Die öffentliche Verschwendung 2010
Die öffentliche Verschwendung 2010 Die öffentliche Verschwendung 2010
Die öffentliche Verschwendung 2010
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<strong>Die</strong> <strong>öffentliche</strong><br />
<strong>Verschwendung</strong><br />
<strong>2010</strong>
38. Schwarzbuch des<br />
Bundes der Steuerzahler<br />
<strong>Die</strong> <strong>öffentliche</strong> <strong>Verschwendung</strong><br />
<strong>2010</strong>
Impressum<br />
Herausgegeben vom<br />
Bund der Steuerzahler Deutschland e. V.<br />
Französische Str. 9-12<br />
10117 Berlin<br />
www.steuerzahler.de<br />
Fotos: Austen (1), Bernitz (1), Berg (1), BdSt-S-H.<br />
(1), Defeld (1), Ehling (1), Firma mobikon, Berlin (1),<br />
Günther (2), Holznagel (3), Kämpfer (2), Knobloch<br />
(1), Mahrle (2), Meierjohann (2), Meyer (1), Pferdekemper<br />
(2), Ritch (8), Schweitzer (1), Winkel (1),<br />
Wissenschafts- und Kongresszentrum Darmstadt<br />
GmbH & Co.KG (1)<br />
Design: Joachim Holz<br />
www.diegestalten.com<br />
Gesamtherstellung:<br />
Bonner Universitäts-Buchdruckerei, Bonn<br />
Stand: September <strong>2010</strong><br />
Das Manuskript basiert auf einer<br />
von den Landesverbänden des<br />
Bundes der Steuerzahler erstellten<br />
Materialsammlung. Es wurde in der<br />
Bundesgeschäftsstelle von Julia Berg bearbeitet.<br />
Geleitwort<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
dies ist die 38. Ausgabe des Schwarzbuchs<br />
„<strong>Die</strong> <strong>öffentliche</strong> <strong>Verschwendung</strong>“<br />
des Bundes der Steuerzahler mit einer<br />
Beispielsammlung aus unterschiedlichen<br />
Bereichen, in denen die <strong>öffentliche</strong> Hand<br />
einen sparsamen und wirtschaftlichen<br />
Umgang mit Steuergeld vermissen ließ.<br />
Wir dokumentieren zahlreiche Beispiele<br />
aus Bund, Ländern und Kommunen, in<br />
denen wir die <strong>Verschwendung</strong> von Steuergeld<br />
in den unterschiedlichsten Formen<br />
und mit den unterschiedlichsten<br />
Summen entdeckten. Da geht es u.a.<br />
um Fehlplanungen, Kostenexplosionen,<br />
Mängel im Beschaffungswesen und Reisen<br />
auf Steuerzahlerkosten, aber auch<br />
um Gedankenlosigkeit beim Umgang<br />
mit dem sauer verdienten Geld der Bürger.<br />
Und schließlich führten auch die<br />
Auswüchse der Staatsbürokratie oder<br />
die Aussicht auf Fördermittel zu einer<br />
massiven Fehlleitung <strong>öffentliche</strong>r Mittel.<br />
Mal geht es um einige hundert - und mal<br />
um einige Millionen Euro. Das macht für<br />
mich jedoch keinen Unterschied, denn<br />
jeder verschwendete Steuereuro ist ein<br />
Euro zu viel!<br />
Dass es anders gehen kann, zeigen die<br />
Projekte der <strong>öffentliche</strong>n Hand, in denen<br />
das Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit<br />
beachtet wurde. <strong>Die</strong> in diesem<br />
Schwarzbuch im Kapitel „Erfolge“<br />
aufgenommenen Beispiele zeigen zudem,<br />
dass <strong>Verschwendung</strong> von Steuergeldern<br />
auch verhindert werden konnte.<br />
Mit viel Engagement und Beharrlichkeit<br />
gehen die Mitarbeiterinnen und Mitar-<br />
beiter der Landesverbände und der Bundesgeschäftsstelle<br />
des Bundes der Steuerzahler<br />
Hinweisen auf einen vermutlich<br />
sorglosen Umgang mit Steuergeld nach,<br />
prüfen Pläne und Dokumente, reden<br />
und korrespondieren mit Behörden und<br />
Politikern, um Projekte, bei denen <strong>Verschwendung</strong><br />
droht, zu verhindern. Dass<br />
dies immer häufiger gelingt, liegt auch an<br />
der Arbeitsweise des BdSt. Selbst wenn<br />
ein <strong>Verschwendung</strong>s“fall“ im Schwarzbuch<br />
erschienen ist, lassen wir es damit<br />
nicht auf sich beruhen. Wir bleiben dran<br />
und verfolgen, wie es weitergegangen<br />
ist. Im Kapitel „Nachlese“ sind einige dieser<br />
Fälle aufgegriffen.<br />
„Der Bund der Steuerzahler ist eine authentische<br />
Stimme von Millionen von<br />
Bürgern, die zu Recht vom Staat einfordern,<br />
sorgsam mit den ihm anvertrauten<br />
Mitteln umzugehen und die Zukunft des<br />
Gemeinwesens zu sichern“ (Bundesfinanzminister<br />
Dr. Wolfgang Schäuble).<br />
Das unterstreicht, wie wichtig das<br />
Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler<br />
Jahr für Jahr ist. Ich bin sicher, dass<br />
auch diese 38. Ausgabe ihre Wirkung<br />
nicht verfehlen wird.<br />
Dr. Karl Heinz Däke<br />
Präsident des<br />
Bundes der Steuerzahler<br />
Geleitwort<br />
3
Fehlplanungen<br />
Fehlplanungen<br />
Hier hätte mehr Sorgfalt gut getan<br />
Bund. Auf der neu gebauten ICE-Strecke<br />
Köln-Frankfurt/Main mussten rund<br />
20 Kilometer lange Lärm- und Windschutzwände<br />
wieder abgebaut werden.<br />
<strong>Die</strong> Druck- und Soglasten vorbeifahrender<br />
ICE’s waren einfach falsch berechnet<br />
worden. <strong>Die</strong> Wände drohten zu<br />
kippen. Im Streit um die Verantwortung<br />
für die Fehlkonstruktion einigte sich die<br />
Deutsche Bahn AG mit den Baufirmen<br />
außergerichtlich auf neuartige Wandkonstruktionen.<br />
In den meisten Fällen<br />
wurden neue Betonwände mit massiveren<br />
Fundamenten 80 Zentimeter<br />
weiter vom Gleis entfernt und elastisch<br />
gepuffert montiert. Nach jahrelangen<br />
Provisorien konnten die Bauarbeiten<br />
Mitte <strong>2010</strong> abgeschlossen werden. Was<br />
bleibt, sind Gesamtkosten von 73,6 Mio.<br />
Euro. Davon tragen der Bund 16,6 Mio.<br />
Euro sowie die Bahn AG und die beteiligten<br />
Baufirmen jeweils 28,5 Mio.<br />
Euro. <strong>Die</strong> direkten (16,6 Mio. Euro aus<br />
dem Bundeshaushalt) und die indirekten<br />
(28,5 Mio. Euro des Staatsunternehmens<br />
Bahn AG) Kosten der Beseitigung dieser<br />
Fehlkonstruktionen summieren sich<br />
für die Steuerzahler somit auf 45,1 Mio.<br />
Euro.<br />
Büdingen. <strong>Die</strong> Stadt hatte sich mit Erfolg<br />
beim Hessischen Ministerium für<br />
Arbeit, Familie und Gesundheit für die<br />
„Familienstadt mit Zukunft“ u. a. mit einer<br />
Eislaufbahn aus Kunststoff beworben.<br />
Das Ministerium förderte die Anschaffung<br />
der umweltfreundlichen und<br />
4<br />
pflegeleichten Eisbahn mit rund 87.000<br />
Euro. Doch die zusammengesteckten<br />
und verschraubten Kunststoffplatten<br />
haben einen bedeutenden Nachteil: Sie<br />
sind stumpfer, und Läuferinnen und<br />
Läufer benötigen einen größeren Kraftaufwand<br />
als auf normalen Eisbahnen.<br />
Das hat eine unangenehme Folge: <strong>Die</strong><br />
Besucher bleiben aus. Dabei wollte die<br />
Stadt mit dem Projekt, welches in der<br />
Wintersaison 2009/10 im Schwimmbad<br />
installiert wurde, sogar Gewinne von<br />
mehr als 20.000 Euro erzielen. Doch<br />
da im Schnitt nur 20 Personen am Tag<br />
kamen und auch die geplanten Einnahmen<br />
durch Bandenwerbung entfielen,<br />
wurde die Eisbahn schon Anfang<br />
März geschlossen, auseinandergebaut<br />
und eingelagert. Bei Kosten von 11.700<br />
Euro war es auch nach Ansicht des Ersten<br />
Stadtrats Manfred Hix richtig, die<br />
Reißleine zu ziehen. Doch was tun? Ein<br />
privater Betreiber ist anscheinend nicht<br />
zu finden. Ein Verkauf der Eisbahn sei<br />
nicht möglich, da „man dann wohl keine<br />
weiteren Fördergelder vom Lande mehr<br />
bekommen würde“. Jetzt wird überlegt,<br />
die Eisbahn an einem anderen Standort<br />
wieder aufzubauen in der Hoffnung,<br />
dass dort mehr Besucher das Angebot<br />
nutzen.<br />
Oberhof. Das Erlebnisbad Rennsteig-<br />
Thermen Oberhof wurde am 1. Oktober<br />
2008 geschlossen. <strong>Die</strong> Stadt teilte<br />
dazu mit, dass der Betrieb der Therme<br />
planmäßig eingestellt worden sei, um<br />
nach erfolgtem Umbau im Herbst <strong>2010</strong><br />
mit einem erweiterten Angebot wieder<br />
eröffnet zu werden. Das Bad in Oberhof<br />
wurde für 17,386 Mio. Euro gebaut und<br />
erhielt dazu eine Förderung von 13,334<br />
Mio. Euro. Den Rest trug die Stadt. Am<br />
16.11.1996 wurde die Rennsteigtherme<br />
eröffnet und man erhoffte sich 220.000<br />
bis 260.000 Gäste pro Jahr. In den ersten<br />
Jahren kamen noch genügend Besucher,<br />
aber im Jahr 2000 waren es nur<br />
noch 216.000. Im Umkreis entstanden<br />
weitere Freizeitbäder, die Gästezahlen<br />
gingen zurück und das Bad in Oberhof<br />
erwirtschaftete größere Defizite. Immer<br />
wieder half das Land mit Bedarfszuweisungen<br />
und Zuschüssen, um neben<br />
der Therme auch die finanziellen Verpflichtungen<br />
aus dem Thüringer Wintersportzentrum<br />
und der Städtischen<br />
Wohnungsgesellschaft zu bedienen. <strong>Die</strong><br />
528.000 Euro zahlten die Steuerzahler allein<br />
für die geschlossene Therme.<br />
Fehlplanungen<br />
Stadt Oberhof mit jetzt rund 1.500 Einwohnern<br />
konnte die hohen Fehlbeträge<br />
nicht ausgleichen. <strong>Die</strong> Wirtschaftlichkeit<br />
des Bades war schlecht und die Senkung<br />
der zu hohen Energie-, Wasser- und Abwasserkosten<br />
dringend notwendig. Dass<br />
ein großes Außenbecken in der Höhenlage<br />
Oberhofs viel Energie verschlingen<br />
würde, hätte aber schon beim Bau der<br />
Therme den Bauverantwortlichen klar<br />
sein müssen. Kostenschätzungen für<br />
einen Umbau des Bades erhöhten sich<br />
von 6 Mio. Euro netto 2006 bis zu den<br />
Planungen 2009 ganz erheblich auf 8,5<br />
bis 13 Mio. Euro, wobei immer noch<br />
Betriebskostendefizite verbleiben. Das<br />
Thüringer Wirtschaftsministerium hat<br />
eine Begutachtung der Vorplanungen<br />
für den Umbau der Rennsteigtherme in<br />
Auftrag gegeben. Monatlich fallen Kosten<br />
für die Sicherung und Unterhaltung<br />
des Bades von ca. 22.000 Euro für Strom,<br />
Gas, Wasser, Bewachung und sonstige<br />
<strong>Die</strong>nstleis tungen an. Der Freistaat zahlt.<br />
Da haben die Financiers des Staates seit<br />
dem 1.10.2008 schon 528.000 Euro für<br />
eine geschlossene Therme gezahlt.<br />
Gern erinnern sich die Steuerzahler an<br />
die Beruhigungspille eines vormaligen<br />
Thüringer Wirtschaftsministers, der<br />
2001 auf die Anfrage eines Oppositionspolitikers<br />
antwortete: „Vor Bewilligung<br />
der Zuwendungen für die Erlebnisbäder<br />
lagen entsprechende kommunalaufsichtliche<br />
Würdigungen vor, in denen<br />
bestätigt wird, dass die jeweiligen<br />
Kommunen in der Lage sind, neben den<br />
5
Fehlplanungen<br />
Investitionskosten (Eigenanteil) auch die<br />
Folgekosten finanziell zu tragen.“ Und<br />
jetzt liegt die Hoffnung im Koalitionsvertrag<br />
der Regierungsparteien CDU und<br />
SPD, die im Oktober 2009 vereinbarten,<br />
„die Stadt Oberhof als sportliches und<br />
touristisches Zentrum im Thüringer<br />
Wald insbesondere durch den Ausbau<br />
der touristischen Infrastruktur weiter zu<br />
entwickeln“. Hoffentlich können wir uns<br />
das (dauerhaft) leisten.<br />
Buxtehude. Eine Sehenswürdigkeit der<br />
besonderen Art hat sich die Stadt Buxtehude<br />
gegönnt: Einen 36 Meter langen<br />
Schwimmsteg auf der Este. <strong>Die</strong>se rund<br />
70.000 Euro teure Konstruktion sollte<br />
die Malerschulinsel und den Wehdenhof<br />
miteinander verbinden. Problematisch<br />
nur, dass der Schwimmsteg unter einer<br />
Hafenbrücke hindurchführt. Bei Hochwasser<br />
beträgt der Abstand zwischen<br />
dem Ponton und der Brücke weniger als<br />
einen Meter, so dass Menschen die Hafenbrücke<br />
nicht mehr unterqueren können.<br />
Sieht man generös davon ab, dass<br />
der Steg aufgrund der Tide einen Teil<br />
des Tages nur theoretisch nutzbar wäre,<br />
so kommen noch gravierende Sicherheitsmängel<br />
hinzu. Der Schwimmsteg<br />
ist unter der Brücke unbeleuchtet und<br />
besitzt kein durchlaufendes Geländer.<br />
Nur zu leicht könnten deshalb sorglose<br />
Nutzer ein unfreiwilliges Bad in der Este<br />
nehmen – abhängig von der Tide sogar<br />
ein lebensgefährliches. Technisch betrachtet<br />
wäre ein Geländer auch nicht<br />
6<br />
praktikabel, da es bei Hochwasser gegen<br />
die Hafenbrücke stoßen und zer drückt<br />
werden würde. <strong>Die</strong> Folge: Seit der Fertigstellung<br />
wurde der Ponton nicht<br />
freigegeben. Ursprünglich war dies für<br />
Mitte Dezember 2009 vorgesehen. Während<br />
der Bürgermeister im Fernsehen<br />
offen von einem Planungsfehler sprach,<br />
fühlt sich der Stadtbaurat dagegen<br />
kommunikativ nur missverstanden. Der<br />
Schwimmsteg sei primär eigentlich gar<br />
nicht als Fusswegverbindung, sondern<br />
als Teil der dortigen Wassersportanlage<br />
gedacht gewesen. Das sieht jedoch der<br />
betroffene Buxtehuder Wassersportverein<br />
anders.<br />
Der Verein beklagt, dass der Ponton als<br />
Anlege- und Ausstiegsmöglichkeit viel<br />
zu hoch gelegen sei. Lediglich große<br />
Kanadier und Ruderboote könnten<br />
ihn nutzen. Doch auch darauf wusste<br />
der Stadtbaurat eine Erwiderung: Der<br />
Schwimmsteg wurde bewusst nicht<br />
so aufwendig ausgeführt, dass er jeweils<br />
auf alle Anforderungen Rücksicht<br />
nimmt. Fragt sich nur, inwiefern dann<br />
<strong>öffentliche</strong> Ausgaben von 70.000 Euro<br />
gerechtfertigt waren, um einen Ponton<br />
zu errichten, den kaum jemand nutzen<br />
kann. Darauf weiß jedoch in Buxtehude<br />
bis heute niemand eine gescheite Antwort.<br />
Kreis Herzogtum Lauenburg. Gartenbesitzer<br />
kaufen Torf, um ihre Böden<br />
anzureichern. Für Landwirte stellt Torf<br />
wertvollen Dünger dar. Nur für die Stra-<br />
ßenbauer gilt Torf neuerdings als Abfall!<br />
Durch diese Neuregelung in der novellierten<br />
Bodenschutzverordnung des<br />
Bundes wird der Weiterbau der neuen<br />
Bundesstraße 207 zwischen Lübeck und<br />
Ratzeburg um mindestens zwei Jahre<br />
verzögert. Ursprünglich sollte diese<br />
Straße, für die insgesamt 20 Mio. Euro<br />
veranschlagt sind, schon lange dem<br />
Verkehr übergeben worden sein. Doch<br />
beim Bau stieß man auf noch mehr Torf<br />
im Untergrund als ursprünglich vermutet.<br />
Um einen soliden Untergrund für<br />
die Straße zu haben, müssen insgesamt<br />
knapp 100.000 Kubikmeter Torf ausgehoben<br />
und durch tragfähige Kiesschichten<br />
ersetzt werden. Während man bei der<br />
Planung noch davon ausging, dass der<br />
Torf auf landwirtschaftlichen Flächen<br />
ausgebracht werden könne, ist dieses<br />
nach der novellierten Bodenschutzverordnung<br />
nicht mehr möglich. Nicht einmal<br />
auf einer Deponie darf er endgültig<br />
abgelagert werden. Der Torf muss auf einer<br />
Fläche ausgebracht, getrocknet und<br />
dann behandelt werden. Hierzu ist im<br />
Vorwege ein <strong>öffentliche</strong>s Verwertungskonzept<br />
aufzustellen. Der Landesbetrieb<br />
Straßenbau und Verkehr schließt nicht<br />
einmal aus, dass dieses Verwertungskonzept<br />
ein neues zeitaufwendiges Planfeststellungsverfahren<br />
erfordert. Neben<br />
der zeitlichen Verzögerung rechnet man<br />
deshalb bei den Straßenbauern mit nicht<br />
unerheblichen Mehrkosten. Mindestens<br />
werden zahlreiche Verwaltungsmitarbeiter<br />
monatelang mit zusätzlichen Auf-<br />
Fehlplanungen<br />
gaben beschäftigt. Selbst wenn sich die<br />
Mehrkosten heute noch nicht beziffern<br />
lassen, ahnt der Steuerzahler mit Grausen,<br />
dass es für ihn sehr teuer werden<br />
wird. Und die Bürokratie hat sich wieder<br />
ein Stück weiter ausgebreitet.<br />
Baden-Baden. Im Schatten des Festspielhauses<br />
in Baden-Baden liegt ein rund<br />
6.300 Quadratmeter großes Grundstück,<br />
das die Stadt bereits im Jahr 1995 käuflich<br />
erworben hat. Neben dem Grundstück<br />
erwarb die Stadt damit auch die darauf<br />
befindlichen Gebäude einer ehemaligen<br />
Weinhandlung. Den genauen Preis für<br />
den damaligen Kauf wollte uns die Stadt<br />
auf Nachfrage nicht mitteilen. Um die<br />
Dimension dieses Geschäfts zumindest<br />
abschätzen zu können, kann man aber<br />
die damaligen Bodenrichtwerte heranziehen.<br />
Im Jahr 1995 belief sich dieser<br />
für vergleichbare Grundstücke auf<br />
730,00 DM pro Quadratmeter, für 6.300<br />
Quadratmeter also rund 2,4 Mio. Euro.<br />
<strong>Die</strong> Stadt teilte mit, dass mit dem Kauf<br />
des Areals die städtische Dispositionsmasse<br />
in diesem Bereich arrondiert sei.<br />
Anders ausgedrückt heißt das, dass die<br />
Stadt das Grundstück erwarb, um eine<br />
zusammenhängende, frei für die Stadt<br />
verfügbare Fläche zu besitzen. Denn<br />
Areal und Gebäude sieht Baden-Badens<br />
Erster Bürgermeister als Arrondierungsfläche<br />
mit Entwicklungspotenzial,<br />
wenn auch ohne konkrete Nutzungsabsicht.<br />
Arrondierung scheint seither auch<br />
die einzige Nutzung des Areals zu sein.<br />
7
Fehlplanungen<br />
<strong>Die</strong> vorhandenen Gebäude rotten seit<br />
dem Erwerb vor sich hin, die Dächer<br />
sind undicht, die Bausubstanz durch<br />
Schädlinge und Brandfälle nachhaltig<br />
geschädigt, die elektrotechnischen Anlagen<br />
veraltet und die Sanitär anlagen<br />
seit geraumer Zeit stillgelegt und nicht<br />
mehr betriebsfähig.<br />
Kurzum: Eine Sanierung wäre unwirtschaftlich<br />
und damit werden die Gebäude<br />
ein Fall für die Abrissbirne, die<br />
dann auch im Laufe des Jahres laut <strong>öffentliche</strong>r<br />
Ausschreibung zu Werke gehen<br />
soll. 250.000 Euro soll die Räumung<br />
des Geländes inklusive Hang sicherung<br />
kosten. Damit ist die Stadt dann im Besitz<br />
eines leeren Grundstücks. Wie das<br />
Gelände danach genutzt werden soll, ist<br />
aber nach wie vor unklar. Eine Hotelnutzung<br />
war aus wirtschaftlichen Gründen<br />
nicht möglich, eine Nutzung als Bauplatz<br />
für eine Parkgarage wurde auch<br />
verworfen. Nun soll das Gelände vorübergehend<br />
weiterhin als oberirdischer<br />
Park raum genutzt werden. So bleibt<br />
immerhin das Entwicklungspotenzial<br />
gewahrt, „die Möglichkeit einer künftigen<br />
baulichen Nutzung und einer weiteren<br />
Entwicklung des Festspielhauses<br />
erhalten“, wie die Stadt schreibt. Nichts<br />
Neues also seit 1995.<br />
Bund. Jetzt ist die Bundesregierung auch<br />
noch für Praktikantenbörsen zuständig!<br />
Seit Mai 2009 existiert „Technikum“, eine<br />
Internet-Praktikantenbörse. Auftraggeber<br />
ist das Bundesbildungsministerium.<br />
8<br />
Was „Technikum“ kostet, wollte uns<br />
das Ministerium „zu diesem Zeitpunkt“<br />
nicht sagen. Der Bund der Steuerzahler<br />
schätzt, dass bislang rund 4 Mio. Euro<br />
in das Projekt geflossen sind. Und dann<br />
das: Bis Mitte <strong>2010</strong>, also nach einem<br />
Jahr „Technikum“, sind ganze 18 Praktikumsverträge<br />
über diese Börse abgeschlossen<br />
worden. Trotz bunter Flyer,<br />
gebührenfreier Telefonhotline und Hannover-Messe-Präsenz<br />
usw. hatten sich<br />
bis dato lediglich 536 Jugendliche und<br />
nur 114 Betriebe auf www.technikum.<br />
de registriert. Dabei sind die finanziellen<br />
Konditionen – dank der Steuergelder<br />
im Rücken – durchaus üppig. Für die<br />
Bezahlung eines „Technikum“-Praktikanten<br />
erhalten Betriebe einen Zuschuss<br />
von monatlich 350 Euro. Dennoch ist<br />
das Interesse der Jugendlichen und der<br />
Betriebe an „Technikum“ niederschmetternd<br />
gering. Das kann nicht überraschen,<br />
denn Praktikumsplätze können<br />
längst online gesucht werden – sowohl<br />
über www.arbeitsagentur.de als auch<br />
über zahllose von privaten Anbietern<br />
organisierte Internetbörsen. Es existiert<br />
einfach kein ausgeprägter Bedarf<br />
an einer neuen, staatlich organisierten<br />
Praktikantenbörse. Das Problem ist der<br />
ausgeprägte Bedarf in den Ministerien<br />
an immer neuen Aktivitäten. Im Bundesbildungsministerium<br />
widmet sich eine<br />
ganze Abteilung ausschließlich dem<br />
Thema „Lebenslanges Lernen“. Solch<br />
ein Thema bietet natürlich zahllose Spielwiesen,<br />
um alle möglichen Zielgruppen<br />
<strong>Die</strong> Praktikantenbörse des BMBF kostete<br />
bislang rund 4 Mio. Euro.<br />
mit neuen Programmen auf Steuerzahlerkosten<br />
zu beglücken. Zielgruppe bei<br />
„Technikum“ ist der MINT-Nachwuchs.<br />
MINT steht für Mathematik-Informatik-<br />
Naturwissenschaften-Technik. Und da<br />
nach Auffassung des Bildungsministeriums<br />
behördliche Unterstützung bei<br />
der Studienwahl unerlässlich ist, steht<br />
„Technikum“ nicht allein. „Komm, mach<br />
MINT“ heißt zum Beispiel das Motto<br />
des nationalen Pakts für mehr Frauen in<br />
MINT-Berufen. <strong>Die</strong>sen Pakt bezuschusst<br />
das Bildungsministerium mit weiteren<br />
3 Mio. Euro pro Jahr. <strong>Die</strong> Steuerzahler<br />
begleichen die Rechnung – lebenslang.<br />
Sachsen-Anhalt. „Mit der Fortschreibung<br />
des ÖPNV-Planes des Landes Sachsen-<br />
Anhalt soll auf der KBS 551 Naumburg-Zeitz<br />
mittelfristig der Betrieb im<br />
Schienenpersonennahverkehr (SPNV)<br />
Fehlplanungen<br />
eingestellt werden.“ So ist es u. a. in<br />
der Einleitung zum Antrag einer Fraktion<br />
des Landtags von Sachsen-Anhalt<br />
vom 10.3.<strong>2010</strong> zu lesen. So weit, so gut.<br />
Schließlich ist es nichts Ungewöhnliches,<br />
wenn das Land wegen mangelnder Auslastung<br />
den Betrieb einer Bahnstrecke<br />
abbestellt. Was dem Steuerzahler dabei<br />
aber arg in die Nase fährt ist, dass Anfang<br />
der 2000er Jahre die 22 Kilometer<br />
lange Strecke umfassend saniert wurde.<br />
