2010: What's new in uveitis? Die farbige Brille – keine ... - irlen

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ISSN 1420­6838 Schweizerische Fachzeitschrift für augenärztliche Medizin und Technologie mit Mitteilungen SOG Revue Suisse spécialisée pour la médecine et la technique ophtalmo­ logique avec les informations SSO 02 / 2010 2010: What’s new in uveitis? Die farbigeBrillekeine Alternativbehandlung! Pour la pratique : Premier épisode d’uvéite antérieure KongressberichtBasler Fortbildungstage Teil I Adleraugen:Medizinische Anforderungen an Piloten

ISSN 1420­6838<br />

Schweizerische Fachzeitschrift für<br />

augenärztliche Mediz<strong>in</strong> und<br />

Technologie mit Mitteilungen SOG<br />

Revue Suisse spécialisée pour la<br />

médec<strong>in</strong>e et la technique ophtalmo­<br />

logique avec les <strong>in</strong>formations SSO<br />

02 / <strong>2010</strong><br />

<strong>2010</strong>:<br />

What’s<br />

<strong>new</strong> <strong>in</strong> <strong>uveitis</strong>?<br />

<strong>Die</strong> <strong>farbige</strong><strong>Brille</strong><strong>–</strong>ke<strong>in</strong>e<br />

Alternativbehandlung!<br />

Pour<br />

la pratique<br />

: Premier<br />

épisode<br />

d’uvéite<br />

antérieure<br />

KongressberichtBasler<br />

Fortbildungstage<br />

Teil<br />

I<br />

Adleraugen:Mediz<strong>in</strong>ische<br />

Anforderungen an Piloten


Praxis/Pratique<br />

<strong>Die</strong> <strong>farbige</strong> <strong>Brille</strong> <strong>–</strong> ke<strong>in</strong>e Alternativbehandlung!<br />

DorisSafra,St.Gallen<br />

Das Irlen­Syndrom, e<strong>in</strong> nach se<strong>in</strong>er Entdecker<strong>in</strong> benannter Komplex visueller Störungen,ist<strong>in</strong>Europawenigbekannt.E<strong>in</strong>esderHauptsymptomes<strong>in</strong>dLeseschwierigkeiten,<br />

die den Betroffenen zum Augenarzt oder Optiker führen. Das Irlen­Syndrom bedarf<br />

e<strong>in</strong>er speziellen Therapie, e<strong>in</strong>er <strong>farbige</strong>n <strong>Brille</strong>, um störende Lichtwellenlängen heraus<br />

zu filtern. Mit dieser <strong>Brille</strong> wird den Betroffenen erst bewusst, was ihn ausser den<br />

Leseschwierigkeiten im Alltag gestört hat: Lichtüberempf<strong>in</strong>dlichkeit, Blendung durch<br />

weisse Flächen, Sche<strong>in</strong>bewegungen regelmässiger Muster, Unsicherheit beim Gehen,<br />

Schwierigkeiten, beim Autofahren Distanzen abzuschätzen.<br />

<strong>Die</strong> Irlen­Methode ist <strong>in</strong> drei Stufen strukturiert: 1. Bestätigung der Diagnose, 2. Bestimmung<br />

des optimalen Filters, 3. E<strong>in</strong>färben unbehandelter <strong>Brille</strong>ngläser bestimmter<br />

Qualität im Irlen­Institut (USA). <strong>Die</strong> Ätiologie für das Syndrom ist bisher unbekannt. Der<br />

Versuch e<strong>in</strong>er theoretischen Erklärung sieht die Ursache <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Überempf<strong>in</strong>dlichkeit<br />

des magnozellulären Systems, primär oder sekundär, letztere z.B. durch Schwächung des<br />

antagonistischen parvozellulären Systems, welches das magnozelluläre System hemmt.<br />

