Erste Juristische Staatsprüfung 2013/1 Aufgabe 1 - Juraexamen.info
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<strong>Erste</strong> <strong>Juristische</strong> Staatsprüfung <strong>2013</strong>/1<br />
<strong>Aufgabe</strong> 1 ,<br />
(Arbeitszeit: 5 Stunden)<br />
Der derzeit arbeitslose Anton aus Augsburg bastelt in seiner Freizeit an Pkws. Er<br />
plant, dieses Hobby zum Beru zu machen und in Kürze eine Kfz-Werkstatt zu gründen.<br />
Bislang betreibt er keine Werbemaßnahmen und hat auch keinen lnternetauftritt.<br />
Eines Abends erscheint Bodo unangekündigt in der Privatwohnung des Anton<br />
und erklärt diesem- nachdem nton ihm von seinem Vorhaben erzählt hat- die Notwendigkeit<br />
professioneller Werbung im Internet für die geplante Kfz-Werkstatt. Bodo<br />
schließt häufignamensund im Auftrag von Carlo , der eine Werbe- und Internetagentur<br />
betreibt, Verträge über Internetauftritte ab. ür den Abschluss der Verträge<br />
stellt Carlo dem Bodo Vertragsformulare zur Verfügung. Kunden gewinnt Bodo durch<br />
das unangekündigte Aufsuchen von Haushalten, die er perZufall auswählt.<br />
Bodo überreicht Anton während des abendlichen Gesprächs auch einen von ihm<br />
selbst ohne Wissen des Carlo gedruckten Werbezettel, auf dem für Carlo geworben 1<br />
und (wahrheitswidrig) dargestellt wird, dass dieser noch Referenzkunden suche. Der<br />
Werbezettel enthält die (unzutreffende) Information, dass Kunden, die im Rahmen<br />
von Werbeaktionen des Carlo von diesem namentlich benannt werden dürften, die<br />
<strong>Erste</strong>llung des Internetauftritts zu einem Vorzugspreis erhalten würden. Dieser liege<br />
deutlich unter dem am Markt für derartige Leistungen üblichen Preis.<br />
Anton will die Gelegenheit nutzen, einen besonders günstigen Internetauftritt für seine<br />
geplante Kfz-Werkstatt zu erhalten, und erklärt aus diesem Grund gegenüber Bodo,<br />
er wolle Referenzkunde des Carlo werden. Daraufhin trägt Bodo in ein Vertragsformular<br />
des Carlo die Adressdaten des Anton und dessen Wunschdomain ein, wobei<br />
er Anton wahrheitswidrig erklärt, bei dem Vertragsformular handele es sich um<br />
eine speziell für Referenzkunden vorgesehene Version. Einen Hinweis auf besondere<br />
Referenzkundenkonditionen enthält das Vertragsformular nicht. Anton und Bodo<br />
unterzeichnen das ausgefüllte Vertragsformular, wobei Bodo vor seine Unterschrift<br />
den Zusatz "i. V." setzt.<br />
Vl O,r uV<br />
ln der Leistungsbeschreibung, die einen Teil des vorgedruckten Vertragsformulars<br />
bildet, verpflichtet sich Carlo, unter der vom jeweiligen Kunden gewünschten Domain<br />
einen Internetauftritt zu erstellen. Hierzu zählen nach der Leistungsbeschreibung<br />
insbesondere die Zusammenstellung von Bild- und Textmaterial durch einen Webde- Abß<br />
signer sowie die Gestaltung und Prögrammierung eines inqividuellen lnternetauftritts. ·<br />
Gemäß der Leistungsbeschreibung wird der auf den Servern des Carlo gespeicherte<br />
Internetauftritt für Dritte zugänglich gemacht und für den vereinbarten Zeitraum un-<br />
~JC!Vl~1Y ( terhalten; dreimal im Jahr ist eine jederzeit'abrufbare Aktualisierung des lnternetauf-<br />
- l tritts durch einen Webdesigner vorgesehen.<br />
ln dem vorgedruckten Vertragsform. u. lar findet sich auch die Regelung, dass der Ver-J !\ r r\<br />
trag 36 Monate laufe. Sodann verlängere er sich regelmäßig um weitere zwölf Mona- V\ \5 Y<br />
