Broschuere Soziale Ungleichheit - Bund/Länder und Gemeinden ...
Broschuere Soziale Ungleichheit - Bund/Länder und Gemeinden ...
Broschuere Soziale Ungleichheit - Bund/Länder und Gemeinden ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
24 2 Die Entstehung der Klassen- <strong>und</strong> Schichtmodelle<br />
Parteien<br />
Eine weitere Differenzierung trifft Weber mit dem Begriff der „Partei“. Parteien<br />
sind<br />
„primär in der Sphäre der ‚Macht’ zu Hause. Ihr Handeln ist auf soziale ‚Macht’,<br />
<strong>und</strong> das heißt: Einfluss auf ein Gemeinschaftshandeln gleichviel welchen Inhalts<br />
ausgerichtet: es kann Parteien prinzipiell in einem geselligen ‚Klub’ ebensogut geben<br />
wie in einem ‚Staat’. Das ‚parteimäßige’ Gemeinschaftshandeln enthält, im Gegensatz<br />
zu dem von ‚Klassen’ <strong>und</strong> ‚Ständen’, bei denen dies nicht notwendig der<br />
Fall ist, stets eine Vergesellschaftung.“ (Weber 1980: 539)<br />
Man kann sagen, dass mit „Partei“ eine institutionalisierte Interessengruppe<br />
gemeint ist.<br />
Hradil stellt „Partei“ gleichrangig neben „Klasse“ <strong>und</strong> „Stand“, weil sie<br />
nach der ökonomischen <strong>und</strong> sozialen nun die politische Dimension sozialer <strong>Ungleichheit</strong><br />
vertrete (1987: 62f.). Kreckel sowie Giddens machen aber auch darauf<br />
aufmerksam, dass man Macht nicht als dritte Dimension oder drittes Prinzip<br />
sozialer <strong>Ungleichheit</strong> sehen dürfe. Macht sei eher Oberbegriff, weil sowohl<br />
Klassen als auch Stände <strong>und</strong> Parteien Phänomene der Machtverteilung sind.<br />
Macht ist somit weder auf ökonomische, noch soziale oder politische Aspekte<br />
beschränkt (Kreckel 1982: 620; Giddens 1979: 49).<br />
Als Unterschied zu Marx kann man aus den Differenzierungen, die Weber vorgenommen<br />
hat, folgern, dass nach Webers Verständnis nicht der Klassencharakter<br />
das entscheidende Merkmal des modernen Kapitalismus darstellt, sondern die<br />
wachsende Bedeutung der Zweckrationalität mit bürokratischen Organisationen<br />
als ihrem Rahmen. Wenn man (wie Marx) den Klassenkampf als wichtigsten<br />
dynamischen gesellschaftlichen Prozess ansieht, vernachlässigt man nach Weber<br />
die Bedeutung der ständischen Lage (wenngleich die Klassenlage im modernen<br />
Kapitalismus der vorherrschende Faktor ist) <strong>und</strong> überschätzt gleichzeitig die<br />
Rolle der Ökonomie, wenn man aus ihr z.B. auch politische Konstellationen als<br />
sek<strong>und</strong>är ableitet (vgl. auch Giddens 1979: 58-60).<br />
Die Bedeutung von Webers Ausführungen wird häufig darin gesehen, dass<br />
er Wegbereiter war für mehrdimensionale (empirische) Analysen sozialer <strong>Ungleichheit</strong>.<br />
Einige heben sein Konzept als Etappe in der Entwicklung des<br />
Schichtkonzepts hervor, unter anderem durch die Berücksichtigung von Prestige<br />
(vgl. Kap. 3.3). Positiv werden ebenfalls seine präzisen begrifflichen Klärungen<br />
bewertet (z.B. von Giddens 1979: 50).<br />
Aber es gibt auch Kritik, die sich häufig auf den geringen Erklärungsbeitrag<br />
des Konzepts richtet. Hradil bemängelt beispielsweise, dass Weber keinen hin-