Drei Publikationen <strong>in</strong> ophta nahmen auf<br />

das Irlen-Syndrom bzw. die Irlen-Therapie<br />

Bezug, ohne jedoch genauer darauf<br />

e<strong>in</strong>zugehen. Im allgeme<strong>in</strong>en stehen Ärzte<br />

Therapien, die von Nichtmediz<strong>in</strong>ern<br />

entwickelt wurden, skeptisch gegenüber.<br />

Sie legen Erfolgsmeldungen gerne als<br />

Produktreklame aus und betrachten sie<br />

allenfalls als Alternative, die man empfiehlt,wenndieSchulmediz<strong>in</strong>ke<strong>in</strong>enErfolg<br />

gebracht hat.<br />

<strong>Die</strong> Irlen-Methode ist ke<strong>in</strong>e Alternativ-<br />

Methode, die anstatt e<strong>in</strong>er etablierten<br />

Behandlung angewendet wird. Sie richtet<br />

sichgegenspezifischevisuelleStörungen,<br />

die als Syndrom zusammengefasst s<strong>in</strong>d.<br />

Esist<strong>in</strong>Europaweitgehendunbekannt.<br />

IhreEntdeckungverdanktdieIrlen-Methode<br />

e<strong>in</strong>er zufälligen Beobachtung. <strong>Die</strong><br />

Schulpsycholog<strong>in</strong> Helen Irlen leitete 1981<br />

e<strong>in</strong> vom amerikanischen Staat f<strong>in</strong>anziertesForschungsprojektüberLernbeh<strong>in</strong>derungen<br />

bei Erwachsenen, die trotz Therapien<br />

und Fördermassnahmen während<br />

derSchulzeitnichtrichtiglesenkonnten.<br />

Forschungszweck war die Suche nach der<br />

Ursacheunde<strong>in</strong>erneuenundeffizienteren<br />

Behandlungsmethode. Dabei wurde<br />

e<strong>in</strong>e zufällige Beobachtung zum Schlüsselerlebnis<br />

von Irlen 1 und gleichzeitig Ausgangspunkt<br />

e<strong>in</strong>er neuen Behandlungstechnik<br />

und Wissenschaft. E<strong>in</strong>e Schüler<strong>in</strong><br />

hattezufällige<strong>in</strong>erotePlastikfolieüber<br />

den Text gelegt, den sie gerade las. Überraschtstiesssiee<strong>in</strong>enSchreiaus:Siekonnte<br />

plötzlich lesen, «weil die Buchstaben<br />

nichtmehrh<strong>in</strong>undherschwankten».<br />

Irlen fand heraus, dass e<strong>in</strong>igen Lernund<br />

Lesebeh<strong>in</strong>derten durch Vorsetzen<br />

vonFarbfilterngeholfenwerdenkonnte.<br />

NochspektakulärerwardieEntdeckung,<br />

dass die Lesebeh<strong>in</strong>derung nur e<strong>in</strong> Symptom<br />

e<strong>in</strong>es seit K<strong>in</strong>dheit bestehenden<br />

Störungskomplexes ist, der auch die Leistungen<br />

im Alltag bee<strong>in</strong>trächtigt.<br />

■ Das Irlen­Syndrom<br />

Für das Syndrom ist kennzeichnend,<br />

dass die Betroffenen sich der e<strong>in</strong>zelnen<br />

Symptome nicht bewusst s<strong>in</strong>d und durch<br />

ihr Verhalten nicht besonders auffallen.<br />

Ausnahme s<strong>in</strong>d die Leseschwierigkeiten.<br />

<strong>Die</strong>se führen sie zum Augenarzt oder Optiker,<br />

Eltern mit ihren K<strong>in</strong>dern eventuell<br />

auchzumK<strong>in</strong>derarzt.ErstmitBenutzung<br />

Abb. 1 Regelmässig <strong>in</strong> Streifen ausgelegter<br />

Bodenbelag e<strong>in</strong>er Rampe verursacht Sche<strong>in</strong>bewegungen,<br />

welche das Gehen unsicher machen.<br />

der Farbfilter fallen den Betroffenen die<br />

anderen Symptome auf, die sie vorher für<br />

normal gehalten haben, z.B. Sche<strong>in</strong>bewegungen,<br />

Blendung durch weisse Flächen,<br />

Schwierigkeiten,beimAutofahrenDistanzen<br />

abzuschätzen.<br />

BesondersausgeprägtzeigtsichdasIrlen-<br />

SyndrombeiAutisten.<strong>Die</strong>Schilderungen,wiesiedieWeltmitdenFarbfiltern<br />

erleben und was sie ohne diese stört, s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong>drücklich. 2<br />

