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30.11.2006 (II.3 Charakterisierung von Dualräumen) - IWR

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<strong>II.3</strong>. <strong>Charakterisierung</strong> <strong>von</strong> Dualräumen 11<br />

Verallgemeinerungen des Rieszschen Darstellungssatzes<br />

In der letzten Vorlesung wurde der transponierte bzw. adjungierte Operator eingeführt.<br />

Dieser verallgemeinert den Begriff der transponierten Matrix aus der Linearen Algebra für<br />

den Fall beliebiger normierter Räume.<br />

Um das einzusehen, betrachte man die kennzeichnende Eigenschaft einer adjungierten<br />

Abbildung A ∗ einer linearen Abbildung A : X → Y für X = K m und Y = K n :<br />

〈 Ax , y<br />

〉<br />

Y×Y = 〈 x , A ∗ y 〉 X×X<br />

für alle x ∈ X und y ∈ Y,<br />

wobei hier mit 〈· , ·〉 das jeweilige Skalarprodukt bezeichnet sei. Genau diese Gleichung<br />

wollen wir nun im möglicherweise unendlichdimensionalen Fall wieder finden. Hierzu<br />

definieren wir den Begriff der dualen Paarung.<br />

Definition (Duale Paarung). Eine bilineare Abbildung b : X × Y → C zweier Vektorräume X<br />

und Y nennt man duale Paarung, falls diese punktetrennend ist. Das soll bedeuten:<br />

(a) Für alle x ∈ X \ {0} existiert ein y ∈ Y mit b(x, y) 0, und<br />

(b) für alle y ∈ Y \ {0} existiert ein x ∈ X mit b(x, y) 0.<br />

Das Tripel (X, Y, b) nennt man duales Paar. Meist schreibt man aber in Analogie zum Skalarprodukt<br />

Beispiele.<br />

〈 〉 x , y<br />

X×Y<br />

= b(x, y).<br />

(a) Das Skalarprodukt eines Hilbertraumes H definiert eine duale Paarung auf H × H.<br />

(b) Sei X ein normierter Raum und X ′ sein Dualraum. Dann definiert<br />

〈 x , x<br />

′ 〉 X×X ′ = x′ (x)<br />

eine duale Paarung auf X × X ′ und<br />

〈 x ′ , x 〉 X ′ ×X = x′ (x)<br />

eine duale Paarung auf X ′ × X.<br />

Definition (Adjungierte). Sei A ∈ L (X, Y). Dann ist der transponierte (adjungierte) Operator<br />

definiert als der Operator A ∗ ∈ L (Y ′ , X ′ ), welcher<br />

〈 Ax , y<br />

′ 〉 Y×Y<br />

= 〈 x , A ∗ y ′〉 ′ X×X<br />

für alle x ∈ X und y ′ ∈ Y ′ ,<br />

′<br />

bzw.<br />

〈 y ′ , Ax 〉 Y ′ ×Y = 〈 A ∗ y ′ , x 〉 X ′ ×X<br />

für alle x ∈ X und y ′ ∈ Y ′<br />

erfüllt. Schreibt man diese duale Paarungen wieder aus, so erhält man<br />

y ′ (Ax) = A ∗ y (x) für alle x ∈ X und y ′ ∈ Y ′ .<br />

Analog ist A ∗∗ ∈ L (X ′′ , Y ′′ ) definiert als<br />

〈 A ∗∗ x ′′ , y ′〉 Y ′′ ×Y<br />

= 〈 x ′′ , A ∗ y ′〉 ′ X ′′ ×X<br />

für alle x ′′ ∈ X ′′ und y ′ ∈ Y ′ .<br />


12 Kapitel II. Duale Räume<br />

Bemerkung. Auf einem Hilbertraum H gibt es somit zumindest zwei naheliegende Kandidaten<br />

für die Adjungierte: Zum einen bezüglich des Skalarproduktes und zum anderen<br />

bezüglich des Einsetzungshomomorphismus als dualem Produkt. Da aber H und H ′ nach<br />

dem Rieszschen Darstellungssatz isometrisch isomorph sind, überträgt sich ebenfalls diese<br />

Isomorphie als Konjugation auf die Adjungierten. Sei die Skalarprodukt-Adjungierte mit A ∗<br />