Das Land allein förderte neben der Deutschen<br />
Bahn dieses Vorhaben mit 800.000<br />
Euro. Schon damals hätte auf dieser<br />
Strecke der Betrieb eingestellt werden<br />
müssen, war die Auslastung eher dürftig,<br />
und dieser Schienen-Personen-Nahverkehr<br />
wurde nur noch von Berufspendlern<br />
genutzt. Vor der Sanierung hatte es<br />
offensichtlich keiner für nötig erachtet,<br />
überhaupt mal den Bedarf objektiv zu<br />
prüfen. Das musste in der Zeit von 2006<br />
bis 2007 nachgeholt werden.<br />
Das Ergebnis: Bei 16 Zügen täglich auf<br />
dieser Strecke stieg die Nachfrage nie<br />
über 200 Reisende pro Tag. Daher soll<br />
der Personenverkehr jetzt zum 1. Dezember<br />
<strong>2010</strong> abbestellt werden. Dann liegt<br />
die schön sanierte Gleisstrecke ungenutzt<br />
da und Rost und Unkraut können<br />
sich ihrer bemächtigen. Ob die Strecke<br />
künftig ganz stillgelegt wird, entscheidet<br />
das Eisenbahnbundesamt nach einem<br />
Antrag der DB Netz AG. Viel Geld wäre<br />
gespart worden, hätte man schon vor<br />
der Sanierung den Bedarf durch Land<br />
und Bahn ermittelt.<br />
9
Fehlplanungen<br />
Friedrichshafen. Üblicherweise ist mit<br />
dem Kauf einer Immobilie eine Absicht<br />
verbunden. Aber anscheinend nicht<br />
so in Friedrichshafen. Dort erwarb die<br />
Stadt im Jahr 2000 für rund 530.000 Euro<br />
ein Wohnhaus mit Garage und einer<br />
Gesamtfläche von 1.600 m². Der Haken<br />
dabei: Seit dem Kauf vor zehn Jahren<br />
steht das Haus leer und rottet vor sich<br />
hin. Womit sich sein Zustand nicht wesentlich<br />
geändert hat: Denn bereits vor<br />
dem Ankauf durch die Stadt war das<br />
Haus lange Zeit unbewohnt. Ein Käufer<br />
fand sich nicht. Bis eben im Jahr 2000<br />
die Stadt sich das Grundstück samt Gebäude<br />
„sicherte“. Der Oberbürgermeister,<br />
der damals noch nicht im Amt war,<br />
führt dazu aus, dass in den ersten Jahren<br />
nach Erwerb durch die Stadt tatsächlich<br />
noch keine konkrete Anschlussnutzung<br />
für das Grundstück bestand. <strong>Die</strong><br />
Stadtverwaltung zog damals sowohl den<br />
Abriss als auch eine Totalsanierung in<br />
Betracht. Eine unmittelbare Nutzung<br />
des Gebäudes hingegen stand konkret<br />
nicht zur Diskussion. Und da auch Häuser<br />
nicht jünger werden, scheiden nach<br />
den langen Jahren des Leerstands mittlerweile<br />
sowohl Renovierung als auch<br />
Sanierung des Gebäudes für die Stadt<br />
selbst aus. Bleibt als einzige Option wohl<br />
nur noch der Abriss. Immerhin hat sich<br />
die Stadt nun eine Deadline gesetzt. Am<br />
30.10.<strong>2010</strong> soll endlich eine Entscheidung<br />
über das Schicksal von Haus und<br />
Grundstück getroffen werden. Und vielleicht<br />
macht man sich wieder einmal da-<br />
10<br />
ran, zumindest für das Grundstück einen<br />
Käufer zu finden. Nach immerhin fast<br />
zwanzig Jahren.<br />
Baden-Württemberg. Im März dieses<br />
Jahres musste die Polizei ein neues Teilstück<br />
der Bundesstraße 10 zwischen<br />
Eislingen-Ost und Süßen mehrfach<br />
sperren: Tausende von Kröten waren auf<br />
dem Weg zu ihrem Laichtümpel. Da auf<br />
dem neuen Teilstück das Verkehrsaufkommen<br />
noch relativ gering ist, führte<br />
die Sperrung zu keinen größeren Problemen.<br />
Das wird sich allerdings bald<br />
ändern, denn ab Frühjahr 2011, wenn<br />
die Bauarbeiten an einem weiteren Teilstück<br />
der B 10 fertiggestellt sein werden,<br />
wird der gesamte Verkehr über die neue<br />
B 10 rollen und das Verkehrsaufkommen<br />
voraussichtlich deutlich steigen. Das Regierungspräsidium<br />
Stuttgart, das für die<br />
Planungen der Straße verantwortlich<br />
zeichnet, war sichtlich überrascht von<br />
der Kröteninvasion, sollte es doch dort<br />
eigentlich gar keine Krötenpopulation<br />
geben. So zumindest die Aussage eines<br />
faunistischen Gutachtens aus dem Jahr<br />
1996, das im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens<br />
erstellt wurde. Seltsam<br />
nur, dass die Kommunalentwicklung<br />
Baden-Württemberg GmbH bereits ein<br />
Jahr zuvor, also im Vorfeld der Erstellung<br />
des Gutachtens, im Rahmen der „Planfeststellung<br />
Süßen B 10/B 466/K 1404“<br />
auf Amphibienwanderungen hinwies<br />
und zugleich monierte, dass diese bei<br />
Umweltverträglichkeitsuntersuchungen<br />
(UVU) nicht behandelt wurden. Auch<br />
der örtliche Naturschutzbund Deutschland<br />
wies auf das Vorhandensein der<br />
Krötenpopulation hin und forderte entsprechende<br />
Schutzmaßnahmen. <strong>Die</strong> Gemeinde<br />
Süßen als Empfänger der Warnungen<br />
des Naturschutzbundes und der<br />
Kommunalentwicklung leitete die Hinweise<br />
im Mai 1995 an das Regierungspräsidium<br />
Stuttgart weiter. Dort aber<br />
schenkte man den Hinweisen entweder<br />
keine Beachtung oder nahm diese nicht<br />
ernst, vielleicht versandeten diese dort<br />
auch einfach.<br />
So oder so, das Ergebnis ist bekannt:<br />
In einer Gegend, in der laut Gutachten<br />
keine Kröten vorkommen, gibt es tausende<br />
davon, und die verursachen jetzt<br />
die Probleme. Da eine einfache Sperrung<br />
zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der<br />
neuen B 10 nicht mehr ausreichen und<br />
erhebliche Verkehrsprobleme verursachen<br />
wird, zudem das Leben und die Gesundheit<br />
der Kröten und natürlich der<br />
Autofahrer geschützt werden müssen,<br />
wird jetzt nach einer wirksameren und<br />
nachhaltigeren Lösung der Problems gesucht.<br />
Abhilfe soll die Anlage eines neuen<br />
Laichtümpels schaffen. <strong>Die</strong>ser soll rund<br />
10.000 Euro kosten. Allerdings weiß niemand<br />
mit Sicherheit, ob die Amphibien<br />
den Tümpel auch annehmen, sind Kröten<br />
doch als ausgesprochen standorttreu<br />
bekannt. Weiter erwägt das Regierungspräsidium<br />
Stuttgart zusätzlich zu der<br />
Anlage des Laichtümpels dauerhafte<br />
Amphibiensperranlagen zu errichten,<br />
Fehlplanungen<br />
damit die Tiere künftig nicht mehr auf<br />
die Straße gelangen können. <strong>Die</strong> Kosten<br />
dafür sind noch nicht ermittelt worden.<br />
Es ist also zu befürchten, dass das Regierungspräsidium<br />
jetzt mit viel Geld einen<br />
Fehler korrigiert, der nicht hätte passieren<br />
müssen, wären die Hinweise auf die<br />
Kröten seinerzeit bei der Planfeststellung<br />
ernst genommen oder überhaupt<br />
beachtet worden. Übrigens, im Herbst<br />
werden die Kröten wieder von ihrem angestammten<br />
Laichgewässer zurückkehren<br />
und dabei wieder die B 10 passieren.<br />
Autofahrer sollten sich also wieder vorsorglich<br />
auf Umwege einstellen.<br />
Potsdam. Das nach dem Krieg gesprengte<br />
Potsdamer Stadtschloss soll<br />
mit historischer Fassade wieder aufgebaut<br />
und vom Land Brandenburg über<br />
30 Jahre als Sitz des Landtages angemietet<br />
werden. Kritikwürdig sind die vergleichsweise<br />
hohen Baukosten für den<br />
Neubau, die Überschreitung der vom<br />
Land erlassenen Raum- und Flächennorm<br />
für Landesbauten sowie die Errichtung<br />
einer außerhalb des Gebäudes<br />
liegenden beheizbaren Rampe zur Tiefgarage<br />
unterhalb des Landtagsneubaus.<br />
Insgesamt wären Einsparungen von bis<br />
zu 34,9 Mio. Euro möglich. Bei Einhaltung<br />
der Raum- und Flächennorm für<br />
Landesbauten würden 1.700 Quadratmeter<br />
Fläche nicht benötigt, was bei für<br />
vergleichbare Neubauten anfallenden<br />
Kosten von 5.000 Euro je Quadratmeter<br />
zu Einsparungen von 8,5 Mio. Euro füh-<br />
11
Fehlplanungen<br />
Anstelle einer solchen günstigen Fußgängerbrücke wird hier nun ein Tunnel gebaut.<br />
ren würde. Bei Verzicht auf die wegen<br />
der 15-prozentigen Steigung im Winter<br />
zu beheizenden Rampe und Planung der<br />
Zufahrt zur Tiefgarage über die im historischen<br />
Baukörper in den Seitenflügeln<br />
des Schlosses ehemals existierenden<br />
Tordurchfahrten sind Einsparungen<br />
von weiteren 1,4 Mio. Euro möglich. Bei<br />
Ansatz der Kosten, wie sie für vergleichbare<br />
Neubauten anfallen (5.000 Euro je<br />
Quadratmeter anstelle der sich aus der<br />
Planung ergebenden Kosten von 6.667<br />
Euro je Quadratmeter), ließen sich bei<br />
der Nutzfläche von 15.000 Quadratmetern<br />
weitere 25 Mio. Euro einsparen.<br />
Bund. Unweit des Reichstages lässt die<br />
Bundestagsverwaltung derzeit für 41,5<br />
Mio. Euro aufwendig alte Verwaltungsgebäude<br />
an der Ecke Wilhelm-/Dorotheenstraße<br />
sanieren, um mehr Raum<br />
für Abgeordnete und Mitarbeiter zu<br />
schaffen. Damit diese und ihre Akten<br />
stets trocken das auf der Wilhelmstraße<br />
gegenüberliegende Jakob-Kaiser-Haus<br />
erreichen können, stellte sich die Frage,<br />
12<br />
wie beide Verwaltungsgebäude zu verbinden<br />
seien. Eine sinnvolle Lösung<br />
wäre eine überdachte Fußgängerbrücke,<br />
wie es zwei von ihnen in rund 100<br />
Metern Entfernung bereits gibt. Für<br />
diese erhielt der Bundestag seitens des<br />
Berliner Senats vor Jahren grünes Licht.<br />
Doch diesmal sperrte sich die Stadt. Auf<br />
einer Planungsbesprechung verweigerten<br />
Senat und örtliches Bezirksamt<br />
auf Anfrage des bauausführenden Bundesamtes<br />
für Bauwesen und Raumordnung<br />
mündlich eine Brückenlösung.<br />
Lapidare Begründung: <strong>Die</strong> Stadtplaner<br />
sahen die durchgehende Sichtachse<br />
der Wilhelmstraße gestört. Fixiert sind<br />
Anfrage und Ablehnung lediglich im<br />
Besprechungsprotokoll, einen separaten<br />
Schriftverkehr hierzu gibt es nicht.<br />
Das Bundesamt war damit gezwungen,<br />
einen Tunnelbau zu verfolgen. Derzeit<br />
wird dieser in acht Meter Tiefe mit<br />
rund 80 Metern Länge erstellt. 7,5 Mio.<br />
Euro wird der Tunnel kosten, der den<br />
Abgeordneten eine Unterquerung der<br />
Wilhelmstraße von Fahrstuhl A nach<br />
Fahrstuhl B garantieren wird. Das geplante<br />
luxuriöse Beleuchtungskonzept<br />
sowie die Tunnel-Ausschmückung mit<br />
Kunstwerken wirken im Übrigen als<br />
Kos tentreiber. Auch wenn eine Brücke<br />
planerisch aufwendig gewesen wäre,<br />
wäre sie die Steuerzahler allemal günstiger<br />
gekommen als der jetzige Tunnel,<br />
der rund 94.000 Euro pro laufenden Meter<br />
kostet.<br />
Sachsen-Anhalt. <strong>Die</strong> neue West-Ost-Verkehrsverbindung<br />
mit dem Namen B 6n<br />
ist von großer Bedeutung. Sie verbindet<br />
die A 395 in Niedersachsen mit der A<br />
14 in Sachsen-Anhalt. <strong>Die</strong> sogenannte<br />
Nordharz-Autobahn wurde seit 1997 in<br />
mehreren Teilabschnitten gebaut. 2002<br />
erfolgte die Freigabe des ersten Abschnitts<br />
von Wernigerode bis zur Landesgrenze<br />
Niedersachsen. <strong>Die</strong>ser und<br />
der Nordabschnitt bei Aschersleben<br />
aber wurden vorzeitig, nämlich etwa<br />
sieben Jahres nach ihrer Fertigstellung,<br />
zum Sanierungsfall, während eine zehn<br />
Kilometer lange Teststrecke in einer<br />
neuen Bauweise mit Kompaktasphalt<br />
bei Quedlinburg den bisherigen „Test“<br />
sehr gut besteht. Normalerweise halten<br />
derartige Autostraßen 10 bis 15 Jahre.<br />
Doch für diese beiden Abschnitte musste<br />
2009 der Bund 13 Mio. Euro schon an<br />
Sanierungskosten aufbringen, mit denen<br />
manche Ortsumgehung finanzierbar gewesen<br />
wäre.<br />
Alle Kritiken und Beschwerden von Bürgern,<br />
Abgeordneten aus Kommunen<br />
Fehlplanungen<br />
bis hin zu Bundestagsabgeordneten,<br />
dass nach so kurzer Zeit erneut so viele<br />
Steuergelder eingesetzt wurden, wies<br />
das Bauministerium erst einmal zurück<br />
und begründete die Schäden mit einer<br />
„Abnutzung durch hohes Verkehrsaufkommen“.<br />
Das leuchtete den Laien nicht<br />
ganz ein, traten doch die Schäden komischerweise<br />
eben nur in bestimmten<br />
Abschnitten auf, die nicht mehr als andere<br />
belastet waren. Es bedurfte erst einer<br />
anonymen Anzeige und des Drucks<br />
der Öffentlichkeit, bis sich das Landesbauministerium<br />
zu einer gründlichen<br />
Ursachenforschung bequemte. Ein Gutachter<br />
vertrat die Auffassung, dass es<br />
an zu hohlraumreichen Deckschichten<br />
und am verwendeten Asphaltgemisch<br />
gelegen habe, das in den Trag- und Binderschichten<br />
mit wiederverwendetem<br />
Alt-Asphalt aus Abfräsungen anderer<br />
Straßen versetzt worden war. Das hätte<br />
zum vorzeitigen Verschleiß geführt. <strong>Die</strong><br />
Anforderungen an den Hohlraumgehalt<br />
von Deck- und Binderschichten wurden<br />
inzwischen bundesweit bzw. auf Landesebene<br />
reduziert. Es sei nicht auszuschließen,<br />
dass auf weiteren Abschnitten<br />
zukünftig dieses Schadensbild ebenfalls<br />
auftreten und damit weitere Kosten für<br />
Sanierung anfallen könnten. <strong>Die</strong>se wären<br />
bei den ersten beiden Abschnitten<br />
sicher nicht so hoch ausgefallen, hätten<br />
verantwortliche Mitarbeiter des Landesbaubetriebs<br />
nicht die mögliche Gewährleistungspflicht<br />
verstreichen lassen, um<br />
bereits erste Schäden auf diesem Wege<br />
13
Fehlplanungen<br />
beseitigen zu lassen. Das brachte ihnen<br />
disziplinarische Maßnahmen ein,<br />
schätzte man im Bauministerium den<br />
allein dadurch entstandenen finanziellen<br />
Verlust auf 1,5 Mio. Euro ein. Doch nicht<br />
alles geht auf ihr Konto. Weitere Gewährleistungsansprüche<br />
werden nicht<br />
mehr durchsetzbar sein, weil der vereidigte<br />
Gutachter auch feststellte, dass<br />
die anfälligen „Asphaltmischungen“ und<br />
fragwürdige Zuschlagstoffe den zum<br />
Bauzeitpunkt gültigen technischen Vorschriften<br />
entsprachen. Ob Pfusch oder<br />
nicht Pfusch, das ist eigentlich nicht<br />
mehr die Frage. Denn für den Steuerzahler<br />
ist das letztendlich egal. Er muss<br />
die ganze Chose bezahlen.<br />
Hamburg. In Hamburg ist Wohnraum<br />
knapp und ein sozialer Wohnungsbau<br />
findet seit Jahren kaum statt. Bei der Unterbringung<br />
von Hartz-IV-Empfängern<br />
ist die Stadt daher auf private Anbieter<br />
angewiesen. Doch der Immobilienmarkt<br />
treibt in der Hansestadt Blüten, für die<br />
der Steuerzahler gerade stehen muss: So<br />
stellten einige Hartz-IV-Mieter fest, dass<br />
ihre Wohnungen im Mietvertrag wesentlich<br />
größer angeben wurden als sie tatsächlich<br />
waren, zum Teil wurden sie als<br />
doppelt so groß angegeben. Anstatt den<br />
Hinweisen nachzugehen und der <strong>Verschwendung</strong><br />
von Steuergeld Einhalt zu<br />
gebieten, erklärte das zuständige team.<br />
arbeit.hamburg (ARGE) den Mietern<br />
jahrelang, dass rechtlich nichts zu machen<br />
sei, weil zulässige Höchstgrenzen<br />
14<br />
bei der Miethöhe eingehalten werden.<br />
Solche Fälle wurden bereits im Jahr<br />
2002 aufgedeckt und unter anderem<br />
vom Bund der Steuerzahler kritisiert.<br />
Doch die städtische Verwaltung hat<br />
nichts verändert – mit teuren Folgen: In<br />
bislang 107 recherchierten Fällen wurden<br />
jahrelang stark überhöhte Mieten<br />
gezahlt. Aufgrund der Verjährungsfrist<br />
können davon jedoch nur allenfalls rund<br />
500.000 Euro zurückgefordert werden.<br />
Das ganze Ausmaß des Schadens wird<br />
zurzeit von der Staatsanwaltschaft Hamburg<br />
ermittelt. Das Verhalten der Hamburger<br />
Sozialbehörde und der zuständigen<br />
ARGE wirft die Frage auf, ob sich<br />
die Stadt der Begünstigung zum Betrug<br />
schuldig gemacht haben könnte. Eine<br />
Antwort darauf wird die Staatsanwaltschaft<br />
finden.<br />
Es lebe der Sport<br />
<strong>Verschwendung</strong> im Namen der Volksgesundheit<br />
Lübeck. Auch städtische Millionen<br />
konnten den VfB Lübeck nicht vor der<br />
Insolvenz retten. Jetzt ist das Geld für<br />
den Steuerzahler verloren. Der Traditionsverein<br />
von 1919 gehört mit seinen<br />
über 800 Mitgliedern zu den wichtigsten<br />
Sportvereinen der Hansestadt Lübeck.<br />
Im Badminton, Tischtennis und insbesondere<br />
im Fußball kann man auf beachtliche<br />
sportliche Erfolge zurückblicken.<br />
Doch gerade den zwischenzeitlichen<br />
Ausflug in die 2. Fußballbundesliga<br />
mit anschließendem Abstieg bis in<br />
die Regionalliga hat der Verein finanziell<br />
nicht verkraftet. Im April 2008 musste<br />
deswegen das Insolvenzverfahren eröffnet<br />
werden. Insgesamt 81 Gläubiger<br />
hatten Gesamtforderungen von gut 2,8<br />
Mio. Euro gegen den Verein. Hauptgläubiger<br />
war die Hansestadt, der finanziell<br />
selbst das Wasser bis zum Halse steht.<br />
<strong>Die</strong> Forderungen beliefen sich auf über<br />
1,3 Mio. Euro. Haupttitel war ein Darlehen<br />
in Höhe von einer Million Euro für<br />
den Neubau der Haupttribüne des Stadions<br />
an der Lohmühle. <strong>Die</strong>se war Bestandteil<br />
der hochtrabenden Profipläne<br />
an der Trave. Das Darlehen wurde nie<br />
getilgt. Hinzu kamen Zinsen, nicht gezahlte<br />
Sportstättengebühren, Kosten für<br />
das Flutlicht, Gewerbe- und Grundsteuern<br />
sowie Straßenreinigungsgebühren.<br />
Im Februar <strong>2010</strong> kam für den Verein die<br />
Rettung: Banken und Gläubiger einigten<br />
sich auf einen Insolvenzplan. Damit kann<br />
der Sportbetrieb weitergehen. <strong>Die</strong> Stadt<br />
kann gerade mal 49.000 Euro, aufgeteilt<br />
Es lebe der Sport<br />
in vier Raten, bis 2012 aus dem Insolvenzplan<br />
erwarten. Der Rest ist für den<br />
Steuerzahler verloren – verpulvert für<br />
erfolglosen Profisport: Ein klassisches<br />
Eigentor!<br />
Bördekreis. Wer den Ort Calvörde sucht<br />
und nicht weiß, wo er liegt, schaut ins<br />
Internet. Dort steht: „Der Flecken Calvörde<br />
liegt am Mittellandkanal mit<br />
einem derzeit nicht betriebenen Umschlaghafen<br />
und einer aktiv genutzten<br />
Schiffsanlegestelle.“<br />
Für die wenigen sechs Sportbootfreunde<br />
im Ort reicht die sicher auch aus. Doch<br />
Calvörde will hoch hinaus und den Anschluss<br />
an die „Tourismuswelt“ nicht<br />
verpassen. Seit 2002 Mitglied im Blauen<br />
Band, will sie den Wassertourismus mit<br />
dem Bau eines Sportboothafens fördern.<br />
So beschloss es der Gemeinderat, dem<br />
natürlich auch der Vorsitzende des örtlichen<br />
Wassersportvereins angehört.<br />
Rund 670.000 kostet der Bau. Doch so<br />
viel Geld hat die Gemeinde natürlich<br />
nicht übrig. Zehn Prozent brachte sie<br />
auf, die restlichen 90 Prozent der Kosten<br />
werden über die Investitionsbank<br />
Sachsen-Anhalt finanziell gefördert.<br />
Aber selbst der Eigenanteil von 67.000<br />
Euro für dieses Vorhaben schien einigen<br />
Einwohnern zu viel, die auf Wichtigeres,<br />
wie Fußwege und dergleichen, verwiesen.<br />
Sie aber wurden nicht erhört, obwohl<br />
nur 18 Kilometer entfernt in Haldensleben<br />
ein exquisiter Sportboothafen<br />
für den Wassertourismus existiert.<br />
15
Es lebe der Sport<br />
Selbst 200.000 Regenwürmer für rd. 7.000 Euro konnten den Rasen nicht retten.<br />
Trotz einer Verschuldung von 2.432 Euro<br />
je Einwohner leistet sich die Gemeinde<br />
diese Einrichtung. Sie soll vom örtlichen<br />
Verein „Wassersportler Flecken<br />
Calvörde“ e.V. betrieben werden. Kurios<br />
dabei ist – und darauf legt die Gemeinde<br />
großen Wert –, dass der Hafen nicht<br />
zur Eigennutzung des betreibenden<br />
Vereins errichtet wird. Wie lange er die<br />
Betriebskosten aber schultern kann, ist<br />
zwar nicht abzusehen, aber möglicherweise<br />
hilft die verschuldete Gemeinde<br />
hier mit entsprechender Sportförderung.<br />
Schließlich soll doch der Wassertourismus<br />
angekurbelt werden.<br />
Den hohen Aufwand dafür begleicht der<br />
Steuerzahler. Ein Grund, Geld auszugeben,<br />
das einem nicht gehört, findet sich<br />
eben immer.<br />
Bergen auf Rügen. Doppelter Flop für<br />
die Steuerzahler. <strong>Die</strong> Stadt Bergen auf<br />
Rügen ließ ihr Fußballstadion vor wenigen<br />
Jahren für rund 2 Mio. Euro sanieren<br />
und auf Vordermann bringen. Doch<br />
wenig später stand der darauf spielende<br />
VfL Bergen im Nassen. Das Problem:<br />
Bei heftigen Regenfällen standen einige<br />
Bereiche des Rasenplatzes derart unter<br />
Wasser, dass die Bespielbarkeit nicht<br />
16<br />
mehr gegeben war. Daraufhin sollte eine<br />
ausgefallene Idee für Abhilfe sorgen. Regenwürmer<br />
mussten her und das Chaos<br />
beseitigen! Im Sommer 2009 wurde eine<br />
niederländische Spezialfirma beauftragt,<br />
200.000 eigens gezüchtete Regenwürmer<br />
namens Dutch Nightcrawler auf<br />
dem Spielfeld auszusetzen, die dann den<br />
Boden von innen auflockern und durchlüften<br />
sollten. Dadurch, so die Hoffnung<br />
der Verwaltung, könne das Regenwasser<br />
besser abfließen. Doch die Wurmkur<br />
ging nach hinten los, wie sich im Frühjahr<br />
<strong>2010</strong> zeigte. Anstatt unterirdisch<br />
den Boden zu beackern, tummelten sich<br />
die Würmer lieber an der Oberfläche<br />
und produzierten dabei tausende kleine<br />
Häufchen, die die Spielplatzpflege erheblich<br />
erschwerten und sich zudem als<br />
Stätten für Schimmel- und Pilzbewuchs<br />
erwiesen. Kurzum: <strong>Die</strong> Platzqualität ging<br />
noch weiter zurück. Der Steuerzahler<br />
bekam dennoch die Rechnung für das<br />
Regenwurmheer über 7.036,53 Euro.<br />
Aber damit nicht genug. Anstatt das<br />
Grundproblem endlich zu lösen, setzte<br />
die Stadt auf eine völlig neue Alternative.<br />
Gefördert über kreditfinanzierte<br />
Gelder aus dem Konjunkturpaket des<br />
