Ethik-Kommissionen in der medizinischen Forschung - Fachbereich ...
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v. Dewitz/Luft/Pestalozza Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung - Oktober 2004 gewährleisten. Bei Zweifeln an den Auswirkungen einer medizinischen Maßnahme auf das Ungeborene, ist eine bestehende Schwangerschaft als Ausschlusskriterium zu definieren. Auch dies ist von der Ethik-Kommission zu prüfen und zu überwachen 369 . An den Vorgaben der europäischen Menschenrechtskonvention sind alle Rechtsakte der Europäischen Union zu messen, vgl. Art. 6 Abs. 2 EUV. Nach Art. 3 Abs. 2c) der Europäischen Richtlinie 2001/20/EG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Klinischen Prüfung von Humanarzneimitteln ist das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Studienteilnehmers daher auch zu gewährleisten. A minore ad majus und in grundrechtskonformer Auslegung dieser Vorschrift ist damit auch das Recht auf Leben des Forschungsteilnehmers zu schützen, vgl. Art. 6 Abs. 2 EUV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 EMRK. Es handelt sich dabei um ein zusätzliches Erfordernis, welches die Nutzen/Risiko-Abwägung, die nach Art. 3 Abs. 2 a) dieser Richtlinie vorzunehmen ist, konkretisiert und begrenzt. Die vorgenannten menschrechtlichen Erfordernisse müssen auch den völkerrechtlichen Vorgaben der Ziff. 5 des Nürnberger Kodex von 1947 370 entsprechen. Hiernach darf der Versuch nicht durchgeführt werden, wenn anzunehmen ist, dass der Studienteilnehmer hierdurch einen dauerhaften körperlichen Schaden oder den Tod erleidet. Eine Einwilligung in derartige Maßnahmen wird als sittenwidrig und daher nach § 138 BGB für unwirksam zu erachten sein, mit der Folge, dass eine Strafbarkeit des Arztes nach §§ 223, 224, 226, 227 StGB i.V.m. § 228 StGB wegen Körperverletzung (u.U. mit Todesfolge) anzunehmen ist 371 . c) Einfachgesetzlich zulässiges Risiko Das Risiko für den Forschungsteilnehmer muss ärztlich vertretbar sein, vgl. § 40 Abs. 1 Nr. 2 AMG n.F., § 20 Abs. 1 Nr. 1 MPG. Die ärztliche Vertretbarkeit des Risikos ist grundrechts- und richtlinienkonform nach den vorstehenden Erwägungen dahingehend auszulegen, dass eine Teilnahme an einem Vorhaben, welches mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu bleibenden Schäden oder 369 Vgl. hierzu die Festlegungen in § 20 Abs. 5 Medizinproduktegesetz. 370 Grundsätze des Nürnberger Ärzteprozesses, NJW 1949, 377; ausführliche Dokumentation bei Mitscherlich/Mielke: Medizin ohne Menschlichkeit. Dokumente des Nürnberger Ärzteprozesses. Frankfurt/M. 1978. 371 Deutsch, Fn. 360, S. 1, 7. 282
v. Dewitz/Luft/Pestalozza Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung - Oktober 2004 zum Tod des Forschungsteilnehmers führen würde, rechtswidrig ist. Diese nicht überschreitbare Risikoschwelle gilt für alle Studien. Unterhalb dieser absoluten Risikoschwelle hängt das Maß des zulässigen Risikos von der Bedeutung des Arzneimittels bzw. Medizinproduktes für die Heilkunde und/oder – bei Kranken- vom therapeutischen Nutzen für den Studienteilnehmer und auch seiner Einwilligungsfähigkeit ab. Handelt es sich also nur um eine leichte Erkrankung, zu deren Behebung die zu prüfende Substanz verabreicht wird, darf studienbedingt kein erhöhtes Risiko einer Schädigung in Kauf genommen werden. Umgekehrt kann bei schwerwiegenderen, lebensbedrohlichen Zuständen ein studienbedingt erhöhtes (aber nicht überwiegendes) Risiko einer bleibenden Schädigung eher vertretbar sein. Ist hingegen ein therapeutischer Vorteil für den Studienteilnehmer nicht zu erwarten, muss das Risiko möglichst gering gehalten werden. d) Exkurs: Vorenthaltung einer vorhandenen Standardtherapie/Nichtbehandlung und reine Placebokontrolle Fraglich ist, ob und ggf. wie weit eine Vorenthaltung einer vorhandenen und verfügbaren Standardtherapie rechtlich zulässig ist. Bis zur 12. AMG- Novelle war zumindest in den Bundesländern, welche durch die Berufsordnung der Ärzte Bezug auf die Deklaration von Helsinki in der Fassung von 1996 nahmen, die Vorenthaltung einer vorhandenen Standardtherapie nicht zulässig. Nach Abschnitt II. Nr. 3 gilt: „In any medical study, every patient – including those of a control group, if any – should bei assured of the best proven diagnostic and therapeutic method. This does not exclude the use of inert placebo in studies where no proven diagnostic or therapeutic method exists.” Zwar