Ethik-Kommissionen in der medizinischen Forschung - Fachbereich ...

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v. Dewitz/Luft/Pestalozza Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung - Oktober 2004 In Art. 4 (Minderjährige als Prüfungsteilnehmer) heißt es: „Zusätzlich zu allen relevanten Einschränkungen darf eine Klinische Prüfung Minderjährigen nur durchgeführt werden, wenn .... an g) die Klinischen Prüfungen so geplant sind, dass sie unter Berücksichtigung der Erkrankung und des Entwicklungsstadiums mit möglichst wenig Schmerzen, Beschwerden, Angst und anderen vorhersehbaren Risiken verbunden sind; sowohl die Risikoschwelle als auch der Belastungsgrad müssen eigens definiert und ständig überprüft werden“ Durch die Einleitungsworte „zusätzliche zu allen relevanten Einschränkungen“ sind insbesondere die in Art. 3 Abs. 2 a) und c) genannten Voraussetzungen in Bezug genommen. An diesen Vorgaben muss sich auch die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts durch die Ethik-Kommissionen orientieren 380 . Im Einzelnen sind die genannten Regeln wie folgt durch den nationalen Gesetzgeber umgesetzt worden: (1) Arzneimittelrecht Bei der Klinischen Prüfung von Arzneimitteln mit Minderjährigen sind das zu erwartende Risiko und andere Belastungen möglichst gering zu halten, vgl. § 40 Abs. 4 Nr. 4 AMG n.F. Das erlaubte Risiko und die erlaubte Belastung darf also nicht über das für die Erreichung des Forschungsziels unbedingt notwendige Maß hinausgehen. Soweit also etwa die Häufigkeit von Prüfsubstanzgaben, studienbedingten Blutabnahmen oder Untersuchungen begrenzt werden kann, ist diese Begrenzung schon im Prüfplan vorzunehmen. Dies gilt sowohl nur auch eigennützig erlaubten Klinischen Prüfung von Prophylaktika und Diagnostika nach § 40 Abs. 4 Nr. 1 AMG n.F., wie bei der auch eigennützige Klinischen Prüfung von Therapeutika, § 41 Abs. 2 Nr. 1 AMG n.F. Soweit der Minderjährige in ansonsten zulässiger Weise an einer Klinischen Prüfung eines Therapeutikums teilnimmt, deren Durchführung für ihn keinen 380 Begründung zu § 41 des RegE AMG, BT Drs. 15/2109, S. 32. 288

v. Dewitz/Luft/Pestalozza Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung - Oktober 2004 medizinischen Nutzen i.S. einer medizinischen Indikation der Prüfsubstanz (d.h. Wirksubstanz oder Vergleichssubstanz) erwarten lässt, darf derartige „gruppennützige“ Forschung nur ein minimales Risiko bzw. minimale Belastungen für den Studienteilnehmer mit sich bringen, vgl. § 41 Abs. 2 Nr. 2 d) S. 1 AMG n.F. Hierbei handelt es sich um einen zwar alters- und entwicklungssowie krankheitsabhängigen Maßstab, vgl. Art. 4 g) der Richtlinie 2001/20/EG, der allerdings in dem Sinn absolut zu verstehen ist, als er nicht in Relation mit dem erwarteten Nutzen der Klinischen Prüfung bestimmt wird. Ungeachtet eines erwarteten Nutzens ist daher gruppennützige Arzneimittelprüfung mit einem Minderjährigen, welches für diesen mehr als ein minimales Risiko und anderen Belastungen mit sich bringt, rechtlich unzulässig. Dies betrifft vor allem auch die immer wieder diskutierten placebokontrollierten Studien (im Ad-on-Design, d.h. zusätzlich zu Standardtherapie). Hierbei ist die Teilnahme des Minderjährigen in der Gruppe, welche die zu prüfende Wirksubstanz erhält, auch eigennützig, das erlaubte Risiko darf also „möglichst gering“ sein, vgl. § 41 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 40 Abs. 4 Nr. 4 AMG n.F. Erhält der minderjährige Prüfungsteilnehmer aber ein Placebo, wird er lediglich aufgrund des hierdurch erwarteten Gruppennutzens in die Klinische Prüfung einbezogen. Für ihn gelten dann die Beschränkungen des § 41 Abs. 2 Nr. 2 d) AMG n.F. Das Risiko darf dann nur „minimal“ sein. Soweit die mit der lediglich gruppennützigen Teilnahme eines Minderjährigen einhergehenden Placebogaben oder studienbedingten Blutabnahmen bzw. anderen medizinischen Maßnahmen eine mehr als minimale Belastung für diesen darstellen, ist die Durchführung der Studie nicht rechtmäßig. Entscheidend für die Beurteilung der Einhaltung dieser Risikoschwelle seitens der Ethik-Kommission ist nun, welche Maßnahmen nach der Auffassung des Gesetzgebers nun konkret als „minimal belastend“ bzw. „minimal risikoreich“ anzusehen sind. Eine gesetzliche Definition des unbestimmten Rechtsbegriffs der Minimalität von Risiken und Belastungen ist durch § 41 Abs. 2 Nr. 2 d) S. 2 AMG n.F. erfolgt: „Die Forschung weist“ danach „nur ein minimales Risiko auf, wenn nach Art und Umfang der Intervention zu erwarten ist, dass sie allenfalls zu einer sehr geringfügigen und vorübergehenden Beeinträchtigung der Gesundheit der betroffenen Person führen wird; sie weist eine minimale Belastung auf, wenn zu erwarten ist, dass die Unannehmlichkeiten für die betroffene Person allenfalls vorübergehend auftreten und sehr geringfügig sein werden.“ 289