te, wenn er nicht zuvor gekündigt werde. Das Recht, den Vertrag aus wichtigem
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Grund bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zu kündigen, werde nicht<br />
beschränkt. Mit Vertragsschluss werde eine einmalige Abschlussgebühr in Höhe von<br />
100,- € fällig. Des Weiteren sei ein jährliches Entgelt in Höhe von jeweils 1.000,- € zu AG ß<br />
leisten. Beginn des Berechnungszeitraums für die Jahresgebühren, die jeweils im ·<br />
Voraus zu zahlen seien, sei das Datum des Vertragsschlusses. Im ersten Vertragsjahr<br />
sei die Jahresgebühr erst zehn Tage nach Vertragsschluss fällig, in den Folgejahren<br />
jeweils an dem Tag, der dem Tag des Vertragsschlusses entspreche.<br />
Am Morgen nach der Vertragsunterzeichnung stellt Anton nach einer Recherche auf<br />
Garlos Webseite fest, dass Carlo. gar keinen Referenzkundenrabatt anbietet. Die-vertraglich<br />
vereinbarte Jahresgebühr in Höhe von 1.000,- € stellt keinen besonderen<br />
"Vorzugspreis" wegen der Referenzkundeneigenschaft des Anton dar, sondern entspricht<br />
exakt dem üblichen Entgelt, welches Carlo allen Kunden für vergleichbare<br />
Leistungen .berechnet. Weitere Recherchen des Anton ergeben, dass die Jahresgebühr<br />
von 1.000,- € so ar über dem allgemein üblichen Preis für derartige Leistungen<br />
liegt. Anton ärgert sich hierüber und mein, 1ese Lüge führe dazu, dass er den Vertrag<br />
eigentlich aus der Welt schaffen könne; schließlich sei er ja den Vertrag nur wee<br />
Jn.QintJ' . .. nsti en An _ e · gao.g n. Anton hat aber keine Lust,<br />
sich noch nach einem anderen Anbieter für Internetauftritte umzusehen und Ärger<br />
mit der ganzen Sache zu haben. Daher zahltertrotz allem noch am selben Tag die<br />
Abschlussgebühr in Höhe von 100,- € vereinbarungsgemäß an Carlo und verlangt<br />
nun von Carlo per E-Mail die <strong>Erste</strong>llung des Internetauftritts unter seiner Wunschdomain.<br />
Carlo schreibt in der Woche darauf zurück, Anton solle zunächst die er te Jahres e<br />
bühr bezahlen; vorher werde kein Internetau ritt erstellt und keine Domain registriert,<br />
schließlich sei die Jahresgebühr im Voraus zu zahlen. Sofort nach Erhalt dieser<br />
E-Mail antwortet Anton dem Carlo wiederum per E-Mail, er wolle unter diesen Umständen<br />
- wobei er insbesondere auf die unrichtigen Angaben des Bodo zur Preisgestaltung<br />
verweist- das Geschäft nicht mehr gegen sich gelten lassen. Eine weitere<br />
Zahlung werde es nicht geben. Er sehe gar nicht ein, w1eso er zahlen solle, ohne<br />
~twas bekommen zu haben. Im Übrigen sei er ja auch als Verbraucher besonders<br />
geschützt.<br />
Carlo verlangt von Anton weiterhin die Zahlung von 1.000,- €. Er meint, ohne wichtien<br />
Grund könne sich Anton gar nicht vom Vertra lösen. Was Bodo- zugegebenermaßen<br />
wi er besseres Wissen - noc 1nsichtlich der Preise erzählt habe, gehe<br />
ihn- Carlo- nichts an; er habe von diesen Fehl<strong>info</strong>rmationen gar nichts ewusst. Anton<br />
entgegnet, dass e1n wichti er rund vorliege, sc 1e 10 se1 ar o seit mittlerweile<br />
zwei Wochen untätig und wolle dafür ass1e en. m ·· ngen raue e er- nongar<br />
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Vermerk für die Bearbeiter:<br />
ln einem Gutachten, das auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen eingeht, ist folgende<br />
Frage zu beantworten:<br />
Kann Carlo von Anton die Zahlung der ersten Jahresgebühr in Höhe von 1.000,- €<br />
verlangen?