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Wasserstoffbrennen (pp-Kette) - Institut für Theoretische Astrophysik

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Entstehung der chemischen Elemente<br />

im Kosmos<br />

H.-P. Gail<br />

<strong>Institut</strong> für <strong>Theoretische</strong> <strong>Astrophysik</strong>, Heidelberg<br />

WS 2011/12


3. <strong>Wasserstoffbrennen</strong><br />

Die Entdeckung der enormen Bindungsenergien der Kerne führte<br />

bereits frühzeitig zu Spekulationen, daß Reaktionen zwischen den<br />

Atomkernen die Energiequelle der Sterne sind (Eddington 1920). Ein<br />

zunächst unlösbares Problem war jedoch, daß zur Überwindung der<br />

Coulombabstoßung sehr hohe Temperaturen erforderlich sind, die mit<br />

dem hydrostatischen Aufbau einer selbstgravitierenden Gaskugel unverträglich<br />

sind. Die Entdeckung des Tunneleffekts durch Gamow im<br />

Jahr 1928 führte Atkins und Houtermans zu der Spekulation, daß bei<br />

den hohen Temperaturen im Sterninneren der Wasserstoff die Coulombbarriere<br />

durchtunneln kann.<br />

Seite: 3.1


<strong>Wasserstoffbrennen</strong><br />

Die Reaktionen, die nicht resonant sind, enthalten u.a. als einen wesentlichen<br />

Faktor den Term<br />

[<br />

n1n2 exp<br />

−42.48 ( Z 2 1 Z2 2/<br />

T 6<br />

)1<br />

3<br />

]<br />

.<br />

Wegen des großen Faktors 42.48 im Exponenten haben nur solche Prozesse<br />

hohe Raten, für die Z1Z2 so klein wie möglich ist. Da zu Anfang<br />

die Sterne hauptsächlich aus H und He bestehen, werden hauptsächlich<br />

Reaktionen mit diesen Kernen von Interesse sein. Je größer die Ladung<br />

der beteiligten Teilchen ist, um so höhere Temperaturen sind für wirksame<br />

Brennprozesse erforderlich.<br />

Seite: 3.2


<strong>Wasserstoffbrennen</strong><br />

Die Hauptschwierigkeit bei den frühen Betrachtungen bestand darin,<br />

daß die Zweiteilchenreaktionen zwischen den häufigen Kernen zu instabilen<br />

Kernen führen<br />

p + p −→ 2 He −→ p + p (τ1/2 ≈ 10 −22 s)<br />

p + 4 He −→ 5 Li −→ p + 4 He (τ1/2 =?)<br />

4 He +<br />

4 He −→<br />

8 Be −→<br />

4 He +<br />

4 He (τ 1/2 ≈ 10 −16 s)<br />

Deswegen muß man nach anderen Reaktionen zwischen diesen Teilchen<br />

oder nach Reaktionen, an denen seltenere Spezies beteiligt sind, Ausschau<br />

halten. Als wesentliche Kandidaten kommen dafür die selteneren<br />

Isotope von H und He in Betracht, beispielsweise die Reaktion<br />

H + D −→ 3 He + γ .<br />

Diese Reaktion ist tatsächlich möglich und verbrennt in der protostellaren<br />

Phase den Deuteriumgehalt des Protosterns zu 3 He, trägt aber<br />

nichts wesentliches zur Energieproduktion des Sterns bei, und überdies<br />

ist D beim Erreichen der Hauptreihe hierdurch bereits aufgebraucht.<br />

Entsprechendes gilt für Li, Be, B.<br />

Seite: 3.3


<strong>Wasserstoffbrennen</strong><br />

Man muß sich also nach exotischeren Reaktionen umsehen. Die Arbeiten<br />

von C. F. von Weizsäcker (1937, 1938) und von H. A. Bethe und<br />

C. L. Chritchfield (1937, 1938) haben gezeigt, daß zwei wesentliche Reaktionspfade<br />

für die Umwandlung 4 H −→ 4 He existieren:<br />

1. Die Proton-Proton <strong>Kette</strong> (Bethe)<br />

2. Der CNO-Zyklus (v. Weizsäcker) .<br />

Diese beiden Reaktionen speisen die Leuchtkraft der Sterne während<br />

des größten Teils ihrer Lebensdauer.<br />

In den frühesten Sterngenerationen, in denen praktisch nur H und He<br />

vorhanden sind, kann nur die p-p-<strong>Kette</strong> ablaufen. In Sternen der zweiten<br />

Generation, wenn bereits die Produkte des nuklearen Brennens der<br />

ersten Generation vorhanden sind, kann dann auch der CNO-Zyklus<br />

ablaufen.<br />

Seite: 3.4


3.1 Die Proton-Proton Reaktion<br />

Die direkte Reaktion p + p → 2 He während einer p-p-Streuung ist nicht<br />

möglich, da das di-Proton sofort wieder in zwei Protonen zerfällt. H. Bethe<br />

