Thema - GEONExT
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Aulis Verlag Deubner<br />
Köln und Leipzig<br />
Heft 3:<br />
Juni 2005/47. Jg.<br />
Modellieren<br />
bildet ...<br />
Auszug aus:<br />
Praxis der Mathematik<br />
in der Schule, Heft 3/2005<br />
Zur Verfügung gestellt für<br />
den BLK Modellversuch<br />
„SINUS-Transfer“<br />
Mehr Informationen zu Praxis der<br />
Mathematik in der Schule unter:<br />
www.aulis.de/zeitschriften/math<br />
G 20353 F
<strong>Thema</strong><br />
Werbung und Mathematik<br />
– oder: Rasiert man(n) in 18 Monaten ein Fußballfeld?<br />
Heinz Laakmann<br />
Mathematische Modelle begegnen uns auch in der Werbung. Nicht immer sind sie<br />
korrekt. Eine fünfte Klasse kommt der Firma Braun auf die Spur, die beim Überschlagen<br />
der jährlich zu rasierenden Bartfläche diese mit einem Fußballfeld vergleicht.<br />
Das Rechnen mit Größen ist wohl in den<br />
meisten Schulen <strong>Thema</strong> in der Klasse 5.<br />
Längen, Gewichte, Zeiten, Flächen und<br />
Volumina werden meist durch Beispiele<br />
aus der Alltagswelt der Schülerinnen und<br />
Schüler eingeführt. Gelegentlich stößt<br />
man auf solche Beispiele, die reichhaltige<br />
Anlässe zum Arbeiten mit Größen geben,<br />
wie das folgende, das mir beim Kauf eines<br />
Elektrorasierers der Firma Braun in die<br />
Hände fiel. In der beigefügten Werbung<br />
hieß es:<br />
„Sie rasieren in 18 Monaten etwa<br />
soviel wie ein ganzes Fußballfeld“.<br />
Diese kühne Behauptung schien mir ein<br />
schöner Start für eine kleine Unterrichtsreihe<br />
zu sein, in der die Schülerinnen und<br />
Schüler weitgehend selbstständig den<br />
Wahrheitsgehalt dieser Werbung untersuchen<br />
und sich dabei gleichzeitig die<br />
Flächenmaße erschließen sollten.<br />
In den vorangegangenen Wochen wurden<br />
die Größen Länge, Gewicht und Zeit behandelt.<br />
Betont wurde dabei, dass Messen<br />
ein Vergleichen mit vorgegebenen Einheiten<br />
ist, und dass zum Umwandeln in<br />
andere Einheiten und zum Rechnen mit<br />
Größen Einheitentabellen hilfreich sind.<br />
Als weitere Voraussetzung waren aus der<br />
Geometrie die Namen und die Eigenschaften<br />
besonderer Vierecke bekannt, jedoch<br />
nicht deren Flächenberechnung.<br />
Ich brachte also die Werbung (s. Abb.1)<br />
mit in die Klasse und fragte, ob dies denn<br />
wirklich stimmen könne, ob ich selbst, der<br />
ich immer gut rasiert in der Schule erscheine,<br />
in 18 Monaten wirklich ein ganzes<br />
Fußballfeld rasiere? (Dieser persönliche<br />
Bezug hat sich für den weiteren Verlauf<br />
als sehr motivierend erwiesen.)<br />
Nach einer ersten Meinungsrunde, in der<br />
die Schülerinnen und Schüler – ganz ohne<br />
Mathematik zu bemühen – erst einmal<br />
der Werbung einen Fehler unterstellten,<br />
wurden wir aber konkreter. Die Schüler<br />
sammelten eine Reihe von Fragen, mit deren<br />
Beantwortung – so hofften wir – der<br />
Wahrheitsgehalt der Werbung überprüft<br />
werden konnte:<br />
– Wie oft rasiert sich der Lehrer?<br />
– Wie groß ist ein Fußballfeld?<br />
– Wie groß ist ein Bart?<br />
– Wie lange dauert eine Rasur?<br />
– Wird der ganze Bart rasiert?<br />
– Wie viele Tage haben 18 Monate?<br />
Einige dieser Fragen waren leicht zu beantworten<br />
bzw. konnten auch nur von mir<br />
beantwortet werden: Ich rasiere mich in<br />