(Hilbertraum-Adjungierte) bezeichnet, und die Adjungierte bezüglich der dualen Paarung<br />

H × H ′ mit A ′ . Dann ist<br />

〈 x , A ∗ y 〉 H×H = 〈 Ax , y 〉 H×H = 〈 x , A ′ y ′〉 H×H<br />

für alle x ∈ H, y ∈ H, y ′ = τy,<br />

′<br />

wobei τ : H → H ′ die isometrische Isomorphie des Rieszschen Darstellungssatzes sei. Dann<br />

gilt aber<br />

A ∗ = τ −1 A ′ τ.<br />

Der Riesz’sche Darstellungssatz <strong>II.3</strong>.1 lieferte einen Isomorphismus T : X → X ′ und somit<br />

eine Darstellung des Dualraumes <strong>von</strong> X mittels der die Reflexivität <strong>von</strong> X gefolgert werden<br />

konnte. Dass dieser Zugang auf den Fall normierter Räume verallgemeinert werden kann,<br />

zeigt der nächste Satz.<br />

<strong>II.3</strong>.3 Satz (Hinreichendes Kriterium für Reflexivität). Seien X und Y normierte Räume und<br />

T : Y → X ′ und S : X → Y ′ seien (möglicherweise semilineare) Isomorphismen. Gilt außerdem<br />

〈 x , Ty<br />

〉<br />

X×X ′ = 〈 Sx , y 〉 Y ′ ×Y<br />

beziehungsweise<br />

〈 x , Ty<br />

〉<br />

X×X ′ = 〈 Sx , y 〉 Y ′ ×Y<br />

im semilinearen Fall, dann sind sowohl X als auch Y reflexiv.<br />

Bemerkung. Wir hatten schon vorher festgestellt, dass sich X als Unterraum <strong>von</strong> X ′′ auffassen<br />

lässt, da der Einsetzungshomomorphismus diesen Raum isometrisch abbildet. Außerdem<br />

werden wir in den Übungsaufgaben sehen, dass T genau dann ein Isomorphismus ist wenn<br />

T ∗ ein solcher ist. Somit ist die Adjungierte T ∗ : X ′′ → Y ′ ein Isomorphismus, aber nach<br />

Voraussetzung des letzten Satzes ist auch dessen Einschränkung S = T ∗ ∣ ∣ ∣X : X → Y ′ ein<br />

Isomorphismus. Das macht aber nur Sinn, falls diese Einschränkung keine war, also S = T ∗<br />

gilt. Das ist aber die behauptete Reflexivität X ′′ = X. Der Beweis des obigen Satzes vollzieht<br />

diese Idee noch einmal nach:<br />

Beweis. Um die Reflexivität <strong>von</strong> X zu zeigen, muss sich jedes Element x ′′<br />

0 ∈ X′′ als Bild j(x)<br />

unter dem Einsetzungshomomorphismus j : X → X ′′ darstellen lassen. Also muss für ein<br />

x 0 ∈ X gelten<br />

〈<br />

x<br />

′′<br />

0 , x′〉 = 〈 x<br />

X ′′ ×X ′ 0 , x ′〉 X×X ′ für alle x ∈ X.<br />

Der adjungierte Operator T ∗ ∈ L (X ′′ , Y ′ ) zu T ist definiert durch<br />

〈 T ∗ x ′′ , y 〉 Y ′ ×Y = 〈 x ′′ , Ty 〉 X ′′ ×X ′ .


<strong>II.3</strong>. <strong>Charakterisierung</strong> <strong>von</strong> Dualräumen 13<br />

Sei nun x ′′<br />

0 ∈ X′′ beliebig. Da S ein Isomorphismus ist, können wir hierzu x 0 := S −1 T ∗ x ′′<br />

