Skript Teil II 1
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<strong>Teil</strong> <strong>II</strong>: Schuldrecht Allgemeiner <strong>Teil</strong><br />
1. Abschnitt: Einleitung<br />
§ 2 Das Schuldverhältnis I. Der Begriff des Schuldverhältnisses<br />
<strong>Teil</strong> <strong>II</strong>: Schuldrecht Allgemeiner <strong>Teil</strong><br />
Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, 31. Aufl. 2006; Köhler/Lorenz, Schuldrecht I, 19. Aufl. 2005; Medicus,<br />
Schuldrecht I. Allgemeiner <strong>Teil</strong>. 17. Aufl. 2006<br />
1. Abschnitt: Einleitung<br />
§ 2 Das Schuldverhältnis<br />
I. Der Begriff des Schuldverhältnisses<br />
1. Das Schuldverhältnis im engeren Sinne (§ 241 BGB)<br />
Schuldverhältnis im engeren Sinne ist das Recht des Gläubigers, vom Schuldner eine<br />
Leistung (Tun oder Unterlassen) zu fordern: der Anspruch.<br />
2. Das Schuldverhältnis im weiteren Sinne<br />
Schuldverhältnis im weiteren Sinne ist die Gesamtheit der zwischen zwei Personen<br />
bestehenden besonderen Rechtsbeziehungen, die sich aus einer Vielzahl von einzelnen<br />
Schuldverhältnissen im engeren Sinne (Forderungen) zusammensetzen können.<br />
3. Schuldverhältnis und Gefälligkeitsverhältnis<br />
Maier, Gefälligkeit und Haftung – LG Kiel, NJW 1998, 2539, JuS 2001, 746–751.<br />
Das Schuldverhältnis im Sinne einer rechtlichen Sonderbeziehung (Gefälligkeitsvertrag<br />
oder rechtsgeschäftliches Gefälligkeitsverhältnis) zwischen den Beteiligten ist abzugrenzen<br />
von Gefälligkeitshandlungen des täglichen Lebens oder im gesellschaftlichen<br />
Bereich, die ohne rechtlichen Bindungswillen erfolgen und deshalb kein Schuldverhältnis,<br />
sondern nur ein sog. reines Gefälligkeitsverhältnis entstehen lassen.<br />
Eine rechtsgeschäftliche Bindung wird immer dann zu bejahen sein, wenn<br />
- entweder für den Leistungsempfänger wesentliche wirtschaftliche Interessen auf<br />
dem Spiel stehen und er sich auf die Zusage verlässt,<br />
- oder wenn der Leistende – für den anderen erkennbar – an der Angelegenheit ein<br />
rechtliches oder wirtschaftliches Interesse hat.<br />
Fall 23 (AG Kaufbeuren, NJW-RR 2002, 382): Mutter M leiht ihrer Tochter T das Auto.<br />
Als T abends losfahren will, springt dieser nicht an. Daraufhin bittet sie den Nachbarn<br />
N um Starthilfe. Nach mehrfachen vergeblichen Startversuchen des N, wird das Auto<br />
am nächsten Morgen in die Werkstatt geschleppt. Dort stellt ein Gutachter erhebliche<br />
Elektronikschäden fest, die M auf die Starthilfeversuche des N zurückführt. Sie verlangt<br />
von N Schadensersatz. Mit Recht?<br />
Vgl. dazu auch AG Nürnberg, NJW-RR 2005, 1612<br />
Winkler v. Mohrenfels Grundkurs Zivilrecht I/2 WS 2006/07
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<strong>Teil</strong> <strong>II</strong>: Schuldrecht Allgemeiner <strong>Teil</strong><br />
1. Abschnitt: Einleitung<br />
§ 2 Das Schuldverhältnis <strong>II</strong>. Die Begründung des Schuldverhältnisses<br />
Fall 24 (nach BGH NJW 1992, 498): Anna und Berta arbeiten in derselben Fabrik.<br />
Jeden Morgen fahren sie gemeinsam mit Annas Wagen zur Arbeit und abends nach<br />
Hause zurück. Berta beteiligt sich mit monatlich 30 EUR an den Kosten. Eines Vormittags<br />
lässt Berta sich von ihrem Arbeitgeber beurlauben, weil sie sich wegen des Todes<br />
ihres Großvaters nicht arbeitsfähig fühlte. Während der Frühstückspause fährt Anna sie<br />
