Ethik-Kommissionen in der medizinischen Forschung - Fachbereich ...

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v. Dewitz/Luft/Pestalozza Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung - Oktober 2004 regelmäßig für den Fall vor, dass die Ethik-Kommission nicht selbst über die notwendige Fachkunde verfügt. Soweit in den Satzungen keine Regelungen über die Hinzuziehung von Sachverständigen vorhanden sind, findet allerdings § 26 VwVfG analoge Anwendung. Nach § 26 Abs. 1 S. 1 VwVfG kann die Behörde sich der Beweismittel bedienen, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich hält. Sie kann nach § 26 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwVfG insbesondere Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Sachverständigen einholen. Dieses Beweiserhebungsermessen dürfte bei vielen Ethikkomissionsentscheidungen im Medizinproduktebereich pflichtgemäß dahingehend ausgeübt werden müssen, einen Sachverständigen herbeizuziehen, da die technischen Besonderheiten und gesundheitlichen Risiken für die Forschungsteilnehmer ansonsten nur schwerlich einschätzbar sind. Soweit keine satzungsrechtliche Regelung zur Herbeiziehung von Sachverständigen vorhanden ist, hat die Ethik-Kommission analog § 26 VwVfG nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung hierüber zu befinden. e) Inhalte und Begründungspflicht von Stellungnahmen Da es sich bei den seitens der Ethik-Kommission im Bereich klinischer Prüfung von Medizinprodukten abgegeben Stellungnahmen mangels Regelungscharakters nicht um Verwaltungsakte handelt, ist fraglich, ob und inwieweit sie einer rechtlichen Begründungspflicht unterliegen. Das Medizinprodukterecht fordert in § 20 Abs. 7 S. 3 MPG lediglich, dass aus der Stellungnahme hervorgehen muss, dass die in Abs. 8 S. 1 genannten Aspekte geprüft sind. In der Praxis hat dies dazu geführt, dass bei zustimmenden Ethikvoten neben den allgemeinen Angaben und der Zustimmungsformel lediglich dieser Satz wiederholt wurde. Eine darüber hinausgehende Begründungspflicht für zustimmende Stellungnahmen der Ethik- Kommission nach § 20 Abs. 7 MPG lässt sich hieraus allerdings nur schwerlich ableiten. Fraglich ist, ob im Hinblick auf die Begründung ablehnender Stellungnahme eine Regelungslücke besteht. § 39 VwVfG (Begründung von Verwaltungsakten) findet keine direkte Anwendung, da es sich bei der Stellungnahme nicht um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 S. 1 VwVfG handelt. Eine rechtliche Begründungspflicht kommt daher nur für ablehnende Voten in Betracht. Soweit ersichtlich, ist in allen Satzungen der aufgrund Landesrechts gebildeten Ethik- Kommissionen jedenfalls für den Fall der Ablehnung eines Antrags eine 248

v. Dewitz/Luft/Pestalozza Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung - Oktober 2004 Begründungspflicht obligatorisch vorgesehen. Die Verfahrensordnung der Freiburger Ethik-Kommission international GmbH sieht eine solche Begründungspflicht auch bei ablehnenden Stellungnahmen allerdings nicht vor 327 . Insoweit besteht daher eine Regelungslücke. Ferner ist zu prüfen, ob diese Regelungslücke durch analoge Anwendung der Vorschriften des § 39 VwVfG geschlossen werden kann. Dies setzt eine vergleichbare Interessenslage voraus. Umstritten ist, ob die Begründungspflicht sowie der entsprechenden Vorschriften des Landesrechts als Ausdruck allgemeiner Rechtsgrundsätze eines rechtsstaatlich geordneten Verfahrens sinngemäß auch in Verfahren anwendbar sind, die nicht unter die allgemeinen Verfahrensgesetze fallen und für die auch keine sonstigen Regelungen bestehen. Dies wird in der Literatur überwiegend bejaht 328 , in der Rechtsprechung eher zurückhaltend betrachtet 329 . Entscheidend ist, ob die Stellungnahme nach § 20 Abs. 7 MPG eine faktische Bindungswirkung entfaltet, welche einer rechtlichen vergleichbar ist. Folge der zustimmenden Stellungnahme ist nach § 20 Abs. 7 S. 1 MPG die Beschleunigung des Verfahrens. Die Klinische Prüfung kann in diesen Fällen sofort beginnen, ohne, dass es einer Entscheidung durch die zuständige Bundesoberbehörde bedarf. Zugunsten der Klinischen Prüfung wird aufgrund des positiven Ethikvotums ihre Rechtmäßigkeit vermutet. Soweit die Ethik- Kommission keine zustimmende Stellungnahme abgibt, kann das Vorhaben zunächst nicht beginnen. Die zuständige Bundesoberbehörde prüft in diesem Fall ihrerseits die Gesetzesmäßigkeit des Vorhabens, da sie ggf. ihre Einwände gegen die Durchführung der Klinischen Prüfung nach § 20 Abs. 7 S. 4 MPG auf Gründe der öffentlichen Gesundheit und/oder der öffentlichen Ordnung stützen muss. Ferner ist die Durchführung einer Klinischen Prüfung entgegen einer negativen Stellungnahme mit Haftungsrisiken verbunden. Auch wird die Publikation der Ergebnisse in internationalen Zeitschriften und die Bereitstellung öffentlicher Mittel nicht ohne ein positives Ethikvotum realisierbar sein. Die Stellungnahme nach § 20 Abs. 7 S. 4 MPG entfaltet daher eine faktische Bindungswirkung, welche einer rechtlichen vergleichbar ist. Demnach findet § 39 VwVfG analoge Anwendung. Die Ethik-Kommissionen sind daher auch dort verpflichtet, eine Begründung ihrer ablehnenden Stellungnahmen vorzunehmen, wo dies nicht in ihrer Satzung festgelegt ist. 327 Vgl. Die „Verfahrensordnung“ der Freiburger Ethik-Kommission International GmbH im Internet unter: http://www.feki.com/d/satzung/index.html . 328 Ramsauer, Fn. 257, § 39 Rn. 8 m.w.N. 329 BVerwGE 105, 89, 92; 192, 174, 177; 70, 270, 275. 249

