Broschuere Soziale Ungleichheit - Bund/Länder und Gemeinden ...
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22 2 Die Entstehung der Klassen- <strong>und</strong> Schichtmodelle<br />
<strong>Soziale</strong> Klassen weisen zum einen auf das Phänomen der sozialen Mobilität hin,<br />
zum anderen bündelt dieser Begriff in gewisser Weise die unübersichtliche<br />
Vielfalt der unterschiedlichen Besitz- <strong>und</strong> Erwerbsklassen.<br />
Im Unterschied zu Marx führt die Zugehörigkeit zu einer Klasse (bzw. zu<br />
einer sozialen Klasse) im Zuge sozialen Wandels nicht notwendig zu einem<br />
Klassenbewusstsein oder gemeinsamem Handeln: „Eine universelle Erscheinung<br />
ist das Herauswachsen einer Vergesellschaftung oder selbst eines Gemeinschaftshandelns<br />
aus der gemeinsamen Klassenlage keineswegs.“ (a.a.O.: 532 f.)<br />
Die Entwicklung zu einer „Klasse für sich“ (in Marx’ Terminologie) ist nur eine<br />
potentielle, nicht einmal besonders wahrscheinliche Möglichkeit. Klassenlagen<br />
<strong>und</strong> daran anknüpfende Interessenlagen sind bei Weber insgesamt weitaus vielfältiger<br />
<strong>und</strong> uneindeutiger als bei Marx (vgl. Kreckel 1982). Bedingungen, die<br />
Klassenhandeln begünstigen, sind z.B. eine massenhaft ähnliche Klassenlage,<br />
räumliche Nähe, Führung auf einleuchtende Ziele <strong>und</strong> ein Handeln gegen einen<br />
unmittelbaren Interessengegner, z.B. einen konkreten Unternehmer im Gegensatz<br />
zu Aktionären (Weber a.a.O.: 179).<br />
Stände<br />
Wie lassen sich nun nach Weber Stände von diesem Verständnis der Klassen<br />
absetzen? Während Klassen in der Sphäre der Wirtschaft angesiedelt sind, geben<br />
Stände eher eine „soziale“ Ordnung im engeren Sinne wider. Weber definiert<br />
„ständische Lage“ als<br />
„jede typische Komponente des Lebensschicksals von Menschen, welche durch eine<br />
spezifische, positive oder negative, soziale Einschätzung der ‚Ehre’ bedingt ist, die<br />
sich an irgendeine gemeinsame Eigenschaft vieler knüpft.“ (a.a.O.: 534)<br />
Der Stand basiert also auf Ehre, auf sozialem Prestige <strong>und</strong> drückt sich primär in<br />
einer bestimmten Lebensführung 6 aus. Dazu gehören unter anderem die<br />
Personenkreise, mit denen man Umgang pflegt (was auch zur „Schließung“ gegenüber<br />
anderen Gruppen führt; zu diesem Begriff vgl. Weber a.a.O.: 23-25,<br />
weiterführend die Beiträge in Mackert 2004) oder die Befolgung spezifischer<br />
Werte. Durch das Element der Lebensführung berücksichtigt Weber eine subjektive<br />
Komponente für die Erklärung der Sozialstruktur. Stände sind in der Regel<br />
Gemeinschaften, allerdings amorphe Gemeinschaften, das heißt die Mitglieder<br />
müssen sich nicht persönlich kennen (a.a.O.: 534). Stände können beispielsweise<br />
Berufsstände (Offiziere, Ärzte etc.), Geburtsstände (aufgr<strong>und</strong> der Abstammung,<br />
6 Dies ist ein Element in Webers Konzept, an das spätere Lebensstilansätze anknüpfen, vgl. Kap. 5.1.