<strong>Die</strong> Hauptsymptome s<strong>in</strong>d<br />

• übermässige Lichtempf<strong>in</strong>dlichkeit,<br />

besonders bei Fluoreszenzlicht<br />

•Sche<strong>in</strong>bewegungensichregelmässig<br />

wiederholender Muster<br />

• Unsicherheit beim Gehen<br />

•AnormalesTiefensehen<br />

• Leseschwierigkeiten<br />

<strong>Die</strong> übermässige Lichtempf<strong>in</strong>dlichkeit<br />

beobachten Eltern manchmal schon früh,<br />

wenn das Baby se<strong>in</strong>en Kopf vom Licht<br />

weg dreht. Erwachsene meiden möglichstE<strong>in</strong>käufeimSupermarktwegender<br />

für sie unerträglichen Licht- und Lärmüberflutung.<br />

Sche<strong>in</strong>bewegungen werden ausgelöst<br />

durch sich regelmässig wiederholende<br />

Muster wie schwarzweisse Streifen, karierte<br />

Stoffe mit starkem Hell-Dunkel-<br />

Kontrast, Teppichmuster, Bodenbeläge<br />

aufdemTrottoir(Abb.1und2).<br />

Unsicherheit beim Gehen ist vor allem<br />

durch die Sche<strong>in</strong>bewegungen und durch<br />

e<strong>in</strong> gestörtes Tiefensehen bed<strong>in</strong>gt.<br />

Eltern fällt auf, dass das K<strong>in</strong>d sich vor<br />

Treppensteigen fürchtet. <strong>Die</strong> Treppe<br />

(Abb.3)ersche<strong>in</strong>talsstufenloseWand<br />

mitQuerstreifen,diefurchterregendentgegen<br />

kommt oder auch zurückweicht;<br />

oder die Stufen bewegen sich; oder es<br />

werden mehr Stufen gesehen als <strong>in</strong> Wirklichkeit<br />

vorhanden s<strong>in</strong>d.<br />

<strong>Die</strong> Leseschwierigkeiten haben verschiedene<br />

Ursachen: <strong>Die</strong> Weisse des<br />

Papiers blendet, Buchstaben und Zeilen<br />

bewegen sich. Von den weissen Zeilenzwischenräumen<br />

blitzen Lichter auf,<br />

die sich <strong>in</strong> verschiedene Richtungen<br />

bewegen. <strong>Die</strong> schwarzen Zeilen und die<br />

weissen Zwischenräume bilden zusammen<br />

e<strong>in</strong> regelmässiges Streifenmuster,<br />

welches Sche<strong>in</strong>bewegungen auslöst. Aus<br />

den Lesefehlern erkennbar, besteht e<strong>in</strong><br />

unausgeglichenes B<strong>in</strong>okularsehen mit<br />

120 ophta • 2|<strong>2010</strong>


Praxis/Pratique<br />

Abb. 2 Regelmässiger Bodenbelag irritiert stark<br />

durch Sche<strong>in</strong>bewegungen.<br />

den typischen Zeichen der Asthenopie.<br />

DasFixationsfeldiste<strong>in</strong>geschränkt.Im<br />

normalen Leseabstand können auf e<strong>in</strong>en<br />

Blick nur zwei bis drei anstatt etwa sechs<br />

Buchstaben mittlerer Druckgrösse erkanntwerden.<strong>Die</strong>sewenigenklarenBuchstaben<br />

im Text ersche<strong>in</strong>en <strong>in</strong> der Mitte des<br />

Fixationsfeldes, umgeben von herumwirbelnden,<br />

verformten Schriftzeichen (Abb.<br />

4). Buchstaben und Zahlen können nicht<br />

regelmässig nebene<strong>in</strong>ander und/oder untere<strong>in</strong>ander<br />

geschrieben werden.<br />

Alle diese Symptome können e<strong>in</strong>zeln<br />

oder komb<strong>in</strong>iert auftreten und lassen<br />

sich durch e<strong>in</strong>en passenden Farbfilter reduzieren<br />

oder beheben. Das Lichter blendetdannnichtmehrsounerträglich,der<br />

Lärmstörtnichtmehr,dasGehenwird<br />

sicherer, die Treppe ist ke<strong>in</strong>e steile Wand<br />

mehr, die Elemente des Bodenbelags bewegensichnichtmehr,Lesen,Schreiben<br />

unddieSchulleistungenbeiK<strong>in</strong>dernverbessern<br />

sich.<br />

■ Ätiologie des Irlen­Syndroms<br />

Bisher konnte die Ätiologie nicht befriedigendgeklärtwerden,vorallemausfolgenden<br />

