktor? Der Bundestagsabgeordnete Parr (FDP)<br />

will angeblich eine "Stinkstiefel-Kultur" in München ausgemacht<br />

haben.<br />

Schwank: Aus meiner Sicht ist die Stimmung gut bis sehr gut.<br />

Betrachten sie die Beschlüsse, die gefällt wurden, im DOSB, im<br />

Münchner Stadtrat, im Garmischer Gemeinderat, dem Landkreis<br />

Berchtesgaden: nahezu alle mit überwältigender Mehrheit. Es<br />

gibt dann noch einen Unterstützungsbeschluss der Ministerpräsidentenkonferenz,<br />

der nur einstimmig gefällt werden kann, ein<br />

Beschluss des Bundestags ist in Vorbereitung und soll noch vor<br />

der Sommerpause erfolgen, die Bundeskanzlerin hat eine<br />

deutlich uneingeschränkte Unterstützung der Regierung ausgesprochen,<br />

die Zustimmung in der Bevölkerung liegt unseren<br />

Umfragen zufolge bei 70 Prozent. So gesehen sind wir auf dem<br />

richtigen Weg. Was Vertreter der Grünen - oder von anderen<br />

Parteien - betrifft, muss abgewartet werden, bis deren Einzeldiskussionen<br />

beendet sind. Man muss abwarten, bis sie mit<br />

ihrer Diskussion am Ende sind. Angekündigt ist das für den<br />

Herbst, dann wollen sie sagen, ob sie die Spiele mittragen. Im<br />

Übrigen pflegen wir die Diskussionen mit Umweltorganisationen<br />

und Grünen sehr intensiv und binden sie über Fachkommissionen<br />

ein. Unsere Masterplanung hat bereits Veränderung<br />

wegen ökologischer Unverträglichkeit erfahren.<br />

OF: Wenn von den Münchner Olympiaplänen die Rede ist,<br />

dreht sich augenblicklich in der öffentlichen Wahrnehmung<br />

vieles, um nicht zu sagen alles, um die Probleme der Finanzierung<br />

der Bewerbungskosten (30 Millionen Euro). Nervt Sie das,<br />

oder muss man sich doch ernsthaft Sorgen machen, dass das<br />

Versprechen, größtenteils privates Geld dafür zu akquirieren,<br />

nicht gehalten werden kann?<br />

Schwank: Nein, das nervt nicht, und Sorgen muss man sich<br />

auch keine machen. Es ist natürlich, dass im Zusammenhang<br />

mit solchen Großereignissen der finanzielle Aspekt sehr kritisch<br />

durchleuchtet wird. Auch von unserer Seite, das gebietet die<br />

sachgemäße Verwendung von Mitteln, egal ob aus Privatschatullen<br />

oder von öffentlicher Hand. Die Mittel, die wir im<br />

Moment brauchen, haben wir, die bis zum Ende der Bewerbung<br />

33


noch nicht, die benötigen wir jetzt auch noch nicht. Die Kanzlerin<br />

hat mit ihrer Unterstützung beim Gespräch mit uns und<br />

potenziellen Sponsoren dazu beigetragen, dass wir das eine<br />

oder andere Unternehmen gewinnen werden. Ich glaube, mit<br />

dem Wachsen der Bewerbung, wenn noch mal deutlicher wird,<br />

was die Kernpunkte der Bewerbung sind, wenn die Konkurrenten<br />

feststehen, Schwung und Emotionalität dazukommen,<br />

werden wir die Bewerbung wie angekündigt stemmen.<br />

OF: Die vorentscheidende Weichenstellung, die Erfolgschancen<br />

betreffend, wird im Oktober erfolgen, wenn der Sommerort für<br />

2016 feststeht und die Winterorte für 2018 sich gemeldet<br />

haben müssen. Ist das auch die Zeit für bisher zurückhaltende<br />

deutsche Sponsoren, aus der Deckung heraus zu kommen?<br />

Schwank: Wie schon gesagt, mit zunehmender Bewerbungsdauer<br />

glaube ich: Wir werden gewinnen. Gewinnen im Sinne<br />

von mehr Präsenz, mehr Klarheit und Überzeugungskraft und<br />

damit gegenüber potenziellen Sponsoren. Die Überlegungen<br />

mit den Kandidaten für 2016, Madrid, Tokio, Rio oder Chicago,<br />

kann man so oder so interpretieren. Wir werden genau beobachten,<br />

was da passiert, aber unabhängig davon werden wir<br />

weiter auf uns schauen. Unsere Konkurrenten sind Pyeonchang<br />

und Annecy. Ich rechne nicht mit zusätzlichen Bewerbern.<br />

OF: Wann wird bekannt sein, was <strong>Olympische</strong> Winterspiele<br />

2018 in München kosten?<br />

Schwank: Ende dieses Jahres, Anfang 2010.<br />

OF: Im Juli wird ein Kuratorium mit prominenten Botschaftern<br />

für die Bewerbung gegründet. Bedauern Sie, dass der Wintersport<br />

eine Lichtgestalt wie Franz Beckenbauer nicht wird aufbieten<br />

können?<br />

Schwank: Das muss kein Nachteil sein. Andere Wintersportnationen<br />

haben auch keinen Beckenbauer. Unser Wintersport hat<br />

so viele prominente internationale Gesichter, die man mit<br />

einem intelligenten Konzept wird einsetzen können. Wir sind<br />

stark aufgestellt, auch mit Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft,<br />

Kultur und Wissenschaft.<br />

OF: Wem fällt die Aufgabe eines, sagen wir Strippenziehers zu,<br />

der bis zur Wahl 2011 versucht, unter IOC-Mitgliedern und<br />

Fachverbänden Stimmung zu Gunsten Münchens zu organisieren?<br />

Das kann ja so entscheidend sein wie die Qualität des<br />

Bidbooks. Hauptkonkurrent Pyeonchang, das zum dritten Mal<br />

antritt, geht mit dem Milliardär Kun Hee Lee, Samsung-Chef<br />

und IOC-Mitglied, ins Rennen. Ein solches Pfund kann München<br />

doch nicht auf die Waagschale legen.<br />

Schwank: Wir sind sehr gut aufgestellt. Das knüpft an unsere<br />

schon erwähnten Vertreter in den internationalen Gremien an<br />

und an die umfangreiche internationale Arbeit, die der deutsche<br />

Sport seit vielen Jahren, seit Jahrzehnten erfolgreich<br />

34<br />

macht. Ich denke, dass wir mit dem Weg der Überzeugungsarbeit<br />

den richtigen beschreiten und damit am Ende erfolgreich<br />

sein werden.<br />

OF: Und wir machen uns da nichts vor, ist der deutsche Sport<br />

international wirklich so einflussreich aufgestellt? Denken Sie<br />

an Salzburgs sportfachlich erstklassige Bewerbung für 2014 -<br />

die war am Ende chancenlos.<br />

Schwank: Unsere Bundeskanzlerin hat die Unterstützung der<br />

Bundesregierung erklärt. Warum sollten wir dies international<br />

unterschätzen? Auch andere Persönlichkeiten aus Politik und<br />

Wirtschaft werden uns mit Sicherheit helfen können.<br />

OF: Sie sagten, zu Ihren Aufgaben gehöre die Pflege des internationalen<br />

Netzwerks. Trauen Sie sich das zu?<br />

Schwank: Das ist nicht die Aufgabe eines Einzelnen, das kann<br />

auch einer allein nicht leisten. Wir haben ein gutes Team, mit<br />

dem Präsidenten des DOSB und Vorsitzenden unserer <strong>Gesellschaft</strong>erversammlung,<br />

Thomas Bach, und anderen Vertretern<br />

aus Deutschland im internationalen Sport.<br />

OF: Thomas Bach ist aber auch IOC-Vizepräsident, kann er als<br />

solcher auch frei für München werben?<br />

Schwank: Ich sehe da keine Probleme, ich bin überzeugt, dass<br />

Herr Bach diese Bewerbung zu hundert Prozent unterstützt.<br />

Schließlich ist es die vornehmste Aufgabe eines NOK, sich um<br />

<strong>Olympische</strong> Spiele zu bewerben. Ein Stück der Kraft und des<br />

Schwungs der Münchner Bewerbung von Anfang an hat auch<br />

damit zu tun, dass wir so gut aufgestellt sind.<br />

OF: Erhält München tatsächlich den Zuschlag, dann wird doch<br />

sicher Tradition verpflichtend sein?<br />

Schwank: Ja, in der bewegen wir uns hier ja von 1972 her,<br />

besonders in dem Zusammenspiel von Sport, Kultur, Kunst und<br />

<strong>Olympische</strong>r Bewegung, verbunden mit der Person von Professor<br />

Daume. Es gibt noch andere Traditionslinien, an denen man<br />

nicht vorbei kann, wenn man sich mit einer Stadt wie München<br />

bewirbt: Einfache Spiele, heitere Spiele, das architektonische<br />

Vermächtnis, aber eben auch die Linie eines Terroraktes, mit der<br />

wir sinnvoll umgehen müssen. Kultur und Kunst in München<br />

im Zusammenhang mit Winterolympia muss und wird ein<br />

wichtiges Thema sein. Diese Linie ist ein Vermächtnis, ein<br />

Auftrag. Es geht ja auch um die Wirkung der Spiele in die<br />

<strong>Gesellschaft</strong> hinein.<br />

OF: München wäre die erste Stadt, die Sommer- und Winterspiele<br />

veranstaltet hat, dazwischen liegen 46 Jahre.<br />

Schwank: Ja, wir machen Spiele für die nächste Generation.<br />

Das Interview führte Michael Gernandt<br />

OF-INTERVIEW


Neunzig Prozent aller deutschen Medaillen<br />

bei EM, WM und <strong>Olympische</strong>n Spielen werden<br />

von Sporthilfe-geförderten Athleten gewonnen.<br />

Sporthilfe-Athleten achten die Grundsätze<br />

des Sports und werben für unser Land.<br />

Verlierer ?<br />

www.sporthilfe.de<br />

Ruder-WM Eton 2006: Der Deutschland-Achter hatte<br />

seit Jahren WM-Gold verpaßt. Aber der Ehrgeiz der<br />

Ruderer blieb ungebrochen. Als keiner mehr damit<br />

rechnete, fanden sich acht Männer zusammen, die ein<br />

verschworenes Team bildeten. Sie wurden Weltmeister,<br />

weil sie das Miteinander im Sport verstanden hatten.<br />

Leistung. Fairplay. Miteinander.<br />

Die Prinzipien des Sports stärken unser Land.<br />

Unterstützen Sie die Prinzipien des Sports: <strong>Deutsche</strong> Sporthilfe · Konto: 092 777 2 · <strong>Deutsche</strong> Bank BLZ: 500 700 10


Seit dem Herbst 2008 werden die wirtschaftspolitischen<br />

Nachrichten schlechter. Die internationale Kredit- und<br />

Finanzmarktkrise hat sich zu einer Wirtschafts- und<br />

Konjunkturkrise erweitert. Die Politik versucht, diese Herausforderung<br />

zu gestalten, zumal in einem Wahljahr: Rettungssowie<br />

Schutzschirme wurden ebenso entwickelt wie Konjunkturpakete,<br />

die auch eine Verbesserung der kommunalen<br />

Infrastruktur möglich machen sollen.<br />

Der kommunale Anlagenbestand hat es auch nötig! Eine<br />

aktuelle Studie des <strong>Deutsche</strong>n Instituts für Urbanistik (DIFU)<br />

aus dem Jahr 2008 diagnostiziert einen Sanierungsstau von<br />

704 Mrd. Euro: Schlechte Straßen, marode Schulgebäude und<br />

lecke Abwassersysteme zeugen in West wie Ost davon, dass<br />

seit 1992 die kommunale Investitionstätigkeit kontinuierlich<br />

zurückgeht. Die DIFU-Studie beziffert den Investitionsbedarf<br />

allein für die Sportanlagen in kommunaler Trägerschaft auf<br />

35 Mrd. Euro und bestätigt die Erhebungen des DOSB, der<br />

den Sanierungsbedarf im Sportstättenbereich trägerübergreifend<br />

auf über 42 Mrd. Euro schätzt. Die DIFU-Studie weist<br />

insgesamt neun einzelne Investitionsbereiche aus; der Bereich<br />

Sportstätten ist hier an sechster Stelle genannt, knapp hinter<br />

dem Nahverkehr und mit größerem Bedarf als z.B. für Krankenhäuser<br />

oder für den Trinkwasserbereich! Unverändert ragt<br />

der Sanierungs- und Modernisierungsbedarf im Bereich der<br />

Bäder und der Sporthallen heraus. Die Zahl vereinseigener<br />

Sportstätten nimmt auf Grund von Eigentumserwerb und der<br />

zunehmenden Eigentumsübertragung von Kommunen auf<br />

Vereine zu - hier entsteht ein zusätzliches quantitativ<br />

bedeutsames Handlungsfeld. Der milliardenschwere Sanierungs-<br />

und Modernisierungsbedarf im Bereich der Sportstätten<br />

ist zum einen Bestandteil eines weitergehenden kommunalpolitischen<br />

Problemfeldes und entwickelt sich zum anderen<br />

zunehmend zu einem Engpassfaktor der Sportentwicklung<br />

Neben diesen ernüchternden Befunden ist auf die Chancen<br />

der Gesamtsituation und hierbei insbesondere auf die volkswirtschaftlichen<br />

Konsequenzen hinzuweisen. Bereits im Jahr<br />

2000 wurde in volkswirtschaftlichen Studien nachgewiesen,<br />

dass staatliche <strong>Ausgabe</strong>n für Sportstätten positive Effekte auf<br />

die Entwicklung von Einkommen und Beschäftigung in<br />

Sanierungsfall<br />

Von ungeahnten Chancen und Konjunkturimpulsen<br />

36<br />

Deutschland haben, somit hohe finanzielle Rückflüsse in den<br />

staatlichen Sektor erfolgen und Nettobelastungen der öffentlichen<br />

Haushalte bemerkenswert gering ausfallen. In diesem<br />

Zusammenhang sei auch auf den aktuellen Sportentwicklungsbericht<br />

2008/<strong>2009</strong> verwiesen, der feststellt, dass die<br />

steuerlichen Rückflüsse der Vereine die direkten öffentlichen<br />

Zuwendungen um über 300 Millionen Euro übersteigen.<br />

Aktuelle Studien belegen diese Annahmen erneut:<br />

� Investitionsprogramme zur Sanierung von Sportstätten<br />

geben der Bauwirtschaft zusätzliche Impulse. Expansive<br />

Effekte des Wirtschaftskreislaufs werden zusätzliche Einnahmen<br />

des Staates in<br />

Form höherer Steuern nach<br />

sich ziehen.<br />

� Entsprechende Investitionen<br />

haben regionalökonomische<br />

Dimensionen:<br />

Baumaßnahmen für Sportzwecke<br />

leisten auf Grund<br />

ihrer spezifischen Eigenschaften<br />

hinsichtlich der<br />

regionalen Verortung der<br />

Auftragnehmer von kleinen<br />

und mittleren Unternehmen<br />

zur Aufgabenerfüllung<br />

einen besonderen<br />

Beitrag.<br />

� Positive Effekte entstehen<br />

auch dann, wenn die<br />

Investitionen durch Verschuldung<br />

entstehen oder<br />

auf Grund staatlicher<br />

Darlehen an Vereine für<br />

vereinseigene Sportstätten<br />

finanziert werden.<br />

Angesichts dieser Szenarien<br />

richten sich viele Hoffnungen<br />

auf das Konjunkturpaket II


Sportstätte<br />

in der Wirtschaftskrise Von Andreas Klages<br />

und das so genannte Zukunftsinvestitionsgesetz. Der <strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Olympische</strong> Sportbund hat dieses Paket begrüßt, jedoch<br />

auch eine sportfreundlichere Ausgestaltung angemahnt, da<br />

eine Reihe von Förderbedingungen die Anwendbarkeit auf<br />

Sportstätten in erheblichem Maße einschränken würde (z.B.<br />

die Begrenzung auf Förderung in Gebieten der Städtebauförderung<br />

oder auf energetische Sanierung). Hintergrund dieser<br />

Begrenzungen ist Art. 104b Grundgesetz, wonach bei Finanzhilfen<br />

des Bundes an die Länder eine Gesetzgebungskompetenz<br />

des Bundes erforderlich ist. Dieser Sachverhalt wurde in<br />

der öffentlichen Debatte häufig übersehen - auch in der<br />

Sportpublizistik! Die Föderalismuskommission II hat nunmehr,<br />

im Frühjahr <strong>2009</strong>,<br />

vorgeschlagen,<br />

diese Beschränkungen<br />

zu lockern<br />

- entsprechend<br />

wurden politische<br />

Initiativen für eine<br />

Verfassungsänderung<br />

auf den Weg<br />

gebracht.<br />

Im Förderbereich<br />

"Bildung" des<br />

Zukunftsinvestitionsgesetzes<br />

sind<br />

Investitionen bei<br />

den schulbezogenen<br />

Sportstätten<br />

denkbar. Im Förderbereich"sonstige<br />

Infrastruktur"<br />

entfallen mit<br />

einem neugefassten<br />

Art. 104b<br />

zahlreiche Einschränkungen<br />

mit<br />

der Folge, dass<br />

auch Investitionen<br />

in Einrichtungen<br />

des Sports förder-<br />

fähig sein werden. Mit der angestrebten Grundgesetzänderung<br />

(vorausgesetzt diese kommt noch rechtzeitig vor der<br />

parlamentarischen Sommerpause!) erweitern sich nochmals<br />

die Spielräume für den Sportstättensektor. Das Konjunkturpaket<br />

II kann helfen, den Sanierungsstau abzubauen. Hierfür<br />

sind entsprechende politische Weichenstellungen in den<br />

Kommunen und auf landespolitischer Ebene von Bedeutung.<br />

In vielen Regionen Deutschlands ist der Sport gut aufgestellt,<br />

z.B. stehen in Rheinland-Pfalz rund 36 Mio. Euro für Sportstätten<br />

zur Verfügung. In anderen Teilen Deutschlands kämpfen<br />

die Sportorganisationen noch für eine angemessene<br />

Berücksichtigung des Sports bei den Projektlisten.<br />

Bei allen berechtigten positiven Bewertungen aktueller politischer<br />

Initiativen ist auf die grundsätzlichen Dimensionen<br />

hinzuweisen. Die DIFU-Schätzungen beziffern den kommunalen<br />

Investitionsbedarf auf 704 Mrd. Euro, was einem jährlichen<br />

Bedarf von rundd. 47 Mrd. Euro entspricht. Das Konjunkturpaket<br />

II ist mit einem Investitionsprogramm von 13,3<br />

Mrd. Euro (einschließlich Länderanteilen) nicht weniger als<br />

der Tropfen auf den heißen Stein.<br />

Ein bundesweit koordiniertes mehrjähriges Investitionsprogramm<br />

zur Sanierung und Modernisierung von Sportstätten<br />

ist notwendiger denn je und würde nicht nur einen Engpassfaktor<br />

der Sportentwicklung reduzieren, sondern wäre mit<br />

deutlichen volkswirtschaftlichen Impulsen verbunden. Hierbei<br />

sollten auch die zunehmenden vereinseigenen Sportstätten<br />

nicht vergessen werden. Darüber hinaus ist daran zu erinnern,<br />

dass die kommunalen Kassen strukturell unterfinanziert sind.<br />

Ihre Einnahmenpositionen sind durch grundsätzliche finanzpolitische<br />

Änderungen zu verbessern - die Kommunen müssen<br />

wieder in die Lage versetzt werden, die notwendigen<br />

Investitionen für die kommunale Infrastruktur aus ihren<br />

Haushalten finanzieren zu können.<br />

Der Sport ist ein sympathisches Politikfeld, welches volkswirtschaftliche<br />

Multiplikationseffekte in bemerkenswerter Weise<br />

mobilisiert. Das "Politikfeld Sport" könnte durch ein Bundesinvestitionsprogramm<br />

aufgewertet und sein vielfältiger<br />

gesellschaftspolitischer Mehrwert sowie seine Integrationsund<br />

Gesundheitsfunktionen gestärkt werden.<br />

37


Das Sportabzeichen ist Millionär<br />

D<br />

as waren Sternstunden für den Breitensport und das<br />

<strong>Deutsche</strong> Sportabzeichen! Am Vormittag absolvierte<br />

Bundespräsident Horst Köhler mit seiner Ehefrau Eva Luise im<br />

Berliner Olympiastadion wieder einmal die Bedingungen für<br />

das auch nach 96 Jahren immer noch begehrte <strong>Deutsche</strong><br />

Sportabzeichen. Einige Stunden, nachdem das Staatsoberhaupt,<br />

auch Schirmherr des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbundes,<br />

als gutes Beispiel vorweg gelaufen und gesprungen<br />

ist, verkündete DOSB-Präsident Thomas Bach in der Hauptstadt<br />

die frohe Botschaft, auf die die Breitensportstrategen<br />

des deutschen Sports schon so lange gewartet haben: Erstmals<br />

haben im Jahr 2008 mehr als eine Millionen Menschen<br />

aus allen Generationen die Prüfungen für das Sportabzeichen<br />

mit Erfolg abgelegt. Das Sportabzeichen ist in den Kreis der<br />

Millionäre eingezogen.<br />

Am darauf folgenden Tag gab dann das Mitglied des DOSB-<br />

Präsidialausschusses Breitensport/Sportentwicklung, Dr. Petra<br />

Tzschoppe, in Weimar den Startschuss zur Sportabzeichen-Tour<br />

<strong>2009</strong>. Bis zum 24. Juli soll in zehn deutschen Städten - symbolisch<br />

für die vielen Städte und Gemeinden in unserem Lande -<br />

dazu aufgerufen werden, sich<br />

der Herausforderung "<strong>Deutsche</strong>s<br />

Sportabzeichen" zu<br />

stellen und die persönliche<br />

Fitness zu überprüfen. Mehr<br />

als zwei Millionen Kinder,<br />

Jugendliche und Erwachsene<br />

haben sich in den vergangenen<br />

Jahren vorgenommen, in<br />

den fünf geforderten Bereichen<br />

Schwimmen, Springen,<br />

Schnelligkeit Kraft und Ausdauer<br />

die erforderlichen<br />

Leistungen zu erreichen. Über<br />

die Hälfte ist noch gescheitert.<br />

Deshalb darf jeder, der<br />

nun zum "Club der Millionäre" zählt, stolz sein. Häufig wurde<br />

vom "Olympia für Jedermann" gesprochen. Und da ist etwas<br />

dran, denn wer die Bedingungen für das Sportabzeichen erfüllt<br />

hat, der gehört zur Breitensport-Elite der Nation.<br />

Die Tatsache, dass das im Jahre 1913 von Carl Diem in<br />

Deutschland eingeführte Sportabzeichen in unserer schnelllebigen<br />

Zeit keine Plakette ist, die man so locker im Vorbeigehen<br />

ohne große Anstrengung erwerben kann, macht es um so<br />

wertvoller. Hier wird nichts billig weggegeben oder gar verschenkt,<br />

hier gibt es kein Schnäppchen einzufangen. Vielmehr<br />

muss regelmäßig trainiert werden. Und dazu stehen in unseren<br />

mehr als 91.000 Vereinen qualifizierte Übungsleiterinnen und<br />

Übungsleiter mit ihren Angeboten bereit. Aber eine bedeutende<br />

38 OF-K<br />

Rolle spielen auch die Schulen. Immerhin sind drei Viertel der<br />

neuen "Millionäre" Kinder und Jugendliche.<br />

Der DOSB will sich nicht untätig im Glanz der Million sonnen.<br />

Im Gegenteil. Der Rekord spornt an. Das Profil des Sportordens<br />

soll weiter geschärft, modernisiert und sportmedizinisch überprüft<br />

werden. Die Million erfüllt mit Stolz, ist aber eine Herausforderung.<br />

Denn die Zahl der Bewegungsmuffel ist noch viel zu<br />

groß.<br />

Walter Mirwald<br />

Getrübte Badefreuden<br />

W<br />

enn nach den beliebtesten Freizeitbetätigungen der<br />

<strong>Deutsche</strong>n gefragt wird, dann nimmt das Schwimmen<br />

regelmäßig einen der Spitzenplätze ein. Doch diese bemerkenswert<br />

beständige Tabellensituation in der Bundesliga des<br />

Bewegungsvergnügens steht im krassen Gegensatz zu Erhebungen<br />

anderen Zuschnitts. Das Einläuten der Freiluft-Badesaison<br />

wird nämlich im Jahresrhythmus ebenso regelmäßig<br />

von Trendmeldungen der negativen Art getrübt. Sie besagen<br />

etwa, dass die Zahl der<br />

Nichtschwimmer stetig<br />

zunimmt. Und in der Begründungskette<br />

wird der logische<br />

Zusammenhang von den<br />

Körperbildungs-Defiziten und<br />

Versäumnissen im Kindesund<br />

Schüleralter bis zu den<br />

wachsenden Problemen in<br />

der Sportstätten-Infrastruktur<br />

klar aufgezeigt.<br />

Es ist zweifellos ein Tiefpunkt<br />

in dem an Skandalen nicht<br />

gerade armen bundesdeutschen<br />

Bildungstheater der<br />

letzten Jahrzehnte, dass zu den Unzulänglichkeiten des Schulsports<br />

auch der Schwimmunterricht gehört. Bewegungserziehung<br />

- ein Dauer-Notstandsgebiet! Und die Folgen sind hinlänglich<br />

bekannt: Zu wenig Sport in jungen Jahren bedeutet<br />

Entwicklungsstörungen, gesundheitliche Beeinträchtigungen,<br />

Übergewicht, psychische Gefährdungen - und zu allem Überfluss<br />

werden auch die positiven pädagogischen Auswirkungen<br />

qualitätsvollen Sportunterrichts auf den Fächerkanon insgesamt<br />

geradezu fahrlässig ignoriert. In solcher Mängelliste fallen<br />

dann die unzureichenden Schwimmquoten kaum noch auf. Ein<br />

Zustand, den der organisierte Sport längst als alarmierend<br />

bezeichnet. Neben dem <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbund<br />

(DOSB) warnen vor allem die <strong>Deutsche</strong> Lebensrettungsgesellschaft<br />

(DLRG), der <strong>Deutsche</strong> Schwimm-Verband (DSV) und die<br />

OF-KOMMENT OMMENTARE ARE


<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> (DOG) vor weiteren<br />

Abwärtstrends. Die besorgniserregende DLRG-Statistik 2008<br />

verzeichnet zum Beispiel 475 Todesfälle durch Ertrinken in den<br />

deutschen Gewässern - ein Anstieg gegenüber<br />

2007 um 52.<br />

Kinder müssen schwimmen lernen! Die<br />

Erfüllung dieser nachdrücklichen Forderung<br />

der Sportverbände wird allerdings in jüngster<br />

Zeit durch neue Probleme erschwert.<br />

Immer mehr Bäder werden dank klammer<br />

öffentlicher Kassen geschlossen - in den<br />

letzten zwei Jahren waren es bundesweit<br />

nicht weniger als 230. Hinzukommt, dass<br />

die gesamte Badelandschaft in Deutschland<br />

- rund 7.800 Bäder, davon 48% Hallenbäder,<br />

38% Freibäder, der Rest Naturbäder - in<br />

hohem Maße sanierungsbedürftig ist. Je<br />

nach Berechnungsgrundlage von Experten<br />

macht das einen Betrag von 20 bis 40<br />

Milliarden Euro aus. Weil die Überforderung<br />

der kommunalen Haushalte offensichtlich<br />

ist, ruhen die Hoffnungen des Sports jetzt<br />

auf den Konjunkturprogrammen, mit denen<br />

man der großen Krise begegnen will. Das<br />

wäre immerhin eine Breitband-Investition, die sich lohnen<br />

würde. Denn wo mit der Verbesserung der Sportstätten-Infrastruktur<br />

mittel- und langfristig auch in Gesundheit und Bildung<br />

der Bevölkerung investiert wird, macht man<br />

gesellschaftspolitisch eigentlich nichts falsch.<br />

Harald Pieper<br />

Rettung der Randsportarten?<br />

W<br />

enn das Internationale <strong>Olympische</strong> Komitee oder die<br />

<strong>Deutsche</strong> Fußball-Liga ihre Fernsehrechte verkaufen,<br />

regnet es hunderte von Millionen Euro und der Blätterwald<br />

rauscht. Dagegen findet die Pressemitteilung "SportA lizenziert<br />

Internetportal RSK1 Veranstaltungen von 33 Sportverbänden"<br />

kaum Beachtung.<br />

RSK 1 zeigt bisher in erster Linie Amateur-Videos von Sportfans.<br />

Mit Hilfe der Verbände, Vereine und auch eigener Video-<br />

Reporter sollen jetzt ganze Veranstaltungen live und als Video<br />

on demand gezeigt werden. Nach dem gescheiterten Versuch<br />

mit grid-TV ist das der zweite Anlauf des öffentlich-rechtlichen<br />

Rechtemaklers, die Sportarten aus dem 33er-Vertrag ins Internet<br />

zu bringen. Denn mediale Präsenz erfahren viele Sportarten<br />

nur alle vier Jahre bei Olympia. Ansonsten dominieren Fußball,<br />

Formel 1, Boxen und Biathlon den Bildschirm. Selbst Spartenkanäle<br />

bilden nicht die Breite des Sports ab.<br />

Was bleibt also dem Rest-Sport als Präsentationsmöglichkeit?<br />

Das World Wide Web. Und da der Vertrag zwischen SportA und<br />

RSK 1 keine Exklusivität beinhaltet, stehen Verbänden und<br />

Vereinen das Internet und seine<br />

Möglichkeiten weiter offen. Denn<br />

SportA ist auch für die Lizenzierung<br />

der Verbands-Websites oder<br />

anderer Anbieter offen.<br />

OF-KOMMENT<br />

OF-KOMMENTARE<br />

ARE<br />

Das Internet könnte jetzt die Rolle<br />

einnehmen , die vor sieben Jahren<br />

der Kölner Professor Horst Schellhaaß<br />

in einer Studie für das Regionalfernsehen<br />

vorgesehen hatte: Den<br />

Retter der Randsportarten. Statt<br />

von Einnahmen aus den Fernsehübertragungen<br />

zu träumen, forderte<br />

der Ökonom Investitionen, um<br />

Bekanntheit und Interesse aufzubauen.<br />

Erst müsse eine Nachfrage<br />

geschaffen werden. Kein Zuschauer<br />

suche aktiv nach einer Randsportart,<br />

sondern man müsse ihn mit<br />

einer Reportage über eine Randsportart<br />

überraschen, und zwar in<br />

einer Sendung, die er aus anderen Gründen einschalte. Am<br />

besten geeignet sei dafür das Regionalprogramm mit Spielen der<br />

regionalen Mannschaften.<br />

Diese Theorie kann heute in Teilen auf das Internet übertragen<br />

werden. Es ist so gar noch einfacher, Verbände und Vereine<br />

müssen nur in Eigenregie produzieren. Wenn Katzenvideos<br />

schon zwei Millionen Abrufe generieren, finden auch Sportclips<br />

ihr Publikum. Das große Geld ist damit nicht zu machen, aber<br />

die Fan- Gemeinde kann die Wettkämpfe verfolgen. Mittelfristig<br />

könnte so über Sponsoring sogar Geld verdient werden.<br />

Ein weiterer Schritt könnte die Entwicklung von IPTV sein. Der<br />

dritte TV-Verbreitungsweg neben Kabel und Satellit steckt in<br />

Deutschland noch in den Kinderschuhen. Die technische Verbreitung<br />

dürfte in den kommenden Jahren jedoch gewährleistet<br />

sein. Denn im Konjunkturpaket 2 ist der Ausbau des Breitbandnetzes<br />

ebenso vorgesehen wie in der Förderung der<br />

Europäischen Union. Ob sich IPTV in Deutschland durchsetzt,<br />

hängt vor allem davon ab, wie die Telekom die Fußball-Bundesliga<br />

vermarkten kann. Gelingt der Durchbruch mit einem<br />

Format wie der Bundesliga, muss das Angebot mit weiteren<br />

Sportarten abgerundet werden. Zwar werden diese Sportarten<br />

keine 20 Millionen Euro im Jahr erhalten, aber für die Produktionskosten<br />

könnte es reichen.Und ein starker technischer Partner<br />

ist auch ein Wert. Denn diese Form der Kommunikation<br />

kann nur mit Profis Erfolg haben. Mit Hobbyfilmern ist das<br />

Scheitern programmiert.<br />

Heinz Peter Kreuzer<br />

39


Auch der Sport muss<br />

sich in der Lobby-<br />

Republik behaupten<br />

Von Günter Deister<br />

Kritiker sprechen von einer Lobby-Republik, von einem<br />

Lobby-Dschungel und von einer fünften Gewalt.<br />

Gemeint sind die 4.500 Interessensvertreter aus 1.780<br />

Verbänden und Organisationen, die beim Parlament registriert<br />

sind, mit Hausausweisen Zutritt zum Bundestag bekommen<br />

und an Gesetzgebungsverfahren teilnehmen können. Allein<br />

zum großen Gesundheitsreform-Hearing hatten sich 140<br />

Organisationen angemeldet, darunter die geballte Kraft der<br />

Pharma-Industrie. Großunternehmen beschäftigen bis zu 20<br />

Repräsentanten zur Pflege der politischen Landschaft in der<br />

Hauptstadt. Wer einen Unterschied festmachen will zwischen<br />

der Bonner und der Berliner Republik, der kann ihn dokumentieren<br />

am Wachstum der Lobbyisten und ihren veränderten<br />

Wirkungsweisen und Wirkungen.<br />

Längst geht es nicht mehr nur um Information, Kontakte,<br />

Beratung und Repräsentation. Der Lobbyismus in seiner herkömmlichen<br />

Bedeutung, vertreten zu sein in der Vorhalle<br />

(Lobby) des Parlaments, hat sich in großer Geschwindigkeit<br />

40<br />

und mit starkem Antrieb gewandelt. Er<br />

ist zur Pressure Group geworden, "die<br />

durch Beeinflussung der öffentlichen<br />

Meinung und von Regierungsorganen,<br />

Demonstrationen usw. Druck auf politische<br />

Entscheidungsgremien auszuüben<br />

versucht" (Brockhaus). Er hat sich festgesetzt<br />

im Parlament, wirkt bei Empfängen<br />

und in Hinterzimmern und hat<br />

sogar Platz genommen in Ministerien.<br />

Dort dürfen so genannte "externe Mitarbeiter"<br />

von Organisationen und Unternehmen<br />

die Bundesregierung bei Verhandlungen<br />

und Veranstaltungen vertreten,<br />

Leitungsvorlagen für Topbeamte<br />

schreiben und sich an Vergabeverfahren<br />

für öffentliche Aufträge beteiligen.<br />

Das hat der Bundesrechnungshof in<br />

einer Untersuchung moniert und die<br />

Bewertung hinzugefügt, dass der Einfluss<br />

der Berliner Lobbyisten immens sei<br />

und wesentlich größer als erwartet. Zur<br />

Wirkungsweise einer schier unübersichtlichen<br />

Branche gehört der Seitenwechsel<br />

als perfektioniertes Modell. Ob<br />

Minister, Staatssekretäre, Abgeordnete<br />

und selbst Kanzler - nahezu übergangsund<br />

mühelos gelingt Politikern und<br />

Staatsdienern der Sprung auf die andere<br />

Seite, abgepolstert durch lukrative<br />

Verträge, unter Mitnahme kostbarer<br />

Kenntnisse, Beziehungen und Ressourcen.<br />

Die Lobby-Republik ist schier grenzenlos und ohne Transparenz.<br />

Sie erscheint als ein Schattenreich, in dem der Einsatz<br />

von rechtlich zulässigen und unzulässigen Mitteln immer<br />

weniger unterscheidbar ist. Sie bedient sich der Medien, sie<br />

ist geprägt durch das Ungleichgewicht von Macht und Einfluss.<br />

Sozialverbände, Umwelt- und Verbraucherorganisationen<br />

treten in Konkurrenz zu Organisationen und Unternehmen,<br />

die über enormes ökonomisches Druckpotenzial verfügen.<br />

Und irgendwo dazwischen bewegt sich der organisierte<br />

Sport mit seinem Anspruch, ausreichend Gehör und Unterstützung<br />

zu finden für seine Anliegen als größte Bürgerbewegung<br />

des Landes.<br />

Die Ständige Vertretung des deutschen Sports residiert nicht<br />

in einem Glaspalast, wie ihn sich die Spitzenvereinigungen<br />

von Arbeitgebern, Industrie und Handelskammern in Berlin<br />

gebaut haben, sondern vergleichsweise bescheiden auf dem<br />

ersten Stock der Behringstraße 24 im Zentrum der Hauptstadt.<br />

Im "DOSB-Büro am Sitz der Bundesregierung" hat sich


der Dachverband Ende 2007 in einer großen Koalition des<br />

Sports eine gemeinsame Vertretung mit dem starken <strong>Deutsche</strong>n<br />