Bundes überzog die Stadt in direkter<br />
Nähe zum Fußballstadion einen bisherigen<br />
Hartplatz flächendeckend mit<br />
teurem Kunstrasen. Der Innenminister<br />
trat persönlich an, um den Fördermittelbescheid<br />
des Landes zu überreichen.<br />
Hierbei entpuppte sich abermals ein<br />
Mitglied der Landesregierung als überteuerter<br />
Postbote. <strong>Die</strong> Gesamtkosten<br />
für den Bau der Kunstrasenanlage summieren<br />
sich auf rund eine Million Euro.<br />
Doch das Ursprungsproblem ist damit<br />
nicht gelöst. Vielmehr steht das große<br />
Bergener Fußballstadion weiterhin unter<br />
Wasser und auch der Steuerzahler<br />
musste sich zweimal teuer in den Regen<br />
stellen lassen.<br />
Duisburg. 2005 gab die Stadt Duisburg<br />
den Startschuss zum Bau einer<br />
einzigartigen, computergesteuerten<br />
Kameraschienenbahn, die „packende<br />
Livebilder“ von Kanurennen liefern sowie<br />
eine exakte Analyse von Training<br />
und Wettkampf der Kanuten möglich<br />
machen sollte und die es so weltweit<br />
noch nirgends gab. 2006 wurde dieser<br />
Prototyp längs der Uferböschung<br />
an der Regattastrecke im Duisburger<br />
Sportpark Wedau gebaut. Zuvor waren<br />
Rennen immer von einem Übertragungswagen<br />
der Fernsehanstalten aus<br />
gefilmt worden. An den Kosten für die<br />
parallele Kamerabegleitung hatten sich<br />
auch Bund und Land mit jeweils 500.000<br />
Euro beteiligt. Erstmalig sollte die Kameraschienenbahn<br />
bei der Weltmeisterschaft<br />
der Kanuten im August 2007<br />
Es lebe der Sport<br />
Bilder liefern. Doch die verwackelten<br />
und unscharfen Aufnahmen waren weder<br />
für die Trainingsanalyse noch für die<br />
Fernseh übertragung ausreichend. Und<br />
bis heute funktioniert die neue Technologie<br />
nicht. Von den 1,7 Mio. Euro Gesamtkosten<br />
sind schon 1,2 Mio. Euro<br />
an das ausführende Unternehmen gezahlt<br />
worden. Nun streitet sich die Stadt<br />
Duisburg mit diesem Unternehmen,<br />
wer die Kosten für die Nachbesserung<br />
der Bahn tragen muss. Nach Berichten<br />
der Presse hatte die ausführende<br />
Firma für Nachbesserungen als erste<br />
Abschlagszahlung 350.000 Euro von<br />
der Stadt verlangt. <strong>Die</strong> Stadt behauptet<br />
jedoch, sie habe die Trainingsanalysestrecke<br />
technisch nie abgenommen. <strong>Die</strong><br />
Herstellerfirma sei ausdrücklich darauf<br />
hingewiesen worden, dass die abgelieferte<br />
Leistung wegen wesentlicher Mängel<br />
nicht abgenommen werden kann.<br />
Doch warum wurde dann ein Großteil<br />
des Geldes bereits gezahlt? Und warum<br />
wurde die Kameraschienenbahn bei<br />
der Weltmeisterschaft 2007 eingesetzt,<br />
wenn sie technisch nicht abgenommen<br />
war? Auf diese Fragen gab die Stadt<br />
Duis burg dem Bund der Steuerzahler<br />
bis heute keine Antwort. <strong>Die</strong> Anlage<br />
wird derweil ein Opfer der Witterung.<br />
Rost und Grünpflanzen breiten sich dort<br />
aus. Doch der Bund der Steuerzahler erwartet<br />
den Ausgang des Rechtsstreites<br />
mit Spannung und wird dafür sorgen,<br />
dass über die Kameraschienenbahn so<br />
schnell kein Gras wächst.<br />
17
Es lebe der Sport<br />
Overath. Für die Stadt Overath, deren<br />
Haushalt tiefrote Zahlen aufweist, war<br />
das Konjunkturpaket II eine wahre Verlockung.<br />
845.000 Euro aus diesem Paket<br />
steckt die Stadt in eine Doppelturnhalle<br />
im Ortsteil Immekeppel, der bislang nur<br />
über eine kleine Turnhalle verfügt. Dem<br />
Bürgermeister muss die Turnhalle besonders<br />
unter den Nägeln gebrannt haben.<br />
Er vergab zusammen mit einem Ratsmitglied<br />
in einer Nacht- und Nebel aktion<br />
Bauaufträge für 180.000 Euro. Den Rat<br />
fragte er nicht. Nach seiner Einschätzung<br />
war höchste Dringlichkeit gegeben,<br />
um den „engen zeitlichen Rahmen<br />
des Konjunkturpaketes einzuhalten und<br />
die Mittel fristgerecht abrufen zu können“.<br />
<strong>Die</strong> Kreisverwaltung stufte die se<br />
Dringlichkeitsentscheidung aus vier<br />
Gründen als rechtswidrig ein. Erstens<br />
sei der Bau- und Planungsausschuss<br />
der Stadt Overath übergangen worden,<br />
zweitens sei ein Fall äußerster Dringlichkeit<br />
nicht erkennbar, drittens hätte<br />
diese Entscheidung in der nächsten Sitzung<br />
des Bau- und Planungsausschusses<br />
genehmigt werden müssen und viertens<br />
sei nicht ersichtlich gewesen, dass der<br />
Rat dem Hallenneubau eine besondere<br />
Priorität bei der Verwendung der Konjunkturpaketmittel<br />
zugedacht hat. Konsequenzen<br />
hatte dieses übereilte Vorgehen<br />
für den Bürgermeister jedoch nicht.<br />
Ende September 2009 genehmigte der<br />
Rat nachträglich die Dringlichkeitsentscheidung<br />
und heilte damit die Rechtsverletzung.<br />
Dringend aber ist in Overath<br />
18<br />
nur das Sparen. Der Haushalt lässt einen<br />
Hallenneubau, für den die Stadt rund 2<br />
Mio. Euro lockermachen muss, nicht zu.<br />
Auch die geschätzten Folgekosten von<br />
mindestens 200.000 Euro pro Jahr kann<br />
Overath sich nicht leisten. Kritiker zweifeln<br />
zudem am Bedarf für eine so große<br />
Halle. Monatelang kämpften sie für eine<br />
Einfachhalle ohne Mehrzwecknutzung.<br />
Nur einen Katzensprung entfernt, im<br />
Nachbarort, gäbe es eine Mehrzweckhalle,<br />
die an weniger als zehn Tagen im<br />
Jahr genutzt werde. Doch „das Vereinsleben<br />
eines Dorfes lasse sich nicht per<br />
Beschluss in das Nachbardorf verlegen.<br />
Buchhalterisch denkenden Menschen<br />
mag das schwer eingängig sein, aber es<br />
ist die Realität“, so der Bürgermeister.<br />
Bei so viel Kirchturmsdenken verwundert<br />
es nicht, dass die kritischen Bürger<br />
am ernsthaften Sparwillen zweifeln.<br />
Coburg. Braucht man in Coburg tatsächlich<br />
eine neue Ballsporthalle? Offenbar<br />
ja. So wird die Stadt Coburg auf der<br />
„Lauterer Höhe“ eine hochmoderne Ballsporthalle<br />
errichten, obwohl in Coburg<br />
nach Mitteilung des Oberbürgermeisters<br />
bereits neben drei Einfach-Schulsporthallen,<br />
die für eine Vereinsnutzung<br />
zwar nur eingeschränkt nutzbar sind,<br />
auch zwei Dreifachturnhallen und eine<br />
Zweifachturnhalle existieren, die allerdings<br />
auch schon etliche Jahre auf dem<br />
Buckel haben. Vor diesem Hintergrund<br />
hat der Coburger Stadtrat den Neubau<br />
einer Ballsporthalle beschlossen. Hierfür<br />
ging man von einer Kostenschätzung in<br />
Höhe von 12,5 Mio. Euro aus. Um aber<br />
für das anschließende Wettbewerbsverfahren<br />
den finanziellen Rahmen nicht<br />
von vornherein zu hoch zu spannen, hat<br />
man anfangs nur illusorische 9,4 Mio.<br />
Euro gleichsam als Ausgangslage angesetzt.<br />
<strong>Die</strong>s sei nach Angaben des Oberbürgermeisters<br />
der Stadt Coburg damals<br />
sinnvoll gewesen, um von vornherein<br />
etwaige politische Begehrlichkeiten<br />
in Bezug auf Qualität und Standard<br />
aus Kostengründen einzudämmen. Im<br />
September 2009 hat dann der Stadtrat<br />
beschlossen, den Zuschlag für den Hallenbau<br />
zu erteilen, und zwar zu einem<br />
Festpreis inklusive Ausstattung in Höhe<br />
von satten 15,36 Mio. Euro. Hinzukommen<br />
werden jährlich noch rd. 375.000<br />
Euro Betriebskosten für das technische<br />
Gebäudemanagement, Energie- und<br />
Personalkosten.<br />
Offenbar wegen einer politischen Auseinandersetzung<br />
zwischen Befürwortern<br />
und Gegnern der Halle hat der Coburger<br />
Stadtrat beschlossen, den Bayerischen<br />
Kommunalen Prüfungsverband mit<br />
Es lebe der Sport<br />
<strong>Die</strong> Stadt Coburg leistet sich eine neue Ballsporthalle für 15,36 Mio. Euro, obwohl die<br />
Steuerzahler das Prestigeprojekt teuer zu stehen kommen wird.<br />
einer Prüfung des Vorgangs zu beauftragen.<br />
Das Prüfungsergebnis lag zum<br />
Zeitpunkt des Redaktionsschlusses für<br />
das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler<br />
allerdings noch nicht vor.<br />
Wenn auch – wie der Oberbürgermeister<br />
der Stadt Coburg meint – die neue<br />
Ballsporthalle eine „städtebauliche Visitenkarte“<br />
der Stadt Coburg sein mag<br />
und sich Coburg eine derart teure Halle<br />
durchaus leisten kann, lässt dies nicht<br />
darüber hinwegtäuschen, dass die Kosten<br />
für den Hallenbau der Stadt Coburg<br />
sprichwörtlich „davongelaufen“ sind.<br />
Zu hoffen bleibt, dass die Coburger Bürger<br />
und Steuerzahler nach Fertigstellung<br />
des ehrgeizigen Prestigeprojekts<br />
von weiteren ärgerlichen Kostensteigerungen<br />
verschont bleiben und dass ihre<br />
neue Ballsporthalle voll ausgelastet sein<br />
wird.<br />
Zarrentin-Lassahn. <strong>Die</strong> Stadt Zarrentin<br />
am Schaalsee in Mecklenburg-Vorpommern<br />
klotzte bei der Sanierung und Erweiterung<br />
ihres Vereins- und Sportlerheims<br />
im Ortsteil Lassahn. Ursprünglich<br />
19
Es lebe der Sport<br />
plante die Verwaltung mit Sanierungskosten<br />
von rund 229.600 Euro. Für eine<br />
kleine Gemeinde wie Zarrentin, mit<br />
gerade einmal 4.500 Einwohnern, ein<br />
großes Projekt. Doch alles, was schiefgehen<br />
konnte, ging schief. Nicht nur, dass<br />
der Planer des Vorhabens während der<br />
Bauphase das Handtuch warf. Auch die<br />
Kosten für das ambitionierte Bauvorhaben<br />
waren insgesamt viel zu niedrig<br />
taxiert. Das zeigte sich schnell, als der<br />
Stadtverwaltung die ersten Rechnungen<br />
ins Haus flatterten. <strong>Die</strong> veranschlagten<br />
Mittel waren rasch erschöpft und zudem<br />
zeigte sich auch noch Pfusch am Bau.<br />
Es drohte ein Baustopp für das unfertig<br />
sanierte Sportlerheim. <strong>Die</strong> geschätzten<br />
Kosten für das Sanierungsvorhaben<br />
wuchsen zwischenzeitlich rapide auf<br />
bis zu 600.000 Euro. Das Projekt muss te<br />
überplant und in Teilen neu ausgeschrieben<br />
werden. Auch wurde hastig der Förderantrag<br />
der Gemeinde an die neuen<br />
Schreckenszahlen angepasst. Als Retter<br />
in der Not erwies sich dann der Landwirtschaftsminister<br />
des Landes, der mit<br />
dem geänderten Fördermittelbescheid<br />
in Höhe von 313.000 Euro auftauchte<br />
und – wohlgemerkt – damit jene Summe<br />
nahezu zu überbrücken vermochte,<br />
die das Bauprojekt teurer zu kommen<br />
schien.<br />
Eine Untersuchungskommission der<br />
Stadtvertretung durchleuchtete das<br />
Gebaren der Verwaltung und stellte ihr<br />
letztlich ein verheerendes Zeugnis aus.<br />
<strong>Die</strong> Verwaltung habe totales Versagen an<br />
20<br />
den Tag gelegt. So war die Bauabteilung<br />
zu keinem Zeitpunkt den ihr obliegenden<br />
Kontrollpflichten nachgekommen. Viele<br />
Absprachen mit Bauunternehmen liefen<br />
ohne schriftliche Protokollierung und<br />
über mündliche Absprachen. Zudem<br />
hätte mit der ursprünglichen Kalkulation<br />
von rund 230.000 Euro das Gemeinschaftshaus<br />
nie saniert werden können.<br />
Das Amt Zarrentin ist auf Nachfrage des<br />
BdSt bis heute nicht in der Lage mitzuteilen,<br />
welcher Schaden durch wen<br />
verursacht wurde. Auch disziplinarrechtliche<br />
Maßnahmen innerhalb des<br />
Amtes blieben und bleiben aus. Zwar<br />
habe das Amt solche intensiv geprüft,<br />
doch scheint es bei sich und seinen Mitarbeitern<br />
keine Schuld zu sehen, die<br />
Sanktionen rechtfertigen würden. <strong>Die</strong><br />
Schlussrechnung soll jetzt bei 485.618,64<br />
Euro liegen. Damit ist die Baumaßnahme<br />
mehr als doppelt so teuer geworden, wie<br />
ursprünglich geplant. Hier zeigt sich<br />
einmal mehr, welch gravierende Folgen<br />
Fehlplanungen für die Steuerzahler haben<br />
können.<br />
Vergeudung hat Vorfahrt<br />
Fehlgeleitete Steuergelder im Verkehr<br />
Wiesbaden. Vor rund zehn Jahren wurde<br />
der Wiesbadener Hauptbahnhof an die<br />
ICE-Strecke Frankfurt-Köln Richtung<br />
Köln angebunden. Insgesamt sind statt<br />
der geplanten 250 Mio. Euro für die in<br />
den neunziger Jahren von der Stadt<br />
Wiesbaden und von der hessischen<br />
Landesregierung politisch gewollten 13<br />
Kilometer langen Strecke Gesamtkosten<br />
in Höhe von 279 Mio. Euro angefallen,<br />
wovon der Bund den geplanten Grundpreis<br />
und die Bahn die Mehrkosten von<br />
29 Mio. Euro trugen. Als der zweigleisige<br />
Abzweig mit zwei Tunneln im Jahr<br />
2002 in Betrieb genommen wurde, fuhren<br />
die Züge zunächst im Zwei-Stunden<br />
Takt nach Köln. Aber da die Auslastung<br />
nur zwischen drei und 20 Prozent betrug,<br />
gibt es jetzt werktags zwischen<br />
der hessischen Landeshauptstadt und<br />
der rheinischen Metropole insgesamt<br />
nur noch vier Zugverbindungen und<br />
am Wochenende gar keine mehr. Damit<br />
zählt die Strecke, auf der weder Regional-<br />
noch Güterzüge verkehren, zu<br />
den am wenigsten ausgelasteten Strecken<br />
des Schienenpersonenverkehrs<br />
in Deutschland. Darüber, wie viel Geld<br />
die Deutsche Bahn wieder an den Bund<br />
zurückzahlen muss, wird augenblicklich<br />
noch verhandelt. Immerhin wurde die<br />
zweimalige Abrechnung über 1,7 Mio.<br />
Euro für die Verlängerung des Bahnsteigs<br />
im Wiesbadener Hauptbahnhof<br />
inzwischen korrigiert. Wie viel der Bund<br />
für Arbeiten am Bahnhof Wiesbaden-<br />
Ost wiederbekommt, die gar nicht erle-<br />
Brücken und Verkehr<br />
digt wurden, weil die geringe Verkehrsnachfrage<br />
diese Maßnahmen nicht mehr<br />
erforderlich machte, ist noch offen. 2007<br />
ermittelte das Ministerium einen Wert<br />
der noch ausstehenden baulichen Anlagen<br />
von 44 Mio. Euro. Nach neuester<br />
Auskunft des Bundesverkehrsministeriums<br />
wurde jetzt eine Rückforderung in<br />
Höhe von 17,6 Mio. Euro zuzüglich 6,8<br />
Mio. Euro an Zinsen geltend gemacht.<br />
Hinter all dem steht jedoch die Frage,<br />
ob die vielen Millionen Euro aus der<br />
Bundeskasse überhaupt hätten ausgegeben<br />
werden müssen. Eine Landeshauptstadt<br />
ohne eigenen ICE-Anschluss<br />
war wohl nicht vorstellbar. Ganz offensichtlich<br />
wurde die Nachfrage falsch<br />
eingeschätzt. Immerhin haben die Erfahrungen<br />
dazu beigetragen, dass die<br />
direkte ICE-Anbindung Wiesbadens an<br />
Frankfurt nicht mehr gebaut wird. So<br />
teilte das Bundesverkehrsministerium<br />
auf Anfrage mit, dass der Bund keine<br />
weiteren Investitionen in die Infrastruktur<br />
der ICE-Anbindung Wiesbadens<br />
plant. <strong>Die</strong> Gestaltung des Fernverkehrs<br />
sei eine eigenwirtschaftliche Entscheidung<br />
des Unternehmens Deutsche Bahn<br />
AG.<br />
Bamberg. Bei dem Neubau der „Kettenbrücke“<br />
ging man im Rahmen des<br />
Wettbewerbs noch von einer „mit allen<br />
Unschärfen behafteten, sehr groben<br />
Kostenschätzung von 6,1 Mio. Euro als<br />
Projektkosten“ aus. In der ersten Kostenberechnung<br />
Ende des Jahres 2008<br />
21
Brücken und Verkehr<br />
14,9 Mio. Euro wird der Neubau der Kettenbrücke<br />
in Bamberg kosten.<br />
wurde die Gesamtmaßnahme „Kettenbrücke“,<br />
einschließlich Behelfsbrücke,<br />
Straßenbau, Uferwandsicherung etc.<br />
mit rund 12,9 Mio. Euro veranschlagt.<br />
Bereinigt und fortgeschrieben stiegen<br />
die Kosten für das Brückenbauwerk im<br />
Jahr 2009 trotz Einsparungen (z. B. bei<br />
den Treppenabgängen) schon auf 13,4<br />
Mio. Euro. Dass man inzwischen bei gigantischen<br />
14,9 Mio. Euro angelangt ist,<br />
ist offenbar auf einen Kalkulationsirrtum<br />
des günstigsten Bieters zurückzuführen,<br />
aufgrund dessen das ursprüngliche<br />
Vergabeverfahren aufgehoben wurde.<br />
Da die einzelnen Bietergemeinschaften<br />
nun Kenntnis von den Angebotspreisen<br />
ihrer Mitbewerber hatten, wurden entsprechende<br />
„Anpassungen“ nach oben<br />
in Höhe von rund 500.000 Euro vorgenommen.<br />
Zusätzlich schlugen Mehrkosten<br />
u. a. für das Hilfstragwerk, Massenmehrungen<br />
bei den Verpresspfählen<br />
und für weitere beauftragte Nachträge<br />
zu Buche. Wenn auch für den Neubau<br />
der Bamberger „Kettenbrücke“ <strong>öffentliche</strong><br />
Zuschüsse von rund 8,7 Mio.<br />
Euro fließen, wird dieser Brückenbau<br />
den Bamberger Stadtsäckel belasten.<br />
Zu hoffen bleibt, dass die Steuerzahler<br />
von weiteren Kos tensteigerungen ver-<br />
22<br />
<strong>Die</strong> Mängelbeseitigung der Löwenbrücke<br />
in Bamberg lässt auf sich warten.<br />
schont bleiben und dass die „Kettenbrücke“<br />
rechtzeitig – wie geplant – im<br />
November <strong>2010</strong> fertiggestellt sein wird.<br />
Fertiggestellt ist zwar die Bamberger<br />
„Löwenbrücke“, doch beendet ist die<br />
Geschichte um dieses Brückenbauprojekt<br />
für die Stadt Bamberg noch lange<br />
nicht. Warum?<br />
Zum einen ist die Brücke nicht mängelfrei<br />
und die beteiligten Bauunternehmen<br />
weigern sich, die Mängel zu beseitigen.<br />
Zum anderen schließt die Schlussrechnung<br />
zur Baumaßnahme „Löwenbrücke“<br />
mit einer Restforderung von rund 6 Mio.<br />
Euro ab, die die Stadt Bamberg als „nicht<br />
prüfbar“ zurückgewiesen hat. Würde die<br />
Stadt Bamberg die verlangten Kosten<br />
akzeptieren, würden die geschätzten<br />
Baukosten für die „Löwenbrücke“ von<br />
rund 11 Mio. Euro auf rund 16,5 Mio.<br />
Euro explodieren. Ein Millionenprozess<br />
steht also vor der Tür. Im Kernpunkt der<br />
Rechtsstreitigkeiten stehen offenbar die<br />
Verantwortlichkeiten bezüglich Verzögerung<br />
und millionenteurer Mehrkosten<br />
für Beschleunigungsmaßnahmen.<br />
Um die schon von November 2008 auf<br />
März 2009 verschobene Fertigstellung<br />
der Brücke auf jeden Fall zu erreichen,<br />
war nämlich Eile geboten. Teure Be-<br />
schleunigungsmaßnahmen wurden in<br />
Angriff genommen. <strong>Die</strong> Spektakulärste<br />
war die Einhausung der Brücke mittels<br />
eines Zeltes. Darunter konnte trotz Eis,<br />
Schnee und Frost weitergearbeitet und<br />
die Straßenoberfläche hergestellt werden.<br />
<strong>Die</strong> juristische Auseinandersetzung<br />
wird wohl noch Jahre dauern, bis endlich<br />
feststehen wird, wie teuer die „Löwenbrücke“<br />
die Bamberger Steuerzahler<br />
tatsächlich zu stehen kommen wird.<br />
Tübingen. „Was ist los in der Mühlstraße“?<br />
So lautete der Titel einer Veranstaltung<br />
der Stadt Tübingen im vergangenen<br />
November – und das fragten<br />
sich in den vergangenen Monaten auch<br />
die Tübinger Bürger. Denn die Umgestaltung<br />
der Mühlstraße und die damit<br />
verbundenen Komplikationen sowie<br />
Kostensteigerungen sorgten in Tübingen<br />
für Unmut und Kopfschütteln. <strong>Die</strong><br />
Kosten für die Gesamtmaßnahme belaufen<br />
sich nach Auskunft der Stadt auf<br />
2,374 Mio. Euro. In der Beschlussvorlage<br />
im November 2008 ging man dagegen<br />
noch von 1,444 Mio. Euro aus. Das<br />
Gesamtpaket umfasste unter anderem<br />
einen neuen Fahrbahnbelag sowie einen<br />
neuen Belag für den Bereich für Fußgänger,<br />
Anlieferung und Fahrradfahrer.<br />
Daneben kaufte man noch ein Gebäude<br />
in der Mühlstraße, um das Grundstück<br />
– nach dem Abbruch des Hauses – neu<br />
bebauen zu können. Außerdem musste<br />
eine Stützmauer gesichert werden. Im<br />
Rahmen des Umbaus sollte insbesondere<br />
Brücken und Verkehr<br />
die Situation für Fußgänger und Radfahrer<br />
verbessert werden. Gleichzeitig<br />
sollte aber auch weiterhin der Busverkehr<br />
durch die Mühlstraße abgewickelt<br />
werden. Üblicherweise sollen Straßen<br />
mit Linienverkehr 6,50 Meter breit sein<br />
– in Ausnahmefällen kann die Mindestbreite<br />
auf 6,00 Meter reduziert werden.<br />
Aufgrund eines Messfehlers rückten die<br />
Randsteine zu nahe an die Stützmauer.<br />
Dadurch hätte es zu kritischen Begegnungsfällen<br />
zwischen Bussen kommen<br />
können. Der notwendige Umbau verursachte<br />
Mehrkosten in Höhe von 50.000<br />
Euro – ist aber nach den Ausführungen<br />
der Stadt ein Versicherungsfall. In der<br />
Praxis zeigte sich dann schließlich, dass<br />
die Fahrbahnbreite mit 6,00 Metern<br />
dann doch sehr knapp bemessen ist. Daher<br />
blieb zunächst nichts anderes übrig<br />
als den Bussen die Mitbenutzung des<br />
neuen Radweges zu erlauben. Mit Hilfe<br />
von Markierungsnägeln sollte den Radlern<br />
signalisiert werden, bis wohin mit<br />
Busverkehr auf dem Radweg zu rechnen<br />
ist. <strong>Die</strong>se Lösung wurde jedoch vom Regierungspräsidium<br />
bemängelt, so dass<br />
die Straße für rund 30.000 Euro in einem<br />
Teilbereich im August <strong>2010</strong> wieder verbreitert<br />
wurde. Der Steuerzahler mag es<br />
kaum glauben.<br />
Oberursel/Steinbach. Um die Gleise an<br />
der S-Bahnhaltestelle in Weißkirchen/<br />
Steinbach zu überqueren, wurden vor<br />
langer Zeit zwei Treppenaufgänge und<br />
eine Unterführung gebaut. Wegen er-<br />
23
Brücken und Verkehr<br />
heblicher Schäden mussten die Treppenanlagen<br />
vor drei Jahren gesperrt<br />
werden. <strong>Die</strong> Alternativen waren: Abreißen<br />
oder Sanieren. Betroffene Bürger,<br />
der damalige Bürgermeister von Steinbach<br />
und der Bund der Steuerzahler waren<br />
der Meinung, die Treppenanlagen<br />
sollten nicht saniert, sondern abgerissen<br />
werden, was rund 80.000 Euro gekostet<br />
hätte. Doch zu entscheiden hatte<br />
das Straßen- und Verkehrsamt (ASV)<br />
Frankfurt. Ohne zu hinterfragen, wer<br />
die steilen Aufgänge in der Vergangenheit<br />
