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Skript Teil II 4

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3. Abschnitt: Das Erlöschen von Schuldverhältnissen<br />

§ 11 Die Erfüllung der Hauptleistungspflichten<br />

3. Abschnitt: Erlöschen von Schuldverhältnissen<br />

§ 11 Die Erfüllung der Hauptleistungspflichten<br />

I. Allgemeines<br />

1. Formen der Erfüllung<br />

a) Die Erfüllung, § 362<br />

Fall 81: Huber hat mit dem minderjährigen Fiete einen wirksamen Kaufvertrag abgeschlossen<br />

und ihm die Kaufsache übereignet. Ist damit seine Hauptleistungspflicht<br />

gegenüber Fiete gemäß § 362 I BGB erloschen?<br />

b) Die Annahme einer Leistung als Erfüllung, § 363<br />

c) Die Annahme einer Leistung an Erfüllungs statt, § 364 I<br />

Fall 82 (nach BGHZ 89, 126): Frieda kauft sich bei Opelhändler Klug gebrauchten<br />

Mercedes. Ihren alten BMW nimmt Klug für 1.250 € in Zahlung. Später stellt Klug<br />

jedoch fest, dass der in Zahlung genommene Wagen erhebliche Mängel aufweist. Er<br />

stellt ihn Frieda zur Verfügung und verlangt nunmehr für den Neuwagen den vollen<br />

Kaufpreis. Frieda ist aber unter diesen Umständen an dem Vertrag nicht mehr interessiert.<br />

Rechtslage?<br />

Vgl. dazu Medicus SR BT 12 Rn. 88 sowie LG Wuppertal NJW-RR 1997, 1416<br />

d) Die Annahme einer Leistung erfüllungshalber, § 364 <strong>II</strong><br />

Fall 83: G hat gegen S eine fällige Forderung aus Darlehen in Höhe von 1.000,00 €. Am<br />

Fälligkeitstag erklärt G sich bereit, anstelle des vereinbarten Bargeldes einen Scheck<br />

entgegenzunehmen. Der Scheck ist jedoch ungedeckt, das Konto des G wird<br />

rückbelastet. G verlangt erneute Zahlung. Zu Recht?<br />

2. Zeit und Ort der Erfüllung<br />

a) Leistungszeit<br />

b) Leistungsort<br />

<strong>II</strong>. Die Übertragung des verkauften Rechts<br />

1. Allgemeines<br />

2. Insbesondere: Die Übertragung von Forderungen<br />

a) Die rechtsgeschäftliche Übertragung (Abtretung, Zession), § 398<br />

Winkler v. Mohrenfels Grundkurs Zivilrecht I/2 WS 2006/07


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3. Abschnitt: Das Erlöschen von Schuldverhältnissen<br />

§ 11 Die Erfüllung der Hauptleistungspflichten<br />

(1) Voraussetzungen der Abtretung<br />

(a) Bestehen der Forderung<br />

(b) Abtretbarkeit<br />

(c) Bestimmbarkeit<br />

Fall 84: Huber möchte seiner Tante Emma zum Geburtstag etwas schenken. Bargeld<br />

hat er zwar nicht, wohl aber zwei Forderungen, nämlich 1. eine Forderung aus Werkvertrag<br />

gegen Bolte, 2. eine Schmerzensgeldforderung gegen Klumpe. Kann er damit<br />

etwas anfangen?<br />

(2) Besondere Abtretungsformen<br />

(a) Die Sicherungszession<br />

(b) Die Inkassozession<br />

(c) Abgrenzung: Die Einziehungsermächtigung<br />

b) Die gesetzliche Übertragung (Legalzession)<br />

§ 268 <strong>II</strong>I BGB: Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung in eine Sache, an der ein<br />

Dritter ein dingliches Recht hat. Löst der Dritte die Sache durch Zahlung an den Gl. ab, geht die Forderung<br />

des Gl. gegen den Sch. auf ihn über.<br />

§ 426 <strong>II</strong> BGB: Befriedigt ein Gesamtschuldner den Gl., geht dessen Forderung gegen die übrigen<br />