Gründen:<br />

1. Inkohärenz der e<strong>in</strong>zelnen Symptome.<br />

Wie kommen Sche<strong>in</strong>bewegungen und<br />

Defizit der Tiefenwahrnehmung auf<br />

e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Nenner? Oder<br />

Lichtüberempf<strong>in</strong>dlichkeit und Asthenopie?<br />

2. Fälle von sekundärem Irlen-Syndrom.<br />

Wenn die typischen Symptome des Irlen-Syndroms<br />

durch e<strong>in</strong>e Schädigung<br />

dervonderzentralenNetzhautabgehenden<br />

Nervenfasern ausgelöst s<strong>in</strong>d,<br />

wie<strong>in</strong>e<strong>in</strong>emFallvonPostneuritisoptica<br />

beschrieben, 3 woher stammen sie<br />

dann beim Schleudertrauma 4,5 oder bei<br />

e<strong>in</strong>emFallvonCommotiocerebri? 6<br />

3. Positive Wirkung der Filter nicht nur<br />

aufvisuelleStörung,sondernauchauf<br />

Lärm- und Berührungsempf<strong>in</strong>dlichkeit,<br />

welche bei Autisten besonders<br />

ausgeprägt s<strong>in</strong>d, aber auch von nichtautistischen<br />

Betroffenen mit Irlen-<br />

Syndrom beschrieben werden.<br />

Barbol<strong>in</strong>i nimmt aufgrund experimenteller<br />

Untersuchungen das Vorhandense<strong>in</strong><br />

anomaler Zapfen der Netzhaut an, welche<br />

die Funktion der normalen Zapfen<br />

stören und die Lichtüberempf<strong>in</strong>dlichkeit<br />

verursachen. 7 Leseschwierigkeiten,<br />

wie sie bei Legasthenie auch ohne Irlen-<br />

Syndromtypischs<strong>in</strong>d,werdenalsFolge<br />

e<strong>in</strong>es überfunktionierendes parvozellulären<br />

bzw. e<strong>in</strong>es unterfunktionierenden<br />

magnozellulären Systems angesehen 8<strong>–</strong>10<br />

und auch für e<strong>in</strong>e fehlende Kontrolle der<br />

b<strong>in</strong>okularen Augenbewegungen verantwortlich<br />

gemacht. 10<br />

Unsere eigene Theorie geht von folgenden<br />

Überlegungen aus: 2<br />

Es muss sich um e<strong>in</strong>e neurale Systemstörunghandeln.AnderskanndieUrsache<br />

der verschiedenen Symptome, sowohl des<br />

primärenalsauchdessekundärenIrlen<strong>–</strong><br />

Syndroms, die ke<strong>in</strong>en Zusammenhang<br />

untere<strong>in</strong>ander erkennen lassen, nicht an<br />

e<strong>in</strong> und demselben Ort liegen.<br />

Es muss sich um e<strong>in</strong> System handeln,<br />

dasaufLicht,Helldunkel-Kontrastund<br />

Bewegung reagiert, die Gegenstände im<br />

Raum lokalisiert, die Kontrolle der Augenbewegungen<br />

und des B<strong>in</strong>okularsehens<br />

<strong>in</strong>nehat und über e<strong>in</strong> grobes Tiefensehen<br />

verfügt.<br />

Abb. 3 <strong>Die</strong> Treppe ersche<strong>in</strong>t beim Irlen­Syndrom<br />