im Pkw des Arbeitskollegen Emil nach Hause. Auf der Fahrt verschuldet Anna leicht<br />
fahrlässig einen Unfall, bei dem Berta erheblich verletzt wird. Sie verlangt von Anna<br />
Schadensersatz. Zu Recht?<br />
4. Schuldverhältnis und absolutes Recht (die Relativität des Schuldverhältnisses)<br />
Fall 25: V und K1 einigen sich darüber, dass K1 das Auto des V zum Preise von 5.000<br />
EUR erwerben soll. Einen Tag später bietet K2 dem V 5.500 EUR. V nimmt das Angebot<br />
an und übergibt K2 den Wagen. Welche Rechte hat K1 gegenüber K2?<br />
<strong>II</strong>. Die Begründung des Schuldverhältnisses<br />
1. Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse, § 311 I<br />
a) Der Begriff des Rechtsgeschäfts (Wdhlg.)<br />
Ulrici, Geschäftsähnliche Handlungen, NJW 2003, 2053–2056.<br />
b) Schuldvertrag und einseitiges Rechtsgeschäft<br />
Nach dem Inhalt der entstehenden Leistungspflichten unterscheidet man:<br />
- einseitig verpflichtende Verträge (Beispiel: Schenkung, § 516)<br />
- zweiseitig verpflichtende Verträge, geteilt in:<br />
- unvollkommen zweiseitig verpflichtende (Beispiel: Leihe, § 598) und<br />
- synallagmatische Verträge (Beispiel: Kauf).<br />
Beispiele für gesetzliche Ermächtigungen zu einseitigen Rechtsgeschäften:<br />
- Dereliktion, § 928 I<br />
- Ausschlagung einer Erbschaft, § 1945 I<br />
- Anfechtung, §§ 119 ff.<br />
- Kündigung aus wichtigem Grund, §§ 626 (Dienstvertrag), 543 (Mietvertrag)<br />
- Rücktritt, §§ 323 (nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachte Leistung), 326 V (Unmöglichkeit)<br />
- letztwillige Verfügungen.<br />
c) Der Grundsatz der Vertragsfreiheit (Privatautonomie)<br />
Einschränkungen der Vertragsfreiheit:<br />
- AGB-Recht (§§ 305 ff BGB)<br />
- Wettbewerbsrecht: GWB/KartellG (Verhinderung von Monopolen), UWG, Rabattgesetz und ZugabeVO<br />
(Aufrechterhaltung eines lauteren Wettbewerbs)<br />
- Arbeitsrecht: KSchG, MuSchG, JarbSchG, HeimarbG, BurlG<br />
- Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)<br />
- Wohnungsmietrecht: §§ 549 ff. BGB<br />
- Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen, §§ 355 ff. BGB<br />
- Kontrahierungszwang auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge, z.B. für Energieversorgungsunternehmen<br />
(§ 6 EnergiewirtschaftsG) und für Beförderungsunternehmen (§ 22 PersonenbeförderungsG)<br />
Winkler v. Mohrenfels Grundkurs Zivilrecht I/2 WS 2006/07
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<strong>Teil</strong> <strong>II</strong>: Schuldrecht Allgemeiner <strong>Teil</strong><br />
1. Abschnitt: Einleitung<br />
§ 2 Das Schuldverhältnis <strong>II</strong>. Die Begründung des Schuldverhältnisses<br />
Fall 26 (LG Heidelberg NJW 1991, 927: Die „Schwule Jugendgruppe Heidelberg” hat es<br />
sich zur satzungsmäßigen Aufgabe gestellt, homosexuelle Jugendliche aus ihrer gesellschaftlichen<br />
Isolation zu befreien, ein Freizeitangebot zu beschaffen. Sie möchte gern<br />
Mitglied im Stadtjugendring Heidelberg werden, einer auf freiwilliger Grundlage gebildeten<br />
Arbeitsgemeinschaft der im Stadtgebiet tätigen Jugendverbände und sonstigen<br />
Jugendgemeinschaften. Ihr Aufnahmeantrag wurde jedoch abgelehnt. Die Jugendgruppe<br />
klagt auf Aufnahme in den Stadtjugendring. Mit Aussicht auf Erfolg?<br />
d) Typische und atypische Verträge<br />
2. Gesetzliche Schuldverhältnisse<br />
- GoA, §§ 677 ff.<br />
- ungerechtfertigte Bereicherung, §§ 812 ff.<br />
- unerlaubte Handlung, §§ 823 ff.<br />
- Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, §§ 987 ff.<br />
- Tatbestände der Gefährdungshaftung, Sondergesetze (z.B. StVG, LuftVG etc.).<br />
3. Rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse<br />
a) Die Lehre von den faktischen Vertragsverhältnissen<br />
(1) Dauerschuldverhältnisse trotz nichtiger Verträge?<br />
Bsp.: ArbG Ludwigshafen, NZA-RR 1997, 122<br />
(2) Schuldverhältnisse aus sozialtypischem Verhalten?<br />
Fall 27 (nach BGHZ 21, 319): PKW-Fahrer F stellt seinen Wagen täglich auf dem Rathausplatz<br />
der Stadt S ab. Auf dem Platz steht ein Schild mit der Aufschrift: „Parkgeldpflichtig<br />
und bewacht”. F erklärt den Parkplatzordnern, er zahle kein Entgelt, denn der<br />
Gemeingebrauch sei unentgeltlich und sein Auto werde ohnehin nicht gestohlen. Nach<br />
einem Monat verlangt die Stadt von F Zahlung von Parkgebühren in Höhe von 25 EUR.<br />
Mit Recht?<br />
Fall 28: Der 8jährige M macht ohne Wissen seiner Eltern eine Spazierfahrt mit der<br />
Hamburger U-Bahn. Als er bei einer Kontrolle ohne Fahrausweis erwischt wird, verlangt<br />
die HHA das tarifmäßig vorgesehene erhöhte Entgelt von 30 EUR. M's Eltern verweigern<br />
die Zahlung. Mit Recht?<br />
Vgl. dazu Winkler v. Mohrenfels, Der minderjährige Schwarzfahrer: JuS 1987, 692-695; Harder, Minderjährige<br />
Schwarzfahrer, NJW 1990, 857-864.<br />
b) Schuldverhältnisse aus Gewährung und Inanspruchnahme von Vertrauen<br />
(1) Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo), § 311 <strong>II</strong> Nr. 1<br />
(2) Anvertrauenshaftung, § 311 <strong>II</strong> Nr. 2<br />
(3) Ähnliche geschäftliche Kontakte, § 311 <strong>II</strong> Nr. 3<br />
(4) Die Eigenhaftung des Sachwalters, § 311 <strong>II</strong>I<br />
Winkler v. Mohrenfels Grundkurs Zivilrecht I/2 WS 2006/07
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<strong>Teil</strong> <strong>II</strong>: Schuldrecht Allgemeiner <strong>Teil</strong><br />
2. Abschnitt: Das Recht der Leistungsstörungen<br />
§ 3 Das System des Leistungsstörungsrechts I. Begriff und Arten der Leistungsstörungen<br />
(5) Weitere anerkannte Schutzpflichtverhältnisse (§ 242 BGB)<br />
(a) Vertragsnachwirkung (culpa post contractum finitum)<br />
(b) Laufende Geschäftsverbindung<br />
§ 3 Das System des Leistungsstörungsrechts<br />
I. Begriff und Arten der Leistungsstörungen<br />
<strong>II</strong>. Überblick über die Rechtsfolgen von Leistungsstörungen<br />
1. Schadensersatz wegen Pflichtverletzung, § 280 I<br />
2. Schadensersatz wegen Verzuges, §§ 280 <strong>II</strong>, 286<br />
3. Schadensersatz statt der Leistung, §§ 280 <strong>II</strong>I, 281–283<br />
a) Nichtleistung oder Schlechtleistung trotz Fristsetzung, § 281<br />
b) Zur Unzumutbarkeit der Leistungsannahme führende Schutzpflichtverletzung,<br />
§ 282<br />
c) Unmöglichkeit der Leistung, §§ 275 IV, 283<br />
4. Weitere Rechte des Gläubigers<br />
a) Stellvertretendes commodum bei Unmöglichkeit, § 285<br />
b) Aufwendungsersatz anstelle des Schadensersatzes, § 284<br />
c) Bei gegenseitigen Verträgen ferner<br />
(1) Einrede des nichterfüllten Vertrags, § 323<br />
(2) Unsicherheitseinrede, § 321<br />
(3) Rücktrittsrecht des Gläubigers in folgenden Fällen:<br />
(a) Leistung wird nicht oder nicht vertragsgemäß erbracht, § 323<br />
(b) Leistung ist unmöglich, § 326 V<br />
(4) Befreiung von der Gegenleistungspflicht bei Unmöglichkeit, § 326 I, <strong>II</strong><br />
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