Gesamtschuldner in Höhe des gezahlten Betrages auf den Zahlenden über.<br />

§ 774 I BGB: Bürge befriedigt den Gläubiger.<br />

§ 67 I VVG: Versicherer zahlt den Schaden: die Ersatzforderung gegen den Schädiger geht in Höhe des<br />

gezahlten Betrages auf ihn über. Ausnahme: Familienangehörige in häuslicher Gemeinschaft, falls nicht<br />

vorsätzlich (§ 67 <strong>II</strong> VVG).<br />

§ 116 I SGB X: Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe erbringt Leistungen: Ersatzansprüche<br />

gegen einen Schädiger gehen auf ihn über.<br />

§ 6 I EntgFG: Arbeitgeber zahlt den Lohn fort: Ersatzansprüche des ArbN gegen einen Schädiger gehen<br />

auf ihn über.<br />

§ 37 I BAFöG: Student erhält Förderung: Unterhaltsansprüche gegen die Eltern gehen in Höhe der<br />

anzurechnenden Einkommensbeträge auf das Land über.<br />

Winkler v. Mohrenfels Grundkurs Zivilrecht I/2 WS 2006/07


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3. Abschnitt: Das Erlöschen von Schuldverhältnissen<br />

§ 11 Die Erfüllung der Hauptleistungspflichten<br />

c) Der Forderungserwerb vom Nichtberechtigten<br />

(1) Grundsatz: Kein gutgläubiger Erwerb<br />

Fall 85: Erna tritt dem Fiete eine Forderung gegen Dora ab, die längst erloschen ist.<br />

Kann Fiete die Forderung erwerben?<br />

(2) Ausnahmen<br />

Fall 86: Im Fall 101 legt Erna dem Fiete einen Schuldschein vor, den Dora seinerzeit<br />

ausgestellt hatte. Ändert sich etwas?<br />

d) Die Rechtsfolgen der Forderungsübertragung<br />

(1) Übergang der Forderung<br />

(2) Übergang von Sicherungsrechten, § 401<br />

(3) Auskunftspflicht des Zedenten, § 402<br />

e) Der Schutz des Schuldners<br />

(1) Der Erhalt von Einwendungen, § 404<br />

(2) Leistung an den bisherigen Gläubiger, § 407<br />

(3) Mehrfache Abtretung, § 408<br />

(4) Abtretungsanzeige, § 409<br />

(5) Aufrechnung, § 406<br />

Fall 87: Huber hat seine Kaufpreisforderung gegen Schmidt an Müller abgetreten. Als<br />

Müller von Schmidt Zahlung verlangt, wendet dieser ein,<br />

a) er habe bereits an Huber gezahlt;<br />

b) er habe Huber gegenüber aufgerechnet;<br />

c) er rechne Müller gegenüber auf;<br />

d) er habe das Geschäft gegenüber Huber angefochten;<br />

e) Huber habe noch nicht geliefert.<br />

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3. Abschnitt: Das Erlöschen von Schuldverhältnissen<br />

§ 11 Die Erfüllung der Hauptleistungspflichten<br />

<strong>II</strong>I. Die Erfüllung der Zahlungspflicht<br />

1. Erfüllung durch Zahlung, § 362<br />

a) Der Kaufpreis als Geldschuld<br />

MünchKomm/Grundmann 4 §§ 244, 245 BGB<br />

(1) Geldschuld und Wertschuld<br />

(2) Die Fremdwährungsschuld<br />

(3) Wertsicherungsklauseln<br />

Kirchhoff, Wertsicherungsklauseln für Euro-Verbindlichkeiten, Berlin 2006; Palandt/Heinrichs 65 § 245<br />

Rn. 24–36.<br />

- Spannungsklauseln: Koppelung an die Höhe des Entgelts für gleichartige Leistungen.<br />

- Leistungsvorbehalt: Neufestsetzung der Leistung bei bestimmter Veränderung der Vergleichsgröße<br />

(insbes.: Lebenshaltungsindex).<br />

- Kostenelementklauseln: Unternehmer behält sich Preiserhöhung vor, falls einzelne Kostenelemente<br />

(Lohnkosten, Materialkosten) steigen.<br />

(4) Geldentwertung ohne Wertsicherungsklausel<br />

b) Die Zahlung<br />

(1) Der Zahlungsort, § 270<br />

Fall 88: Onkel Oskar hat seiner Nichte Nicole zum Geburtstag 100 € versprochen. Er<br />

schickt das Geld rechtzeitig im Briefumschlag ab, dieser kommt jedoch bei der Empfängerin<br />

nicht an. Muss Oskar einen zweiten Hunderter auf die Reise schicken?<br />

(2) Unbare Zahlung<br />

2. Andere Erfüllungsformen<br />

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3. Abschnitt: Das Erlöschen von Schuldverhältnissen<br />