Fußball-Bund geschaffen, zum Büro-Bund gehören<br />

auch die Fußball-Liga DFL, die <strong>Deutsche</strong> Sport-Jugend (dsj),<br />

der Behindertensport-Verband (DBS) und die Sport-Vermarktungsgesellschaft<br />

DSM. "10 Minuten zum Kanzleramt und<br />

zum Reichstag, nahe den verschiedenen Ministerien", so<br />

beschreibt Christian Sachs den Standortvorteil. "Der Sport hat<br />

hier die kürzesten Wege."<br />

Der 41-Jährige ist Leiter dieser Nebenstelle. Fern dem DOSB-<br />

Mutterhaus in Frankfurt ist sie in eine Hauptrolle gewachsen,<br />

die vom Main aus gesehen nicht nur mit Wohlgefallen<br />

betrachtet wird. DOSB-Präsident Thomas Bach ist mindestens<br />

einmal pro Woche auf Stippvisite und arbeitet dabei seine<br />

Termine mit Spitzenvertretern aus Politik und <strong>Gesellschaft</strong> ab.<br />

Das gilt auch für Generaldirektor Michael Vesper als prominentester<br />

Seitenwechsler aus der Politik in den Sport. Der<br />

ehemalige Spitzen-Grüne und Sportminister aus Nordrhein-<br />

Westfalen ist mit den politischen Netzwerken aus seiner<br />

Parlamentarierzeit noch bestens vertraut.<br />

Ein Seitenwechsler ist auch Sachs. Der Politologe und Journalist<br />

diente als stellvertretender Pressesprecher im Innenministerium<br />

von Wolfgang Schäuble, was über sein damaliges<br />

Spezialgebiet Fußball-Weltmeisterschaft 2006 hinaus manchen<br />

Erkenntnisgewinn brachte. Den kann er seit Oktober<br />

2007 als Leiter des dreiköpfigen DOSB-Büros, das auch den<br />

DFB vertritt, nutzbar machen. Das Innenressort ist als größter<br />

staatlicher Sponsor des Spitzensports die erste Anlaufadresse.<br />

"Jedes Jahr muss der Kampf um Unterstützung neu geführt<br />

werden", sagt Sachs. Für <strong>2009</strong> sind es 142 Millionen Euro und<br />

damit 15 Millionen Euro mehr als im Jahr davor. Über alle<br />

Ministerien hinweg wird der Sport im laufenden Jahr mit 230<br />

Millionen Euro unterstützt.<br />

Auch wegen der unterschiedlichsten gemeinsamen Kooperationen<br />

und Kampagnen gehören die Ministerien zu den<br />

wichtigsten Partnern des Sports. Die Jubiläumsveranstaltung<br />

zu 20 Jahren "Integration durch Sport" hat das am 10. Juni in<br />

Berlin deutlich gemacht. Wichtige Adressen sind die politischen<br />

Parteien. Die Tatsache, dass der Sport für sein Wahlhearing<br />

am 1. Juli mit Schäuble (CDU), Frank-Walter Steinmeier<br />

(SPD), Guido Westerwelle (FDP), Claudia Roth (Die Grünen)<br />

und Gregor Gysi von den Linken ohne große Mühe eine<br />

Elefantenrunde zusammenbringen konnte, spricht dafür, dass<br />

der Sport mit seinen in 91.000 Vereinen organisierten 27<br />

Millionen Mitgliedern von den Parteien zumindest in Wahljahren<br />

als eine bedeutsame gesellschaftliche Kraft wahrgenommen<br />

wird.<br />

In Bundespräsident Horst Köhler und Kanzlerin Angela Merkel<br />

hat der Sport an der Spitze des Staates zwei ganz wichtige<br />

Verbündete. Sport-Schirmherr Köhler mit seiner Frau als<br />

eifrige Sportabzeichensammler, Frau Merkel als begeisterter<br />

Tribünengast - das gibt Bilder von doppeltem Lobbyismus, die<br />

Politik und Sport gleichermaßen gut tun. Das gilt auch für<br />

ein von Bach erbetenes Treffen, zu dem die Regierungschefin<br />

am 2. Juni potenzielle Sponsoren für die Bewerbung Münchens<br />

um die <strong>Olympische</strong>n Winterspiele 2018 ins Kanzleramt<br />

eingeladen hatte. Es war in einem von einer großen ökonomischen<br />

Krise geprägten Umfeld notwendige Lobby für das<br />

größte Gemeinschaftsprojekt des nächsten Jahrzehnts von<br />

Sport, Politik und Wirtschaft.<br />

Zur politischen Landschaft für den Sport zählt besonders<br />

auch der Bundestags-Sportausschuss. Dort spielt der ehemalige<br />

Turn-Weltmeister und DOSB-Vizepräsident Eberhard<br />

Gienger als CDU-Abgeordneter eine nicht ganz unproblematische<br />

Doppelrolle. Was der Sportfunktionär Gienger als<br />

Verbandsverantwortlicher für den Spitzensport wünscht, kann<br />

der Politiker Gienger mit beeinflussen. Allerdings hat das<br />

Gremium, ganz offensichtlich zum Verdruss seines Vorsitzenden<br />

Peter Danckert, nur eine beratende Funktion. Der in<br />

Selbstdarstellung geübte SPD-Politiker und ehemalige Strafverteidiger<br />

erweckt immer wieder den Eindruck, als sei der<br />

Ausschuss eine Nebenregierung des Sports.<br />

Bei allen Gemeinsamkeiten vertreten die in der Bürogemeinschaft<br />

zusammengefassten Sport-Organisationen auch sehr<br />

unterschiedliche Ziele. Dem DOSB geht es neben der ausreichenden<br />

Unterstützung des Spitzensports und den verschiedensten<br />

Kooperationen um die Anerkennung des Sports als<br />

Staatsziel im Grundgesetz. Zudem möchte er für das Ehrenamt<br />

in Vereinen eine Haftbefreiung erreichen. Der vergleichsweise<br />

eigennützige Bundesliga-Fußball kämpft gegen staatliche<br />

Eingrenzungen im Wettgeschäft, gegen ein Alkoholwerbeverbot<br />

im Sport, die Besteuerung von Stadion-Logen, die<br />

Quellensteuer von 25 Prozent auf Transfererlöse und Kartellamts-Restriktionen<br />

bei der Fernsehvermarktung der Bundesliga.<br />

"Den Strauß der Interessen des Sport zu bündeln", das ist<br />

nach Einschätzung von Christian Sachs die wichtigste Aufgabe<br />

der Ständigen Vertretung. Sie müsse "den täglichen Dialog<br />

mit der Bundesregierung führen, in Netzwerken vertreten<br />

sein, ständig als Interessensvertreter des Sports wahrgenommen<br />

werden, sich als attraktiver Partner anbieten, gemeinsame<br />

Auftritte des Sports organisieren". Mit ihren Räumlichkeiten<br />

sei sie auch "eine kleine Heimat für die Spitzenverbände"<br />

des DOSB. Thomas Bach spricht von einer "bewährten, unverzichtbaren<br />

Einrichtung" auch deshalb, weil sie die Beziehungen<br />

zu anderen gesellschaftlichen Gruppierungen stärken<br />

hilft. Er hat in Berlin häufiger zu tun als in der Frankfurter<br />

Zentrale. Den Sport einen Lobbyisten zu nennen, dem es<br />

zuallererst um das Gemeinwohl gehe, dagegen hat der DOSB-<br />

Präsident keinen Einwand, "aber eine Pressure Group, das sind<br />

wir nicht".<br />

41


Gesundheitskultur statt Gesundheitskult sollte<br />

das sportliche Leitmotiv lauten Von Ommo Grupe<br />

Neu ist das Thema "Gesundheit" im Sport nicht. Lange<br />

bevor es eine solche "Konjunktur" wie heute hatte,<br />

galten Leibesübungen und gymnastische Bewegungen<br />

bereits als geeignete Mittel zur Erhaltung und Verbesserung<br />

der Gesundheit und zur Vorbeugung gegen Krankheiten,<br />

und dies sogar schon zu einer Zeit, in der es weder Vereine<br />

noch verlässliche medizinische Ergebnisse zur gesundheitlichen<br />

Bedeutung von Turnen und Sport gab. Schon vor über<br />

zweihundert Jahren benutzten zum Beispiel die "Menschenfreunde",<br />

auch Philanthropen genannt, gesundheitliche Argumente<br />

zur Begründung der Leibesübungen. Ihr allgemeines<br />

Ziel war dabei, den Menschen über den richtigen Gebrauch<br />

ihrer Vernunft zur "diesseitigen Glückseligkeit" zu verhelfen.<br />

Ansatzpunkt dafür war der Körper. Wenn er nämlich nicht<br />

42<br />

gesund sei, so lesen wir bei ihnen, dann müsse man sich nicht<br />

wundern, wenn man die Erde nur noch als ein "Tränen- und<br />

Jammertal" empfinden könne und im Grunde nur noch den<br />

einen Wunsch verspüre, möglichst schnell von seinem "lästigen<br />

Leib" getrennt zu werden, um - von ihm "befreit" - ein<br />

unbeschwertes Leben im Jenseits genießen zu können. Christian<br />

Gotthilf Salzmann, Gründer und Leiter des Philanthropinums<br />

im thüringischen Schnepfenthal, erklärte dazu: "Wer<br />

nun seinen Himmel bloß jenseits des Grabes erwartet, der mag<br />

fortfahren, seinen Körper zu vernachlässigen. Wer aber den<br />

Himmel schon diesseits genießen will, der muss notwendig<br />

auf seinen Körper mehr Aufmerksamkeit verwenden, wenn<br />

sein Streben nach dem Himmel nicht vergeblich sein soll."<br />

Deshalb ruft er den Lehrern an seiner Schule und seinen


Zöglingen zu: "Sei gesund!" Allerdings verstand man vor<br />

zweihundert Jahren, als die meisten Menschen schwer unter<br />

Armut, Hunger, Krankheit und Kälte leiden mussten, unter<br />

Gesundheit etwas Anderes als heute, und "Wohlbefinden",<br />

"Fitness" und "Wellness", die heute oft in Verbindung mit<br />

Gesundheit genannt werden, waren damals noch unbekannt.<br />

Wenn heute von Sport die Rede ist, denkt man vermutlich<br />

nicht zuerst an den Gesundheitssport, sondern an den Leistungssport<br />

oder den Breitensport. Mit dem Leistungs- und<br />

Spitzensport haben Gesundheit und Gesundheitssport allerdings<br />

nicht unmittelbar zu tun, abgesehen davon, dass<br />

Gesundheit eine der Voraussetzungen ist, überhaupt Sport auf<br />

hohem Niveau zu betreiben. Während der Gesundheitssport<br />

jedoch vor allem auf Gesundheit ausgerichtet ist, gelten<br />

Leistung und Wettkampf als Kennzeichen des sportlichen<br />

Selbstverständnisses. Gesundheit ist dabei keineswegs unwichtig;<br />

wichtig ist sie aber vor allem deshalb, weil bei den meist<br />

unvermeidlichen körperlichen Belastungen in Training und<br />

Wettkampf gesundheitliche Schäden und Folgeschäden möglichst<br />

ausgeschlossen werden sollen, auch wenn sie manchmal<br />

zur Leistungssteigerung in Kauf genommen werden. Diesen<br />

Unterschied sah wohl auch Coubertin; den Gesundheitssport<br />

nannte er deshalb auch "Hygienesport". Allerdings ist es auch<br />

im Gesundheitssport so, dass in ihm "Gesundheit" kaum zu<br />

haben ist, ohne dass man sich um sie bemüht; mess- und<br />

bewertbare Leistungen stehen aber nicht im Vordergrund.<br />

Im Freizeit- und Breitensport spielt Gesundheit dagegen eine<br />

größere Rolle; aber auch in ihm ist sie oft eher "Mittel zum<br />

Zweck" - man möchte fit fürs Skifahren sein, an einem Volkslauf<br />

teilnehmen oder ohne große Mühe sein Sportabzeichen<br />

machen können, bei Bergtouren nicht gleich außer Atem<br />

geraten und auch eine längere Fahrt mit dem Fahrrad nicht<br />

gerade erschöpft beenden.<br />

Im Gesundheitssport ist Gesundheit dagegen Ziel und Zweck<br />

zugleich; es geht um ihre Erhaltung, Wiederherstellung und<br />

Verbesserung, um den gezielten Ausgleich von gesundheitlichen<br />

Mängeln oder um Vorbeugung gegen gesundheitliche<br />

Beeinträchtigungen, sofern dies mit Hilfe körperlicher Aktivitäten<br />

möglich ist oder diese dabei nützlich sind. Oft sind es<br />

aber gar nicht die körperbezogenen Aktivitäten allein, die<br />

dabei von Bedeutung sind, sondern es sind - vor allem in<br />

psychischer und sozialer Hinsicht - die Gruppe, in die man<br />

gerne geht oder die sympathische Lehrkraft.<br />

Gesundheitsport - heute ein wichtiger<br />

Teil sportlicher Angebote<br />

Als 1945 nach dem Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft<br />

die Gründung von Turn- und Sportvereinen wieder<br />

erlaubt wurde, sich bald danach auch Landessportbünde und<br />

Fachverbände sowie 1950 der <strong>Deutsche</strong> Sportbund bilden<br />

konnten, wurde Gesundheit für sie von Anfang an zu einem<br />

wichtigen Thema. "Gesundheitsförderung" wurde ausdrücklich<br />

zu einer Aufgabe des Sports erklärt; in vielen Vereins- und<br />

Verbandsatzungen wurde dies eigens festgeschrieben. Da in<br />

den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg die meisten Menschen<br />

in Deutschland unter Hunger, Unterernährung, Mangelkrankheiten,<br />

Kriegsverletzungen und heute kaum noch vorstellbaren<br />

Lebensbedingungen leiden mussten, war dies zwar<br />

ein naheliegendes Ziel, aber schon auf Grund fehlender Sportmöglichkeiten<br />

war es letztlich gar nicht erreichbar. Noch bis in<br />

die fünfziger Jahre gab es in Schulen und Universitäten die<br />

sogenannte "Hoover-Speisung", um wenigstens die schlimmsten<br />

Folgen von Hunger und Unterernährung bei Kindern und<br />

jungen Menschen zu lindern. Die Aufgabe der Gesundheitsförderung<br />

konnte deshalb in Sportvereinen auch nicht an erster<br />

Stelle stehen. Verständlicherweise hatte in jener Zeit, in der<br />

den meisten Menschen selbst das existentiell Nötigste fehlte,<br />

Gesundheit auch eine andere Bedeutung als heute.<br />

Das Thema "Gesundheit" selbst galt jedoch als wichtig, und<br />

das ist bis heute so geblieben. Der nach dem <strong>Deutsche</strong>n<br />

Fußball-Bund größte deutsche Verband, der <strong>Deutsche</strong> Turner-<br />

Bund, dem diese gesundheitssportliche Aufgabe besonders<br />

nahe liegt, erweiterte später sogar seinen Verbandsnamen um<br />

den Zusatz "Verband für Leistungs-, Freizeit- und Gesundheitssport";<br />

ein von ihm 1994 organisierter Kongress hieß<br />

"Gesundheitssport im Verein", allein der zweite Teil des Kongressberichts<br />

füllt mehr als 500 Seiten. Auch Landessportbünde<br />

und Bundesländer veröffentlichten Materialien zu gesundheitssportlichen<br />

Fragen. In der Fachliteratur wurden Gesundheit<br />

und Gesundheitsport zu viel bearbeiteten Themen. Heute<br />

umfasst der Gesundheitssport nicht mehr nur einen kleinen<br />

und unwichtigen Bereich des in Vereinen organisierten Sports.<br />

Der Forschungsbericht zur "Sozialberichterstattung des deutschen<br />

Sports" von Professor Breuer und Mitarbeitern zeigt,<br />

dass fast ein Viertel der von den rund 90.000 deutschen<br />

Sportvereinen gemachten Sportangebote "explizit auf die<br />

Vermeidung, Beseitigung oder Linderung gesundheitlicher<br />

Beeinträchtigungen" abzielt.<br />

Neben die Vereine sind in den letzten Jahrzehnten allerdings<br />

auch noch zahlreiche weitere Anbieter von "Gesundheit"<br />

getreten: Es handelt sich vor allem um gewerblich-kommerziell<br />

ausgerichtete, dann aber auch um kommunale, kirchliche<br />

und universitäre Einrichtungen; auch Urlaubs- und Erholungsorte<br />

machen gesundheitssportliche Angebote. Viele Menschen<br />

bemühen sich allerdings auch alleine um ihre Gesundheit,<br />

indem sie laufen, schwimmen, rad- und skifahren, Morgengymnastik<br />

betreiben, Yogaübungen machen oder Spazieren<br />

gehen. Viele von ihnen sind gleichzeitig auch Vereinsmitglieder<br />

oder gehen in Gesundheits- oder Fitnessstudios. Inzwischen<br />

gibt es außerhalb des im DOSB organisierten Gesund-<br />

43


heitsports auch einen eigenen Verband für Gesundheitssport,<br />

in dem sich gesundheitssportlich ausgerichtete Vereine<br />

zusammen geschlossen haben. Obwohl dies alles nicht gerade<br />

als Konkurrenz anzusehen ist, stellt sich die Frage, was das<br />

"Besondere" der Vereinsangebote ist.<br />

Gesundheit und "Spaß"<br />

Wenn man gesundheitssportliche Angebote genauer betrachtet,<br />

stellt man fest, dass es in ihnen keineswegs nur um<br />

Gesundheit gehen soll. Gesundheit taucht nämlich durchweg<br />

in Verbindung mit "Spaß" auf; "Spaß" (oder "Fun") zu haben<br />

oder zu bekommen, spielt in Begründung und Ankündigung<br />

von gesundheitsförderlichen Angeboten eine wichtige Rolle.<br />

"Fit for Fun" heißt zum Beispiel ein verbreitetes Motto. "Fit for<br />

Fun" hieß der Titel einer Leibes- und Lebensertüchtigungszeitschrift,<br />

die man an Zeitungskiosken kaufen konnte. Mit "Fit for<br />

Fun" wurde auch ein Artikel des Trend- und Lebensstil-Magazins<br />

MAX eingeleitet: Dieses "neue Selbstbewusstsein", so<br />

konnte man lesen, "seinen Körper und seine Seele zu hegen<br />

und zu pflegen, sich täglich etwas Gutes zu tun", und dies mit<br />

"lauter Aktivitäten, die Spaß machen, Optimismus wecken,<br />

Erotik steigern". Heiko Ernst versah eines seiner Bücher mit<br />

dem Titel: "Gesund ist, was Spaß macht". Ein Hotel am Rhein<br />

wirbt mit "Gesundheit zum Mitnehmen" und "High Level<br />

Wellness" für ein Wochenendprogramm, das zwei Übernachtungen<br />

mit Frühstücksbuffet, Begrüßungscocktail, naturheilkundliche<br />

Betreuung, chinesische Massage, Yoga, Kosmetikbehandlung<br />

und ein "sportliches Begleitprogramm", das aus<br />

Sauna, Warmwasserpool und Wassertretbecken besteht,<br />

umfasst. Von einem Berghotel wird "Winterwellness" mit<br />

"Bergwiesen-Heubad, Relaxmassage, Moorpackung, Magnetfeldtherapie"<br />

offeriert. Ein bekannter Kurort bietet "Gesundheit,<br />

Wellness, Beauty und Lifestyle" an. Um Gesundheit<br />

herum bildet sich inzwischen offensichtlich ein eigener<br />

"Gesundheitsmarkt", auf dem "Spaß", "Fun", "Gesundheit zum<br />

Wohlfühlen", "Fitness zum Wohlfühlen", manchmal auch als<br />

"wellness" bezeichnet, zu Werbezwecken eingesetzt werden.<br />

Damit soll die öffentliche Aufmerksamkeit erreicht werden, die<br />

das Wachstum dieses Markts sichert. Was aber Spaß in Verbindung<br />

mit Gesundheit konkret heißt, wird nirgendwo erklärt.<br />

Die Vereine haben ihre Angebote bislang allerdings von Werbe-<br />

und Marketingsprüchen dieser Art weitgehend frei halten<br />

können; zu einem großen Teil ihrer Angebote passen sie auch<br />

nicht.<br />

Allerdings stößt diese Entwicklung auch auf Kritik. In vorderster<br />

Reihe der Kritiker steht der Arzt, Psychiater und Theologe<br />

Manfred Lütz. Er versieht sein Buch "Lebenslust" mit dem<br />

Untertitel "Über Risiken und Nebenwirkungen des Gesundheitswahns".<br />

In einer <strong>Gesellschaft</strong>, in der die traditionellen<br />

Religionen für viele Menschen offenbar an Bedeutung verlören,<br />

so stellt er fest, sei eine neue Religion entstanden. Er<br />

44<br />

nennt sie "Gesundheitsreligion". Wir "glauben nicht mehr an<br />

den lieben Gott, sondern an die Gesundheit", und alles, was<br />

man früher für ihn tat - fasten, wallfahren, gute Werke vollbringen<br />

- das "tut man heute für die Gesundheit". Gesundheits-<br />

und Fitnessstudios werden zu "Wellnesstempeln".<br />

So betrachtet ist es nicht verwunderlich, dass auf dem<br />

Gesundheitsmarkt nicht nur "Gesundheit" angeboten wird,<br />

sondern neben "Spaß" auch noch unterstützende Mittel in<br />

Form von Medikamenten, Kräutern, Tees, Getränken, Mineralien,<br />

Massagen, Salben, Nahrungsergänzungsmitteln, Geräten,<br />

Expandern, Seilen, Fahrrädern, Hometrainern, Zeitschriften,<br />

Broschüren - und zu allem das passende Outfit. Die Nachfrage<br />

nach "Gesundheit" wird noch dadurch verstärkt, dass in<br />

Gesundheitssendungen der Medien, kostenlosen Apothekenzeitschriften,<br />

Ratgeberspalten von Illustrierten und Tageszeitungen<br />

ständig darüber informiert wird, was man tun muss,<br />

um sich gesund zu halten oder es wieder zu werden. Ganze<br />

Regale der Buchhandlungen sind gefüllt mit entsprechender<br />

Ratgeberliteratur.<br />

Für diesen großen, inzwischen aber auch unübersichtlichen<br />

und in manchen seiner Fehlentwicklungen sicher kritikwürdigen<br />

Bereich ist die Bezeichnung "Gesundheitssport", manchmal<br />

auch "Fitnesssport" üblich geworden. Allerdings ist der<br />

Begriff "Gesundheitssport", unter dem sehr unterschiedliche<br />

Angebote zusammengefasst werden, ebenso unpräzise wie der<br />

ihm zugrundeliegende Gesundheitsbegriff.<br />

Was heißt Gesundheitssport?<br />

Natürlich gibt es für die öffentliche Bedeutung des Gesundheitsthemas<br />

und des Gesundheitsports überzeugendere Gründe<br />

als das Spaßargument: Bewegungsmangelkrankheiten<br />

nehmen in unserer bewegungsarmen <strong>Gesellschaft</strong> bekanntlich<br />

zu. Und im Hinblick auf Krankheitsbilder, die insbesondere<br />

durch Bewegungsmangel verursacht oder mit verursacht<br />

werden - beispielsweise Herz- und Kreislauferkrankungen,<br />

Gelenkbeschwerden oder Übergewicht -, gelten Bewegung<br />

und körperliche Übungen als besonders geeignete Mittel der<br />

Therapie, Rehabilitation und Prävention. Auch bei anderen<br />

Krankheitsbildern haben sie offensichtlich positive körperliche<br />

und auch seelische Wirkungen. Die gestiegene Nachfrage<br />

nach Sport und Körperübungen hängt zweifellos auch mit<br />

diesen Gründen zusammen, die mit dazu geführt haben, dass<br />

"Gesundheit" zu einem wichtigen Beweggrund des Sporttreibens<br />

vieler Menschen und zu einem ebenso wichtigen Argument<br />

für die öffentliche Anerkennung und Förderung des<br />

Sports geworden ist.<br />

Der in Vereinen und Verbänden organisierte Sport konnte mit<br />

seinen bereits bestehenden, aber auch neu entwickelten<br />

gesundheitsbezogenen Angeboten einen großen Teil der


gewachsenen öffentlichen Nachfrage nach Gesundheit, die er<br />

auch selbst mit angeregt und geschürt hatte, erfüllen. Dafür<br />

wurden spezielle Ausbildungsgänge entwickelt, Fachkräfte<br />

ausgebildet und gesucht, Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt.<br />

Und für besonders gelungene und qualifizierte Programme<br />

werden heute Qualitätszertifikate vergeben. Neben<br />

dem allgemeinen Gesundheitsport, dem Fitness- und Konditionssport<br />

sowie dem Präventions- und Rehabilitationssport<br />

gibt es zum Beispiel mit Herzsport, Sport nach Krebs, Rückensport,<br />

Hüftsport, Wirbelsäulensport, Sport mit Sehgeschädigten,<br />

Sport bei Asthma, Diabetes, Osteoporose oder Depressionen<br />

hochspezialisierte Angebote, die auf höchst sensible<br />

Krankheitsbilder ausgerichtet sind und für die deshalb auch<br />

besonders qualifizierte Lehrkräfte benötigt werden, die<br />

imstande sind, geeignete Übungs- und Bewegungsformen<br />

auszuwählen und einzusetzen - von Gymnastik, Walken,<br />

Radfahren und Schwimmen bis zu Yoga, autogenem Training,<br />

Tai Chi, meditativen Techniken, Tanzen und therapeutischem<br />

Reiten; oft ist auch die Anwesenheit eines Arztes erforderlich.<br />

Nicht wenige Vereine haben dazu eigene Gesundheits- und<br />

Fitnessstudios aufgebaut. Innerhalb des breiten Angebotsspektrums<br />

gesundheitssportlicher Aktivitäten gehören Sportvereine<br />

heute zu den "sozial" ausgerichteten Anbietern, die mit<br />

ihren speziellen gesundheits-sportlichen Angeboten eine<br />

Sonderstellung haben. In dem Forschungsbericht von Professor<br />

Breuer wird festgestellt, dass es gerade diese Angebote<br />

sind, die den gemeinnützigen Charakter<br />

der Vereine begründen.<br />

Allerdings ist das Bild, das der<br />

gesundheitssportliche Bereich innerhalb<br />

und außerhalb der Vereine<br />

bietet, für Außenstehende ausgesprochen<br />

verwirrend. Vieles, manchmal<br />

schwer Vergleichbares wird<br />

unter dem Namen "Gesundheitssport"<br />

zusammengefasst - von<br />

Rollstuhlsport, Wirbelsäulensport,<br />

Sport nach Krebs, Sport mit gliedmaßengeschädigten<br />

Kindern bis zu<br />

Cardio-Tennis, therapeutischem<br />

Reiten u.a.m. Für den auch leistungsund<br />

wettkampforientierten Behindertensport<br />

gibt es einen eigenen<br />

Verband. Das Bild des von Vereinen<br />

angebotenen Gesundheitssports<br />

erscheint trotzdem als vergleichsweise<br />

homogen. Dies hängt damit<br />

zusammen, dass bestimmte Gütekriterien<br />

und Qualitätsanforderungen<br />

für seine Inhalte, Angebote und die<br />

Ausbildung seiner Lehrkräfte entwickelt<br />

wurden. Die Verantwortlichkeit<br />

dafür ist eindeutig zu bestimmen,<br />

was bei den anderen Anbietern weniger der Fall ist - zum<br />

großen Teil verfolgen sie wirtschaftliche Ziele, tun dies aber<br />

auch im Namen von Gesundheit und Wohlbefinden. Da der<br />

Gesundheitssport seinen Namen über einen unklaren Begriff<br />

von Gesundheit erhält, muss er sich vor allem über Inhalte<br />

und Niveau seiner Programme und die Qualität seiner Lehrkräfte<br />

definieren, weniger jedoch über "Gesundheit". Eine<br />

allgemein anerkannte Definition von Gesundheit gibt es bis<br />

heute nämlich nicht.<br />

Gesundheit und Wohlbefinden<br />

Da eine Klärung der Begriffe von Gesundheit und Wohlbefinden,<br />

die zur Begründung des "Gesundheitssports" besonders<br />

häufig verwendet werden, nicht erfolgt ist und wohl auch<br />

nicht möglich ist, ist es nicht überraschend, dass unter<br />

Gesundheitssport oft Unterschiedliches verstanden wird.<br />

Immerhin lässt sich feststellen, dass sich das ursprünglich<br />

enge Verständnis von Gesundheit als "Abwesenheit von Krankheit"<br />

- nicht zuletzt unter dem Eindruck einer weit gefassten<br />

Gesundheitsdefinition der Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO), die von Gesundheit als "vollkommenem körperlichem,<br />

seelischem und sozialem Wohlbefinden" spricht - deutlich<br />

ausgeweitet hat. Heute umfasst der Gesundheitsbegriff körperliche,<br />

seelische und soziale Komponenten gleichermaßen.<br />

45


Außerdem wurde er noch durch andere, ihn erläuternde<br />

Begriffe ergänzt, manchmal auch verwässert oder ersetzt,<br />

nämlich durch Wohlbefinden, Fitness und "Wellness". Obwohl<br />

alle diese Begriffe Verschiedenes beinhalten, werden sie oft in<br />

einem Atemzug genannt. Die WHO-Definition wurde inzwischen<br />

allerdings wieder etwas eingeschränkt, weil sie sich mit<br />

ihrem Vollkommenheitsanspruch als "utopisch" erwiesen<br />

hatte.<br />

Ungenauigkeiten im Gebrauch von Begriffen jedoch möglichst<br />

zu vermeiden, ist deshalb wichtig, weil man für die Konzeptionierung<br />

und Gestaltung gesundheitssportlicher Angebote klare<br />

Begriffe benötigt, um ihre Inhalte, Wirkungen sowie die Möglichkeiten<br />

der Realisierung ihrer Ziele genauer einschätzen zu<br />

können. Dabei ist es keineswegs belanglos, wenn Gesundheit<br />

mit Wohlbefinden verwechselt oder mit ihm gleichgesetzt<br />

wird. Nicht alles beispielsweise, was beim Sporttreiben Wohlbefinden<br />

vermittelt oder Spaß macht, muss auch gesund sein,<br />

und umgekehrt: Nicht alles, was zur Erhaltung und Verbesserung<br />

von Gesundheit erforderlich ist, muss Spaß machen oder<br />

zu Wohlbefinden führen. Manchmal muss man durch Phasen<br />

des Missbefindens hindurch, um zu einem länger anhaltenden<br />

Wohlbefinden zu gelangen, zum Beispiel im Training, beim<br />

Üben bestimmter Bewegungen in der Physiotherapie oder<br />

dem Einhalten strenger Diätvorschriften. Und manchmal ist<br />

gerade das Missbefinden nach einem längeren Lauf oder nach<br />

einem langem Aufstieg am Berg Zeichen für langfristiges<br />

Wohlbefinden: Man kann sich etwas zumuten oder kann es<br />

wieder. Und auch das Wohlbefinden, das man bei sportlichen<br />

Aktivitäten unmittelbar erfahren kann, ist nicht oder nur zum<br />

Teil mit Gesundheit gleichzusetzen. Gesundheit kann mit<br />

Wohlbefinden verbunden sein, aber oft muss man sie auch<br />

von Wohlbefinden unterscheiden. Schließlich ist auch noch zu<br />

bedenken, dass das momentane und subjektive Wohlbefinden,<br />

das man selbst bei anstrengenden Sport- und Bewegungsaktivitäten<br />

erleben kann, nicht identisch sein muss mit einem<br />

dauerhaften Wohlbefinden. Und mit dem wiederum kann es<br />

schon vorbei sein, wenn berufliche Erfolge ausbleiben, man<br />

Zahnschmerzen hat, erkältet ist, soziale Bindungen zerbrechen<br />

oder einem der Freund oder die Freundin davonlaufen -<br />

"gesund" kann man trotzdem sein oder bleiben.<br />

Obwohl die ärztlichen Wissenschaften unsere Kenntnisse über<br />

Gesundheit und Gesundheitsförderung beträchtlich bereichert<br />

haben, ist auch die Frage bislang unbeantwortet geblieben, ob<br />

Sport wirklich so und in dem Sinne gesund ist, wie gewünscht,<br />

erwartet oder behauptet wird. Zu einer genaueren Einschätzung<br />

würden "harte" Daten fehlen, so dass generell der<br />

gesundheitlich positive Wert des Sports nicht als erwiesen<br />

gelten könne, stellen der Sportmediziner Dickhuth und der<br />

Sportwissenschaftler Schlicht fest. Auch hinsichtlich des<br />

jeweils erforderlichen Umfangs und der Intensität von sportlichen<br />

Betätigungen, die gesundheitlich wirksam sein sollen,<br />

gibt es bislang keine vollständige Klarheit. Manche macht der<br />

46<br />

Sport auch nicht gesund, sondern eher krank, wenn sie die<br />

Sportstätten als Verletzte verlassen; beim Skifahren ist es<br />

schon eine einkalkulierte Größe. Verletzungen und gesundheitliche<br />

Schäden finden sich im Übrigen nicht nur im Spitzensport,<br />

sondern auch bei breitensportlichen Wettbewerben,<br />

an denen viele Akteure oft wenig vorbereitet teilnehmen. Dies<br />

alles spricht nicht gegen den Gesundheitssport, wohl aber<br />

dagegen, ihn mit Erwartungen und Hoffnungen zu verknüpfen,<br />

die letztendlich nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen<br />

erfüllt werden können.<br />

Gleichwohl haben sich Gesundheit und Wohlbefinden zu<br />

wichtigen Motiven und Zielen des Sports entwickelt. Dies gilt<br />

für die einzelnen Sportakteure, weil es ihnen im Sport, wenn<br />

auch nicht immer vorrangig, darum geht, sich möglichst<br />

gesund und wohl zu fühlen, sich als fit, aktiv und leistungsfähig<br />

zu erleben; vor allem gilt dies für jene, die ausdrücklich<br />

daran interessiert sind, ihre Gesundheit zu erhalten, wiederherzustellen,<br />

zu verbessern oder gesundheitliche Mängel zu<br />

beseitigen und zu überwinden.<br />

Vielfalt gesundheitssportlicher Angebote<br />

und Organisationsformen<br />

Im <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbund, seinen Verbänden und<br />