der Regel nur einmal am Tag, und zwar<br />
den ganzen Bart, und eine Rasur dauert etwa<br />
3 Minuten. Auch wenn die letzte Ant-<br />
Abb. 1: Braun-Werbung<br />
14 PM Heft 3 | Juni 2005 | 47. Jg.
wort keine weitere Relevanz hat, wurde sie<br />
nicht gleich bewertet, sondern blieb zwischen<br />
den anderen stehen und wurde erst<br />
bei der Besprechung wieder aufgegriffen.<br />
Die Beantwortung der weiteren Fragen erforderte<br />
eine größere, insbesondere eine<br />
mathematische Anstrengung und führte<br />
zu echten Modellierungsprozessen.<br />
Wie groß ist ein Fußballfeld? Auch die<br />
Fußballer wussten darauf keine Antwort<br />
und auf die Frage, wo man diese Information<br />
finden könnte, kam prompt „Internet“,<br />
was jedoch mangels Internetanschluss im<br />
Klassenraum nicht sofort durchzuführen<br />
war.<br />
Der große Brockhaus war jedoch greifbar<br />
und mit einer Folie wurde das Spielfeld ins<br />
Klassenzimmer geholt. Jetzt begann die<br />
Diskussion: Welche Größen sind wichtig?<br />
Welche sollen wir nehmen? Man einigte<br />
sich auf ein Feld mittlerer Größe mit einer<br />
Länge von 100 m und einer Breite von 70 m.<br />
Dann kam die schwierigste Frage: Wie<br />
groß ist die Bartfläche des Lehrers? Im ersten<br />
Versuch wurden kleine Quadrate ausgeschnitten<br />
und auf mein Gesicht gelegt.<br />
Die Lage wurde mit Kreide markiert und<br />
man versuchte so, die Bartgröße durch<br />
Auszählen zu ermitteln. Das Verfahren erwies<br />
sich in dieser Form als nicht durchführbar<br />
und brachte mir nur ein weißes<br />
Kreidegesicht ein. Eine Schülerin hatte<br />
eine bessere Idee. Eine Plastikfolie wurde<br />
auf mein Gesicht gelegt und mit einem<br />
Filzstift wurden die Umrisse des Bartes<br />
aufgezeichnet. Jetzt wurde noch kariertes<br />
Papier unter die Folie gelegt und Kopien<br />
angefertigt. Die Größe der Bartfläche sollte<br />
in der Hausaufgabe bestimmt werden.<br />
Die Vorstellung der Hausaufgabe brachte<br />
wieder eine Diskussion darüber, wie<br />
die Bartfläche mathematisch dargestellt<br />
(sprich: modelliert) und dann bestimmt<br />
werden sollte.<br />
Die Hauptprobleme waren:<br />
– Welche Kästchen sollen gezählt werden?<br />
Nur ganze, oder auch Kästchen,<br />
die nur zum Teil zum Bart gehören?<br />
– Können wir bei der zeichnerischen<br />
Ungenauigkeit überhaupt zu einem<br />
Ergebnis kommen?<br />
– Wie zählt man die Kästchen möglichst<br />
schnell?<br />
– Stellt ein Kästchen eine sinnvolle<br />
Einheit dar?<br />
Tor<br />
Torlinie<br />
Eckfahne<br />
Torraum<br />
Strafstoßmarke<br />
Strafraum<br />
Seitenlinie<br />
90–120 m<br />
Die Diskussion der ersten beiden Fragen<br />
präzisierte die Idee des Modellierens sehr<br />
deutlich: Wir gehen von Annahmen aus,<br />
die ähnlich zur Realität sind und nehmen<br />
dabei bewusst Ungenauigkeiten in Kauf.<br />
Dies wurde von einigen Schülern geschickt<br />
ausgenutzt, indem sie die Bartfläche in<br />
Rechtecke zerteilten, um so schneller die<br />
Fläche bestimmen zu können. Die verwendete<br />
Flächenformel für Rechtecke wurde<br />
dabei an der Tafel vorgeführt.<br />
Mit der vierten Frage wurden – wie selbstverständlich<br />
– cm 2 als sinnvolle Flächeneinheit<br />
genannt und es bereitete keine<br />
Schwierigkeit, aus der Anzahl der Kästchen<br />
die entsprechende Flächengröße in<br />