überhaupt genutzt hat, wurde entschieden,<br />
die beiden Treppenaufgänge<br />
für 285.000 Euro zu sanieren. Man hielt<br />
es nicht einmal für nötig, sich mit der<br />
Bahn und den zwei beteiligten Kommunen<br />
an einen Tisch zu setzen, um ein<br />
<strong>Die</strong> unsinnige Sanierung dieser Treppenaufgänge<br />
kostete 285.000 Euro.<br />
24<br />
Gesamtkonzept zu entwickeln und beispielsweise<br />
das Problem der fehlenden<br />
Barrierefreiheit anzugehen. Für die Sanierung<br />
sei letztlich ausschlaggebend<br />
gewesen, dass wohl viele Fahrgäste den<br />
Weg durch die Unterführung scheuten,<br />
hieß es. Hätte man vor der Entscheidung<br />
eine Befragung durchgeführt, wäre man<br />
zu einer anderen Einschätzung gekommen.<br />
<strong>Die</strong> Zählung und Befragung, die<br />
der Bund der Steuerzahler nach der<br />
Wiedereröffnung der Treppenaufgänge<br />
durchführte, ist eindeutig. Von den an<br />
einem normalen Werktag gezählten<br />
rund 500 Personen benutzten gerade<br />
mal vier Personen die Treppenaufgänge.<br />
Während die Nutzer der Unterführung<br />
meinten, dass die Treppen viel zu steil<br />
und umständlich seien, gaben die vier<br />
Treppennutzer an, dass sie die Unterführung<br />
nicht kannten bzw. die Treppen<br />
dazu nutzten, sich die Umgebung näher<br />
anzusehen.<br />
Triptis. <strong>Die</strong> B 281 und die Autobahnanschlussstelle<br />
zur A 9 wurden neu gebaut<br />
und im Dezember 2005 übergeben. Der<br />
dreistreifige Ausbau der A 9 und die<br />
vollständige Anbindung der neuen B<br />
281 und B 2 wurden dann im November<br />
2006 fertiggestellt. Doch schon<br />
bald gab es Probleme. <strong>Die</strong> Bauweise<br />
der Bundesstraße B 281 aus Richtung<br />
Gera und die damit zusammenhängende<br />
Beschilderung sorgten für Irritationen<br />
unter den Fahrzeugführern. Es kam zu<br />
gefährlichen Verkehrssituationen. Weil<br />
über der Richtungsfahrbahn der Bundesstraße<br />
neben dem gelben Wegweiser<br />
für diese Bundesstraße ein blauer für die<br />
Autobahn hing, glaubten sich viele Autofahrer<br />
schon auf dem Autobahnzubringer.<br />
So fuhren einige Fahrzeugführer<br />
auf die linke Fahrbahn und gerieten als<br />
Geisterfahrer auf die Gegenfahrbahn.<br />
2007 wurde deshalb die Gefahrenstelle<br />
für 94.000 Euro umgebaut. Der Abbiegestreifen<br />
von der B 281 in Richtung BAB<br />
A 9 Berlin wurde verlängert und die vorhandene<br />
Beschilderung entsprechend<br />
versetzt. Im Schwarzbuch 2007 berichteten<br />
wir über die vorgenommenen<br />
baulichen Veränderungen, welche die<br />
Gefahrenstelle entschärfen sollten.<br />
Nach neuerlichen Untersuchungen für<br />
eine endgültige Lösung wurde nun von<br />
Juli bis September 2009 der zwei Meter<br />
breite Mittelstreifen um rund 440 Meter<br />
verlängert. Dazu mussten die Straße verbreitert,<br />
die Abwasserkanäle umgebaut,<br />
der Amphibiendurchlass verlängert, die<br />
Verwallung verändert sowie Schutz-<br />
und Leiteinrichtungen umgesetzt werden.<br />
<strong>Die</strong> Baukosten für die Verlängerung<br />
der Mitteltrennung beliefen sich<br />
auf insgesamt rund 585.000 Euro, welche<br />
die Steuerzahler berappen müssen.<br />
Auf die Frage, warum dieser Abschnitt<br />
der B 281 nicht von vornherein anders<br />
gestaltet wurde, teilte die Fernstraßenplanungs-<br />
und -bau GmbH DEGES mit,<br />
dass die B 281 richtliniengerecht ge plant<br />
worden sei und die beobachteten Unsicherheiten<br />
im Fahrverhalten nicht ab-<br />
Brücken und Verkehr<br />
Für 585.000 Euro musste der Verlauf der<br />
B 281 nachgebessert werden.<br />
sehbar waren.<br />
Fazit: Wenn hier anhand der Richtlinien<br />
so gebaut wurde, dass für viel Geld Gefahrenpunkte<br />
entschärft werden mussten,<br />
so sollten die Richtlinien so überarbeitet<br />
werden, dass für die nächsten<br />
Bauvorhaben teure Umbauten nicht<br />
mehr notwendig sind.<br />
Kraichgau. Vielen staugeplagten Autofahrern<br />
dürfte sie bekannt sein, die<br />
Tank- und Rastanlage Kraichgau an der<br />
A 6 bei Sinsheim. Ebenso dürfte den<br />
meisten Autofahrern bekannt sein, dass<br />
der Lkw-Verkehr immer mehr zunimmt.<br />
<strong>Die</strong> logische Folge: Es werden mehr<br />
Stellplätze für die Lkw benötigt. So auch<br />
an der Tank- und Rastanlage Kraichgau,<br />
25
Brücken und Verkehr<br />
für deren Umbau und Erweiterung das<br />
Regierungspräsidium Karlsruhe jetzt<br />
grünes Licht gegeben hat. Im Rahmen<br />
der Baumaßnahme sollen zu den bereits<br />
vorhandenen 36 Stellplätzen zusätzliche<br />
252 Stellplätze für Lkw hinzukommen.<br />
Ausnahmslos alle Stellplätze für den<br />
Schwerlastverkehr, egal ob Fahrtrichtung<br />
Ost oder West, sollen mangels geeigneter<br />
Flächen auf der Nordseite - so<br />
die Auskunft des Regierungspräsidiums<br />
- komplett auf der Südseite angesiedelt<br />
werden. Also müssen nach der Erweiterung<br />
der Rastanlage alle Lkw auch<br />
die Südseite der Anlage ansteuern. Das<br />
Bundesministerium für Verkehr, Bau<br />
und Stadtentwicklung, kurz BMVBS<br />
fordert, dass Rastanlagen grundsätzlich<br />
immer eine direkte und separate Anbindung<br />
an die Autobahn erhalten. Nicht<br />
zulässig ist die Anbindung über bestehende<br />
Autobahnanschlüsse. Damit den<br />
Ansprüchen des BMVBS genüge getan<br />
wird, muss die Südseite der Tank- und<br />
Rastanlage mittels eines Überführungsbauwerks,<br />
also einer Brücke, angeschlossen<br />
werden. Kostenpunkt nur für<br />
die Brücke: Rund 2,0 Millionen Euro.<br />
<strong>Die</strong> gesamte Baumaßnahme beläuft<br />
sich auf voraussichtlich 25,8 Millionen<br />
Euro. Wirft man nun als interessierter<br />
Steuerzahler einen Blick auf die Landkarte,<br />
wird man feststellen, dass sich in<br />
rund 250 Meter Entfernung im Osten<br />
der Anlage die nagelneue Autobahnanschlussstelle<br />
Sinsheim Süd befindet.<br />
Sie erschließt die neue Rhein-Neckar-<br />
26<br />
Arena und kann daher auch ein höheres<br />
Verkehraufkommen bewältigen. Doch<br />
damit nicht genug. Rund 80 Meter in<br />
westlicher Richtung von der Rastanlage<br />
entfernt quert die Landesstraße 550 die<br />
Autobahn auch mit einer Brücke. Aber<br />
da das BMVBS – leider, aus Sicht der<br />
Steuerzahler – auf einer direkten Anbindung<br />
besteht, scheiden beide Zufahrtsmöglichkeiten<br />
aus. Denn würde eine der<br />
beiden Möglichkeiten genutzt, müssten<br />
die Verkehrsteilnehmer ja die Autobahn<br />
verlassen, so das BMVBS. Und so können<br />
sich Brückenfreunde demnächst<br />
darauf freuen, drei Brücken in einem<br />
Abstand von rund 700 Metern zu bestaunen.<br />
Baden-Württemberg. In Baden-Württemberg<br />
wurde im vergangenen Frühjahr<br />
unter anderem auch ein Konjunkturprogramm<br />
für die Güterverkehrsstrecken<br />
der nichtbundeseigenen Eisenbahnen<br />
in Baden-Württemberg auf die<br />
Beine gestellt. <strong>Die</strong>ses Paket umfasst ein<br />
Volumen von insgesamt 20 Mio. Euro.<br />
<strong>Die</strong> Mittel für dieses Programm stammen<br />
sowohl aus dem Konjunkturprogramm<br />
II des Bundes als auch aus dem<br />
Investitionsprogramm des Landes.<br />
Ob die Steuergelder immer sinnvoll verwendet<br />
werden, scheint mehr als fraglich<br />
zu sein. So wird unter anderem die<br />
Ablachtalbahn mit fünf Mio. Euro „Anschubfinanzierung“<br />
zur Durchführung<br />
von Erneuerungs- und Instandhaltungsarbeiten<br />
bezuschusst. <strong>Die</strong> Ablachtal-<br />
bahn führte ursprünglich über rund 40<br />
km Länge von Stockach (Kreis Konstanz)<br />
nach Mengen (Kreis Sigmaringen). Der<br />
Personenverkehr wurde allerdings bereits<br />
in den siebziger Jahren des vergangenen<br />
Jahrtausends eingestellt. Danach<br />
nutzte man die Strecke abschnittsweise<br />
noch für den Güterverkehr. Ab<br />
dem Jahr 2002 wurde der Güterverkehr<br />
auf einer Teilstrecke von der Hohenzollerischen<br />
Landesbahn abgewickelt.<br />
Das Eigentum an der Strecke ging im<br />
Jahr 2004 von der DB AG, die die Strecke<br />
stilllegen wollte, auf die neu gegründete<br />
private Ablachtalbahn GmbH<br />
über. Seit 2004 wurden auf dem Streckenabschnitt<br />
Krauchenwies–Mengen<br />
Instandsetzungs- und Unterhaltungsmaßnahmen<br />
durchgeführt. Hierfür gab<br />
es bereits Landeszuschüsse. Nun hat<br />
man im Jahr 2009 damit begonnen, auch<br />
noch den Streckenabschnitt Krauchenwies–Stockach<br />
auf einer Länge von 30<br />
km zu sanieren. Ab <strong>2010</strong> soll die Strecke<br />
Stockach-Mengen wieder durchgängig<br />
befahrbar sein. <strong>Die</strong> Komplettförderung<br />
soll – so das Innenminis terium – auch<br />
vor dem Hintergrund des gewünschten<br />
Wettbewerbs mit der DB AG erfolgen,<br />
da der Bund im Rahmen des Bundeskonjunkturprogramms<br />
ebenfalls erhebliche<br />
Beträge zu 100 Prozent in Bundesschienenwege,<br />
ohne komplementäre<br />
Beteiligung der DB AG, investiert. Das<br />
riecht nach einem Wettrüsten mit Steuergeldern<br />
auf der Schiene. Geplant ist,<br />
auf der Strecke vornehmlich Stahl aus<br />
Brücken und Verkehr<br />
bzw. zu anderen europäischen Ländern<br />
sowie Kies ins benachbarte Ausland zu<br />
transportieren. Eine Nutzung für den<br />
Personenverkehr ist jedoch nicht angedacht.<br />
„Erst die Schiene - dann wird<br />
der Verkehr schon von allein kommen“<br />
lautet offenbar das Motto. Zeitungsberichten<br />
zufolge rechnet man zur Zeit mit<br />
gerade einmal einer Zugfahrt pro Woche<br />
auf dem sanierten Teilstück.<br />
Obersimten. Eine kleine Landesstraße<br />
verbindet fünf Orte und ihre rund 5.000<br />
Einwohner mit der pfälzischen Mittelstadt<br />
Pirmasens. Ein 625 Einwohner<br />
zählendes Dorf an dieser Straße erhielt<br />
nun für 2,8 Mio. Euro eine knapp 1,5<br />
Kilometer lange Ortsumgehung. Der<br />
in Zeiten von Sparhaushalten fragwürdigen<br />
Investition wurde die sprichwörtliche<br />
Krone durch ein überflüssiges<br />
430.000 Euro zahlten die Steuerzahler für<br />
eine unsinnige Brücke.<br />
27
Brücken und Verkehr<br />
Brückenwerk aufgesetzt. Um ein Wegenetz<br />
für die Landwirtschaft zu erhalten,<br />
wurde die Landesstraße mehrere Meter<br />
aufgeschüttet und mit einer Brücke versehen:<br />
Kosten rund 430.000 Euro. Damit<br />
sollten landwirtschaftliche Fahrzeuge<br />
kreuzungsfrei in das Wirtschaftswegenetz<br />
gelangen. Übergangen wurden<br />
dabei die Einwände, es habe seit Jahren<br />
dort keine Landwirtschaft gegeben<br />
und am Anfang und am Ende der 1.450<br />
Meter langen Umgehung seien Zugänge<br />
in die Wirtschaftswege vorhanden. Der<br />
neue Weg unter der Brücke wird indes<br />
hauptsächlich von Spaziergängern mit<br />
Hund genutzt. Ursache dafür ist ein hinter<br />
der Brücke befindliches, ebenfalls<br />
neu errichtetes Regenrückhaltebecken.<br />
Wegen des Beckens führt der Weg in so<br />
enger Kurve unter der Brücke hindurch,<br />
dass er für landwirtschaftliches Gerät<br />
kaum nutzbar ist.<br />
Kisdorf/S-H. Gerade einmal drei Jahre<br />
war der Minikreisverkehr von Kisdorf in<br />
Betrieb, dann wurde er wieder zurückgebaut.<br />
Dabei wollte die Gemeinde ihn<br />
behalten. Wie viele andere Ortschaften<br />
auch, beklagt die Gemeinde Kisdorf<br />
(Kreis Segeberg), dass sich Autofahrer<br />
in der Ortsdurchfahrt nicht an die<br />
Geschwindigkeitsbegrenzung halten.<br />
Abhilfe sollte ein Kreisverkehr schaffen.<br />
Im August 2006 errichtete der Landesbetrieb<br />
Straßenbau und Verkehr auf<br />
Wunsch der Gemeinde im Rahmen einer<br />
anderen Straßenbaumaßnahme einen<br />
28<br />
sogenannten Minikreisel, weil für einen<br />
großen Kreisverkehr mit bepflanzter<br />
Mittelinsel nicht genügend Raum zur<br />
Verfügung stand. Deshalb musste er<br />
so gestaltet werden, dass Lastzüge und<br />
Busse die Mittelinsel überfahren können.<br />
In der Praxis zeigte sich, dass aber auch<br />
viele andere Autofahrer einfach geradeaus<br />
über die Aufpflasterung fuhren, womit<br />
zusätzlicher Lärm verursacht wurde.<br />
Deswegen beschwerten sich rund 60<br />
Einwohner und forderten den Rückbau<br />
des Kreisels. Mehrfach beschäftigte sich<br />
daraufhin die Gemeindevertretung mit<br />
dem Problem und kam zu dem Ergebnis,<br />
dass unter dem Strich der Erhalt<br />
des Kreisverkehrs die bessere Lösung<br />
ist. <strong>Die</strong> Minderheit der unmittelbar<br />
Betroffenen wandte sich dann an den<br />
Petitionsausschuss des Schleswig-Holsteinischen<br />
Landtags. Nach Anhörung<br />
von Verkehrsaufsicht, Polizei und Straßenbauverwaltung<br />
empfahl dieser den<br />
Rückbau als einzige Lösungsmöglichkeit.<br />
Der Landesbetrieb Straßenbau und<br />
Verkehr als Baulastträger sah sich an die<br />
Empfehlung des Ausschusses gebunden<br />
und verfügte trotz Protesten des Bürgermeisters<br />
den Rückbau. Dabei spielte<br />
auch keine Rolle, dass dieser mit rund<br />
24.000 Euro fast fünfmal so teuer war<br />
wie die ursprüngliche Herstellung. <strong>Die</strong><br />
Lehre aus der Geschichte: Wenn man<br />
Minderheiten vor der Mehrheit schützen<br />
will, wird es für den Steuerzahler<br />
oft teuer.<br />
Finnentrops Lennebrücke ist bis 2012 eine temporäre So-Da-Brücke.<br />
Finnentrop. Seit drei Jahrzehnten wird<br />
die Beseitigung des Bahnübergangs in<br />
Finnentrop, der täglich lange Staus verursacht,<br />
geplant und geprüft, verworfen<br />
und wieder neu geplant. Es handelt<br />
sich um ein Gemeinschaftsprojekt von<br />
Bund, Land und Bahn. Dass es mit Bund,<br />
Land und Bahn, die sich die Kosten zu je<br />
einem Drittel teilen, gleich drei Beteiligte<br />
gibt, macht die Sache nicht einfacher.<br />
Im Dezember 1979 stellte das Landesstraßenbauamt<br />
erstmals verschiedene<br />
Varianten vor, um den Bahnübergang<br />
zu beseitigen. Zuerst gab es Proteste von<br />
einer Bürgerinitiative, dann wurden die<br />
Planungen eingestellt. Nachdem das Gesetz<br />
zur Prüfung der Umweltverträglichkeit<br />
(UVP) erlassen worden war, musste<br />
wieder neu geprüft und geplant werden.<br />
Anfang 1990 brachte die Gemeinde<br />
schließlich selbst eine neue Variante ins<br />
Spiel: Mit einer neuen Brücke über die<br />
Lenne und einer weiteren Brücke über<br />
die Gleise. Im Mai 2004 wurde das Planfeststellungsverfahren<br />
rechtskräftig.<br />
Anschließend brauchten Bund, Land<br />
und Deutsche Bahn weitere vier Jahre,<br />
um eine neue Eisenbahnkreuzungsvereinbarung<br />
zu treffen. Im März 2008<br />
Brücken und Verkehr<br />
war es endlich soweit: Feierlich wurde<br />
der erste Spatenstich für die neue Lennebrücke<br />
gesetzt. Ende <strong>2010</strong> sollte der<br />
Bahnübergang beseitigt werden. Doch<br />
die Finnentroper haben zu früh gefeiert:<br />
<strong>Die</strong> neue Lennebrücke ragt sinnlos ins<br />
Leere, weil die Oberleitungen der Bahn<br />
den Weiterbau behindern. Um die Oberleitungen<br />
zu verlegen, muss der Bahnhof<br />
sechs Wochen gesperrt werden. Das<br />
war für die Sommerferien <strong>2010</strong> geplant.<br />
Weil die Bahn aber zu viele Baustellen<br />
und zu wenige Umleitungsmöglichkeiten<br />
hat, würde der bereits national und international<br />
abgestimmte Eisenbahnverkehr<br />
nicht mehr funktionieren. Denn die<br />
Bahn hatte vergessen, ihre Pläne rechtzeitig<br />
mit ihren Verkehrsunternehmen<br />
abzustimmen. Also werden die Oberleitungen<br />
erst 2012 verlegt. Das hatte die<br />
Straßenbaubehörde allerdings nicht mitbekommen<br />
und schon mal mit dem Bau<br />
der neuen Lennebrücke begonnen. Jetzt<br />
ist die Brücke fast fertig – aber eben nur<br />
fast, weil die restlichen Bauarbeiten erst<br />
beendet werden können, wenn die Oberleitungen<br />
verlegt worden sind. Bis in vier<br />
Jahren alles endgültig fertig ist, wird hier<br />
kein Auto fahren. Für die Unterhaltung<br />
29
Brücken und Verkehr<br />
der 2,65 Mio. Euro teuren Brücke muss<br />
aber jetzt schon jährlich Geld eingeplant<br />
werden. Zusätzlich laufen die Kosten für<br />
das Gesamtprojekt aus dem Ruder: <strong>Die</strong><br />
Gleisarbeiten werden teurer als erwartet.<br />
Statt 17,4 Mio. Euro wird die Stilllegung<br />
des Bahnübergangs voraussichtlich<br />
23,6 Mio. Euro kosten.<br />
Helsa/Hessisch Lichtenau. Dass die A 44<br />
die teuerste Autobahn der Bundesrepublik<br />
wird, hat viele Gründe. So wurde<br />
bereits vor zehn Jahren im Schwarzbuch<br />
berichtet, dass wegen einer fragwürdigen<br />
Spitzkehre unnötige Mehrkosten<br />
von über 70 Mio. Euro anfallen. Jetzt sollen<br />
wegen einer europäischen Umwelt-<br />
(FFH)Richtlinie für den Schutz einiger<br />
Kammmolche knapp 50 Mio. Euro zusätzlich<br />
ausgegeben werden. Zwar waren<br />
zwischen Helsa und Hessisch Lichtenau<br />
zur Minimierung der Zerschneidungswirkung<br />
von natürlichen Lebensräumen<br />
von verschiedenen Tierarten in der Planung<br />
schon zwei getrennte Tunnelbauwerke<br />
vorgesehen. <strong>Die</strong> Zerschneidungswirkung<br />
hätte hierdurch soweit reduziert<br />
werden können, dass die Lebensräume<br />
nördlich der A 44 weiterhin zu 90 Prozent<br />
nutzbar geblieben wären. Zudem<br />
sollte der südliche Lebensraum, welcher<br />
durch die B 7 abgetrennt ist, durch den<br />
Einbau von Durchlässen in der Bundesstraße<br />
wieder nutzbar gemacht werden.<br />
Hierfür waren Verbesserungen des neu<br />
zugänglichen Lebensraumes durch umfangreiche<br />
Waldumbaumaßnahmen vor<br />
30<br />
Eintritt des Eingriffs vorgesehen. Selbst<br />
die FFH-Verträglichkeitsprüfung konnte<br />
keine erheblichen Beeinträchtigungen<br />
feststellen. Aber das Bundesverkehrsministerium<br />
äußerte gegenüber der Planung<br />
dennoch erhebliche Bedenken, insbesondere<br />
hinsichtlich der Vermeidungsstrategie<br />
des Lebensraumverlustes bedrohter<br />
Tiere. Es empfahl einen durchgehenden<br />
Autobahntunnel. <strong>Die</strong> Mehrkosten für die<br />
FFH-begründete Tunnelverlängerung ergeben<br />
sich aus dem Vergleich der Kostenberechnungen<br />
zu den beiden erstellten<br />
Entwürfen. Im ersten Entwurf mit zwei<br />
getrennten Tunnelbauwerken ging man<br />
noch von Baukosten in Höhe von 180,3<br />
Mio. Euro aus. Durch die Verbindung der<br />
beiden Tunnel erhöhten sich die Kos ten<br />
im zweiten Entwurf bereits auf 229,1<br />
Mio. Euro. Aktuell wird auf Grundlage<br />
genauerer Kostenberechnungen zum 4,1<br />
Kilometer langen Tunnel mit Baukosten<br />
in Höhe von 241,8 Mio. Euro gerechnet.<br />
<strong>Die</strong> Kostensteigerung gegenüber dem<br />
ursprünglichen Entwurf beträgt damit<br />
34 Prozent, wovon nach Auskunft des<br />
Hessischen Verkehrsministeriums 48,8<br />
Mio. Euro (27 Prozent) unmittelbar FFHbedingt<br />
sind. Hinzu kommt eine zeitliche<br />
Verzögerung des Projekts um rund sechs<br />
Jahre. Fazit: Umgerechnet werden für<br />
jeden der geschätzten betroffenen 500<br />
Molche der Gattung Triturus cristatus<br />
– einer in Deutschland nicht bedrohten<br />
Tierart – 97.600 Euro ausgegeben. Umweltschutz<br />
ja, aber bitte mit Verstand und<br />
nicht um jeden Preis.<br />
Bürokratie<br />
Amtsschimmel und die Folgen für die Steuerzahler<br />
Bund. Laufen, werfen, springen – so<br />
sehen jährlich aufs Neue die Bundesjugendspiele<br />
aus, an denen zigtausende<br />
Schülerinnen und Schüler im gesamten<br />
Bundesgebiet zum Schwitzen antreten.<br />
Besonders gute Sportasse werden traditionell<br />
mit einer vom Bundespräsidenten<br />
unterschriebenen Ehrenurkunde bedacht.<br />
Doch dieses Jahr kam es anders.<br />
Der unerwartete Rücktritt von Bundespräsident<br />
Horst Köhler im Mai hinterließ<br />
bei vielen Jugendlichen nicht aus politischen,<br />
aber aus persönlichen Gründen<br />
einen bitteren Beigeschmack. <strong>Die</strong> Politik<br />
entschied, die bisher mit der Köhlerschen<br />
Unterschrift versehenen und versandten<br />
Ehrenurkunden seien disqualifiziert und<br />
damit Makulatur. Doch anstatt im Hinblick<br />
auf die klammen <strong>öffentliche</strong>n Kassen<br />
schiedsrichterliche Milde walten zu<br />
lassen, ertönte der Startschuss, dass alle<br />
bundespräsidialen Ehrenurkunden mit<br />
der Unterschrift des neu zu wählenden<br />
Präsidenten zu versehen sind. Bleibt<br />
die Frage, ob der Steuerzahler diese<br />
Entscheidung sportlich nehmen sollte.<br />
Immerhin kostet der Neudruck der Ehrenurkunden<br />
mit der Unterschrift von<br />
Bundespräsident Wulff die Steuerzahler<br />
106.000 Euro.<br />
Wittenberg. Eine Lücke in der Förderbürokratie<br />
des Öffentlichen Personen-<br />
Nahverkehrs (ÖPNV) im Landkreis Wittenberg<br />
wird einigen Unternehmern zum<br />
Verhängnis und kostet die Steuerzahler<br />
richtig Geld.<br />
Bürokratie<br />
Wie das, wird man sich fragen? <strong>Die</strong><br />
Antwort ist eine lange Geschichte. Sie<br />
reicht zum Teil bis ins Jahr 1994 zurück<br />
und eskalierte 2007. Da förderte das Land<br />
Sachsen-Anhalt auf der Grundlage des<br />
Gemeindefinanzierungsgesetzes die Beschaffung<br />
von Fahrzeugen für den ÖPNV<br />
und auch den Bau und die Modernisierung<br />
von Omnibusbetriebshöfen. <strong>Die</strong><br />
Förderung war an bestimmte Zweckbindungsfristen<br />
gebunden. Bei Omnibusbetriebshöfen<br />
betrug diese z. B. 20, bei<br />
Bussen acht Jahre. <strong>Die</strong> privaten Busunternehmer<br />
hatten natürlich auch einen<br />