Vereinen hat sich mit dem Gesundheitssport neben dem<br />

traditionellen Leistungs- und Wettkampfsport, dem Breitenund<br />

Freizeitsport sowie dem Kinder- und Jugendsport eine<br />

weitere und inzwischen auch stabile Säule entwickelt. Sie<br />

zeichnet sich nicht nur durch eigene Angebots- und Organisationsformen<br />

sowie Zielgruppen aus, sondern auch durch die<br />

speziellen Ziele, die in ihr verfolgt werden. Nicht mehr Leistung,<br />

Wettkampf und Freizeitgestaltung sollen im Vordergrund<br />

stehen, es geht vorrangig um Gesundheit, Fitness und Wohlbefinden.<br />

Dies entspricht offensichtlich neuen Motivlagen und<br />

Interessen vieler Menschen. Damit entstand ein inzwischen<br />

relativ eigenständiger Organisationsbereich, der durch seine<br />

speziellen gesundheitlichen Ziele und besondere Nachfragen<br />

geprägt ist. Er hebt sich deutlich von den traditionellen Bereichen<br />

des organisierten Sports ab. Seine Besonderheit gegenüber<br />

den Gesundheitsanbietern außerhalb des DOSB liegt vor<br />

allem darin, dass er in das Leben gemeinnütziger Vereine mit<br />

ihren speziellen Werten und Gemeinschaftsformen integriert<br />

ist.<br />

In manchen Vereinen entstehen allerdings auch Konkurrenzen<br />

zwischen verschiedenen Abteilungen, die verständlicherweise<br />

alle darauf aus sind, für die Verwirklichung ihrer jeweiligen<br />

Ziele möglichst gute organisatorische, räumliche und finanzielle<br />

Voraussetzungen zu erhalten - wenn nicht, kommt es<br />

leicht zu Streit oder sogar zur Ausgliederung oder zum Auszug<br />

einzelner Abteilungen aus dem Vereinsverbund. Nicht immer


ist auch das Verständnis für die unterschiedlichen Belange<br />

der einzelnen Abteilungen vorhanden, das unter anderem<br />

deshalb erforderlich ist, damit die schwächeren nicht zu kurz<br />

kommen. Bei großen Unterschieden in Angebotsformen,<br />

Programminhalten, Zielen, Interessen und Erwartungen der<br />

Mitglieder nehmen erfahrungsgemäß die auseinanderstrebenden<br />

Kräfte zu, wie das Beispiel der inzwischen auch eigens zu<br />

gesundheitlichen Zwecken gegründeten Gesundheitssportvereine<br />

zeigt, die sich die Vorteile der Gemeinnützigkeit und<br />

Unterstützung durch Kassen unmittelbar sichern wollen und<br />

zumeist auch die Mitgliedschaft in einem Landesportverband<br />

anstreben.<br />

Unterschätzen darf man aber auch die allgemeinen vereinsund<br />

verbandsinternen Probleme, die in diesem Zusammenhang<br />

entstehen können, nicht: ein Hochleistungssport, zum<br />

Teil hochprofessionalisiert und nach Markt-Kriterien organisiert,<br />

der sich vom allgemeinen Leistungs- und Wettkampfsport<br />

im Verein zunehmend abkoppelt, ein Breiten- und Freizeitsport,<br />

der allein schon durch seine große Masse Gewicht<br />

besitzt, ein Kinder- und Jugendsport, der gesellschaftlich und<br />

sozial von größter Bedeutung ist, aber keineswegs immer jene<br />

Aufmerksamkeit erfährt, die er verdient hätte, und dazu nun<br />

auch ein Gesundheitssport, der eigenen Interessen und Zielsetzungen<br />

folgt - das alles unter dem Dach eines Vereins oder<br />

Verbands möglichst konfliktlos und ohne größere Reibungsverluste<br />

zu organisieren, erfordert ein hohes Maß an gegenseitigem<br />

Verständnis und an Kooperationsbereitschaft.<br />

Über die Vereinsebene hinaus stellt sich damit die nicht einfach<br />

zu beantwortende und nicht zuletzt auch sportpolitische<br />

Frage, was in dem in Vereinen und Verbänden organisierten<br />

Sport besonders wichtig ist, welche Ziele verfolgt und welche<br />

bevorzugt gefördert werden sollten (oder eben auch nicht).<br />

Dazu kann es unterschiedliche Positionen geben. Umso wichtiger<br />

ist eine Klärung, die auch eine begründete Prioritätensetzung<br />

erlaubt. Dies gilt nicht zuletzt für den organisierten<br />

Sport, der sich unter dem Namen "olympisch" vereinigt hat.<br />

Da gesundheitliche Ziele zum traditionellen olympischen<br />

Selbstverständnis nicht unmittelbar hinzu gehörten, gilt es für<br />

ihn, der Leistungs- und Spitzensport, Breiten-. Freizeit- und<br />

Jugendsport, Behindertensport und aus guten Gründen auch<br />

Gesundheitssport zu seinen Aufgaben zählt, diese möglichst<br />

gleichgewichtig zu behandeln, ihre unterschiedlichen Interessen<br />

auszugleichen und zu koordinieren, ihre jeweiligen Möglichkeiten<br />

angemessen einzuschätzen und für ihr partnerschaftliches<br />

Zusammenwirken in Verein und Verband zu<br />

sorgen.<br />

Möglicherweise gravierender als vereins- und verbandsinterne<br />

Differenzen wird in diesem Zusammenhang allerdings oft das<br />

Verhältnis zwischen dem vereins- und verbandsgebundenen<br />

Gesundheitsport und jenen gesundheitsportlichen Aktivitäten<br />

empfunden, die mittlerweile von zahlreichen Anbietern außer-<br />

halb der Vereine angeboten werden. Volkshochschulen, Familienbildungsstätten,<br />

kommunale Einrichtungen, Kurorte, Touristikunternehmen,<br />

Urlaubsregionen, Kirchengemeinden und<br />

Hochschulen gehören - neben den kommerziellen Gesundheits-<br />

und Fitnessstudios - zu diesen Anbietern. Sie werden<br />

deshalb oft als Konkurrenz angesehen, dies auch, weil sie den<br />

Vereinen häufig von ihnen ausgebildete Übungsleiter durch<br />

günstigere Bezahlung weglocken, allerdings auch arbeitslosen<br />

Sportlehrern und Sportlehrerinnen Beschäftigungsmöglichkeiten<br />

bieten. Sofern dies wirklich eine Konkurrenz sein sollte,<br />

können sich die Vereine mit ihren spezifischen Angeboten<br />

jedoch getrost auf diese einlassen.<br />

Das starke Wachstum des Gesundheitsbereichs bedeutet<br />

natürlich nicht, dass alle gesundheitssportlichen Angebote<br />

auch auf ihre tatsächlichen gesundheitlichen Wirkungen<br />

geprüft wären - auch wenn sie Spaß machen und Wohlbefinden<br />

vermitteln, so heißt dies nicht, dass sie auch die<br />

gewünschten gesundheitlichen Ziele erreicht haben - dazu<br />

sind auch langfristiges und beharrliches Üben, eine "gesunde"<br />

Lebensweise mit "gesunder" Ernährung, viel Bewegung, Wechsel<br />

zwischen Anspannung und Entspannung und möglichst<br />

Verzicht auf Alkohol und Nikotin erforderlich. Gerade den<br />

Verzicht auf Alkohol im Vereinsleben umzusetzen, ist nicht<br />

einfach, nachdem es kaum noch eine Sportübertragung im<br />

Fernsehen gibt, die ohne Werbung für alkoholische Getränke<br />

auskommt. Wie kann da die Idee vom "gesunden Sport"<br />

überzeugend vertreten werden? Es gehört deshalb zur Verantwortung<br />

des organisierten Sports, sich auch darüber klar zu<br />

werden, was Gesundheit und Wohlbefinden im Rahmen ihrer<br />

gesundheitsheitssportlichen Angebote wirklich bedeuten, wie<br />

dieses Angebot organisiert werden muss, damit es wirksam ist<br />

und welches die dafür geeigneten Inhalte sind. Gesundheit,<br />

Wohlbefinden und Fitness sollten keine Etiketten sein. Vielmehr<br />

es ist wichtig, deutlich zu machen, was der besondere<br />

Sinn eines im Rahmen eines funktionierenden Vereinslebens<br />

organisierten Gesundheitssports ist und was ihn von den<br />

gesundheitssportlichen Angeboten unterscheidet, die man<br />

auch anderswo haben kann.<br />

Dazu gehört auch, sich über die Grenzen der gesundheitlichen<br />

Möglichkeiten des Sports klar zu werden. Wie man Gesundheit<br />

versteht, aber auch, wie man seinen Körper "vervollkommnet",<br />

wie man ihn "leistungssporttauglich" macht, wie man junge<br />

Talente trainiert, wie man alte Menschen behandelt, wie man<br />

mit Rauchen und Alkohol im Vereinsleben umgeht - dies<br />

berührt nicht nur speziell gesundheitliche Fragen, sondern<br />

auch sport- und gesundheitsethische. "Gesundheitskultur"<br />

statt "Gesundheitskult" sollte das Leitmotiv gesundheitssportlicher<br />

Angebote der Vereine lauten. Gerade in einer Zeit, in der<br />

Gesundheit so groß geschrieben wird und der "junge", fitte,<br />

schöne, schlanke, attraktive und gesunde Körper zum verbreiteten<br />

Leitbild wird, ist auch daran zu erinnern, dass Krankheit,<br />

Verletzlichkeit und Altern zu unserem Leben gehören.<br />

47


Zurück ins<br />

Leben -<br />

Sport mit<br />

Krebs<br />

Von Patricia Noll<br />

Ich fühlte mich sicher, mitten im Leben, mitten in meinem<br />

Sportstudium. Etwas müde vielleicht, vom vielen<br />

Training? Von heute auf morgen ist dann alles anders.<br />

Die Diagnose: Lymphdrüsen-Krebs. Langsam versuche ich<br />

mich zurück ins Leben zu tasten. Welches? Eine Krankheit,<br />

die noch zu viele Menschen in die Resignation und Lethargie<br />

zwingt, wird mein Lehrer: Aus Ehrgeiz wird Demut. Und aus<br />

unerbittlichem "Leistungs"-Sport : lustvolle Bewegung.<br />

Hallentraining, Leichtathletik, Hürden. Es ist Winter. Im<br />

nächsten Sommer muss ich für die Prüfung "fit" sein. Also<br />

noch mal… Dass ich mich in dem Startblock nicht wohl<br />

fühle, hat viele Gründe. Meine sportliche Leidenschaft gilt<br />

dem Tanz. Eigentlich will ich gezielt "Gesundheitssport"<br />

studieren - Gesundheitsförderung. Dass ich davon Lichtmeilen<br />

entfernt bin, hat nicht nur mit meinem Alter zu tun. Als<br />

ich das Studium beginne, bin ich 36 Jahre alt. Auch viele<br />

meiner halb so alten Kommilitonen leiden unter ständigem<br />

Übertraining, an Überlastungssyndromen, Knochenhautent-<br />

48<br />

zündungen, Ermüdungsbrüchen, Bandscheibenvorfällen. Die<br />

Studienordnung zwingt mich in dieses ausschließlich leistungsorientierte<br />

System. Ich passe mich notgedrungen an.<br />

Nur mein Körper schafft das nicht so schnell. "So wird das<br />

nix! Du kommst ja wie eine lahme Ente aus dem Block", der<br />

Dozent ist genervt, ich langsam hoffnungslos.<br />

Zwei Wochen später wache ich in der Chirurgie auf. Darmverschluss.<br />

Ein männerfaustgroßer Tumor, der halbe Dickdarm<br />

und alle Lymphknoten im Bauchraum wurden entfernt.<br />

Nach langem hin und her ist die Diagnose klar: Ein seltenes<br />

Burkitt-Lymphom, Lymphdrüsenkrebs, hoch aggressiv. Die<br />

Ärzte sagen, "das geht auf wie Popcorn", aber mit einer hoch<br />

dosierten Chemotherapie sei das "relativ gut" zu behandeln.<br />

Mit Krebs wird das ganze Leben plötzlich relativ. Gut, ist am<br />

Anfang wenig.<br />

Mein größtes Glück ist, von der allgemeinen Panik, die die<br />

meisten Menschen allein bei dem Wort Krebs im Nacken


packt, bleibe ich verschont. Der erste Gedanke nach der<br />

Operation gilt zwar sorgenvoll meiner Tochter, aber dann<br />

sofort meinem scheinbaren Krankheitsgewinn: Ich muss die<br />

Leichtathletik- und die Geräte-Turnprüfung nicht machen!<br />

Davor hatte ich anscheinend so große Angst, dass mir diese<br />

triftige Ausrede gerade recht kommt. Heute weiß ich: das<br />

war meine wirkliche Krankheit. Erst die große Krise zwingt<br />

mich zurück auf den sportlichen Weg, den ich immer gehen<br />

wollte. Ich hörte auf, mich zu verbiegen, in standardisierte<br />

Leistungskriterien pressen zu lassen und entdeckte Bewegung,<br />

Sport im weiten Sinne, noch einmal und wieder neu.<br />

Behutsam, langsam - und trotzdem noch auf einigen Irrwegen.<br />

Schon in meinem Studium hatte ich den Schwerpunkt auf<br />

das Thema Sport und Krebs gelegt. Zufall? Zahlreiche Studien<br />

belegen inzwischen eindeutig: Körperliche Aktivität senkt<br />

das Krebs-Risiko, macht die Therapie erträglicher, schützt vor<br />

dem krankhaften Erschöpfungs-Syndrom Fatigue, dass so<br />

viele Krebspatienten buchstäblich lähmt, und sehr wahrscheinlich<br />

senkt Bewegung auch das Rückfall-Risiko - um bis<br />

zu 50 Prozent!<br />

Sinnvolle und wohl dosierte Bewegung allerdings. Überlastung<br />

und Übertraining fördern hingegen das Entstehen einer<br />

Krebserkrankung, und sollten deshalb von Gesunden und von<br />

Krebspatienten erst recht gemieden werden. Zum Zeitpunkt<br />

meiner Erkrankung hatte mein Körper den gefühlten<br />

Immunstatus eines AIDS-Patienten:<br />

ständige Infekte, Hauterkrankungen<br />

- ein Burkitt-Lymphom bekommt oft<br />

genau diese Patientengruppe.<br />

Zufall?<br />

Bevor mich die maximal dosierte<br />

Chemotherapie richtig in die Knie<br />

zwang, behielt ich mein leistungsorientiertes<br />

Training bei. Rauf auf<br />

den Stepper, den ich mir für das<br />

Krankenzimmer besorgt hatte, das<br />

Theraband hatte ich für Kraftübungen<br />

an das untere Bettende gebunden.<br />

Eigentlich ideal, man muss<br />

Möglichkeiten zur Bewegung schaffen.<br />

Noch heute propagiere ich<br />

genau dieses "bewegungsfreundliche<br />

Umfeld" für Krebspatienten in<br />

der Therapie. Aber wie für ein Medikament<br />

gilt: die Dosis macht das<br />

Gift. Ich machte Fehler. Am Anfang.<br />

In meinem Vitalitätswahn litt ich<br />

immer noch unter kolossaler Selbst-<br />

überschätzung. Ich war mir sogar sicher: wenn ich mit<br />

einem Hämoglobin-Wert von 7,0 (normal sind 12-16<br />

g/dl)noch 15 Minuten lang auf dem Stepper durchhalte,<br />

würde ich keine Blut-Transfusionen brauchen. Die Blutarmut<br />

gehört zum Programm, denn die Chemotherapie zerstört<br />

nicht nur Krebszellen, sondern alle schnell wachsenden<br />

Zellen. Dazu gehören neben den Haarwurzelzellen leider<br />

auch sämtliche blutbildenden Zellen wie Leukozyten,<br />

Thrombozyten und eben Erythrozyten. Ich war mir aber<br />

sicher: ich würde die erste Patientin sein, die kein Spenderblut<br />

braucht. Training regt die Erythrozytenbildung an.<br />

Außerdem ließ ich mir EPO spritzen und wäre bei der Tour<br />

de France, die ich jeden Tag im Fernsehen verfolgte, in<br />

bester <strong>Gesellschaft</strong> gewesen. Am nächsten Morgen lag ich<br />

trotz allem wie gelähmt in meinem Bett, sah buchstäblich<br />

nur noch Sterne und konnte nicht einmal mehr der Schwester<br />

klingeln. Ich kapitulierte zwangsläufig - und bin heute<br />

noch den tapferen Blutspendern dankbar. Meistens entließ<br />

ich mich kurz nach der Transfusion wie neu geboren, für ein<br />

oder zwei Tage, auf eigene Verantwortung. Ich fuhr sofort<br />

in den Stall zu meinem Pferd, und war wieder "oben", fühlte<br />

mich lebendig, selbst wenn ich es nur ein paar Minuten<br />

aushielt und mich dann die Kräfte wieder verließen. Ein<br />

Grund, warum ich bis heute von der Reittherapie für Krebspatienten<br />

begeistert bin.<br />

Meine Grenzen definierten sich während der Therapie komplett<br />

neu. Wortwörtlich Schritt für Schritt lernte ich auf<br />

meinen Körper zu hören, zu genießen was geht - und nicht<br />

Patricia Noll, 42, arbeitete<br />

als TV- und Hörfunkjournalistin<br />

für ZDF,<br />

SWR und Deutschlandfunk.<br />

Inzwischen arbeitet<br />

die Sportwissenschaftlerinhauptsächlich<br />

mit Krebspatienten<br />

und in der Forschung.<br />

Sie gründete die Stiftung<br />

"good hope" - für<br />

Patientenwürde und<br />

humane Krebstherapie.<br />

Ihr Patientenratgeber<br />

"Zurück ins Leben -<br />

selbst bestimmt durch<br />

die Krebs-Therapie" ist<br />

im Herder-Verlag, Freiburg,<br />

erschienen. Mehr<br />

Informationen unter<br />

www.good-hope.de<br />

49


zu bejammern, was gerade nicht mehr geht. Manchmal<br />

waren das 50 Meter Stationsumrundung, manchmal sogar<br />

nur 5 Meter ins Bad, die mir vorkamen wie ein Marathon -<br />

und genauso glücklich machten. Geschafft. Ich lernte Bewegung<br />

als etwas Wohltuendes und niemals Schmerzhaftes,<br />

Zwanghaftes zu erleben - Schmerzen hatte ich genug. Wenn<br />

mich nach einer Lumbalpunktion, bei der Liquor entnommen<br />

wird und Medikamente direkt in den Rückenmarkkanal<br />

gespritzt werden, wieder tagelang stärkste Kopfschmerzen<br />

ans Bett fesselten, dann tanzte ich eben Salsa oder Rumba im<br />

Bett. Zumindest lockerte ich so auf meine Lieblingsmusik<br />

sanft das Becken und die Wirbelsäule- und meine Psyche.<br />

Noch heute arbeite ich mit Krebspatienten hauptsächlich<br />

tanztherapeutisch, dieses ganz spezielle Körpererleben, das bis<br />

in alle Winkel "genussvoll sich selbst entdecken", im eigenen<br />

Rhythmus, fließt auch in alle meine anderen sporttherapeutischen<br />

Kurse mit ein. Das funktioniert auch beim Nordic<br />

Walking. Auch Gehen ist Rhythmus, und die Wirkung verdoppelt<br />

sich, wenn man es aufmerksam und bewusst wahrnimmt.<br />

Oft bedarf es sanfter "Nachhilfe" um wieder mit seinem<br />

Körper in Kontakt zu kommen. Erst recht für Krebspatienten,<br />

Es ist noch nicht lange her, da galt als vorherrschende<br />

Meinung unter den <strong>Deutsche</strong>n: Sport schadet oft mehr<br />

als er nützt, er ruiniert die Gelenke, verursacht ein<br />

Ochsenherz und ist sowieso nur etwas für junge und vor<br />

allem gesunde Menschen. Vieles hat sich gewandelt. Heute<br />

jedoch gibt es kaum jemanden, der nicht weiß, wie wertvoll<br />

ein regelmäßiges Training für die Gesundheit ist. Sport tut<br />

gut - aber gilt das auch für Krebspatienten?<br />

Die Ergebnisse unterschiedlicher neuerer Studien jedenfalls<br />

geben darauf zahlreiche Hinweise: Sport hat eine positive<br />

Wirkung in der Krebsvor- wie Nachsorge und hilft schon<br />

während der Therapie, die körperliche Leistungsfähigkeit zu<br />

erhöhen. "Sie haben Krebs" - eine Diagnose, mit der nach<br />

Angaben des Robert-Koch-Instituts jährlich rund 436.000<br />

Menschen in Deutschland zum ersten Mal konfrontiert werden.<br />

An Krebs sterben in jedem Jahr 211.500 Menschen; die Krankheit<br />

ist damit nach den Folgen der Erkrankungen des Herz-<br />

Kreislaufsystems die häufigste Todesursache der <strong>Deutsche</strong>n.<br />

Sport, am besten regelmäßig und täglich, senkt das Risiko, an<br />

Krebs zu erkranken. Diese These ist durch Studien aus den USA,<br />

die oft jegliches Vertrauen in ihren Körper jäh verloren<br />

haben. Hat er sie nicht im Stich gelassen? Plötzlich funktioniert<br />

er nicht mehr. Körpereigene Zellen wenden sich scheinbar<br />

gegen einen. Scheinbar, denn oft zeigt uns der Körper<br />

nur unsere Grenzen und signalisiert, was wir sonst nicht<br />

wahrhaben wollen: So geht es nicht mehr weiter.<br />

Mein Nachhilfelehrer war ein sehr westlicher Qi-Gong-<br />

Lehrer. Bis heute nutze ich die Ruhe, Kraft und Balance aus<br />

der meditativen chinesischen Heilgymnastik. Yoga funktioniert<br />

ähnlich. Nur der westliche "Sport" kennt die Kombination<br />

von Körper, Geist und Seele nicht mehr. Seit René Descartes<br />

im 17. Jahrhundert den Mechanizismus begründete<br />

und die Trennung von Körper und Geist ausrief, betrachtet<br />

unsere Wissenschaft den Menschen als "Maschine"- bislang<br />

auch die junge Disziplin der Sportwissenschaft. Glücklicherweise<br />

bekommen innovative Sportwissenschaftler Schützenhilfe<br />

von Seiten der Neuroimmunologie, die handfest nachweisen<br />

kann: Sport, sagen wir lieber Bewegung, macht<br />

glücklich. Wir schütten Glückshormone aus. Bewegungsmangel<br />

hingegen macht krank und depressiv.<br />

Sport - eine gute und wirkungsvolle Medizin<br />

50<br />

aber auch aus Deutschland längst belegt. Zur Prävention<br />

gehören laut der <strong>Deutsche</strong>n Krebshilfe e.V. unter anderem auch<br />

eine gesunde Ernährung, der Verzicht auf Rauchen und ausgiebige<br />

Sonnenbäder und ein maßvoller Umgang mit Alkohol.<br />

Bewegung wirkt nicht nur vorbeugend gegen die Entstehung<br />

von Tumoren, sondern kann sogar schon während oder<br />

unmittelbar nach der Krankheitsbehandlung wie z. B. Chemotherapie<br />

oder Bestrahlung das Krankheitsbild günstig beeinflussen.<br />

Aus medizinischer Warte ist diese Erkenntnis eine<br />

kleine Revolution, riet man den Kranken doch noch vor<br />

einigen Jahren eindringlich dazu, sich zu schonen. Man<br />

befürchtete sogar, Sport sei eine Art Katalysator für neu<br />

entstehende Metastasen. Dabei wurde übersehen, dass übermäßige<br />

Bettruhe den Körper zusätzlich schwächt und nach<br />

und nach unbeweglicher macht.<br />

Die medizinischen Schritte bei der Behandlung einer Krebserkrankung<br />

- meist sind es Operation, Chemotherapie und<br />

Bestrahlung - sind mit Nebenwirkungen verbunden. Die<br />

häufigste Begleiterscheinung der Chemotherapie und<br />

Bestrahlung ist das so genannte Fatigue-Syndrom. Dieser


Schon kurz nach der Operation saß ich, mein Bauchschnitt<br />

noch mit 28 Klammern zusammen gehalten, im nächstbesten<br />

Qi-Gong-Intensivkurs. Ich suchte nach dem passenden<br />

"Handwerkszeug", mir war klar: mit "herkömmlichem Sport",<br />

Leistungsdenken und sinnentleerten Übungen würde ich die<br />

nächsten Monate nicht weiterkommen.<br />

Im Qi-Gong lernte ich spürbar, wie sehr Kopf und Körper,<br />

Psyche und Physis zusammen funktionieren und sich<br />

gegenseitig beeinflussen. Was die chinesische Heilgymnastik<br />

seit Jahrtausenden vereint und anwendet, nennt die moderne<br />

Wissenschaft heute Embodiment. Psychologen, Neuround<br />

Bewegungswissenschaftler erringen immer neue<br />

Erkenntnisse um das eng verflochtene Zusammenspiel<br />

zwischen Körper und Geist. Der Körper ist der Spiegel unserer<br />

Seele, aber das ganze funktioniert auch "rückwärts".<br />

Bewegung und Körperhaltung beeinflussen unsere Psyche<br />

direkt - und setzen somit neurologische, immunologische<br />

und hormonelle Prozesse in Gang, die unter anderem die<br />

Wirkung von Bewegung auf die Krebsentstehung und<br />

Krebsheilung erklären können. Weitere Wirkhypothesen sind<br />

klar messbar: Durch einen aktiven Lebensstil sinkt der Kör-<br />

bei Krebs Von Britta Kuntoff<br />

starke Erschöpfungszustand begründet sich meist auf Blutarmut,<br />

auf ein verkleinertes Lungenluftvolumen und auf eine<br />

Abnahme der Muskelmasse. Weil sich Patienten so müde<br />

fühlen, verringern sie ihre Bewegungen, was zu weiterem<br />

Muskelabbau führt - ein Teufelskreis.<br />

Sport wirkt dem Fatigue-Syndrom entgegen. Allerdings: Es<br />

erfordert einiges an Überwindung, dem Impuls zum Ausruhen<br />

nicht nachzugeben: "Angefangen habe ich mit dem Bewegungsprogramm,<br />

als die Chemotherapie begann", erzählt<br />

Brigitte Mieczynski, die an Lymphdrüsenkrebs erkrankt war:<br />

"Mir war nach vielem anderem, nur nicht nach Sport. Auf das<br />

Laufband zu gehen, war das Letzte, was ich mir vorstellen<br />

konnte. Ich habe allerdings gemerkt, wie sehr mir die Bewegung<br />

geholfen hat, mit der Krankheit besser zurecht zu<br />

kommen."<br />

Frau Mieczynski war eine der Teilnehmerinnen am Sportprogramm<br />

für Krebspatienten an der Charité Benjamin Franklin<br />

in Berlin. Mehrere Studien zu diesem Projekt unter der Leitung<br />

des Sportmediziners Priv.-Doz. Dr. Fernando C. Dimeo<br />

zeigen, dass sich die körperliche Leistungsfähigkeit verbessert,<br />

perfettanteil und damit die Produktion von Östrogen, dem<br />

weiblichen Sexualhormon. Nach der Menopause wird Östrogen<br />

fast ausschließlich in Fettzellen produziert, und wirkt<br />

unter Umständen als Promotor für den hormonsensiblen<br />

Brustkrebs. Das erklärt die Erfolge der Sporttherapie bei<br />

Brustkrebspatientinnen. Ein ähnliches Prinzip vermutet man<br />

bei Prostata-Krebs-Patienten. Durch Bewegung erhöht sich<br />

das SHGB (SexualHormonBindungsGlobulin), bindet das<br />

freie Testosteron und wirkt so hemmend auf eventuell<br />

bestehende Mikrotumore in der Vorsteherdrüse. Unzählige<br />

dieser Wirkmechanismen werden stetig weiter erforschtund<br />

es wird immer deutlicher, was schon lange zu vermuten<br />

war: Auch Krebs ist zu einem Großteil, wie Arteriosklerose,<br />

Koronare Herzerkrankung, Diabetes II und Osteoporose -<br />

eine Lebensstilerkrankung. Sicher spielt auch genetische<br />

Veranlagung in der Ursachenkaskade der Krebsentstehung<br />

eine Rolle, aber diese erklärt nicht die erschreckenden, fast<br />

epidemischen Erkrankungsraten in den letzten zwanzig<br />

Jahren. Vergleicht man die Zahlen des Krebsregisters des<br />

Robert-Koch-Instituts (RKI), stieg die Zahl der allgemeinen<br />

Krebserkrankungen von 1984-2004 um über 50 Prozent,<br />

Lymphomerkrankungen gibt es heute fast doppelt so viele!<br />

Beschwerden abnehmen und die Patienten nach<br />

einer Chemotherapie schneller regenerieren, wenn<br />

sie sich während einer Krebstherapie bewegen.<br />

Sport stärkt die Muskeln und die Struktur des<br />

Halteapparats und gleicht auf diesem Wege den durch eine<br />

Chemotherapie ausgelösten Verlust von Muskelmasse und<br />

Knochendichte aus. Ein trainiertes Herz hat eine höhere<br />

Pumpleistung. Dies ist für Krebspatienten bedeutsam, weil die<br />

Herztätigkeit oft durch die Medikamente eingeschränkt sein<br />

kann. Körperliche Aktivität unterstützt das Knochenmark in<br />

seiner Rehabilitation und begünstigt so die Blutbildung, das<br />

Nervensystem und die Verdauung profitieren davon.<br />

Doch Sport hilft nicht nur dem krebskranken Körper, wieder<br />

auf die Beine zu kommen. An Krebs erkrankt zu sein, raubt<br />

den allermeisten Menschen Mut und Zutrauen in die Leistungskraft.<br />

Wer sich bewegt, kann dem Gefühl des Ausgeliefertseins<br />

etwas entgegensetzen und befreit sich aus der<br />

passiven Rolle. Es schafft Selbstvertrauen und bessert die<br />

Stimmung, einen eigenen aktiven Beitrag dazu zu leisten,<br />

wieder gesund zu werden.<br />

Sport in der Gruppe schafft die Möglichkeit, sich mit Menschen<br />

auszutauschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht<br />

haben wie man selbst und zu erfahren, dass man mit der<br />

Krankheit nicht allein ist. Seit 1981 ermöglicht die Dachorga-<br />

51


Nicht nur die<br />

Überalterung<br />

unserer<br />

<strong>Gesellschaft</strong><br />

oder eine<br />

verfeinerte<br />

Diagnostik<br />

können diese<br />

Zahlen<br />

erklären. Sie<br />

bleiben<br />

dramatisch,<br />

vor allem<br />

wenn, trotz<br />

aller Forschung<br />

und<br />

intensivster<br />

Therapien,<br />

die Heilungsquote<br />

in den<br />

letzten<br />

fünfzig<br />

nisation des Sports mit dem Rehabilitationssport für chronisch<br />

Kranke und Menschen mit Behinderung, dieses Gemeinschaftsgefühl<br />

zu erleben. Derzeit werden in fast allen Rehabilitationszentren<br />

Bewegungsprogramme für Patienten mit<br />

einer Krebserkrankung angeboten. Mehr als 650 Vereine<br />

betreuen in einem weltweit einmaligen Angebot Nachsorgegruppen<br />

für Tumorpatienten.<br />

Das Projekt "Sport nach Krebs" im Württembergischen Landessportbund<br />

zeigt beispielhaft, wie hochwertig und flächendeckend<br />

die Möglichkeiten in der sportlichen Krebsnachsorge<br />

heute sind: 141 speziell vom WLSB für "Sport nach Krebs"<br />

ausgebildete Übungsleiter bieten in 118 württembergischen<br />

Sportvereinen 139 Gruppen an. Die Qualität der Kurse beruht<br />

in erster Linie auf der Qualifikation der hierfür zugelassenen<br />

Übungsleiter, die sich aus- und regelmäßig fortbilden lassen<br />

müssen und so mit den medizinischen Aspekten der Krebsnachsorge<br />

vertraut sind.<br />

Alle Sportbünde bilden hierfür gezielt und fachkundig<br />

Übungsleiter aus.<br />

"Das Projekt wurde 1985 ins Leben gerufen und richtete sich<br />

damals an Brustkrebspatientinnen", berichtet Ina<br />

Schmid,WLSB-Referntin von "Sport nach Krebs": "Obwohl es<br />

Mitte der 80er Jahre noch keine wissenschaftliche Bestätigung<br />

gab, dass sich Sport positiv auf den Krankheitsverlauf<br />

52<br />

Jahren weitestgehend stagniert. Fast die Hälfte der Patienten<br />

stirbt immer noch an dieser Krankheit- und jeden dritten<br />

<strong>Deutsche</strong>n trifft sie irgendwann in seinem Leben.<br />

Keine Panikmache, aber höchste Zeit zur Aufklärung und zur<br />

konkreten Hilfe für alle Betroffenen, um wieder sanft und<br />

beständig in ein "bewegtes" Leben zu kommen. Die <strong>Deutsche</strong><br />

Krebshilfe und der DOSB arbeiten an Kampagnen, das ist gut<br />

so. Vor Ort müssen die neuesten Erkenntnisse der Krebs- und<br />

Bewegungsforschung wirksam in die Praxis umgesetzt werden.<br />

Daran arbeite auch ich leidenschaftlich, kehre in einem<br />

aktuellen Forschungsprojekt in "meine Klinik" zurück - als<br />

Sportwissenschaftlerin, die aber immer ein kleines Stück<br />

Patientin bleibt.<br />

Um "sinn"volle Bewegung allen zugänglich zu machen, gilt<br />

es tatsächlich noch einige Hürden zu überwinden - aber<br />

durch meine eigene Krankheit musste und durfte ich lernen:<br />

Manchmal muss man ganz "unsportlich" Regeln ignorieren!<br />

Man muss nicht über alle Hürden springen. Manchmal ist es<br />

besser, an der Seite vorbei zu laufen und wenn es sein muss<br />

- unten durch zu krabbeln.<br />

und die Rehabilitation auswirkt, hat der gesunde Menschenverstand<br />

schon damals gewusst: Wer Sport macht, fühlt sich<br />

wohler. Das ist nicht nur bei Gesunden so, sondern auch bei<br />

Kranken und Gesund-Gewordenen." Heute beschränkt sich<br />

das Bewegungsprogramm nicht mehr nur auf jene, die an<br />

Brustkrebs erkrankt sind - Mammakarzinom ist die häufigste<br />

Krebserkrankung bei Frauen -, sondern hat sich auch für<br />

Menschen mit anderen Krebserkrankungen geöffnet.<br />

Die guten Erfahrungen in der Prävention, in der Therapie und<br />

Nachsorge zeigen: Sport ist bei Krebs eine gute Medizin.<br />

Damit ein Sportprogramm erfolgreich sein kann, muss das<br />

Training jedoch maßgeschneidert und auf die individuellen<br />

Bedürfnisse der Patienten abgestimmt sein. Vor Beginn des<br />

Trainings ist Beratung durch den Arzt unerlässlich.<br />

Ausführliche Informationen zum Thema Krebs gibt es über die<br />

<strong>Deutsche</strong> Krebshilfe<br />

e. V.. Aus der Reihe "Die blauen Ratgeber" bietet sich die<br />

Broschüre "Bewegung und Sport bei Krebs" an, anzufordern<br />

auch beim <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbund (DOSB). <strong>Deutsche</strong><br />