hat 1937 erkannt, daß durch die schwache Wechselwirkung während<br />

der kurzen Zeitspanne des Streuvorgangs zwischen zwei Protonen eines<br />

davon durch β + –Emission in ein Neutron übergehen kann. Diese Reaktion<br />

ist an sich endotherm mit einer Reaktionsenergie von 0.782 MeV,<br />

weil das Neutron schwerer als das Proton ist, und kann eigentlich nicht<br />

auftreten. Die Rekombination eines Neutrons mit einem Proton zum<br />

Deuteron setzt aber andererseits eine Energie von 2.2245 MeV frei, sodaß<br />

ein Übergang während der p-p-Streuung zum Deuteron im Endeffekt<br />

exotherm mit einer Energiefreisetzung von ∆E = −1.442 MeV<br />

ist.<br />

p<br />

✟ ✟✟✟✟✟✟✟✯ ❄<br />

❄<br />

n<br />

0.782 MeV<br />

2.224 MeV<br />

D<br />

1.442 MeV<br />

Abbildung 3.1: Energiezustände bei der <strong>pp</strong>-Reaktion<br />

Seite: 3.5


Die Proton-Proton Reaktion<br />

Bei dieser Reaktion wird wegen der Ladungserhaltung gleichzeitig ein<br />

Positron freigesetzt, das die positive Ladung mitnimmt, und wegen der<br />

Leptonenerhaltung wird gleichzeitig auch ein Neutrino emittiert. Die<br />

Reaktionsgleichung lautet somit insgesamt<br />

p + p −→ D + β + + ν . (89)<br />

Die Reaktionsenergie teilen sich das β + und das ν. Diese Reaktion ist die<br />

Starterreaktion verschiedener daran anschließender Reaktionssequenzen<br />

unterschiedlicher Varianten der Proton-Proton <strong>Kette</strong>, die schließlich zur<br />

Umwandlung von jeweils vier Protonen in einen He-Kern führen.<br />

Seite: 3.6


3.2 Die Starterreaktion p + p → D<br />

Der fundamentale Prozeß bei der Reaktion (89) ist der β + –Zerfall des<br />

Protons während der p-p-Streuung. Bei den erlaubten β + –Zerfällen ist<br />

der Bahndrehimpuls von β + und ν gleich null. Die Spins von β + und<br />

ν können dabei entweder zum Singulettzustand mit Gesamtspin 0 oder<br />

zum Triplettzustand mit Gesamtspin 1 kombinieren. Das ergibt zwei<br />

verschiedene Möglichkeiten für den Endzustand:<br />

⃗σν + ⃗σ β + = ⃗0 : Fermi-Übergänge (↑↓)<br />

⃗σν + ⃗σ β + = ⃗1 : Gamow-Teller-Übergänge (↑↑) .<br />

Bei erlaubten β–Zerfällen ändern sich weder der Bahndrehimpuls der<br />

Nukleonen noch deren räumliche Anordnung, aber eines der Nukleonen<br />

in der Wellenfunktion ändert sich von einem Proton in ein Neutron oder<br />

von einem Neutron in ein Proton. Im Falle des Gamow-Teller Übergangs<br />

muß deswegen zusätzlich eine Spinumkla<strong>pp</strong>ung in der Wellenfunktion<br />

der Nukleonen auftreten, weil die Spins der beiden neu auftretenden<br />

Teilchen β + und ν zum Gesamtspin 1 kombinieren.<br />

Seite: 3.7


Die Starterreaktion p + p → D<br />

Der Grundzustand des Deuterons ist ein s-Zustand mit Bahndrehimpuls<br />

null. Die Spins von n und p im Deuteron sind parallel, sodaß der<br />

Gesamtdrehimpuls J = 1 ist. Für die Reaktion (89) bedeutet das folgendes:<br />

ˆ Weil sich bei erlaubten β-Zerfällen der Bahndrehimpuls nicht ändert,<br />

kann nur der s-Zustand (l = 0) bei der p-p-Streuung zum Übergang<br />

in das Deuteron beitragen.<br />

ˆ Da vor dem Übergang identische Fermionen vorliegen, und die Wellenfunktion<br />

der Nukleonen symmetrisch gegen Vertauschung ist,<br />

müssen die p-Spins wegen des Pauli-Prinzips vorher antiparallel sein,<br />

wie in §2.3 erörtert. Nach dem Übergang sind sie aber im Deuteron<br />

parallel.<br />

ˆ Bei der Reaktion muß also eine Spinumkla<strong>pp</strong>ung auftreten, die Reaktion<br />

