2.2 Informationsvermittlung: Sprache und Sprachver- wendung
2.2 Informationsvermittlung: Sprache und Sprachver- wendung
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Ein berühmtes Beispiel für die Vielfältigkeit von Bedeutungen ein <strong>und</strong> desselben<br />
Ausdrucks ist 'Spiel'. Achten wir auf die vielfältigen Ver<strong>wendung</strong>sweisen dieses<br />
Ausdruck im Alltag <strong>und</strong> auch in den Wissenschaften, so sind wir nicht in der Lage<br />
Kriterien zu nennen, die wirklich in allen Fällen erfüllt sind, wenn wir sagen<br />
›Dies ist ein Spiel‹. Die ökonomische Spieltheorie geht z. B. vom Prinzip der rationalen<br />
Nutzenmaximierung aus. Wer mit einem Kleinkind eine Sandburg oder<br />
ein Legogebäude baut, wird dieses Spiel nicht unter dem Faktor der Nutzenmaximierung<br />
betrachten.<br />
<strong>2.2</strong>.2 Konsequenzen für den wissenschaftlichen Umgang mit<br />
sprachlichen Informationen<br />
Die Haltung, die wir in den Wissenschaften zu sprachlichen Informationen einnehmen<br />
sollten, ist dieselbe wie gegenüber Wahrnehmungsinformationen: Es<br />
gibt weder gute Gründe radikal die Zuverlässigkeit derartiger Informationen zu<br />
bezweifeln noch gute Gründe naiv alle sprachlichen Informationen für zuverlässig<br />
zu halten. So wie uns die Wahrnehmung einer 6 unhinterfragt veranlasst, in<br />
das betreffende Tram zu steigen (resp. nicht zu steigen), so vertrauen wir unserem<br />
Verständnis der Information, dass das Fußballspiel zwischen Basel <strong>und</strong><br />
Genf zu dem Zeitpunkt stattfinden wird, den wir auf Plakaten, in Zeitungen oder<br />
auf der Website mitgeteilt bekommen. Wie Wahrnehmungen allerdings subjektiv<br />
gefärbt oder für eine bestimmte Sache zu unpräzis sein können, so können<br />
sprachliche Informationen sowohl auf der Seite des Senders als auch auf der<br />
Seite des Empfängers subjektiv gefärbt oder für eine bestimmte Sache zu unpräzis<br />
sein. Auch kann ein bestimmtes Medium ungeeignet sein, alle relevanten<br />
Teilinformationen einer sprachlichen Information zu übermitteln.<br />
Ganz besonders heikel ist die Sache bei Ausdrücken, die quer über die einzelnen<br />
Wissenschaften sowie auch im Alltag gebraucht werden. Ein prägnantes<br />
Beispiel hierfür stellen die MGU-Publikationen zur Chaostheorie <strong>und</strong> zur Zeit dar.<br />
Wer die Beiträge aufmerksam liest, stellt fest, dass in den meisten Fällen disziplinbezogen<br />
ein bestimmtes, nicht aber eigens kenntlich gemachtes Verständnis<br />
von Chaos oder Zeit den Beiträgen zugr<strong>und</strong>eliegt. Wenn die Biologinnen<br />
über die Zeit als einer inneren Uhr sprechen, meinen sie nicht unbedingt<br />
dasselbe, wie wenn die Kosmologen über Zeit sprechen. Wenn die Physikerinnen<br />
das Verhalten von einigen Systemen als chaotisch verstehen, dann handelt<br />
es sich dabei für sie um einen spezifischen Typus von deterministischem Verhalten<br />
(gleiche Ursachen haben gleiche Wirkungen, aber ähnliche Ursachen<br />
haben nicht ähnliche Wirkungen). In den Sozial- <strong>und</strong> Kulturwissenschaften dagegen<br />
wurde der Chaosbegriff als Abkehr von deterministisch verstandener<br />
Ordnung überhaupt interpretiert. Schließlich assoziieren wir im Alltag mit "Chaos"<br />
Dinge, die nochmals auf einer ganz anderen Schiene liegen (z. B. Verkehrschaos).<br />
Wenn somit in heterogen zusammengesetzten Kommunikationssituationen<br />
Ausdrücke wie "Chaos" verwendet werden, so ist alles andere denn sichergestellt,<br />
dass ich diejenigen Informationen erfolgreich transportieren kann,