Ethik-Kommissionen in der medizinischen Forschung - Fachbereich ...
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v. Dewitz/Luft/Pestalozza Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung - Oktober 2004 (3) sonstige medizinische Studien Das für Klinische Prüfung von Medizinprodukten ausgeführte, gilt auch für sonstige klinische Studien mit nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen, wobei diese zumeist noch einer entsprechenden einfachgesetzlichen Konkretisierung harren. 6. Feststellbarkeit und Abwägung von Nutzen und Risiko einer Studie Ist damit der Maßstab des erforderlichen Nutzens und Risikos umrissen, stellt sich für die das Recht vollziehende Ethik-Kommission die Frage der Möglichkeiten, diese im Einzelfall festzustellen, bevor eine Abwägung beider Aspekte erfolgen kann. Insoweit ist zu prüfen, ob die Unterlagen dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen, vgl. § 42 Abs. 1 Nr. 2 AMG n.F. Rechtlicherseits stehen der Ethik-Kommission in direkter oder analoger Anwendung von § 26 VwVfG mehrere Möglichkeiten der diesbezüglichen Sachverhaltsermittlung von Amts wegen zur Verfügung: a) Angaben des Antragstellers Der Antragsteller hat in seinem der Ethik-Kommission nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 GCP-V vorzulegenden Protokoll den von ihm erwarteten Nutzen für die Allgemeinheit bzw. den Studienteilnehmer und die möglicherweise sich für diesen aus der Studie ergebenden Risiken darzustellen, vgl. Art. 1 Abs. 4 Richtlinie 2001/20/EG i.V.m. Abschnitt 6.2.3 GCP/ICH. Aus der nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 GCP-V ebenfalls bei de Ethik-Kommission einzureichenden Prüferinformation ergibt sich, welche Ergebnisse vorangegangene klinische und nichtklinische Untersuchungen gezeigt haben, vgl. Art. 1 Abs. 4 Richtlinie 2001/20/EG i.V.m. Abschnitt 7.3.6 b) GCP/ICH. Wo außerhalb von Arzneimittelprüfungen eine ausführliche Beschreibung der präklinischen Tests und der Risikodaten nicht in einer Prüferinformation zusammengefasst sind, müssen die notwendigen Angaben seitens der Ethik-Kommission vom Antragsteller abgefordert werden. b) Publizierte bzw. registrierte Daten Ein weiteres mögliches Beweismittel sind bereits publizierte Daten zum fraglichen Thema. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass Ergebnisse von Studien häufig nicht publiziert werden. Dies kollidiert mit dem in Art. 3 Abs. 2 a) der Richtlinie 2001/20/EG Erfordernis, dass die Klinische Prüfung einen Nutzen für die Allgemeinheit haben muss. Sollte daher von vorneherein erkennbar 294
v. Dewitz/Luft/Pestalozza Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung - Oktober 2004 sein, dass in bestimmten Fällen das Ergebnis einer Studie nicht publiziert werden soll, dürfte ein Nutzen für die Allgemeinheit zweifelhaft und die Studiendurchführung daher seitens der Ethik-Kommission abzulehnen sein. Wohl aus Rücksichtnahme vor den Interessen der Industrie hat man aber auch die 12. AMG-Novelle nicht zum Anlass genommen, eine derartige Publikationspflicht nochmals expressis verbis in das Gesetz aufzunehmen. Es bleibt daher der Auslegung des geforderten Nutzens einer Klinischen Prüfung für die Allgemeinheit durch die Ethik-Kommissionen und ggf. die Gerichte überlassen, ob sich ohnedies eine regelmäßige Publikation auch unliebsamer, weil negativer Ergebnisse über die Nutzen/Risiko-Abwägung durchsetzen lässt. Denn letztere werden, zumindest soweit es sich um Studien, welche im Auftrag der Industrie durchgeführt werden, aus Marketing- und Geheimhaltungsinteressen häufig nicht veröffentlicht 382 . Ob die Klinische Prüfung einen Nutzen für die Allgemeinheit und/oder die Teilnehmer hat und welche Risiken damit einhergehen, lässt sich daher nicht (allein) aufgrund der publizierten Daten entscheiden. Auch kann auf dieser Grundlage nicht über die Relevanz als Teilaspekt des Nutzens für die Allgemeinheit entschieden werden, weil offen bleibt, ob die Studie bereits schon einmal durchgeführt wurde. Die Gefahr der mehrfachen Durchführung klinischer Prüfungen zu derselben Fragestellung ist damit entgegen Erwägungsgrund (6) der Richtlinie 2001/20/EG nicht gebannt. Die hierdurch zumindest mitbedingte Fehleinschätzung von Nutzen und Risiko einer Studie durch die Ethik-Kommission kann für den Studienteilnehmer u.U. tödliche Konsequenzen haben 383 . Zwar müssen nunmehr die während des Studienverlaufes auftretenden mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen einer Wirksubstanz in die bei der EMEA geführte Europäische Datenbank (EudraCT) seitens des Sponsors eingegeben werden, auf diese haben aber nur die zuständige Bundesoberbehörde und die Arzneimittelagentur sowie die (Europäische) 382 Victor, Klinische Studien: Notwendigkeit der Registrierung aus Sicht der Ethik- Kommissionen, Dt. Ärzteblatt Jg. 101, Juli 2004, A2111 f. m.w.N. 383 Tonks, A clinical trial register for europe, British Journal of Medicine (BMJ) 2002, 325; 1314-1315. 