Eigenanteil aufzubringen. <strong>Die</strong>s wurde im<br />
Landkreis bis in das Jahr 2006 so praktiziert.<br />
Fördermittel flossen in Millionenhöhe,<br />
mindestens alles in allem rund<br />
sieben Mio. Euro. Noch 2005 und 2006<br />
förderte das Landesverwaltungsamt die<br />
Anschaffung von sechs umweltfreundlichen<br />
Erdgasbussen. <strong>Die</strong> Zuwendungsbescheide<br />
enthielten keine Regelungen<br />
darüber, wie mit den Fördermitteln zu<br />
verfahren ist, wenn die geförderten Unternehmer<br />
keine Genehmigung mehr für<br />
den Linienverkehr erhalten. Eine solche<br />
Genehmigung vergibt der Landkreis,<br />
nicht das Land. Der Landkreis änderte<br />
2006 seine Ausschreibungsbedingungen,<br />
und tatsächlich wurde der ÖPNV an<br />
ein anderes privates Busunternehmen<br />
übertragen. Nun standen z. B. in einem<br />
Busunternehmen 20 moderne, mit Steuergeldern<br />
geförderte Busse auf dem<br />
ebenfalls geförderten Busbetriebshof<br />
nutzlos herum. <strong>Die</strong> Bürokratiefalle hatte<br />
31
Bürokratie<br />
Der Gesetzgeber versäumte es trotz Aufforderung der Deutschen Rentenversicherung,<br />
die Versendung einer informationslosen Rentenmitteilung zu verhindern.<br />
zugeschnappt. In den Zuwendungsbescheiden<br />
waren weder Rückfallklauseln,<br />
Wertausgleich oder auch Übertragung<br />
der Busse auf den neuen Betreiber des Linienverkehrs<br />
enthalten, noch Regelungen<br />
über die Nachnutzung des geförderten<br />
Busbetriebshofs. Objektiv kann der Unternehmer<br />
die Förderbedingungen nun<br />
nicht mehr erfüllen. Er steht am Rande<br />
des Ruins. Dafür wurde das Busunternehmen<br />
gefördert, das jetzt mit dem<br />
ÖPNV beauftragt ist.Wie sich später bei<br />
Überprüfung durch den Landesrechnungshof<br />
herausstellte, brachten Neuausschreibung<br />
und Neuvergabe keine<br />
Einsparungen. Vielmehr entstanden dem<br />
Landkreis im Bereich der Schülerbeförderung<br />
in nur zwei Jahren eine Million<br />
Euro Mehrkosten. Doch das half dem<br />
Ausschreibungsverlierer nicht wirklich<br />
weiter. Das Landesverwaltungsamt forderte<br />
2009 wegen „Nichteinhaltung der<br />
Zweckbindungsfristen“ die Fördermittel<br />
zurück und begründete in einem Schreiben<br />
an ein Busunternehmen seine Rückforderung<br />
aus Fördermittelvergaben der<br />
Jahre 1994 bis 2005 u. a. mit dem Vermerk,<br />
dass „private Interessen zum Erhalt<br />
des Betriebs hinter dem <strong>öffentliche</strong>n Interesse<br />
an der Einhaltung des Grundsatzes<br />
der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung<br />
<strong>öffentliche</strong>r Mittel zurückstehen“<br />
müssen. Fragt sich, wo eigentlich<br />
32<br />
die sparsame Verwendung stattfindet?<br />
Eher muss man doch von bürokratisch<br />
geförderter <strong>Verschwendung</strong> sprechen!<br />
Bund. Schon frühzeitig wussten die<br />
Rentner, dass es in diesem Jahr keine<br />
Erhöhung der gesetzlichen Rente geben<br />
wird. Umso überraschter waren sie, als<br />
ihnen dies noch schwarz auf weiß von<br />
der Deutschen Rentenversicherung per<br />
Brief mitgeteilt wurde. In der jährlichen<br />
Rentenanpassungsmitteilung wurden sie<br />
auf mehreren Seiten darüber informiert,<br />
dass sich in diesem Jahr an ihrer Rentenhöhe<br />
nichts ändert. Informationsgehalt<br />
null, Unmut groß. Für den flächendeckenden<br />
Versand der Rentenanpassungsmitteilungen<br />
entstanden inkl. des<br />
Drucks Ausgaben von 9 Mio. Euro. Hinzu<br />
kommen nicht bezifferbare Arbeitskosten<br />
für die betroffenen Mitarbeiter der Deutschen<br />
Rentenversicherung. Zwar ist die<br />
Deutsche Rentenversicherung rechtlich<br />
verpflichtet, solche Rentenanpassungsmitteilungen<br />
zu verschicken. Allerdings<br />
wären diese Ausgaben vermeidbar gewesen,<br />
zumal sogar die Deutsche Rentenversicherung<br />
im Vorfeld des Versands<br />
bei der Bundesregierung um Aussetzung<br />
der Verpflichtung bat, als klar war, dass<br />
es zu keiner Änderung an der Rentenhöhe<br />
kommt.<br />
Finanzmärkte<br />
Mit Steuergeldern erst spekulieren, dann regulieren<br />
München. Bereits in seinem Schwarzbuch<br />
2009 hatte der Bund der Steuerzahler<br />
die leichtsinnige Anlagepolitik<br />
der Bayerischen Landesbank (BayernLB)<br />
sowohl mit verbrieften „Ramsch-Hypotheken“<br />
auf dem amerikanischen Immobilienmarkt,<br />
als auch mit hoch spekulativen<br />
Wertpapieren, sog. Asset Backed<br />
Securities (ABS) gerügt. Der Freistaat<br />
Bayern musste sich mit 10 Mrd. Euro tief<br />
verschulden, um seine Landesbank vor<br />
der Pleite zu retten. <strong>Die</strong> Verschuldung<br />
Bayerns stieg damit in einem Jahr um<br />
fast 50 Prozent. Doch dem nicht genug.<br />
Mit dem hastigen Erwerb der maroden<br />
österreichischen Bank Hypo Group Alpe<br />
Adria (HGAA) für 1,6 Mrd. Euro kam zu<br />
den „Schrottpapieren“ auch noch eine<br />
ganze „Schrottbank“ dazu, machte doch<br />
die HGAA mit falschen Sicherheits- und<br />
Bonitätsdarstellungen von sich reden.<br />
Mit der HGAA wollte man die vielbeschworenen<br />
Wachstumschancen in<br />
Osteuropa nicht verpassen. Doch der<br />
vorschnelle und überteuerte Erwerb der<br />
HGAA erwies sich als katastrophaler<br />
Fehlkauf, hat sich doch die BayernLB<br />
kaum gegen nachträglich auftretende<br />
Probleme und Altlasten der HGAA abgesichert.<br />
<strong>Die</strong> millionenschwere Fehlinvestition<br />
in die HGAA, deren Erhalt<br />
und letztlich die Abtretung der Anteile<br />
der BayernLB an der maroden Kärntner<br />
Skandalbank an die Republik Österreich<br />
für einen symbolischen Euro, haben die<br />
bayerischen Steuerzahler rd. 3,7 Mrd.<br />
Euro gekostet, die am Ende in den Sand<br />
Finanzmärkte<br />
gesetzt waren. Dabei kommt es einem<br />
Schlag ins Gesicht aller Steuerzahler<br />
gleich, wenn Verantwortliche den Erwerb<br />
der österreichischen Pleite-Bank<br />
im Nachhinein eiskalt als einen bedauerlichen<br />
Fehler abtun. Ob der Kauf der<br />
HGAA noch verfassungskonform war,<br />
wird sich herausstellen. Jedenfalls wird<br />
geprüft, ob insoweit der Bayerische<br />
Verfassungsgerichtshof eingeschaltet<br />
wird.<br />
Vor diesem Hintergrund sind millionenschwere<br />
Ausgaben der BayernLB für<br />
Investitionen in die Hotellerie (Luxushotel<br />
InterContinental auf dem Obersalzberg,<br />
Schlosshotel am Wörther See<br />
in Velden/Kärnten) und für das dubiose<br />
5 Mio. Euro teure Sponsoring eines<br />
neuen Fußballstadions in Klagenfurt nur<br />
„Peanuts“. Fast wie eine Ausgabe von<br />
Groschen gleichsam aus der Portokasse<br />
erscheint es, als die BayernLB als Sponsor<br />
bei der Verleihung des Deutschen<br />
Entertainment Preises „Diva“ 20.000<br />
Euro springen ließ. <strong>Die</strong>se finanziellen<br />
Engagements zeigen, wie selbstherrlich<br />
die Manager der BayernLB ihren <strong>öffentliche</strong>n<br />
Auftrag verstehen und wie maßlos<br />
mit dem Geld umgegangen wird.<br />
<strong>Die</strong> zuständige Staatsanwaltschaft stellt<br />
in der Affäre um das Milliardendesaster<br />
der BayernLB infolge des HGAA-Abenteuers<br />
strafrechtliche Ermittlungen gegen<br />
die Verantwortlichen an, und zwar<br />
offenbar wegen des Verdachts, wissentlich<br />
einen überhöhten Preis gezahlt und<br />
so Millionen Euro veruntreut zu haben.<br />
33
Finanzmärkte<br />
Dabei drohte das Fiasko des risikobehafteten<br />
Geschäftsgebarens der BayernLB<br />
um die „Schrottpapiere“ – immerhin<br />
geschätzte Verluste von bis zu rund 20<br />
Mrd. – aus dem Blickfeld zu verschwinden.<br />
Bereits am 2.12.2008 hatte der Bund<br />
der Steuerzahler Strafanzeige gegen die<br />
früheren und damals gegenwärtigen<br />
Vorstandsmitglieder der Bayerischen<br />
Landesbank wegen Verdachts der Untreue,<br />
des Betrugs und des Verstoßes gegen<br />
das Kreditwesengesetz bei der zuständigen<br />
Staatsanwaltschaft erstattet.<br />
Nach nunmehr fast zwei Jahren kommt<br />
endlich Bewegung in die Sache. Es wird<br />
strafrechtlich ermittelt, und zwar wegen<br />
des Verdachts, dass „in der Bayerischen<br />
Landesbank im Zeitraum von<br />
2005 bis 2007 bewusst und systematisch<br />
in einer Vielzahl von Fällen die bankinternen<br />
Richtlinien zur Risikosteuerung<br />
im Geschäft mit strukturierten Wertpapieren<br />
verletzt und hierbei eingetretene<br />
Verluste zumindest billigend in Kauf<br />
genommen wurden“. <strong>Die</strong> bayerischen<br />
Bürger und Steuerzahler, denen die Risiken<br />
bei den hoch spekulativen Wertpapieren<br />
und US-Anleihen lange Zeit<br />
vorenthalten wurden, die aber letztlich<br />
die milliardenschwere Zeche der Finanzjongleure<br />
zu bezahlen haben, erwarten<br />
mit großer Aufmerksamkeit das Ermittlungsergebnis<br />
um den Finanzskandal<br />
der BayernLB.<br />
Gespannt dürfen sie auch sein, zu welchem<br />
Ergebnis die juristische Prüfung<br />
von haftungsrelevanten Tatbeständen,<br />
34<br />
also von zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen<br />
gegenüber Vorstand<br />
und Verwaltungsrat der BayernLB kommen<br />
wird, mit der renommierte Rechtsanwaltskanzleien<br />
beauftragt wurden.<br />
Alle haben den gleichen Sachverhalt<br />
zu beurteilen, nämlich ob Vorstände<br />
und Verwaltungsräte der Bayerischen<br />
Landesbank zu leichtfertig bei den Geschäften<br />
mit „Ramsch-Hypotheken“ und<br />
„Schrottpapieren“ agierten und ihre<br />
Bank dadurch fast in den Ruin getrieben<br />
haben. Doch auch diese Gutachten<br />
kos ten die Steuerzahler Geld. Was aber,<br />
wenn die juristischen Untersuchungen<br />
zu unterschiedlichen Erkenntnissen<br />
kommen? Wem wird im Zweifelsfall<br />
geglaubt? Braucht man dann eventuell<br />
gar noch mehr teure Gutachten? Darauf,<br />
dass etwaige Schadensersatzansprüche<br />
zu allem Überfluss nicht auch noch verjähren,<br />
wird der Bund der Steuerzahler<br />
sein besonderes Augenmerk richten.<br />
Erwartungsvoll wird auch einer weiteren<br />
juristischen Prüfung entgegengesehen.<br />
So lässt die Bayerische Staatsregierung<br />
mitsamt ihrer Landesbank eine Schadensersatzklage<br />
gegen die Verkäufer<br />
der HGAA, darunter das österreichische<br />
Bundesland Kärnten prüfen. Dabei geht<br />
es um den Verdacht, dass Kärnten und<br />
andere frühere Inhaber der dort ansässigen<br />
HGAA den maroden Zustand<br />
ihres Kreditinstituts und dessen Risiken<br />
beim Verkauf ihrer kaputten Bank an die<br />
BayernLB bewusst verschleiert haben<br />
könnten, um einen höheren Kaufpreis zu<br />
erreichen. Zweifelhaft ist jedoch, ob sich<br />
derartige Ansprüche auf Schadensersatz<br />
realisieren lassen, da die BayernLB<br />
mit ihrem Vertragspartner offenbar verbindlich<br />
vereinbart habe, eventuelle Gewährleistungsansprüche<br />
innerhalb von<br />
zwei Jahren ab Vollzug des Kaufs (2007)<br />
gerichtlich geltend zu machen. <strong>Die</strong>se<br />
Frist ist aber längst abgelaufen.<br />
Dabei wird es höchste Zeit, die Verantwortlichen,<br />
die den bayerischen Steuerzahlern<br />
das Milliardendesaster eingebrockt<br />
haben, mit aller Härte in die<br />
Pflicht zu nehmen! Eine Rückzahlung<br />
der 10 Mrd. Euro Staatsschulden, auf die<br />
die Steuerzahler hoffen, ist aber noch<br />
lange nicht in Sicht.<br />
<strong>Die</strong> BayernLB ist für die Steuerzahler ein<br />
gigantisches Milliardengrab!<br />
Finanzmärkte<br />
Pforzheim. Das war ein teures Ende mit<br />
Schrecken in der badischen Stadt Pforzheim.<br />
Allzu eifrig hatte die Stadt in der<br />
Vergangenheit zahlreiche hochspekulative<br />
Derivatgeschäfte abgeschlossen.<br />
<strong>Die</strong> Geschäfte, welche eigentlich einer<br />
Zinsoptimierung bei bestehenden Krediten<br />
dienen sollten, endeten in einem<br />
Desaster. Im Sommer <strong>2010</strong> wurde mit<br />
der Bank ein „Vertrag über die vorzeitige<br />
Beendigung von Zinssatz-Swap-<br />
Geschäften durch Ausgleichszahlung“<br />
geschlossen. Der Ausstieg war für die<br />
Stadt mit einem Verlust von über 57 Mio.<br />
Euro verbunden. <strong>Die</strong> Steuerzahler müssen<br />
nun für diese millionenschweren<br />
Spekulationsverluste geradestehen.<br />
Leipzig. Leipzigs riskante Finanzwetten<br />
drohen eine nach der anderen zu platzen.<br />
Ein Großteil des Anlagevermögens der<br />
kommunalen Wasserwerke gehört amerikanischen<br />
Banken. Mit Cross-Border-<br />
Leasing-Geschäften im Wert von rund<br />
850 Mio. Euro sollen die Wasserwerke<br />
rund 25,4 Mio. Euro Gewinn realisiert<br />
haben. Wie sich in den letzten Wochen<br />
herausstellte, sollen die früheren Chefs<br />
der Kommunalen Wasserwerke Leipzig<br />
(KWL) in London geheime Finanzwetten<br />
getätigt haben, die das Unternehmen<br />
und die Stadt zwischen 255 und 284 Mio.<br />
Euro kosten dürften.<br />
In den Jahren 2006 und 2007 wurden von<br />
der ehemaligen KWL-Geschäftsführung,<br />
welche inzwischen Anfang <strong>2010</strong> fristlos<br />
entlassen wurde, neben Kreditsiche-<br />
35
Finanzmärkte<br />
rungsgeschäften (CDS) auch vier sogenannte<br />
Collateralized Debt Obligations<br />
mit Banken geschlossen (CDOs). Mit den<br />
CDO-Geschäften übernahm die KWL<br />
gegenüber der UBS und verschiedenen<br />
Banken das Ausfallrisiko für Kreditportfolios<br />
in Höhe von ca. 290 Mio. Euro.<br />
Der Sicherungsgeber (KWL) gewährt<br />
dabei dem Sicherungsnehmer (Bank)<br />
für den Fall des Eintritts bestimmter<br />
Kreditereignisse in einem CDO-Portfolio<br />
unter bestimmten Bedingungen<br />
eine Ausgleichszahlung. Zwei Banken<br />
haben erste Zahlungsforderungen bei<br />
der KWL im März geltend gemacht. Der<br />
Aufsichtsrat der KWL beschloss, gerichtlich<br />
feststellen zu lassen, dass die<br />
CDO-Finanztransaktionen unwirksam<br />
sind. <strong>Die</strong> juristische Analyse der hierzu<br />
vorliegenden Verträge hat ergeben, dass<br />
die Verträge unter Federführung der<br />
UBS ohne Zustimmung der zuständigen<br />
Gremien abgeschlossen wurden.<br />
<strong>Die</strong> ehemaligen Geschäftsführer des<br />
Wasserversorgers haben mit den hoch<br />
spekulativen Finanzwetten ihre Befugnisse<br />
deutlich überschritten. Den Banken<br />
sei dieses Problem bewusst gewesen.<br />
<strong>Die</strong> Klage wurde beim Landgericht<br />
Leipzig eingereicht. <strong>Die</strong> Stadt Leipzig<br />
unterstützt die Klage der Kommunalen<br />
Wasserwerke Leipzig GmbH (KWL) gegen<br />
die Banken UBS, LBBW und DEPFA.<br />
Mit den Stimmen aller Fraktionen wurde<br />
Oberbürgermeister Burkhard Jung beauftragt,<br />
gemeinsam mit der LVV und<br />
den KWL alle notwendigen Schritte ein-<br />
36<br />
zuleiten, um im Rahmen des rechtlich<br />
Gebotenen und wirtschaftlich Vertretbaren<br />
die Forderungen der Banken aus<br />
den CDO-Transaktionen abzuwehren.<br />
<strong>Die</strong> Ratsversammlung sprach sich auf<br />
ihrer Sondersitzung am 16. März <strong>2010</strong><br />
gegen die Zahlungen an die Banken aus,<br />
da aus Sicht der Stadt Leipzig die Vertragsgrundlagen<br />
nichtig sind.<br />
Mintraching. Einen bösartigen Reinfall<br />
erlebte der Zweckverband zur Abwasserbeseitigung<br />
im Pfattertal (AZV). So<br />
hat das dem AZV angegliederte Kommunalunternehmen<br />
„Verwaltungs- und<br />
Beteiligungsgesellschaft des Zweckverbands<br />
zur Abwasserbeseitigung im Pfattertal“<br />
(VBA) äußerst riskante finanzielle<br />
Transaktionen getätigt. <strong>Die</strong> VBA nahm<br />
Kredite in Höhe von rund 25,6 Mio. Euro<br />
auf. Sie investierte davon rund 23 Mio.<br />
Euro in einen eigens von einem beauftragten<br />
Bankinstitut aufgelegten „VBA-<br />
Cofonds“. Man wollte gleichsam mit<br />
gepumptem Geld Gewinne machen. Da<br />
dieser Fonds nicht die ersehnte Rendite<br />
brachte, wurden Fondsanteile von rund<br />
5 Mio. Euro verkauft, um diesen Betrag<br />
wiederum in hochspekulativen Wertpapieren<br />
anzulegen. Zusammen mit anderen<br />
äußerst risikoreichen Finanzderivatgeschäften<br />
wurden dabei über einen<br />
Zeitraum von rund zehn Jahren insgesamt<br />
ca. 7 Mio. Euro verzockt und in den<br />
Sand gesetzt. Zentrale verantwortliche<br />
Figur des Finanzskandals ist der ehemalige<br />
Vorsitzende des Zweckverbands<br />
Joachim S., gegen den mittlerweile ein<br />
strafrechtliches Ermittlungsverfahren<br />
wegen Verdachts der Untreue eingeleitet<br />
wurde. Auch dienstrechtliche Konsequenzen<br />
wurden getroffen.<br />
Als der Vorgang bekannt wurde, war es<br />
das Landratsamt Regensburg als zuständige<br />
Rechtsaufsichtsbehörde, das auf<br />
die „tickenden Zeitbomben“ umgehend<br />
reagiert und mit der Beauftragung des<br />
Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands<br />
eine lückenlose Aufklärung des<br />
gesamten skandalösen Finanzgebarens<br />
eingeleitet und schließlich auch erreicht<br />
hat. Der Bayerische Kommunale Prüfungsverband<br />
fällte ein vernichtendes<br />
Urteil. Er stellte u. a. fest, dass „das Modell<br />
einer kreditfinanzierten Fondsanlage<br />
von Anfang an wirtschaftlich fragwürdig“<br />
und „der Ankauf von spekulativen<br />
Wertpapieren kommunalrechtlich<br />
unzulässig war“. Außerdem wurden Informations-<br />
und Kontrollpflichten gröb-<br />
Finanzmärkte<br />
Insgesamt rund 7 Mio. Euro verzockte die Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft<br />
des Zweckverbands zur Abwasserbeseitigung im Pfattertal.<br />
lich vernachlässigt.<br />
Letztlich Leidtragende des ganzen Desasters<br />
sind die fünf oberpfälzischen<br />
Mitgliedsgemeinden des AZV, Obertraubling,<br />
Thalmassing, Mintraching,<br />
Köfering und Alteglofsheim sowie deren<br />
Bürger. Zu hoffen bleibt, dass infolge<br />
der Millionenverluste die an den<br />
AZV von den Mitgliedsgemeinden zu<br />
zahlenden Umlagen nicht auch noch ins<br />
Unermessliche steigen.<br />
37
Teure Fehler<br />
Teure Fehler<br />
Dumm gelaufen oder nicht zu Ende gedacht?<br />
Leinfelden-Echterdingen. Bereits im Winter<br />
<strong>2010</strong> machte der Bau eines Ziegenstalls<br />
in Leinfelden-Echterdingen (Kreis<br />
Esslingen) den Bund der Steuerzahler<br />
Baden-Württemberg hellhörig. Satte<br />
118.000 Euro sollten die Steuerzahler<br />
für den Neubau aufbringen. Inzwischen<br />
wurde der benötigte Betrag auf<br />
100.000 Euro korrigiert. <strong>Die</strong> Rechnung<br />
mussten übrigens alle Steuerzahler im<br />
Land tragen, da auch Mittel aus der naturschutzrechtlichen<br />
Ausgleichsabgabe<br />
in den Bau flossen. <strong>Die</strong> Stadt war Bauherr<br />
und errichtete das Stallgebäude<br />
für Ziegen, welche zur Beweidung eines<br />
Naturschutzgebietes eingesetzt werden<br />
sollten. Allerdings war vorgesehen, dass<br />
der neue Stall nur als Winterquartier genutzt<br />
wird. In der übrigen Zeit sollte das<br />
Gebäude als Lagerraum und zur Nutzung<br />
durch den Pächter dienen. Nicht<br />
konkret beantwortet wurde die Frage, ob<br />
der Bau eines Stallgebäudes nicht auch<br />
günstiger möglich gewesen wäre. Dazu<br />
wurde lediglich auf die Anforderungen<br />
und Auflagen des Landwirtschaftsamtes<br />
verwiesen, damit eine artgerechte Unterbringung<br />
der Tiere gewährleistet sei.<br />
Zudem führte die Stadt aus, man sei bemüht,<br />
das Gebäude möglichst gut in die<br />
Landschaft zu integrieren. Später wurde<br />
allerdings vermeldet, dass der Pächter<br />
offenbar gar keinen Stall benötigt, da er<br />
über einen eigenen verfügt. Der Ziegenstall<br />
drohte demnach leer zu stehen und<br />
war auf dem besten Weg, zu einem „So-<br />
Da-Ziegenstall“ zu werden, der einfach<br />
38<br />
so da steht. Kurz vor Redaktionsschluss<br />
wurde nun aber anscheinend doch noch<br />
eine Ziegenherde aus dem Hut gezaubert,<br />
die den Stall bevölkern soll. Allerdings<br />
werden nun noch Strom- und<br />
Wasseranschlüsse benötigt, so dass mit<br />
weiteren Kosten zu rechnen ist. Fazit:<br />
Der Steuerzahler schüttelt den Kopf und<br />
ärgert sich.<br />
Goslar. Aus der tristen Talstraße soll<br />
eine ansehnliche Baumallee werden –<br />
so sieht es die Planung der Stadt Goslar<br />
hinsichtlich der Umgestaltung der Ortsmitte<br />
Oker vor. Fünf Pavillons stehen der<br />
Realisierung dieses Vorhabens im Wege<br />
und sollen daher abgerissen werden.<br />
Praktischerweise wurden die Pavillons<br />
auf Grundstücken errichtet, die nur vermietet<br />
worden waren. Nach dem Willen<br />
der Stadt sollten die Grundstücksmietverträge<br />
zum 30. Juni 2009 gekündigt<br />
und die Pavillons danach vertragsgemäß<br />
auf Kosten der ehemaligen Mieter<br />
abgerissen werden. Was in der Theorie<br />
einfach klingt, scheiterte in der Praxis<br />
aber an Formmängeln: Denn entweder<br />
hätten die Vertragskündigungen vom<br />
Oberbürgermeister persönlich unterschrieben<br />
oder einem Bevollmächtigten<br />
eine entsprechende Vollmachtsurkunde<br />
ausgestellt werden müssen. Doch nichts<br />
von beidem geschah, obwohl die Rathausspitze<br />
mit zwei Volljuristen besetzt<br />
war. Bei festgestellter Unwirksamkeit<br />
der ausgesprochenen Kündigungen hätten<br />
sich die Mietverträge um fünf Jahre<br />
verlängert. Für das städtische Rechnungsprüfungsamt<br />
ein klarer Fall von<br />
grober Pflichtverletzung. <strong>Die</strong> Stadt Goslar<br />
spricht wiederum von bedauerlichen<br />
Bürofehlern. An der Rechtsauffassung<br />
