Ethik-Kommissionen in der medizinischen Forschung - Fachbereich ...

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v. Dewitz/Luft/Pestalozza Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung - Oktober 2004 Sachverhalt von verschiedenen Regelungen, die unterschiedliche Ziele, Gründe und kompetentielle Heimaten haben, betroffen werden kann 81 . Der Vorrang des Bundesrechts, Art. 31 GG, drückt sich in diesen Fällen darin aus, dass nur dasjenige Landesrecht verdrängt wird, das der Konzeption des gültigen Bundesrechts widerspricht, nicht aber auch dasjenige, das sich mit den Vorstellungen des Bundes verträgt 82 . Am Beispiel der landesrechtlich statuierten Konsultationspflicht: Sie kann auch im vom Arzneimittelgesetz, vom Medizinproduktegesetz oder vom Transfusionsgesetz erfassten Sektor fortbestehen, sofern sie an den dortigen Voraussetzungen nichts ändert, sondern ihnen nur die standesrechtliche (und standesrechtlich sanktionierte) Berufspflicht hinzufügt, eben diesen Voraussetzungen zu genügen 83 . (δ) Insbesondere: Ethik-Kommissionen Hinsichtlich der kompetentiellen Heimat der zu konsultierenden Ethik- Kommission selbst ist zu unterscheiden: Die Zuweisung der Konsultationsaufgabe folgt der Landeszuständigkeit für die Sach-Regelung. Andere Aufgaben mögen in der konkurrierenden Gesetzgebung beheimatet (und dann im einzelnen Fall vom Bund vorgegeben) sein. Die Errichtung und Einrichtung der Ethik-Kommissionen sowie die Regelung ihres Verfahrens werden hingegen von dem Kompetenztitel getragen, auf dem die Institution basiert, der sie zugeordnet werden sollen. D.h. bei der Kammer ressortierende Ethik-Kommissionen gründen kompetentiell auf der ausschließlichen Zuständigkeit des Landes für seine Kammern, bei den Hochschulen siedelnde Kommissionen auf der (mit Rahmenvorschriften des 81 Vgl. für das Zusammentreffen von Landes-Abgabenkompetenz und Bundes- Sachkompetenz BVerfGE 98, 83 (97-105); 98, 106 (117-133). BVerfGE 71, 162 (171f.) gibt dagegen – entgegen manchen Stimmen, die sich auf die Entscheidung berufen (z.B. Laufs/Reiling, Ethik-Kommissionen – Vorrecht der Ärztekammern?, Berlin u.a. 1991, S. 45; Wilkening, Der Hamburger Sonderweg im System der öffentlich-rechtlichen Ethik- Kommissionen Deutschlands, Frankfurt am Main u.a. 2000, S. 30f.) – in unserem Zusammenhang wenig her, weil hier das Verhältnis von Bundes- und Landeskompetenz und darauf gestützten Regelungen gerade nicht geklärt wird. 82 Vgl. BVerfGE 98, 83 (97 ff.); 98, 106 (117 ff.). Mit dieser Begrenzung lässt sich z.B. auch das kompetentielle Nebeneinander von standesrechtlicher Beratungspflicht und Bundes-Arzneimittelrecht, für das Laufs/Reiling, Fn. 81, S. 45-47, vor der 5. AMG-Novelle plädierten, vertreten. 83 Das schließt z.B. den Fortbestand der berufsrechtlichen Verpflichtung, nur eine öffentlichrechtliche Kommission zu konsultieren, im Bereich des Medizinproduktegesetzes und des Atomgesetzes aus. 100