0<br />

definieren. Für dieses Element gilt aber nun für alle y ∈ Y<br />

〈<br />

x0 , Ty 〉 X×X ′ = 〈 Sx 0 , y 〉 Y ′ ×Y<br />

= 〈 SS −1 T ∗ x ′′<br />

0 , y〉 Y ′ ×Y<br />

= 〈 T ∗ x ′′<br />

0 , y〉 Y ′ ×Y<br />

= 〈 x ′′<br />

0 , Ty〉 X ′′ ×X ′ .<br />

Da aber aufgrund der Surjektivität <strong>von</strong> T jedes Element <strong>von</strong> X ′ dargestellt werden kann als<br />

x ′ = Ty, gilt sogar<br />

für alle x. Somit folgt die Reflexivität <strong>von</strong> X.<br />

Der semilineare Fall folgt aus<br />

〈<br />

x0 , x ′〉 X×X ′ = 〈 x ′′<br />

0 , x′〉 X ′′ ×X ′<br />

〈<br />

x0 , Ty 〉 X×X ′ = 〈 Sx 0 , y 〉 Y ′ ×Y<br />

= 〈 SS −1 T ∗ x ′′<br />

0 , y〉 Y ′ ×Y<br />

= 〈 T ∗ x ′′<br />

0 , y〉 Y ′ ×Y<br />

= 〈 x ′′<br />

0 , Ty〉 X ′′ ×X ′ .<br />

Die Reflexivität <strong>von</strong> Y zeigt man durch Vertauschen der Rollen <strong>von</strong> S und T.<br />

q.e.d.<br />

Notation (Ableitung). Seien X, Y normierte Räume, U ⊆ X offen und f : U → Y eine<br />

Abbildung. Dann nennt man f (Gâteaux)-differenzierbar in x 0 falls es eine lineare Abbildung<br />

T ∈ L (X, Y) gibt,<br />

lim<br />

ε>|h|→0<br />

f (x 0 + hv) − f (x 0 )<br />

h<br />

= Tv die für alle v ∈ X<br />

erfüllt. Man nennt T dann die Richtungsableitung <strong>von</strong> f in x 0 und schreibt D f (x 0 )v statt Tv.<br />

Bemerkung. Gâteaux-Differenzierbarkeit entspricht der Existenz aller Richtungsableitungen,<br />

falls man a-priori weiß, dass diese durch eine stetige lineare Abbildung definiert werden.<br />

Wir werden nun an einem Beispiel sehen, dass sich die üblichen Ideen der Analysis<br />

endlichdimensionaler Räume auch auf die unendlichdimensionalen Räume verallgemeinern<br />

lassen.<br />

<strong>II.3</strong>.4 Satz (Minimierungsproblem).<br />

Sei H ein R-Hilbertraum und K ⊆ H eine abgeschlossene, konvexe Menge. Sei b : H × H → R eine<br />

symmetrische Bilinearform, deren Norm der zu der des Skalarproduktes 〈· , ·〉 äquivalent ist, also<br />

m‖x‖ 2 ≤ b(x, x) ≤ M‖x‖ 2<br />

für alle x ∈ H<br />

für gewisse M, m > 0 erfüllt, wobei ‖x‖ 2 = 〈x , x〉 nach Definition gilt. Ferner sei l ∈ H ′ .<br />

Dann gibt es genau ein x 0 ∈ K, welches<br />

b(x 0 , v) ≥ l(v) für alle v ∈ K \ {x 0 }<br />

erfüllt. Im Falle K = H gilt sogar<br />

b(x 0 , v) = l(v) für alle v ∈ H.


14 Kapitel II. Duale Räume<br />

Diese Feststellung ist nicht so wichtig wie ihr Beweis, da dieser eine allgemeine Technik<br />

verwendet.<br />

Beweis. Sei für x ∈ H die Abbildung Φ : H → R definiert durch<br />

Φ(x) =<br />

1<br />

b(x, x) − l(x).<br />

2<br />

Dann erfüllen aber nach Voraussetzung alle x ∈ H ebenfalls<br />

Φ(x)<br />

≥<br />

( )<br />

1<br />

1<br />

2 m‖x‖2 − ‖l‖ ‖x‖ =<br />

2 m‖x‖ − ‖l‖ ‖x‖.<br />

Da die rechte Seite für kleine Werte ‖x‖ aber beschränkt ist und für große Werte <strong>von</strong> ‖x‖ gegen<br />

+∞ konvergiert, muss gelten<br />

inf Φ(x) > −∞.<br />

x∈K<br />

Sei (x k ) k ⊆ K eine Minimalfolge, d.h. es gelte lim k Φ(x k ) = inf x∈K Φ(x). Nach der Parallelogramm-<br />