der ungültigen Kündigungen zweifelt die<br />
Stadt, wollte es aber auf keine jahrelangen<br />
Prozesse mit ungewissem Ausgang<br />
ankommen lassen – insbesondere nicht<br />
vor dem Hintergrund, dass die zeitliche<br />
Verzögerung dazu geführt hätte,<br />
dass ihr Bauprojekt wohl nicht mehr<br />
in den Genuss von Landesförderungen<br />
gekommen wäre, die im Jahr 2012 auslaufen.<br />
<strong>Die</strong> Streitigkeiten wurden daher<br />
außergerichtlich beigelegt. Den Mietern<br />
wurden für die Beendigung ihrer Verträge<br />
beträchtliche Zugeständnisse in<br />
Form von Entschädigungszahlungen<br />
und Übernahme der Abrisskosten in<br />
einer Gesamthöhe von ca. 73.000 Euro<br />
gemacht. <strong>Die</strong>se Vereinbarungen wurden<br />
vom Rechnungsprüfungsamt kritisiert –<br />
die angestrebte bauliche Umgestaltung<br />
hätte wirtschaftlicher durchgeführt werden<br />
können, wenn der nächstmögliche<br />
Kündigungstermin zum 30. Juni 2014<br />
von der Stadt akzeptiert und der Baubeginn<br />
verschoben worden wäre. Doch<br />
so viel Geduld hatte man im Goslarer<br />
Rathaus offenbar nicht.<br />
Blandorf/Ostfriesland. Auf welch kostspielige<br />
Weise hochfliegende Träume<br />
doch platzen können, erlebte die ostfriesische<br />
Samtgemeinde Hage. Seit 1972<br />
hatte man dort die fixe Idee, in Blandorf<br />
Teure Fehler<br />
einen Campingplatz zu errichten. Doch<br />
erst 2002 konnte die Samtgemeinde<br />
das dazu auserkorene 5,3 Hektar große<br />
Areal für rund 330.000 Euro plus ca.<br />
20.000 Euro Nebenkosten erwerben – auf<br />
Kredit versteht sich. Allerdings sprang<br />
der sicher geglaubte Investor, der den<br />
Campingplatz errichten und betreiben<br />
sollte, schnell wieder ab. So lag das Projekt<br />
fast sieben Jahre lang faktisch auf<br />
Eis, während der Schuldendienst für<br />
das aufgenommene Darlehen zu bedienen<br />
war. Erst 2009 konnte die Samtgemeinde<br />
einen neuen Investor finden, der<br />
auch das Grundstück kaufte: Zu einem<br />
Drittel des ursprünglichen Kaufpreises!<br />
<strong>Die</strong> Samtgemeinde erhielt für das Areal<br />
lediglich knapp 110.000 Euro. Zusätzlich<br />
war der Investor bereit, einen Ablösebetrag<br />
für die Schmutzwasserkanalisation<br />
in Höhe von über 41.000 Euro zu leisten.<br />
Der Samtgemeindebürgermeister meint,<br />
damit ein gutes Geschäft gemacht zu haben.<br />
Schließlich gab ein zum Zeitpunkt<br />
des Verkaufs aktuelles Verkehrswertgutachten<br />
den Grundstückswert mit etwa<br />
143.000 Euro an. Wenn dem so ist, wurde<br />
die Samtgemeinde offenbar 2002 auf eklatante<br />
Weise zulasten der Steuerzahler<br />
übervorteilt. Denn dass das Areal in sieben<br />
Jahren aufgrund von Marktentwicklungen<br />
rund zwei Drittel an Wert verloren<br />
hat, behauptet noch nicht einmal<br />
der Samtgemeindebürgermeister selbst.<br />
Und als wäre das nicht genug, ist die<br />
Samtgemeinde auch auf dem Restdarlehen<br />
von 245.000 Euro aus dem Grund-<br />
39
Teure Fehler<br />
Beim Bau der Feuerwehrleitstelle wurde ein falscher Kostenindex angesetzt.<br />
stückskauf sitzen geblieben, das bis ins<br />
Jahr 2033 zu bedienen ist. Doch in Hage<br />
bleibt man lieber dem Zweckoptimismus<br />
treu, anstatt Fehler offen einzugestehen<br />
und daraus zu lernen. Der geplante Campingplatz<br />
soll nämlich mehr als 27.000<br />
Übernachtungen pro Jahr und damit<br />
verbundene Kaufkraftgewinne von jährlich<br />
550.000 Euro generieren. Auf diese<br />
Weise soll das Verlustgeschäft nachträglich<br />
als kluge Wirtschaftsförderung<br />
gerechtfertigt werden. Im Interesse der<br />
Steuerzahler kann man nur hoffen, dass<br />
es sich diesmal nicht um hochfliegende<br />
Träume handelt.<br />
Kreis Herford. Rund 4,5 Mio. Euro sollten<br />
der Neubau der Feuerwehr-Leitstelle und<br />
die Erweiterung der Feuerwehrzentrale<br />
des Kreises Herford kosten. Doch dann<br />
kam es anders als gedacht. Der Architekt<br />
hatte für den Neubau der Leitstelle den<br />
falschen Kostenindex angesetzt. Statt des<br />
Indexes für Feuerwehrgerätehäuser (273<br />
Euro pro Kubikmeter umbauter Raum)<br />
hätte der Index für Bürogebäude, hoher<br />
40<br />
Standard (498 Euro pro Kubikmeter),<br />
gewählt werden müssen. <strong>Die</strong> Korrektur<br />
dieses Fehlers schlägt mit fast 1,3 Mio.<br />
Euro zu Buche. 369.000 Euro Mehrkosten<br />
entstehen, weil die ursprünglich vorgesehene<br />
Bauzeit zu kurz bemessen war<br />
und um zwei Jahre verlängert wurde.<br />
Weitere 135.000 Euro kostet der Umbau<br />
der Atemschutzwerkstatt und der dazugehörigen<br />
Übungswohnung. Dass die<br />
neue Leitstelle „energetisch optimiert“<br />
wird, also als Passivhaus gebaut, kostet<br />
noch einmal 216.000 Euro mehr. So sinnvoll<br />
diese Maßnahme auf lange Sicht ist<br />
– nach sieben Jahren soll sie sich amortisiert<br />
haben –, das hätte sich der Kreis<br />
Herford von Anfang an überlegen und<br />
in die Kalkulation einbeziehen sollen. So<br />
sind aus 4,5 Mio. Euro jetzt 6,4 Mio. Euro<br />
geworden. Es erübrigt sich fast, darauf<br />
hinzuweisen, dass ein privater Häuslebauer<br />
bei so eklatanter Fehlplanung<br />
kaum noch eine Bank finden dürfte, die<br />
ihm Kredit gewährt. Doch die <strong>öffentliche</strong><br />
Hand hat’s gut. Der Steuerzahler ist eine<br />
sichere Bank.<br />
Maubach, Rems-Murr-Kreis. Ein wahrer<br />
Schilder-Streich ereignete sich in Maubach,<br />
einem Stadtteil von Backnang im<br />
Rems-Murr-Kreis. Da viele Autofahrer<br />
die innerörtliche Geschwindigkeitsbegrenzung<br />
von 50 km/h auf der Durchgangstraße<br />
in Maubach nicht beachten,<br />
sah sich die lokale Verwaltung zu Gegenmaßnahmen<br />
veranlasst. Der Ortsvorsteher<br />
verfiel dabei auf die Idee, die Raser<br />
mit einem Blitzer zur Einhaltung des<br />
Tempolimits zu bewegen. Das „aber“ an<br />
dieser Idee liegt allerdings in der Verwaltungsvorschrift<br />
des Innenministeriums<br />
für die Verkehrssicherheitsarbeit der<br />
Polizei (VwV – VkSA) vom 13.12.2006.<br />
<strong>Die</strong>ser Verwaltungsvorschrift ist zu entnehmen,<br />
dass zwischen Ortstafel und<br />
Blitzer mindestens 150 Meter liegen<br />
sollen. Unterschreitungen dieser Mindestentfernung<br />
sind unter anderem nur<br />
an gefährlichen Stellen sowie im unmittelbaren<br />
Umfeld von Schulen, Kindergärten<br />
oder Baustellen zulässig. Was im<br />
Allgemeinen bedeutet, dass die Strecke<br />
zwischen Ortseingang, Blitzer und Ortsausgang<br />
mindestens 300 Meter betragen<br />
muss. In Maubach besteht allerdings das<br />
Problem, dass Autofahrer bereits nach<br />
weniger als 300 Metern den Ort wieder<br />
verlassen haben. Doch hier wussten die<br />
Behördenvertreter Abhilfe.<br />
Im Rahmen einer gemeinsamen Verkehrsbesichtigung<br />
unter Beteiligung<br />
von Polizeivollzugsdienst, des Straßenbaulastträgers<br />
und Verkehrsbehörde<br />
wurde beschlossen, die Ortstafel kurzer-<br />
Teure Fehler<br />
hand um 30 Meter zu versetzen. Damit<br />
waren die Bedingungen für den Einsatz<br />
einer Radarfalle erfüllt und alle zufrieden.<br />
Fast alle, denn die Gemeindevertreter<br />
von Burgstetten, der Nachbargemeinde<br />
Maubachs, stellten fest, dass die<br />
Ortstafel „Maubach“ nun plötzlich auf<br />
der Markung von Burgstetten stand.<br />
Bemühungen des Ortsvorstehers von<br />
Maubach, die notwendige Erlaubnis im<br />
Nachhinein einzuholen, scheiterten am<br />
Gemeinderat von Burgstetten. <strong>Die</strong>ser äußerte<br />
zwar Verständnis für den Wunsch<br />
Maubachs, die Verkehrssicherheit zu erhöhen,<br />
dies könne jedoch auch mit anderen<br />
Mitteln realisiert werden, wie im Sitzungsbericht<br />
der Gemeinderatssitzung<br />
nachzulesen ist. Man war offensichtlich<br />
nicht gewillt, Teile der Markung an Maubach<br />
abzutreten. Also musste das Schild<br />
wieder abmontiert und an die alte Stelle<br />
versetzt werden. Dumm gelaufen, kann<br />
man dazu nur sagen. Und nebenbei 750<br />
Euro verschleudert.<br />
Wettenberg. Reichlich spät, aus Sicht der<br />
Gebührenzahler viel zu spät, haben sich<br />
die Gemeindevertreter von Wettenberg<br />
dazu entschlossen, sich endgültig von<br />
der Eigenwasserversorgung zu trennen.<br />
Zwar hatte man im Jahr 2007 die Eigengewinnungsanlage<br />
„Stockborn“ in Wißmar<br />
außer Betrieb gesetzt, aber die letzte<br />
Anlage in Krofdorf wurde noch beibehalten,<br />
obwohl es besonders nach Regen<br />
immer wieder zu Abschaltungen wegen<br />
Eintrübungen kam. Hätte man sich sei-<br />
41
Teure Fehler<br />
nerzeit schon dazu durchgerungen, auch<br />
die restliche Wasserversorgung über den<br />
Zweckverband zu beziehen, der Wasser<br />
mit besserer Qualität anbietet, hätten<br />
die Wettenberger rund 150.000 Euro<br />
sparen können. Man hätte nur einem<br />
Antrag der CDU folgen müssen, der im<br />
Dezember 2006 Folgendes feststellte:<br />
„<strong>Die</strong> Eigengewinnung von Trinkwasser<br />
in Wettenberg ist unwirtschaftlich, führt<br />
zu unnötig hohen Wassergebühren und<br />
ist weder ökologisch sinnvoll noch für<br />
die Versorgungssicherheit erforderlich.<br />
2005 mussten 0,92 Euro aufgebracht<br />
werden, um 1 Kubikmeter Wasser in<br />
Wettenberg zu gewinnen. Gleichzeitig<br />
hätte dieser Kubikmeter Wasser für 0,42<br />
Euro vom Zweckverband Mittelhessischer<br />
Wasserwerke bezogen werden<br />
können, der ohnehin 85 Prozent des Bedarfs<br />
in Wettenberg deckt.“ Doch erst als<br />
die Eigengewinnung deutlich absackte<br />
und zahlreiche Investitionen notwendig<br />
gewesen wären, um die Anlage weiter zu<br />
betreiben, war man im Sommer dieses<br />
Jahres bereit, die Eigenwasserversorgung<br />
aufzugeben.<br />
Bremerhaven. Den Bürgen wird man<br />
würgen – die Bedeutung dieses alten<br />
Sprichwortes musste die Stadt Bremerhaven<br />
aufs Neue lernen. Im Jahr 2002<br />
verkaufte sie zwei als GmbH geführte Seniorenheime<br />
für ca. 3,9 Mio. Euro an einen<br />
privaten gemeinnützigen Altenheim-<br />
Betreiber aus Oldenburg. Bestandteil des<br />
Kaufvertrages waren auch zwei Bank-<br />
42<br />
Ausfallbürgschaften aus den Jahren<br />
1997/98 in einer Gesamthöhe von knapp<br />
3 Mio. Euro, die Bremerhaven ihren<br />
beiden defizitären kommunalen Gesellschaften<br />
damals gewährt hatte. Sowohl<br />
im seinerzeitigen Verkaufsbeschluss der<br />
Stadtverordnetenversammlung als auch<br />
im notariellen Kaufvertrag war die zügige<br />
Ablösung der beiden Bürgschaften<br />
vorgesehen. Der neue Eigentümer verpflichtete<br />
sich somit vertraglich, die Seestadt<br />
Bremerhaven von den Bürgschaftsverpflichtungen<br />
freizustellen. Doch zu einer<br />
Bürgschaftsfreistellung ist es nie gekommen.<br />
Von 2002 bis <strong>2010</strong> begnügten<br />
sich die Vertreter der Stadt damit, den<br />
unwilligen Heimbetreiber wiederholt<br />
schriftlich und mündlich an die vertraglich<br />
vereinbarte Ablösung der Bürgschaften<br />
zu erinnern. Auf die Einleitung<br />
rechtlicher Schritte wurde vonseiten des<br />
Magistrats verzichtet. Ein Versäumnis,<br />
das sich bitter rächen sollte. Als der private<br />
Heimbetreiber im März <strong>2010</strong> Insolvenz<br />
anmeldete, nahm die kreditgebende<br />
Bank die Bürgschaften in Anspruch. So<br />
musste Bremerhaven also viele Jahre<br />
nach der Veräußerung der Altenheime<br />
mit Steuergeldern für längst erledigt geglaubte<br />
Zusicherungen aufkommen. Ein<br />
kleiner Trost für die Steuerzahler: Aufgrund<br />
der kontinuierlichen Kredittilgung<br />
halbierte sich die effektive Ausfallbürgschaft<br />
von 3 auf 1,5 Mio. Euro. Dennoch<br />
bleibt es ein zu teurer Paukenschlag für<br />
eine verschlafene Verwaltung, die lediglich<br />
konsequent auf die Einhaltung eines<br />
rechtskräftigen Vertrages – zur Not mithilfe<br />
einer Klage – hätte pochen müssen<br />
und dafür fast acht Jahre lang Zeit hatte.<br />
Es bleibt zu hoffen, dass in Bremerhaven<br />
zukünftig Bürgschaftsverpflichtungen<br />
ernster genommen werden, als es bislang<br />
der Fall war.<br />
Ulm. In der Nähe des Steinbruchs in<br />
Mähringen, einem Ulmer Stadtteil,<br />
wurde im Sommer 2009 ein Aussichtsturm<br />
errichtet. Sinn und Zweck dieser<br />
Baumaßnahme war es, Spaziergängern<br />
schöne Ausblicke ins Tal zu ermöglichen.<br />
<strong>Die</strong> Kosten für die Herstellung und Baudurchführung<br />
des Turms beliefen sich<br />
nach Auskunft der Stadt Ulm auf immerhin<br />
rund 8.000 Euro. Bedenken gegen<br />
das Vorhaben gab es offenbar weder<br />
seitens des Naturschutzes noch der<br />
Forstwirtschaft. Informationen über ein<br />
artenschutzrelevantes Biotop einer geschützten<br />
Tierart sollen der Naturschutzbehörde<br />
zum Zeitpunkt der Genehmigung<br />
nicht vorgelegen haben. Und so<br />
machte schließlich der Uhu einen Strich<br />
durch die Rechnung. Vogelschützer hatten<br />
festgestellt, dass der Lebensraum<br />
verschiedener Vogelarten (u. a. der Uhu)<br />
durch den Aussichtsturm gestört werde<br />
und die Entfernung des Bauwerks gefordert.<br />
Folglich musste der Aussichtsturm<br />
wieder abgebaut werden. Inzwischen<br />
hat man einen anderen, naturschutzverträglichen<br />
Standort in der Nähe gefunden<br />
und den Turm bereits wieder<br />
aufgebaut. Für die Umsetzung wurden<br />
Teure Fehler<br />
Kosten in Höhe von 5.000 Euro veranschlagt;<br />
außerdem wurden die Kosten<br />
für die Befahrbarkeit des Forstweges am<br />
bisherigen Standort auf 2.000 Euro beziffert.<br />
Bleibt aus Sicht der Steuerzahler<br />
zu hoffen, dass in Zukunft immer auch<br />
an den Uhu bzw. seine Artgenossen gedacht<br />
wird.<br />
Hannover. Wie teuer Amtspflichtverletzungen<br />
werden können, erlebte die<br />
niedersächsische Landeshauptstadt im<br />
März <strong>2010</strong>. Eine Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft<br />
hatte unweit des<br />
Roderbruch-Zentrums eine Fläche zur<br />
Errichtung eines Verbrauchermarktes<br />
erworben. Da die gekaufte Fläche nach<br />
dem damaligen Bebauungsplan auch für<br />
den großflächigen Einzelhandel nutzbar<br />
war, standen diesem Projekt amtliche<br />
Hinderungsgründe nicht entgegen. Allerdings<br />
wurde die von der Gesellschaft<br />
beantragte Bauvoranfrage von der Stadt<br />
Hannover über eine Dauer von mehr<br />
als drei Monaten nicht beantwortet,<br />
obwohl die Sach- und Rechtslage eindeutig<br />
war. Nicht ohne Grund: <strong>Die</strong> Zeit<br />
wurde dafür genutzt, neue baurechtliche<br />
Voraussetzungen zu schaffen und eine<br />
Veränderungssperre zu verhängen. Offensichtlich<br />
sollte eine weitere Einzelhandelsentwicklung<br />
in der Nähe des Roderbruch-Zentrums<br />
verhindert werden.<br />
Daraufhin verklagte die Gesellschaft die<br />
Stadt Hannover auf Schadenersatz. Im<br />
Zuge des Verfahrens wies das Landgericht<br />
Hannover auf die Unzulässigkeit<br />
43
Teure Fehler<br />
des Verhaltens der Stadt Hannover hin.<br />
<strong>Die</strong> einfache planungsrechtliche Frage<br />
hätte von der Stadt spätestens nach drei<br />
Monaten positiv beantwortet werden<br />
müssen. Somit hätte das Bauvorhaben<br />
dann nicht durch eine spätere Veränderungssperre<br />
verhindert werden können.<br />
Nach Auffassung des Gerichts haftet für<br />
dieses amtspflichtwidrige Verhalten die<br />
Stadt Hannover dem Grunde nach. Basierend<br />
auf dieser Einschätzung entwickelte<br />
das Landgericht einen Vergleichsvorschlag,<br />
nach dem die Stadt an die<br />
Gesellschaft 60.000 Euro zu zahlen hat.<br />
<strong>Die</strong>sem Vergleich stimmten beide Seiten<br />
schließlich zu. Zusätzlich zur Vergleichssumme<br />
fielen bei der Stadt noch Rechtsanwaltsgebühren<br />
von 7.782 Euro an.Für<br />
diese Aufwendungen kommt der HADG<br />
(Haftpflichtschadenausgleich der Deutschen<br />
Großstädte) auf, der sich selbst<br />
über Umlagen seiner Mitgliedsstädte finanziert.<br />
Somit ist der Steuerzahler am<br />
Ende doch der Dumme.<br />
Europa. Rund 400 Mio. Euro gibt die<br />
EU-Kommission im Rahmen ihres<br />
„Programm Kultur 2007-2013“ aus. Das<br />
„Kulturreferat der Exekutivagentur für<br />
Bildung, Audiovisuelles und Kultur“ verteilt<br />
das Geld an findige Antragsteller.<br />
Einige Beispiele für höchst fragwürdige<br />
Förderprojekte: 50.000 Euro zahlt<br />
die Kommission in diesem Jahr für ein<br />
„Europäisches Hip-Hop-Laboratorium“.<br />
<strong>Die</strong> französischen Antragsteller beklagen<br />
das Fehlen einer europäischen Hip-Hop-<br />
44<br />
Kooperation. Hip-Hop müsse in Europa<br />
stärker bekannt gemacht werden. <strong>Die</strong><br />
Zusammenarbeit der Hip-Hopper im<br />
professionellen und im Amateurbereich<br />
sei zu fördern. <strong>Die</strong> EU subventioniert nun<br />
entsprechende Treffen am Rande von<br />
Hip-Hop-Veranstaltungen quer über den<br />
Kontinent. 56.970 Euro spendiert die EU<br />
ebenfalls einem französischen Verein für<br />
ein Europäisches Joystick Orchester. Das<br />
Projekt soll Joystick-Musiker und Komponisten<br />
von Computermusik zusammenbringen<br />
und die Europäer an die se<br />
Kunst heranführen. Ab Oktober <strong>2010</strong><br />
sind Joystick-Konzerte in Italien, Belgien<br />
und Frankreich geplant. 81.000 Euro<br />
kos tet in diesem Jahr die Förderung der<br />
kulturellen Betätigung von Insassen von<br />
europäischen Gefängnissen. <strong>Die</strong> künstlerischen<br />
Fähigkeiten der Gefangenen<br />
müssten mit Hilfe von EU-Geldern bewahrt<br />
werden, meinen die italienischen<br />
Antragsteller. Außerdem wolle man mit<br />
dem Projekt verschiedene Aktivitäten<br />
finanzieren, damit die Öffentlichkeit die<br />
künstlerischen Werke von Gefangenen<br />
besser wahrnehmen kann. 200.000 Euro<br />
ist es der EU-Kommission wert, damit<br />
die Menschen über das „kreative und<br />
demokratische Potenzial“ von Handys<br />
aufgeklärt werden. Hierzu sind u. a.<br />
Workshops geplant. Hauptinhalt des<br />
Projekts ist es, vom Herbst <strong>2010</strong> bis zum<br />
Winter 2011 mit Hilfe von Handys die<br />
„urbanen Realitäten“ von Prag, Timisoara,<br />
Warschau, Barcelona und Paris<br />
zu erkunden. Dort wollen die begünstig-<br />
ten Künstler mit ihren Handys Kurzfilme<br />
drehen. Das Handy soll damit zum „Kreativwerkzeug“<br />
werden. Man wolle damit<br />
das „Massenprodukt“ Handy seiner<br />
„kommerziellen Logik“ entreißen. Vor<br />
lauter grenzenloser Schöngeistigkeit<br />
dieser Art ist es für die Projektbeteiligten<br />
offenbar eine Petitesse, dass ihre Ideen<br />
nur finanziert werden können, weil europäische<br />
Steuerzahler Tag für Tag der<br />
ach so verabscheuungswürdigen „kommerziellen<br />
Logik“ folgen und als Arbeitgeber<br />
und Arbeitnehmer Produkte<br />
anbieten, für die andere Mitmenschen<br />
freiwillig Geld ausgeben.<br />
Magdeburg. Nach Auszug des Magdeburger<br />
Straßenbauamts im Jahr 2006<br />
aus einem Gebäude, das 1970 gebaut<br />
worden war, entdeckte das benachbarte<br />
Finanzministerium des Landes Bedarf<br />
an Büroflächen für 50 Mitarbeiter. Dazu<br />
musste nach fast 40-jähriger Nutzung<br />
das fünfgeschossige Haus erst einmal<br />
saniert werden. Immerhin 870.000 Euro<br />
kostete das. Doch kurz nach dem Einzug<br />
im Oktober 2008 klagten Mitarbeiter<br />
über üblen Geruch und Kopfschmerzen.<br />
<strong>Die</strong> Analyse der Raumluft brachte keine<br />
Aufklärung und lag innerhalb der Richtwerte.<br />
Bohrkerne aus dem Fußboden<br />
belegten dagegen krebserregende Substanzen<br />
unter dem Estrich des Fußbodens.<br />
Daher wurde im April 2009 das<br />
Haus geräumt. <strong>Die</strong> Mitarbeiter kamen<br />
in anderen Büros unter. Für nochmals<br />
40.000 Euro suchten danach Experten<br />
Teure Fehler<br />
weiter die Ursache des Gestanks. Sie<br />
kennen sie bis heute nicht. Eine erneute<br />
„Nachsanierung“ kam nicht mehr in<br />
Frage, und so fiel konsequenterweise<br />
die Entscheidung, das Gebäude nicht<br />
mehr zu nutzen. Es steht leer. Für seine<br />
weitere Verwendung soll es mehrere<br />
Alternativen geben. Endgültig ist noch<br />
nicht entschieden worden. Ein Anbau an<br />
das Hauptgebäude des Finanzministeriums<br />
soll nun neuen Büroraum schaffen.<br />
Kosten: 8 Mio. Euro. Das ging dem<br />
Finanzausschuss des Landtags dann<br />
doch zu weit. Er zeigte Realitätssinn<br />
und lehnte die Bereitstellung der Mittel<br />
ab. Seit eineinhalb Jahren arbeiten<br />
die 50 Mitarbeiter verteilt über mehrere<br />
Standorte in anderen Räumen der<br />
Landesbehörden. Vielleicht greift man<br />
die Anregung einzelner Mitglieder des<br />
Landtags-Finanzausschusses auf, es bei<br />
der Unterbringung in anderen Verwaltungsgebäuden<br />
zu belassen. Das würde<br />
dem Steuerzahler erneute Ausgaben ersparen.<br />
45
Teure Annehmlichkeiten<br />
Luxus aus Steuergeldern<br />
Teure Annehmlichkeiten<br />
Landkreis Lörrach. <strong>Die</strong> Steuerzahler mussten<br />
mehr als 165.000 Euro für den Bau<br />
einer Aussichtsplattform bei Efringen-<br />
Kirchen im Landkreis Lörrach berappen.<br />
Nach den Ausführungen des Regierungspräsidiums<br />
Freiburg wird die Erholungsnutzung<br />
entlang des Rheins durch den<br />
Bau eines Hochwasserrückhaltebeckens<br />
zeitweise eingeschränkt. So ist offenbar<br />
insbesondere der Bereich um die Isteiner<br />
