Ethik-Kommissionen in der medizinischen Forschung - Fachbereich ...
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v. Dewitz/Luft/Pestalozza Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung - Oktober 2004 alleinigen Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher Ethik-Kommissionen könnte ein Eingriff in die Berufswahlfreiheit liegen, da insoweit ein Oligopol zugunsten dieser Kommissionen im Vergleich zu privaten Kommissionen gebildet würde. Die Anwendbarkeit des Art. 12 Abs. 1 GG auf rechtliche Verwaltungsmonopole wird seitens der ganz h.M. mit der Begründung bejaht, es käme ansonsten zu einer Aushöhlung der Berufsfreiheit, indem der Staat durch Überführung bestimmter, bisher auch von Privaten vorgenommenen Tätigkeiten in seine ausschließliche Kompetenz berufliche Aktivitäten Privater ohne das Bestehen berufsgrundrechtlicher Barrieren ausschließen könnte 200 . Bereits vor der Einführung der Zuständigkeit der aufgrund Landesrechts gebildeten Ethik- Kommissionen im Jahr 1995 waren privatrechtlich gebildete Ethik-Kommissionen auf diesem Gebiet tätig. Daher liegt in der Alleinzuständigkeit der aufgrund Landesrechts gebildeten Ethik-Kommissionen ein Oligopol und damit ein Eingriff in die Berufsfreiheit der Betreiber „freier“ und auf Gewinnerzielung gerichteter Ethik-Kommissionen. c) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs in die Berufsfreiheit Liegt damit ein Eingriff in die Berufs(-wahl)freiheit vor, ist zu prüfen, ob dieser verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann die Begründung eines rechtlichen Verwaltungsoligopols unter zwei Voraussetzungen gerechtfertigt sein: (1) Zunächst muss das Oligopol den Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter bezwecken. Dies dürfte hier mit dem Schutz der Forschungsteilnehmer in ihren Grundrechten aus Art. 1 Abs. 1 S. 1 (Menschenwürde), Art. 2 Abs. 1 S. 1 (Allgemeine Handlungsfreiheit und Recht auf Informationelle Selbstbestimmung) und Abs. 2 S. 1 (Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit) GG sowie andererseits der Forscher in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 GG (Forschungsfreiheit) erfüllt sein. (2) Zweitens muss das Oligopol als Mittel zur Abwehr dieser Gefahr unentbehrlich sein 201 . In diesem Punkt kommt die Frage der Unabhängigkeit und demokratischen Legitimation der Mitglieder von privatrechtlich gebildeten Ethik- Kommissionen näher in Betracht. Wie oben bereits dargelegt, ist für eine Letztentscheidungskompetenz, wie sie nunmehr im Arzneimittelrecht den Ethik- 200 BVerfGE 21, 245 (251); 21, 261 (266). 201 BVerfGE 21, 245 (251). 156
v. Dewitz/Luft/Pestalozza Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung - Oktober 2004 Kommissionen zukommt, eine ausreichende demokratische Legitimation „freier“ Ethik-Kommissionen nicht vorhanden. Entscheidend ist aber ihre fehlende Unabhängigkeit, sofern sie ihre Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht betreiben. Hieran ändert auch die von Schenke beschworene „Gefahr einer letztlich geschäftsschädigenden Diskreditierung“ 202 durch fehlerhafte Beratung seitens der privaten Ethik-Kommissionen, nichts. Da die zustimmenden Ethikvoten nicht begründet werden müssen, ist kaum nachvollziehbar, welche rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen die Ethik-Kommission ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat. Das im Bereich medizinischer Forschung schon kaum zu bewältigende Geflecht heterogener Interessen darf nicht durch ökonomische Eigeninteressen der Mitglieder an einer positiven Stellungnahme ad absurdum geführt werden. Das Risiko einer an außerrechtlichen Erwägungen orientierten positiven Entscheidung ist auch nicht etwa aufgrund verschärfter deliktischer Haftung gemindert, da es in Deutschland noch keinen Fall gibt, bei dem ein Ethik-Kommissionsmitglied oder eine Ethik-Kommission bzw. deren Träger in Haftung gekommen wäre. Außerdem lässt sich die Haftung durch Bildung einer GmbH auf das Stammkapital begrenzen und zusätzlich versichern. Da das nach § 20 Abs. 7 MPG der Bundesoberbehörde vorgelegte positive Votum dort keiner inhaltlichen (Nach- )Prüfung am Maßstab der §§ 20, 21 MPG unterzogen wird, existiert auch keine wirksame Kontrollinstanz. Die Oligopolbildung durch die Alleinzuständigkeit öffentlich-rechtlicher Ethik- Kommissionen im Arzneimittelrecht ist damit verfassungsrechtlich gerechtfertigt 203 . 2. Verletzung des Eigentums (Art. 14 GG) In der Begründung eines Verwaltungsmonopols liegt ein Eingriff in das Eigentumsgrundrecht 204 . Da eine Verletzung von Art. 12 GG nicht vorliegt, scheidet auch eine Verletzung von Art. 14 GG aus. Sofern man auch im Bereich des Medizinproduktrechts ein solches Monopol einführt, müsste allerdings durch 202 Schenke, Fn. 176, 751. 203 Classen, Fn. 88, 148. A.A. VG Stuttgart, Urteil v. 29. Juni 2001 – 4 K 5787/00 (nicht rechtskräftig); Schenke, a.a.O. (Fn. 176), 745, 755. 204 Scholz, in Maunz/Dürig, GG, Kommentar, Art. 12, Rn. 406. 157