v. Dewitz/Luft/Pestalozza Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung - Oktober 2004 Bundes ggf. konkurrierenden) Landeszuständigkeit für das Hochschulwesen – und zwar ungeachtet des Standortes der betreffenden Regelungen 84 . cc) Konkurrierende Zuständigkeiten (1) Art. 74 Abs. 1 GG Aus dem Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung i.S. des Art. 74 Abs. 1 (vor Nr. 1) GG kommen als Sach-Kompetenztitel, auf die sich nach dem oben (sub c) aa) (1)) Gesagten auch Ethik-Kommissions-Regelungen stützen können, insbesondere die Nrn. 11a und 19 in Betracht. (α) Nr. 11a Nr. 11a betrifft insbesondere den Schutz gegen Gefahren, die bei Freiwerden von Kernenergie oder durch ionisierende Strahlen entstehen 85 . Darauf stützen sich u.a. 84 Vgl. auch unten Fn.88. Regelungen in den Heilberufe- und Kammergesetzen der Länder, die Ethik-Kommissionen an den Hochschulen vorsehen, zu ihrer Einrichtung ermächtigen und ihnen Aufgaben zuweisen (wie § 5 Abs. 1 S. 2 u. 3 des baden-württembergischen Heilberufe- Kammergesetzes [Errichtung und Satzungsermächtigung], § 4c Abs. 3 des Berliner Kammergesetzes [Ermächtigung], § 10 Abs. 3 des Niedersächsischen Kammergesetzes für die Heilberufe [Aufgabenzuweisung; Errichtung als solche vorausgesetzt], § 7 Abs. 3 des Nordrhein-Westfälischen Heilberufsgesetzes [Aufgabenzuweisung; Errichtung vorausgesetzt], § 6 Abs. 3 des Schleswig-Holsteinischen Heilberufegesetzes [Aufgabenzuweisung; Errichtung vorausgesetzt] und § 17g des Thüringer Heilberufegesetzes [Ermächtigung und Aufgabenzuweisung]), sind kompetentiell dem Hochschulrecht, nicht dem Heilberufs- oder Kammerrecht, zuzuordnen. Das Bayerische Heilberufe-Kammergesetz und das Sächsische Heilberufe-Kammergesetz thematisieren keinerlei Ethik-Kommissionen, dementsprechend auch nicht solche an Hochschulen. Das Brandenburgische Heilberufsgesetz, das Bremische Gesundheitsdienstgesetz, das Hamburgische Ärztegesetz, das hessische Heilberufsgesetz, das Heilberufsgesetz Mecklenburg-Vorpommerns, das Heilberufsgesetz Rheinland-Pfalz, das Saarländische Heilberufekammergesetz und das Gesetz über die Kammern für Heilberufe Sachsen- Anhalt erwähnen Ethik-Kommissionen an den Hochschulen nicht. Die Satzung für die Ethik-Kommission bei der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern sieht drei Spruchkörper vor, je einer davon an der Universität Rostock und an der Universität Greifswald (§ 1 Abs. 2 u. 4 S. 2; vgl. auch § 19 Abs. 2 Nr. 5 der Satzung der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern). Die Spruchkörpereinteilung ist Kammerrecht, die Ansiedlung zweier Spruchkörper bei den Hochschulen und die Festlegung ihrer Aufgaben ist Hochschulrecht. Im übrigen hat die Satzung, soweit sie sich auf alle drei Spruchkörper bezieht, kompetentiell Doppelcharakter. 85 Zum näheren Verständnis dieser Teilgebiete der Nr. 11a vgl. Pestalozza, Fn. 66, Art. 74 Rn. 759-776. 101

v. Dewitz/Luft/Pestalozza<br />

<strong>Ethik</strong>kommissionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen <strong>Forschung</strong> - Oktober 2004<br />

Sachverhalt von verschiedenen Regelungen, die unterschiedliche Ziele, Gründe<br />

und kompetentielle Heimaten haben, betroffen werden kann 81 . Der Vorrang des<br />

Bundesrechts, Art. 31 GG, drückt sich <strong>in</strong> diesen Fällen dar<strong>in</strong> aus, dass nur<br />

dasjenige Landesrecht verdrängt wird, das <strong>der</strong> Konzeption des gültigen<br />

Bundesrechts wi<strong>der</strong>spricht, nicht aber auch dasjenige, das sich mit den<br />