Gleichung für b (siehe Blatt 3, Aufgabe 12) gilt für alle x k , x l nun<br />

(2.3.1)<br />

(2.3.2)<br />

1<br />

4 b(x k − x l , x k − x l ) + 1 4 b(x k + x l , x k + x l ) = 1 2 b(x k, x k ) + 1 2 b(x l, x l )<br />

( ) 1<br />

= Φ(x k ) + Φ(x l ) + 2l<br />

2 (x k + x l ) .<br />

Da aber K als konvex vorausgesetzt wurde ist jedes z = 1 2 (x k + x l ) ∈ K und erfüllt somit<br />

m<br />

4 ‖x k − x l ‖ 2 ≤ 1 4 b(x k − x l , x k − x l ) = Φ(x k ) + Φ(x l ) − b(z, z) + 2l (z)<br />

= Φ(x k ) + Φ(x l ) − 2Φ(z) ≤ Φ(x k ) + Φ(x l ) − 2 inf Φ(y) −→ 0<br />

y∈K<br />

für k, l → ∞. Somit ist (x k ) k eine Cauchyfolge, die einen Grenzwert x 0 in H besitzt. Da K aber<br />

als abgeschlossen vorausgesetzt wurde, muss x 0 in K liegen. Die Stetigkeit <strong>von</strong> Φ liefert daher<br />

Für jedes v ∈ H, für das<br />

Φ(x 0 ) = lim<br />

k<br />

Φ(x k ) = inf<br />

x∈K Φ(x).<br />

{x 0 + hv ∣ ∣ ∣ 0 ≤ h ≤ ε} ⊆ K<br />

für ein hinreichend kleines ε gilt, muss daher die Abbildung<br />

φ : [0, ε) → R : h ↦→ Φ(x 0 + hv)<br />

in h = 0 ein Minimum besitzen. Da φ in h ein quadratisches Polynom darstellt, ist φ<br />

differenzierbar und erfüllt somit φ ′ (0) ≥ 0 in jedem Fall. Gilt sogar<br />

{x 0 + hv ∣ ∣ −ε ≤ h ≤ ε} ⊆ K,<br />

so muss φ ′ (0) = 0 erfüllt sein. Da aber φ ′ (h) = hb(x 0 , v)−l(v) ist, folgt die behauptete Gleichung<br />

bzw. Ungleichung.


<strong>II.3</strong>. <strong>Charakterisierung</strong> <strong>von</strong> Dualräumen 15<br />

Die Eindeutigkeit folgt aus der strikten Konvexität <strong>von</strong> φ bzw. Φ: Angenommen, das Minimum<br />

würde für x 0 ∈ K und für x 1 ∈ K angenommen. Dann liegt die ganze Verbindungstrecke<br />

{x 0 + h(x 1 − x 0 ) ∣ ∣ ∣ 0 ≤ h ≤ 1} ⊆ K,<br />

ebenfalls in K aufgrund der angenommen Konvexität. Ebenso wie (2.3.1) zeigt man<br />

( ) 1<br />

Φ<br />

2 (x 0 + x 1 )<br />

= 1 2 Φ(x 0) + 1 2 Φ(x 1) − 1 ( 1<br />

2 b 2 (x 0 + x 1 ), 1 )<br />

2 (x 0 + x 1 )<br />

≤ 1 2 Φ(x 0) + 1 2 Φ(x 1) − m ∥ 1 2<br />

2 (x 0 − x 1 )<br />

2<br />

∥<br />

= inf<br />

v∈K Φ(v) − m 2<br />

∥ 1 2 (x 0 − x 1 ) ∥<br />

Wäre nun also x 0 x 1 , so müsste der Wert <strong>von</strong> Φ in 1 2 (x 0 + x 1 ) strikt kleiner als das Minimum<br />

sein, was einen Widerspruch darstellt. Somit muss x 0 = x 1 gelten, womit alle Behauptungen<br />

gezeigt wären.<br />

Bemerkung. Ist mit DΦ(x) die erste Ableitung und mit D 2 Φ(x) die zweite Ableitung <strong>von</strong> Φ in<br />

x bezeichnet, so gilt für das Φ des letzten Beweises DΦ(x)v = b(x, v) − l(v) und D 2 Φ(x)(v, w) =<br />