cm 2 anzugeben.<br />
Die in der Hausaufgabe erarbeiteten Flächenmaße<br />
schwankten zwischen 235 cm 2<br />
<strong>Thema</strong><br />
und 280 cm 2 . Mit welchem Maß sollten<br />
wir nun weiterrechnen? Wir überprüften<br />
die Gründe für die Unterschiede und fanden<br />
sie in den verschiedenen Zählweisen.<br />
Gleichzeitig wurde aber auch erkannt,<br />
dass die Skizze nicht genau die Bartfläche<br />
widerspiegelt, sondern einige zeichnerische<br />
Ungenauigkeiten enthält. Da wir<br />
nicht an einem bis in die letzte Stelle exakten<br />
Ergebnis interessiert waren, einigten<br />
wir uns schließlich – auch unter dem<br />
Aspekt des leichteren Rechnens – auf eine<br />
mittlere Fläche von 250 cm 2 . (Abb. 4<br />
und 5)<br />
Auch die Beantwortung der scheinbar<br />
leichten Frage „Wie viele Tage haben 18<br />
Monate?“ führte wieder auf Modellierungsprobleme.<br />
Welche Monate sollen<br />
genommen werden? Wird während eines<br />
PM Heft 3 | Juni 2005 | 47. Jg. 15<br />
Mittellinie<br />
9,15 m<br />
Abb. 2: Fußballfeld aus dem Brockhaus<br />
Abb. 3: Bild aus der Klasse<br />
9,15 m<br />
18,32 m<br />
5,5 m<br />
11 m<br />
11 m<br />
7,32 m<br />
11 m 5,5 m 5,5 m<br />
45–90 m
<strong>Thema</strong><br />
Abb. 4 und 5: Bild(er) des Bartes und der Flächenberechnung<br />
Schaltjahres gezählt? Dies waren Fragen,<br />
die gestellt und auch von der Klasse beantwortet<br />
wurden. Die Einigung lautete:<br />
Wir zählen jeden Monat mit 30 Tagen.<br />
Wir hatten nun alle Fragen beantwortet,<br />
aber immer noch keine Antwort auf unsere<br />
Ausgangsfrage: „Stimmt die Werbung?“<br />
Eine Zwischenbilanz stellte eine<br />
gemeinsame Plattform her. Unsere Einigungen<br />
hatten ergeben:<br />
– Ein Fußballfeld ist 100 m lang und<br />
70 m breit.<br />
– Der Bart des Lehrers ist 250 cm 2 groß.<br />
– 18 Monate haben 540 Tage.<br />
Mit der Annahme dieser Daten war allen<br />
schnell klar, welche Frage es jetzt zu beantworten<br />
galt: Wie oft passt der Bart des<br />
Lehrers auf ein Fußballfeld?<br />
Auch hier konnten die Vorerfahrungen einiger<br />
Schüler genutzt werden. Sie kannten<br />
oder erkannten schnell die hier wichtigen<br />
Umrechnungsgrößen und erklärten<br />
sie an der Tafel. Als besonders hilfreich<br />
erwies sich wieder einmal die karierte Tafelseite,<br />
so dass „endlich“ gerechnet werden<br />
konnte.<br />
– Die Bartfläche beträgt etwa 250 cm 2<br />
– 250 cm 2 mal 540 = 135.000 cm 2 – so<br />
groß ist die rasierte Bartfläche in 18<br />
Monaten.<br />
– Andererseits hat ein Fußballfeld eine<br />
Fläche von 100 m mal 70 m = 7000 m 2<br />
und das sind 70.000.000 cm 2 .<br />
– 70.000.000 : 135.000 sind rund 519.<br />
Ergebnis: Der Lehrer müsste sich jeden<br />
Tag 519 mal den Bart rasieren!<br />
Die Schüler waren verunsichert über dieses<br />
Ergebnis. Man rechnete noch einmal<br />
nach, aber alle Überprüfungen ergaben<br />
immer wieder dasselbe Ergebnis und auch<br />
an der durchgeführten Modellierung, d. h.<br />
an unseren Annahmen und Vereinfachungen<br />
konnten wir keine schlimmeren Fehler<br />
erkennen. Wir fanden: unsere Modellierung<br />
war korrekt und Braun hat in der<br />
Werbung erheblich übertrieben. Hier<br />
schloss die zweite Stunde mit der Hausaufgabe,<br />
den Eltern die Aufgabe zu schildern<br />
und sie zu fragen, ob wir in der Modellierung<br />