Krebshilfe e.V., Buschstraße 32, 53113 Bonn, Telefon:<br />

(Mo bis Do 9.00 - 16.00 h, Fr 9.00 - 15.00 h), Zentrale:<br />

0228/72 99 0-0, Härtefonds: 0228/72 99 0 - 94, Informationsdienst;<br />

0228/72 99 0 - 95 (Mo bis Fr 8.00 - 17.00 h), E-<br />

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Das Jahr 1949 war das Jahr des Aufbruchs im geteilten<br />

Nachkriegsdeutschland, und das nicht nur im politischen<br />

Bereich im Westen und im Osten. Es war auch<br />

das Jahr des Aufbruchs zu neuen Strukturen im Sport in beiden<br />

deutschen Staaten, nachdem die bisher den Aufbau zentraler<br />

Organisationen hindernde Direktive 23 der Alliierten Besatzungsmächte<br />

vom 17. Dezember 1945 ihre Wirkung nach und<br />

nach verlor. Im Bereich der Bundesrepublik wurden in diesem<br />

Jahr allein 18 Bundesfachverbände wiedergegründet, deren<br />

formelle Konstituierung in dieser länderübergreifenden Form -<br />

im Gegensatz zu den schon seit 1945 (Württemberg) nach und<br />

nach neu aufgebauten Landessportbünden - bis dahin durch<br />

die alliierten Besatzungsmächte nicht zugelassen worden war.<br />

Hinzu kam mit dem Basketball-Bund ein neuer Verband. Dem<br />

Bund <strong>Deutsche</strong>r Radfahrer (BDR) war es als einzigem deutschen<br />

Spitzenverband gelungen, sich schon am 21. November<br />

1948 in Frankfurt/Main wiederzugründen und damit an die<br />

Tradition des bereits 1884 in Leipzig ins Leben gerufenen<br />

<strong>Deutsche</strong>n Radfahrer-Bundes anzuknüpfen.<br />

Parallel zur Staatsgründung der Bundesrepublik Deutschland<br />

auf der Grundlage der drei westlichen Besatzungszonen im<br />

Mai 1949 in Bonn liefen die letzten Vorgespräche zur dann<br />

am 24. September 1949 erfolgten Konstituierung des Nationalen<br />

<strong>Olympische</strong>n Komitees (NOK), während andererseits<br />

Streitigkeiten in der Arbeitsgemeinschaft <strong>Deutsche</strong>r Sport<br />

(ADS) unter den führenden Persönlichkeiten und über die<br />

künftige Organisationsform die Gründung des <strong>Deutsche</strong>n<br />

Sportbundes (DSB) immer wieder verzögerten, so dass diese<br />

erst am 10. Dezember 1950 in Hannover möglich wurde.<br />

Die Gründung der 19 bundesdeutschen<br />

Spitzenverbände 1949<br />

Die Gründungsserie der bundesdeutschen Spitzenverbände<br />

begann bereits drei Monate vor der Staatsgründung am 5./6.<br />

Februar 1949 in Aßmannshausen mit dem <strong>Deutsche</strong>n Tennis-<br />

Bund (DTB). Zum Gründungspräsidenten wurde Richard<br />

Stephanus (Hannover) gewählt, der aber bald danach in das<br />

Amt des Bundesleiters überwechselte und das Präsidentenamt<br />

an den Ulmer Max Stahl übergab. Am 12. Juli 1950<br />

erfolgte die Wiederaufnahme in die International Lawn Tennis<br />

Federation (ITF), vor allem dank der engagierten Bemühungen<br />

des "Tennis-Barons" Gottfried von Cramm. Dem DTB folgte<br />

dann am 12. März 1949 die Gründung des <strong>Deutsche</strong>n Golf-<br />

Verbandes (DGV) in Wiesbaden, wo der Verband bis heute<br />

noch seinen Sitz und seine Geschäftsstelle hat. Erster Nachkriegspräsident<br />

der Golfer, deren Sportart vor allem bei den<br />

britischen Besatzungstruppen sehr beliebt war, wurde Freiherr<br />

M. von Bissing (Frankfurt/Main). Bereits eine Woche später,<br />

am 19. März, wurde in Kassel der <strong>Deutsche</strong> Kanu-Verband<br />

(DKV) wiedergegründet. Die Kanuten, die 1936 in Berlin ihre<br />

54<br />

Vor 60 Jahren:<br />

Zahlreiche Verbandsgründungen<br />

glanzvolle olympische Premiere gefeiert hatten, beriefen den<br />

Wuppertaler Otto Vorberg an ihre Spitze, der den DKV dann<br />

zwölf Jahre führte.<br />

Zur Wiedergründung des <strong>Deutsche</strong>n Fußball-Bundes hatte<br />

der "<strong>Deutsche</strong> Fußball-Ausschuss" für den 1. Juli - trotz<br />

erheblicher Proteste der Militärbehörden - nach Stuttgart -<br />

Bad Cannstatt eingeladen. Mit einem Festakt in der Stuttgarter<br />

Oper wurde die Gründung auch öffentlich proklamiert. Die<br />

FIFA nahm den DFB dann am 22. September 1950 wieder in<br />

ihre Mitte auf. Als erstem deutschen Sportverband gelang<br />

dem <strong>Deutsche</strong>n Schwimm-Verband (DSV) allerdings bereits<br />

ein Jahr früher - am 5. September 1949 - die Wiederaufnahme<br />

in seine internationale Dachorganisation, die FINA. Zwei<br />

Monate vorher war der DSV am 10. Juli im Rahmen der 3.<br />

<strong>Deutsche</strong>n Nachkriegsmeisterschaften im Schwimmen im<br />

niedersächsischen Feine gegründet worden. Ebenfalls im Juli -<br />

am 17. - wurde in Witzenhausen der <strong>Deutsche</strong> Tischtennis-<br />

Bund (DTTB) ins Leben gerufen und zum Präsidenten der<br />

Hamburger Karl-Heinz Eckhardt gewählt, der dieses Amt bis<br />

1957 ausübte.<br />

Die nächste Verbandsgründung erfolgte nach der Sommerpause<br />

am 3. September in Nürnberg mit dem <strong>Deutsche</strong>n<br />

Rollsport-Bund (DRB) mit dem Dortmunder Georg Homann


Aufbruchstimmung auch im Sport<br />

mit dem "Geburtsjahr" 1949 Von Friedrich Mevert<br />

als Gründungspräsident. Gemessen an der Zahl der internationalen<br />

Titel entwickelte sich der DRB dann in den Folgejahren<br />

zu einem der erfolgreichsten Sportverbände. Am 18.<br />

September erblickte in Mannheim der <strong>Deutsche</strong> Eissport-<br />

Verband (DEV) das Licht der Welt, der zunächst ab 1947 mit<br />

den Rollsportlern in einer Arbeitsgemeinschaft, der DERAG,<br />

kooperiert hatte. Zum DEV-Präsidenten wurde Rechtsanwalt<br />

Herbert Kunze gewählt, der dieses Ehrenamt anschließend<br />

fast vier Jahrzehnte ausübte und später als OK-Generalsekretär<br />

der <strong>Olympische</strong>n Spiele München 1972 wirkte. Gleich<br />

zwei Gründungen gab es dann am 1. Oktober: In Mülheim<br />

mit dem <strong>Deutsche</strong>n Handball-Bund (DHB) und in Düsseldorf<br />

mit dem <strong>Deutsche</strong>n Basketball-Bund (DBB). DHB-Präsident<br />

wurde der Dortmunder Industrielle Willi Daume, der bereits<br />

seit 1947 den "<strong>Deutsche</strong>n Arbeitsausschuss für Handball"<br />

geleitet hatte und später als DSB- und NOK-Präsident sowie<br />

OK-Präsident der Münchner Spiele Deutschlands prominentester<br />

und wichtigster Sportführer wurde. Der DBB hatte<br />

dagegen als einziger späterer DSB-Mitbegründer keine Vorgänger<br />

aus der Vorkriegszeit und war die einzige "Neugründung"<br />

in diesem Jahr. Zum ersten DBB-Präsidenten wurde der<br />

Münchner Dr. Siegfried Reiner gewählt.<br />

Auch im Herbst 1949 folgten Wiedergründungen am laufenden<br />

Band. Am 10. Oktober fanden sich im Olympiaort Gar-<br />

misch-Partenkirchen die Skisportler zur Gründung des <strong>Deutsche</strong>n<br />

Skiverbandes (DSV) zusammen und wählten Guy<br />

Schmidt zu ihrem Präsidenten. Am 22. Oktober wurde in<br />

Ludwigshafen mit Josef Hergl als Gründungspräsident an der<br />

Spitze der <strong>Deutsche</strong> Athleten-Bund (DAB) gegründet, der<br />

aber 1969 aufgelöst wurde, da die einzelnen Kraftsportdisziplinen<br />

eigene Bundesverbände bildeten. In Frankfurt/Main<br />

wurde am 29. Oktober der <strong>Deutsche</strong> Bob- und Schlittensportverband<br />

(DBSV) konstituiert, mit Otto Griebel an der Spitze,<br />

der als Ulanenleutnant bereits 1911 die Gründung des Vorgängerverbandes<br />

initiiert hatte.<br />

Nach der Zwischenstufe des "<strong>Deutsche</strong>n Leichtathletik-<br />

Ausschusses" kam es am 12. November in München zur<br />

Neugründung des <strong>Deutsche</strong>n Leichtathletik-Verbandes (DLV)<br />

mit dem früheren Weltklasseläufer und Kasseler Arzt Dr. Max<br />

Danz als Verbandspräsident an der Spitze. Carl-Georg Gewers<br />

wurde Gründungspräsident des <strong>Deutsche</strong>n Segler-Verbandes<br />

(DSV), der am 26. November in Flensburg wiedergegründet<br />

wurde. Einen Tag später - am 27. November - erfolgte in<br />

Bonn trotz des noch bestehenden Verbotes der britischen<br />

Militärregierung die Wiedergründung des <strong>Deutsche</strong>n Fechter-<br />

Bundes (DFB). Zum Präsidenten wurde der vielfache <strong>Deutsche</strong><br />

Meister Erwin Casmir gewählt, der bereits von 1934 bis 1937<br />

dieses Führungsamt innegehabt hatte.<br />

55


Der 10. Dezember 1949 war schließlich der Gründungstag<br />

von gleich drei Verbänden, von denen die beiden ersteren<br />

später zu den erfolgreichsten in der olympischen Sportgeschichte<br />

Deutschlands zählten. Im hessischen Wetzlar<br />

begründeten die Rudersportler den <strong>Deutsche</strong>n Ruder-Verband<br />

(DRV) mit Dr. Walter Wülfing an der Spitze, der später in der<br />

deutschen Sportorganisation eine herausragende Rolle spielte.<br />

In Köln fanden sich die Hockeysportler zur Wiedergründung<br />

des <strong>Deutsche</strong>n Hockey-Bundes (DHB) mit dem Hamburger<br />

Paul Reinberg als Gründungspräsidenten zusammen, und<br />

in Essen schließlich wurde der <strong>Deutsche</strong> Amateurbox-Verband<br />

(DABV) mit Georg Dietrich als Präsidenten ins Leben gerufen.<br />

Die formelle Gründung des <strong>Deutsche</strong>n Turner-Bundes (DTB)<br />

aber musste aus politischen Gründen noch ein Jahr warten.<br />

Erst nach Überwindung zahlreicher Schwierigkeiten durch die<br />

Besatzungsmächte konnte am 2. September 1950 in Tübingen<br />

in feierlicher Form die Gründung des DTB erfolgen.<br />

Die Gründung des NOK im Rahmen<br />

der Bundesfeier in Bonn<br />

Die Gründung des Nationalen <strong>Olympische</strong>n Komitees für<br />

Deutschland (NOK) erfolgte am 24. September 1949 in Bonn<br />

und war langfristig in zahlreichen Konferenzen vorbereitet<br />

worden. Nachdem die Vorgängerorganisation, der 1925<br />

innerhalb des <strong>Deutsche</strong>n Reichsausschusses für Leibesübungen<br />

(DEL) berufene <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> Ausschuss am 10.<br />

Oktober 1945 auf der Grundlage des Alliierten Kontrollratsgesetzes<br />

Nr. 2 aufgelöst worden war und die Direktive Nr. 23<br />

des Kontrollrates vom 17. Dezember 1945 nur Sportorganisationen<br />

lokalen Charakters zuließ, musste ein Neuaufbau<br />

erfolgen. Bereits Ende November 1946 stellte die erste Interzonale<br />

Sportkonferenz in Frankfurt/Main im ersten von sechs<br />

verabschiedeten Leitsätzen die Gründung eines <strong>Olympische</strong>n<br />

Ausschusses als Zielsetzung vor, und schon im Juni 1947<br />

wurde während der zweiten Frankfurter Sportkonferenz ein<br />

"Vorläufiger" <strong>Deutsche</strong>r <strong>Olympische</strong>r Ausschuss gebildet.<br />

Weitere Beratungen erfolgten im Rahmen der sogenannten<br />

Münchner und Kölner Arbeitsausschüsse, bei der Verabschiedung<br />

der "Grundsätze für eine deutsche Sportorganisation"<br />

anlässlich der Schönberger Konferenz im August 1948 und<br />

bei der Gründung der Arbeitsgemeinschaft <strong>Deutsche</strong>r Sport<br />

(ADS) am 23. Oktober 1948 in Bad Homburg.<br />

Im Ringen um die neuen Strukturen des Sports entstanden<br />

Spannungen auch insbesondere dadurch, dass einerseits Persönlichkeiten<br />

Ansprüche auf eine führende Mitwirkung einforderten,<br />

die bereits während des NS-Regimes im "Dritten Reich"<br />

die olympische Bewegung und die Sportorganisation mitgetragen<br />

hatten, denen andererseits politisch unbelastete Sportführer<br />

mit ihren Vorstellungen gegenüberstanden, die in der NS-<br />

Zeit aus ihren Ämtern verdrängt, politisch verfolgt worden<br />

56<br />

oder zum Teil ins Ausland emigriert waren. Dies führte natürlich<br />

neben den unzureichenden organisatorischen Rahmenbedingungen<br />

und den unterschiedlichen Vorbehalten der alliierten<br />

Kontrolloffiziere zu erheblichen Verzögerungen.<br />

Weitere wesentliche Stationen im Jahr 1949 waren dann die<br />

ADS-Plenumstagung am 6. März in Mülheim, die lOC-Exekutiv-Komiteesitzung<br />

am 19./20. April in Lausanne, die Einsetzung<br />

eines "Fünfer-Ausschusses" am 18. Juni zur Vorbereitung<br />

der NOK-Gründung sowie die Deutsch-Alliierte Sportkonferenz<br />

am 16./17. Juli in Bad Schwalbach/Taunus, bei der<br />

die Vertreter der Besatzungsmächte empfahlen, die geplante<br />

Gründung des NOK erst nach der Konstituierung der Bundesrepublik<br />

vorzunehmen. Die Gründung erfolgte dann schließlich<br />

am 24. September im Festsaal des Bonner Museums<br />

König, im gleichen Gebäude, das zu diesem Zeitpunkt noch<br />

Sitz des Bundeskanzleramtes war. Der Festakt war eingebettet<br />

in die gleichzeitig stattfindende "Bundesfeier der deutschen<br />

Jugend und des deutschen Sports" aus Anlass der Konstituierung<br />

der Bundesrepublik Deutschland.<br />

Am 5. November 1949 fand in Köln dann die 1. Hauptversammlung<br />

des NOK statt, in der u. a. die Satzung erweitert,<br />

das Präsidium ergänzt und weitere Verbandsvertreter und<br />

persönliche Mitglieder aufgenommen wurden. Zwei Ausschüsse<br />

zur Vorbereitung auf die <strong>Olympische</strong>n Spiele 1952 sowie<br />

ein Wirtschafts- und ein Pressegremium wurden gebildet und<br />

auf Antrag von Carl Diem ein Grundsatzbeschluss gefasst, eine<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> zu begründen. Diese <strong>Gesellschaft</strong><br />

sollte vor allem die Aufgabe haben, durch das Einsammeln<br />

von Spenden die olympische Arbeit zu finanzieren.<br />

Am Dachverband wurde weitergebaut<br />

Das Jahr 1949 diente den Repräsentanten der Landessportbünde<br />

und Spitzenverbände aber auch dazu, aus der 1948 gebildeten<br />

provisorischen Dachorganisation Arbeitsgemeinschaft<br />

<strong>Deutsche</strong>r Sport (ADS) nun einen umfassenden Dachverband<br />

auf demokratischer und föderalistischer Grundlage aufzubauen.<br />

Doch war dies noch ein weiter und schwieriger Weg mit<br />

zahlreichen Konferenzen, informellen Besprechungen, persönlichen<br />

Streitereien und Kontroversen, Schlichtungsbemühungen<br />

und - auch weiterhin - hemmenden Auflagen der Besatzungsbehörden.<br />

Nachdem schließlich auch die Landessportbünde der<br />

französischen Zone zu den ADS-Mitgliedern zählten, lud die<br />

ADS mit Schreiben vom 29. Dezember 1949 zur Auflösung der<br />

ADS und Gründung einer bundesdeutschen Spitzenorganisation<br />

für den 18./19. März 1950 nach Hannover ein, doch auch<br />

dieser Termin musste wiederum verschoben werden.<br />

Bis zur endgültigen Gründung des <strong>Deutsche</strong>n Sportbundes als<br />

der "Einheit in der Vielfalt" am 10. Dezember 1950 war noch ein<br />

ganzes Jahr voller anstrengender Bemühungen notwendig.


Neunzig Prozent aller deutschen Medaillen<br />

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Professor Walter Jens ist immer auch ein Liebhaber des<br />

Sports gewesen - ein kritischer. Das verdeutlicht ein<br />

neues Buch, das die Sport Essays des 86-Jährigen<br />

zusammenfasst, die er geschrieben hat, bevor er an Demenz<br />

erkrankte.<br />

Zuerst Marathonlauf und dann die Pilsreklame? Walter Jens,<br />

dem ehemaligen Tübinger Rhetorikprofessor und so feinsinnigen<br />

wie scharfen Kritiker des Sports,<br />

war der Macht der Werbeindustrie<br />

über den Sport und dessen fehlende<br />

Autonomie immer ein Dorn im Auge.<br />

Dagegen fand Jens die gleichzeitige<br />

Präsenz von Bundesadler und dem<br />

Daimler-Stern auf dem Nationaltrikot<br />

der Kicker überhaupt nicht<br />

anstößig, "weil ehrlich und nichts<br />

verschleiernd".<br />

Aber warum beschäftigte sich ein<br />

Schriftsteller, ein Präsident der<br />

<strong>Deutsche</strong>n Akademie der Künste, der<br />

als Mitglied der legendären 47er<br />

Gruppe zu den repräsentativen<br />

Intellektuellen der alten Bundesrepublik<br />

zählte, überhaupt mit so profanen<br />

Dingen wie dem Sport? Die<br />

Antwort ist einfach: weil Jens eine<br />

genauso große emotionale Bindung zum Fußball verspürte<br />

wie viele Fans in den Stadien auch.<br />

Das wird deutlich, wenn man sich Jens` "Reden zum Sport"<br />

durchliest, die in einem neuen Buch gesammelt sind, das jüngst<br />

in der Möhringer Buchhandlung Ebert vorgestellt wurde.<br />

Liebeserklärung an den Fußball<br />

Jens war als Jugendlicher Torwart beim Hamburger Stadtteilklub<br />

Eimsbütteler TV, und nur seine Asthmaerkrankung hinderte<br />

ihn an einer längeren Fußball-Karriere. Jens selber hatte<br />

zum großen HSV die Kleine-Leute-Perspektive, aus der schon<br />

in den 1930er Jahren die Erkenntnis resultierte: "Wer Geld<br />

hat, hat auch die entsprechenden Kicker". Daraus wird verständlich,<br />

wenn sich Jens später in die Schar derer einreihte,<br />

die sich lustvoll an jedem Samstag freut, wenn der Geldklub<br />

Bayern ("Das schwarze Monopol") verliert. "Wenn ich den<br />

letzten Goethe-Vers vergessen habe, werde ich den Eimsbütteler<br />

Sturm noch aufzählen können", machte Walter Jens aus<br />

seiner Jugendliebe Fußball heraus eine Liebeserklärung an den<br />

Fußball.<br />

Doch als Festredner konnte der Rhetoriker Jens den Sportverbänden<br />

auch die Leviten lesen. Der Sport könne keine politi-<br />

58<br />

sche Neutralität beanspruchen, schrieb Jens dem <strong>Deutsche</strong>n<br />

Fußball-Bund schon 1975 beim 75-jährigen Jubiläum ins<br />

Stammbuch und forderte eine längst überfällige Aufarbeitung<br />

der unrühmlichen Geschichte des DFB im Nationalsozialismus.<br />

Doch Jens` Festrede ("Versöhnung im Streit") fand erst<br />

30 Jahre später Beachtung, als der Historiker Nils Havermann<br />

("Fußball unterm Hakenkreuz) die Geschichte des Fußballs<br />

aufgearbeitet hatte.<br />

Meister der<br />

kritischen Sympathie<br />

Auch beim 100. Geburtstag des <strong>Deutsche</strong>n Leichtathletik-<br />

Verbands 1998 schaffte Walter Jens den Spagat zwischen<br />

Feier und Kritik. Der Sport dürfe sich nicht der Kommerzialisierung<br />

unterordnen und auch nicht zum reinen Medienspektakel<br />

verkommen, schrieb Jens und warnte davor, dass<br />

sich Spitzen- und Breitensport nicht trennen dürften, weil<br />

sich beides bedingen würde. "Jens` Beiträge zum Sport<br />

dürfen nicht verloren gehen", fordert der Tübinger Sportsoziologe<br />

Helmut Digel bei der Buchvorstellung von "Reden<br />

zum Sport", bei der Jens` Ehefrau Inge aus dem Werk vorlas.<br />

Wahrscheinlich würde Jens noch manches schärfer formulieren"<br />

sagte Digel, " seine Beiträge sind heute aktueller denn<br />

je".<br />

"Die Schotten sind noch dicht"<br />

Von Ewald Walker<br />

Neben den Appellen an die Sportverbände, ihre Geschichte<br />

aufzuarbeiten und sich in ihrer Verbandsarbeit zu öffnen,<br />

zählen auch Jens Appelle zur Sportberichterstattung zu<br />

dessen besonderen Anliegen.<br />

Unter dem Pseudonym "Momos" verfasste "Kleinstkicker Jens",<br />

wie er sich selber nannte, jahrelang Fernsehkritiken für "Die<br />

Zeit". Dort kritisierte er das "Kick and rush" in der Sportsprache<br />

ebenso wie die Qualität der TV-Kommentierung ("Insgesamt ist


es ein Trauerspiel") und mokierte sich über die Metaphorik von<br />

Berichterstattern ("Die Schotten sind noch dicht"). Der Meister<br />

der Rhetorik fand manches einfach nur "Papperlapapp".<br />

"Stellen Sie sich vor, ein Politikjournalist geht zum Bundeskanzler<br />

und sagt: hey Du, wie findest du eigentlich ...?" kritisierte<br />

Walter Jens die Duz-Mentalität und Anbiederungshaltung<br />

von Sportjournalisten. Umgekehrt stellte er den Sport<br />

als vorbildhaft für die Politik dar, wenn er sich wünschte,<br />

"dass der Bundeskanzler so regiert wie Beckenbauer einmal<br />

Fußball spielte".<br />

Dass er sich erfolglos gegen den Olympiaboykott einsetzte,<br />

ist kein Makel. In der Diskussion um den Olympiaboykott<br />

1980 in Moskau stand Jens (erfolglos) an der Seite von Willi<br />

Daume. "Verlegt die Spiele, das werden sie spüren, die<br />

Roten", forderte Jens und musste mit ansehen, wie es doch<br />

zum Boykott kam. Spekulation, was Walter Jens zu den<br />

Spielen von Peking 2008 gesagt hätte. "Eine unbelehrbare<br />

Diktatur dürfte keine <strong>Olympische</strong>n Spiele austragen", sagte<br />