∥2<br />

.<br />

q.e.d.<br />

b(v, w). Insbesondere ist Φ daher strikt konvex, denn D 2 Φ(x)(v, v) ≥ m‖v‖ 2 > 0 für alle v 0.<br />

Daher kann man aus dem oben gezeigten Beweis die Kriterien der endlichdimensionalen<br />

Analysis für Minimierungsprobleme wiederentdecken.<br />

Folgerung. Natürlich ist das Skalarprodukt des Hilbertraumes selbst eine für die Voraussetzungen<br />

des letzten Satzes zulässige Bilinearform. Somit existiert nach diesem Satz zu jeder<br />

Linearform l ∈ H ′ genau ein Element x 0 ∈ H mit 〈x 0 , v〉 = l(v) für alle v ∈ H. Diese Aussage<br />

haben wir schon früher bewiesen; es handelt sich um den Rieszschen Darstellungssatz.<br />

Dualraum der stetigen Funktionen<br />

<strong>II.3</strong>.5 Bemerkung (Dualraum <strong>von</strong> C([a, b]; K)). Wir wollen uns nun überlegen, wie der<br />

Dualraum des Raumes der stetigen Funktionen aussehen könnte. Hierzu überlegen wir<br />

uns im Folgenden einen Kandidaten für den Dualraum, untersuchen diesen und seine<br />

Eigenschaften und werden dann zeigen, dass unsere Vermutung auch wirklich zutrifft.<br />

Wir werden zeigen, dass jedes Element f ∈ C([a, b]; K) ′ <strong>von</strong> der Form<br />

f (φ) =<br />

∫ b<br />

a<br />

φ(x) dg(x)<br />

ist, wobei die rechte Seite ein sogenanntes Riemann-Stieltjes-Integral darstellt.<br />

Notation. Sei I = [a, b]. Das Riemann-Stieltjes-Integral einer reellen Funktion φ : [a, b] → R<br />

bezüglich einem g : [a, b] → R ist definiert als Grenzwert<br />

∫<br />

φ dg(x) :=<br />

k(Z )<br />

lim<br />

δ(Z )→0<br />

j=1<br />

∑<br />

φ(a j ) ( g(a j ) − g(a j−1 ) )


16 Kapitel II. Duale Räume<br />

über alle Zerlegungen Z des Intervalls I. Hierbei ist der Grenzwert, sofern dieser existiert,<br />

gleichmäßig im Parameter<br />

δ(Z ) := max { |a j − a j−1 | ∣ ∣ ∣ Z = (a = a0 , a 1 , . . . , a k = b), j = 1, . . . , k }<br />

zu bilden.<br />

Sei I = [a, b] und f ∈ C(I, K) ′ . Da C(I, K) ein Unterbanachraum des Raumes B(I, K) der<br />

beschränkten Funktionen ist, muss nach Hahn-Banach, Satz II.2.3, eine Fortsetzung ˜ f auf<br />

ganz B(I, K) existieren. Also<br />

f˜<br />

∈ B(I, K) ′ und ‖ f ˜ ‖ = ‖ f ‖.<br />

Nun definieren wir<br />

g : I → K : s ↦→ ˜ f (χ (a,s] ).<br />

Ziel ist es nun, den Zusammenhang zwischen f und g zu finden. Sei hierzu eine Zerlegung<br />

Z gegeben durch a = a 0 < a 1 < . . . < a k = b. Dann erfüllen ˜ f und g nach Definition für<br />

j = 1, . . . , k<br />

˜ f (χ (aj−1 ,a j ]) =<br />

˜ f (χ (a,aj ] − χ (a,aj−1 ]) = g(a j ) − g(a j−1 ).<br />

da ˜ f linear ist. Somit gilt für Treppenfunktionen ∑ k<br />

j=1 c jχ (aj−1 ,a j ]<br />

⎛<br />

⎞<br />

k∑<br />

(2.3.3) f ˜ c ⎜⎝ j χ (aj−1 ,a j ] ⎟⎠ =<br />

j=1<br />

k∑ (<br />

c j g(aj ) − g(a j−1 ) ) .<br />

Für eine stetige Funktion φ ∈ C([a, b]; K) konvergieren die Treppenfunktionen<br />