etwas übersehen hätten (die<br />
Rechnungen seien schon richtig).<br />
Die dritte Stunde begann mit einer ausführlichen<br />
Zusammenfassung der Vorgehensweise<br />
und der Vorstellung der bisherigen<br />
Resultate und auch mit einer Herleitung<br />
der Umwandlungszahl und der<br />
Einheitentabelle bei Flächen. Die Einbeziehung<br />
der Eltern durch die Hausaufgabe<br />
erbrachte den Hinweis, dass man bei<br />
einer Rasur mehrmals den Bart überstreicht.<br />
Für die nächste Stunde versprach<br />
ich daraufhin, unrasiert zur Schule zu<br />
kommen und mich erst in der Klasse zu<br />
rasieren, dann könnte auch dieses Problem<br />
gelöst werden.<br />
Was aber sollten wir mit unseren Berechnungen<br />
anfangen? Der Schülervorschlag,<br />
an die Firma Braun einen Brief zu schreiben<br />
(im Fach Deutsch hatte man gerade<br />
den Aufbau eines Briefes behandelt), wurde<br />
begeistert aufgenommen und eine grobe<br />
Strukturierung des Briefes konnte noch<br />
in der Stunde erfolgen.<br />
Die folgende Stunde begann mit viel Spaß<br />
aber auch mit vielen Modellierungstätigkeiten.<br />
Jeder Schüler suchte sich eine Stelle<br />
im Gesicht des Lehrers aus und merkte<br />
sich, wie häufig diese Stelle rasiert wurde.<br />
Unter dem großen Gelächter (wegen der<br />
notwendigen Grimassen) der gesamten<br />
Klasse wurde der Bart rasiert und als Ergebnis<br />
konnte festgehalten werden: Zwischen<br />
6 und 11 mal wurde jede Stelle des<br />
16 PM Heft 3 | Juni 2005 | 47. Jg.
Abb. 6: Brief an die Firma Braun<br />
Gesichts rasiert. Jetzt hatten die Schülerinnen<br />
und Schüler schon Übung. Man einigte<br />
sich schnell auf 8-mal und fügte diesen<br />
Faktor in die Rechnung ein:<br />
519 : 8 ≈ 65<br />
Neues Ergebnis: Ich müsste mich 65-mal<br />
pro Tag rasieren, wenn ich in 18 Monaten<br />
die Fläche eines Fußballplatzes<br />
rasieren wollte.<br />
Dieses Ergebnis sah zwar etwas anders<br />
aus, doch waren die Schüler immer nochempört<br />
über die Aussage der Werbung<br />
im Vergleich zu ihrer Rechnung, zumal<br />
sie jetzt auch davon überzeugt waren,<br />
richtig zu argumentieren, da sie den Rat<br />
von Experten eingeholt hatten.<br />
Mit viel Eifer wurden nun Briefe an die<br />
Firma Braun geschrieben, in denen die<br />
Unterrichtsreihe und ihre Ergebnisse beschrieben<br />
wurden und die Firma um Stellungsnahme<br />
gebeten wurde.<br />
In der nächsten Stunde wurden die Briefe<br />
vorgelesen und man einigte sich darauf, 5<br />
Briefe an die Firma Braun zu schicken.<br />
14 Tage später, mitten in den Osterferien<br />
erhielt die Klasse Post. Alles sei mathematisch<br />
richtig berechnet worden, doch<br />
ging die Firma Braun von einem anderen<br />
Ansatz aus: Bei Braun ist ein Fußballfeld<br />
nur 90 m lang und 50 m breit (nicht 100 m<br />
mal 70 m), ein Bart dagegen 480 cm 2<br />
(nicht 250 cm 2 ). Man geht sogar davon<br />
aus, dass der Bart siebenmal überstrichen<br />
wird und nicht achtmal wie bei unserem<br />
Modell. Bis hierhin war niemandem klar,<br />
wie sie die große Diskrepanz erklären würden.<br />
Die Erklärung folge jedoch unmittelbar:<br />
Man fügte einen Faktor 25 dazu, da<br />
auf einem cm 2 Haut 50 Haare wachsen auf<br />
einem cm 2 Rasen dagegen nur 2 Grashalme.<br />
Und dann endlich stimmt die Rechnung<br />
der Firma!<br />
Die Schüler allerdings fanden die Modellierung<br />