v. Dewitz/Luft/Pestalozza<br />

<strong>Ethik</strong>kommissionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen <strong>Forschung</strong> - Oktober 2004<br />

In Art. 4 (M<strong>in</strong><strong>der</strong>jährige als Prüfungsteilnehmer) heißt es:<br />

„Zusätzlich zu allen relevanten E<strong>in</strong>schränkungen darf e<strong>in</strong>e Kl<strong>in</strong>ische Prüfung<br />

M<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen nur durchgeführt werden, wenn ....<br />

an<br />

g) die Kl<strong>in</strong>ischen Prüfungen so geplant s<strong>in</strong>d, dass sie unter Berücksichtigung <strong>der</strong><br />

Erkrankung und des Entwicklungsstadiums mit möglichst wenig Schmerzen,<br />

Beschwerden, Angst und an<strong>der</strong>en vorhersehbaren Risiken verbunden s<strong>in</strong>d; sowohl die<br />

Risikoschwelle als auch <strong>der</strong> Belastungsgrad müssen eigens def<strong>in</strong>iert und ständig überprüft<br />

werden“<br />

Durch die E<strong>in</strong>leitungsworte „zusätzliche zu allen relevanten E<strong>in</strong>schränkungen“<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die <strong>in</strong> Art. 3 Abs. 2 a) und c) genannten Voraussetzungen <strong>in</strong><br />

Bezug genommen.<br />

An diesen Vorgaben muss sich auch die Auslegung und Anwendung des<br />

e<strong>in</strong>fachen Rechts durch die <strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong> orientieren 380 .<br />

Im E<strong>in</strong>zelnen s<strong>in</strong>d die genannten Regeln wie folgt durch den nationalen<br />

Gesetzgeber umgesetzt worden:<br />

(1) Arzneimittelrecht<br />

Bei <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ischen Prüfung von Arzneimitteln mit M<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen s<strong>in</strong>d das zu<br />

erwartende Risiko und an<strong>der</strong>e Belastungen möglichst ger<strong>in</strong>g zu halten, vgl. § 40<br />

Abs. 4 Nr. 4 AMG n.F. Das erlaubte Risiko und die erlaubte Belastung darf also<br />

nicht über das für die Erreichung des <strong>Forschung</strong>sziels unbed<strong>in</strong>gt notwendige Maß<br />

h<strong>in</strong>ausgehen. Soweit also etwa die Häufigkeit von Prüfsubstanzgaben,<br />

studienbed<strong>in</strong>gten Blutabnahmen o<strong>der</strong> Untersuchungen begrenzt werden kann, ist<br />

diese Begrenzung schon im Prüfplan vorzunehmen. Dies gilt sowohl nur auch<br />

eigennützig erlaubten Kl<strong>in</strong>ischen Prüfung von Prophylaktika und Diagnostika<br />

nach § 40 Abs. 4 Nr. 1 AMG n.F., wie bei <strong>der</strong> auch eigennützige Kl<strong>in</strong>ischen<br />

Prüfung von Therapeutika, § 41 Abs. 2 Nr. 1 AMG n.F.<br />

Soweit <strong>der</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>jährige <strong>in</strong> ansonsten zulässiger Weise an e<strong>in</strong>er Kl<strong>in</strong>ischen<br />

Prüfung e<strong>in</strong>es Therapeutikums teilnimmt, <strong>der</strong>en Durchführung für ihn ke<strong>in</strong>en<br />

380 Begründung zu § 41 des RegE AMG, BT Drs. 15/2109, S. 32.<br />

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