§ 12 Der Rücktritt<br />

§ 12 Der Rücktritt<br />

I. Begriff<br />

Rücktritt ist eine einseitige rechtsgestaltende WE, die den Vertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis<br />

umwandelt. Die primären Leistungspflichten des ursprünglichen<br />

Vertrages entfallen (Befreiungswirkung), etwa bereits Geleistetes ist zurückzugewähren.<br />

<strong>II</strong>. Voraussetzungen<br />

1. Rücktrittsrecht<br />

a) Gesetzliche Rücktrittsrechte<br />

- § 323 nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachte Leistung<br />

- § 324 pFV<br />

- § 326 V Unmöglichkeit der Leistung<br />

- § 437 Nr. 2 Sachmangel beim Kauf<br />

- § 634 Nr. 3 Mangel des Werkes (Werkvertrag)<br />

b) Vertragliches Rücktrittsrecht<br />

2. Rücktrittserklärung<br />

<strong>II</strong>I. Rechtsfolgen, §§ 346 ff. BGB<br />

1.Erlöschen der primären Leistungspflichten<br />

2. Rückgewähr bereits erbrachter Leistungen<br />

3. Haftung bei Unmöglichkeit und Verschlechterung<br />

4.<br />

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4. Abschnitt: Das Erlöschen von Schuldverhältnissen<br />

§ 13 Sonstige Formen der Vertragsbeendigung<br />

§ 13 Sonstige Formen der Vertragsbeendigung<br />

I. Die Aufrechnung, §§ 387 ff<br />

1. Begriff und Funktion<br />

2. Voraussetzungen<br />

a) Aufrechnungslage<br />

(1) Gegenseitigkeit und Gleichartigkeit der Forderungen<br />

(2) Wirksamkeit und Fälligkeit der Gegenforderung (Aktivforderung)<br />

(3) Erfüllbarkeit der Hauptforderung (Passivforderung)<br />

(4) Kein Aufrechnungsausschluss<br />

b) Aufrechnungserklärung<br />

Fall 89: Susi Sorglos hat von Oskar Ohnegeld noch 1000 € aus einem Autoverkauf zu<br />

bekommen. Da sie sich inzwischen mit Oskar zerstritten hat, tritt sie ihre Forderung an<br />

Gustav Grämlich ab. Oskar weigert sich jedoch, an Grämlich zu zahlen. Daraufhin wirft<br />

dieser ihm wütend die Fensterscheibe ein und ruft ihm zu: „Jetzt sind wir quitt, du<br />

Pleitegeier!” Oskar verlangt Schadensersatz. Mit Recht?<br />

3. Rechtsfolgen<br />

<strong>II</strong>. Der Erlass, § 397 I<br />

<strong>II</strong>I. Das negative Schuldanerkenntnis, § 397 <strong>II</strong><br />

IV. Die Schuldersetzung (Novation)<br />

V. Die Konfusion<br />

Fall 90: Der flotte Erwin schuldet seiner Erbtante Trude aus Darlehen 1000 €. Tante<br />

Trude hat diese Forderung zur Sicherung eines Darlehns an die B-Bank verpfändet.<br />

Bald darauf stirbt Tante Trude; Erwin ist Alleinerbe. Leider hat Tante Trude nichts als<br />

Schulden hinterlassen. Es wird Nachlassverwaltung angeordnet. Kann die B-Bank sich<br />

aus dem Pfandrecht befriedigen?<br />

VI. Die Hinterlegung, § 372<br />

1. Voraussetzungen<br />

2. Verfahren<br />

3. Wirkungen<br />

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4. Abschnitt: Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern<br />

§ 14 <strong>Teil</strong>schuldnerschaft und Gesamtschuldnerschaft<br />

4. Abschnitt: Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern<br />

Überblick:<br />

1. § 420 BGB: <strong>Teil</strong>schuldnerschaft und <strong>Teil</strong>gläubigerschaft<br />

2. §§ 421–427, 431 BGB: Gesamtschuld<br />

3. §§ 428–430 BGB: Gesamtgläubigerschaft<br />

4. § 432 BGB: sog. Mitgläubigerschaft<br />

(5. ungeregelt: sog. Mitschuldnerschaft)<br />

§ 14 <strong>Teil</strong>schuldnerschaft und Gesamtschuldnerschaft<br />

Schreiber, Die Gesamtschuld, Jura 1989, 353; Schwab, Neues zum gestörten Gesamtschuldnerausgleich -<br />