als steile, stufenlose Wand, die zurück weicht<br />

oder nach vorne kommt.<br />

Der primäre Effekt der Filter f<strong>in</strong>det <strong>in</strong><br />

den Zapfen der Netzhaut statt. Von dort<br />

wird er entlang der Sehbahn via Corpus<br />

geniculatum laterale und primärem Sehzentrum<br />

zur letzten Station <strong>in</strong> der Hirnr<strong>in</strong>de<br />

weitergeleitet. Da die Filter sich bei<br />

manchen Betroffenen auch auf die Lärmüberempf<strong>in</strong>dlichkeit<br />

günstig auswirken,<br />

muss e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung zwischen visuellem<br />

und auditivem System bestehen.<br />

AufGrunddieserÜberlegungenschlossen<br />

wir, dass es sich um e<strong>in</strong>e Überempf<strong>in</strong>dlichkeit<br />

des magnozellulären Systems<br />

handelt. <strong>Die</strong>ses rasch leitende, grosszellige<br />

neurale System (Wo-System) ist<br />

farbenbl<strong>in</strong>d, aber empf<strong>in</strong>dlich auf Licht,<br />

Helldunkelkontrast und Bewegung. Es<br />

kontrolliert die Augenbewegungen sowie<br />

das beidäugige Sehen und verfügt<br />

über e<strong>in</strong> grobes Tiefensehen. Se<strong>in</strong>e Rezeptorenbeg<strong>in</strong>nenetwasausserhalbdes<br />

Netzhautzentrums, und es dom<strong>in</strong>iert die<br />

Netzhautperipherie.<br />

Se<strong>in</strong>e Meldungen gelangen via Corpus<br />

geniculatum laterale und primäres Sehzentrum<br />

zum h<strong>in</strong>teren parietalen Cortex,<br />

wo Verb<strong>in</strong>dungen mit dem auditiven und<br />

taktilen System bestehen. <strong>Die</strong>se AnomaliedesM-Systemskannprimärbestehen<br />

odersekundärwieimFallderIrlen-SymptomatiknachRetrobulbärneuritisdurch<br />

Schädigung se<strong>in</strong>es Antagonisten, des<br />

kle<strong>in</strong>zelligen, anhaltend leitenden parvozellulären<br />

Systems (Wie-System), das<br />

farbentüchtig, aber bewegungsbl<strong>in</strong>d ist,<br />

über e<strong>in</strong> fe<strong>in</strong>es Auflösungsvermögen und<br />

e<strong>in</strong>e fe<strong>in</strong>e Stereopsis verfügt, das fixierende<br />

Netzhautzentrum dom<strong>in</strong>iert und se<strong>in</strong>e<br />

Informationen via Geniculatum laterale<br />

und primäres Sehzentrum an den unterenTeildesTemporallappensleitet.<br />

<strong>Die</strong>beidenSystemes<strong>in</strong>dsokoord<strong>in</strong>iert,<br />

