Max Planck und die Begr¨undung der Quantentheorie

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Die Lichtquantenhypothese im allgemeinen kommentiert Millikan bereits auf der ersten Seite seines Artikels wie folgt ([5], S. 384): This hypothesis may well be called reckless, first because an electromagnetic disturbance which remains localized in space seems a ” violation of the very conception of an electromagnetic disturbance, and second because it flies in the face of the thoroughly established facts of interference.“ Kurz zuvor, im Jahre 1913, als Einstein die Ehre zuteil wird, in die Preußische Akademie der Wissenschaften aufgenommen zu werden, verfassten Planck, Nernst, Rubens und Warburg ein Empfehlungsschreiben, das mit folgenden Worten endet ([3], Band 5, Dokument 445, S. 527): Zusammenfassend kann man sagen, daß es unter den großen Problemen, an denen die moderne Physik so reich ist, kaum eines gibt, ” zu dem nicht Einstein in bemerkenswerter Weise Stellung genommen hätte. Daß er in seinen Spekulationen gelegentlich auch einmal über das Ziel hinausgeschossen haben mag, wie z.B. in seiner Hypothese der Lichtquanten, wird man ihm nicht allzuschwer anrechnen dürfen; denn ohne ein Risiko zu wagen, läßt sich auch in der exaktesten Naturwissenschaft keinerlei wirkliche Neuerung einführen.“ Neun Jahre später (1922, für das Jahr 1921) wird Einstein für die Erklärung des Photoelektrischen Effektes mit Hilfe der Lichtquantenhypothese der Nobelpreis für Physik zuerkannt. 10 Zusammenfassung und Ausblick Plancks größte wissenschaftliche Leistung ist auf ironisch und fast tragische Weise erkauft mit dem Scheitern seines groß angelegten Planes, dessen Ziel es war, den 2. Hauptsatz als streng kausales Gesetz aus den Gesetzen der Elektrodynamik zu begründen. Auf seinem Weg dorthin findet er stattdessen ein neues, experimentell glänzend bestätigtes Strahlungsgesetz unter Zugrundelegung der von ihm sonst vehement bekämpften statistischen Entropiedefinition. Die theoretischen Implikationen dieses Gesetzes, namentlich die Lichtquantenhypothese Einsteins, entziehen Planck geradezu die gesamte Grundlage, von der aus er ursprünglich startete. Zwar unternimmt Planck in den Jahren 1911-1914 verzweifelte Versuche, die radikalen Implikationen seiner Strahlungstheorie durch diverse Umformulierungen abzuschwächen, doch entfernt er sich dadurch erneut und ganz ent- 18

gegen seiner Intention immer weiter von der klassichen Physik. 11 Wie kein anderer förderte Einstein in dieser Zeit durch hartnäckiges Hinterfragen der Grundlagen der Planckschen Strahlungstheorie den endgültigen Bruch mit der klassischen Physik. So wird Planck schließlich zum Revolutionär wider Willen. Aber auch Einstein bleibt dieses Schicksal nicht erspart. Noch 1916 gibt er eine wunderbar einfache Ableitung der Planckschen Strahlungsformel, die eben nicht, wie alle Ableitungen Plancks, von der Beziehung (3) ausging, die ja Einstein als mit der Lichtquantenhypothese – und daher mit der Strahlungsformel selbst – im Widerspruch stehend erkannt hatte. Die neue Ableitung gelingt Einstein jedoch nur um den Preis der Annahme, daß die Elementarprozesse der Lichtabsorption und emission fundamental statistischer Natur sind, möglicherweise in der Hoffnung, sie später doch noch deterministisch verstehen zu können. So schreibt er am Ende dieser Arbeit ([3], Band 6, Dokument 38, S. 396): Die Schwäche der Theorie liegt einerseits darin, daß sie uns dem ” Anschluß an die Undulationstheorie [d.h. Wellentheorie] nicht näher bringt, andererseits darin, daß sie Zeit und Richtung der Elementarprozesse [der Lichtabsorption und Emission] dem ‘Zufall’ überläßt; trotzdem hege ich das volle Vertrauen in die Zuverlässigkeit des eingeschlagenen Weges“. Doch führte eben dieser eingeschlagene Weg nach weiteren 10 Jahren geradewegs zur heutigen Quantenmechanik (1925-26) und Quantenelektrodynamik (1928), denen auch Einstein mit seinen wissenschaftlichen Grundüberzeugungen nicht folgen konnte. Insbesondere deshalb, weil in ihnen der Zufall als irreduzibler Bestandteil der Naturerklärung auftritt. Doch das genauer zu erläutern, bedürfte eines weiteren Vortrags. So sei zum Schluß nur noch erwähnt, daß nicht nur in der Wissenschaft vom Kleinsten, sondern auch auf den größten uns heute zugänglichen Skalen, in der Kosmologie, die Plancksche Strahlungsformel eine zentrale Rolle spielt. So ist ja unser gesamtes Universum ein einziger Strahlungshohlraum, der erfüllt ist von 11 In seiner Arbeit ” Eine neue Strahlungshypothese“ des Jahres 1911 ([1], Band II, S. 249) schwächt er seine alte Quantisierungsannahme dahingehend ab, daß sie nunmehr nur noch für den Prozess der Emission, nicht aber für den Prozess der Absorption elektromagnetischer Strahlung durch die Resonatoren gültig sein soll. Er zeigt dann, daß man auch mit dieser abgeschwächten Version zu seinem Strahlungsgesetz kommt, allerdings leicht modifiziert um einen additiven Beitrag der Größe hν/2. Dieser hat zur Folge, daß auch bei verschwindender Temperatur (T = 0) die spektrale Energiedichte nicht wie von (6) ursprünglich vorausgesagt verschwindet, sondern hν/2 beträgt. Dies ist das erste Auftreten der sogenannten ” Nullpunktsenergie“, die ein typisch quantenmechanisches Phänomen ist und kein klassisches Analogon besitzt. Sie führt erneut zu einer mathematischen Katastrophe, da die Summe über alle Nullpunktsenergien der verschiedenen Frequenzen unendlich ergibt. 19