BGH NJW 1988, 2667, in: JuS 1991, 18.<br />

I. <strong>Teil</strong>schuldnerschaft<br />

1. Begriff<br />

Bei der <strong>Teil</strong>schuldnerschaft ist jeder Schuldner nur zu einem <strong>Teil</strong> der dem Gläubiger<br />

insgesamt gebührenden Leistung verpflichtet.<br />

2. Voraussetzungen<br />

<strong>Teil</strong>bar ist jede Leistung, die oder deren Gegenstand sich derart zerlegen lässt, dass die<br />

<strong>Teil</strong>e zusammengenommen ohne Wertminderung das Ganze ergeben (vgl. auch § 266<br />

BGB).<br />

3. Umfang der <strong>Teil</strong>schuld<br />

4. Wirkung der <strong>Teil</strong>schuld<br />

<strong>II</strong>. Gesamtschuldnerschaft<br />

1. Begriff<br />

Bei Gesamtschuldnerschaft muss jeder Schuldner die gesamte Leistung bewirken,<br />

§ 421 BGB. Der Gläubiger kann sie von jedem Schuldner ganz oder teilweise fordern.<br />

Insgesamt erhält er die Leistung aber nur einmal.<br />

2. Entstehungsgründe<br />

a) Gesetzliche Gesamtschuldanordnungen<br />

(1) Rechtsgeschäftlicher Bereich<br />

Wenn mehrere sich durch Vertrag gemeinschaftlich zu einer teilbaren Leistung verpflichten,<br />

haften sie gem. § 427 BGB im Zweifel als Gesamtschuldner.<br />

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4. Abschnitt: Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern<br />

§ 14 <strong>Teil</strong>schuldnerschaft und Gesamtschuldnerschaft<br />

(2) Deliktischer Bereich<br />

Gem. § 840 BGB haften mehrere nebeneinander Verantwortliche als Gesamtschuldner.<br />

(3) Gesamthandgemeinschaften<br />

(4) Unteilbare Leistungen<br />

b) Weitere Gesamtschuldfälle<br />

Richtiger nach Ansicht enthalten die § 421 ff. BGB keine Begründungstatbestände für<br />

die Gesamtschuldnerschaft, sondern setzen diese voraus. Erforderlich ist, dass die<br />

mehreren Schuldner zur Befriedigung desselben Leistungsinteresses des Gläubigers<br />

verpflichtet sind.<br />

Beispiele:<br />

- BGH, GS vom 1.2.1965, BGHZ 43, 227: Ein Bauunternehmer ist zur Beseitigung eines Mangels an einem<br />

Bauwerk verpflichtet. Zugleich ist der Architekt zur Leistung von Schadensersatz in Geld verpflichtet. Hier<br />

dienen beide Verpflichtungen demselben Leistungsinteresse des Gläubigers.<br />

- BGH NJW 1991, 2899: Gesamtschuld zwischen dem aus § 1108 I BGB haftenden Eigentümer (persönliche<br />

Haftung des Eigentümers für die Reallast/Rentenschuld) und dem aus Kaufvertrag haftenden Käufer<br />

für ein Rentenversprechen.<br />

Dass die Verpflichtungen demselben Leistungsinteresse dienen, reicht aber nicht immer<br />

aus, um eine Gesamtschuld zu begründen. Es gibt nämlich Fälle, in denen einer der<br />

Schuldner die Verpflichtung letztlich allein erbringen muss, sozusagen „näher dran” ist<br />

als der andere. Dies ist insbesondere bei Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter<br />

Handlung häufig der Fall.<br />

Zur Abgrenzung zwischen diesen Fällen der sog. „scheinbaren” oder „unechten” Gesamtschuld und den<br />

Fällen der echten Gesamtschuld werden regelmäßig 3 Theorien diskutiert:<br />

- Die ältere Rechtsprechung verlangte einen inneren Zusammenhang zwischen den Verbindlichkeiten -<br />