Vorstellungen des Bundes verträgt 82 .<br />

Am Beispiel <strong>der</strong> landesrechtlich statuierten Konsultationspflicht: Sie kann auch<br />

im vom Arzneimittelgesetz, vom Mediz<strong>in</strong>produktegesetz o<strong>der</strong> vom<br />

Transfusionsgesetz erfassten Sektor fortbestehen, sofern sie an den dortigen<br />

Voraussetzungen nichts än<strong>der</strong>t, son<strong>der</strong>n ihnen nur die standesrechtliche (und<br />

standesrechtlich sanktionierte) Berufspflicht h<strong>in</strong>zufügt, eben diesen<br />

Voraussetzungen zu genügen 83 .<br />

(δ) Insbeson<strong>der</strong>e: <strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong><br />

H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> kompetentiellen Heimat <strong>der</strong> zu konsultierenden <strong>Ethik</strong>-<br />

Kommission selbst ist zu unterscheiden: Die Zuweisung <strong>der</strong> Konsultationsaufgabe<br />

folgt <strong>der</strong> Landeszuständigkeit für die Sach-Regelung. An<strong>der</strong>e Aufgaben mögen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> konkurrierenden Gesetzgebung beheimatet (und dann im e<strong>in</strong>zelnen Fall vom<br />

Bund vorgegeben) se<strong>in</strong>. Die Errichtung und E<strong>in</strong>richtung <strong>der</strong> <strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong><br />

sowie die Regelung ihres Verfahrens werden h<strong>in</strong>gegen von dem Kompetenztitel<br />

getragen, auf dem die Institution basiert, <strong>der</strong> sie zugeordnet werden sollen. D.h.<br />

bei <strong>der</strong> Kammer ressortierende <strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong> gründen kompetentiell auf<br />

<strong>der</strong> ausschließlichen Zuständigkeit des Landes für se<strong>in</strong>e Kammern, bei den<br />

Hochschulen siedelnde <strong>Kommissionen</strong> auf <strong>der</strong> (mit Rahmenvorschriften des<br />

81 Vgl. für das Zusammentreffen von Landes-Abgabenkompetenz und Bundes-<br />

Sachkompetenz BVerfGE 98, 83 (97-105); 98, 106 (117-133). BVerfGE 71, 162 (171f.)<br />

gibt dagegen – entgegen manchen Stimmen, die sich auf die Entscheidung berufen (z.B.<br />

Laufs/Reil<strong>in</strong>g, <strong>Ethik</strong>-<strong>Kommissionen</strong> – Vorrecht <strong>der</strong> Ärztekammern?, Berl<strong>in</strong> u.a. 1991,<br />

S. 45; Wilken<strong>in</strong>g, Der Hamburger Son<strong>der</strong>weg im System <strong>der</strong> öffentlich-rechtlichen <strong>Ethik</strong>-<br />

<strong>Kommissionen</strong> Deutschlands, Frankfurt am Ma<strong>in</strong> u.a. 2000, S. 30f.) – <strong>in</strong> unserem<br />

Zusammenhang wenig her, weil hier das Verhältnis von Bundes- und Landeskompetenz<br />

und darauf gestützten Regelungen gerade nicht geklärt wird.<br />

82 Vgl. BVerfGE 98, 83 (97 ff.); 98, 106 (117 ff.).<br />

Mit dieser Begrenzung lässt sich z.B. auch das kompetentielle Nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> von<br />

standesrechtlicher Beratungspflicht und Bundes-Arzneimittelrecht, für das Laufs/Reil<strong>in</strong>g,<br />

Fn. 81, S. 45-47, vor <strong>der</strong> 5. AMG-Novelle plädierten, vertreten.<br />

83 Das schließt z.B. den Fortbestand <strong>der</strong> berufsrechtlichen Verpflichtung, nur e<strong>in</strong>e öffentlichrechtliche<br />

Kommission zu konsultieren, im Bereich des Mediz<strong>in</strong>produktegesetzes und des<br />

Atomgesetzes aus.<br />

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