erwähnt die Richtlinie 2001/20/EG in ihrem Erwägungsgrund (2) auf die Deklaration von Helsinki in der Fassung von 1996, es handelt sich aber insoweit nicht um eine diese regulatorisch einbeziehende rechtliche Verweisung, sondern nur um einen Hinweis auf die in der klinischen Forschung auch bislang schon garantierte Menschenwürde. Da sich auch in den übrigen Richtlinienbestimmungen kein ausdrücklicher Hinweis auf die Frage der rechtlichen Zulässigkeit der Vorenthaltung einer vorhandenen Standardbehandlung im Rahmen der Klinischen Prüfung eines Arzneimittels findet, ist auf die allgemeinen Regeln zurückzugreifen. Der nationale Gesetzgeber hat insoweit einen Umsetzungsspielraum, dessen absolute Grenze aber im Lichte 283
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<strong>Ethik</strong>kommissionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen <strong>Forschung</strong> - Oktober 2004<br />
gewährleisten. Bei Zweifeln an den Auswirkungen e<strong>in</strong>er mediz<strong>in</strong>ischen<br />
Maßnahme auf das Ungeborene, ist e<strong>in</strong>e bestehende Schwangerschaft als<br />
Ausschlusskriterium zu def<strong>in</strong>ieren. Auch dies ist von <strong>der</strong> <strong>Ethik</strong>-Kommission zu<br />
prüfen und zu überwachen 369 . An den Vorgaben <strong>der</strong> europäischen<br />
Menschenrechtskonvention s<strong>in</strong>d alle Rechtsakte <strong>der</strong> Europäischen Union zu<br />
messen, vgl. Art. 6 Abs. 2 EUV. Nach Art. 3 Abs. 2c) <strong>der</strong> Europäischen Richtl<strong>in</strong>ie<br />
2001/20/EG zur Harmonisierung <strong>der</strong> Rechtsvorschriften <strong>der</strong> Mitgliedstaaten auf<br />
dem Gebiet <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ischen Prüfung von Humanarzneimitteln ist das Recht auf<br />
körperliche Unversehrtheit des Studienteilnehmers daher auch zu gewährleisten.<br />
A m<strong>in</strong>ore ad majus und <strong>in</strong> grundrechtskonformer Auslegung dieser Vorschrift ist<br />
damit auch das Recht auf Leben des <strong>Forschung</strong>steilnehmers zu schützen, vgl. Art.<br />
6 Abs. 2 EUV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 EMRK. Es handelt sich dabei um e<strong>in</strong><br />
zusätzliches Erfor<strong>der</strong>nis, welches die Nutzen/Risiko-Abwägung, die nach Art. 3<br />
Abs. 2 a) dieser Richtl<strong>in</strong>ie vorzunehmen ist, konkretisiert und begrenzt.<br />
Die vorgenannten menschrechtlichen Erfor<strong>der</strong>nisse müssen auch den<br />
völkerrechtlichen Vorgaben <strong>der</strong> Ziff. 5 des Nürnberger Kodex von 1947 370<br />
entsprechen. Hiernach darf <strong>der</strong> Versuch nicht durchgeführt werden, wenn<br />
anzunehmen ist, dass <strong>der</strong> Studienteilnehmer hierdurch e<strong>in</strong>en dauerhaften<br />
körperlichen Schaden o<strong>der</strong> den Tod erleidet. E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>willigung <strong>in</strong> <strong>der</strong>artige<br />
Maßnahmen wird als sittenwidrig und daher nach § 138 BGB für unwirksam zu<br />
erachten se<strong>in</strong>, mit <strong>der</strong> Folge, dass e<strong>in</strong>e Strafbarkeit des Arztes nach §§ 223, 224,<br />
226, 227 StGB i.V.m. § 228 StGB wegen Körperverletzung (u.U. mit Todesfolge)<br />
anzunehmen ist 371 .<br />
c) E<strong>in</strong>fachgesetzlich zulässiges Risiko<br />
Das Risiko für den <strong>Forschung</strong>steilnehmer muss ärztlich vertretbar se<strong>in</strong>, vgl. § 40<br />
Abs. 1 Nr. 2 AMG n.F., § 20 Abs. 1 Nr. 1 MPG. Die ärztliche Vertretbarkeit des<br />
Risikos ist grundrechts- und richtl<strong>in</strong>ienkonform nach den vorstehenden<br />
Erwägungen dah<strong>in</strong>gehend auszulegen, dass e<strong>in</strong>e Teilnahme an e<strong>in</strong>em Vorhaben,<br />
welches mit e<strong>in</strong>er überwiegenden Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit zu bleibenden Schäden o<strong>der</strong><br />
369 Vgl. hierzu die Festlegungen <strong>in</strong> § 20 Abs. 5 Mediz<strong>in</strong>produktegesetz.<br />
370 Grundsätze des Nürnberger Ärzteprozesses, NJW 1949, 377; ausführliche Dokumentation<br />
bei Mitscherlich/Mielke: Mediz<strong>in</strong> ohne Menschlichkeit. Dokumente des Nürnberger<br />
Ärzteprozesses. Frankfurt/M. 1978.<br />
371 Deutsch, Fn. 360, S. 1, 7.<br />
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