„rechtliche Zweckgemeinschaft”.<br />

- Neuere Rechtsprechung und h. L. verlangen eine „Gleichstufigkeit der Verpflichtungen”: Bei der Gesamtschuld<br />

sind die Verpflichtungen typischerweise, wenn auch nicht begrifflich notwendig, gleichstufig<br />

in der Weise, dass letztlich jeder Schuldner „seinen <strong>Teil</strong>” beitragen muss, wenn auch nicht alle <strong>Teil</strong>e<br />

gleich groß sein müssen. (so jetzt auch BGH vom 29. 06. 1989, BGHZ 108, 179)<br />

- Nach einer dritten Ansicht liegt Gesamtschuldnerschaft immer dann vor, wenn keine <strong>Teil</strong>schuld vorliegt<br />

und auch kein Fall der Legalzession gegeben ist (so vor allem Esser - Schmidt, Schuldrecht, Band I,<br />

Allgemeiner <strong>Teil</strong>, 6. Aufl., Heidelberg 1984, S. 638 ff.).<br />

3. Rechtswirkungen der Gesamtschuld im Verhältnis zu den Gläubigern<br />

Winkler v. Mohrenfels Grundkurs Zivilrecht I/2 WS 2006/07


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4. Abschnitt: Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern<br />

§ 14 <strong>Teil</strong>schuldnerschaft und Gesamtschuldnerschaft<br />

4. Innenverhältnis<br />

a) Der Ausgleichsanspruch nach § 426 I BGB<br />

(1) Mitwirkungs- und Leistungsanspruch<br />

Hat ein Gesamtschuldner mehr als den auf ihn im Innenverhältnis entfallenden Betrag<br />

geleistet, hat er insoweit einen Ausgleichsanspruch gegen die übrigen Gesamtschuldner.<br />

Für diesen Ausgleichsanspruch haften die übrigen aber nun nicht etwa auch wieder<br />

als Gesamtschuldner, sondern als <strong>Teil</strong>schuldner. Dies findet seinen Grund darin, dass<br />

durch den Ausgleich eine endgültige Abwicklung stattfinden soll.<br />

(2) Der Verteilungsmaßstab<br />

Fall 91 (OLG Köln FamRZ 1992, 318): Die Eheleute Kurt und Berta nehmen bei der B-<br />

Bank gemeinsam ein Darlehen über 200.000 € auf, um ein Haus zu kaufen. Obwohl sie<br />

beide in dem Haus wohnen, ist Berta Alleineigentümerin desselben. Bald darauf zerbricht<br />

die Ehe jedoch, Kurt zieht in eine andere Wohnung. Berta bewohnt das Haus eine<br />

Zeitlang allein, dann verkauft sie es. Kurt sieht nicht ein, dass er sich an der Darlehenstilgung<br />

noch beteiligen soll. Er verlangt von Berta Freistellung von den Verbindlichkeiten<br />

gegenüber der B-Bank und Erstattung der Zins- und Tilgungsleistungen, die er seit der<br />

Trennung erbracht hat. Mit Recht?<br />

(3) Die Legalzession nach § 426 <strong>II</strong> BGB<br />

Probleme ergeben sich, wenn im Verhältnis zwischen Gläubiger und einem der Gesamtschuldner<br />

ein Haftungsausschluss oder eine Haftungsbegrenzung vereinbart oder<br />

gesetzlich vorgeschrieben ist, sog. gestörter Gesamtschuldnerausgleich.<br />

Fall 92: A nimmt B in seinem PKW mit und vereinbart mit diesem einen Haftungsausschluss.<br />

Es kommt zu einem Unfall, den A und der Fahrer C des entgegenkommenden<br />

PKWs gleichermaßen fahrlässig verschuldet haben. B erleidet einen Schaden von<br />

2.000 €. Kann B von C vollen Schadensersatz verlangen, obwohl er mit A einen Haftungsausschluss<br />

vereinbart hat?<br />

Fall 93 (nach BGHZ 103, 338 = NJW 1988, 2667): Der zweijährige Knirps verletzt sich<br />

auf dem Spielplatz an einer Rutsche. Der Unfall ist zur Hälfte von seinem Vater<br />

Abraham leicht fahrlässig verursacht, zur anderen Hälfte ist er die Folge einer<br />

schuldhaften Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Gemeinde. Knirps<br />

verlangt von der Gemeinde Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 €. Die Gemeinde<br />

wendet ein, Knirps müsse sich das Verschulden seines Vaters Abraham anrechnen<br />

lassen. Sie will nur die Hälfte zahlen. Mit Recht?<br />

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4. Abschnitt: Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern<br />