295
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<strong>Ethik</strong>kommissionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen <strong>Forschung</strong> - Oktober 2004<br />
se<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong> bestimmten Fällen das Ergebnis e<strong>in</strong>er Studie nicht publiziert werden<br />
soll, dürfte e<strong>in</strong> Nutzen für die Allgeme<strong>in</strong>heit zweifelhaft und die<br />
Studiendurchführung daher seitens <strong>der</strong> <strong>Ethik</strong>-Kommission abzulehnen se<strong>in</strong>. Wohl<br />
aus Rücksichtnahme vor den Interessen <strong>der</strong> Industrie hat man aber auch die 12.<br />
AMG-Novelle nicht zum Anlass genommen, e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>artige Publikationspflicht<br />
nochmals expressis verbis <strong>in</strong> das Gesetz aufzunehmen. Es bleibt daher <strong>der</strong><br />
Auslegung des gefor<strong>der</strong>ten Nutzens e<strong>in</strong>er Kl<strong>in</strong>ischen Prüfung für die<br />
Allgeme<strong>in</strong>heit durch die <strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong> und ggf. die Gerichte überlassen,<br />
ob sich ohnedies e<strong>in</strong>e regelmäßige Publikation auch unliebsamer, weil negativer<br />
Ergebnisse über die Nutzen/Risiko-Abwägung durchsetzen lässt.<br />
Denn letztere werden, zum<strong>in</strong>dest soweit es sich um Studien, welche im Auftrag<br />
<strong>der</strong> Industrie durchgeführt werden, aus Market<strong>in</strong>g- und Geheimhaltungs<strong>in</strong>teressen<br />
häufig nicht veröffentlicht 382 . Ob die Kl<strong>in</strong>ische Prüfung e<strong>in</strong>en Nutzen für die<br />
Allgeme<strong>in</strong>heit und/o<strong>der</strong> die Teilnehmer hat und welche Risiken damit<br />
e<strong>in</strong>hergehen, lässt sich daher nicht (alle<strong>in</strong>) aufgrund <strong>der</strong> publizierten Daten<br />
entscheiden.<br />
Auch kann auf dieser Grundlage nicht über die Relevanz als Teilaspekt des<br />
Nutzens für die Allgeme<strong>in</strong>heit entschieden werden, weil offen bleibt, ob die<br />
Studie bereits schon e<strong>in</strong>mal durchgeführt wurde. Die Gefahr <strong>der</strong> mehrfachen<br />
Durchführung kl<strong>in</strong>ischer Prüfungen zu <strong>der</strong>selben Fragestellung ist damit entgegen<br />
Erwägungsgrund (6) <strong>der</strong> Richtl<strong>in</strong>ie 2001/20/EG nicht gebannt.<br />
Die hierdurch zum<strong>in</strong>dest mitbed<strong>in</strong>gte Fehle<strong>in</strong>schätzung von Nutzen und Risiko<br />
e<strong>in</strong>er Studie durch die <strong>Ethik</strong>-Kommission kann für den Studienteilnehmer u.U.<br />
tödliche Konsequenzen haben 383 .<br />
Zwar müssen nunmehr die während des Studienverlaufes auftretenden<br />
mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen e<strong>in</strong>er<br />
Wirksubstanz <strong>in</strong> die bei <strong>der</strong> EMEA geführte Europäische Datenbank (EudraCT)<br />
seitens des Sponsors e<strong>in</strong>gegeben werden, auf diese haben aber nur die zuständige<br />
Bundesoberbehörde und die Arzneimittelagentur sowie die (Europäische)<br />
382 Victor, Kl<strong>in</strong>ische Studien: Notwendigkeit <strong>der</strong> Registrierung aus Sicht <strong>der</strong> <strong>Ethik</strong>-<br />
<strong>Kommissionen</strong>, Dt. Ärzteblatt Jg. 101, Juli 2004, A2111 f. m.w.N.<br />
383 Tonks, A cl<strong>in</strong>ical trial register for europe, British Journal of Medic<strong>in</strong>e (BMJ) 2002, 325;<br />
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