kann deswegen nur durch einen Gamow-Teller Übergang stattfinden.<br />

Seite: 3.8


Die Starterreaktion p + p → D<br />

Der Wirkungsquerschnitt der Reaktion kann mit Hilfe der Störungstheorie<br />

berechnet werden, da der Hamiltonoperator Hβ für die schwache<br />

Wechselwirkung klein gegenüber dem nuklearen Wechselwirkungsoperator<br />

Hn ist. Nach Fermis goldener Regel“ gilt<br />

”<br />

dσ = 2π <br />

∣ ∣ 〈f|Hβ|i〉 ∣ ∣ 2 ρ(E)<br />

vi<br />

. (90)<br />

Hierin ist vi ist die Relativgeschwindigkeit und ρ(E) die Dichte der<br />

Endzustände. Für letztere gilt<br />

ρ(E) = d N<br />

d E<br />

mit der Anzahl der Endzustände von Elektron und Neutrino<br />

dN = dNedNν =<br />

( V 4πp<br />

2 ) (<br />

e<br />

dpe V 4πp<br />

2 )<br />

ν<br />

dpν<br />

h 3 h 3<br />

(91)<br />

. (92)<br />

Seite: 3.9


Die Starterreaktion p + p → D<br />

Wenn man annimmt, daß die Neutrinomasse verschwindend klein und<br />

die Rückstoßenergie des Deuterons vernachlässigbar ist, dann gilt<br />

E = Eν + Ee = Ee + cpν (93)<br />

mit kinetischer Energie der Elektronen, Ee, und Energie der Neutrinos,<br />

Eν. Bei festgehaltenem Elektronenimpuls pe gilt pν = (E − Ee)/c und<br />

dE = cdpν und damit<br />

ρ(E) = 16π2 V 2<br />

p 2<br />

c 3 h 6 e (E − E e) 2 dpe . (94)<br />

Das ist die Dichte der Endzustände mit Elektronenimpulsen in pe, . . . ,<br />

pe+dpe für beliebigen Neutrinoimpuls und mit einer kinetischen Energie<br />

der Elektronen in E, . . . , E + dE. Der Zusammenhang zwischen Impuls<br />

pe und kinetischer Energie ist<br />

pe = 1 c√<br />

E e(Ee + 2mec 2 ) , (95)<br />

mit der Ruhenergie mec 2 der Elektronen. Das hiernach resultierende<br />

Energiespektrum berücksichtigt aber noch nicht die Korrekturen, die<br />

aus der Coulombwechselwirkung der Teilchen resultieren.<br />

Seite: 3.10


Die Starterreaktion p + p → D<br />

Für das Übergangsmatrixelement gilt<br />

∫<br />

〈f|Hβ|i〉 = dτ [ΨDΨeΨν] ∗ HβΨi . (96)<br />

Wegen der geringen Stärke der Wechselwirkung sind Ψe und Ψν ebene<br />

Wellen<br />

Ψe = √ 1 e i⃗ ke⃗r , Ψ ν = √ 1 e i⃗ ke⃗r . (97)<br />

V V<br />

Diese Wellenfuntionen sind folgendermaßen normiert<br />

∫<br />

dV ΨΨ ∗ = 1 . (98)<br />

Die radiale Wellenfunktion des Deuterons ΨD verschwindet außerhalb<br />

des Kernradius von ≈ 10 −13 cm sehr rasch. Die Wellenlänge des Elektrons<br />

und des Neutrinos sind bei der mittleren Energie Ē andererseits<br />

von der Größenordnung<br />

λ ≈ √ h = 2 × 10 −10 cm . (99)<br />

2mE<br />

Seite: 3.11


Die Starterreaktion p + p → D<br />

Dann gilt im Bereich der Ausdehnung der Wellenfunktion des Deuterons<br />

kr = 2πr<br />

λ ≈ 10−3 . (100)<br />

Die Wellenfuntionen von Elektron und Neutrino können deswegen in<br />

(96) durch<br />

genähert werden. Es folgt<br />

Das läßt sich als<br />

Ψe = √ 1 (1 + i⃗ke⃗r + . . .<br />

V<br />

Ψν = √ 1 (1 + i ⃗ ke⃗r + . . .<br />

V<br />

〈f|Hβ|i〉 = 1 V<br />

∫<br />

)<br />

≈ √ 1<br />

V<br />

)<br />

≈ √ 1<br />

V<br />

dτ Ψ ∗ D H βΨi . (101)<br />

〈f|Hβ|i〉 = g V M RaumMSpin (102)<br />

schreiben.<br />

Seite: 3.12


Die Starterreaktion p + p → D<br />

Das Spin-Matrixelement MSpin ist durch die Spins der Teilchen im<br />

Anfangs- und Endzustand festgelegt. Es gilt offensichtlich, weil man<br />

vorher identische Teilchen hatte, und hinterher Teilchen in einem Triplettzustand<br />

MSpin = 3 2 . (103)<br />

Die Integration für das Matrixelement MRaum muß numerisch aus der<br />

Wellenfunktion des Deuterons und den Coulombwellenfunktionen der<br />

p-p-Streuung berechnet werden. Die Ko<strong>pp</strong>lungskonstante g für Gamow-<br />

Teller Übergänge ist aus β–Zerfällen bekannt. Das Resultat ist ein Wirkungsquerschnitt<br />

von<br />

σ ≈ 10 −47 cm 2 (104)<br />

bei einer Energie von E = 1 MeV.<br />

Seite: 3.13


Die Starterreaktion p + p → D<br />

Experimentell kann ein solch kleiner Wirkungsquerschnitt nicht bestimmt<br />

werden. Beispielsweise würde bei einem Protonenstrahl von<br />

1 mA und einem dicken Target mit 10 23 Atomen/cm 2 im Mittel alle<br />

10 6 Jahre eine Reaktion stattfinden.<br />

Der Wirkungsquerschnitt des ersten Schritts der Fusionsreaktionen<br />

im Sterninneren kann deswegen ausschließlich<br />

theoretisch berechnet werden!<br />

Es war die Herauragende Leistung von Hans Bethe, diese Berechnung<br />

1938 durchgeführt zu haben und damit die Energiequelle der Sterne<br />

unzweifelhaft bestimmt zu haben.<br />

H.A. Bethe, C.L. Critchfield (1938) The Formation of Deuterons by Proton Combination. Phys. Rev.<br />

