Wohnen-Kommentar.pdf - Jugend und Wirtschaft
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Zeitungsartikel<br />
Schweizer Wohnfreude<br />
Studie stellt gr<strong>und</strong>sätzliche Zufriedenheit mit der Wohnsituation fest<br />
Herr <strong>und</strong> Frau Schweizer scheinen mit ihrer Wohnsituation<br />
grosso modo zufrieden zu sein. Zu diesem Schluss kommt eine<br />
vom GfS Bern im Auftrag des Hauseigentümerverbandes<br />
Schweiz durchgeführte Studie. Weniger Miete zahlen würde<br />
manch einer jedoch gerne.<br />
Das Forschungsinstitut GfS Bern befragte im Auftrag des Hauseigentümerverbandes<br />
Schweiz (HEV) die Schweizer Bevölkerung<br />
nach ihrer Zufriedenheit mit der persönlichen Wohnsituation. Die<br />
Resultate dieses ersten Wohnmonitors lassen einen glauben, es<br />
herrschten paradiesische Verhältnisse in der eidgenössischen<br />
Wohnlandschaft. 70 Prozent der Befragten zeigten sich «sehr zufrieden»<br />
mit ihrer gegenwärtigen Wohnsituation, weitere 26 Prozent<br />
fühlten sich «eher zufrieden» mit ihrer Bleibe. Erstaunlicherweise<br />
sind dabei nicht finanziell bedingte Faktoren wie Zimmerzahl,<br />
Wohnfläche, Ausbaustandard oder Lage ausschlaggebend<br />
für das allumfassende Wohlbefinden in einem Logis, sondern<br />
weiche Faktoren wie Ruhe, Geborgenheit <strong>und</strong> Glück. Höchste<br />
Priorität geniesst aber der «praktische Nutzen» eines Domizils: 91<br />
Prozent der Befragten nannten dies als Wahlkriterium – eine<br />
Wohnung hat also den Zweck zu erfüllen, dass man darin wohnen<br />
kann; welch unerwartete Erkenntnis!<br />
Immobile Bevölkerung<br />
Angesichts dieser Glücksgefühle, die den Schweizer beim Gedanken<br />
an seine bauliche Wohnsituation übermannen, erstaunt es<br />
kaum, dass r<strong>und</strong> die Hälfte der Befragten mehr als zehn Jahre in<br />
derselben Wohnung, im selben Haus leben. Die zunehmende<br />
Mobilität der Gesellschaft scheint sich auf die Fluktuationen im<br />
Wohnmarkt nur beschränkt auszuwirken. Vielmehr wird das eigene<br />
Heim, auch wenn angemietet, zunehmend als letzte Rückzugsmöglichkeit<br />
in einer sich rasant entwickelnden Umwelt verstanden.<br />
– Wichtigster Gr<strong>und</strong> für einen Umzug ist denn auch die<br />
Änderung des persönlichen Umfelds. R<strong>und</strong> ein Drittel der Befragten<br />
würde bei zunehmender Lärmbelastung die Zelte abbrechen<br />
– ein Viertel der Wohneigentümer würde dies bei einer Verbauung<br />
der Aussicht tun. Wohnungswechsel aus Preisgründen sind<br />
jedoch selten.<br />
Auf die Frage, welche Elemente ihre Wohnung zusätzlich haben<br />
müsste, um dem Wunschbild (noch) näher zu kommen,<br />
nannten die Studienteilnehmer an erster Stelle einen Balkon, gute<br />
Lichtverhältnisse sowie eine eigene Waschmaschine/Trockner-<br />
Einheit; für all dies würden sie Mehrkosten in Kauf nehmen. Weniger<br />
Wert wird auf einen Geschirrspüler oder eine ökologische<br />
Bauweise gelegt; ebenso besteht, entgegen dem vermeintlichen<br />
Trend, kein grosses Bedürfnis nach sogenannten Service-Appartements.<br />
Im Vergleich zum Innenleben der Wohnung liegt den Wohnungssuchenden<br />
das Wohnumfeld weniger am Herzen. Als wichtig<br />
werden hier vor allem eine ruhige Wohnlage, gute Verkehrsanschlüsse<br />
sowie eine intakte Nachbarschaft taxiert. Ebenfalls<br />
von entscheidender Bedeutung ist ein tiefer Steuerfuss; für die<br />
Befriedigung dieser Bedürfnisse würden die Befragten gerne tiefer<br />
ins Portemonnaie greifen.<br />
Jeder Vierte findet die Miete zu hoch<br />
Wie der Leiter des GfS Bern, Claude Longchamp, ausführte, habe<br />
sich die Wohn-Diskussion in den letzten Jahren gr<strong>und</strong>legend<br />
verändert. War in den neunziger Jahren die Wohnraumknappheit<br />
das dominierende Thema <strong>und</strong> ein zu hoher Mietzins das entscheidende<br />
Kriterium für einen Umzug, führe man nunmehr eine<br />
«Qualitätsdiskussion».<br />
Der Mieterinnen- <strong>und</strong> Mieterverband zeigte sich von den Studienresultaten<br />
nicht überrascht. Wenn die Schweizer schon bedeutend<br />
mehr für ihre Wohnungen bezahlten als in den umliegenden<br />
Ländern, dann sollten sie auch zufrieden sein, teilte er<br />
mit. Dass aber ein Viertel aller Befragten ihre Miete zu hoch finden,<br />
sei ein hoher Anteil. Dieser könnte zudem steigen, sobald<br />
sich die Mietzinsen wieder verteuern würden, gibt der Verband<br />
zu bedenken.<br />
Neue Zürcher Zeitung, 12. Januar 2007<br />
<strong>Wohnen</strong> – <strong>Kommentar</strong> für Lehrpersonen | Input 4/2006 | Seite 14