Jens im Interview mit der Stuttgarter Zeitung schon 1987.<br />

Dies lässt Jens Einschätzung der Peking-Spiel zumindest<br />

erahnen.<br />

"Jens wäre mit seiner kritischen Sympathie zum Sport als<br />

Orientierung und Korrektiv noch heute hilfreich", sagt Ommo<br />

Gruppe, Nestor der deutschen Sportwissenschaft. Diese<br />

Sympathie kann Walter Jens (86) heute nicht mehr aufbringen.<br />

Seit vier Jahren leidet er an Demenz. Der Band "Reden<br />

zum Sport" soll seine Gedanken zum Sport erhalten.<br />

� Walter Jens: Reden zum Sport, Nachdenkliches und Kritisches<br />

1964-1999, Hoffmann-Verlag Schorndorf <strong>2009</strong>, 90<br />

Seiten, 12.90 Euro<br />

Biografisches zu Walter Jens<br />

Walter Jens wurde am 8. März 1923 in Hamburg geboren,<br />

lebt und arbeitete in Tübingen als Professor für Klassische<br />

Philologie und Allgemeine Rhetorik (1963-89) in Tübingen;<br />

Präsident der Berliner Akademie der Künste (1989-97); ab<br />

1950 gehörte Jens zur "Gruppe 47", deren Ziel die Förderung<br />

von Autoren der noch jungen<br />

deutschen Nachkriegsliteratur<br />

sowie die Aufklärung<br />

und Erziehung zur Demokratie<br />

der Menschen in<br />

Deutschland nach dem<br />

Hitlerregime war.<br />

Auszeichnungen/Ehrungen/<br />

Preise: u.a. Heine-Preis,<br />

Düsseldorf. Corine-Literaturpreis<br />

(2003); Mitglied in der<br />

Akademie der Künste, Berlin<br />

und im P.E.N;<br />

Veröffentlichungen (u.a.):<br />

Der Blinde (1951), Der Mann,<br />

der nicht alt werden wollte<br />

(1955). Nein. Die Welt der<br />

Angeklagten (1959), Die rote<br />

Rosa, Fernsehspiel (1966), Die Verschwörung, Fernsehspiel<br />

(1966), Frau Thomas Mann, Biografie (2003 - zusammen mit<br />

Inge Jens). Katias Mutter, Biografie (2005 - zusammen mit<br />

Inge Jens).<br />

Im Jahre 2003 wurde bekannt, dass er seit dem 1. September<br />

1942 als Mitglied der NSDAP geführt wurde.<br />

Seit 2004 leidet Walter Jens an Demenz. Mit seinem Buch<br />

"Demenz - Abschied von meinem Vater" sorgte Sohn Tilman<br />

Jens Anfang <strong>2009</strong> für große Aufregung. "Die Rache des<br />

Spätgeborenen" (Süddeutsche Zeitung), "Vatermord" (Welt)<br />

oder "Warum schützt niemand den Vater vor dem Sohn?"<br />

(Zeit) kritisieren die Medien den 54-jährigen Kulturjournalisten<br />

ob der Offenlegung des Vater-Sohn-Verhältnisses.<br />

Gewinnbringend ist das Buch zum Thema Demenz und die<br />

Diskussion um die Sterbehilfe, die Walter Jens 1995 ("Darf ich<br />

nach einem selbstbestimmtem Leben nicht auch einen selbstbestimmten<br />

Tod haben?") angestoßen hatte.<br />

Beim letzten öffentlichen Auftritt im Januar 2007 in der<br />

Mediothek in Pliezhausen (bei Tübingen) hat der Autor einen<br />

von seiner Krankheit gezeichneten Walter Jens erlebt. "Mein<br />

Mann hat an diesem Abend seine Fähigkeit verloren, seinen<br />

Namen zu schreiben", erinnert sich Inge Jens. Beim Signieren<br />

von Büchern schob er diese seiner Frau weiter...<br />

59


Mittelsprung<br />

Auch das Schwimmbad ist ein Motivparadies<br />

Unterwasserbilder von Anna Löbner<br />

D<br />

Mit großem Erfolg zeigte das <strong>Deutsche</strong> Sport & Olympia<br />

Museum in den vergangenen sechs Monaten die<br />

Ausstellung ‚Schwimmbad-Unterwasserbilder' mit<br />

Werken von Anna Löbner aus Düsseldorf. Der renommierte<br />

Kunstkritiker Dr. Thomas Hirsch hat sich eingehend<br />

mit der Ausstellung beschäftigt und kommt zu<br />

folgender Bewertung:<br />

er Realismus der Bilder von Anna Löbner steht außer<br />

Frage. Alles ist erkennbar. Aber so bestimmt das Sujet ist,<br />

so ungesichert ist es doch. Ein wenig dauert es, bis man sich<br />

in den Unterwasser-Ansichten gekachelter Freibäder zurecht-<br />

60<br />

findet. Gegeben sind unterschiedlich blaue, verschieden helle<br />

und in sich strukturierte Innenräume, die über gerade Linien<br />

und eine klare Ordnung aus Stufen und Absätzen verfügen.<br />

Wendekreuze, die am Beckenrand angebracht sind, definieren<br />

eine Ausdehnung; Streifen auf dem Boden bezeichnen eine<br />

Tiefe und Weite, die sich dem Betrachter entgegenstreckt.<br />

Aber die Raumkanten sind vom Wasserspiegel beschnitten<br />

und durch ihn gleichsam abgeschlossen. Die Architektur wird<br />

in der Spiegelung im bewegten Wasser verwackelt und<br />

unscharf, so dass zwei Erscheinungsbilder aufeinander stoßen,<br />

getrennt durch einen hellen Horizont, welcher aus der<br />

Brechung des Lichtes resultiert. In der Wasserfläche selbst<br />

OF-GALERIE<br />

OF-GALERIE


Zwei Wendekreuze Tiefer Einstieg<br />

sind bisweilen Regentropfen auszumachen, die gleichsam das<br />

Eindringen einer anderen Dimension bezeichnen. Zum Unbegreiflichen<br />

der Wasserräume tragen noch die Schatten an<br />

den Wänden und auf dem Grund bei. Weiße Linien verhalten<br />

sich hier als unruhige zeichnerische Zacken. Zwischen Stillstand<br />

und Bewegung, Konkretion und Abstraktion, Ordnung<br />

und Unordnung, Leere und Fülle entwirft Anna Löbner Bilder<br />

von unfassbarem Reichtum und lakonischer Konsequenz. Seit<br />

2005 entstehen diese Bilder vereinzelt, aber kontinuierlich;<br />

die Formate wechseln mit den Darstellungen, die völlig unterschiedlich<br />

sind. Stets liegen reale Orte zugrunde; sie sind von<br />

Anna Löbner im Tauchgang gefunden. Den Bildern ist noch<br />

das Erlebte, mithin Erfahrene eigen, wodurch sie sich etwa<br />

von den Konzepten der Pop-Art, des Hyperrealismus und der<br />

ausgezirkelten Farbfeldmalerei eines Hans-Peter Reuter<br />

unterscheiden. Mit Reuters Raumkonstruktionen haben ihre<br />

Bilder indes das Interesse für pure Architektur und deren<br />

Systematik gemeinsam - ebenso wie den Verzicht auf den<br />

OF-GALERIE<br />

OF-GALERIE<br />

Menschen. Aber hier wie dort finden sich grundsätzliche und<br />

evidente Hinweise auf ihn.<br />

Löbners Bilder ohne Menschen verfügen über eine Vitalität<br />

und Dynamik, auf die ihr anderer zentraler Werkkomplex aus<br />

schwarz-weißen Bildern gerade verzichtet, der seinerseits<br />

Menschen wie auch Tiere zeigt. Bei beiden Werkgruppen aber<br />

bleibt Anna Löbner einer lapidaren Konzentriertheit treu, in<br />

einer verhaltenen Monochromie. Die Wasser-Bilder mit ihren<br />

Türkistönen loten freilich Farbwerte aus, thematisieren deren<br />

Intensität und Emotionalität, zumal in der Konfrontation mit<br />

der sachlichen Binnenform der Schwimmbäder. Anna Löbner<br />

malt farblose Materie und lässt sie sichtbar werden: Indem sie<br />

die Ruhe und die Ordnung auflöst und in der Brechung durch<br />

das Wasser Chaos erzeugt. Maß aller Dinge bleibt der statische<br />

Raum. Und was wir darin, dadurch sehen, ist ein vorübergehender<br />

Zustand, in den wir unmittelbar einbezogen<br />

sind. Noch nie waren wir Anna Löbner so nahe.<br />

61


Kathedrale des Schwimmens<br />

Großes Unterwassertheater<br />

62<br />

OF-GALERIE<br />

OF-GALERIE


Nachrichten des DOSB<br />

Informationen aus dem<br />

Präsidium<br />

Am 12. Mai <strong>2009</strong> trat das DOSB-Präsidium<br />

zu seiner 26. Sitzung in Berlin, im Hauptstadtbüro<br />

des <strong>Deutsche</strong>n Sports, zusammen.<br />

Die umfangreiche Tagesordnung<br />

berührte alle Arbeitsbereiche<br />

des Sports in Deutschland.<br />

Am gleichen Tag legte der<br />

Schirmherr des DOSB, Bundespräsident<br />

Dr. Horst Köhler,<br />

gemeinsam mit seiner Frau Eva-<br />

Luise und den Mitgliedern des<br />

Sportausschusses des <strong>Deutsche</strong>n<br />

Bundestages (darunter<br />

auch DOSB-Vizepräsident<br />

Eberhard Gienger), erneut das<br />

Sportabzeichen ab. Prüferin war<br />

die Vizepräsidentin des Landessportbundes<br />

Berlin, Frau Gabriele<br />

Wrede. Das war ein<br />

schönes und auch aussagekräftiges<br />

zeitliches Zusammentreffen,<br />

denn mit der Erfolgsgeschichte<br />

Sportabzeichen befasste<br />

sich das Präsidium aus<br />

willkommenen Anlass: Im<br />

vergangenen Jahr wurde<br />

erstmals die Millionengrenze<br />

überschritten. 1.004.341 Sportbegeisterte,<br />

Männer und Frauen,<br />

Junge und Ältere, legten es<br />

im Jahr 2008 ab und erarbeiteten<br />

sich ihren ganz persönlichen<br />

"Fitnessorden". Der DOSB<br />

bemüht sich, das Sportabzeichen<br />

gemeinsam mit den<br />

Mitgliedsorganisationen mittelfristig<br />

noch attraktiver zu<br />

gestalten.<br />

Um Leistungen auf Spitzenniveau<br />

wird es bei den <strong>Olympische</strong>n<br />

Winterspielen in Vancouver<br />

im Februar 2010 gehen. Das<br />

Präsidium wertete die gerade zu Ende<br />

gegangene Wintersportsaison 2008/09 aus.<br />

Sie gibt, von Ausnahmen abgesehen,<br />

durchaus Anlass zu Optimismus: In allen<br />

15 olympischen Sportarten fanden Weltmeisterschaften<br />

statt, und mit 9 Siegen, 15<br />

zweiten und 4 dritten Plätzen konnte der<br />

deutsche Wintersport die Anzahl der<br />

Medaillen von Turin 2006 (insgesamt 29)<br />

fast erreichen; auf dem fiktiven "Medaillenspiegel"<br />

belegt der deutsche Sport<br />

allerdings hinter den USA und Norwegen<br />

Sportlicher Bundespräsident: Horst Köhler sprintet in 7,6 Sekunden<br />

auf 50 Metern dem <strong>Deutsche</strong>n Sportabzeichen entgegen.<br />

Platz drei. Erklärtes Ziel bleibt dennoch, als<br />

"Titelverteidiger" in Vancouver wieder<br />

vorne mitzumischen; aber es ist auch<br />

bekannt, dass die internationale Konkur-<br />

renz härter geworden ist und neben den<br />

genannten mit Kanada und Österreich<br />

weitere ehrgeizige Mitbewerber auftreten.<br />

Die Vorbereitung ist im Plan. Voraussichtlich<br />

werden ca. 160 Athleten/innen nach<br />

Vancouver und Whistler fahren. Sie werden<br />

dort exzellente Bedingungen vorfinden.<br />

Das Präsidium wird die Mannschaft auf<br />

seinen Sitzungen am 17.<br />

Dezember <strong>2009</strong> und am 22.<br />

Januar 2010 nominieren.<br />

Das vom Präsidium verabschiedete<br />

Anti-Doping-Management<br />

der deutschen Olympia-Mannschaft<br />

für Vancouver sieht u.a.<br />

vor, dass alle Athleten/innen<br />

seit 1. Januar <strong>2009</strong> im nationalen<br />

Testpool der NADA sein<br />

müssen und zwischen Nominierung<br />

und Eröffnung der Spiele<br />

noch einmal unangekündigt<br />

kontrolliert werden.<br />

Die Bewerbung der Stadt<br />

München um die Ausrichtung<br />

der <strong>Olympische</strong>n Winterspiele<br />

2018 ist auf einem guten Weg:<br />

Nach der <strong>Gesellschaft</strong>erversammlung<br />

hat sich auch der<br />

Aufsichtsrat unter Vorsitz von<br />

Dr. Michael Vesper konstituiert.<br />

Am 9. Juli <strong>2009</strong> wird das<br />

Kuratorium folgen, für das<br />

herausragende Persönlichkeiten<br />

aus Wirtschaft und <strong>Gesellschaft</strong>,<br />

Sport und Politik gewonnen<br />

werden konnten. Zwar<br />

ist es angesichts der schwersten<br />

Wirtschafts- und Finanzkrise<br />

der letzten Jahrzehnte schwieriger<br />

geworden, das erklärte Ziel<br />

der Bewerberstadt zu erreichen,<br />

die Bewerbung ausschließlich<br />

aus privaten Mitteln zu finanzieren;<br />

aber nach wie vor<br />

weisen alle Anzeichen darauf<br />

hin, dass dies gelingen wird. Die<br />

partei- und fraktionsübergreifende zugesicherte<br />

Unterstützung der Bewerbung durch<br />

die Politik ist dabei weiterhin wichtig. Der<br />

Freistaat Bayern, die Landeshauptstadt<br />

63


München, Garmisch-Partenkirchen und der<br />

Landkreis Berchtesgadener Land stellen sich<br />

ihrer Verantwortung.<br />

Das Präsidium begrüßte, dass das Konjunkturpaket<br />

II - wie vom organisierten Sport in<br />

zahlreichen Eingaben verlangt - nach der<br />

für den Sommer geplanten Grundgesetz-<br />

Änderung zusätzliche Perspektiven eröffnen<br />

wird. Dann fallen die derzeitigen Begrenzungen<br />

weg, und die Kommunen können<br />

auch die dringend erforderlichen Maßnahmen<br />

zur Sanierung und Modernisierung der<br />

Sportstätten-Infrastruktur aus dem K II<br />

finanzieren.<br />

Auch die Finanzen standen auf der Tagesordnung<br />

des Präsidiums. Vizepräsident<br />

Hans-Peter Krämer stellte den geprüften<br />

Jahresabschluss 2008 vor, der aufgrund<br />

erwarteter Sondereffekte und in Olympiajahren<br />

üblicher zusätzlicher Vermarktungseinnahmen<br />

positiv ist. Der vom Präsidium<br />

beschlossene Konsolidierungskurs greift:<br />

Die <strong>Ausgabe</strong>n konnten begrenzt, die<br />

Einnahmen etwa durch die verstärkten<br />

Vermarktungsaktivitäten gesteigert werden;<br />

die Glücksspirale hat sich aufgrund<br />

des Aufbringens auf<br />

dem Lottoschein in<br />

mittlerweile 13<br />

Bundesländern in<br />

etwa so nach oben<br />

entwickelt, wie sich<br />

das vor einigen<br />

Monaten bereits<br />

abzeichnete. Die<br />

Vorstellung der<br />

aktuellen mittelfristigenFinanzplanung<br />

bestätigte im<br />

Übrigen erneut,<br />

dass die von der<br />

Mitgliederversammlung<br />

im<br />

Dezember 2008 im<br />

Grundsatz beschlosseneBeitragsanpassung,<br />

will man die Arbeit<br />

des DOSB auf eine<br />

solide finanzielle<br />

Grundlage stellen,<br />

unumgänglich ist.<br />

Die von der Mitgliederversammlung<br />

eingesetzte Arbeitsgruppe kommt<br />

Anfang Juni zu ihrer zweiten Sitzung<br />

zusammen; über deren Ergebnisse wird<br />

zeitnah informiert.<br />

64<br />

Vizepräsidentin Ilse Ridder-Melchers zog<br />

eine positive Zwischenbilanz der Kampagne<br />

"Frauen gewinnen!", die mit einer Präsentation<br />

bei der Schirmherrin, Frau Bundeskanzlerin<br />

Dr. Angela Merkel, mit allen<br />

Bundesministerinnen und weiteren Unterstützerinnen<br />

einen weiteren Markstein<br />

setzte.<br />

Die Aktivenvertreter Christian Breuer und<br />

Claudia Bokel stellten das Athlete Career<br />

Program vor, das eines der schwierigsten<br />

Strukturprobleme im Spitzensport aufgreift:<br />

die Duale Karriere. Es geht darum, Spitzensportlern/innen<br />

bei der bundesweiten<br />

Suche nach sportfreundlichen Arbeitsplätzen<br />

zu unterstützen, um ihnen die Ausübung<br />

ihres Sports zu ermöglichen und<br />

zugleich eine Perspektive für die Zeit<br />

danach zu eröffnen. Dabei ist die Zusammenarbeit<br />

mit der Stiftung <strong>Deutsche</strong><br />

Sporthilfe flankierend ebenso wichtig wie<br />

die Tätigkeit der Laufbahnberater/innen bei<br />

den Olympiastützpunkten.<br />

Natürlich stand auch wieder der Kampf<br />

gegen Doping auf der Agenda. Zustimmend<br />

nahm das Präsidium den Jahresbericht der<br />

Nicht nur die Sportlerinnen und Sportler, sondern auch die Sponsoren und Partner treffen<br />

ihre Vorbereitungen auf die <strong>Olympische</strong>n Winterspiele 2010. Hier eine Reisegruppe der<br />

<strong>Deutsche</strong>n Sportmarketing vor einem historischen kanadischen Wegweiser, dem Wahrzeichen<br />

und Logo der Winterspiele.<br />

NADA zur Kenntnis, demzufolge bei einer<br />

Ausweitung der Zahl der Dopingkontrollen<br />

um fast 50 Prozent auf rund 13000 im Jahr<br />

2008 (2007: 9533) die Zahl der positiven<br />

Ergebnisse sogar auf 66 zurückgegangen<br />

ist. Das zeigt, dass die Abschreckung funktioniert.<br />

In diesem Zusammenhang wurde auf<br />

Vorschlag des federführenden Präsidiumsmitglieds<br />

Ingo-Rolf Weiss der Entwurf des<br />

Nationalen Dopingpräventionsplans, an<br />

dessen Erstellung die <strong>Deutsche</strong> Sportjugend<br />

aktiv beteiligt war, zustimmend zur Kenntnis<br />

genommen; er soll als bundesweiter<br />

Rahmenplan die Zusammenarbeit der<br />

zentralen Akteure auf dem Gebiet der<br />

Prävention intensivieren.<br />

Auch der Schulsport war Thema der Präsidiumssitzung.<br />

Dabei wurde begrüßt, dass<br />

die Kultusministerkonferenz ihren Beschluss<br />

vom Oktober 2008 aufgrund des<br />

fatalen Eindrucks, den Sportfachunterricht<br />

in dem Fach "Ästhetische Bildung" aufgehen<br />

zu lassen, modifiziert und korrigiert<br />

hat. Bis es zu diesem Ergebnis kam, haben<br />

Ingo-Rolf Weiss, Prof. Dr. Gudrun Doll-<br />

Tepper und Dr. Michael Vesper zahlreiche<br />

Gespräche mit Verantwortlichen der<br />

Kultusministerkonferenz geführt. Zum<br />

anderen wurde das "Memorandum zum<br />

Schulsport" thematisiert,<br />

das die<br />

<strong>Deutsche</strong> Vereinigung<br />

für Sportwissenschaft<br />

(DVS), der<br />

<strong>Deutsche</strong> Sportlehrerverband<br />

(DSLV)<br />

und der DOSB<br />

(Vizepräsidentin<br />

Prof. Dr. Gudrun<br />

Doll-Tepper) erstellt<br />

haben. Nach der<br />

nun folgenden<br />

Feinabstimmung<br />

soll das Papier im<br />

Herbst formell<br />

beschlossen und<br />

veröffentlicht<br />

werden.<br />

Die Vizepräsidenten<br />

Eberhard Gienger<br />

und Gudrun Doll-<br />

Tepper gaben einen<br />

Überblick über den<br />

Stand der Vorbereitungen<br />

der ersten<br />

Youth Olympic<br />

Games in Singapur im Sommer 2010. Aus<br />

Deutschland werden voraussichtlich<br />

maximal 135 Sportler/innen daran teilnehmen.<br />

Die Spiele werden von einem um-


fangreichen Kulturprogramm begleitet<br />

werden. Wegen der Einzelheiten werden<br />

wir auf die Mitgliedsorganisationen<br />

zukommen.<br />

Überdies hat das Präsidium die in der<br />

vorigen Sitzung ins Auge gefasste strategi-<br />

Olympiasiegerin Rosi Mittermeier freut<br />

sich über die Bewerbung Münchens zu den<br />

<strong>Olympische</strong>n Winterspielen 2018.<br />

sche Vereinbarung mit der Bundesagentur<br />

für Arbeit beschlossen. Unter dem Titel<br />

"Sport baut Brücken zur arbeitsmarktlichen<br />

Integration" soll die Vereinbarung demnächst<br />

durch DOSB-Präsident Dr. Thomas<br />

Bach und dem Vorstandsmitglied der<br />

Bundesagentur für Arbeit Heinrich Alt<br />

unterzeichnet und anschließend der Öffentlichkeit<br />

präsentiert werden.<br />

Das Präsidium hatte auch Personalentscheidungen<br />

zu treffen. Nach dem Ausscheiden<br />

einiger Mitglieder aus dem Beirat Leistungssportentwicklung<br />

waren Nachbesetzungen<br />

erforderlich. Das Präsidium berief<br />

Rolf Beilschmidt, Hauptgeschäftsführer des<br />

LSB Thüringen, Heiner Gabelmann, Sportdirektor<br />

des <strong>Deutsche</strong>n Schützenbundes, Dr.<br />

Lutz Nordmann, Direktor der Trainerakademie,<br />

Prof. Dr. Arndt Pfützner, Direktor des<br />

Instituts für Angewandte Trainingswissenschaften,<br />

Michael Scharf, Leiter des OSP<br />

Rheinland, Dirk Schimmelpfennig, Sportdirektor<br />

des <strong>Deutsche</strong>n Tischtennisbundes,<br />

und Thomas Schwab, Generalsekretär des<br />

Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland<br />

in den Beirat.<br />

In den Verein "Gegen Vergessen - Für<br />

Demokratie" berief das Präsidium Vizepräsidentin<br />

Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper als<br />

Nachfolgerin des ausgeschiedenen Ehrenpräsidenten<br />

Manfred von Richthofen.<br />

Am 23. Mai <strong>2009</strong> fand in Berlin das Bürgerfest<br />

zum 60-jährigen Bestehen der Bundesrepublik<br />

Deutschland statt. Der Sport<br />

präsentierte sich mit Informations- und<br />

Aktionsflächen auf einer über 3000 qm<br />

großen Fläche auf der Straße des 17. Juni.<br />

Darüber hinaus stellte sich der Sport<br />

gemeinsam mit dem ZDF auf der Hauptbühne<br />

am Brandenburger Tor dar.<br />

Am 10. Juni <strong>2009</strong> fand in Berlin der Festakt<br />

anlässlich des 20-jährigen Bestehens des<br />

Programms "Integration durch Sport" statt.<br />

Dieses Programm gilt zu Recht als das<br />

erfolgreichste, was die Förderung der<br />

Integration von Menschen mit Migrationshintergrund<br />

angeht. Bundesinnenminister<br />

Dr. Wolfgang Schäuble und DOSB-Präsident<br />

Thomas Bach nahmen an dem Festakt<br />

teil.<br />

Für den 1. Juli <strong>2009</strong> lädt der DOSB zum<br />

DOSB-Wahlhearing anlässlich der bevorste-<br />

henden Bundestagswahl nach Berlin ein.<br />

Den Fragen des organisierten Sports werden<br />

sich für die CDU/CSU Bundesinnenminister<br />

Wolfgang Schäuble, für die SPD<br />

deren Kanzlerkandidat Bundesaußenminister<br />

Frank-Walter Steinmeier, FDP-Parteichef<br />

Guido Westerwelle, ein/e Vertreter/in der<br />

Linken und die Grünen-Parteivorsitzende<br />

Claudia Roth stellen; die Moderation<br />

übernimmt Johannes B. Kerner. Das Wahlhearing<br />

ersetzt in diesem Jahr den "Parlamentarischen<br />

Abend", der in den vergangenen<br />

Jahren jeweils im Herbst veranstaltet<br />

wurde.<br />

Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel unterstützt<br />

Jahr der Frauen im Sport<br />

Am Donnerstag, 23. April <strong>2009</strong> traf sich<br />

Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin<br />

mit Unterstützerinnen der Aktion "Frauen<br />

gewinnen" des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />

Sportbundes aus Sport, Politik und Wirtschaft<br />

- darunter auch die nahezu komplette<br />

Frauenriege aus dem Bundeskabinett.<br />

Die Bundeskanzlerin ist Schirmherrin des<br />

Aktionsjahres des DOSB, der unter dem<br />

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (l.), Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, die<br />

Vizepräsidentin des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbundes (DOSB), Ilse Ridder-Melchers,<br />

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Präsident des DOSB, Thomas Bach bei einem<br />

Treffen anlässlich des "Jahres der Frauen im Sport <strong>2009</strong>" im Bundeskanzleramt.<br />

65


Motto "Frauen gewinnen!" für <strong>2009</strong> einen<br />

Schwerpunkt seiner Arbeit setzt.<br />

Die Bundeskanzlerin zeigte sich vor allem<br />

davon angetan, dass mit "Frauen gewinnen!"<br />

mehr Frauen in Führungspositionen<br />

gebracht werden sollen: "Den Männern<br />

muss nun nicht bange sein, aber sie sollen<br />

sich darauf einstellen, mehr Wettbewerb<br />

und Konkurrenz zu bekommen." DOSB-<br />

Präsident Thomas Bach sagte, er rechne mit<br />

dieser Konkurrenz und das sei auch gut so:<br />

"Wir müssen unsere Führungspositionen<br />

stärker für Frauen öffnen." DOSB-Vizepräsidentin<br />

Ilse Ridder-Melchers nannte als Ziel<br />

einen Frauenanteil von 50 Prozent im Sport<br />

und in dessen Führungspositionen: "Wir<br />

setzen auf Sieg, nicht auf Platz."<br />

Das Jahr der Frauen im Sport stellt die<br />

Themen Frauen und Fitness, Aktionen gegen<br />

Gewalt gegen Frauen, Frauen in Führungspositionen<br />

und die Integration von Migrantinnen<br />

durch Sport in den Vordergrund.<br />

Der DOSB will mit "Frauen gewinnen!" mehr<br />

Mädchen und Frauen für den Sport und<br />

seine Vereine begeistern. Die Rahmenbedingungen<br />

für ein ehrenamtliches Engagement<br />

von Frauen im Sport sollen noch besser<br />

werden und eine gleichberechtigte Teilhabe<br />

von Frauen in der Führungsarbeit des<br />

organisierten Sports sichern. Im Jahr <strong>2009</strong><br />

werden hierzu unter anderem ein Verbandswettbewerb<br />

"Frauen an die Spitze"<br />

ausgeschrieben, FrauenSportWochen<br />

veranstaltet, weiblichen Führungstalenten<br />

spezielle Camps und Fortbildungen angeboten<br />

und Aktionen und Projekte gegen<br />

Gewalt und für mehr Migrantinnen im<br />

Sport durchgeführt.<br />

DOSB für qualifizierten<br />

Sportunterricht an Grundschulen<br />

Neben dem DOSB haben auch die <strong>Deutsche</strong><br />

Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs)<br />

und der <strong>Deutsche</strong> Sportlehrerverband<br />

(DSLV) eine Anfang Mai veröffentlichte<br />

Erklärung der Kultusminister der Länder<br />

begrüßt, auch weiterhin guten Sportunterricht<br />

an Grundschulen anzubieten.<br />

Ergänzend zu ihren Beschlüssen vom 16.<br />

Oktober 2008 in Saarbrücken hatte die<br />

66<br />

Kultusministerkonferenz (KMK) erklärt,<br />

Sport solle gerade im für die kindliche<br />

Entwicklung wichtigen Primarbereich auch<br />

in Zukunft von qualifizierten Lehrkräften<br />

unterrichtet werden. Das Vorhaben der<br />

Kultusminister, ein neues Studienfach<br />

Ästhetische Bildung mit künstlerischen,<br />

musischen und sportlichen Inhalten an den<br />

Hochschulen zu installieren, hatte Befürchtungen<br />

geweckt, die neuen Studieninhalte<br />

gingen zu Lasten der Fachlehrerausbildung.<br />

Die DOSB-Vizepräsidentin für <strong>Olympische</strong><br />

Bildung und Erziehung, Prof. Dr. Gudrun<br />

Doll-Tepper, sagte: "Ich bin erleichtert, dass<br />

die Kultusminister klargestellt haben, dass<br />

mit dem neuen Studienbereich die Fachlehrerausbildung<br />

nicht an den Rand gedrängt<br />

wird. Bereits heute wird jede zweite Sportstunde<br />

an Grundschulen von fachfremden<br />

Lehrerinnen oder Lehrern gegeben. Allerdings<br />

werden wir nun verstärkt darauf<br />

achten müssen, wie die Ankündigung in<br />

den einzelnen Ländern umgesetzt wird."<br />

Ingo-Rolf Weiss, Vorsitzender der <strong>Deutsche</strong>n<br />

Sportjugend (dsj) betonte: "Die<br />

Schulen dürfen die Sportvereine bei der<br />

Aufgabe, die wachsenden motorischen<br />

Defizite oder das Übergewicht von Kindern<br />

zu korrigieren, nicht im Stich lassen. Zumal<br />

nachgewiesen ist, dass die Lern- und<br />

Konzentrationsfähigkeit bei Kindern mit<br />

ausreichender Bewegung besser ist. Die<br />

Kinder fördert man am Besten mit gut<br />

ausgebildeten Sportlehrern und drei Schulsportstunden<br />

pro Woche in jedem Bundes-<br />

Nach massivem Druck des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sport-Bundes (DOSB) haben die Kultusminister<br />

der Länder beschlossen, den Sportunterricht an Grundschulen wie bisher aufrechtzuerhalten.<br />

`Es ist gut, dass die Kultusministerkonferenz den fatalen Eindruck korrigiert<br />

hat, das Sportfach in ästhetischer Bildung aufgehen zu lassen´, sagte DOSB-Generaldirektor<br />

Michael Vesper.<br />

land. Ich freue mich über das klare Signal,<br />

dass die KMK uns bei der Bewältigung<br />

dieser Aufgabe als verlässlicher Partner<br />

unterstützend zur Seite steht."<br />

Für die <strong>Deutsche</strong> Vereinigung für Sportwissenschaft<br />

(dvs) erklärte deren Präsident<br />

Prof. Dr. Bernd Strauß: "Kinder und Jugendliche<br />

sind auf kompetent ausgebildete<br />

Sportlehrerinnen und Sportlehrer dringend<br />

angewiesen - mehr denn je. Eine universitäre<br />

spezifische Sportlehrerausbildung ist<br />

nicht nur zu erhalten, sondern im Gegenteil:<br />

sie muss ausgebaut werden. Daher<br />

freue ich mich natürlich über das jetzige<br />

Signal der KMK, das in die richtige Richtung<br />

weist. Wichtig ist nun, dass die Länder<br />

und die Universitäten diese Klarstellung der<br />

Kultusminister bei ihren Planungen und<br />

Umsetzungen berücksichtigen und die<br />

Sportlehrerausbildung stärken und nicht<br />

schwächen."<br />

Der Präsident des DLSV, Prof. Dr. Udo<br />

Hanke, begrüßte die KMK-Erklärung und


äußerte die Erwartung, dass sich nun alle<br />

Studentinnen und Studenten für den<br />

Grundschulbereich zumindest rudimentär<br />

mit Bewegungserziehung befassen. Damit<br />

werde der Ansatz einer "Bewegten Schule"<br />

fester Bestandteil der universitären Ausbildung<br />

von Grundschulpädagogen, also von<br />

"Nicht-Fachlehrern Sport", bei gleichzeitigem<br />

Fortbestand der Ausbildung zum<br />

Grundschul-Sportlehrer.<br />

Erstmals mehr als eine<br />

Million <strong>Deutsche</strong> Sportabzeichen<br />

Zum ersten Mal hat das <strong>Deutsche</strong> Sportabzeichen<br />

im Jahr 2008 mehr als eine Million<br />

Menschen in Deutschland erfolgreich in<br />

Bewegung versetzt: 1.004.341 Kinder und<br />

Jugendliche, Männer und Frauen, Junge<br />

und Ältere sind im vergangenen Jahr<br />

schnell genug gelaufen oder geschwommen,<br />

hoch genug gesprungen oder haben<br />

Ball und Kugel weit genug geworfen oder<br />

gestoßen, um die begehrte Auszeichnung<br />

zu erringen. "Das ist ein grandioser Erfolg<br />

für Sport, Gesundheit und Lebensfreude in<br />

Deutschland", sagte DOSB-Präsident Thomas<br />

Bach. "Ich gratuliere allen sportbegeisterten<br />

Teilnehmern zu ihren Leistungen und<br />

danke Sportvereinen, Schulen und der<br />

Bundeswehr sowie den mehr als 100.000<br />

Helfern, deren Engagement dieses Ergebnis<br />

ermöglicht haben." Gleichzeitig ermunterte<br />

der DOSB-Präsident die weiteren über eine<br />

Million Teilnehmer, die im Jahr 2008 nicht<br />

erfolgreich waren, in diesem Jahr einen<br />

erneuten Anlauf zu unternehmen.<br />

Allen voran ging Bundespräsident Horst<br />

Köhler, der gemeinsam mit seiner Frau Eva-<br />

Luise Köhler und Mitgliedern des Sportausschusses<br />

des <strong>Deutsche</strong>n Bundestages zum<br />

wiederholten Mal erfolgreich das Sportabzeichen<br />

ablegte. "Wir legen das <strong>Deutsche</strong><br />

Sportabzeichen seit vielen Jahren ab und<br />

wir machen gerne mit. Das Sportabzeichen<br />

ist wichtig und ich will es gerne unterstützen",<br />

sagte der Bundespräsident.<br />

Besonders erfreulich ist, dass 2008 drei<br />

Viertel der erfolgreichen Absolventen<br />

(776.920) Kinder und Jugendliche sind.<br />

Dazu kommen 227.421 Erwachsene. "So<br />

glücklich wie wir über dieses großartige<br />

Ergebnis sind, wollen wir uns auf diesem<br />

Erfolg nicht ausruhen. Deshalb diskutieren<br />

wir über Möglichkeiten, das <strong>Deutsche</strong><br />

Gemeinsam mit Bundespräsident Horst Köhler (M) legten auch seine Frau sowie mehrere<br />

Mitglieder und Mitarbeiter des Sportausschusses sowie Abgeordnete des <strong>Deutsche</strong>n<br />

Bundestages das Sportabzeichen ab.<br />

Sportabzeichen noch attraktiver zu machen,<br />

als es jetzt schon ist. Wir erstreben<br />

eine Modernisierung ohne die reiche<br />

Tradition zu beeinträchtigen", sagte Thomas<br />

Bach.<br />

Das <strong>Deutsche</strong> Sportabzeichen ist das<br />

erfolgreichste und einzige Auszeichnungssystem<br />

außerhalb des Wettkampfsports, das<br />

umfassend die persönliche Fitness überprüft.<br />

Das Abzeichen mit Ordenscharakter<br />

wird an Frauen und Männer ab 18 Jahren<br />

verliehen, für Kinder und Jugendliche ab 8<br />

Jahren gibt es das "<strong>Deutsche</strong> Sportabzeichen<br />

Jugend", für Menschen mit Behinderung<br />

das "Sportabzeichen für Menschen<br />

mit Behinderung" mit Übungen, die auf die<br />

jeweilige Art der Behinderung abgestimmt<br />

sind.<br />

DOSB unterstützt Aktionswoche<br />

"Alkohol? Kenn<br />

Dein Limit"<br />

In Deutschland wird zu viel und zu regelmäßig<br />

Alkohol getrunken. Das gilt schon<br />

für Kinder und Jugendliche. Selbst in der<br />

Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen, von<br />

denen nach dem Jugendschutzgesetz der<br />

größte Teil gar keinen Alkohol trinken<br />

dürfte, geben in einer bundesweiten Repräsentativbefragung<br />

der Bundeszentrale für<br />

gesundheitliche Aufklärung (BZgA) etwa 20<br />

Prozent an, dass sie im Monat vor der<br />

Befragung mindestens bei einer Gelegenheit<br />

fünf oder sogar mehr Gläser Alkohol<br />

getrunken haben. Damit praktizieren sie ein<br />

Trinkverhalten, das unter dem Begriff<br />

"Binge Drinking" einen gefährlichen Alkoholkonsum<br />

beschreibt.<br />

Sportvereine können viel für einen verantwortungsbewussten<br />

Umgang mit Alkohol<br />

beitragen, da über sie viele Kinder und<br />

Jugendliche, ihre Mütter und Väter, aber<br />

auch Trainer, Übungsleiter und Betreuer<br />

erreicht werden. Um frühzeitig Kinder und<br />

Jugendliche zu erreichen und auf die<br />

negativen Folgen übermäßigen Alkoholkonsums<br />

aufmerksam zu machen, haben der<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> Sportbund (DOSB)<br />

und die BZgA Sportvereine, gebeten, aktiv<br />

an der für Juni geplanten Aktionswoche<br />

"Alkohol? Kenn Dein Limit." teilzunehmen.<br />

Sie sind aufgerufen, an einem oder beiden<br />

Wochenenden der Aktionswoche (13./14.<br />

Juni und 20./21. Juni <strong>2009</strong>) ein alkoholfreies<br />

Sportwochenende durchzuführen.<br />

DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach übernahm<br />

die Schirmherrschaft für die Aktionswoche<br />

im Sport: "Der DOSB ist sich über die<br />

67


unterschiedlichen Ausprägungen von<br />

Alkoholmissbrauch, besonders von Kindern<br />

und Jugendlichen, bewusst. Mit seinen<br />

Vereinen und Verbänden will er diesem<br />

Problem entgegenwirken. Dabei ist Aufklärung<br />

ein wichtiges Element. Gemeinsam<br />

mit der BZgA wollen wir deshalb insbesondere<br />

den Erwachsenen Hilfestellung geben,<br />

die in den Vereinen für Kinder und Jugendliche<br />

Verantwortung tragen. Ein alkoholfreies<br />

Wochenende mit entsprechenden<br />

Aktionen, ist eine sehr gute Möglichkeit<br />

festzustellen, wie im eigenen Verein mit<br />

Alkohol umgegangen wird und was verbessert<br />

werden kann."<br />

Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der<br />

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung<br />

betont: "Rund 70 Prozent aller jungen<br />

Menschen sind zumindest vorübergehend<br />

in einem Sportverein aktiv. Dort können sie<br />

vielfältige Fähigkeiten und Eigenschaften<br />

wie Teamgeist, Belastbarkeit, Durchsetzungsfähigkeit<br />

oder soziale Verantwortung<br />

entwickeln. Diese Stärken helfen einer<br />

Suchtentwicklung vorzubeugen. Der Sport<br />

unterstützt also junge Menschen dabei,<br />

Lebenskompetenzen zu erwerben. Darüber<br />

hinaus sind Trainerinnen und Trainer sowie<br />

Betreuerinnen und Betreuer wichtige<br />

Vorbilder und häufig auch Vertrauenspersonen<br />

für die jungen Vereinsmitglieder, auch<br />

in Bezug auf den Konsum von Alkohol.<br />

Wenn sie selbst verantwortungsbewusst<br />

mit Alkohol umgehen, können sie das<br />

Trinkverhalten der Kinder und Jugendlichen<br />

positiv beeinflussen."<br />

Die <strong>Deutsche</strong> Sportjugend arbeitet mit der<br />

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung<br />

im Themenfeld Suchtprävention eng<br />

zusammen. Insbesondere bei Großveranstaltungen,<br />

wie z.B. dem Jugendevent,<br />

betreibt sie Aufklärung und setzt sich für<br />

eine Sensibilisierung beim Thema Alkoholmissbrauch<br />

ein. Für die <strong>Deutsche</strong> Sportjugend<br />

passen Sport und Alkohol nicht<br />

zusammen, deshalb geht die Wirkung der<br />

Aktion "Alkoholfrei Sport genießen" weit<br />

über die Aktionswochen hinaus.<br />

Sportvereine, die eine Veranstaltung im<br />

Zeitraum der Aktionswoche unter das<br />

Motto "Alkoholfrei Sport genießen" stellen<br />

wollen oder andere Aktionen im Rahmen<br />

eines alkoholfreien Sportwochenendes<br />

durchführen, werden von der Bundeszentrale<br />

für gesundheitliche Aufklärung und<br />

dem <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbund<br />

mit einer kostenlosen Aktionsbox unter-<br />

68<br />

stützt. Darin enthalten sind u.a. Informationsmaterialien<br />

zum Thema "Suchtprävention<br />

im Sportverein", ein Banner "Alkoholfrei<br />

Sport genießen", das Jugendschutzgesetz<br />

als Poster und Thekenaufsteller sowie T-<br />

Shirts. Die Aktionsbox wird automatisch an<br />

alle Vereine versendet, die das Anmeldeformular<br />

auf der Internetseite www.aktionswoche-alkohol.de<br />

ausfüllen. Für Fragen zur<br />

Anmeldung und zur Umsetzung geplanter<br />

Aktivitäten gibt es das Servicetelefon:<br />

06173 / 70 27 29 (Mo bis Fr 9-17 Uhr)<br />

<strong>Deutsche</strong>r und polnischer<br />

Sport intensivieren Zusammenarbeit<br />

Das Nationale <strong>Olympische</strong> Komitee für<br />

Polen und der <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> Sportbund<br />

werden ihre Zusammenarbeit weiter<br />

ausbauen. Dies vereinbarten der polnische<br />

NOK-Präsident Piotr Nurowski, Vize-<br />

Präsident Andrzej Krasncki, Generalsekretär<br />

Adam Krzesinski und der Staatssekretär im<br />

polnischen Ministerium für Sport und<br />

Tourismus, Adam Giersz, mit DOSB-Präsident<br />

Thomas Bach und Generaldirektor<br />

Michael Vesper. Während eines zweitägigen<br />

Besuches Ende April in Frankfurt informierten<br />

sich die polnischen Gäste insbesondere<br />

über die Struktur des unabhängigen deutschen<br />

Sports nach der Gründung des DOSB<br />

und die duale Karriere, also die parallel zur<br />

sportlichen Laufbahn verlaufende berufliche<br />

Ausbildung von Sportlern. Besprochen<br />

wurden auch gemeinsame Jugendprojekte<br />

auf Basis des Engagements der <strong>Deutsche</strong>n<br />

Sportjugend (dsj) im deutsch-polnischen<br />

Jugendwerk. Außerdem signalisierten die<br />

polnischen Gäste Interesse an einer Zusammenarbeit<br />

auf europäischer Ebene über das<br />

EOC EU Office in Brüssel.<br />

DOSB leistet Erdbebenhilfe in China<br />

Mit der Übergabe eines Kinderbusses an ein<br />

Waisenhaus im chinesischen Maoxian<br />

durch das deutsche Generalkonsulat<br />

Chengdu helfen der DOSB und das Nationale<br />

<strong>Olympische</strong> Komitee von Katar (QOC)<br />

Erdbebenopfern der Katastrophe von 2008.<br />

DOSB und QOC hatten bei den <strong>Olympische</strong>n<br />

Spielen in Peking mehr als 30.000 Euro<br />

gesammelt. Mit dem Bus sollen jetzt Spielund<br />

Sportmöglichkeiten für Waisenhäuser<br />

in entlegenen Bereichen der betroffenen<br />

Provinz Sichuan verbessert werden.<br />

Impressum<br />

Impressum<br />

<strong>Olympische</strong>s Feuer<br />

Zeitschrift des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />

Sportbundes und der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong><br />