54, 248–254, sowie p. 862<br />

Seite: 3.14


Die Starterreaktion p + p → D<br />

Weil die Reaktion<br />

p + p −→ D + β + + ν<br />

eine nicht resonante Reaktion ist, kann die Reaktionsrate nach dem<br />

Formalismus aus §2.4 berechnet werden mit dem Ergebnis<br />

{<br />

kp,p = 3.09 × 10 −37 T −2 3<br />

6 exp<br />

[<br />

−33.81 T −1 3<br />

6 ×<br />

1 + 0.0123 T 1 3<br />

6 + 0.0109 T 2 3<br />

6 + 9.5 × 104 T6<br />

]}<br />

cm 3 s −1 . (105)<br />

Bei T6 = 15 und ρ = 100 g cm −3 — das entspricht den Verhältnissen im<br />

Sonnenzentrum — ist die mittlere Lebensdauer eines Protons gegenüber<br />

der Reaktion mit einem anderen Proton zum Deuterium τ = 9 × 10 9<br />

Jahre.<br />

Seite: 3.15


Die Starterreaktion p + p → D<br />

Die geringen Querschnitte der Reaktionen, die durch die schwache<br />

Wechselwirkung ausgelöst werden, und die kleine Durchdringungswahrscheinlichkeit<br />

der Coulombbarriere sind dafür verantwortlich, daß die<br />

Sterne ihren nuklearen Brennstoff nur langsam verbrauchen und deswegen<br />

für sehr lange Zeiträume existieren können.<br />

Ohne die nuklearen Brennprozesse muß die Leuchtkraft der Sterne aus<br />

deren Kontraktion durch die freigesetzte Gravitationsenergie gespeist<br />

werden. Die entsprechede Zeitskala ist die Helmholtz-Kelvin Zeitskala,<br />

die sehr viel kürzer als die entsprechende nukleare Zeitskala ist.<br />

Seite: 3.16


3.3 Die Folgereaktionen<br />

Die Deuteriumkerne aus der p-p-Starterreaktion können im nächsten<br />

Schritt mit einigen der vorhandenen Teilchen im Sterninneren reagieren,<br />

wobei aber nur solche Teilchen als Reaktionspartner in Frage kommen,<br />

deren Kernladung niedrig ist. Konkret kommen deswegen nur folgende<br />

Reaktionen in Betracht (Kerne mit Z = 1 oder Z = 2):<br />

Q[MeV] S(0) keV b<br />

D(p,γ) 3 He 5.494 2.5 × 10 −4<br />

D(D,γ) 4 He 23.847 ≈ 5 × 10 −5<br />

D(D,p) 3 H 4.033 39<br />

D(D,n) 3 He 3.269 37<br />

D( 3 He,p) 4 He 18.354 6240<br />

D( 3 He,γ) 5 Li 16.388 ≈ 0.3<br />

D( 4 He,γ) 6 Li 1.472 ≤ 3 × 10 −5<br />

Die Wirkungsquerschnitte aller dieser Prozesse sind in Laborexperimenten<br />

gemessen und daraus die Größen S(0) bestimmt worden.<br />

Seite: 3.17


Die Folgereaktionen<br />

Die Wirkungsquerschnitte dieser Prozesse, durch die das Deuterium<br />

zerstört wird, sind sehr viel größer als derjenige für die Erzeugung von<br />

Deuterium: σD... ≈ 10 −24 cm 2 gegenüber σ<strong>pp</strong> ≈ 10 −45 cm 2 .<br />

Erster Folgeschritt:<br />

Wegen der geringen Produktionsrate des D im Vergleich zur Vernichtungsrate<br />

in einem dieser Prozesse kann sich im Sterninneren keine<br />

große Teilchendichte von Deuterium aufbauen. Die häufigste Reaktion<br />

ist dann wegen der großen p-Häufigkeit die Reaktion<br />

D(p,γ) 3 He.<br />

Dadurch wird als Folgeprodukt der Deuteriumbildung das 3 He Isotop<br />

produziert.<br />

Seite: 3.18


Die Folgereaktionen<br />

Abbildung 3.2: Direkter Einfang eines Protons durch 2 H zum 3 He. Bestimmung des<br />

S(E)-Faktors durch Extrapolation.<br />

Seite: 3.19


3.3.1 Die p-p-I-<strong>Kette</strong><br />

Die zeitliche Entwicklung der D-Häufigkeit ist dann durch die Ratengleichung<br />

d nD<br />

= kp,p n 2 p − k p,D npnD (106)<br />

d t<br />

bestimmt. Wegen der langsamen Produktion von Deuterium durch die<br />

p-p-Reaktion kann in dieser Gleichung die Protonendichte als praktisch<br />

zeitlich konstant betrachtet werden. Unter diesen Umständen kann sich<br />

ein quasistationäres Gleichgewicht für die Deuteriumdichte einstellen.<br />

Dabei stellt sich folgendes Häufigkeitsverhältnis des Deuteriums zum<br />

Wasserstoff ein<br />

nD,stat<br />

= k p,p<br />

. (107)<br />

np kp,D<br />

Damit läßt sich (106) in folgender Form schreiben<br />

d nD<br />

d t<br />

= −kp,D np (nD − nD,stat) . (108)<br />

Seite: 3.20


Die p-p-I-<strong>Kette</strong><br />

Diese Gleichung wird durch<br />

)<br />

nD = nD,0e −t/τ D +<br />

(1 − e −t/τ D<br />

nD,stat (109)<br />

gelöst mit<br />

τD = 1<br />

kp,Dnp<br />

. (110)<br />

nD,0 ist die Anfangsdichte von D zum Zeitpunkt t = 0. τD ist die charakteristische<br />