v. Dewitz/Luft/Pestalozza<br />

<strong>Ethik</strong>kommissionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen <strong>Forschung</strong> - Oktober 2004<br />

Begründungspflicht obligatorisch vorgesehen. Die Verfahrensordnung <strong>der</strong><br />

Freiburger <strong>Ethik</strong>-Kommission <strong>in</strong>ternational GmbH sieht e<strong>in</strong>e solche<br />

Begründungspflicht auch bei ablehnenden Stellungnahmen allerd<strong>in</strong>gs nicht vor 327 .<br />

Insoweit besteht daher e<strong>in</strong>e Regelungslücke.<br />

Ferner ist zu prüfen, ob diese Regelungslücke durch analoge Anwendung <strong>der</strong><br />

Vorschriften des § 39 VwVfG geschlossen werden kann. Dies setzt e<strong>in</strong>e<br />

vergleichbare Interessenslage voraus. Umstritten ist, ob die Begründungspflicht<br />

sowie <strong>der</strong> entsprechenden Vorschriften des Landesrechts als Ausdruck<br />

allgeme<strong>in</strong>er Rechtsgrundsätze e<strong>in</strong>es rechtsstaatlich geordneten Verfahrens<br />

s<strong>in</strong>ngemäß auch <strong>in</strong> Verfahren anwendbar s<strong>in</strong>d, die nicht unter die allgeme<strong>in</strong>en<br />

Verfahrensgesetze fallen und für die auch ke<strong>in</strong>e sonstigen Regelungen bestehen.<br />

Dies wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur überwiegend bejaht 328 , <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rechtsprechung eher<br />

zurückhaltend betrachtet 329 . Entscheidend ist, ob die Stellungnahme nach § 20<br />

Abs. 7 MPG e<strong>in</strong>e faktische B<strong>in</strong>dungswirkung entfaltet, welche e<strong>in</strong>er rechtlichen<br />

vergleichbar ist. Folge <strong>der</strong> zustimmenden Stellungnahme ist nach § 20 Abs. 7 S. 1<br />

MPG die Beschleunigung des Verfahrens. Die Kl<strong>in</strong>ische Prüfung kann <strong>in</strong> diesen<br />

Fällen sofort beg<strong>in</strong>nen, ohne, dass es e<strong>in</strong>er Entscheidung durch die zuständige<br />

Bundesoberbehörde bedarf. Zugunsten <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ischen Prüfung wird aufgrund des<br />

positiven <strong>Ethik</strong>votums ihre Rechtmäßigkeit vermutet. Soweit die <strong>Ethik</strong>-<br />

Kommission ke<strong>in</strong>e zustimmende Stellungnahme abgibt, kann das Vorhaben<br />

zunächst nicht beg<strong>in</strong>nen. Die zuständige Bundesoberbehörde prüft <strong>in</strong> diesem Fall<br />

ihrerseits die Gesetzesmäßigkeit des Vorhabens, da sie ggf. ihre E<strong>in</strong>wände gegen<br />

die Durchführung <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ischen Prüfung nach § 20 Abs. 7 S. 4 MPG auf Gründe<br />

<strong>der</strong> öffentlichen Gesundheit und/o<strong>der</strong> <strong>der</strong> öffentlichen Ordnung stützen muss.<br />

Ferner ist die Durchführung e<strong>in</strong>er Kl<strong>in</strong>ischen Prüfung entgegen e<strong>in</strong>er negativen<br />

Stellungnahme mit Haftungsrisiken verbunden. Auch wird die Publikation <strong>der</strong><br />

Ergebnisse <strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationalen Zeitschriften und die Bereitstellung öffentlicher<br />

Mittel nicht ohne e<strong>in</strong> positives <strong>Ethik</strong>votum realisierbar se<strong>in</strong>. Die Stellungnahme<br />

nach § 20 Abs. 7 S. 4 MPG entfaltet daher e<strong>in</strong>e faktische B<strong>in</strong>dungswirkung,<br />

welche e<strong>in</strong>er rechtlichen vergleichbar ist. Demnach f<strong>in</strong>det § 39 VwVfG analoge<br />

Anwendung. Die <strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong> s<strong>in</strong>d daher auch dort verpflichtet, e<strong>in</strong>e<br />

Begründung ihrer ablehnenden Stellungnahmen vorzunehmen, wo dies nicht <strong>in</strong><br />

ihrer Satzung festgelegt ist.<br />

327 Vgl. Die „Verfahrensordnung“ <strong>der</strong> Freiburger <strong>Ethik</strong>-Kommission International GmbH im<br />

Internet unter: http://www.feki.com/d/satzung/<strong>in</strong>dex.html .<br />

328 Ramsauer, Fn. 257, § 39 Rn. 8 m.w.N.<br />

329 BVerwGE 105, 89, 92; 192, 174, 177; 70, 270, 275.<br />

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