dass sie sich während ihrer Aktionen gegenseitig<br />

hemmen, d.h. die Aktion des<br />

Antagonisten begrenzen und damit e<strong>in</strong>e<br />

Überfunktion desselben verh<strong>in</strong>dern.<br />

E<strong>in</strong>e Erklärung für die Sche<strong>in</strong>bewegungen<br />

regelmässig sich wiederholender<br />

Muster fanden wir <strong>in</strong> der Annahme,<br />

dass das überempf<strong>in</strong>dliche M-System die<br />

Sche<strong>in</strong>bewegungen des H<strong>in</strong>tergrunds bei<br />

den unwillkürlichen Augenbewegungen<br />

(Mikrosakkaden) als echte Bewegungen<br />

deutet.<br />

<strong>Die</strong> E<strong>in</strong>schränkung des Fixationsfeldes<br />

(=Projektion des fixierenden Teils der<br />

zentralen Netzhaut) nehmen wir als Folge<br />

e<strong>in</strong>eranatomischenVariantean,nämlich<br />

dass die spezifischen magnozellulären<br />

Rezeptoren, die das Netzhautzentrum<br />

umgeben, weiter als normal <strong>in</strong> dieses aus-<br />

ophta • 2|<strong>2010</strong> 121


Praxis/Pratique<br />

breiten.VielleichtstimmtdieseTheorie<br />

nichtodernurzumTeil;dochsche<strong>in</strong>tsie<br />

mir momentan die beste.<br />

■ Behandlung des Irlen­Syndroms<br />

Abb.4Irlenwirbel:InderMittedesstarkverengten<br />

Fixationsfeldes werden nur wenige Buchstaben<br />

auf e<strong>in</strong>mal erkannt, umgeben von umher<br />

wirbelnden verstümmelten Schriftzeichen.<br />

sens beim Vorlesen und die Beobachtung<br />

des nun sicheren Ganges s<strong>in</strong>d objektive<br />

Kriterien. Irlen arbeitete e<strong>in</strong> Untersuchungs-<br />

und Behandlungsschema aus,<br />

das heute viele Therapeuten anwenden.<br />

Es besteht aus drei Phasen: Befragung,<br />

Irlen-Screen<strong>in</strong>gsowieDiagnoseundBehandlung<br />

mit Filtergläsern.<br />

Mit Fragebogen erhalten die Betroffenen<br />

und deren Angehörige die Möglichkeit,<br />

die Symptome des Irlen-Syndroms genauer<br />

zu beobachten. In der standardisierten<br />

Voruntersuchung (Irlen-Screen<strong>in</strong>g) wird<br />

festgestellt, ob e<strong>in</strong> Irlen-Syndrom vorliegt.<br />

<strong>Die</strong> ermittelte Farbfolie erleichtert<br />

dasLesenoftdeutlich.Fälltke<strong>in</strong>UnterschiedbeimLesenmitundohneFolie<br />

auf,liegtke<strong>in</strong>Irlen-Syndromvor.<br />

<strong>Die</strong>strukturierteIrlen-Diagnoseklärt,ob<br />

spezielle Filtergläser dem Patienten um-<br />

Ob und welche Filter dem E<strong>in</strong>zelnen helfen,<br />

lässt sich weder voraussagen noch<br />

berechnen. Der Patient bestimmt die<br />

Qualität des Filters, den Farbton und die<br />

Lichtdurchlässigkeit nach se<strong>in</strong>em Empf<strong>in</strong>den.Obe<strong>in</strong>Filterwirkt,lässtsichhören<br />

und sehen: <strong>Die</strong> Verbesserung des Lefassender<br />

helfen. Ist dies der Fall, werden<br />

unbehandelte <strong>Brille</strong>ngläser aus Kunststoff<br />

(Qualität CR 39) an das Irlen-Institut<br />

(USA)geschickt,wosie<strong>in</strong>der<strong>in</strong>dividuell<br />

benötigten Farbe e<strong>in</strong>gefärbt werden.<br />

■ <strong>Die</strong> Rolle des Augenarztes<br />

<strong>Die</strong> erste Station vom Irlen-Syndrom<br />

Betroffeners<strong>in</strong>dfastimmerderAugenarzt<br />

oder Optiker wegen Leseproblemen,<br />

manchmal auch wegen Lichtüberempf<strong>in</strong>dlichkeit.<br />

Wenn refraktive Fehler<br />

korrigiert s<strong>in</strong>d und Beschwerden verursachende<br />

Heterophorien, vor allem Höhenunterschiede,gemässme<strong>in</strong>erErmpfehlungmitPrismenausgeglichenwurden,<br />

und dennoch Lesesschwierigkeiten bestehen,sollteane<strong>in</strong>Irlen-Syndromgedacht<br />

und entsprechend gescreent werden. 11<br />

Der Augenarzt sollte dann nach anderen<br />

Symptomen fragen:<br />

• Lichtüberempf<strong>in</strong>dlichkeit?<br />

•HatdasK<strong>in</strong>dAngstvordemTreppensteigen?<br />

•Ersche<strong>in</strong>tihmdieTreppewiee<strong>in</strong>e<br />

steile,stufenloseWand,dieganznahe<br />

kommt oder sich entfernt?<br />

• Bewegen sich schwarz-weisse Streifen?<br />

•E<strong>in</strong>Indizfüre<strong>in</strong>e<strong>in</strong>geschränktes<br />