Einschwingzeit zur Einstellung der Gleichgewichtsdichte<br />

(107). Sie beträgt bei T6 = 15 und ρ = 100 g cm −3 etwa 1.6 Sekunden.<br />

In dieser kurzen Zeit stellt sich unter den Bedingungen im Sonnenzentrum<br />

die Gleichgewichtsdichte von Deuterium ein. Es darf also ohne<br />

weiteres angenommen werden, daß die Dichte von Deuterium gleich<br />

der Gleichgewichtsdichte nD,stat ist. Das D/p-Dichteverhältnis beträgt<br />

je nach Temperatur 10 −18 bis 10 −17 (vergl. Abb. 3.3). Zum Vergleich:<br />

Im Sonnensystem hat Deuterium eine Häufigkeit von 1.5 × 10 −4 relativ<br />

zum Wasserstoff.<br />

Seite: 3.21


Die p-p-I-<strong>Kette</strong><br />

Abbildung 3.3: Gleichgewichtshäufigkeit von Deuterium relativ zu Wasserstoff in<br />

Abhängigkeit von der Temperatur. Die Brenntemperatur eines Sterns mit 1 M⊙ auf<br />

der Hauptreihe ist markiert.<br />

Seite: 3.22


Die p-p-I-<strong>Kette</strong><br />

Zweiter Folgeschritt:<br />

Die 3 He–Kerne können ihrerseits in einer Reihe von Reaktionen weiter<br />

reagieren. In Frage kommen wiederum nur Reaktionen mit Kernen kleiner<br />

Ladungszahl Z = 1 oder Z = 2:<br />

Q[MeV] S(0) keV b<br />

3 He(D,γ)<br />

5 Li 16.388 ≈ 0.3<br />

3 He(D,p)<br />

4 He 18.354 6 240<br />

3 He(<br />

3 He,γ)<br />

6 Be 18.497 ≈ 0.7<br />

3 He(<br />

3 He,2p)<br />

4 He 12.860 5 500<br />

3 He(<br />

4 He,γ)<br />

7 Be 1.578 0.53<br />

Von diesen kommen nur zwei der Reaktionen wirklich in Frage:<br />

Die Reaktion 3 He( 3 He,2p) 4 He wegen ihres großen Querschnitts, und<br />

3 He(<br />

4 He,γ)<br />

7 Be wegen der großen<br />

4 He–Häufigkeit. Unter den Bedingungen<br />

im Sonneninneren ist das Verhältnis der Reaktionsraten<br />

k3 He, 3 He<br />

≈ 86<br />

k3 He, 4 He 14 . (111)<br />

Seite: 3.23


Die Folgereaktionen<br />

Abbildung 3.4: Reaktion von 3 He mit 3 He. Bestimmung des S(E)-Faktors durch Extrapolation.<br />

Seite: 3.24


Die Folgereaktionen<br />

Abbildung 3.5: Reaktion von 3 He mit 4 He. Bestimmung des S(E)-Faktors durch Extrapolation.<br />

Seite: 3.25


Die p-p-I-<strong>Kette</strong><br />

An dieser Stelle kommt es zu einer Verzweigung in der p-p–<strong>Kette</strong>. Die<br />

Reaktion 3 He( 3 He,2p) 4 He beendet die erste der möglichen Reaktionsketten,<br />

die sog. p-p-I–<strong>Kette</strong>, die aus den folgenden Reaktionschritten<br />

besteht:<br />

p + p −→ D + β + + ν, D(p,γ) 3 He,<br />

3 He(<br />

3 He,2p)<br />

4 He .<br />

Im Endeffekt werden durch diese Reaktionskette vier Protonen in einen<br />

4 He Kern umgewandelt. Dabei werden folgende Teilbeträge der Energie<br />

freigesetzt:<br />

Energieerzeugung 3p → 3 He : 6.936 MeV<br />

mittlere Neutrinoenergie Ēν : -0.263 MeV<br />

——–<br />

: 6.673 MeV<br />

Energieerzeugung 3 He( 3 He,2p) 4 He : 12.860 MeV<br />

Die gesamte Energieproduktionsrate ist deswegen (cgs-Einheiten)<br />

ρɛ = 1.069 × 10 −5 kp,p + 12.860 × 10 −5 k3 He, 3 He . (112)<br />

Seite: 3.26


Die p-p-I-<strong>Kette</strong><br />

Der größte Teil der Energieerzeugung in der p-p-I–<strong>Kette</strong> fällt bei der<br />

Reaktion 3 He( 3 He2p), 4 He an. Da die 3 He Dichte erst langsam aufgebaut<br />

wird, ist dieser Teil der Energieproduktionsrate zeitabhängig. Die<br />

Ratengleichung für 3 He lautet<br />

d n3 He<br />

d t<br />

Im stationären Gleichgewicht gilt<br />

= kp,D npnD − 2k 3 He, 3 He n 2 3 He<br />

. (113)<br />

n3 He<br />

np<br />

∣ ∣∣∣eq<br />

=<br />

k<br />

2<br />

p,p<br />

k . (114)<br />

Damit kann (113) auf die Form<br />

d n3 He<br />

d t<br />

= k 3 He, 3 He n 2 p<br />

[ (n3He<br />

np<br />

) 2<br />

eq<br />

−<br />

(<br />

n3He<br />

gebracht werden. Hierin ist np praktisch konstant.<br />

np<br />

) 2<br />

]<br />

(115)<br />

Seite: 3.27


Die p-p-I-<strong>Kette</strong><br />

Diese Differentialgleichung kann durch Trennung der Veränderlichen sofort<br />

integriert werden und ergibt mit der Anfangsbedingung<br />

∣<br />

n3 He ∣∣∣t=0<br />

= 0 (116)<br />

die Lösung<br />

n3 He<br />

np<br />

= n3 He<br />

np<br />

np<br />

∣ ∣∣∣eq e t τ − e − t τ<br />

e t τ + e − t τ<br />

= n3 He<br />

np<br />

∣ ∣∣∣eq<br />

tanh t τ<br />

(117)<br />

mit<br />

τ =<br />

1<br />

. (118)<br />

k 3 He, 3 He n3 He,eq<br />

Seite: 3.28


Die p-p-I-<strong>Kette</strong><br />

Abbildung 3.6: Einschwingzeit für die Energieproduktion in der 3 He( 3 He,2p) 4 He Reaktion.<br />

