Ethik-Kommissionen in der medizinischen Forschung - Fachbereich ...

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v. Dewitz/Luft/Pestalozza Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung - Oktober 2004 Aufgrund der mit Verwaltungsakten vergleichbaren Bindungswirkung und des Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes gegen Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ist analog 39 VwVfG eine Begründungspflicht für ablehnende Stellungnahmen auch dort anzunehmen, wo keine satzungsrechtliche Pflicht hierzu besteht. 8. Begleitung des Vorhabens Eine Mitteilungspflicht für während der Klinischen Prüfung aufgetretene nachteilige Vorkommnisse existiert nur gegenüber der zuständigen Behörde, vgl. § 22 MPG i.V.m. Abschnitt 2.3.5 des Anhangs X der Richtlinie 1993/42/EG. Eine (zustimmende) Stellungnahme der Ethik-Kommission zu geplanten Protokolländerungen einzuholen, ist rechtlich ebenfalls nicht vorgesehen, aber faktisch üblich. 9. Rücknahme und Widerruf von Stellungnahmen nach § 20 Abs. 7 MPG Im Medizinprodukterecht findet sich keine Aussage zur Frage der Rücknahme bzw. des Widerrufs von Stellungnahmen der Ethik-Kommission. Da die nach § 20 Abs. 7 MPG abgegebenen Stellungnahmen keine Verwaltungsakte i.S.d. § 35 S. 1 VwVfG darstellen, sind die Vorschriften über die Rücknahme (§ 48 Abs. 1 VwVfG) bzw. den Widerruf (§ 49 Abs. 2 VwVfG) nicht direkt anwendbar. Fraglich ist aber, ob auch hier eine analoge Anwendung §§ 48, 49 VwVfG möglich ist. Eine Regelungslücke liegt zumindest dort vor, wo die Satzungen der Ethik-Kommissionen keine Aussage über die Rücknahme bzw. den Widerruf von Stellungnahmen beinhalten. a) Die Rücknahme einer Stellungnahme nach § 20 Abs. 7 MPG Die Möglichkeit der Rücknahme rechtswidriger Handlungen der Verwaltung analog § 48 Abs. 1 VwVfG ist auf mit Verwaltungsakten vergleichbaren vertrauensbegründende einseitige Handlungen der Verwaltung auf Grund öffentlichen Rechts im Über- und Unterordnungsverhältnis anerkannt 330 . Die entsprechende Anwendung des § 48 VwVfG setzt allerdings stets eine dem Verwaltungsakt ähnliche Bindungswirkung voraus 331 . 330 OVG Hamburg NVwZ 1988, S. 73. 331 Ramsauer, Fn. 257, § 48 Rn. 8. 250

v. Dewitz/Luft/Pestalozza Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung - Oktober 2004 Die zustimmende Stellungnahme nach § 20 Abs. 7 S. 1 MPG eröffnet den Antragstellern nur das Recht zum sofortigen Beginn der Klinischen Prüfung eines Medizinproduktes. Allerdings liegt, wie oben ausgeführt, eine faktische Bindungswirkung vor, welche der eines Verwaltungsakts vergleichbar ist. Soweit die Stellungnahme allerdings mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang steht wird er sich an ihrem Inhalt orientieren. Demnach ist die Rücknahme einer Stellungnahme rechtswidrigen Inhaltes analog § 48 Abs. 1 VwVfG rechtlich möglich. b) Der Widerruf einer Stellungnahme nach § 20 Abs. 7 MPG Fraglich ist, ob ein Widerruf einer Stellungnahme analog § 49 Abs. 2 VwVfG rechtlich möglich ist. Als Widerrufsgrund ist insbesondere § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG analog einschlägig. Hiernach darf ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Bei Auftreten unerwünschter Ereignisse, welche die Durchführung der Klinischen Prüfung nicht mehr als ärztlich vertretbar erscheinen ließen, wäre ein derartiger Fall gegeben. Ähnlich wie auch § 48 VwVfG ist § 49 VwVfG zu Teilen analog auch auf einseitige schlichthoheitliche Handlungen der Behörde anwendbar 332 . Eine Verwaltungsakten ähnliche Bindungswirkung des schlichthoheitlichen Handelns liegt vor. Danach erscheint der Widerruf einer nach § 20 Abs. 7 S. 1 MPG abgegebenen positiven Stellungnahme analog § 49 Abs. 2 VwVfG rechtlich möglich. 10. Rechtsbehelfe gegenüber Stellungnahmen von Ethik-Kommissionen a) Eingreifen der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG gegenüber Stellungnahmen der Ethik-Kommission nach § 20 Abs. 7 MPG Wie bereits ausgeführt, wird die Ethik-Kommission in Vollzugs öffentlichen Rechts in Form eines schlichten Verwaltungshandeln tätig. Sofern die Ethik- 332 BVerwGE 90, 299; VGH Mannheim NVwZ 1991, S. 80. 251