Fixationsfeld: Kle<strong>in</strong>er Druck wird<br />

besser gelesen!<br />

Bei Verdacht auf Irlen-Syndrom sollte<br />

der Patient e<strong>in</strong>em Irlen-Diagnostiker<br />

zugewiesen werden. Bestätigt sich das<br />

Irlen-Syndrom und wird e<strong>in</strong>e Filterbrille<br />

notwendig, setzt man die vom Augenarzt<br />

verschriebenen <strong>Brille</strong>ngläser e<strong>in</strong>.<br />

Literatur<br />

Detailliertes Literaturverzeichnis <strong>in</strong> www.ophta.ch<br />

1. Irlen H. Perigee Trade, Toronto 2005.<br />

2. Safra D, Ste<strong>in</strong>er F. ophta 2008;14:257-265.<br />

3. Safra D, Ste<strong>in</strong>er S. ophta 2005;11: Heft 6, 18 und 50.<br />

4. Schmidt H, Senn J, Wedig HD, et al. Mediz<strong>in</strong>, Biomechanik,<br />

Recht und Case Management. Küsnacht/<br />

Zürich 2004.<br />

5. Ste<strong>in</strong>er F. Fachzeitschrift des Schleudertrauma<br />

Verbandes Zürich, 1/2005<br />

6. Ste<strong>in</strong>er F. Sekundäres Irlen-Syndrom nach Commotio<br />

cerebri. Persönliche Mitteilung.<br />

7. Barbol<strong>in</strong>i G, Lazzer<strong>in</strong>i, A, P<strong>in</strong>i L, et al. Malfunction<strong>in</strong>g<br />

cones and remedial t<strong>in</strong>ted filters. ophta 2009;15:<br />

101-107.<br />

8. Liv<strong>in</strong>gstone MS. et al. Proc New York Acad Sci 1991;<br />

188: 7943-7947.<br />

9. Breitmeyer BG. Elsevier Science Publishers B.V. 1993.<br />

10. Ste<strong>in</strong> J, Walsh V. Trends Neurosci. 1997; 20: 147-152.<br />

11. Safra D. Edition SZH/CSPS 2005<br />

Résumé français :<br />

Les lunettes colorées<strong>–</strong>untraitementàpartentière<br />

DorisSafra,St-Gall<br />

Le syndrome d’Irlen, un ensemble de<br />

troubles visuels nommé d’après Helen<br />

Irlenquil’aidentifié,estencorepeu<br />

connu en Europe. L’un de ses pr<strong>in</strong>cipauxsymptômessontlesdifficultés<br />

de lecture qui conduisent souvent les<br />

personnes concernées chez l’ophtalmologue<br />

ou l’opticien.<br />

Maisnil’unnil’autrenepeuventles<br />

aidercarlesyndromed’Irlennécessite<br />

un traitement particulier : des<br />

lunettes colorées qui filtrent certa<strong>in</strong>es<br />

longueurs d’ondes lum<strong>in</strong>euses.<br />

En portant ces lunettes, les personnes<br />

réalisent tout ce qui, en dehors de<br />

leurs problèmes de lecture, affectait<br />

leur vie quotidienne : l’hypersensibilité<br />

à la lumière, l’éblouissement<br />

provoqué par des surfaces blanches,<br />

des formes régulières qui paraissent<br />

mouvantes, le manque d’assurance<br />

dans la marche, les difficultés à évaluer<br />

les distances en voiture. Le traitementd’Irlencomportetroisétapes:<br />

1)laconfirmationdudiagnostic,2)le<br />

choixdufiltreoptimalpourlepatient<br />

considéré, 3) la te<strong>in</strong>ture des verres<br />

de lunettes synthétiques non traités,<br />

d’une qualité déterm<strong>in</strong>ée, à l’Institut<br />

Irlen, aux Etats-Unis. Outre l’améliorationdeleurperformancedelecture,<br />

les personnes rapportent d’autres<br />

changements positifs au quotidien.<br />

L’étiologie du syndrome est encore<br />

<strong>in</strong>connue. La tentative d’explication<br />

théoriquecherchel’orig<strong>in</strong>edansune<br />

hypersensibilité du système magnocellulaire,<br />

soit comme cause primaire<br />

soit comme cause secondaire liée par<br />

exempleàunefaiblessedusystème<br />

parvocellulaire antagoniste, <strong>in</strong>hibiteur<br />

du système magnocellulaire.<br />

Korrespondenz:<br />

Dr.med.DorisSafra<br />

Myrtenstrasse 3<br />

9010 St. Gallen<br />

122 ophta • 2|<strong>2010</strong>

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