Schwellen, ein Teil des Altrheins, der u.<br />
a. als Naherholungsgebiet dient, betroffen.<br />
Aufgrund dieser Einschränkungen<br />
wurden nach Auskunft der Behörde Ausgleichs-<br />
und Ersatzmaßnahmen festgelegt,<br />
die bestehende Erholungsschwerpunkte<br />
aufwerten sollen. <strong>Die</strong>s führte<br />
dazu, dass eine mächtige Aussichtsplattform<br />
nebst Schautafeln an den Isteiner<br />
Schwellen errichtet wurde. Neben einem<br />
laut Regierungspräsidium spannenden<br />
Ausblick auf die Isteiner Schwellen und<br />
den Fluss kann nun auch unter anderem<br />
die Wasseramsel beobachtet werden.<br />
Hoffentlich „verhagelt“ es den Steuerzahlern<br />
nicht die Aussicht, wenn er auf der<br />
Plattform steht und an die Kosten für das<br />
Bauwerk denkt. Der Bund der Steuerzahler<br />
hält eine solche Aussichtsplattform<br />
für unzeitgemäß. Das hätte man wirklich<br />
nicht gebraucht.<br />
Würselen. Sie sehen aus wie Dinosauriereier<br />
und sind aus Granit. 18 Stück<br />
wurden auf der aufgeforsteten Halde<br />
Gouley bei Würselen verteilt. <strong>Die</strong> ehemalige<br />
Kohlehalde wurde zur EuRegio-<br />
46<br />
nale 2008 neu inszeniert, um „diesen Ort<br />
für Reiter und Spaziergänger erfahrbar<br />
zu machen“. Zur Inszenierung gehören<br />
auch eine Aussichtsplattform und Sitzgelegenheiten,<br />
deren Gestaltung an Papierfalter<br />
erinnert. Am Fuße der Halde<br />
Gouley wartet indes eine weitere Attraktion:<br />
die etwa zehn Meter hohen kohlesauren<br />
Kalkrückstände einer ehemaligen<br />
Sodafabrik, die 1929 ihre Produktion<br />
eingestellt hat. Und auch hier braucht<br />
es plötzlich einen Aussichtssteg und ein<br />
Aussichtsfenster, um die kleine Kalkhalde<br />
zu bewundern. Insgesamt hat die<br />
Verschönerung der Halde rund 95.000<br />
Euro gekostet, zu 80 Prozent vom Land<br />
NRW und zu 20 Prozent von der Stadt<br />
Würselen bezahlt. Nahe der Haupteinkaufsstraße<br />
in Würselen gibt es zwei<br />
weitere Kalkhalden, die brach lagen und<br />
auf „städtebaulich hochwertige Art erschlossen“<br />
wurden, so die Stadt. Städtebaulich<br />
hochwertig? Ein trister Platz, ein<br />
mit Beton eingefasstes Wasserbecken<br />
und zwei verwilderte, etwa 15 Meter<br />
hohe Halden, die man nun über Treppen<br />
erklimmen kann. <strong>Die</strong> steilen Hänge<br />
der kleineren Halde sind gesichert mit<br />
feinmaschigen Edelstahlnetzen und Geländern.<br />
Auf dem Rücken dieser Halde<br />
befinden sich Aussichtsplattformen<br />
und ein Skywalk, eine über den Rand<br />
der Halde hinausragende Aussichtsplattform.<br />
Sie bieten wahlweise einen<br />
Blick in die Fenster eines Mietshauses,<br />
auf einen Supermarkt, den tristen Platz<br />
oder ins Blättergestrüpp. Rund 1,75 Mio.<br />
Euro hat der Kalkhaldenpark gekostet.<br />
Wieder hat das Land 80 Prozent und<br />
die Stadt Würselen 20 Prozent bezahlt.<br />
Doch ganz unabhängig davon, ob man<br />
Graniteier im Wald und die Ausblicke<br />
von den Kalkhalden schön findet oder<br />
nicht – das Dekorieren, Schmücken und<br />
Verzieren <strong>öffentliche</strong>n Grüns mit allerlei<br />
Gedöns ist schlicht überflüssig und lässt<br />
den Blick für das Wesentliche und Wichtige<br />
vermissen. Ein attraktives Naherholungsgebiet,<br />
ein Wald, ein Park werden<br />
auch ohne Kunstobjekte und Aussichtsplattformen<br />
besucht. Würden die <strong>öffentliche</strong>n<br />
Kassen überquellen – niemand<br />
würde sich aufregen. Doch derzeit wird<br />
diese Landschaftskosmetik mit Geld bezahlt,<br />
das nicht mehr vorhanden ist. Wie<br />
tief muss der Schuldensumpf eigentlich<br />
noch werden, damit Land und Kommunen<br />
zur Besinnung kommen?<br />
<strong>Die</strong> Dino-Eier und andere „Verschönerungen“<br />
kosteten 95.000 Euro.<br />
Teure Annehmlichkeiten<br />
Büren. Ginge es nicht um Steuergeld,<br />
wäre es eine lustige Geschichte: Um den<br />
Klängen von Alphörnern zu lauschen,<br />
muss man nicht in die Alpen fahren. Eine<br />
Tour in die Stadt Büren kann ausreichen.<br />
Denn an Wandertagen, Radfahrtagen<br />
oder bei Fahrten der Almetalbahn spielt<br />
dort ein Alphorn-Quartett an der Burgruine<br />
auf einem – im Vergleich zu den Alpen<br />
– sehr kleinen Hügel. Wenn es Menschen<br />
gibt, die daran Spaß haben – bitte.<br />
Doch die Sache hat einen Haken: <strong>Die</strong><br />
vier Alphörner im Wert von 11.000 Euro<br />
wurden mit Steuergeld finanziert. 5.500<br />
Euro zahlte die Stadt, die andere Hälfte<br />
floss aus einem EU-Fördermitteltopf.<br />
<strong>Die</strong> Stadt erklärt es wie folgt: Unter dem<br />
Motto „Auf den Spuren der Naturtöne“<br />
soll das Alphorn-Quartett touristische<br />
Aktivitäten musikalisch umrahmen<br />
und aufwerten. Außerdem werde eine<br />
„mystische Atmosphäre“ im Almetal erzeugt,<br />
der sich kein Mensch entziehen<br />
könne. Dadurch erwarte man „eine positive<br />
Auswirkung auf das Image, den<br />
Bekanntheitsgrad und die touristischen<br />
Einrichtungen des Bürener Landes“. Zudem<br />
stärke das Quartett die Zusammenarbeit<br />
mit der Partnerstadt Mittersill in<br />
Österreich. Denn mit den dortigen Alphorn-Bläsern,<br />
die Büren überhaupt erst<br />
auf die Idee gebracht haben, ein Quartett<br />
zu gründen, sollen nun gemeinsame<br />
Übungslehrgänge und Auftritte stattfinden.<br />
Würde es sich nicht um ein offizielles<br />
Schreiben handeln, könnte man<br />
diese schriftliche Erklärung der Stadt<br />
47
Teure Annehmlichkeiten<br />
glatt für einen Scherz halten. Ein Werbegag,<br />
über den man nur sehr kurz lachen<br />
kann, gefolgt von der Überlegung:<br />
Schade, dass die Partnerstadt in Österreich<br />
nicht Blockflöten-Spieler statt der<br />
Alphornbläser vorgeführt hat. Hätte Büren<br />
diese Idee übernommen, wäre man<br />
deutlich billiger davongekommen.<br />
Winterberg. Da staunen Besucher des<br />
Geschwister-Scholl-Gymnasiums in<br />
Winterberg nicht schlecht: Es glitzert<br />
und funkelt auf dem Schulhof, ein<br />
Kunstwerk aus tausenden von bunten<br />
Mosaiksteinen auf wellenförmigen Betonwänden,<br />
an die sich schneckenförmig<br />
Bänke schmiegen. Stolz stellte die<br />
Schule im vergangenen September der<br />
Öffentlichkeit ihre neue „Kommunikationsinsel“<br />
vor. So taufte man das imposante<br />
Bauwerk, das den Schülern in<br />
den Pausen als Aufenthalts- und Erholungsort<br />
dienen soll. Doch mit dem ursprünglichen<br />
Konzept hat das aufwendige<br />
Kunstwerk nicht mehr viel zu tun.<br />
<strong>Die</strong> Grundidee lieferte ein Schüler des<br />
Gymnasiums, der hierfür sogar mit dem<br />
RWE-Klimaschutzpreis ausgezeichnet<br />
wurde. Nach den Plänen des Schülers<br />
sollten jeweils zwei im Halbkreis aufgestellte<br />
Bänke, angelehnt an einen Wall,<br />
zwischen vier Bäumen den Schülern in<br />
den Pausen als Sitzgelegenheit dienen.<br />
Auch dem Winterberger Rat, dem der<br />
Entwurf des Schülers im Winter 2007<br />
vorgestellt wurde, gefiel das Konzept.<br />
Hierfür gab es ein Preisgeld von 100<br />
48<br />
Euro für den Schüler und von 700 Euro<br />
für das Gymnasium. Da das Preisgeld für<br />
die Schule allein nicht ausgereicht hätte,<br />
um Bänke aufzustellen und Bäume zu<br />
pflanzen, wurde gleich geklotzt statt gekleckert:<br />
33.000 Euro hat die Betonschnecke,<br />
die nun den Schulhof schmückt,<br />
gekostet. 15.000 Euro steuerte die Stadt<br />
Winterberg zu den Gesamtkosten bei,<br />
18.000 Euro wurden durch Sponsoren<br />
finanziert. Das Objekt soll über die funktionale<br />
Nutzung hinaus als ästhetisches<br />
Objekt Sinnträger sein, und man habe<br />
auch die Schülerinnen und Schüler an<br />
der praktischen Gestaltungsausführung<br />
beteiligen wollen, rechtfertigte der Bürgermeister<br />
die radikale Änderung des<br />
Schülerentwurfs und versichert, der<br />
neue Treffpunkt werde zum Verweilen<br />
und Austausch von den Schülern sehr<br />
gut angenommen. Doch das darf bezweifelt<br />
werden, denn wegen der hohen Kosten<br />
und unbequemen Sitze gibt es Kritik<br />
bei den Gymnasiasten. Hässlich, eng und<br />
scharfkantig sei das Objekt, zum Sitzen<br />
schlecht geeignet, ärgerten sich einige<br />
Schüler. Schade, dass ausgerechnet ihnen<br />
das kostspielige Kunstwerk so wenig<br />
gefällt. Offenbar wurden die Wünsche<br />
der Schüler von den Verantwortlichen<br />
nicht wirklich berücksichtigt. Wenn man<br />
die Sponsoren für das Aufstellen von<br />
Bänken und die Begrünung des Schulhofs<br />
nach dem ursprünglichen Konzept<br />
gewonnen hätte, hätten die Schüler und<br />
auch die Steuerzahler sicher mehr von<br />
dem Projekt gehabt.<br />
Bund. Vor gut einem Jahr gerieten 115<br />
Bundestagsabgeordnete in die Schlagzeilen,<br />
als bekannt wurde, dass sie sich<br />
großzügig auf Kosten der Steuerzahler<br />
mit schmucken und teuren Schreibutensilien<br />
ausgestattet hatten. Auch wenn<br />
die Namen der Abgeordneten bis heute<br />
nicht bekannt sind, so steht doch ihre<br />
Einkaufsliste fest: 396 Schreibgeräte<br />
der Nobelmarke Montblanc wurden für<br />
68.800 Euro auf Steuerzahlerkosten beschafft.<br />
<strong>Die</strong> <strong>öffentliche</strong> Empörung war<br />
entsprechend groß. Auch wenn das<br />
Gebaren der Abgeordneten rein formal<br />
nicht zu beanstanden war, blieb dennoch<br />
die Frage nach Maß und Anstand<br />
offen. Denn die Beschaffung der teuren<br />
Schreibwaren erfolgte nicht aus den<br />
Monatsdiäten in Höhe von 7.668 Euro<br />
oder der monatlich steuerfreien Kostenpauschale<br />
von derzeit 3.969 Euro, wie es<br />
eigentlich naheliegen würde, sondern<br />
aus einem Nebentopf – dem sogenann-<br />
Teure Annehmlichkeiten<br />
Das Sachleistungskonto und die ungehemmte Kauflust der Abgeordneten des Bundestags,<br />
die sich in Montblanc-Schreibgeräten niederschlug, sorgte für Unmut.<br />
ten Konto für Sachleistungen – aus dem<br />
jedem Abgeordneten 12.000 Euro pro<br />
Jahr zustehen. Der BdSt kritisierte die<br />
ungehemmte Kauflust der Volkvertreter<br />
und forderte grundlegende Änderungen<br />
für das Sachleistungskonto. Mit dem im<br />
Jahr 1998 geschaffenen Budget können<br />
Abgeordnete sämtliche benötigten Büromaterialen<br />
finanzieren. Aber auch<br />
die verschiedensten IT-Artikel stehen<br />
auf der Bestellliste, von elektronischen<br />
Übersetzungsgeräten, Kaffeevollautomaten,<br />
Digitalkameras, Notebooks,<br />
DVD-Recordern bis hin zu Handys und<br />
den dazugehörigen Freisprechanlagen<br />
für den privaten PKW einschließlich<br />
der Einbauarbeiten. <strong>Die</strong> vom Bund<br />
der Steuerzahler angeführte Kritik rief<br />
den Bundestagspräsidenten sowie den<br />
Ältestenrat auf den Plan, die sich der<br />
Regelungen zum Konto annahmen, um<br />
künftig Missbrauch und Missverständnisse<br />
zu vermeiden. Wenig später dann<br />
49
Teure Annehmlichkeiten<br />
ein Teilerfolg für die Steuerzahler: „Auf<br />
Anregung des Bundestagspräsidenten<br />
hat der Ältestenrat die Regelungen zum<br />
Sachleistungskonto überprüft und beschlossen,<br />
ab sofort Schreibgeräte der<br />
Firma Montblanc und vergleichbare<br />
hochpreisige Kugelschreiber und Füllfederhalter<br />
nicht mehr aus dem Sachleistungsbudget<br />
zu erstatten.“<br />
Schwerte. 1993 war kein gutes Jahr für<br />
Schwerte. In diesem Jahr eröffnete die<br />
Stadt das Freizeit-Allwetterbad (FAB),<br />
das 2009 nach nur 16 Jahren wieder geschlossen<br />
wurde. In der Zwischenzeit<br />
hat das FAB die Steuerzahler vor allem<br />
Geld gekostet. Viel Geld. Das Gesamtdefizit<br />
liegt bei weit über 25 Mio. Euro, und<br />
auch die knapp 9 Mio. Euro Baukos ten<br />
sind noch lange nicht bezahlt. Seit 1993<br />
zählt die Stadt Schwerte außerdem zu<br />
den Haushaltssicherungsgemeinden.<br />
Wer finanziell mit dem Rücken zur Wand<br />
steht, kann aber erst recht kein Spaßbad<br />
mit Sprudelliegen, Sternenhimmel, Wasserfall<br />
und Wasserkanonen schultern.<br />
Warum das FAB erst jetzt geschlossen<br />
wird bzw. überhaupt jemals gebaut<br />
wurde, ist kaum zu begreifen. Obwohl<br />
es immer wieder Stimmen gab, die mahnend<br />
auf den städtischen Schuldenberg<br />
wiesen, der durch die Defizite des FAB<br />
kontinuierlich anstieg und obwohl die<br />
Bürger den Erhalt des FAB nicht unterstützten,<br />
beschloss der Rat erst im Februar<br />
2009 die Schließung – denn 2008<br />
genehmigte der Kreis Unna den städ-<br />
50<br />
tischen Haushalt nicht mehr.<br />
Zu lange hatte die Stadt dem FAB und<br />
seinen Kos ten gleichmütig gegenübergestanden.<br />
Das spiegelt sich auch in<br />
der städtischen Buchführung wider:<br />
Erst seit 2005 werden die Verluste des<br />
FAB sauber erfasst. In den Jahren 2005<br />
bis 2008 waren es nach Darstellung der<br />
Kämmerei 9,6 Mio. Euro. Doch nach dem<br />
Abschlussbericht einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
hat das FAB den<br />
städtischen Haushalt von 1994 bis 2004<br />
mit 19,1 Mio. Euro belastet. Hinzu kommen<br />
weitere 6,4 Mio. Euro, die die Stadt<br />
noch für den Bau des knapp 9 Mio. Euro<br />
teuren FAB abzubezahlen hat. Zudem<br />
fallen bis Ende <strong>2010</strong> Personalkosten in<br />
Höhe von 720.000 Euro an. Nein, 1993<br />
war kein gutes Jahr für Schwerte.<br />
Teure Imagepflege<br />
Steuerfinanzierte Werbung und Imagepolitur<br />
Hennef. Das Prädikat „grober Unfug“<br />
verdienen einige der zehn Kulturprojekte,<br />
mit denen die Stadt Hennef die<br />
Siegschleifen kulturell und touristisch<br />
aufwerten möchte. So kann man im Ortsteil<br />
Allner ein verrostetes Mühlrad besichtigen,<br />
das halb im Laub und Erdreich<br />
vergraben ist. Dafür wurde extra ein<br />
Aussichtssteg gebaut. Eine Mühle zum<br />
Mühlrad gibt es aber längst nicht mehr,<br />
die wurde schon 1973 abgerissen. Heute<br />
verläuft hier eine Landstraße. Jetzt hat<br />
man sich an das Mühlrad erinnert und es<br />
zum Bodendenkmal erklärt. Kosten für<br />
den Aussichtssteg, für Prüfstatik sowie<br />
landschaftspflegerische und denkmalrechtliche<br />
Begleitung: 35.000 Euro. Auf<br />
der gegenüberliegenden Straßenseite<br />
wurden die Mauern des Schlosses Allner<br />
vom Wildwuchs befreit, damit man das<br />
Schlossensemble besser wahrnehmen<br />
kann. Von der Straße aus kann man das<br />
repräsentative Schloss hinter den meterhohen<br />
Mauern allerdings nicht sehen. Nur<br />
von der gegenüberliegenden Siegwiese<br />
aus sieht man ein paar Türme zwischen<br />
Baumwipfeln herausragen. Besichtigen<br />
kann man Schloss Allner auch nicht, es<br />
ist in Privatbesitz. Trotzdem ließ die Stadt<br />
insgesamt 15 Bäume und 100 Quadratmeter<br />
Sträucher vor und auf der Mauer<br />
auf Kosten der Steuerzahler entfernen.<br />
Kosten: 30.700 Euro. Mit 1.000 Euro beteiligte<br />
sich die Schlossverwaltung, die<br />
sich sicher über die preiswerte Mauerpflege<br />
freut. Geprüft wird derzeit auch<br />
noch eine bessere Beleuchtung, damit die<br />
Teure Imagepflege<br />
Mauern nachts gut zu sehen sind. Kleines<br />
Schmankerl am Rande: Inzwischen sind<br />
ein paar Monate ins Land gegangen –<br />
und das Grünzeug hat sich wieder prächtig<br />
ausgebreitet. Drittes Projekt: Ein neu<br />
angelegter Brunnenplatz, der Besucher<br />
über die Ortsgeschichte informieren soll.<br />
Von 1923 bis 1963 gab es das „Marienbrünnchen“,<br />
dessen Wasser einer Sage<br />
nach Heilwirkung haben sollte. Nach<br />
dem Bau der Wahnbachtalsperre blieb<br />
nur noch ein Brunnenschacht mit Metalldeckel<br />
zurück, unzugänglich auf einer<br />
Pferdewiese. Jetzt wurde der Brunnen<br />
erneuert und mit Bänken flankiert. Weidezäune<br />
wurden verlegt und 250 Meter<br />
Fuß- und Reitweg auf dem Privatgrundstück<br />
neu gestaltet. Der Platz ist für Ortsunkundige<br />
schwer zu finden. Wenn sich<br />
trotzdem mal Besucher hierhin verirren,<br />
dürften die ziemlich enttäuscht sein, denn<br />
das berühmte Heilwasser kann man nicht<br />
<strong>Die</strong>s ist eines der Kulturobjekte, mit denen<br />
Hennef die Siegschleife schmückt.<br />
51
Teure Imagepflege<br />
schöpfen: Der Brunnen ist vergittert, damit<br />
niemand hineinfallen kann. Kosten:<br />
67.000 Euro. Gut 130.000 Euro kosteten<br />
den Steuerzahler allein diese drei Projekte<br />
aus dem Regionale-Projekt „Natur<br />
und Kultur quer zur Sieg“. Insgesamt<br />
sind dafür 568.000 Euro Fördermittel<br />
nach Hennef geflossen, weitere 143.000<br />
Euro zahlt die Stadt selbst. Ob es auch<br />
Geld für sinnvollere Projekte gegeben<br />
hätte?<br />
Schleswig-Holstein. <strong>Die</strong> stetig steigenden<br />
Gesundheitskosten werden zu einem<br />
immer größeren Problem des Sozialstaates.<br />
Dabei trägt nicht nur die Krankenversorgung<br />
zur Kostensteigerung<br />
bei, wie unser Beispiel aus Kiel zeigt. Für<br />
sage und schreibe 275.000 Euro richtete<br />
die Landesregierung einen zweitägigen<br />
Gesundheitskongress mit 30 Referenten<br />
und rund 500 Gästen aus. Nach Abzug<br />
von Sponsorengeldern blieb für die<br />
marode Landeskasse immer noch ein<br />
Aufwand von rund 200.000 Euro. Ziel<br />
war es, die Gesundheitsversorgung auf<br />
dem Lande in der Zukunft zu beraten.<br />
Das Ergebnis ist mehr als mager: Man<br />
werde eine flächendeckende Versorgung<br />
im ländlichen Raum nur aufrechterhalten<br />
können, wenn das Angebot<br />
besser vernetzt werde. So das wenig<br />
überraschende Urteil der Fachleute.<br />
Für die Organisation und Durchführung<br />
der Tagung erhielt eine Agentur 65.000<br />
Euro Honorar. Um die 500 Teilnehmer<br />
zu gewinnen, versandte man insgesamt<br />
52<br />
15.000 Einladungen, für die gut 50.000<br />
Euro ausgegeben wurden. Größter Einzelposten<br />
war aber die Verpflegung der<br />
Teilnehmer: <strong>Die</strong>se ließ man sich knapp<br />
57.000 Euro kosten, das sind weit mehr<br />
als 100 Euro pro Person. Wenn für eine<br />
solche Alibiveranstaltung noch so viel<br />
Geld vorhanden ist, kann es um die Finanzsituation<br />
ja so schlimm nicht stehen,<br />
könnte man glauben. Dem ist aber<br />
leider nicht so!<br />
Dresden. <strong>Die</strong> Stadt Dresden verschickte<br />
Ende 2009 eine aufwendig auf Hochglanzpapier<br />
gedruckte 20-seitige Broschüre<br />
„Der neue Konzertsaal im Kulturpalast<br />
Dresden“. <strong>Die</strong>se Broschüre<br />
soll der Information über den geplanten<br />
Konzertsaal innerhalb des Umbauprojekts<br />
des Kulturpalastes dienen, so die<br />
Antwort der Stadtverwaltung Dresden<br />
auf unsere Anfrage. Im Juli 2008 hatte<br />
der Dresdner Stadtrat beschlossen, die<br />
akustisch ungenügende Spielstätte der<br />
Dresdner Philharmonie, den Dresdner<br />
Kulturpalast, in einen Konzertsaal der<br />
internationalen Spitzenklasse umzubauen.<br />
An dem Architektenwettbewerb<br />
hatten sich 28 Büros aus ganz Europa<br />
beteiligt. Zusammen mit der Dresdner<br />
Philharmonie wird auch die Städtische<br />
Bibliothek nach dem Umbau den Kulturpalast<br />
nutzen und in verglasten Türmen<br />
rechts und links des Konzertsaals ihren<br />
Platz finden. Auch das Kabarett „<strong>Die</strong><br />
Herkuleskeule“ soll im Gebäude seine<br />
neue Spielstätte erhalten. In den letzten<br />
Monaten wurde erneut eine Diskussion<br />
über den Neubau eines separaten Konzertsaals<br />
für die Dresdner Philharmonie<br />
von Kritikern des Konzepts „Konzertsaal“<br />
im Kulturpalast angestoßen. Von<br />
der Broschüre wurden 35.000 Exemplare<br />
gedruckt; die Gesamtkosten beliefen sich<br />
auf rund 25.000 Euro. Allein 2.130 Euro<br />
gab die Stadt für den Kauf von Adressen<br />
aus. Der Empfängerkreis der Briefe<br />
setzte sich zusammen aus Abonnenten<br />
der Dresdner Philharmonie sowie Einrichtungen,<br />
Institutionen, <strong>Die</strong>nstleistern<br />
und Partnern, die in einem Bezug zur<br />
Landeshauptstadt Dresden stehen. Der<br />
Bund der Steuerzahler ist der Ansicht,<br />
dass man auch mit anderen, kostengünstigeren,<br />
Möglichkeiten das Projekt<br />
breiteren Bevölkerungsschichten hätte<br />
vorstellen können.<br />
Baden-Württemberg. Für viel Aufsehen<br />
sorgte im Frühjahr <strong>2010</strong> die Informationskampagne<br />
des Kultusministeriums<br />
zur „Qualitätsoffensive Bildung“<br />
in Baden-Württemberg. Landesweit<br />
wurden die Leser der führenden Tageszeitungen<br />
mittels einer Beilage über die<br />
Bestandteile der Qualitätsoffensive unterrichtet.<br />
<strong>Die</strong> Gesamtauflage belief sich<br />
auf stattliche 1,3 Millionen Exemplare.<br />
<strong>Die</strong> Kosten für Druck und Versand allein<br />
für diese Aktion beliefen sich für<br />
die Steuerzahler auf 311.411 Euro. Der<br />
Informationsgehalt der Beilage war<br />
allerdings überschaubar. Auf unsere<br />
Anfrage antwortete das Kultusministe-<br />
Teure Imagepflege<br />
rium, dass man gemessen am Gesamtumfang<br />
der Bildungsausgaben, die<br />
Informationskampagne und die hierfür<br />
bereitgestellten Haushaltsmittel für angemessen<br />
halte. Insgesamt hat man für<br />
die gesamte Informationskampagne 2,5<br />
Millionen Euro vorgesehen. <strong>Die</strong>se umfasst<br />
unter anderem neben zahlreichen<br />
Faltblättern, Leitfäden auch Veranstaltungen<br />
wie „Klassenzimmer on tour“<br />
sowie eine eigene Internetseite. Eine im<br />
Vorfeld der gesamten Kampagne durch<br />