v. Dewitz/Luft/Pestalozza<br />

<strong>Ethik</strong>kommissionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen <strong>Forschung</strong> - Oktober 2004<br />

Aufgrund <strong>der</strong> mit Verwaltungsakten vergleichbaren B<strong>in</strong>dungswirkung und<br />

des Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes gegen Maßnahmen <strong>der</strong><br />

öffentlichen Gewalt ist analog 39 VwVfG e<strong>in</strong>e Begründungspflicht für<br />

ablehnende Stellungnahmen auch dort anzunehmen, wo ke<strong>in</strong>e<br />

satzungsrechtliche Pflicht hierzu besteht.<br />

8. Begleitung des Vorhabens<br />

E<strong>in</strong>e Mitteilungspflicht für während <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ischen Prüfung aufgetretene<br />

nachteilige Vorkommnisse existiert nur gegenüber <strong>der</strong> zuständigen Behörde, vgl.<br />

§ 22 MPG i.V.m. Abschnitt 2.3.5 des Anhangs X <strong>der</strong> Richtl<strong>in</strong>ie 1993/42/EG. E<strong>in</strong>e<br />

(zustimmende) Stellungnahme <strong>der</strong> <strong>Ethik</strong>-Kommission zu geplanten<br />

Protokollän<strong>der</strong>ungen e<strong>in</strong>zuholen, ist rechtlich ebenfalls nicht vorgesehen, aber<br />

faktisch üblich.<br />

9. Rücknahme und Wi<strong>der</strong>ruf von Stellungnahmen nach § 20 Abs. 7 MPG<br />

Im Mediz<strong>in</strong>produkterecht f<strong>in</strong>det sich ke<strong>in</strong>e Aussage zur Frage <strong>der</strong> Rücknahme<br />

bzw. des Wi<strong>der</strong>rufs von Stellungnahmen <strong>der</strong> <strong>Ethik</strong>-Kommission. Da die nach § 20<br />

Abs. 7 MPG abgegebenen Stellungnahmen ke<strong>in</strong>e Verwaltungsakte i.S.d. § 35 S. 1<br />

VwVfG darstellen, s<strong>in</strong>d die Vorschriften über die Rücknahme (§ 48 Abs. 1<br />

VwVfG) bzw. den Wi<strong>der</strong>ruf (§ 49 Abs. 2 VwVfG) nicht direkt anwendbar.<br />

Fraglich ist aber, ob auch hier e<strong>in</strong>e analoge Anwendung §§ 48, 49 VwVfG<br />

möglich ist. E<strong>in</strong>e Regelungslücke liegt zum<strong>in</strong>dest dort vor, wo die Satzungen <strong>der</strong><br />

<strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong> ke<strong>in</strong>e Aussage über die Rücknahme bzw. den Wi<strong>der</strong>ruf von<br />

Stellungnahmen be<strong>in</strong>halten.<br />

a) Die Rücknahme e<strong>in</strong>er Stellungnahme nach § 20 Abs. 7 MPG<br />

Die Möglichkeit <strong>der</strong> Rücknahme rechtswidriger Handlungen <strong>der</strong> Verwaltung<br />

analog § 48 Abs. 1 VwVfG ist auf mit Verwaltungsakten vergleichbaren<br />

vertrauensbegründende e<strong>in</strong>seitige Handlungen <strong>der</strong> Verwaltung auf Grund<br />

öffentlichen Rechts im Über- und Unterordnungsverhältnis anerkannt 330 . Die<br />

entsprechende Anwendung des § 48 VwVfG setzt allerd<strong>in</strong>gs stets e<strong>in</strong>e dem<br />

Verwaltungsakt ähnliche B<strong>in</strong>dungswirkung voraus 331 .<br />

330 OVG Hamburg NVwZ 1988, S. 73.<br />

331 Ramsauer, Fn. 257, § 48 Rn. 8.<br />

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