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<strong>Ethik</strong>kommissionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen <strong>Forschung</strong> - Oktober 2004<br />
alle<strong>in</strong>igen Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher <strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong> könnte e<strong>in</strong><br />
E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> die Berufswahlfreiheit liegen, da <strong>in</strong>soweit e<strong>in</strong> Oligopol zugunsten<br />
dieser <strong>Kommissionen</strong> im Vergleich zu privaten <strong>Kommissionen</strong> gebildet würde.<br />
Die Anwendbarkeit des Art. 12 Abs. 1 GG auf rechtliche Verwaltungsmonopole<br />
wird seitens <strong>der</strong> ganz h.M. mit <strong>der</strong> Begründung bejaht, es käme ansonsten zu e<strong>in</strong>er<br />
Aushöhlung <strong>der</strong> Berufsfreiheit, <strong>in</strong>dem <strong>der</strong> Staat durch Überführung bestimmter,<br />
bisher auch von Privaten vorgenommenen Tätigkeiten <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e ausschließliche<br />
Kompetenz berufliche Aktivitäten Privater ohne das Bestehen<br />
berufsgrundrechtlicher Barrieren ausschließen könnte 200 . Bereits vor <strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> Zuständigkeit <strong>der</strong> aufgrund Landesrechts gebildeten <strong>Ethik</strong>-<br />
<strong>Kommissionen</strong> im Jahr 1995 waren privatrechtlich gebildete <strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong><br />
auf diesem Gebiet tätig. Daher liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Alle<strong>in</strong>zuständigkeit <strong>der</strong> aufgrund<br />
Landesrechts gebildeten <strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong> e<strong>in</strong> Oligopol und damit e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>griff<br />
<strong>in</strong> die Berufsfreiheit <strong>der</strong> Betreiber „freier“ und auf Gew<strong>in</strong>nerzielung gerichteter<br />
<strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong>.<br />
c) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des E<strong>in</strong>griffs <strong>in</strong> die Berufsfreiheit<br />
Liegt damit e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> die Berufs(-wahl)freiheit vor, ist zu prüfen, ob dieser<br />
verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Nach <strong>der</strong> Rechtsprechung des<br />
Bundesverfassungsgerichts kann die Begründung e<strong>in</strong>es rechtlichen<br />
Verwaltungsoligopols unter zwei Voraussetzungen gerechtfertigt se<strong>in</strong>:<br />
(1) Zunächst muss das Oligopol den Schutz beson<strong>der</strong>s wichtiger<br />
Geme<strong>in</strong>schaftsgüter bezwecken. Dies dürfte hier mit dem Schutz <strong>der</strong><br />
<strong>Forschung</strong>steilnehmer <strong>in</strong> ihren Grundrechten aus Art. 1 Abs. 1 S. 1<br />
(Menschenwürde), Art. 2 Abs. 1 S. 1 (Allgeme<strong>in</strong>e Handlungsfreiheit und Recht<br />
auf Informationelle Selbstbestimmung) und Abs. 2 S. 1 (Recht auf Leben und<br />
körperliche Unversehrtheit) GG sowie an<strong>der</strong>erseits <strong>der</strong> Forscher <strong>in</strong> ihrem<br />
Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 GG (<strong>Forschung</strong>sfreiheit) erfüllt se<strong>in</strong>.<br />
(2) Zweitens muss das Oligopol als Mittel zur Abwehr dieser Gefahr<br />
unentbehrlich se<strong>in</strong> 201 . In diesem Punkt kommt die Frage <strong>der</strong> Unabhängigkeit und<br />
demokratischen Legitimation <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> von privatrechtlich gebildeten <strong>Ethik</strong>-<br />
<strong>Kommissionen</strong> näher <strong>in</strong> Betracht. Wie oben bereits dargelegt, ist für e<strong>in</strong>e<br />
Letztentscheidungskompetenz, wie sie nunmehr im Arzneimittelrecht den <strong>Ethik</strong>-<br />
200 BVerfGE 21, 245 (251); 21, 261 (266).<br />
201 BVerfGE 21, 245 (251).<br />
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