2013-1-Aufgabe-4 - Juraexamen.info
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Erste Juristische Staatsprüfung <strong>2013</strong>/1<br />
<strong>Aufgabe</strong> 4<br />
(Arbeitszeit: 5 Stunden)<br />
Dr. Loth L arbeitet in einer Privatklinik für Krebspatienten in München. Dr. Loth befindet<br />
sich aufgrund seines anspruchsvollen Lebensstils in wirtschaftlich angespannten<br />
Verhältnissen. Um zu Geld zu kommen, beschafft er: sich aus der Patientenakte<br />
der Klinik die Kontonummer des Patienten Obermeie (0), der ein Girokonto bei der<br />
A-Bank führt. Sodann versieht Dr. Loth einen Überweisungsträger der A-Bank so mit<br />
den erforderlichen Angaben, dass es aussieht, als wolle Obermeier eine Überweisung<br />
in Höhe von 10.000,- € von seinem bei der A-Bank geführten Konto auf das<br />
·Konto des Dr. Loth bei der 8-Bank veranlassen. Dr. Loth unterschreibt den Überweisungsträger<br />
mit dem Namen des Obermeier und wirft das ausgefüllte Formular in<br />
den Briefkasten der A-Bank. So erreicht er, dass ihm tatsächlich vom Konto des<br />
Obermeier 10.000,- € auf sein Konto überwiesen werden. Es kann später nicht geklärt<br />
werden, ob der Überweisungsträger bei der A-Bank maschinell oder wegen eines<br />
technischen Problems ausnahmsweise von einem Mitarbeiter manuell bearbeitet<br />
wurde.<br />
Zu den Patienten des Dr. Loth zählt auch der an Diabetes erkrankte Patient Preißinger<br />
(P), der vor wenigen Tagen mit Verdacht auf einen bösartigen Hirntumor stationär<br />
in der Klinik aufgenommen wurde. Als die ärztliche Diagnose den Verdacht<br />
schließlich bestätigt, entschließt sich Preißinger nach sorgfältiger Überlegung, sein<br />
Leben im Hinblick auf die unmittelbar bevorstehenden Leiden durch die Tumorerkrankung-<br />
insbesondere die schweren Schmerzen - zu beenden. Allerdings stehen<br />
ihm keine geeigneten Medikamente zu diesem Zweck zur Verfügung; vor anderen<br />
Arten der Selbsttötung schreckt er zurück. Preißinger bittet daher Dr. Loth nachdrücklich,<br />
ihn zu töten. Nach einem ausführlichen Gespräch willigt der Arzt ein,<br />
Preißinger seinen Wunsch zu erfüllen. Die beiden vereinbaren, dass Dr. Loth die Tat<br />
nicht selbst begehen, sondern den Krankenpfleger Kron (K) dafür einsetzen soll.<br />
Entsprechend der Absprache mit Preißinger vertauscht Dr. Loth daher am Abend die<br />
für den nächsten Morgen .für Preißinger bestimmte Insulinampulle gegen ein Medikament,<br />
das bei einem Patienten mit den Eigenschaften des Preißinger binnen kürzester<br />
Zeit zu einem Herzstillstand führt. Dr. Loth und Preißinger gehen davon aus,<br />
dass dem zerstreuten Krankenpfleger Kron, dem Dr. Loth die Ampulle am Morgen<br />
übergibt, dieser Tausch nichtauffallen wird. Kron bemerkt jedoch sofort, dass es sich<br />
bei dem Inhalt der Ampulle nicht um Insulin, sondern um ein für Preißinger tödliches<br />
Medikament handelt. Er nimmt eine versehentliche Verwechselung an, injiziert aber<br />
gleichwohl das Medikament, weil er Preißinger die aufgrund der Tumorerkrankung<br />
unmittelbar bevorstehenden Schmerzen ersparen will. Preißinger verstirbt wenige<br />
Minuten nach der Injektion.<br />
·<br />
Teil II:<br />
Dr. Loth können von den Strafverfolgungsbehörden die Geschehnisse nur teilweise<br />
nachgewiesen werden. Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 6. März <strong>2013</strong> wird
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gegen Dr, Loth, der sich in Untersuchungshaft befindet, eine Freiheitsstrafe .von einem<br />
Jahr und neun Monaten ohne Bewährung verhängt. Dem Urteil ist eine Verständigung<br />
der Beteiligten in der Hauptverhandlung vorausgegangen. Der Verteidiger<br />
des Dr. Loth, Rechtsanwalt Vogel (V), legt noch am Nachmittag nach der Hauptverhandlung<br />
um 15.30 Uhr beim Amtsgericht München per Telefax Berufung gegen<br />
das Urteil ein, die er um 15.50 Uhr auf gleichem Weg mit entsprechender ausdrücklicher<br />
Ermächtigung durch Dr. Loth wieder zurücknimmt. Dieses Vorgehen hatte<br />
Rechtsanwalt Vogel mit dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft zuvor verabredet.<br />
Ziel war es, durch den Eintritt der Rechtskraft einen möglichst schnellen Übergang<br />
der Untersuchungs- in Strafhaft zu erreichen. Zwei Tage später bestellt sich ein<br />
neuer Verteidiger für Dr. Loth, Rechtsanwalt Notl (N), und legt gegen das Urteil wiederum<br />
im Auftrag des Dr. Loth noch am selben Tag Berufung ein.<br />
Vermerk für die Bearbeiter:<br />
Beide Teile der <strong>Aufgabe</strong> sind zu bearbeiten.<br />
ln einem Gutachten, das auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen eingeht, sind folgende<br />
Fragen zu beantworten:<br />
ZuTeil I:<br />
Wie haben sich Dr, Löth und Kron nach dem Strafgesetzbuch (StGB) strafbar gemacht?<br />
Eventuell erforderliche Strafanträge sind gestellt.<br />
Zu Teil II:<br />
Ist die von Rechtsanwalt Noll eingelegte Berufung im Hinblick auf die vorangegangene<br />
Rücknahme des Rechtsmittels durch Rechtsanwalt Vogel zulässig?