§ 15 Schuldnergemeinschaften (Überblick)<br />

§ 15 Schuldnergemeinschaften (Überblick)<br />

Eine Schuldnergemeinschaft liegt vor, wenn eine Leistung nur von allen gemeinsam zu<br />

erbringen ist. Gesetzlich ist dies für die Gesamthandgemeinschaften (nicht mit Gesamtschuld<br />

verwechseln!) vorgesehen.<br />

I. Gesamthandsgemeinschaft<br />

Es gibt drei Grundformen der Gesamthandsgemeinschaft: Die Gesellschaft – §§ 705 ff.<br />

BGB, die Gütergemeinschaft – §§ 1415 ff. BGB und die Erbengemeinschaft – §§ 2032<br />

ff. BGB. Bei den Gesamthandsgemeinschaften wird ein Vermögen den mehreren<br />

Personen zur gesamten Hand zugeordnet. Dieses Sondervermögen ist von dem<br />

Privatvermögen zu trennen. Der Einzelne hat einen Anteil an dem Sondervermögen<br />

insgesamt, nicht aber an einzelnen Gegenständen. Über die einzelnen Gegenstände,<br />

die zum Sondervermögen gehören, hat er keine Verfügungsbefugnis. Für Schulden der<br />

Gesamthand müssen die Gesamthänder gemeinsam mit ihrem Sondervermögen<br />

einstehen.<br />

<strong>II</strong>. Bruchteilsgemeinschaft<br />

Bei der im §§ 741 ff. BGB geregelten Bruchteilsgemeinschaft hat jede der mehreren<br />

Personen an einem einzelnen Recht einen ideellen Bruchteil. Dieses (ideelle) Recht an<br />

dem (real) ungeteilten Gegenstand ist durch die Mitberechtigung der Übrigen beschränkt.<br />

Dies hat zur Folge, dass der Einzelne nach § 747 S. 1 BGB nicht über das<br />

Recht verfügen (und sich zu einer Verfügung verpflichten) kann, sondern nur über<br />

seinen ideellen Bruchteil.<br />

§ 16 Schuldübernahme und Schuldbeitritt<br />

I. Begriffe<br />

<strong>II</strong>. Die befreiende Schuldübernahme, § 414 BGB<br />

1. Voraussetzungen<br />

a) Vertrag zwischen Neuschuldner und Gläubiger, § 414 BGB<br />

b) Genehmigter Vertrag zwischen Alt- und Neuschuldner, § 415 I 1 BGB<br />

c) Sonderfall: Hypothekenübernahme, § 416 BGB<br />

2. Wirkungen<br />

a) Schuldnerwechsel<br />

b) Erhalt von Einwendungen<br />

c) Sicherungsrechte<br />

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4. Abschnitt: Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern<br />

§ 16 Schuldübernahme und Schuldbeitritt<br />

<strong>II</strong>I. Der Schuldbeitritt, § 311 I BGB<br />

1. Voraussetzungen<br />

Der Schuldbeitritt erfolgt – wie die befreiende Schuldübernahme – durch Vertrag<br />

zwischen dem Beitretenden und dem Gläubiger oder durch Vertrag zwischen dem<br />

Beitretenden und dem Altschuldner, wobei hier keine Genehmigung erforderlich ist (da<br />

sich die Rechtsstellung des Gläubigers verbessert).<br />

Obwohl der Schuldbeitritt kein Verbraucherkreditvertrag (auch keine „sonstige Finanzierungshilfe”) iSv.<br />

§§ 491, 499 BGB ist, sind doch im Interesse des Verbraucherschutzes die Regelungen über den Verbraucherkredit<br />

auf ihn analog anwendbar, wenn es sich bei dem Vertrag, zu dem der Beitritt erfolgt, um einen Verbraucherkredit<br />

handelt (so zum alten Recht – VerbrKrG – BGHZ 133, 71 = NJW 1996, 2156; 134, 194, 197;<br />

138, 321, 325; vgl. zuletzt OLG Dresden v. 6.11.2001, GmbHR 2002, 269). Das Schutzbedürfnis des<br />

Beitretenden ist nicht geringer als das den Kreditnehmers. Voraussetzung ist natürlich, dass der Beitretende<br />

Verbraucher iSv. § 13 BGB ist.<br />

2. Abgrenzung von der Bürgschaft<br />

3. Wirkung<br />

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