Herausgeberkollegium:<br />

Gerd Graus (DOSB), Harald Denecken (DOG),<br />

Steffen Haffner, Michael Gernandt<br />

Chefredakteur: Harald Pieper<br />

Redaktion: Dr. Stefan Volknant, Dr. Andreas Höfer,<br />

Daniela Doerinckel<br />

Redaktionsanschrift:<br />

Dr. Stefan Volknant<br />

<strong>Deutsche</strong>r <strong>Olympische</strong>r Sportbund<br />

Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt<br />

Telefon: 0 69 / 6 70 02 27, Fax: 0 69 / 67 00 12 27<br />

E-Mail: volknant@dosb.de<br />

Harald Pieper<br />

Stieglitzstraße 2<br />

63263 Neu-Isenburg<br />

Telefon: 0 61 02 / 5 22 62<br />

Herstellung, Vertrieb & Verlag:<br />

Peter Kühne Verlag<br />

Theodor-Heuss-Straße 11<br />

63303 Dreieich<br />

Telefon: 0 61 03 / 8 07 91 70,<br />

Telefax: 0 61 03 / 8 07 91 71<br />

E-Mail: freiwurf@aol.com<br />

Grafische Gestaltung: Werner Pettersch, Dreieich<br />

Schlussredaktion/Anzeigenleitung: Peter Kühne<br />

Die Zeitschrift erscheint 6 x jährlich.<br />

Der Bezugspreis ist durch den Mitgliedsbeitrag der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> abgegolten.<br />

Druck: HMS-Druckhaus GmbH<br />

Benzstraße 57 - 59, 63303 Dreieich<br />

Telefon: 0 61 03 / 93 39-0.<br />

Das <strong>Olympische</strong> Feuer ist zu beziehen durch:<br />

Geschäftsstelle der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong>, Otto-Fleck-Schneise 12 - Haus II,<br />

60528 Frankfurt am Main,<br />

Telefon: 0 69 / 69 50 16-0,<br />

Telefax: 0 69 / 6 77 18 26,<br />

E-Mail: office@dog-bewegt.de,<br />

Frankfurter Sparkasse,<br />

Kontonummer 200313592,<br />

Bankleitzahl: 500 502 01<br />

Das <strong>Olympische</strong> Feuer ist ein Diskussionsforum.<br />

Mit Namen gekennzeichnete Artikel müssen nicht<br />

unbedingt der Meinung der Redaktion, des DOSB<br />

bzw. der DOG entsprechen.<br />

Titelgrafik: Eberhard Stroot<br />

Fotos, Illustrationen, Karikaturen:<br />

picture-alliance/dpa<br />

Markus Niethammer<br />

Foto Schell<br />

Eberhard Stroot<br />

Gerd Waßner


Nachrichten der DOG<br />

Aktuelles aus der<br />

Bundesgeschäftsstelle<br />

Liebe Mitglieder,<br />

das Jahr <strong>2009</strong> ist stark geprägt von wirtschaftlichen<br />

Schwierigkeiten und ihren<br />

Folgen. Eine Situation, die auch an der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> nicht<br />

spurlos vorbei zieht. Wichtiger denn je ist<br />

derzeit die Vermittlung von Werten, denn<br />

sie sind insbesondere in schwierigen Zeiten<br />

eine große Stütze. Umso erfreulicher ist<br />

daher, dass durch unsere Mitgliederwerbeaktion<br />

"Lassen Sie sich anstecken" bereits<br />

neue Mitglieder gewonnen werden konnten.<br />

Im Namen des Präsidiums möchte ich Sie<br />

alle recht herzlich in unserer <strong>Olympische</strong>n<br />

Familie willkommen heißen und freue mich<br />

sehr, dass wir auf Ihre Unterstützung zählen<br />

können.<br />

Wie bereits in der vergangenen <strong>Ausgabe</strong> des<br />

<strong>Olympische</strong>n Feuers berichtet, fand unter<br />

der Anleitung der Führungsakademie des<br />

DOSB im Rahmen von Regionaltreffen eine<br />

Auseinandersetzung mit den Zielen, Aufgaben<br />

und Visionen der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong> statt. In vier Regionaltreffen<br />

hatten Vertreter der Zweigstellen<br />

und Landesverbände die Möglichkeit, in<br />

einem gemeinsamen Dialog mit dem Präsidium<br />

die Chancen, Risiken, laufenden<br />

Projekte und Probleme der fast 60-jährigen<br />

Existenzzeit zu diskutieren. Wir konnten<br />

gemeinsam zurückblicken und Geschehenes<br />

kritisch hinterleuchten. Nun gilt es, aus den<br />

Resonanzen, Vorschlägen und Visionen<br />

konkrete Strategien zu entwickeln, denn das<br />

"<strong>Olympische</strong> Feuer" ist auch weiterhin in<br />

uns allen entfacht. Derzeit arbeiten das<br />

Präsidium, die Geschäftsstelle und die<br />

Führungsakademie gemeinsam diese Auswertung<br />

aus. Bei der nächsten Präsidiumssitzung<br />

findet die finale Besprechung hierzu<br />

statt, um anschließend die Auswertung den<br />

Zweigstellen zur Verfügung stellen zu<br />

können.<br />

Liebe Mitglieder, für Ihre Unterstützung<br />

möchte ich Ihnen recht herzlich danken und<br />

durch das unermüdliche Engagement der<br />

Zweigstellen, der Bundesgeschäftsstelle und<br />

des Präsidiums werden wir uns gemeinsam<br />

mit Ihnen auch weiterhin für die Initiierung<br />

von Bewegung unserer jüngsten Generation,<br />

für die Förderung junger Talente, für Fair<br />

Play sowie die Vermittlung aller <strong>Olympische</strong>n<br />

Werte einsetzen.<br />

Ihr<br />

Harald Denecken<br />

Präsident<br />

Kinder laufen für Kinder<br />

Spenden in Höhe von rund 9.000 Euro<br />

erliefen circa 527 Kinder aus München und<br />

Umgebung bei der Auftaktveranstaltung im<br />

April für SOS-Kinderdörfer und den FlughafenVerein<br />

e.V. bzw. der Stiftung "Sehnsucht"<br />

(Suchtprävention für Kinder und Jugendliche<br />

in Schule und Freizeit). Schnell wie die Wiesel<br />

schossen die Mädchen und Jungen um den<br />

Laufparcours im Besucherpark des Flughafen<br />

München, nachdem der ehemalige FC-<br />

Bayern-Profi und Fußball-Nationalspieler<br />

Thomas Helmer das Startband für die bundesweite<br />

Initiative "Kinder laufen für Kinder"<br />

unterwegs mit Kraft Cares" <strong>2009</strong> durchge-<br />

Neben Thomas Helmer (Mitte) unterstützte Vize-Präsident Christian Tröger (rechts) den<br />

Spendenlauf in München.<br />

69


schnitten hatte.<br />

Unterstützt wurde<br />

die Veranstaltung<br />

ebenfalls durch die<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong><br />

<strong>Gesellschaft</strong>. So<br />

war auch der Ex-<br />

Schwimmolympionike<br />

und jetzige<br />

Vizepräsident<br />

Christian Tröger vor<br />

Ort, um Kindern in<br />

Not zu helfen.<br />

Angespornt durch<br />

die prominente<br />

Unterstützung<br />

rannten die Schüler<br />

Kilometer für Kilometer, um Spenden für<br />

Kinder in Not zu sammeln. Unter ihnen waren<br />

auch 41 "Integrationskinder". Meist vom<br />

Schicksal schwer gebeutelt, sind sie überglücklich,<br />

selbst etwas für andere Kinder tun<br />

zu können. Überrascht und erfreut über das<br />

tolle Spendenergebnis übergab Kultusstaatssekretär<br />

Dr. Marcel Huber den Spendenscheck<br />

an die Repräsentanten der SOS-Kinderdörfer<br />

Carolin Poeplau und Bernd Dorn.<br />

Über 337.000 laufbegeisterten Schülern aus<br />

ganz Deutschland gelang es in den vergangenen<br />

sechs Jahren bereits 3,24 Millionen<br />

Euro an Spendengeldern für Kinder in Not<br />

zu sammeln. Die fünf- bis 14-jährigen<br />

Läufer haben sich im Vorfeld Sponsoren<br />

gesucht, die einen bestimmten Betrag pro<br />

Kilometer spendeten.<br />

Im Zentrum der Initiative "Kinder laufen für<br />

Kinder" steht neben dem sozialen Engagement<br />

von Kindern das Thema Gesundheit. In<br />

Deutschland ist jedes siebte Kind zwischen<br />

drei und 17 Jahren übergewichtig. Die<br />

Verbindung von Fitness mit einem guten<br />

Zweck soll sie motivieren, aktiv zu werden.<br />

Dabei kann jeder Läufer selbst entscheiden,<br />

wie viele Runden er zurücklegen will - und<br />

in welchem Tempo, denn auch Gehen ist<br />

erlaubt. Behinderte und benachteiligte<br />

Kinder waren besonders eingeladen, sich am<br />

Auftaktlauf zu beteiligen.<br />

Wilhelm-Garbe-Preis<br />

Der Sieg ist dem Landesverband Berlin kaum<br />

noch zu nehmen: Mit vier weiteren Neumitgliedern<br />

konnten die Hauptstädter mit<br />

insgesamt 29 Mitgliedern ihre Führung<br />

weiter ausbauen. 15 neugewonnene Mitglie-<br />

70<br />

der sind Voraussetzung, um in die Wertung<br />

des Wilhelm-Garbe-Preises aufgenommen<br />

werden. Insbesondere für die Zweigstelle<br />

Baden-Baden/Mittelbaden ist dieses Ziel<br />

bereits zum Greifen nah. Noch bis Ende Juli<br />

haben alle Zweigstellen die Chance durch<br />

gezielte Mitgliederwerbung in die Wertung<br />

zu gelangen und somit Preisgelder in Höhe<br />

von insgesamt 3000 Euro zu erhalten.<br />

50 Jahre Mitgliedschaft<br />

Langjährige Mitglieder sind weit mehr als<br />

die Basis der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong>. Seit 50 Jahren ist Herr Siegward<br />

Riedel aus Köln von der Zweigstelle<br />

Rheinland Teil der <strong>Olympische</strong>n Familie und<br />

mit seinem Engagement und aus tiefer<br />

Verbundenheit Mitglied der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n Familie.<br />

Zudem geht der Dank an alle langjährigen<br />

Mitglieder. Sie alle tragen dazu bei, dass die<br />

<strong>Olympische</strong>n Werte auch weiterhin in der<br />

<strong>Gesellschaft</strong> verbreitet werden - herzlichen Dank.<br />

Berlin<br />

Fair Play-Pokale beim<br />

35. Drumbo Cup<br />

Ganz im Sinne von Fair Play stand Anfang<br />

April der Finaltag des 35. Drumbo Cup der<br />

Dresdner Bank, dem größten Hallenfußballturnier<br />

für Grundschulen in Europa, an dem<br />

auch <strong>2009</strong> über 3.000 Schülerinnen und<br />

Schüler aus Berlin und Potsdam teilnahmen.<br />

Zum sechsten Mal in Folge hatte die Berliner<br />

DOG Fair Play-Pokale für Mädchen und<br />

Jungen ausgelobt, zu deren Gewinn die<br />

Beachtung folgender Punkte gehörte:<br />

. werden die Schiedsrichterentscheidungen<br />

akzeptiert<br />

. Selbstanzeige von Fouls und Ausbällen<br />

. Korrektur von Fehlentscheidungen des<br />

Unparteiischen zu eigenen Ungunsten<br />

. Entschuldigung, Handschlag oder gegenseitiges<br />

Aufhelfen bei Fouls<br />

. Hilfestellung bei Verletzungen<br />

. schlichtendes Auftreten des Mannschaftskapitäns<br />

in kritischen Situationen<br />

. Verhalten der Trainer, Betreuer, Eltern und<br />

Fans der Mannschaften.<br />

Das hohe faire Niveau des Turniers sowie die<br />

eindrucksvolle Leistung der jungen Nach-


wuchsschiedsrichter machten der Jury, zu<br />

der Jörg Halfter (Frauenbeauftragter des<br />

BFV), Bernd Bouwman (Stellv. Vorsitz.<br />

Sportgericht BFV) und Jürgen Hensch<br />

(ehemaliger Sportlehrer) zählten, die Entscheidung<br />

nicht leicht.<br />

Die Akzeptanz der Schiedsrichterentscheidungen,<br />

das Selbstanzeigen von Fouls und<br />

Ausbällen, Entschuldigungen und Hilfestellungen<br />

gegenüber der gegnerischen Mannschaft<br />

und nicht zuletzt das Verhalten der<br />

Betreuer, gaben den Ausschlag für die<br />

letztendlich einstimmige Auswahl der<br />

Stechlinsee-Grundschule aus dem Bezirk<br />

Tempelhof-Schöneberg bei den Mädchen<br />

und der Michael-Ende-Schule aus Berlin-<br />

Neukölln bei den Jungen.<br />

Hans-Jürgen Bartsch, Präsident der Berliner<br />

DOG und Ulrike Ufert-Hoffmann, Präsidiumsmitglied<br />

der Berliner DOG, überreichten den<br />

fairen Mannschaften die Buddy-Bären-Pokale<br />

und die Fair Play-Urkunden. Im Hauptturnier<br />

erreichten die beiden Mannschaften übrigens<br />

jeweils die 3. Plätze.<br />

Ulrike Ufert-Hoffmann<br />

Coburg<br />

Ehrung zum "Sportler<br />

des Jahres"<br />

Im Rahmen der Jahressiegerfeier der Stadt<br />

Coburg würdigte der geschäftsführende<br />

Vorstand der Zweigstelle Coburg, Bürgermeister<br />

Hans-Heinrich Ulmann, den erfolgreichen<br />

Coburger Leichtathleten Norbert<br />

Paul vom TV 1848 Coburg und zeichnete<br />

ihn als Sportler des Jahres aus. Bereits 1990<br />

begann Norbert Paul in der Leichtathletikabteilung<br />

des VfB Coburg mit dem Laufsport.<br />

Schnell stellten sich die ersten sportli-<br />

chen Erfolge ein und seitdem ist der Läufer<br />

eine feste Sportgröße in der Stadt. "Sie sind<br />

seit Jahren einer der besten Seniorensportler<br />

in Coburg", würdigte Ulmann die Leistungen<br />

des Leichtathleten. Hans-Heinrich Ulmann<br />

betonte in seiner Laudatio, dass Norbert<br />

Paul als sehr ehrgeiziger Sportler gelte, der<br />

sich seine Erfolge mit enormem Trainingsfleiß<br />

verdient habe. Nur so seien die zahlreichen<br />

sportlichen Höchstleistungen über die<br />

vielen Jahre möglich gewesen.<br />

Der mehrfache Bayerische Marathonmeister<br />

sicherte sich viele Plätze bei Straßenläufen<br />

in ganz Deutschland, von Coburg bis zum<br />

Nürburgring und vom Berlin Marathon bis<br />

zum New York City - Marathon. Insgesamt<br />

lief Paul in seiner Karriere als Seniorensportler<br />

elfmal den Marathon unter<br />

2:40 Stunden.<br />

Verletzungsbedingt musste Paul<br />

vor einigen Jahren mit dem<br />

Laufen kürzer treten und widmet<br />

sich seither verstärkt dem Radsport<br />

und dem Duathlon. Durch<br />

einen enorm hohen Trainingsaufwand<br />

stellten sich auch hier<br />

schnell große Erfolge ein. Nachdem<br />

der Leistungssportler bereits<br />

2006 die Senioren-Weltmeisterschaften<br />

im Duathlon erringen<br />

konnte, wurde Pauls 2008 in Geel<br />

(Belgien) erneut Weltmeister über die Langdistanz<br />

in seiner Altersklasse. Im gleichen Jahr<br />

wurde er <strong>Deutsche</strong>r Duathlon-Meister in<br />

Backnang und Bayerischer Duathlon-Meister<br />

in Kehlheim.<br />

Eberhard Fröbel<br />

Heidenheim/Ostalb/Rems-Murr<br />

Die Vorbildfunktion<br />

vorbildlich ausgeführt<br />

Bürgermeister Peter Traub konnte vom<br />

Vorsitzenden der Regionalgruppe Heidenheim/<br />

Ostalb/Rems-Murr Erich Hägele die<br />

Auszeichnung für 40 Jahre Mitgliedschaft<br />

der Stadt Oberkochen in der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> (DOG) entgegennehmen.<br />

Die Stadt Oberkochen unterstützt seit vier<br />

Jahrzehnten nachhaltig die Ideen der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> in<br />

punkto Fair Play, <strong>Olympische</strong> Idee, Völker-<br />

verständigung sowie Kinder-, Jugend- und<br />

Leistungssport.<br />

Mit ihren 16 Sportvereinen könne die Stadt<br />

ein breites Band an Sportarten anbieten;<br />

nicht umsonst werde Oberkochen eine<br />

kinder- und familienfreundliche Stadt<br />

Oberkochens Bürgermeister Peter Traub<br />

(links) nahm die Ehrenurkunde und Ehrenplakette<br />

vom Vorsitzenden Erich Hägele<br />

entgegen.<br />

genannt, erklärte der DOG-Vorsitzende und<br />

ergänzte: "Der Sport verbindet zudem alle<br />

gesellschaftlichen Gruppen." Zudem erklärte<br />

Hägele, dass eine solide Jugendarbeit eine<br />

Grundvoraussetzung für den späteren<br />

Leistungssport sei.<br />

Bürgermeister Peter Traub brachte den Dank<br />

der Stadt für die Ehrenurkunde und Ehrenplakette<br />

zum Ausdruck. Der erfolgreiche<br />

gemeinsame Weg soll auch in Zukunft<br />

fortgesetzt werden.<br />

Miltenberg<br />

Toben und klettern für<br />

Olympia<br />

Dass Bewegung mit den einfachsten Mitteln<br />

möglich ist, zeigt die Kreisgruppe Miltenberg<br />

derzeit eindrucksvoll mit ihrem Bewegungsparcours<br />

für Kindergartenkinder. Die<br />

Vorsitzende der Zweigstelle, Rosi Dauphin,<br />

hatte alle Kindergärten des Landkreises<br />

Miltenberg eingeladen, sich den Bewegungsparcours<br />

vom Collenberger Kindergarten<br />

und der Grundschule anzusehen. Der<br />

Parcours wurde in den Osterferien für drei<br />

Tage mit vielen Ideen aus vorhandenen<br />

Gerätschaften aufgebaut und vom Kindergarten<br />

und der Grundschule genutzt. 14<br />

71


Erzieherinnen kamen der Einladung nach.<br />

Sie informierten sich, wie beispielsweise aus<br />

sechs Holzreifen ein fragiles Häuschen<br />

gebaut werden kann, durch das die Kinder<br />

hindurchklettern können. Bei der geringsten<br />

Berührung fällt es um wie ein Kartenhaus.<br />

Auch weitere Anregungen konnten die<br />

Erzieherinnen aufnehmen, denn Ideen und<br />

Kreativität sind in diesem Zusammenhang<br />

keinerlei Grenzen gesetzt.<br />

Diesen Bewegungsparcours nutzte der<br />

Collenberger Kindergarten Sankt Martin. Für<br />

die rund 70 Kinder der Mäuse-, Raupenund<br />

Sonnenscheingruppe sorgte er für<br />

zusätzliche Bewegung in den Ferien.<br />

Die Kreisgruppe Miltenberg möchte mit<br />

ihrer Aktion sowohl Kindergärten und<br />

Grundschulen als auch Sportvereine zu<br />

mehr "Bewegungserziehung im Zeichen<br />

Olympias" animieren und zeigen, dass dies<br />

ohne großen finanziellen Aufwand möglich<br />

ist. "Es ist erschütternd, dass Kinder teilweise<br />

nicht einmal drei Minuten am Stück<br />

laufen können", berichtet Andrea Read. Die<br />

Mitarbeiterin des Collenberger Kindergartens<br />

spricht aus Erfahrung: Bei einem Drei-<br />

Minuten-Lauf auf dem am Kindergarten<br />

angrenzenden Hartplatz schafften dies nur<br />

zwei Kinder der 15-köpfigen Gruppe.<br />

Bei dem zehn Stationen zählenden Parcours<br />

haben Andrea Read und die Erzieherin<br />

Annika Fürst darauf geachtet, dass die<br />

Kinder in der Halle noch genug Platz haben,<br />

herumzutoben. Und selbst wenn ein Kind<br />

erst einmal nur zuschauen möchte, wird es<br />

auf seinem Beobachtungsposten in Ruhe<br />

gelassen. "Die Kinder sind ganz frei in ihrer<br />

Entscheidung, welche Station sie testen<br />

möchten. Gerade für die Schüchternen unter<br />

ihnen sind diese 90 Minuten gut", betont die<br />

Vorsitzende Rosi Dauphin. Erfahrungsgemäß<br />

tauen diese Kinder auf, wenn sie in Ruhe<br />

gelassen werden. Der Anfang ist gemacht<br />

und alle Beteiligten sind sich einig: Es muss<br />

und wird weitergehen.<br />

Mittelfranken<br />

<strong>Olympische</strong>r Festabend<br />

zum 70. Geburtstag<br />

Die <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> blickt<br />

im Raum Nürnberg auf eine lange und<br />

erfolgreiche Tradition zurück. Dies hat sie<br />

72<br />

auch dem Engagement von Dr. Peter Schönlein<br />

als Vorsitzenderden in Mittelfranken zu<br />

verdanken. Anlässlich des 70. Geburtstages<br />

von Dr. Peter Schönlein gab die Zweigstelle<br />

Mittelfranken am 3. April in den Räumen<br />

des Industriemuseums Tafelhalle einen<br />

Empfang. Der oberste Repräsentant der<br />

DOG, Präsident Harald Denecken, würdigte<br />

das Schaffen von Dr. Peter Schönlein als<br />

große Unterstützung bei der Verbreitung der<br />

<strong>Olympische</strong>n Idee hier in Mittelfranken. Dr.<br />

Thomas Bach, Präsident des <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n Sportbundes ( DOSB ) und<br />

Vorstandsmitglied des Internationalen<br />

<strong>Olympische</strong>n Komitees unterstrich in einer<br />

engagierten Rede das außerordentliche<br />

Wirken der DOG für die Bedeutung des<br />

Sports.<br />

Die DOG schaffe dabei als einzige Mitgliederorganisation<br />

mit Sport als Transportmittel<br />

eine Orientierung der Werte<br />

in einer veränderten <strong>Gesellschaft</strong>.<br />

Die Feier in der Runde<br />

hochkarätiger Gäste aus Sport,<br />

Politik und Wirtschaft, sowie der<br />

<strong>Olympische</strong>n Familie, vertreten<br />

durch Olympioniken wie Karl-<br />

Friedrich Haas; Martin Lauer,<br />

Claus Wolffermann, Jörg Spengler,<br />

Silke Otto oder Max Müller,<br />

verdeutlichte die Bedeutung der<br />

<strong>Olympische</strong>n Spiele und des<br />

Sports an sich für die Völkerver-<br />

bindung über alle trennenden<br />

Grenzen hinweg. Die Bedeutung<br />

wurde u.a. auch unterstrichen<br />

durch die Anwesenheit des<br />

Generalkonsuls der Volksrepublik China,<br />

Hulqun Yang. Eine Reise einer 25-köpfigen<br />

Nürnberger Delegation unter der Leitung<br />

von Dr. Peter Schönlein als Nachlese der<br />

letzten <strong>Olympische</strong>n Spiele stand zu diesem<br />

Zeitpunkt kurz bevor und fand große<br />

Aufmerksamkeit.<br />

Dr. Peter Schönlein wirkt hier vor Ort als<br />

Vorsitzender in besonderer und vielfältiger<br />

Weise. Als ehemaliger Oberbürgermeister<br />

und Gymnasiallehrer habe er sich dabei<br />

stets zum Wohle anderer eingesetzt,<br />

betonte Präsident Harald Denecken in<br />

seinem Grußwort. So ließ er auch das<br />

Schaffen der Zweigstelle im mittelfränkischen<br />

Raum vor vielen Jahren wieder<br />

aufleben. Der besondere Dank galt für<br />

aktuelle außergewöhnliche Veranstaltungen,<br />

wie die <strong>Olympische</strong> Matinee. Die <strong>Olympische</strong>n<br />

Spiele bedeuten nach Aussage Deneckens<br />

mehr als eine kurzzeitige Faszination.<br />

Dr. Thomas Bach, Präsident des <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n Sportbundes und in der<br />

Metropolregion Nürnberg wohnhaft, berichtete<br />

im Anschluss über die grandiose<br />

Organisation der zurückliegenden <strong>Olympische</strong>n<br />

Spiele in Peking. Eine außerordentliche<br />

Gastfreundschaft und friedliche Neugier<br />

prägten diese Spiele im letzten Jahr. Auch in<br />

Hinsicht auf die Organisation der teilnehmenden<br />

Sportler war viel zu leisten. Nach<br />

dem Motto der DOG "Fair geht vor" betonte<br />

Bach immer wieder und mit deutlichen<br />

Beispielen, wie viele Strapazen ein Sportler<br />

über sich ergehen lassen muss, um nicht<br />

nur die sportliche Leistung, sondern auch<br />

die Grundvoraussetzungen für eine Teilnahme<br />

zu erfüllen. Das Bekenntnis zu fairer<br />

Leistung beinhalte viele Tests im Vorfeld, die<br />

das Privatleben der Olympioniken gewaltig<br />

einschränken. Dabei haben es die deutschen<br />

Sportler zudem in besonderem Maße<br />

Steffen Bauersachs, Dr. Thomas Bach, Dr. Peter Schönlein<br />

und Harald Denecken (v.l.).<br />

geschafft, in Peking Sympathie und Leistung<br />

zu verbinden und auszustrahlen. Die grandiosen<br />

Einzelsiege der <strong>Deutsche</strong>n hätten<br />

den Abwärtstrend der deutschen Mannschaft<br />

in Peking gestoppt. Der 6. Platz in der<br />

Medaillenwertung bedeute. "Eine großartige<br />

Botschaft unseres Landes".<br />

Immer wieder betonte der Präsident des<br />

DOSB, dass noch nie in der Sportgeschichte<br />

so viel Know how und Geld in Olympiamannschaften<br />

investiert wurde wie augenblicklich.<br />

Die jeweilige deutsche Olympiamannschaft<br />

rekrutiere sich als Topteam.<br />

Dabei soll zukünftig noch stärker im Bereich<br />

der Sportwissenschaft und der Sportgeräte<br />

weiterentwickelt werden. Zusammen mit<br />

mündigen Athleten, die den Erfolg mit<br />

Sympathie vertreten, werde die <strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> von diesen "Siegertypen"<br />

getragen. Die Verbindung von<br />

Siegeswillen und Sympathie zeige ein


eeindruckendes Bekenntnis zur Leistung.<br />

Leistungssportler zeigten sich in der Regel<br />

auch als besonders leistungsbereite und<br />

fähige Arbeitnehmer. "Leistung macht Spaß"<br />

als Slogan auf den Infobroschüren der DOG<br />

verdeutliche diese Haltung.<br />

Der "saubere Sport" war und ist großes<br />

Anliegen der DOG und des DOSB. Sie stehen<br />

für manipulationsfreien Sport und für den<br />

Kampf gegen Doping jeder Art. Dr. Bach<br />

forderte auch den gnadenlosen Ausschluss<br />

von Ärzten, die Manipulationen unterstützen<br />

oder fördern. Bei Doping wird der jeweilige<br />

Sportler mit den Entsendungskosten für die<br />

<strong>Olympische</strong>n Spiele belastet, wie das jüngste<br />

Beispiel eines westfälischen Reiters verdeutlicht<br />

habe. Der Schutz der Athleten, die<br />

sauberen Sport vertreten, habe oberste<br />

Priorität. Als Vorsitzender der Disziplinarkommission<br />

will Dr. Bach die Hintermänner<br />

stärker zur Verantwortung ziehen und<br />

eliminieren. Er propagiert "stets Null-Toleranz"<br />

und sieht nur so das Ziel des sauberen<br />

Sports. Dr. Bach forderte Anerkennung,<br />

Freude und Beifall für alle sauberen Sportler,<br />

die unter Aufgabe ihrer Privatsphäre große<br />

Strapazen der Kontrolle auf sich nähmen.<br />

Zum Ende seiner Ausführungen würdigte<br />

auch er das Leben Dr. Peter Schönleins für<br />

die <strong>Olympische</strong> Idee. Der <strong>Deutsche</strong> Sport<br />

bräuchte Menschen wie Schönlein, die die<br />

Werte im Sport vermitteln und vertreten.<br />

Nach einem musikalischen Lebenslauf<br />

vorgetragen von Nürnberger Künstlern<br />

bedankte sich Dr. Peter Schönlein in einer<br />

Abschlussrede für die große Verbundenheit<br />

der Anwesenden anlässlich seines 70. Geburtstages.<br />

Vor allem auch bei Dr. Bach, der<br />

"zwar in der Welt zuhause, aber in der<br />

Region beheimatet" sei. Er erinnerte insbesondere<br />

auch an den geschichtlichen Ursprung<br />

der <strong>Olympische</strong>n Spiele, die zunächst<br />

bei den Griechen noch mit großen Einschränkungen<br />

verbunden waren. Vieles ist<br />

dabei besser geworden. Vor allem auch, dass<br />

Frauen zu den Spielen zugelassen wurden.<br />

Ursprünglich waren "<strong>Olympische</strong> Spiele" das<br />

Fest unter Griechen. Heute verbinden sie alle<br />

Völker der Welt. Das olympische Dorf sei ein<br />

einzigartiger Ort der Begegnung und Gelegenheit.<br />

einander zu achten und kennen zu<br />

lernen. Die DOG fühle sich der Völkerverständigung<br />

durch den Sport verpflichtet. Dr.<br />

Peter Schönlein betonte aber auch, dass er<br />

durchaus die Politisierung der <strong>Olympische</strong>n<br />

Spiele sehe. Anschließend wurde er mit der<br />

Silbernen Ehrenplakette der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> ausgezeichnet. Ein<br />