Seite: 3.29


Die p-p-I-<strong>Kette</strong><br />

Abbildung 3.6 zeigt die Variation der Zeit, nach der die Teilchendichte<br />

von 3 He 99% des Endwerts erreicht hat, mit der Temperatur. Unterhalb<br />

von T6 = 8 wird das Gleichgewicht innerhalb eines Weltalters nicht<br />

mehr erreicht. Bei der Sonne ist das Gleichgewicht nach etwa 580 000<br />

Jahren erreicht, also noch während der protostellaren Entwicklung. Bei<br />

masseärmeren Sternen kann die Entwicklungzeit bis zum Gleichgewicht<br />

die Lebensdauer des Sterns übersteigen. Die 3 He–Häufigkeit darf also<br />

bei Modellrechnungen nicht ohne weiteres als konstant angenommen<br />

werden.<br />

Seite: 3.30


3.3.2 Die p-p-II und p-p-III-<strong>Kette</strong>n<br />

Die zweite Reaktionsmöglichkeit für 3 He ist die Reaktion<br />

3 He(<br />

4 He,γ)<br />

7 Be,<br />

die in der Sonne mit einer Häufigkeit von ca. 14% vorkommt. Der 7 Be<br />

Kern ist instabil und wandelt sich normalerweise durch Elektroneneinfang<br />

in 7 Li um. Mit einer kleinen, aber nicht völlig zu vernachlässigenden<br />

Wahrscheinlichkleit kann sich der 7 Be Kern aber auch durch eine (p,γ)<br />

Reaktion in 8 B umwandeln. Dadurch kommt es an dieser Stelle zu einer<br />

erneuten Verzweigung:<br />

1.) In etwa 99.8% aller Fälle kommt es zum Elektroneneinfang, wodurch<br />

ein 7 Li Kern entsteht. Dieser hat einen sehr großen Einfangquerschnitt<br />

für Protonen und zerfällt in der Reaktion 7 Li(p, 4 He) 4 He in zwei Heliumkerne.<br />

Dieser Zweig der p-p–<strong>Kette</strong> wird als p-p-II–<strong>Kette</strong> bezeichnet.<br />

2.) In etwa 0.2% aller Fälle kommt es zum Protoneneinfang, zum<br />

8 B. Dieses ist β<br />

+ –instabil und zerfällt mit der kurzen Halbwertszeit<br />

τ1/2 = 0.77 s in einen angeregten 8 Be Kern, der seinerseits instabil ist<br />

und spontan (τ1/2 ≈ 2 × 10 −16 s) in zwei 4 He Teilchen spaltet. Dieser<br />

Zweig der p-p–<strong>Kette</strong> wird als p-p-III–<strong>Kette</strong> bezeichnet.<br />

Seite: 3.31


Die p-p-II und p-p-III-<strong>Kette</strong>n<br />

≈ 14%<br />

Elektroneneinfang<br />

(≈ 14%)<br />

✏ ✏ ✏ ✏ ✏ ✏ ✏ ✏ ✏ ✏ ✏ ✏ ✏ ✏ ✏ ✏ ✏ ✏ ✏ ✏ ✏✏<br />

<br />

✏✮<br />

❄<br />

7 Be<br />

Protoneneinfang<br />

(≈ 0.02%)<br />

7 Li<br />

❄<br />

+p -α<br />

(0.77 s)<br />

8 B<br />

❄<br />

8 Be<br />

β + ν<br />

4 He<br />

(10 −16 s)<br />

<strong>pp</strong>-II-<strong>Kette</strong> <strong>pp</strong>-III-<strong>Kette</strong><br />

Abbildung 3.7: Verzweigung der p-p-<strong>Kette</strong><br />

❄<br />

2α<br />

Seite: 3.32


Die p-p-II und p-p-III-<strong>Kette</strong>n<br />

Im Endeffekt werden in beiden Zweigen ein 7 Be Kern und ein Proton<br />

in zwei Heliumkerne umgewandelt. Die beiden <strong>Kette</strong>n unterscheiden<br />

sich im Anteil der Gesamtenergie, die in Form von Neutrinos freigesetzt<br />

wird, die den Stern verlassen und nichts zur Energiefreisetzung<br />

im Sterninneren beitragen. Der Beitrag der p-p-III–<strong>Kette</strong> zur gesamten<br />

Energieproduktion ist allerdings so gering, daß er keine Rolle spielt.<br />

Diese <strong>Kette</strong> ist nur im Zusammenhang mit der Frage nach dem hochenergetischen<br />