j=1<br />

k∑<br />

φ(a j )χ (aj−1 ,a j ]<br />

j=1<br />

aber gleichmäßig gegen φ in δ(Z ) → 0 aufgrund der gleichmäßigen Stetigkeit <strong>von</strong> φ. Daher<br />

liefert die Stetigkeit <strong>von</strong> f bzw. f ˜ für φ ∈ C([a, b]; K)<br />

f (φ) = f ˜ (φ) = lim f ˜(<br />

δ(Z )→0<br />

= lim<br />

δ(Z )→0<br />

k∑<br />

φ(a j )χ (aj−1 ,a j ])<br />

j=1<br />

k∑<br />

φ(a j ) ( g(a j ) − g(a j−1 ) ) =<br />

j=1<br />

∫ b<br />

a<br />

φ(x) dg(x),<br />

falls dieser Grenzwert existiert.<br />

Wir haben daher motiviert, dass für jedes f ∈ C(I, K) ′ ein g : I → K existieren sollte mit<br />

f (φ) =<br />

∫ b<br />

a<br />

φ(x) dg(x)<br />

für alle φ ∈ C(I, K).<br />

Die hier möglichen g müssen allerdings noch genauer charakterisiert werden.


<strong>II.3</strong>. <strong>Charakterisierung</strong> <strong>von</strong> Dualräumen 17<br />

Es müsste für alle c j , j = 1, . . . , k, die als mögliche Funktionswerte φ(a j ) <strong>von</strong> stetigen<br />

Funktionen auftreten könnten, gelten<br />

∣ ∣∣∣∣∣∣∣ k∑ ( c j g(aj ) − g(a j−1 ) ) k∑<br />

=<br />

f ˜<br />

( )<br />

c<br />

∣<br />

j χ (aj−1 k∑<br />

,a j ]<br />

=<br />

j=1<br />

∣<br />

f ˜<br />

( c<br />

j=1<br />

∣<br />

j χ (aj−1 ,a j ])<br />

∣<br />

j=1 ∣<br />

≤ ‖ f ˜<br />

‖ B ′<br />

∥ ∑ k<br />

j=1 c jχ (aj−1 ,a j ] ∥ = ‖ f ˜ ‖ B ′ max |c<br />

B<br />

j|<br />

j=1,...,k<br />

≤ ‖ f ‖ C[a,b] ′ ‖φ‖ C[a,b] .<br />

Wir können aber φ und damit die Gewichte c j = φ(a j ) nun so wählen, dass<br />

c j<br />

(<br />

g(aj ) − g(a j−1 ) ) = ∣ ∣ ∣g(aj ) − g(a j−1 ) ∣ ∣ ∣<br />

gilt und dabei noch ‖φ‖ = 1 einhalten indem wir φ als stückweise lineare Interpolation<br />

zwischen den Werten sign ( g(a j ) − g(a j−1 ) ) wählen. Damit durch ∫ b<br />

· dg also ein lineares<br />

a<br />

stetiges Funktional f ˜ definiert sein kann, müsste also zumindest<br />

k∑<br />

∣<br />

∣g(a j ) − g(a j−1 ) ∣ ∣ ≤ ‖ ˜<br />

j=1<br />

für alle Zerlegungen Z des Intervalls gelten. Dieses ist der Kern der nächsten Definition.<br />

<strong>II.3</strong>.6 Definition (Beschränkte Variation). Sei I = [a, b] ⊆ R. Dann nennt man eine Funktion<br />

f ‖B ′<br />

g : I → K <strong>von</strong> beschränkter Variation, falls die sogenannte Variation<br />

(2.3.4) var(g, I) := sup { ∑ k ∣<br />

∣g(a j ) − g(a j−1 ) ∣ ∣ ∣∣∣ ∣ Z ist eine Zerlegung <strong>von</strong> I }<br />

j=1<br />

<strong>von</strong> g endlich ist. Die Menge der Funktionen <strong>von</strong> beschränkter Variation bezeichnet man mit<br />

BV(I, K).<br />

Notation. Wie man leicht einsieht, ist die Variation einer konstanten Funktion g, g(x) ≡ c,<br />

var(g, I) = 0. Daher führt man<br />

(2.3.5) ‖g‖ BV := |g(a)| + var(g, I)<br />

ein und zeigt, dass hierdurch BV(I, K) zu einem normierten Raum wird.

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