Scheck der DOG als Geschenk zur Weitergabe<br />

an eine Kindertagesstätte unterstrich<br />

zusätzlich das außergewöhnliche Engagement.<br />

Uschi Friedmann<br />

25köpfige<br />

DOG-Delegation in Peking<br />

"Peking im Jahr danach" war das Motto<br />

einer Erkundungs- und Begegnungsreise der<br />

Zweigstelle Mittelfranken im April. Diese<br />

Reise war Ausdruck des Bemühens, dem<br />

olympischen Ideal der Völkerverständigung<br />

zu dienen.<br />

Während Teile der deutschen Medien in den<br />

<strong>Olympische</strong>n Spielen 2008 eine Gelegenheit<br />

zu sehen schienen, alte Vorurteile und<br />

Klischees zu pflegen und neue Feindbilder<br />

aufzubauen, erkannte die Zweigstelle darin<br />

eine Chance, im olympischen Geiste zu<br />

wirken und den Ausrichter der Spiele und<br />

seine europäischen Partner zusammenzubringen.<br />

So kam in der Olympia-Matinee am<br />

20. Juli 2008 nicht nur die deutsche Seite<br />

zu Wort, auch die chinesische Seite hatte<br />

einen Vizedirektor der BOCOG zum Vortrag<br />

nach Nürnberg entsandt.<br />

Die hierbei geknüpften Kontakte und sehr<br />

persönlichen Begegnungen sollten in<br />

diesem Jahre fortgeführt und ausgebaut<br />

werden. Dass es dabei gelang, ein ebenso<br />

vielfältiges wie anspruchsvolles Programm<br />

auf die Beine zu stellen, verdanken die<br />

Teilnehmer den chinesischen Unterstützern:<br />

dem chinesischen Generalkonsul in München,<br />

Huiqun Yang, vor allem aber der<br />

Die Delegation der DOG Mittelfranken vor dem "Vogelnest".<br />

Direktorin der Konfuzius-Instituts Nürnberg-Erlangen,<br />

Dr. Yan Xu-Lackner, die die<br />

Fäden zu den Partnern in Peking knüpfte<br />

und als Mitglied der Delegationsleitung<br />

ganz wesentlich zur erfolgreichen Durchführung<br />

des Reiseprogramms beitrug. So<br />

war die Reisegruppe in Peking Gäste einer<br />

<strong>Gesellschaft</strong> (The chinese People`s Association<br />

for Friendship with foreign Countries),<br />

die sie von der Stunde der Ankunft bis zur<br />

Abreise betreute und begleitete.<br />

Der erste Programm-Schwerpunkt war den<br />

<strong>Olympische</strong>n Spielen gewidmet. Die Besichtigung<br />

der zentralen olympischen Stätten<br />

ließ niemanden unbeeindruckt. Das imposanteste<br />

Bauwerk ist zweifellos das Zentralstadion,<br />

das sog. Vogelnest.<br />

Da der gesamte Innenraum - mit grünem<br />

Teppichboden ausgelegt - begehbar ist,<br />

erhält man einen Eindruck von den gewaltigen<br />

Dimensionen des Baus. Scharen von<br />

ausländischen Touristen, chinesischen<br />

Reisegruppen und Schulklassen aus der<br />

Pekinger Region bevölkern täglich die Arena<br />

und bestaunen die architektonische Konzeption.<br />

In dem vom Nürnberger Architekten<br />

Thomas Glöckner entworfenen Turnstadion<br />

wurde die nacholympische Nutzung bestaunt:<br />

Ein großer japanischer Autobauer<br />

veranstaltete gerade in einer Show die<br />

Präsentation seiner neuesten Modelle. In<br />

der Wandelhalle des Turnstadions ist auch<br />

eines der längsten Wandgemälde weltweit<br />

zu bestaunen, das die gesamte Geschichte<br />

der neuzeitlichen <strong>Olympische</strong>n Spiele<br />

dargestellt. Die bedeutendsten Medaillengewinner<br />

und Sportfunktionäre des IOC sind<br />

darin verewigt, der deutsche IOC-Vizepräsident<br />

Dr. Thomas Bach sogar in herausgehobener<br />

Position. Neben den zentralen Olympia-Stätten<br />

besuchte die Reisegruppe auch<br />

den Triathlon-<br />

Austragungsort<br />

Changping und ließ<br />

sich über die ambitionierten<br />

Pläne für<br />

die Zukunft informieren.<br />

In einer<br />

Aussprache mit dem<br />

früheren Vizedirektor<br />

der BOCOG<br />

wurde erkennbar,<br />

dass ein umfassendes<br />

und wirtschaftlich<br />

überzeugendes<br />

Konzept der nacholympischenNutzung<br />

der Olympia-<br />

73


Anlagen wohl noch nicht in jedem Falle<br />

gefunden wurde. In einem Staat, der wirtschaftlich<br />

und damit finanziell (vergleichsweise)<br />

gut dasteht, dürfte dies jedoch keine<br />

allzu großen Sorgen bereiten.<br />

Vielfältig waren die Begegnungen und<br />

Gespräche mit chinesischen Organisationen<br />

und Institutionen. Zum Empfang mit anschließendem<br />

Bankett und Gesprächen war<br />

die Gruppe schon am Ankunftstag vom<br />

Vizepräsidenten der gastgebenden <strong>Gesellschaft</strong><br />

eingeladen worden, am nächsten Tag<br />

von der Vizebürgermeisterin des Pekinger<br />

Stadtbezirks Changping (Kooperationspartner<br />

der IHK Nürnberg und des Wirtschaftsreferats<br />

der Stadt Nürnberg), des Weiteren vom<br />

amtierenden Präsidenten der Zentrale der<br />

Konfuzius-Institute (mittlerweile über 300<br />

weltweit) und vom Prorektor der Beijing<br />

Foreign Studies University (Partneruniversität<br />

der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-<br />

Nürnberg), wo Dr. Peter Schönlein vor<br />

Professoren und Studenten einen Vortrag<br />

über europäische Geschichte hielt. Die<br />

Aussprache im Anschluss bot beste Möglichkeiten,<br />

die chinesische Sicht auf Europa und<br />

die europäische Sicht auf China zu erörtern.<br />

Das starke und wache Interesse der chinesischen<br />

Studentinnen und Studenten an der<br />

politischen, wirtschaftlichen und kulturellen<br />

Entwicklung in Europa trat dabei eindrucksvoll<br />

zutage.<br />

Abgerundet wurde das Besuchsprogramm<br />

durch einen historisch-kulturellen Teil. Prof.<br />

Li Xuetao, ein anerkannter Forscher auf<br />

dem Gebiet der Missionierung Chinas,<br />

ermöglichte eine Führung durch den<br />

Friedhof der Jesuitenmissionare und eine<br />

Besichtigung der von den Jesuiten im 17.<br />

Jahrhundert errichteten Sternwarte. Eine<br />

Wanderung auf der Großen Mauer bei<br />

Mutianyu vergegenwärtigte die jahrtausend<br />

alte Geschichte Chinas. Es versteht sich vor<br />

selbst, dass ein Gang über den Platz des<br />

Himmlischen Friedens und durch die<br />

Verbotene Stadt sowie der Besuch mehrerer<br />

Tempel und des Sommerpalastes auf dem<br />

Programm standen. Auch eine Aufführung<br />

der Peking-Oper vertiefte die Einblicke in<br />

chinesische Kulturtraditionen. Abschließender<br />

Höhepunkt des kulturellen Teils war<br />

dann der Lieder-Abend mit dem chinesischen<br />

Opernsänger Song-Hu Liu, der bis<br />

zum Sommer 2008 am Staatstheater<br />

Nürnberg engagiert gewesen war. Begleitet<br />

von einem Professor der Pekinger Musikhochschule<br />

begeisterte er mit chinesischen<br />

und deutschen Liedern.<br />

74<br />

So gedrängt die Programm-Abfolge auch war,<br />

blieb doch noch etwas Zeit, um mit der<br />

Rikscha eine Fahrt durch die alten Hutongs zu<br />

unternehmen und der Einladung des Vizedirektors<br />

der Gastgebergesellschaft zu einem<br />

privaten Besuch in der Wohnung seiner<br />

Familie zu folgen. Auf diese Weise wurde nach<br />

so vielen offiziellen Terminen auch ein Einblick<br />

in die privaten Lebensverhältnisse eines<br />

Pekinger Großstadtmenschen ermöglicht.<br />

Zusammengefasst gesagt: Es war eine<br />

Delegationsreise mit einer überwältigenden<br />

Fülle neuer Eindrücke und gewiss eine<br />

Bereicherung der eigenen Erkenntniswelt,<br />

zudem eine Ermutigung, im Geiste der<br />

Völkerverständigung auch künftig engagiert<br />

zu bleiben.<br />

Dr. Peter Schönlein<br />

München<br />

Ein neues Ziel:<br />

Sportpolitisch mitreden<br />

Der Vorstand der Zweigstelle München hat<br />

auf seiner Sitzung Anfang Mai in den<br />

Räumen der Stadtsparkasse weitreichende<br />

Beschlüsse gefasst und auf den Weg gebracht.<br />

Sie beinhalten unter anderem die<br />

Vorstellung der DOG-Führung, für olympisches<br />

Gedankengut, auch im Zusammenhang<br />

mit der Bewerbung um die <strong>Olympische</strong>n<br />

Winterspiele 2018 in München und<br />

Garmisch-Partenkirchen/Schönau, in sportpolitischen<br />

Gremien der Landeshauptstadt<br />

und des Landes zu werben. So wird die<br />

Zweigstelle einen Antrag stellen, Mitglied<br />

des Bayerischen Landessport-Verbands<br />

(BLSV) zu werden. Über ihn soll am 21.<br />

November beim BLSV-Verbandstag entschieden<br />

werden. Dass der Antrag Aussichten<br />

auf Akzeptanz hat, erfuhren der Zweigstellenvorsitzende<br />

Joachim Ebener und sein<br />

Stellvertreter Christian Tröger bei einem<br />

Gespräch mit BLSV-Präsident Günther<br />

Lommer. Dessen Verband ist Mitglied der<br />

Zweigstelle München.<br />

Darüber hinaus unternimmt die Zweigstelle<br />

den Versuch, einen Sitz im Sportbeirat der<br />

Stadt München zu bekommen. Sportamts-<br />

Chef Rudi Behacker (DOG-Mitglied) ermutigte<br />

den Vorstand zu diesem Schritt: "Und<br />

wenn der Versuch nur dazu führt, dass über<br />

die Zusammensetzung des Beirats neu<br />

nachgedacht wird". Derlei scheint notwen-<br />

dig zu sein. So wurde auf der Sitzung<br />

bemängelt, dass der Olympiastützpunkt in<br />

München mit seinem Leiter Klaus Pohlen<br />

(DOG-Mitglied) nicht im städtischen Beratergremium<br />

sitzt.<br />

Des Weiteren hat der Vorstand eine Aktion in<br />

Angriff genommen, ehemalige und möglichst<br />

auch aktive Olympiastarter zum Dialog mit<br />

Jugendlichen in die Hauptschulen zu schicken.<br />

Ein positives Echo fand die auf den<br />

Speerwurf-Olympiasieger Klaus Wolfermann<br />

(DOG-Mitglied) zurückgehende Idee bereits<br />

im Bayerischen Kultusministerium. Zum<br />

Gespräch bereit sind zunächst die folgenden<br />

Ex-Sportler: Maria Epple, Ricco Groß, Lars<br />

Riedel und Fritz Fischer. Gut möglich, dass<br />

sich unter den Gesprächspartner der Sportgrößen<br />

von einst auch junge Sportler befinden,<br />

die für einen Fair Play-Pokal in Frage<br />

kommen. Eine solche Auszeichnung will die<br />

DOG-München erstmals 2010 vergeben.<br />

Michael Gernandt<br />

Odenwald<br />

Rück- und Ausblicke<br />

Ein Hauptziel der Aktivitäten der Kreisgruppe<br />

Odenwald sei das Bemühen, Kinder<br />

schon im Vorschulalter für mehr Bewegung<br />

und für den Sport zu gewinnen, denn nach<br />

wie vor gebe es bei vielen Kindern Übergewichtigkeit<br />

und Defizite in der Koordination,<br />

führte der im vergangenen Jahr neu gewählte<br />

Vorsitzende Johann Weyrich bei der<br />

Jahreshauptversammlung aus. Deshalb habe<br />

die Zweigstelle nach dem Motto "Kinder<br />

bewegen" Patenschaften mit Kindergärten<br />

abgeschlossen, um mit Aktionen den Defiziten<br />

des Nachwuchses gegenzusteuern. Aus<br />

ursprünglich einmal fünf Patenkindergärten<br />

seien mittlerweile elf geworden und man<br />

wolle dieses Netz flächendeckend auf alle<br />

Kommunen ausweiten und hoffe hierbei<br />

auch auf die Unterstützung der Städte und<br />

Gemeinden. Letztlich könnten auch Sportvereine<br />

davon profitieren, die sportliche<br />

Angebote für die Kinder schon im Vorschulalter<br />

vorhalten und diese den Eltern entsprechend<br />

offerieren. Sehr aufschlussreich<br />

und positiv verlaufen sei kürzlich eine<br />

Gesprächsrunde des DOG-Vorstandes mit<br />

den Leiterinnen der Kindergärten.<br />

Ebenso soll die Zusammenarbeit mit den<br />

Schulen fortgesetzt und weiter ausgebaut<br />

werden. Hierzu teilte der dafür im Vorstand


zuständige Manfred Kirschner mit, dass<br />

wieder ein olympischer Wettbewerb im<br />

Hinblick auf die <strong>Olympische</strong>n Winterspiele<br />

2010 am Gymnasium in Michelstadt ausgeschrieben<br />

werden solle und außerdem sei<br />

daran gedacht, die Bundesjugendspiele<br />

durch die Auszeichnung der Besten aller<br />

Schulen aufzuwerten.<br />

Ein Highlight im vergangenen Jahr war<br />

wieder die Aktion "Junge Könner brauchen<br />

Gönner", so der Vorsitzende Weyrich. Mit 27<br />

jungen Sportlerinnen und Sportlern, die<br />

ideell und finanziell unterstützt wurden, sei<br />

eine neue Höchstmarke in der seit 14<br />

Jahren stattfindenden Aktion erreicht<br />

worden. Dank der Spenden und durch die<br />

Mitgliedsbeiträge des Sportförderkreises<br />

sowie zwei Stipendien der HSE konnten<br />

5.000 Euro an Fördermitteln vergeben<br />

Ehrenvorsitzender Hubert Hey (links) erhielt die goldene<br />

Ehrennadel durch den Vorsitzenden Johann Weyrich.<br />

werden. Diese Aktion werde auch in diesem<br />

Jahr fortgeführt. Weiterhin sei die DOG<br />

auch wieder bei der Sportlerehrung des<br />

Kreises, bei gleichartigen Events von Kommunen<br />

und bei bedeutenden Veranstaltungen<br />

von Sportvereinen präsent gewesen<br />

und so solle es auch in diesem Jahr sein.<br />

Nicht aus dem Auge verlieren wolle man die<br />

Integrationsbemühungen von Migrantenkindern<br />

in Sportvereinen in Zusammenarbeit<br />

mit den Städten und Gemeinden.<br />

Auch die Zusammenarbeit mit dem Sportkreis<br />

will die Zweigstelle intensivieren. Die<br />

Bereitschaft von beiden Seiten wurde bei<br />

der Versammlung deutlich durch die Ausführungen<br />

des Vorsitzenden und durch die<br />

Präsenz des neuen Sportkreisvorsitzenden<br />

Klaus-Dieter Neumann und seinen Stellvertretern<br />

Walter Karg und Wolfgang Fröhlich.<br />

Erste Gespräche über eine künftige Zusammenarbeit<br />

sollen bei der nächsten Vorstandssitzung<br />

dem engeren Sportkreisvorstand<br />

geführt werden. Wie Weyrich weiter<br />

ausführte, wolle die Kreisgruppe Odenwald<br />

demnächst eine Homepage unter der<br />

Federführung von Ronny Kelz einrichten.<br />

Gesunken sei die Zahl der Mitglieder von<br />

122 in 2008 auf nun 114. Deshalb wolle<br />

man die Mitgliederwerbung verstärken.<br />

Dagegen verzeichnete der Sportförderkreis<br />

Olympia Odenwald einen Zuwachs von 25<br />

auf jetzt 33 Mitglieder.<br />

In seiner Eigenschaft als Schatzmeister der<br />

DOG und des Sportförderkreises konnte der<br />

Ehrenvorsitzende Hubert Hey von geordneten<br />

Finanzen in beiden Organisationen<br />

berichten. Der Sportförderkreis verfügt<br />

demnach über einen soliden<br />

finanziellen Grundstock. Dem<br />

ehemaligen Sparkassendirektor<br />

Hey bescheinigte Kassenprüfer<br />

Horst Bitsch eine korrekte<br />

Kassenführung und die Entlastung<br />

des Vorstandes erfolgte<br />

einstimmig. Für Hey, der den<br />

Posten des Schatzmeisters nur<br />

übergangsweise im vergangenen<br />

Jahr übernommen hatte, wurde<br />

jetzt Frank Weichel, Geschäftsstellenleiter<br />

der Sparkassenhauptstelle<br />

in Erbach, als neuer<br />

Schatzmeister gewählt.<br />

Weyrich überreichte an Hey für<br />

20jähriges Wirken in der DOG<br />

die Ehrennadel in Gold. Hans-<br />

Joachim Bessert wurde für seine<br />

Verdienste um den Schützenverein Hüttenthal<br />

und in Anerkennung seiner hervorragenden<br />

Leistungen als Schütze mit dem<br />

Ehrenpreis der DOG ausgezeichnet. In den<br />

Grußworten des Erbacher Bürgermeisters<br />

Harald Buschmann, der CDU-Landtagsabgeordneten<br />

Judith Lannert und des Sportkreisvorsitzenden<br />

Klaus-Dieter Neumann kam<br />

durchweg Lob und Anerkennung für die<br />

Aktivitäten der Kreisgruppe zum Ausdruck.<br />

Kindergartenaktion wird<br />

fortgesetzt<br />

Zum Erfahrungsaustausch unter den Patenkindergärten<br />

der Kreisgruppe Odenwald<br />

hatte der Vorsitzende Johann Weyrich jetzt<br />

nach Michelstadt eingeladen. Es war der<br />

dritte Treff dieser Art im Laufe von fünf<br />

Jahren aktiver DOG-Arbeit für mittlerweile<br />

zehn Kindergärten im Odenwaldkreis unter<br />

dem Slogan "Kinder bewegen". Begonnen<br />

hatte seinerzeit diese Aktion mit den Aktivitäten<br />

des Kindergartens "Flohzirkus" in<br />

Michelstadt - mittlerweile unter der Führung<br />

von Christina Schuller, die zugleich als<br />

Geschäftsführerin für die Kreisgruppe<br />

Odenwald fungiert.<br />

Die Gesprächsrunde wurde jetzt von der<br />

koordinierenden Leiterin der Michelstädter<br />

Kindergärten, Anni Resch, eingeleitet. Mit<br />

ihren interessanten Ausführungen konnte sie<br />

über die eigenen Erfahrungen mit dem<br />

Bewegungsverhalten der Kinder berichten.<br />

Fortgesetzt wurde die Runde durch die<br />

erprobte und bekannte Marathonläuferin<br />

Kathrin Dörre Heinig. Im Fokus der Probleme<br />

stand dabei die notwendige Mithilfe der Eltern<br />

in allen Erziehungsfragen der Kindergärten.<br />

Von sehr positiven Erfahrungen konnte<br />

Christina Schuller mit der Motivation der<br />

Eltern für ein gesundes Frühstück der Kinder<br />

(Müsli-Speisen, Quark und Obst) berichten.<br />

Diese Sättigungsstoffe mit gutem Nährwert<br />

sollten anstatt Süßigkeiten und Fetten den<br />

Kindern vermehrt zugeführt werden.<br />

Überzeugt und einig waren sich die Teilnehmer<br />

darin, dass nach den ersten Bewegungsübungen<br />

in den Kindergärten, die<br />

Kinder zu den örtlichen Sportvereinen als<br />

neue junge Mitglieder zu überführen, so<br />

dass in enger Kooperation mit den Schulen<br />

konstante und bewegungsaktive Kinderjahre<br />

entstehen und damit der Übergewichtigkeit<br />

vorgebeugt wird.<br />

Der Vorsitzende Weyrich unterstrich die<br />

Absicht, die Arbeit in den Kindergärten im<br />

Sinne der <strong>Olympische</strong>n Idee nach dem<br />

Beispiel seines Vorgängers Hubert Hey aktiv<br />

fortzusetzen. Im Odenwald werden die<br />

Kindergärten regelmäßig zu öffentlichen<br />

Bewegungsstunden eingeladen und mit<br />

kleinen finanziellen Hilfen des Sportförderkreises<br />

Olympia Odenwald e.V. unterstützt.<br />

Auch für den Weltkindertag <strong>2009</strong>, regelmäßig<br />

am 20. September, wurde den Kindergärten<br />

wie auch in den Vorjahren die Einladung<br />

der Eltern zu den eingeübten Bewegungsstunden<br />

der Kindergärten empfohlen.<br />

Beteiligt haben sich auch die Odenwälder<br />

Kindergärten am bundesweiten Treffen in<br />

Karlsruhe. Für eine gesunde Erziehung bei<br />

75


den Eltern eintreten und die Kinder schon im<br />

Kindergarten für den Sport zu interessieren<br />

und sie frühzeitig in die Obhut der Übungsleiter<br />

der Vereine zu überführen, dass soll<br />

auch in diesem Jahr zu den Hauptaufgaben<br />

der Kreisgruppe zählen.<br />

Das rege Diskussionsgespräch mit den<br />

Erzieherinnen zeigte ein großes Interesse<br />

durch die Kindergärten. Ziel sei es nach wie<br />

vor, so der Vorsitzende Johann Weyrich, den<br />

Kontakt mit den Odenwälder Kindergärten<br />

auf 15 Gemeinden zu erweitern.<br />

Gerd Waßner<br />

Schwarzwald-Bodensee<br />

Zahlreiche Sportler in<br />

Tuttlingen geehrt<br />

Traditionell hat Herr Oberbürgermeister<br />

Michael Beck auch in diesem Jahr zur<br />

Sportlerehrung eingeladen. Insgesamt 48<br />

Einzelathleten wurden für ihre 137 Erfolge<br />

auf Landes- und Bundesebene bis hin zur<br />

Teilnahme an Europa- und Weltmeisterschaften<br />

geehrt. Zusätzlich würdigte man<br />

neun Mannschaften mit insgesamt zehn<br />

Erfolgen. Als Geschenk erhielten die Sportler<br />

eine Urkunde sowie eine Ehrengabe der<br />

Stadt und des Stadtverbandes für Sport e.V.<br />

Die Gäste wurden durch das bunte Rahmenprogramm<br />

mit Akrobatik, Show und Comedy<br />

abwechslungsreich unterhalten. Es traten auf<br />

die Lucky Hands, die Dream Boys des TV<br />

Nellingen mit den Sahneschnittchen, das<br />

Sport-Aerobic-Team des TV Villingen sowie die<br />

Akro-Girls des TV Uhingen und die Schlangenfrau<br />

Nina mit ihrer Show "Golden Eye".<br />

Die Sportler des Jahres 2008 wurden wieder<br />

von den Lesern der örtlichen Zeitung<br />

gewählt. Sportlerin des Jahres wurde die<br />

Leichtathletin Nicola Neumann von der LG<br />

Tuttlingen-Fridingen, Sportler des Jahres<br />

darf sich der beliebte Ringer Florian<br />

Schwarz vom ASV Nendingen nennen. Als<br />

die Mannschaft des Jahres wurde die<br />

3x800m-Staffel der LG Tuttlingen-Fridingen<br />

mit Nicola Neumann und den Schwestern<br />

Tamara und Vanessa Stocker geehrt.<br />

Den Sport-Anerkennungspreis 2008 für<br />

besondere Verdienste um den Sport erhielt<br />

Thomas Waizenegger und der Sport-Ehrenpreis<br />

2008 ging für wiederholte hervorra-<br />

76<br />

gende Leistungen an Matthias Schwierz.<br />

Über den Jugend-Sportförderpreis, welcher<br />

an besonders talentierte Nachwuchstalente<br />

zur Förderung der weiteren sportlichen<br />

Entwicklung vergeben wird, durften sich<br />

dieses Mal die Fechterin Viviane Kirschbaum<br />

und die Inlinesportlerin Alessandra Veit,<br />

beide von der TG Tuttlingen, freuen.<br />

Eine weitere Besonderheit stellten in diesem<br />

Jahr die Auszeichnungen der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> dar. <strong>2009</strong> wurden<br />

diese im Rahmen der Sportlerehrung<br />

erstmalig auch an Personen aus dem gesamten<br />

Bezirksgebiet Schwarzwald-Bodensee<br />

vergeben. Oberbürgermeister Beck<br />

anerkannte in seiner Funktion als Vorsitzender<br />

der Zweigstelle Schwarzwald-Bodensee<br />

der DOG die Arbeit der "Stillen Helfer des<br />

Sports". So erhielt Herr Sigisbert Ackermann<br />

aus dem Sportkreis Rottweil die "Plakette<br />

für besondere Leistungen im Sport und der<br />

<strong>Olympische</strong>n Idee". Aus dem Sportkreis<br />

Tuttlingen wurde diese an Frau Charlotte<br />

Deutschkämer, Herrn Pius Gaspar und Herrn<br />

Klaus Reichle verliehen.<br />

Weiterhin zeichnete er Herrn Erich Koch,<br />

Herrn Peter Emmering und Herrn Dieter<br />

Franke, ebenfalls alle aus dem Sportkreis<br />

Rottweil, mit der goldenen Ehrennadel aus.<br />

Sie alle haben sich über einen längeren<br />

Zeitraum hinweg um die <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong><br />

<strong>Gesellschaft</strong> besonders verdient gemacht.<br />

Die goldene Ehrennadel für DOG-Jubilare<br />

ging an Herrn Dr. Peter Schablowski, der<br />

bereits seit 50 Jahren Mitglied der DOG ist<br />

und schließlich an die Stadt Tuttlingen für<br />

40jährige Mitgliedschaft.<br />

Stadt Tuttlingen<br />

Südniedersachsen<br />

Rainer Hald ist neuer<br />

Vorsitzender<br />

Rainer Hald wurde zum neuen Vorsitzenden<br />

der Bezirksgruppe Südniedersachsen gewählt.<br />

Der 51-Jährige, seines Zeichens<br />

Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Göttingen,<br />

wurde auf der außerordentlichen<br />

Mitgliederversammlung einstimmig gewählt<br />

und tritt die Nachfolge von Gerhard Scharner<br />

an. Der Vorgänger war auch gleichzeitig<br />

der erste Gratulant und wünschte seinem<br />

Nachfolger sogleich: "Viel Erfolg mit einer<br />

hervorragenden Mannschaft." Scharner,<br />

dessen Amtszeit eigentlich noch bis 2011<br />

lief, hatte aus Altersgründen nach "vier<br />

Olympiaden" an der Spitze der Bezirksgruppe<br />

seinen Rückzug aus dem Vorstand<br />

erklärt. Auf Antrag von Vorstandsmitglied<br />

Wolfgang Buss bekam Scharner, begleitet<br />

von stehenden Ovationen, den Ehrenvorsitz<br />

verliehen. In seiner Laudatio würdigte Buss<br />

die Stationen und Erfolge des seit 1993<br />

amtierenden langjährigen Vorsitzenden: "Er<br />

war immer ein Mann des Sports".<br />

Vor allem die Reisen zu den <strong>Olympische</strong>n<br />

Spielen seien ein Markenzeichen in der<br />

DOG-Ära von Gerhard Scharner gewesen. Er<br />

habe stets für und mit den Menschen vor<br />

Ort das Leben gestaltet und damit den<br />

besonderen Charakter der DOG geprägt. In<br />

Scharners Amtszeit sei es ihm gelungen, die<br />

Bezirksgruppe Südniedersachsen zur zweitgrößten<br />

Zweigstelle innerhalb Deutschlands<br />

zu machen. "Zum Glück bleibst du uns ja<br />

weiterhin erhalten", freute sich Wolfgang<br />

Buss. Scharner, der als Gewinner eines<br />

Kicker-Preisausschreibens 1960 in Rom das<br />

erste Mal olympische Luft schnupperte,<br />

hatte in seinem Bericht erklärt, er wolle<br />

nicht wie der ehemalige IOC-Präsident Juan<br />

Antonio Samaranch zu lange an seinem<br />

Amt festhalten und lieber den Weg für<br />

einen Generationenwechsel freimachen.<br />

Der neue Mann an der DOG-Spitze ist<br />

ebenfalls ein passionierter Sportler. Hald hat<br />

sich für seine erste Amtszeit drei Schwerpunkte<br />

gesetzt. Er möchte das erfolgreiche<br />

DOG-Patenschaftenprogramm für junge<br />

Sportler aus der Region fortsetzen, den<br />

olympischen Gedanken noch stärker an die<br />

Öffentlichkeit tragen und den Verein insbesondere<br />

für die so genannten "mid-ager",<br />

also 30- bis 50-Jährige öffnen. Sein Motto:<br />

"Wir lieben Sport". Bei den Zuwahlen wurden<br />

Hans-Georg Halve (DOG-Patenschaften),<br />

Henrik Schaper (Pressesprecher) und Rüdiger<br />

Grunewald (Aktion Kinder bewegen) in den<br />

erweiterten Vorstand aufgenommen.<br />

Im Anschluss informierten Alexander Frey<br />

und Veit Hesse von der Göttinger Sport und<br />

Freizeit GmbH die Mitglieder über den<br />

aktuellen Stand der Mission Olympic Bewerbung.<br />

"Wir haben bereits jetzt gewonnen",<br />

sagte Veit Hesse, der alleine von den DOGlern<br />

über 1000 Bewegungspunkte beim<br />

Festival des Sports vom 13. bis 15. Juni<br />

erwartet.<br />

Henrik Schaper


Nachrichten der DOA<br />

„Biebricher Schlossgespräche“<br />

Gelungene Premiere einer neuen<br />

Veranstaltungsreihe<br />

"Unserer Anliegen ist es, im Blick auf drängende<br />

und übergreifende Fragen des Sports<br />

miteinander ins Gespräch zu kommen." Mit<br />

diesen Worten begrüßte Vorstandsmitglied<br />

Ingo-Rolf Weiss im Namen der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n Akademie (DOA) die zahlreichen<br />