Teil des Neutrinospektrums von Interesse.<br />

In der p-p-II–<strong>Kette</strong> werden durch den Elektroneneinfang Neutrinos mit<br />

einer mittleren Energie von Ē = 0.81 MeV freigesetzt, durch die p-p-<br />

III–<strong>Kette</strong> von Ē = 7.30 MeV. In der p-p-I-Reaktion werden bereits Neutrinos<br />

mit einer Energie von Ē = 0.26 Mev freigesetzt. Die gesamte freigesetzte<br />

Energie bei der Fusionsreaktion 4p → 4 He beträgt 23.73 MeV.<br />

Daraus errechnet sich ein Anteil der Neutrinos an der Gesamtenergie<br />

von 4% bei der p-p-II–<strong>Kette</strong> und von 28.3% bei der p-p-III–<strong>Kette</strong>.<br />

Seite: 3.33


3.3.3 Elektroneneinfang des 7 Be<br />

Die Einfangrate ergibt sich nach Fermis goldener Regel zu<br />

keinf = 2π ρ(E)∣ ∣ 〈f|H β|i〉 ∣ ∣ 2 (119)<br />

mit<br />

ρ(E) = 4πV E2 ν<br />

(120)<br />

∫ c 2 h 3<br />

〈f|Hβ|i〉 =<br />

dτ [Ψ7 Li Ψν] ∗ HβΨ7 Be Ψe . (121)<br />

Die radialen Wellenfunktionen von 7 Li und 7 Be verschwinden rasch außerhalb<br />

des Kernbereichs. Deswegen gilt wieder<br />

Ψe(⃗r) ≈ Ψe(0) , Ψν ≈ √ 1 . (122)<br />

V<br />

Das Wechselwirkungsmatrixelement ist dann<br />

〈f|Hβ|i〉 = Ψ ∫<br />

e(0)<br />

√<br />

V<br />

dτ Ψ ∗ 7 Li<br />

HβΨ7 Be = g Ψ ∫<br />

e(0)<br />

√<br />

V<br />

dτ Ψ ∗ 7 Li<br />

Ψ7 Be<br />

= g Ψ e(0)<br />

√ MKern . (123)<br />

V<br />

Seite: 3.34


Elektroneneinfang des 7 Be<br />

Für die Einfangrate folgt<br />

kEC = g2 M<br />

Kern<br />

2<br />

πc 2 4 E2 ν |Ψ e(0)| 2 . (124)<br />

Für Atome gilt<br />

|Ψe(0)| 2 ≈ 1 π<br />

( Z<br />

na0<br />

) 3<br />

, (125)<br />

worin a0 = 0.529 Å der Bohrsche Radius und n die Hauptquantenzahl<br />

ist. Die Beiträge der K-L-M- . . . Schalen zur Einfangrate sind dann<br />

≈ 1 + 1 8 + 1 27 + 1 64 + . . . Seite: 3.35


Elektroneneinfang des 7 Be<br />

In einem Stern wie der Sonne ist im Zentrum die mittlere thermische<br />

Energie der Teilchen E ≈ kT = 1.3 keV. Die Bindungsenergie des letzten<br />

Elektrons beim Be ist gleich 0.22 keV. Das 7 Be ist deswegen so gut<br />

wie vollständig ionisiert, und der Elektroneneinfang erfolgt aus dem<br />

Kontinuum. Die Einfangrate wird dadurch von der Elektronendichte ne<br />

abhängig.<br />

Für die Wellenfunktionen Ψe müssen bei der Berechnung durch die Coulombwechselwirkung<br />

gestörte Wellen verwendet werden. Diese Berechnungen<br />

können alle exakt durchgeführt werde mit dem Ergebnis<br />

τ = k −1<br />

EC = 4.72 × T 1 2<br />

108 6<br />

ρ(1 + XH) . (126)<br />

Für den Fall der Sonne (T6 = 15, ρ = 100 g cm −3 , XH = 0.5) folgt<br />

τEC = 140 d. Zum Vergleich: Die Lebensdauer des 7 Be im Atom beträgt<br />

τEC = 77 d.<br />

Zusätzlich muß ein gewisser Beitrag durch K-Einfang von nicht<br />

vollständig ionisiertem 7 Be berücksichtigt werden. Es ergibt sich dann<br />

kEC = 1.21 kEC,frei . (127)<br />

Seite: 3.36


3.3.4 Protoneneinfang des 7 Be<br />

Die Zerstörungsreaktion 7 Be(p, γ) 8 B ist im Labor gemessen worden.<br />

Es ergab sich ein Wert S(0) = 0.024 kEv b. Daraus ergibt sich eine<br />

mittlere Lebensdauer für den 7 Be-Kern gegenüber Protoneneinfang von<br />

τ = 150 a. Verglichen mit der Lebensdauer gegenüber Elektroneneinfang<br />

von τ ≈ 0.33 a bedeutet das, daß 99.8% der Reaktionen von 7 Be<br />

über die p-p-II-<strong>Kette</strong> ablaufen und nur 0.2% über die p-p-III-<strong>Kette</strong>.<br />

