Broschuere Soziale Ungleichheit - Bund/Länder und Gemeinden ...
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16 2 Die Entstehung der Klassen- <strong>und</strong> Schichtmodelle<br />
Eine Klasse ist entsprechend bestimmt durch ihr Verhältnis zu den Produktionsmitteln.<br />
Auf dieser Basis lautet Marx’ Diagnose der bürgerlichen oder kapitalistischen<br />
Gesellschaft im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert:<br />
„Die ... moderne bürgerliche Gesellschaft hat die Klassengegensätze nicht aufgehoben.<br />
Sie hat nur neue Klassen, neue Bedingungen der Unterdrückung, neue Gestaltungen<br />
des Kampfes an die Stelle der alten gesetzt. ... Die ganze Gesellschaft spaltet<br />
sich mehr <strong>und</strong> mehr in zwei große feindliche Lager, in zwei große, einander direkt<br />
gegenüberstehende Klassen: Bourgeoisie <strong>und</strong> Proletariat.“ (a.a.O.: 24).<br />
Die Bourgeoisie zeichnet sich durch den Besitz von Produktionsmitteln aus. Die<br />
nicht besitzenden Arbeiter erarbeiten einen Mehrwert, über den ausschließlich<br />
die Produktionsmittelbesitzer verfügen können. So häufen sie, etwa durch die<br />
Ausbeutung der Arbeiter, Kapital an <strong>und</strong> gewinnen zunehmend Mittel zur Erlangung<br />
ökonomischer <strong>und</strong> damit gesellschaftlicher Macht. Die Bourgeoisie stellt<br />
also die herrschende Klasse dar. Das Proletariat, das keine Produktionsmittel<br />
besitzt, ist die Klasse der Arbeiter, die zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes<br />
ihre Arbeitskraft als Ware verkaufen müssen: „Die Arbeiter, die sich stückweis<br />
verkaufen müssen, sind eine Ware wie jeder andere Handelsartikel“ (a.a.O.: 31).<br />
Sie erhalten nur einen geringen Lohn <strong>und</strong> sind nicht nur materiell von Verelendung<br />
bedroht, sondern werden auch sozial <strong>und</strong> politisch unterdrückt. Dadurch,<br />
dass Selbstbestimmung nicht möglich ist, werden sie zunehmend zu entfremdeten<br />
Individuen. Zwischenklassen lösen sich zugunsten der dichotomen Gegenüberstellung<br />
dieser zwei Klassen zunehmend auf, weil z.B. kleine Industrielle<br />
oder Kaufleute nicht genügend Kapital zur Verfügung haben, um dem Konkurrenzkampf<br />
standzuhalten <strong>und</strong> schließlich zum dadurch wachsenden Proletariat<br />
stoßen (zur Beschreibung sozialer <strong>Ungleichheit</strong>sverhältnisse im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
aus historischer Perspektive vgl. z.B. Kaelble 1983, Rothenbacher 1989).<br />
Es sei noch einmal betont, dass die Herrschaft der „herrschenden“ Klasse<br />
zwar auf ökonomischen Ursachen basiert, sich aber nicht allein auf den ökonomischen<br />
Bereich erstreckt, sondern auch auf Bereiche wie Politik, Kultur, Recht<br />
<strong>und</strong> Religion, den „Überbau“. Nach Marx prägt „das Sein das Bewusstsein“, die<br />
ökonomische Lage wirkt sich ursächlich auf die Lebensverhältnisse der Einzelnen<br />
<strong>und</strong> die gesellschaftlichen Verhältnisse aus. Unter anderem bedingt wirtschaftliche<br />
Macht politische Macht. Deshalb reicht es auch aus, Klassen nach<br />
dem Kriterium des Besitzes oder Nichtbesitzes von Produktionsmitteln einzuteilen.<br />
Nochmals in den Worten von Marx heißt es zur Klassenlage:<br />
„Insofern Millionen von Familien unter ökonomischen Existenzbedingungen leben,<br />
die ihre Lebensweise, ihre Interessen <strong>und</strong> ihre Bildung von denen der anderen Klas-