Die Lichtquantenhypothese im allgemeinen kommentiert Millikan bereits auf <strong>der</strong><br />

ersten Seite seines Artikels wie folgt ([5], S. 384):<br />

This hypothesis may well be called reckless, first because an electromagnetic<br />

disturbance which remains localized in space seems a<br />

”<br />

violation of the very conception of an electromagnetic disturbance,<br />

and second because it flies in the face of the thoroughly established<br />

facts of interference.“<br />

Kurz zuvor, im Jahre 1913, als Einstein <strong>die</strong> Ehre zuteil wird, in <strong>die</strong> Preußische<br />

Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften aufgenommen zu werden, verfassten <strong>Planck</strong>,<br />

Nernst, Rubens <strong>und</strong> Warburg ein Empfehlungsschreiben, das mit folgenden Worten<br />

endet ([3], Band 5, Dokument 445, S. 527):<br />

Zusammenfassend kann man sagen, daß es unter den großen Problemen,<br />

an denen <strong>die</strong> mo<strong>der</strong>ne Physik so reich ist, kaum eines gibt,<br />

”<br />

zu dem nicht Einstein in bemerkenswerter Weise Stellung genommen<br />

hätte. Daß er in seinen Spekulationen gelegentlich auch einmal über<br />

das Ziel hinausgeschossen haben mag, wie z.B. in seiner Hypothese<br />

<strong>der</strong> Lichtquanten, wird man ihm nicht allzuschwer anrechnen dürfen;<br />

denn ohne ein Risiko zu wagen, läßt sich auch in <strong>der</strong> exaktesten Naturwissenschaft<br />

keinerlei wirkliche Neuerung einführen.“<br />

Neun Jahre später (1922, für das Jahr 1921) wird Einstein für <strong>die</strong> Erklärung des<br />

Photoelektrischen Effektes mit Hilfe <strong>der</strong> Lichtquantenhypothese <strong>der</strong> Nobelpreis<br />

für Physik zuerkannt.<br />

10 Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />

<strong>Planck</strong>s größte wissenschaftliche Leistung ist auf ironisch <strong>und</strong> fast tragische Weise<br />

erkauft mit dem Scheitern seines groß angelegten Planes, dessen Ziel es war,<br />

den 2. Hauptsatz als streng kausales Gesetz aus den Gesetzen <strong>der</strong> Elektrodynamik<br />

zu begründen. Auf seinem Weg dorthin findet er stattdessen ein neues, experimentell<br />

glänzend bestätigtes Strahlungsgesetz unter Zugr<strong>und</strong>elegung <strong>der</strong> von ihm<br />

sonst vehement bekämpften statistischen Entropiedefinition. Die theoretischen<br />

Implikationen <strong>die</strong>ses Gesetzes, namentlich <strong>die</strong> Lichtquantenhypothese Einsteins,<br />

entziehen <strong>Planck</strong> geradezu <strong>die</strong> gesamte Gr<strong>und</strong>lage, von <strong>der</strong> aus er ursprünglich<br />

startete. Zwar unternimmt <strong>Planck</strong> in den Jahren 1911-1914 verzweifelte Versuche,<br />

<strong>die</strong> radikalen Implikationen seiner Strahlungstheorie durch diverse Umformulierungen<br />

abzuschwächen, doch entfernt er sich dadurch erneut <strong>und</strong> ganz ent-<br />

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