der Firma Braun nicht geeignet.<br />
Sie kritisierten fast alle Modellannahmen:<br />
<strong>Thema</strong><br />
Ein Fußballplatz mit 50 m Breite hat<br />
zwischen 16 m-Raum und Eckfahne nicht<br />
mal 5 m Platz.<br />
Eine Bartgröße von 480 cm 2 – fast doppelt<br />
so groß wie bei mir – ist allenfalls<br />
bei sehr dicken Menschen möglich.<br />
Nicht einsichtig fanden sie aber die Einbeziehung<br />
des Faktors 25. Denn der macht<br />
aus einem Flächenvergleich einen Anzahlvergleich,<br />
während in der Werbung deutlich<br />
eine Aussage über Flächen steht.<br />
Der Brief brachte noch einmal deutlich<br />
hervor, dass es unterschiedliche Lösungen<br />
geben kann. Die Bedenken wurden<br />
noch einmal formuliert und an Braun geschickt.<br />
Gleichzeitig bedankten wir uns<br />
aber auch für die zwei Fußbälle, die wir<br />
als Anerkennung für die spannende und<br />
interessante Unterrichtsreihe von der Firma<br />
Braun bekamen.<br />
In der Rückschau blieb diese kleine Episode<br />
allen Beteiligten als ein Highlight im<br />
Mathematikunterricht der Klasse 5 im Ge-<br />
PM Heft 3 | Juni 2005 | 47. Jg. 17
<strong>Thema</strong><br />
dächtnis. Durch die Realitätsnähe und die<br />
offene Vorgehensweise hatten die Schülerinnen<br />
und Schüler jederzeit das Gefühl,<br />
dass es sich lohnt, eine solche Frage mathematisch<br />
zu bearbeiten und dass ihnen<br />
die Lösung der Aufgabe im Wesentlichen<br />
alleine gelungen ist. Dass sie dabei Mathematik<br />
„erschaffen“ haben, die sie zuvor<br />
noch nicht kannten, war ein angenehmer<br />
Nebeneffekt. Das Schreiben eines Briefes<br />
brachte zusätzliches Engagement und festigte<br />
so wie selbstverständlich die mathematischen<br />
Erkenntnisse bei der Problemlösung.<br />
Die hier beschriebene Arbeitsweise ist in<br />
der Klasse 5 durchaus von besonderem<br />
Wert, da in dieser Stufe die mathematischen<br />
Voraussetzungen innerhalb der<br />
Klasse unterschiedlich sind. Fragen wie<br />
diese geben Anlässe zu einer größeren<br />
Binnendifferenzierung und bieten Herausforderungen<br />
für Schülerinnen und<br />
Schüler aller Leistungsniveaus.<br />
Aber woher bekommt man die Zeitungsartikel?<br />
Entweder man konsultiert geeignete<br />
Sammlungen (Herget/Scholz 1998),<br />
oder man liest mit geschärftem Blick Zeitung:<br />
Werbungen, die wie diese mit Zahlen<br />
arbeiten, verwenden oft größere oder<br />
kleine Darstellungstricks. Beispiele sind<br />
die Phaeton Reklame mit einer Turmspringerin,<br />
die schon 1.000.000 mal ins<br />
Wasser gesprungen ist oder der Michelin<br />
Reifen, der 1.000.000 Kurven durchfährt.<br />
Hier kann man jedes Mal fragen: „Kann<br />
das denn stimmen?“. Man kann fest damit<br />
rechnen, dass solche Fälle, die Interesse<br />
wecken und zu echten Modellierungs-<br />
Abb. 7: Antwortbrief der Firma<br />
tätigkeiten Anlass geben, immer wieder<br />
auftauchen.<br />
Literatur<br />
Herget, Wilfried/ Scholz, Dietmar (1998). Die<br />
etwas andere Aufgabe – aus der Zeitung.<br />
Kallmeyersche Verlagsbuchhandlung.<br />
Ähnliche Erfahrungen machte Thomas<br />
Hönemann, siehe unter http://people.freenet.de/th.hoenemann/index.htm<br />
Heinz Laakmann,<br />
Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium<br />
Münster,<br />
hlaakmann@t-online.de<br />
18 PM Heft 3 | Juni 2005 | 47. Jg.