Ethik-Kommissionen in der medizinischen Forschung - Fachbereich ...
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v. Dewitz/Luft/Pestalozza Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung - Oktober 2004 Da Ethik-Kommissionen die Prüfung von Forschungsvorhaben als eigene Aufgaben wahrzunehmen haben (vgl. bspw. § 40 Abs. 1 S. 2, § 42 Abs. 1 AMG n.F.), kommen nur rechtsaufsichtliche und keine fachaufsichtlichen Maßnahmen in Betracht, was auch der einhelligen Ansicht der Literatur entspricht 166 . Aus der allgemeinen verwaltungsrechtlichen Praxis folgt, dass zu diesen rechtsaufsichtlichen Maßnahmen beispielsweise auch Informationsrechte gehören 167 . Fraglich ist jedoch, wie weit diese gehen, genauer: ob sich die Informationsrechte auch auf Informationen beziehen, die zu einer generellen Information über alle Forschungsvorhaben führen. Die Ausübung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen ist grundsätzlich an die Einhaltung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit gekoppelt 168 . Es ist kein Grund ersichtlich, warum dieses im Verhältnis der tragenden Körperschaft zur Ethik-Kommission anders sein sollte. Damit dürften Aufsichtsrechte nur ausgeübt werden, wenn sie zweckmäßig sind, dass heißt, wenn sie sich zur Wahrnehmung der Aufsichtsaufgaben, also zur Überprüfung der Einhaltung von Regeln der Zuständigkeit, des Verfahrens und des materiellen Rechts durch die Ethik- Kommission eignen 169 . Die Rechtsaufsicht ist allerdings nicht so weit ausgeprägt, dass der Behördenleiter oder die Aufsichtsbehörde das Verfahren an sich ziehen und/oder selbst statt der Ethik-Kommission entscheiden bzw. diesen inhaltliche Weisungen erteilen könnte 170 . Denn dies wäre mit der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit, die europarechtlich und auch in den Heilberufe- und Kammergesetzen sowie allen Satzungen der Ethik-Kommissionen vorgeschrieben ist, nicht vereinbar. Demnach verbleibt im Rahmen der Rechtsaufsicht die Aufhebung eines Beschlusses und die Anweisung, über einen Antrag zu entscheiden 171 . 166 Laufs/Reiling, Fn. 81, 27; Bork, Präventivberatung in der Gentechnologie. Zugleich ein Beitrag zur Einsatzmöglichkeit von „Ethik-Kommissionen“, DRiZ 1986, 171; Deutsch, Fn. 165, S. 432; derselbe in: Toellner (Hrsg.), Die Ethik-Kommissionen in der Medizin, 1990, 75. 167 Musil/Kirchner, Das Recht der Berliner Verwaltung, Berlin u.a. 2002, 90 f. 168 Siehe Musil/Kirchner, Fn. 167, S. 91. 169 Vgl. dazu auch Musil/Kirchner, Fn. 167, S. 90. 170 Ebenso Deutsch, Fn. 165 , S. 432. 171 Deutsch/Spickhoff, Fn. 11, Rn. 772. 140
v. Dewitz/Luft/Pestalozza Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung - Oktober 2004 Die Aufsicht wird vom Leiter derjenigen Körperschaft ausgeübt, welcher die Ethik-Kommission zugeordnet ist 172 . Die öffentlich-rechtlichen Ethik-Kommissionen unterliegen bei der Erfüllung ihrer Aufgabe aufgrund ihrer Unabhängigkeit lediglich einer auf die Einhaltung des gesetzlichen Verfahrens eingeschränkten Rechtsaufsicht durch den Behördenleiter bzw. durch die Aufsichtsbehörde der Körperschaft, bei der sie gebildet wurden. 3. Die rechtliche Unabhängigkeit der Mitglieder von Ethik-Kommissionen Das Erfordernis der rechtlichen Unabhängigkeit der einzelnen Mitglieder von Ethikkommisisonen ist durch ihre Weisungsfreiheit, welche zum Teil in den Heilberufe- und Kammergesetzen der Länder und auch in den Satzungen aller Ethik-Kommissionen verankert ist, hinreichend gesichert. Als weiterer Bestandteil rechtlicher Unabhängigkeit kommt der Ausschluss befangener Personen in Betracht, welcher näher bei den einzelnen verfahrensspezifischen Aspekten erörtert werden soll (s.u. E). 4. Die faktische Unabhängigkeit der Ethik-Kommissionen und ihrer Mitglieder Allerdings darf von der Weisungsfreiheit aller Mitglieder und dem Ausschluss befangener Personen bei konkreten Anträgen nicht vorschnell auf die faktische Unabhängigkeit der Ethikmitglieder bzw. der Ethik-Kommission im Ganzen geschlossen werden. In tatsächlicher Hinsicht ist die Unabhängigkeit nämlich durch vorhandene eigene Forschungsinteressen und Loyalitätskonflikte bedroht, welche durch die rechtlichen Vorschriften zum Schutz der Unabhängigkeit nicht ausreichend erfasst werden. Bei der Beurteilung der faktischen Unabhängigkeit kann zwischen den öffentlich-rechtlichen und den privatrechtlich gebildeten Ethik-Kommissionen unterschieden werden. a) Die öffentlich-rechtlichen Ethik-Kommissionen und ihrer Mitglieder Eine weitere Differenzierung ist dahingehend geboten, ob die Ethik-Kommission bei einer Universität oder einer Ärztekammer gebildet wurde. aa) Die universitären Ethik-Kommissionen und ihrer Mitglieder 172 Ebenso Deutsch/Spickhoff, Fn. 11, Rn. 772; Deutsch, Ethik-Kommissionen für medizinische Versuche am Menschen: Einrichtung, Funktion, Verfahren, NJW 1981, 616. 141