Gäste, die am 15. Mai der Einladung ins<br />

Wiesbadener Schloss Biebrich gefolgt waren,<br />

um sich mit dem Leistungsgedanken in Sport<br />

und <strong>Gesellschaft</strong> zu beschäftigen.<br />

Auch und nicht zuletzt das engagierte<br />

Fachpublikum leistete seinen Beitrag zu einer<br />

gelungenen Premiere einer gemeinsamen<br />

Veranstaltungsreihe von DOA und hessischer<br />

Landesregierung, die unter dem beziehungsreichen<br />

Titel "<strong>Gesellschaft</strong> in Bewegung" im<br />

wunderbaren Ambiente hochherrschaftlicher<br />

Räumlichkeiten auch in Zukunft entsprechende<br />

Akzente setzen möchte. Dem besonderen<br />

Anliegen entspricht es dabei, das Phänomen<br />

Sport nicht isoliert, sondern explizit in seinen<br />

gesellschaftlichen, sozialen, ökonomischen<br />

und kulturellen Bezügen zu betrachten.<br />

In diesem Sinne war auch kein Sportwissenschaftler,<br />

sondern der Tübinger Moraltheologe<br />

Dietmar Mieth um das erste Wort und eine<br />

Betrachtung über die Perspektive der Leistungsgesellschaft<br />

gebeten worden, wobei er<br />

vor dem Hintergrund akuter Krisenerscheinungen<br />

sowohl deren Risiken und Nebenwirkungen<br />

als auch deren Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten<br />

thematisierte.<br />

Andreas Höfer im Gespräch mit Meike Freitag, Cornelia<br />

Hanisch, Edgar Itt und Roland Baar (von rechts).<br />

Anschließend wartete der vielfach ausgewiesene<br />

Darmstädter Soziologe Michael Hartmann<br />

mit einer höchst differenzierten und<br />

kritischen Analyse des Elitegedankens auf, die<br />

in einem Podiumsgespräch mit dem Hessischen<br />

Schulsportrefernten Thomas Hörold<br />

sowie dem Rektor der Wiesbadener Elly-<br />

Heuss-Schule, Reinhard Rzytki, weiter vertieft<br />

wurde. Dabei ging es<br />

nicht zuletzt um die<br />

Frage, ob und wie<br />

gerade die Schule<br />

der - empirisch<br />

nachgewiesenen -<br />

Benachteiligung<br />

Jugendlicher aus<br />

sozial unterprivilegierten<br />

Familien<br />

wirksam begegnen<br />

und spezifische<br />

Talente der Betroffenen<br />

trotz problematischer<br />

Mitgift<br />

langfristig zur<br />

Geltung bringen<br />

kann.<br />

Großen Beifall fand auch die ebenfalls höchst<br />

anregende und kritische Analyse von Eike<br />

Emrich zu "Strukturen, Defiziten, Perspektiven"<br />

des Leistungssports in Deutschland,<br />

zumal der renommierte Sportwissenschaftler<br />

der Universität Saarbrücken die Materie aus<br />

vielfältiger praktischer Erfahrung, unter<br />

anderem als Vizepräsident des <strong>Deutsche</strong>n<br />

Leichtathletik-Verbandes kennt. Zu seinen<br />

zunächst überraschenden, dann gut nachvollziehbaren<br />

Befunde zählte etwa, dass sich eine<br />

frühe Spezialisierung und frühe Förderung<br />

talentierter Sportlerinnen und<br />

Sportler im Blick auf den ganz<br />

großen Erfolg potentiell als<br />

kontraproduktiv erweist. Wie<br />

angesichts solcher und anderer<br />

Systemfehler tatsächlich Abhilfe<br />

zu schaffen ist, blieb allerdings<br />

eine offene Frage.<br />

Praxisnah und zugleich auf<br />

hohem Niveau reflektierend<br />

waren auch die Ausführungen<br />

von Roland Baar, Meike Freitag,<br />

Cornelia Hanisch und Edgar Itt. In der von<br />

DOA-Direktor Andreas Höfer moderierten<br />

Abschlussrunde berichteten die ehemaligen<br />

Spitzenathleten über ihre Einstellung zum<br />

Leistungsprinzip und entsprechende Erfahrungen<br />

beim Übergang von sportlicher<br />

Karriere ins "Leben danach". Der vielfache<br />

Ruder-Weltmeister Roland Baar, für einige<br />

Interessiertes Publikum, wunderbares Ambiente<br />

Jahre auch als Athleten-Vertreter im IOC, wies<br />

etwa darauf hin, dass man auch nach einer<br />

großen Karriere im Sport im Berufsleben in<br />

der Regel bei Null, gleichsam als "Praktikant"<br />

beginnen und sich aufs Neue durch Leistung<br />

für höhere Aufgaben qualifizieren müsse. Alle<br />

Athleten bestätigten, dass sie sich ihrer<br />

Vorbildfunktion bewusst gewesen seien und,<br />

wie etwa Fecht-Olympiasiegerin Cornelia<br />

Hanisch, dieser auch in ihrem beruflichen<br />

Wirken - als Lehrerin - gerecht werden<br />

wollen. Der frühere 400-Meter-Hürdenläufer<br />

Edgar Itt unterstrich, wie offen junge Menschen<br />

für seine Erfahrungen und Anregungen<br />

sind, die er als Motivationscoach inzwischen<br />

professionell weitergibt.<br />

Auch wenn - nein, gerade weil im Rahmen<br />

einer Tagesveranstaltung zu einem solcherart<br />

anspruchsvollen Thema naturgemäß nicht<br />

alle relevanten Fragen aufgeworfen, geschweige<br />

denn erschöpfend beantwortet<br />

werden konnten, waren sich alle Beteiligten<br />

einig, dass der Auftakt Lust auf mehr gemacht<br />

hat. Dies bestätigte auch Heinz Zielin-<br />

77


ski, Abteilungsleiter im Hessischen Ministerium<br />

des Innern und für Sport, der im Namen<br />

der Landesregierung bekräftigte, gemeinsam<br />

mit der DOA auf dem eingeschlagenen Weg<br />

weitergehen zu wollen.<br />

„Olympia ruft: Mach mit!“<br />

Auszeichnung für Schulprojekte<br />

Im Rahmen der ersten "Biebricher Schlossgespräche"<br />

am 15. Mai in Wiesbaden wurde die<br />

Ehrung der ausgezeichneten Schulen des<br />

DOA-Wettbewerbs "Olympia ruft: Mach mit!"<br />

vorgenommen. Aus knapp 100 begutachteten<br />

Dokumentationen olympiabezogener Projekte<br />

an deutschen Grundschulen im Olympiajahr<br />

2008 wurden folgende Schulen mit einem<br />

ersten Preis und einem Preisgeld von je 500<br />

Euro ausgestattet. Die Friedrich-Reimann-<br />

Grundschule in Zeulenrode, die Katholische<br />

Grundschule Leuth in Nettetal, die Johann-<br />

Heinrich-Büttner-Schule in Altenheim und<br />

die Grundschule Niederbrombach und erhielten<br />

je 500 Euro. Die Vertreter der Schulen -<br />

im Bild von links nach rechts: Steffi Hetzheim,<br />

Lohn und Ansporn: Steffi Hetzheim, Hans-Alfons<br />

Tobrock, Oliver Bensch und André Scherer mit Urkunde<br />

und Scheck (von links).<br />

Hans-Alfons Tobrock, Oliver Bensch und<br />

André Scherer - nahmen den Scheck gerne<br />

entgegen und versprachen, sich auch zukünftig<br />

an ihren Einrichtungen im Sinne der<br />

<strong>Olympische</strong>n Erziehung zu engagieren.<br />

P.S.: Auszeichnungen und Zuwendungen in<br />

Höhe von 200 beziehungsweise 100 Euro<br />

erhielten die Berliner Kiekemal-Grundschule,<br />

die Grundschule Olbersdorf, die Friedrich-<br />

Engels-Schule in Meerane, die Grundschule<br />

Birkenfeld, die Albert-Schweitzer-Schule in<br />

Bargteheide, die gleichnamige Schule in<br />

Frankenthal, die Zwickauer Schule am<br />

Windberg sowie die Tabaluga-Förderschule in<br />

Leinefelde-Worbis.<br />

78<br />

<strong>Olympische</strong>r<br />

Internationalismus<br />

DOA unterstützt Mainzer Symposium<br />

Mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 16<br />

Ländern löste ein Symposium am 22. Mai an<br />

der Universität Mainz einen thematischen<br />

Anspruch ein, der zudem durch Vorträge eines<br />

wirklich illustren Expertenkreises und entsprechende<br />

Diskussionen auch inhaltlich zum<br />

Tragen kam. Schon von daher unterstützte die<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> gerne die<br />

Initiative von Prof. Holger Preuß, die ebenfalls<br />

vom Innenministerium und dem Zentrum für<br />

Interkulturelle Studien der Johannes Gutenberg<br />

Universität gefördert wurde.<br />

Besonders reizvoll war der Ansatz, das Thema<br />

"Internationalismus in der <strong>Olympische</strong>n<br />

Bewegung" nicht von einer gleichsam höheren<br />

Warte aus, sondern vor dem Hintergrund<br />

verschiedener nationaler und kultureller<br />

Bezüge aus unterschiedlichen Perspektiven zu<br />

betrachten. So trugen die Referenten aus<br />

Brasilien, Korea, den USA, Kanada, Großbritannien,<br />

Österreich, Griechenland,<br />

Algerien und Deutschland zu<br />

einem bunten und facettenreichen<br />

Bild bei, das - ganz im Sinne<br />

der <strong>Olympische</strong>n Idee - den<br />

Mehrwert eines internationalen<br />

und interkulturellen Austausch<br />

unter Beweis stellte.<br />

Zu den Vortragenden zählten<br />

auch Prof. Dr. Roland Naul<br />

(Universität Essen-Duisburg), der<br />

über internationale Aspekte der<br />

<strong>Olympische</strong>n Erziehung referierte<br />

sowie DOA-Vorstandsmitglied Dr.<br />

h.c. Klaus Schormann, dessen<br />

Ausführungen sich auf sportliche<br />

und interkulturelle Aspekte der <strong>Olympische</strong>n<br />

Jugendspiele bezogen.<br />

<strong>Olympische</strong> Erziehung beim<br />

<strong>Deutsche</strong>n Turnfest<br />

Wie viele andere Einrichtungen des deutschen<br />

Sports hat auch die <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong><br />

Akademie (DOA) die Gelegenheit genutzt und<br />

sich und ihre Arbeit im Rahmen des <strong>Deutsche</strong>n<br />

Turnfestes präsentiert. Dabei wurden<br />

insbesondere Projekte und Programme zur<br />

<strong>Olympische</strong>n Erziehung vorgestellt.<br />

In der "Info-Markthalle" war die DOA mit<br />

ihrer großen Präsentationswand und einem<br />

Infostand vertreten. Dort waren nicht nur<br />

Materialien und Publikationen verfügbar. Der<br />

interessierte Besucher fand auch eine Ausstellung<br />

sowie verschiedene Filme zum<br />

Thema. Zum Mitmachen regte ein Olympiaquiz<br />

sowie das interaktive Computerspiel<br />

"Wer wird Olympionär" ein - zwei Angebote,<br />

die schon bei verschiedenen Veranstaltungen,<br />

zuletzt bei "Jugend trainiert für Olympia"<br />

großen Zuspruch erfuhren.<br />

Im Rahmen des Turnfest-Kongresses veranstaltete<br />

die DOA zudem ein Podiumsgespräch<br />

zur Frage, ob und inwieweit die olympischen<br />

Werte eine Orientierung zu einer guten<br />

Entwicklung von Kindern und Jugendlichen<br />

zu liefern vermögen: "The Olympic Values: A<br />

Guideline to a Sound Development of Children<br />

an Youth?" Das Impulsreferat hielt der<br />

vielfach ausgewiesene Experte zum Thema,<br />

Prof. Dr. Roland Naul (Universität Essen-<br />

Duisburg). Das Podium fand am Donnerstag,<br />

dem 4. Juni, 11 bis 12.30 Uhr. Der Kongressort<br />

ist die Industrie- und Handelskammer, Börsenplatz<br />

4, in der Frankfurter Innenstadt.<br />

Fit für Olympia<br />

Vorbereitung der IOA-Fahrerinnen<br />

Es entspricht einer guten Tradition und dem<br />

Anspruch der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Akademie,<br />

die deutschen Teilnehmerinnen und<br />

Teilnehmer an der Veranstaltungen der<br />

Internationalen <strong>Olympische</strong>n Akademie (IOA)<br />

nicht nur gut auszuwählen, sondern auch<br />

gezielt auf das besondere Erlebnis im griechischen<br />

Olympia vorzubereiten. Dies betrifft<br />

insbesondere diejenigen, die im Namen<br />

Deutschlands an den jährlichen Hauptsessionen<br />

"for young participants" teilnehmen, wo<br />

sie auf etwa 200 Mitstudenten aus circa 100<br />

Ländern treffen werden.<br />

Die gute Betreuung, die auch eine viertägige<br />

"Vortour" durch einige der berühmten archäologischen<br />

Stätten Griechenlands umfasst, zahlt<br />

sich im übrigen auch insofern immer wieder<br />

aus, als sich die Betreffenden nach ihrer IOA-<br />

Teilnahme vielfach langfristig für die Belange<br />

der <strong>Olympische</strong>n Idee engagieren und sich<br />

dem großen Kreis ehrenamtlicher Unterstützer<br />

der DOA und ihrer Anliegen anschließen.<br />

In diesem Jahr wurde die Vorbereitung der<br />

auserwählten Studierenden der Universitäten<br />

Regensburg und Bayreuth sowie der <strong>Deutsche</strong>n<br />

Sporthochschule Köln (siehe Bild) in


Verbindung mit der DOA-Veranstaltung im<br />

Wiesbadener Schloss Biebrich (siehe oben)<br />

vorgenommen. Zudem beschäftigten sich die<br />

Teilnehmerinnen mit historischen und aktuel-<br />

Vorfreude auf Olympia: Simona Sommer<br />

(Regensburg), Alexandra Kolier (Köln) und<br />

Vanessa Reuter (Bayreuth) (von links).<br />

len Fragen der <strong>Olympische</strong>n Bewegung sowie<br />

entsprechenden Aspekten der <strong>Olympische</strong>n<br />

Erziehung.<br />

Wie die Berichte der Rückkehrer immer<br />

wieder bestätigen, bedeutet die Teilnahme an<br />

einer IOA-Session nicht nur einen großen<br />

fachlichen Input, sondern wird auch als eine<br />

besondere Lebenserfahrung wahrgenommen.<br />

„Mein Olympia“<br />

Ein Literaturwettbewerb<br />

Wie bereits in der letzten <strong>Ausgabe</strong> der "DOA-<br />

Informationen" berichtet, führt die <strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Olympische</strong> Akademie im Auftrag des <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n Sportbundes einen vom<br />

Internationalen <strong>Olympische</strong>n Komitee angeregten<br />

Wettbewerb für junge Literaten durch,<br />

deren Siegerinnen und/oder Sieger mit ihren<br />

Arbeiten auf internationaler Ebene antreten.<br />

Der Wettbewerb ist für Schülerinnen und<br />

Schüler in zwei Altersgruppen ausgeschrieben:<br />

Bis elf Jahre und bis 18 Jahre. Stichtag<br />

ist jeweils der 31. August <strong>2009</strong>.<br />

Zugelassen sind Prosatexte (Erzählung,<br />

Kurzgeschichte, Aufsatz), die einen Umfang<br />

von vier DIN-A4-Seiten nicht überschreiten.<br />

Die eingereichten Arbeiten sollen der übergeordneten<br />

Thematik "Mein Olympia: Ein Sport-<br />

Erlebnis", also etwa den Aspekten Wettkampf,<br />

Leistung, Fairplay oder Freundschaft gewidmet<br />

sein und dabei auch eigene Erlebnisse,<br />

Erfahrungen und Meinungen widerspiegeln.<br />

Die Arbeiten müssen - in elektronischer Form<br />

(Word-Dokument) -bis zum 17. Juli <strong>2009</strong> bei<br />

der DOA eingegangen sein. Die Begutachtung<br />

der eingerechten Texte obliegt einer fachkundigen<br />

Jury.<br />

Die Gewinner der 1. Preise der beiden Alterskategorien<br />

erhalten eine wertvolle vom IOC<br />

gestiftete Trophäe, die Zweit- und Drittplatzierten<br />

Sachpreise. Weitere Auszeichnungen<br />

durch das IOC winken den Siegerarbeiten im<br />

Rahmen der internationalen Ausscheidung.<br />

Die Ausschreibung ist in vollem Wortlauf auf<br />

der homepage der DOA abrufbar.<br />

Lehrerfortbildung in Inzell<br />

Für die Lehrerfortbildungsmaßnahme der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Akademie im Feriendorf<br />

Inzell des Bayerischen Landessportverbandes<br />

vom 29. August bis 3. September sind<br />

noch einige Restplätze zu vergeben. Die<br />

Ausschreibung zu der Veranstaltung mit dem<br />

Thema "Erziehung zu Leistung, Fairplay und<br />

gegenseitiger Achtung" richtet sich in diesem<br />

Jahr an Lehrerinnen und Lehrer der Eliteschulen<br />

des Sports sowie der sportbetonten<br />

Schulen. Anmeldungen nimmt die DOA noch<br />

kurzfristig entgegen. Die Ausschreibung<br />

findet sich auf der DOA-Homepage.<br />

Olympia vor Ort<br />

DOA-Studienreise nach Griechenland<br />

Olympia kann überall sein, doch eigentlich liegt<br />

es in Griechenland. Es ist der Austragungsort<br />

der <strong>Olympische</strong>n Spiele der Antike und eine<br />

touristische Attraktion eigener Art. Diesen<br />

besonderen historischen Ort sowie einige<br />

andere der berühmten archäologischen Stätten<br />

Griechenlands will die <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong><br />

Akademie interessierten Vertreterinnen und<br />

Vertretern ihrer Mitgliedsorganisationen im<br />

Rahmen einer Studienreise näher bringen.<br />

So steht auf dem Programm einer vom 5. bis<br />

13. September <strong>2009</strong> geplanten Maßnahme<br />

unter anderem der Besuch von Korinth, Delphi.<br />

Epidaurus und Mykene, wo die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer fachkundige Führungen<br />

erwarten. Bei dieser Gelegenheit wird auch<br />

eine intensive Beschäftigung mit dem Sport in<br />

Antike und Gegenwart mit seinen historischen,<br />

gesellschaftlichen und kulturellen Implikationen<br />

erfolgen.<br />

Konkrete Informationen und Teilnahmebedingungen<br />

sind bei der DOA-Geschäftsstelle zu<br />

erfragen.<br />

<strong>Olympische</strong>s<br />

Jugendlager 2010<br />

Die Vorbereitungen für die Durchführung<br />

eines nationalen Jugendlagers anlässlich der<br />

<strong>Olympische</strong>n Winterspiele in Vancouver<br />

laufen weiter auf vollen Touren. Nachdem mit<br />

der "Copperdome Lodge" in Pemberton,<br />

unweit von Whistler, dem Austragungsort der<br />

olympischen Schneewettbewerbe, ein hervor-<br />

Olympia hautnah: Das Quartier für das<br />

Jugendlager 2010.<br />

ragend geeignetes Quartier gefunden wurde,<br />

arbeitet die <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> Akademie<br />

in Verbindung mit der <strong>Deutsche</strong>n Sportjugend<br />

sowie den Fachverbänden für den Wintersport<br />

nun an der Ausgestaltung des Programms<br />

sowie den logistischen Notwendigkeiten.<br />

Vor diesem Hintergrund ist in Bälde<br />

mit der Veröffentlichung der Ausschreibung<br />

zu rechnen. Entsprechende Informationen<br />

finden sich auch auf der DOA-Homepage.<br />

79


<strong>Deutsche</strong>s Sport & Olympia Museum<br />

Herausgeber: <strong>Deutsche</strong>s Sport & Olympia Museum Jahrgang 29 - Heft 3/<strong>2009</strong><br />

Im Zollhafen 1, 50678 Köln, Tel.: +49 (0)221 3 36 09-0<br />

Verantwortlich für den Inhalt: Klaus H. Schopen<br />

Internet: www.sportmuseum.info<br />

LVR-IntegraTour<br />

Die "LVR-IntegraTour <strong>2009</strong>" des Landschaftsverbandes<br />

Rheinland (LVR) hat ihr<br />

"Bergfest" in Köln gefeiert. Dazu kamen am<br />

30. April <strong>2009</strong> über 500 Schülerinnen und<br />

Schüler zum <strong>Deutsche</strong>n Sport & Olmpia<br />

Museum. An der fünften Auflage des<br />

rheinischen Staffellaufs für die Integration<br />

von Menschen mit Behinderung beteiligten<br />

sich insgesamt über 3000 Kinder und<br />

Jugendliche. Ihre über 800 Kilometer lange<br />

Strecke führte sie bis nach Xanten, wo am<br />

16. Mai <strong>2009</strong> der zwölfte "LVR-Tag der<br />

Die Schirmherrin der LVR-IntegraTour, Angelika Rüttgers, und LVR-<br />

Direktor Harry K. Voigtsberger singen gemeinsam mit den Staffelläufern<br />

beim Konzert der Gruppe Klee den Integrations-Song "Wir<br />

halten zusammen".<br />

Begegnung" stattfand, Deutschlands größtes<br />

Fest für Menschen mit und ohne Handicap.<br />

Am <strong>Deutsche</strong>n Sport & Olympia Museum<br />

trafen sich neun LVR-Förderschulen aus<br />

Köln und dem Umland. Die Schülerinnen<br />

80<br />

und Schüler legten die Strecken mit Fahrrädern,<br />

zu Fuß, mit Handbikes und Rollstühlen<br />

zurück. Dabei waren fünf Kölner LVR-<br />

Förderschulen und je eine Schule aus<br />

Euskirchen, Wiehl, Rösrath und St. Augustin.<br />

Außerdem war die Kölner Henry-Ford-<br />

Realschule als Regelschule beim Bergfest<br />

dabei, um die Läuferinnen und Läufer zu<br />

empfangen und gemeinsam mit ihnen den<br />

Gedanken eines besseren Miteinanders mit<br />

Leben zu füllen.<br />

"Die IntegraTour bietet die Chance, dass sich<br />

die Schülerinnen und Schüler verschiedener<br />

Schulen und Schulformen kennen lernen.<br />

Hier gelingt Integration<br />

durch den<br />

Aufbau von Verständnis<br />

und Respekt<br />

vor den unterschiedlichenFähigkeiten<br />

und Bedürfnissen<br />

der jungen<br />

Menschen", so LVR-<br />

Direktor Harry K.<br />

Voigtsberger zur<br />

Idee des Staffellaufes.<br />

Das Bergfest der<br />

LVR-IntegraTour bot<br />

viele Möglichkeiten<br />

zum Spielen, Staunen,<br />

Lernen und<br />

Mitmachen. Auf<br />

dem Gelände tollten<br />

sich Assistenzhunde<br />

für Menschen mit<br />

Behinderung und es<br />

gab Spiel- und Sportstationen, die die<br />

Motorik und Beweglichkeit trainieren. Für<br />

die Kinder gab es Ballon-und Fotoaktionen.<br />

Als musikalischen Höhepunkt gab die<br />

Kölner Popband Klee ein Konzert, in dem<br />

sie auch ihren neuen Song "Wir halten<br />

zusammen" präsentierte, den die Gruppe<br />

eigens zum Thema Integration geschrieben<br />

hat.<br />

"Es war für uns eine große Freude, dass das<br />

<strong>Deutsche</strong> Sport & Olympia Museum zum<br />

zweiten Mal in Folge als Austragungsort des<br />

Bergfestes der LVR-IntegraTour ausgewählte<br />

wurde!" so Klaus H. Schopen, stellvertretender<br />

Direktor des Museums. In diesem Jahr<br />

stellt der Einlauf der LVR-IntegraTour<br />

zudem den Auftakt zu einer Reihe von<br />

Veranstaltungen im <strong>Deutsche</strong> Sport &<br />

Olympia Museum dar, die sich dem Thema<br />

"Sport mit Behinderung" widmen. Höhepunkt<br />

dieser Aktivitäten soll die Ausstellung<br />

"Yes, we ca! sport & disability" im Frühjahr<br />

2010 sein.<br />

Kölner Sportgespräch zur<br />

Zukunft des Basketballs in<br />

Deutschland<br />

Wenn es sich bei allen Besuchern um<br />

potenzielle Sponsoren gehandelt hätte,<br />

könnten die Köln 99ers entspannt in die<br />

neue Saison gehen. Die Sitzplätze reichten<br />

am 14. Mai <strong>2009</strong> im Salon des <strong>Deutsche</strong>n<br />

Sport & Olympia Museums nicht aus, rund<br />

200 Zuhörer versammelten sich um über die<br />

Zukunft des Basketballs zu diskutieren.<br />

Sowohl Bundestrainer Dirk Bauermann als<br />

auch Stephan Baeck, Geschäftsführer der<br />

Köln 99ers, forderten bei der Gesprächsreihe,<br />

die das Museum gemeinsam mit dem<br />

Kölner Stadt-Anzeiger initiiert hat eine<br />

Reformierung der Nachwuchsarbeit.<br />

Nachdem der Kölner Basketball-Bundesligist<br />

die Klasse sowohl sportlich als auch finanziell<br />

nur mit Mühe halten konnte, wollen<br />

die Verantwortlichen auf junge deutsche


Spieler setzen - wenn es der Etat zulässt.<br />

Bleiben die Sponsoren aus, droht der Gang<br />

in die zweite Liga. "Wir führen durchaus<br />

positive Gespräche mit Perspektive", sagte<br />

Baeck in der Diskussion mit Karlheinz<br />

Wagner, Sport-Ressortleiter des Kölner<br />

Stadt-Anzeigers und Basketball-Reporter<br />

Lars Richter.<br />

Dirk Bauermann warf den deutschen<br />

Profivereinen erhebliche Versäumnisse bei<br />

der Jugendförderung vor. "Wenn über Jahre<br />

nicht in junge Spieler, Talentsucher und<br />

Jugendtrainer investiert wird, darf man sich<br />

nicht wundern, wenn das Angebot an guten<br />

deutschen Spielern heute beschränkt ist",<br />

sagte der Bundestrainer. Bei der Talentsuche<br />

vermisse er die nötige Sorgfalt, außerdem<br />

hätten junge deutsche Spieler keine Perspektive<br />

in der Bundesliga, weil zu sehr auf<br />

ausländische Profis gesetzt werde.<br />

<strong>Deutsche</strong> Nachwuchsspieler sind derzeit die<br />

große Hoffnung der Köln 99ers, sie wollen<br />

in der kommenden Spielzeit ein "Team<br />

Germany" auf die Beine stellen, bei dem nur<br />

der Name amerikanisch sein soll, nicht aber<br />

die Spieler. Nur so könne es gelingen, neue<br />

Fans zu gewinnen und sich zwischen<br />

Eishockey und Handball zu positionieren.<br />

"Wir müssen unseren Sport wieder größer<br />

machen und neue Gesichter schaffen. Wir<br />

brauchen mehr deutsche Stars in der Liga",<br />

sagte Baeck. Er warb ebenso wie der Bundestrainer<br />

für eine Verschärfung der Ausländerquote<br />

in der Liga. Derzeit stünden die<br />

Namen der deutschen Spieler lediglich auf<br />

dem Spielbericht, um die Quote zu erfüllen,<br />

während ausländische Akteure spielen. In<br />

die Nachwuchs-Debatte mischten sich auch<br />

die Zuhörer mit ihren Fragen ein. Sie machen<br />

sich vor allem Gedanken über die<br />

Konkurrenzfähigkeit eines Teams mit überwiegend<br />

deutschen Spielern in der Bundesliga.<br />

Grimme-Preis<br />

Diskutierten Zukunftsmodelle für den deutschen Basketball:<br />

Dirk Bauermann, Stephan Baeck, Lars Richter und Karlheinz Wagner.<br />

Das Internetportal zur aktuellen Ausstellung<br />

"Fussball-Landschaft" im <strong>Deutsche</strong>n Sport &<br />

Olympia Museum ist für den GRIMME<br />

ONLINE AWARD <strong>2009</strong> nominiert.<br />

Dies gab das Adolf-Grimme-Institut am<br />

Dienstag in Düsseldorf bekannt. Damit<br />

gehört "fussball-landschaft.de" zu den 24<br />

von der Nominierungskommission aus 1700<br />

Vorschlägen für vier Kategorien ausgewählten<br />

Webangeboten.<br />

Das Projekt startete 2007 und hat sich<br />

konsequent dem Charme des dörflichen<br />

Fußballplatzes und<br />

der vom Abriss bedrohten Holztribüne<br />

verschrieben. Neben dem Preis der Jury, der<br />

am 24. Juni <strong>2009</strong> in Köln vergeben wird,<br />

geht es nun auch um den Arcandor Publikumspreis.<br />

Das nominierte Angebot, das bei<br />

einem Publikumsvoting unter www.tvspielfilm.de/grimme<br />

die meisten Stimmen erhält,<br />

wird mit diesem Preis ausgezeichnet. "Wir<br />

hoffen auf das Voting möglichst vieler<br />

Fußball-, Fotografie- und Architekturfans.<br />

Für versonnene Fußballästheten ist unsere<br />

Seite ein Fest", so Hubert Detmer und<br />

Thomas Frison in Düsseldorf.<br />

Museumsfest <strong>2009</strong><br />

Aus Anlass des diesjährigen Museumsfestes,<br />

am 17. Mai <strong>2009</strong>, hatte das <strong>Deutsche</strong> Sport<br />

& Olympia Museum erneut ein attraktives<br />

Programm zusammengestellt. Neben zahlreichen,<br />

gut besuchten Sonderführungen<br />

fand eine Gesprächsrunde mit den Initiatoren<br />

des Projektes "fussball-landschaft.de"<br />

und dem Schatzmeister des Fussball-<br />

Verbandes, Hubert Detmer und Thomas<br />

Frison, Mittelrhein im Salon statt.<br />

Die Fotografen schwärmten nochmals<br />

ausführlich von ihrem Projekt: "Für uns und<br />

unsere 33 Gastfotografen ist dieses weltweite<br />

Phänomen faszinierender als jede<br />

WM-Arena".<br />

Zudem stellte Sascha Hendrich-Bächer das<br />

Projekt "Wir gegen Gewalt" vor, das der<br />

FVM ins Leben gerufen hat. Gewalt gehört<br />

nicht auf den Fußballplatz! Das wissen alle,<br />

die den Fußball lieben. In den vergangenen<br />

Engagiert gegen Gewalt im Fußball: Sascha Hendrich-Bächer,<br />

Thomas Frison, Klaus H. Schopen, Hubert Detmer und Ansgar<br />

Molzberger<br />

Jahren hat sich jedoch eine traurige Entwicklung<br />

ergeben: Einigen Leuten geht es<br />

immer weniger um den Sport, sie entladen<br />

ihre Aggressionen auf dem Fußballplatz<br />

und verprügeln oder bespucken den Gegner,<br />

Schiedsrichter und sogar ihre eigenen<br />

Mitspieler. "Wir gegen Gewalt" ist eine<br />

Initiative des Fußball-Verbandes Mittelrhein<br />

und seiner neun Fußballkreise. Die gemeinsame<br />

Aktion soll vor allem eines bezwecken:<br />

ein friedliches und faires Miteinander<br />

auf unseren Fußballplätzen!<br />

81


In neuem GlanzKufen-Königin Tatjana<br />

Hüfner<br />

Rennrodeln - es gibt kaum eine andere<br />

Sportart, in der deutsche Athletinnen über<br />

einen so langen Zeitraum international<br />

derart erfolgreich gewesen sind. So blieben<br />

die deutschen Frauen seit der letzten Weltcup-Niederlage<br />

im November 1997 in<br />

insgesamt 99 Rennen in Folge (3x bei Olympia,<br />

8x bei einer WM und 88x im Weltcup)<br />

unbesiegt. Ausgerechnet im 100. Rennen bei<br />

Die Wettkampfschuh, die Tatjana Hüfner auf dem<br />

Weg zum Weltcup-Sieg <strong>2009</strong> trug, schenkte sie dem<br />

Museum.<br />

der Weltmeisterschaft in Lake Placid im<br />

Februar <strong>2009</strong> riss der Faden und der Sieg<br />

ging an die US-Amerikanerin Erin Hamlin.<br />

Maßgeblichen Anteil an dieser schier unglaublichen<br />

Erfolgs-Serie hat dabei die 26jährige<br />

Tatjana Hüfner. Die gebürtige Neuruppinerin<br />

und jetzt für den WSC Erzgebirge<br />

Oberwiesenthal startende Rodlerin machte -<br />

nach etlichen Siegen im Juniorenbereich -<br />

mit dem Gewinn des Vize-Europameister-<br />

Titels in der Saison 2003/04 international<br />

erstmals auf sich aufmerksam. Im Winter<br />

2005/06 wiederholte sie diesen Erfolg und<br />

belegte zudem in der Weltcup-Gesamtwertung<br />

den dritten Platz. Damit qualifizierte sie<br />

sich für die <strong>Olympische</strong>n Spiele in Turin 2006<br />

und gewann dort die Bronzemedaille.<br />

Eine weitere Leistungssteigerung gelang der<br />

Bundeswehrsportlerin ab der Saison 2006/07.<br />

Erste und zweite Plätze im Weltcup krönte<br />

sie mit dem Gewinn des Weltmeistertitels<br />

2007 im österreichischen Igls. Diesen Titel<br />

verteidigte sie im Folgejahr in Oberhof. 2008<br />

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Sammlungsgeschichten<br />

und <strong>2009</strong> sicherte sie sich zudem den ersten<br />

Platz in der Weltcup-Gesamtwertung.<br />

Diese beeindruckende Erfolgs-Bilanz, die mit<br />

dem Gewinn der Goldmedaille bei den <strong>Olympische</strong>n<br />

Spielen in Vancouver 2010 eine<br />

nochmalige Steigerung erfahren soll, durfte<br />

auch im <strong>Deutsche</strong>n Sport & Olympia Museum<br />

nicht länger undokumentiert bleiben. Auf<br />

unsere Anfrage hin stellt Tatjana Hüfner<br />

spontan einen Teil ihrer Rennrodel-Ausrüstung<br />

zur Verfügung. Ab sofort können somit unsere<br />

Besucherinnen und Besucher, die von ihr<br />

signierten und erstaunlich zierlichen Wettkampf-Schuhe,<br />

sogenannte Rennstrecker, in<br />

der erst kürzlich neu gestalteten Wintersport-<br />

Abteilung in Augenschein nehmen.<br />

Olympiasieger unter der Lupe<br />

Die ersten <strong>Olympische</strong>n Spiele der Neuzeit in<br />

Athen 1896 markieren nicht nur den Beginn<br />

für ein nunmehr weltumspannendes sportliches<br />

Großereignis, sondern sie bilden gleichfalls<br />

den Ausgangspunkt für eine stetig sich<br />

entwickelnde, weltweite Leidenschaft: das<br />

Sammeln von Sportbriefmarken. Zur Finanzierung<br />

der Spiele in Griechenland erstmalig<br />

verausgabt, entwickelte sich dieses Philatelie-<br />

Segment zum unverzichtbaren Bestandteil<br />

der allgemeinen Mittelbeschaffung im Sport.<br />

So wurden am 06. Juni 1968 mit Blick auf<br />

die <strong>Olympische</strong>n Spiele in München 1972 die<br />

ersten Sportbriefmarken mit Zuschlag in<br />

Deutschland zugunsten der im Jahr zuvor<br />

gegründeten <strong>Deutsche</strong>n Sporthilfe verkauft.<br />

Seit 1978 firmiert die Herausgabe entsprechender<br />

Motive unter der Serienbezeichnung<br />

"Für den Sport".<br />

Selbstverständlich ist dieses Sammlungsgebiet<br />

auch für das <strong>Deutsche</strong> Sport & Olympia<br />

Museum von Interesse. In diesem speziellen<br />

Segment ist es einer glückliche Fügung zu<br />

verdanken ist, dass die systematische Beobachtung<br />

des Marktes in Kooperation mit der<br />

Sammler-Vereinigung "Internationale Motivgruppen<br />

Olympiaden und Sport e.V."(IMOS)<br />

erfolgen kann und die IMOS immer wieder<br />

engagierte und kompetente Unterstützung<br />

leistet.<br />

Mitte Mai konnte die museumseigene<br />

Sammlung um ganz aktuelle Stücke ergänzt<br />

werden. Eine <strong>Ausgabe</strong> der chinesischen Post,<br />

die zu Ehren der deutschen Olympiasieger<br />

von Peking 2008 Portraits der jeweiligen<br />

Goldmedaillengewinner in den Einzel- und<br />

Mannschaftsdisziplinen auf insgesamt vier<br />

Kleinbögen verewigt hat. Dies ist - auch<br />

qualitativ, wie ein Blick durch die Lupe<br />

schnell erkennen lässt - bislang einmalig und<br />

stellt eine besondere Geste des Gastgeberlandes<br />

dar. Die auf 5.000 Exemplare pro Kleinbogen<br />

limitierte Auflage, die als postfrischer<br />

Komplettsatz zum Preis von € 49,50 in<br />

Deutschland zu erwerben ist, wurde uns zu<br />

Dokumentationszwecken dankenswerterweise<br />

von der Briefmarkenfachhandlung Richard<br />

Borek in Braunschweig (www.borek.de) als<br />

Schenkung zur Verfügung gestellt.


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