Seite: 3.37


3.4 Das Ratengleichungssystem für die p-p-<strong>Kette</strong>n<br />

Die Gesamtheit der drei p-p-<strong>Kette</strong>n wird durch folgendes Differentialgleichungssystem<br />

beschrieben:<br />

d nH<br />

d t<br />

d nD<br />

d t<br />

d n3 He<br />

d t<br />

d n4 He<br />

d t<br />

d n7 Be<br />

d t<br />

d n7 Li<br />

d t<br />

= −2kp,pn 2 H − k p,DnHnD + 2k3 He, 3 He n 2 3 He<br />

−k p, 7 Be nHn7 Be − k p, 7 Li nHn7 Li (128)<br />

= kp,p n 2 H − k p,DnHnD (129)<br />

= kp,DnHnD − k3 He, 3 He n 2 3 He<br />

− k3 He, 4 He n3 He n4 He (130)<br />

= k 2 3 He, 3 He<br />

n 3 3 He<br />

+ k3 He, 4 He n3 He n4 He + 2k p, 7 Be nHn7 Be<br />

+2k p, 7 Li nHn7 Li (131)<br />

= k3 He, 4 He n3 He n4 He − k e, 7 Be nen7 Be − k p, 7 Be nHn7 Be (132)<br />

= k e, 7 Be nen7 Be − k p, 7 Be nHn7 Be . (133)<br />

Seite: 3.38


Das Ratengleichungssystem für die p-p-<strong>Kette</strong>n<br />

Diese Gleichungen müssen bei der Berechnung von Modellen der Sternentwicklung<br />

zusammen mit den Gleichungen für den Aufbau und die<br />

Entwicklung der Sterne gelöst werden, da einige Prozesse erhebliche<br />

Zeit zur Entwicklung in einen quasistationären Zustand benötigen. Die<br />

einzige wirklich zulässige Vereinfachung ist die Annahme, daß die Teilchendichte<br />

von nD im Gleichgewicht ist.<br />

Seite: 3.39


Das Ratengleichungssystem für die p-p-<strong>Kette</strong>n<br />

Die Ratenkoeffizienten k dieser Reaktionen und sehr vieler anderer Reaktionen<br />

von astrophysikalischem Interesse sind in einigen Datensammlungen<br />

zusammengetragen worden. An erster Stelle sind hier die folgenden<br />

Referenzen zu nennen, die für Jahrzehnte die Quellen der bei<br />

Modellrechnungen verwendeten Werte der k’s waren und vielfach noch<br />

immer sind:<br />

Das grundlegende paper mit detaillierter Beschreibung, wie Reaktionsraten zu bestimmen sind:<br />

W.A. Fowler, G.R. Caughlan, B.A. Zimmerman (1967) Thermonuclear Reaction Rates. Ann. Rev.<br />

Astronomy & Astropysics 5, 525–570.<br />

Wesentliche Erweiterung und verbesserte Darstellung der Raten für numerische Rechnungen:<br />

W.A. Fowler, G.R. Caughlan, B.A. Zimmerman (1975) Thermonuclear Reaction Rates II. Ann. Rev.<br />

Astronomy & Astropysics 5, 525–570.<br />

Wesentliche Erweiterung und neue experimentelle Daten:<br />

G.R. Caughlan, W.A. Fowler (1983) Thermonuclear Reaction Rates III. Ann. Rev. Astronomy & Astropysics<br />

21, 165–176.<br />

Nochmalige Aktualisierung:<br />

G.R. Caughlan, W.A. Fowler (1988) Thermonuclear Reaction Rates V. Atomic Data and Nuclear Data<br />

Tables 40, 283<br />

Aktualisierte Daten für <strong>pp</strong>-<strong>Kette</strong> und CHNO-Zyklus:<br />

E.G. Adelberger & 47 Koautoren (2010) Solar fusion cross sections II: the <strong>pp</strong> chain and CNO cycles<br />

aArXiv:1004.2318v3<br />

Seite: 3.40


Das Ratengleichungssystem für die p-p-<strong>Kette</strong>n<br />

Die Gleichungen für die Isotope in der <strong>pp</strong>-<strong>Kette</strong> müssen bei der Berechnung<br />

von Modellen der Sternentwicklung zusammen mit den Gleichungen<br />

für den Aufbau und die Entwicklung der Sterne gelöst werden,<br />

da einige Prozesse erhebliche Zeit zur Entwicklung in einen quasistationären<br />

Zustand benötigen. Die einzige wirklich zulässige Vereinfachung<br />

ist die Annahme, daß die Teilchendichte von nD im Gleichgewicht ist.<br />

Eine numerische Lösung des Ratengleichungssystems (128) bis (133)<br />

mit Ratenkoeffiziente für die einzelnen Reaktionen aus den Tabellen<br />

von G.R. Caughlan und W.A. Fowler (1988) ist in Abb. 3.8 gezeigt.<br />

Als Anfangsbedingungen für die Die Isotope von H und He wurden die<br />

Häufigkeiten der solaren Elementmischung (= Pop I) gewählt. Für alle<br />

anderen Isotope wurde die Anfangshäufigkeit auf null gesetzt. Man erkennt<br />

die unterschiedlich schnelle Reaktion der Isotope D, 3 He in der<br />

<strong>pp</strong>-Hauptkette und der Isotope 7 Li, 7 Be und 8 B in den <strong>pp</strong>-Nebenketten<br />

zu einem Gleichgewichtszustand. Als erstes wir D zu 3 He verbrannt,<br />

wesentlich langsamer entwicklen sich die Isotope von Li, Be, B. Die 3 He<br />

Häufigkeit entwickelt sich auf wesentlich längerer Zeitskala.<br />

Seite: 3.41


Das Ratengleichungssystem für die p-p-<strong>Kette</strong>n<br />

Abbildung 3.8: Entwicklung der Kerne in der <strong>pp</strong>-<strong>Kette</strong> bei einer Brenntemperatur<br />

von 13 × 10 6 K. Für H, D, 3 He und 4 He sind als Anfangsbedingung die Häufigkeiten<br />

der solaren Elementmischung gesetzt. Die Häufigkeiten der anderen Isotope wurden<br />

auf null gesetzt.<br />

Seite: 3.42

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