PICOQuartal

stefanieschaller
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05.03.2014 Aufrufe

Laut:sprecher Helmut Haberkamm „Der Bayer“ Helmut Haberkamm wurde 1961 in Dachsbach im Aischgrund geboren. Er ist preisgekrönter fränkischer Dialektdichter („Franken lichd nedd am Meer“), Theaterautor und Song-Übersetzer. Heute lebt und arbeitet er in Spardorf bei Erlangen. Mehr Infos zu Person & Programm unter: helmuthaberkamm.de Foto: Andreas Riedel 18

Bayern besteht aus Niederbayern, Oberbayern, der Oberpfalz, Franken und Schwaben. Die Regierungsbezirke und ihre Bewohner sind nicht nur in ihrem Sprachduktus, sondern auch in ihrer Mentalität mehr als unterschiedlich, heißt es zumindest. PICO hat vier Urbayern gebeten, ihren Stammesbrüdern in die Seele und aufs „Maul“ zu schauen, um ihre Erkenntnisse über das Wesen des Bayern im PICO kundzutun. In den vier Ausgaben dieses Jahres stoßen Sie hier auf Erheiterndes und Unterhaltsames von Hannes Ringlstetter (niederbayerischer Kabarettist und Entertainer), Fitzgerald Kusz (Mundartdichter & fränkisches Urgestein), Toni Lauerer (Kabarettist und Oberpfälzer) und Helmut Haberkamm (Dichter aus Franken). Das Verhältnis zwischen den Bayern und uns Franken ist ja ein schwieriges und historisch belastetes, seitdem die Wittelsbacher mit Napoleon gemeinsame Sache machten und dafür Franken als Belohnung bekamen, das sie dann „kulturgütlich“ ausschlachten und verwaltungstechnisch nach Gutdünken ordnen durften. Kein Wunder also, wenn für uns Franken die Mir-san-mir-Bayern immer arg auftrumpfend und großspurig, überheblich und selbstherrlich erscheinen. Beweise gefällig? Wenn ein Bayer ein bedeutendes öffentliches Amt bekleidet und dabei seine bairische Sprachfärbung und Mundart anklingen lässt, dann heißt es: Der ist halt volksnah und bodenständig, der weiß, wo er herkommt, der ist einer von uns! Wenn ein Franke ein hohes öffentliches Amt in Bayern innehat und dann sein Fränkisch durchkommt oder er gar seine fränkische Mundart anklingen lässt, dann heißt es: Der kann ja nicht einmal richtiges Hochdeutsch, der soll dahin gehen, wo er herkommt und hingehört, der ist keiner von uns! Noch ein Beispiel gefällig? Wenn im Bayerischen Rundfunk ein Hörspiel oder ein Film im bairischen Dialekt gesendet wird, dann heißt es: Das ist authentisch und zünftig, dem Volk aufs Maul geschaut, wie aus dem richtigen Leben. Wenn man ein fränkisches Hörspiel oder einen Film mit fränkischem Zungenschlag vorschlägt, dann heißt es sofort: Das versteht doch kein Mensch, das kann man dem Publikum in Bayern nicht zumuten, das will doch keiner hören und sehen. Und überhaupt gibt es für so etwas eh keine Sendeplätze in München. Aber das Bairische tönt tagtäglich aus dem Radio und dem Fernseher, auch weit hinauf bis zum Frankenwald und zum Fichtelgebirge. So siehts also aus. Was wir daran erkennen können? Der Bayer ist der Stammhalter, der Franke ist der Bankert. Daran ändert auch ein fränkischer „Tatort“ nichts, der ja bald kommen soll. Bayern ist für uns Franken im Grunde ein ewiger Komödienstadel, krachledern bis kir-royal-artig. Eine merkwürdige Welt, mit einem durchgeknallten Märchenkönig, den sie umbringen lassen, einem brüllenden Schnauzbart, der die Bierhallen aufhetzt in der weißblauen Hauptstadt der Bewegung, Amigo- Filz und Monaco Franze, dazu die Bussi-Bussi- Schickeria in der Weltstadt mit Nerz, wo die Lola Montez den Ministerpräsidenten umgarnt... Was das Schönste an den Bayern ist? Das Naturtrübe, Ungespundete und Obergärige. Beispiele gefällig? Karl Valentin und Weiß Ferdl, Ludwig Thoma und Oskar Maria Graf, Biermösl Blosn und Gerhart Polt, die Weiße Rose und der Blaue Reiter, Bauerntheater und Volksmusik, Trikont und ECM. Insofern gilt für uns Franken: Von den Bayern lernen heißt siegen lernen. 19