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v. Dewitz/Luft/Pestalozza<br />
<strong>Ethik</strong>kommissionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen <strong>Forschung</strong> - Oktober 2004<br />
Die Aufsicht wird vom Leiter <strong>der</strong>jenigen Körperschaft ausgeübt, welcher die<br />
<strong>Ethik</strong>-Kommission zugeordnet ist 172 .<br />
Die öffentlich-rechtlichen <strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong> unterliegen bei <strong>der</strong> Erfüllung<br />
ihrer Aufgabe aufgrund ihrer Unabhängigkeit lediglich e<strong>in</strong>er auf die<br />
E<strong>in</strong>haltung des gesetzlichen Verfahrens e<strong>in</strong>geschränkten Rechtsaufsicht<br />
durch den Behördenleiter bzw. durch die Aufsichtsbehörde <strong>der</strong><br />
Körperschaft, bei <strong>der</strong> sie gebildet wurden.<br />
3. Die rechtliche Unabhängigkeit <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> von <strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong><br />
Das Erfor<strong>der</strong>nis <strong>der</strong> rechtlichen Unabhängigkeit <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Mitglie<strong>der</strong> von<br />
<strong>Ethik</strong>kommisisonen ist durch ihre Weisungsfreiheit, welche zum Teil <strong>in</strong> den<br />
Heilberufe- und Kammergesetzen <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> und auch <strong>in</strong> den Satzungen aller<br />
<strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong> verankert ist, h<strong>in</strong>reichend gesichert. Als weiterer Bestandteil<br />
rechtlicher Unabhängigkeit kommt <strong>der</strong> Ausschluss befangener Personen <strong>in</strong><br />
Betracht, welcher näher bei den e<strong>in</strong>zelnen verfahrensspezifischen Aspekten<br />
erörtert werden soll (s.u. E).<br />
4. Die faktische Unabhängigkeit <strong>der</strong> <strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong> und ihrer Mitglie<strong>der</strong><br />
Allerd<strong>in</strong>gs darf von <strong>der</strong> Weisungsfreiheit aller Mitglie<strong>der</strong> und dem Ausschluss<br />
befangener Personen bei konkreten Anträgen nicht vorschnell auf die faktische<br />
Unabhängigkeit <strong>der</strong> <strong>Ethik</strong>mitglie<strong>der</strong> bzw. <strong>der</strong> <strong>Ethik</strong>-Kommission im Ganzen<br />
geschlossen werden. In tatsächlicher H<strong>in</strong>sicht ist die Unabhängigkeit nämlich<br />
durch vorhandene eigene <strong>Forschung</strong>s<strong>in</strong>teressen und Loyalitätskonflikte bedroht,<br />
welche durch die rechtlichen Vorschriften zum Schutz <strong>der</strong> Unabhängigkeit nicht<br />
ausreichend erfasst werden. Bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> faktischen Unabhängigkeit<br />
kann zwischen den öffentlich-rechtlichen und den privatrechtlich gebildeten<br />
<strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong> unterschieden werden.<br />
a) Die öffentlich-rechtlichen <strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong> und ihrer Mitglie<strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>e weitere Differenzierung ist dah<strong>in</strong>gehend geboten, ob die <strong>Ethik</strong>-Kommission<br />
bei e<strong>in</strong>er Universität o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Ärztekammer gebildet wurde.<br />
aa) Die universitären <strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong> und ihrer Mitglie<strong>der</strong><br />
172 Ebenso Deutsch/Spickhoff, Fn. 11, Rn. 772; Deutsch, <strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong> für<br />
mediz<strong>in</strong>ische Versuche am Menschen: E<strong>in</strong>richtung, Funktion, Verfahren, NJW 1981, 616.<br />
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