Bayern besteht aus Niederbayern, Oberbayern, der Oberpfalz, Franken und Schwaben. Die Regierungsbezirke<br />

und ihre Bewohner sind nicht nur in ihrem Sprachduktus, sondern auch in ihrer Mentalität mehr als unterschiedlich,<br />

heißt es zumindest. PICO hat vier Urbayern gebeten, ihren Stammesbrüdern in die Seele und aufs „Maul“ zu<br />

schauen, um ihre Erkenntnisse über das Wesen des Bayern im PICO kundzutun.<br />

In den vier Ausgaben dieses Jahres stoßen Sie hier auf Erheiterndes und Unterhaltsames von Hannes Ringlstetter<br />

(niederbayerischer Kabarettist und Entertainer), Fitzgerald Kusz (Mundartdichter & fränkisches Urgestein),<br />

Toni Lauerer (Kabarettist und Oberpfälzer) und Helmut Haberkamm (Dichter aus Franken).<br />

Das Verhältnis zwischen den Bayern und uns<br />

Franken ist ja ein schwieriges und historisch<br />

belastetes, seitdem die Wittelsbacher mit<br />

Napoleon gemeinsame Sache machten und<br />

dafür Franken als Belohnung bekamen, das<br />

sie dann „kulturgütlich“ ausschlachten und<br />

verwaltungstechnisch nach Gutdünken ordnen<br />

durften. Kein Wunder also, wenn für uns Franken<br />

die Mir-san-mir-Bayern immer arg auftrumpfend<br />

und großspurig, überheblich und selbstherrlich<br />

erscheinen. Beweise gefällig?<br />

Wenn ein Bayer ein bedeutendes öffentliches<br />

Amt bekleidet und dabei seine bairische<br />

Sprachfärbung und Mundart anklingen lässt,<br />

dann heißt es: Der ist halt volksnah und<br />

bodenständig, der weiß, wo er herkommt, der<br />

ist einer von uns!<br />

Wenn ein Franke ein hohes öffentliches Amt<br />

in Bayern innehat und dann sein Fränkisch<br />

durchkommt oder er gar seine fränkische<br />

Mundart anklingen lässt, dann heißt es: Der<br />

kann ja nicht einmal richtiges Hochdeutsch,<br />

der soll dahin gehen, wo er herkommt und<br />

hingehört, der ist keiner von uns!<br />

Noch ein Beispiel gefällig? Wenn im Bayerischen<br />

Rundfunk ein Hörspiel oder ein Film im<br />

bairischen Dialekt gesendet wird, dann heißt<br />

es: Das ist authentisch und zünftig, dem Volk<br />

aufs Maul geschaut, wie aus dem richtigen<br />

Leben. Wenn man ein fränkisches Hörspiel<br />

oder einen Film mit fränkischem Zungenschlag<br />

vorschlägt, dann heißt es sofort: Das versteht<br />

doch kein Mensch, das kann man dem Publikum<br />

in Bayern nicht zumuten, das will doch keiner<br />

hören und sehen. Und überhaupt gibt es für so<br />

etwas eh keine Sendeplätze in München. Aber<br />

das Bairische tönt tagtäglich aus dem Radio<br />

und dem Fernseher, auch weit hinauf bis zum<br />

Frankenwald und zum Fichtelgebirge.<br />

So siehts also aus. Was wir daran erkennen<br />

können? Der Bayer ist der Stammhalter, der<br />

Franke ist der Bankert. Daran ändert auch ein<br />

fränkischer „Tatort“ nichts, der ja bald kommen<br />

soll.<br />

Bayern ist für uns Franken im Grunde ein<br />

ewiger Komödienstadel, krachledern bis<br />

kir-royal-artig. Eine merkwürdige Welt, mit<br />

einem durchgeknallten Märchenkönig, den<br />

sie umbringen lassen, einem brüllenden<br />

Schnauzbart, der die Bierhallen aufhetzt in der<br />

weißblauen Hauptstadt der Bewegung, Amigo-<br />

Filz und Monaco Franze, dazu die Bussi-Bussi-<br />

Schickeria in der Weltstadt mit Nerz, wo die Lola<br />

Montez den Ministerpräsidenten umgarnt...<br />

Was das Schönste an den Bayern ist? Das<br />

Naturtrübe, Ungespundete und Obergärige.<br />

Beispiele gefällig? Karl Valentin und Weiß Ferdl,<br />

Ludwig Thoma und Oskar Maria Graf, Biermösl<br />

Blosn und Gerhart Polt, die Weiße Rose und der<br />

Blaue Reiter, Bauerntheater und Volksmusik,<br />

Trikont und ECM. Insofern gilt für uns Franken:<br />

Von den Bayern lernen heißt siegen lernen.<br />

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