ein Institut durchgeführte Befragung<br />
für rund 38.000 Euro sowie Schokoladetafeln<br />
mit Banderolen für 12.000 Euro<br />
durften natürlich auch nicht fehlen.<br />
Bis 1. April beliefen sich die Ausgaben<br />
für die verschiedenen Maßnahmen auf<br />
920.000 Euro. Ob diese Ausgaben wirklich<br />
angemessen sind, kann bezweifelt<br />
werden. Nach lautstarken Protesten entschied<br />
man sich, den Schwerpunkt der<br />
Kampagne auf dialogorientierte Maßnahmen<br />
zu verlegen und stoppte Anzeigen<br />
und Flyer. Für den Steuerzahler ist<br />
es ärgerlich, wenn sein Geld für teure<br />
Imagekampagnen der Politik ausgegeben<br />
wird.<br />
München. Arbeitet das Bayerische<br />
Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft<br />
und Forsten für den Wald<br />
oder für die Katz? Letzteres scheint offenbar<br />
der Fall zu sein. So hat Ministerialdirigent<br />
W., Leiter der Forstverwaltung<br />
im Bayerischen Staatsministerium<br />
für Ernährung, Landwirtschaft und For-<br />
53
Teure Imagepflege<br />
sten, 2005 offenbar ohne Kenntnis seines<br />
damaligen Staatsministers die Projektgruppe<br />
„Waldumbau - Klimawandel“<br />
einberufen. <strong>Die</strong>se hatte den Auftrag, für<br />
das Bayerische Staatsministerium für<br />
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten<br />
Lösungsvorschläge und Entscheidungsgrundlagen<br />
zu erarbeiten, „wie<br />
der dringend erforderliche Waldumbau<br />
beschleunigt werden kann“. Dabei wurde<br />
auch ein externes privates Marketingunternehmen<br />
eingeschaltet. <strong>Die</strong>ses wurde<br />
beauftragt, die Projektgruppenarbeit zu<br />
begleiten und zu moderieren. Es sollten<br />
u. a. Vorschläge entwickelt werden, wie<br />
Waldbesitzer erreicht, interessiert, informiert<br />
und motiviert werden können.<br />
Als Ergebnis der Projektarbeit wurde<br />
ein Abschlussbericht verfasst, der u. a.<br />
„die Schaffung eines medialen Humus“<br />
vorschlägt zur Schaffung eines „neuen<br />
Typus des Jägers“ – gegen die „verfilzte<br />
Struktur der Jagd – die uneinsichtigen<br />
Der Bericht der Projektgruppe „Waldumbau<br />
- Klimawandel“ war „für die Katz“!<br />
54<br />
Jäger“. Nach alledem wertete auch der<br />
heutige Bayerische Staatsminister für Ernährung,<br />
Landwirtschaft und Forsten die<br />
im Abschlussbericht der Projektgruppe<br />
getroffenen Aussagen als „völlig überzogen“<br />
und weder seinem Stil noch dem<br />
Stil seines Hauses entsprechend. Er hat<br />
daher das Papier „sofort“ – nachdem er<br />
davon Kenntnis erlangt hat – „offiziell für<br />
gegenstandslos erklärt“. Der Abschlussbericht<br />
werde „wegen der unberechtigten<br />
pauschalen Vorwürfe keinerlei<br />
jagdpolitische Bedeutung erlangen“. Finanzielle<br />
Bedeutung erlangte der Bericht<br />
jedoch für die Steuerzahler, denn diese<br />
hatten ihn zu bezahlen. Wie die Nachfragen<br />
des Bundes der Steuerzahler ergaben,<br />
kostete die externe Beratung 24.000<br />
Euro. Wie gut, dass man die braven Steuerzahler<br />
hat!<br />
Kreis Höxter. Grand Canyon war gestern,<br />
die Hannoverschen Klippen sind heute.<br />
Um der beeindruckenden Felsformation<br />
im Kreis Höxter zu mehr Glanz zu verhelfen,<br />
soll eine Aussichtsplattform in<br />
den Klippen verankert werden. <strong>Die</strong>ser<br />
Skywalk ist eines der Projekte aus dem<br />
Programm „Erlesene Natur“, mit dem<br />
der Kreis Höxter die Natur erlebbar und<br />
attraktiver machen und mehr Besucher<br />
anlocken möchte. Rund 3 Mio. Euro haben<br />
die EU, das Land NRW und der Kreis<br />
Höxter insgesamt dafür locker gemacht.<br />
Für den Skywalk, eine rund fünf mal<br />
vier Meter große Aussichtsplattform mit<br />
einem schmaleren Seitenarm, der über<br />
die Hannoverschen Klippen hinausragen<br />
und den Besuchern einen spektakulären<br />
Blick ins Wesertal bescheren soll, sowie<br />
einen barrierearmen Wanderweg als<br />
Zugang rechnet der Kreis mit Kosten in<br />
Höhe von 500.000 Euro. Was der Kreis<br />
Höxter als „Leuchtturmprojekt“ betitelt,<br />
findet in der Bevölkerung wenig Rückhalt.<br />
Denn es gibt einen historischen Klippenweg,<br />
der zu einem Aussichtspunkt<br />
mit einem so spektakulären Blick ins<br />
Wesertal führt, dass eine Aussichtsplattform<br />
schlicht überflüssig ist. Allerdings<br />
ist dieser Weg seit Beginn der 90er Jahre<br />
aus Sicherheitsgründen gesperrt. Ob er<br />
sich nicht sichern, ggf. verbessern und<br />
wieder öffnen ließe? Der Kreis zeigt sich<br />
in dieser Frage zugeknöpft. Eine Interessengemeinschaft<br />
kritisiert zudem, dass<br />
der stählerne Skywalk, der in die Hannoverschen<br />
Klippen hineingebohrt wird,<br />
das Gesamtbild der Felsen beeinträchtigt<br />
und sich nicht mit dem Naturschutz verträgt.<br />
Sie plädiert dafür, den historischen<br />
Klippenweg wieder zu öffnen. Der Landrat<br />
hatte versichert, keine Entscheidung<br />
gegen den Willen der Bevölkerung zu<br />
treffen. Doch eine Ausschreibung hat<br />
bereits stattgefunden, die Aufträge wurden<br />
an zwei heimische Firmen vergeben.<br />
Ein solches Vorgehen wirft ein denkbar<br />
schlechtes Licht auf die Entscheidungsträger.<br />
Auch dass der anfangs geplante<br />
Rundwanderweg plötzlich nicht mehr zu<br />
dem Projekt gehört, sondern in einem<br />
weiteren Schritt angelegt werden soll<br />
und dass immer wieder andere Kosten<br />
Teure Imagepflege<br />
in der Öffentlichkeit kursieren, macht<br />
stutzig. Der Bund der Steuerzahler wird<br />
den Fall weiter beobachten und die Öffentlichkeit<br />
über die Kostenentwicklung<br />
dieses Prestigeprojekts informieren.<br />
Berlin. <strong>Die</strong> Berliner Senatsverwaltung<br />
für Bildung, Wissenschaft und Forschung<br />
hat im Dezember 2009 eine<br />
Broschüre mit dem Titel „Investitionsprogramm<br />
‚Zukunft Bildung und Betreuung’“<br />
(IZBB) herausgegeben. <strong>Die</strong> 38<br />
Seiten umfassende Schrift dokumentiert<br />
den Ausbau der Berliner Grundschulen<br />
für den Ganztagsbetrieb und dürfte<br />
eine der teuersten Drucksachen des<br />
Berliner Senats sein. Bei einer Auflage<br />
von gerade einmal 250 Stück beliefen<br />
sich die Herstellungskosten durch eine<br />
Fremdfirma auf über 17.000 Euro. <strong>Die</strong>s<br />
entspricht damit Kosten von 70 Euro<br />
pro Exemplar. Reich bebildert ist die<br />
Broschüre mit hochwertigen Architekturfotos<br />
der umgebauten Schulgebäude<br />
sowie mit Fotografien spielender und<br />
lernender Kinder. Unterlegt sind die Abbildungen<br />
mit Aussagen zur Wirkung<br />
von Gestaltung, Licht und Schall. Im<br />
Hauptausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses<br />
informierte die zuständige<br />
Staatssekretärin auf Nachfrage, dass im<br />
Rahmen des IZBB-Programms Bund<br />
und Länder vereinbart hätten, wie die<br />
umgesetzten Maßnahmen dokumentiert<br />
werden sollten. <strong>Die</strong> erstellte Broschüre<br />
sei insofern mit dem Bund und den anderen<br />
Bundesländern abgestimmt. <strong>Die</strong><br />
55
Teure Imagepflege<br />
Finanzierung der Broschüre aus der<br />
<strong>Die</strong>nstleistungspauschale sei innerhalb<br />
des IZBB-Programms erfolgt. Insgesamt<br />
habe Berlin einen Anteil in Höhe von 147<br />
Mio. Euro erhalten, wovon rund 275.000<br />
Euro für wissenschaftliche Begleitung,<br />
Evaluation und Publikationen vorgesehen<br />
gewesen seien, ist dem Sitzungsprotokoll<br />
zu entnehmen. Weiter bestätigte<br />
die Staatsekretärin auch, dass die<br />
Broschüre von einer Firma erstellt und<br />
mit 17.504,90 Euro in Rechnung gestellt<br />
worden sei. Sie gesteht dabei aber auch<br />
ein, dass die Frage des Preis-Leistungs-<br />
Verhältnisses sicher noch einmal geprüft<br />
werden müsse. Bearbeitet worden sei die<br />
Broschüre von den Verwaltungsmitarbeitern,<br />
die das IZBB-Programm insgesamt<br />
abgewickelt hätten. Insofern geht der<br />
BdSt davon aus, dass die Broschüre die<br />
Steuerzahler zusammen mit den Kosten<br />
der Verwaltung insgesamt an die 25.000<br />
Euro bzw. rund 100 Euro pro Stück gekostet<br />
haben dürfte. Für eine Schrift mit<br />
einem so geringen Informationsgehalt<br />
und so begrenzten Adressatenkreis ist<br />
das eindeutig zu viel.<br />
Saarbrücken. Mit Urteil vom 1. Juli stellte<br />
der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes<br />
fest, dass die CDU-Landesregierung<br />
während des Landtagswahlkampfes<br />
2009 verfassungswidrig Wahlkampf auf<br />
Kosten der Steuerzahler betrieben hat.<br />
Für den Schaden geradestehen will jetzt<br />
niemand. Im Vorfeld der Landtagswahl<br />
vom 30. August 2009 startete die Landes-<br />
56<br />
regierung von Peter Müller (CDU) mehrere<br />
PR-Aktionen. So wurde den Mai-Gehaltsabrechnungen<br />
der Beschäftigten im<br />
<strong>öffentliche</strong>n <strong>Die</strong>nst ein Begleitschreiben<br />
des Ministerpräsidenten beigefügt, in<br />
dem dieser die Verdienste seiner Regierung<br />
um die Staatsdiener über den grünen<br />
Klee lobte. Im Sommer 2009 wurde<br />
eine Broschüre vom Innenministerium in<br />
einer Auflage von 5.000 Exemplaren veröffentlicht,<br />
die den Titel „Saarland – aber<br />
sicher“ trug. Darin wurde darauf verwiesen,<br />
dass unter der CDU-Regierung<br />
deutlich mehr Polizeibeamte eingestellt<br />
worden seien als unter der SPD-Vorgängerregierung.<br />
Schließlich schaltete man<br />
im Zeitraum Mai bis August eine Anzeigenserie<br />
in Nachrichtenblättern verschiedener<br />
Gemeinden unter der Überschrift<br />
„Der Ministerpräsident informiert“.<br />
Garniert mit dem Landeswappen und<br />
dem Konterfei von Peter Müller wurden<br />
unterschiedliche Themen abgehandelt.<br />
Vom BdSt angesprochen, teilte die Staatskanzlei<br />
mit, dass der Schaden durch die<br />
verfassungswidrige Wahlwerbung bei<br />
28.000 Euro liege. <strong>Die</strong> oppositionelle SPD<br />
befürchtet indes einen Schaden von mehr<br />
als 100.000 Euro. Alles deutet darauf hin,<br />
dass den die Steuerzahler tragen müssen,<br />
denn die CDU, zu deren Gunsten die Werbeaktionen<br />
liefen, lehnt einen Ersatz des<br />
Schadens kategorisch ab. Und die Staatskanzlei<br />
teilte dem BdSt lakonisch mit, dass<br />
Ersatzansprüche geprüft und gegebenenfalls<br />
beschieden würden. Mehr war bis<br />
heute nicht zu vernehmen.<br />
Treue <strong>Die</strong>ner, teure <strong>Die</strong>ner<br />
Bürokraten schlagen Kapriolen<br />
München/Taiwan. Ihr „Fernweh“ stillten<br />
16 Mitglieder des Ausschusses für Fragen<br />
des Öffentlichen <strong>Die</strong>nstes des Bayerischen<br />
Landtags. Sie reisten vom 14. bis<br />
21. November 2009 nach Taiwan. Man<br />
wollte in Fernost Erfahrungen über das<br />
dortige Beamtentum gewinnen. „Es ist<br />
bekannt, dass die asiatische Kultur von<br />
besonderer Freundlichkeit geprägt ist.<br />
Ich bin daher sehr neugierig, wie sich<br />
diese Neigung im täglichen Geschäft in<br />
einer großen Behörde, wie beispielsweise<br />
einem Finanzamt, in der Praxis<br />
umsetzen lässt und ob sich davon Anregungen<br />
für unsere Ämter ableiten<br />
lassen“, hieß es vielversprechend im<br />
Reiseantrag der Ausschussvorsitzenden.<br />
Von den Asiaten Freundlichkeit zu<br />
erlernen, insbesondere beim Umgang<br />
mit den Bürgern, ist geradezu grotesk.<br />
Freundlichkeit sollte wohl eine Selbstverständlichkeit<br />
auch unserer Abgeordneten<br />
und Staatsbediensteten sein.<br />
Das auf dem Asientrip zu gewinnende,<br />
konkrete Informationsbedürfnis ist den<br />
Bürgern und Steuerzahlern weder vermittelbar<br />
noch für sie nachvollziehbar.<br />
Ganz anderer Auffassung ist die Präsidentin<br />
des Bayerischen Landtags. Sie<br />
teilte dem Bund der Steuerzahler u. a.<br />
mit, dass „die Informationsprogramme<br />
vor Ort stets so arbeitsintensiv ausgelegt<br />
sind, dass es sich von selbst versteht,<br />
dass nicht das Reisen, sondern die Information<br />
im Vordergrund steht. In einer<br />
globalisierten Welt haben Abgeordnete<br />
nicht nur das Recht, sondern sogar die<br />
Teure <strong>Die</strong>ner<br />
Pflicht, sich in anderen Ländern zu informieren“.<br />
Außerdem entspreche es dem<br />
Selbstverständnis der frei gewählten<br />
Abgeordneten, wie sie sich im Einzelnen<br />
informieren. Sie seien ausschließlich<br />
den Wählern politisch verantwortlich.<br />
Wenn auch nach Mitteilung der<br />
Präsidentin des Bayerischen Landtags<br />
jeder Abgeordnete in einer Wahlperiode<br />
4.400 Euro an mandatsbedingten Reisen<br />
abrechnen kann und der Ausflug nach<br />
Taiwan wohl in diesem Budget enthalten<br />
war, stellen sich die Steuerzahler als<br />
eigentliche Financiers unseres Staates<br />
die Frage, ob in Zeiten einer Finanzkrise<br />
dieser Polittourismus nach Taiwan noch<br />
gerechtfertigt ist.<br />
Landkreis Waldeck-Frankenberg. Fast<br />
drei Monate nachdem Landrat Helmut<br />
Eichenlaub aus seinem Amt ausgeschieden<br />
war, rückte die Kreisverwaltung<br />
erstmals Zahlen über die Höhe der<br />
Reisekosten des ehemaligen Landrats<br />
heraus. Dabei wurde bekannt, das allein<br />
die Reisekosten in den Jahren 2008 und<br />
2009 um 67.000 Euro höher waren als<br />
im Haushalt veranschlagt, obwohl der<br />
Kreisausschuss den Ansatz für <strong>Die</strong>nstreisen<br />
und Partnerschaften bereits 2008<br />
wegen deutlichen Überschreitungen<br />
erhöhen musste. In den zwei Jahren<br />
hatte der Landrat allein 116.000 Euro<br />
für 38 Auslandsreisen ins Burgenland,<br />
die Schweiz, die USA und nach Moskau<br />
ausgegeben. Bekannt wurde auch,<br />
dass die überhöhten Reisekosten im<br />
57
Teure <strong>Die</strong>ner<br />
Kreisausschuss und Parlament mit trickreicher<br />
Darstellung der Bilanz durchgewinkt<br />
wurden. Der Mehrbedarf wurde<br />
rein rechnerisch bei anderen Etatposten<br />
zusammengekratzt. Damit nahmen die<br />
Parlamentarier Mehrkosten von fast 200<br />
Prozent einfach so zur Kenntnis. Inzwischen<br />
ermittelt die Staatsanwaltschaft<br />
und ein Akteneinsichtsausschuss bemüht<br />
sich um eine lückenlose Aufklärung.<br />
<strong>Die</strong>ser stellte auch fest, dass zwei<br />
Reisen doppelt abgerechnet wurden.<br />
Das Regierungspräsidium Kassel hat<br />
bereits ein Disziplinarverfahren gegen<br />
den früheren Landrat eingeleitet. Als sicher<br />
gilt inzwischen auch, dass Eichenlaub<br />
unberechtigt Provisionen in Höhe<br />
von 309.000 Euro für Geldanlagen des<br />
Landkreises in der Schweiz erhalten hat.<br />
62.000 Euro waren bereits auf ein von<br />
Eichenlaub benanntes Konto gebucht<br />
worden. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen,<br />
so ist das als klarer Verstoß gegen<br />
den wirtschaftlichen und sparsamen<br />
Umgang mit Steuergeldern zu werten.<br />
Dann müssen ohne Ansehen der beteiligten<br />
Personen Schadensersatzansprüche<br />
geltend gemacht und strafrechtliche<br />
Schritte eingeleitet werden.<br />
Kreuztal. Gleich zwei Beigeordnete<br />
wählte der Kreuztaler Rat im Januar ab.<br />
Kämmerer und Sozialdezernentin, beide<br />
Wahlbeamte auf Zeit, wurden vorzeitig<br />
aus dem Amt entlassen. Doch was der<br />
Öffentlichkeit als Sparkonzept verkauft<br />
wird, ist teuer. Denn bis zum Ende der<br />
58<br />
achtjährigen Amtszeit muss die Stadt<br />
zunächst noch 75 Prozent der Bezüge<br />
weiterzahlen: insgesamt 165.000 Euro im<br />
Jahr. In den ersten drei Monaten werden<br />
die vollen Bezüge weitergezahlt, danach<br />
reduzieren sich die Kosten auf 134.000<br />
Euro pro Jahr. <strong>Die</strong> Amtszeit des Kämmerers<br />
endet offiziell am 30. April 2012,<br />
die der Sozialdezernentin am 31. Januar<br />
2015. Vorsichtig hochgerechnet zahlen<br />
die Kreuztaler deshalb in den nächsten<br />
fünf Jahren mehr als 400.000 Euro für<br />
zwei Beigeordnete, die nicht mehr für<br />
sie arbeiten.<br />
Der Bürgermeister erklärt, dass man<br />
jetzt pro Jahr 31.000 Euro Personalkosten<br />
spare. Ab 2011 lägen die Einsparungen<br />
durch Wegfall einer Umlage an<br />
die Versorgungskasse sogar bei 66.000<br />
Euro. Nachfolgeregelungen möchte man<br />
intern treffen. Allerdings müssten dann<br />
für Höhergruppierungen jährlich 25.000<br />
Euro veranschlagt werden, so dass unterm<br />
Strich noch 41.000 Euro eingespart<br />
würden. Eine Milchmädchenrechnung.<br />
Denn auch ohne Abwahl hätten sich in<br />
zwei Jahren die Kosten halbieren lassen:<br />
wenn die Amtszeit des Kämmerers<br />
offiziell abläuft und er nicht wiedergewählt<br />
worden wäre. Zu kurz gedacht<br />
ist auch die Rechnung zur Entwicklung<br />
der Umlage an die Versorgungskasse für<br />
kommunale Beamte. Wie sich die Kosten<br />
hierfür entwickeln, hängt davon ab,<br />
wie sich die Zahl der Pensionäre künftig<br />
entwickelt. Und diese steigt – die Stadt<br />
Kreuztal hat ihren Anteil daran.<br />
München/Vietnam. „Das Reisen ist nicht<br />
nur des Müllers Lust“, sondern offenbar<br />
auch die des Ausschusses für Verfassung,<br />
Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz<br />
des Bayerischen Landtags.<br />
So unternahmen die 16 Mitglieder<br />
dieses Ausschusses im April dieses<br />
Jahres einen Fernosttrip nach Vietnam.<br />
Anlass dieser Reise sei u. a. gewesen,<br />
Rahmenbedingungen für bayerische<br />
Unternehmen in Vietnam zu erkunden.<br />
Dabei sind aber auch die touristischen<br />
Highlights nicht zu kurz gekommen.<br />
So ist man für einen Tag in die Halong<br />
Bucht im Norden Vietnams gereist. Im<br />
Süden hat man die Cu Chi Tunnel besichtigt,<br />
die der Vietcong während des<br />
Vietnamkrieges unter dem US-Hauptquartier<br />
gebaut hatte. Der Ausschussvorsitzende<br />
vertritt die Auffassung, dass<br />
Teure <strong>Die</strong>ner<br />
<strong>Die</strong> Reiselust führte bayerische Landtagsabgeordnete nach Vietnam und Taiwan.<br />
die frei gewählten Abgeordneten „selbst<br />
entscheiden, welche Informationen sie<br />
für notwendig erachten und auf welche<br />
Weise sie sich informieren. <strong>Die</strong> Informationsreise<br />
nach Vietnam war „gemäß<br />
den bestehenden Regeln vom Ausschuss<br />
beschlossen und vom Ältestenrat genehmigt<br />
worden“.Wenn auch die Fernostreise<br />
der Parlamentarier sich im Rahmen<br />
des jedem Abgeordneten in einer<br />
Wahlperiode zustehenden Budgets von<br />
4.400 Euro für mandatsbedingte Reisen<br />
bewegt hat, sind es doch letztlich die<br />
Steuerzahler, die die Vietnamreise zu<br />
bezahlen haben. Der Ausschussvorsitzende<br />
teilte dem Bund der Steuerzahler<br />
insoweit noch lapidar mit, dass der<br />
Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen<br />
und Verbraucherschutz<br />
das „Budget durchaus in dem Bewusst-<br />
59
Teure <strong>Die</strong>ner<br />
sein verwendet, dass es sich dabei um<br />
Steuergelder handelt“. Fraglich ist aber<br />
nach wie vor, ob die Steuerzahler für die<br />
Reiselust ihrer Abgeordneten gerade in<br />
Zeiten knapper <strong>öffentliche</strong>r Mittel noch<br />
Verständnis haben.<br />
Wilster. Wenn man die Stellenanzeige<br />
in der Tageszeitung sieht, könnte man<br />
denken, dass hier ein Großunternehmen<br />
eine Führungskraft sucht. Tatsächlich<br />
geht es aber nur um die Ausschreibung<br />
der Stelle eines neuen leitenden Verwaltungsbeamten<br />
für das Amt Wilstermarsch<br />
im Kreis Steinburg mit gerade<br />
mal rund 12.000 Einwohnern. Fast 5.000<br />
Euro ließ man es sich kosten, auch noch<br />
ein umfassendes Anforderungsprofil im<br />
Anzeigentext unterzubringen.<br />
Dabei machen viele andere Kommunen<br />
und Behörden es längst vor, wie es günstiger<br />
geht: Mit einer ansprechenden<br />
Anzeige im Stellenteil wird auf eine<br />
umfassende Ausschreibung im Internet<br />
hingewiesen. <strong>Die</strong>sen Einwand will<br />
man in Wilster aber nicht gelten lassen:<br />
Schließlich sei die Stellenbesetzung für<br />
das Amt von allergrößter Bedeutung<br />
und deshalb müsse sichergestellt werden,<br />
dass sie auch von allen interessierten<br />
Personen wahrgenommen werde.<br />
<strong>Die</strong>se Argumentation zeigt eine für den<br />
Steuerzahler erschreckende Einstellung<br />
auf. Wer die Gebote von Wirtschaftlichkeit<br />
und Sparsamkeit ernst nimmt, muss<br />
dieses auch nach außen dokumentieren<br />
– so wird ein Schuh daraus!<br />
60<br />
Löhne. <strong>Die</strong> Stadt Löhne hat ihre Verwaltung<br />
neu strukturiert. <strong>Die</strong> Personalkosten<br />
werden dadurch aber nicht sinken. Im<br />
Gegenteil. Das allein wäre für die Steuerzahler<br />
schon ärgerlich genug, doch ein<br />
Detail der Umstrukturierung hat zudem<br />
einen besonders bitteren Beigeschmack:<br />
die Schaffung und Besetzung der Amtsleiterstelle<br />
für Verwaltungssteuerung.<br />
<strong>Die</strong>se Stelle wurde mit der Besoldungsgruppe<br />
A 13 ausgewiesen. Der Beamte,<br />
der zum neuen Amtsleiter für Verwaltungssteuerung<br />
ernannt wurde, befindet<br />
sich noch in der Besoldungsgruppe A 12.<br />
Sein Gehalt stieg damit zum 1. April <strong>2010</strong>.<br />
Schön für den Beamten, schlecht für den<br />
Steuerzahler. Denn der frischgebackene<br />
Amtsleiter befindet sich in Altersteilzeit.<br />
Bis zum 31. Dezember <strong>2010</strong> arbeitet er<br />
In Löhne wurde ein Amtsleiter kurz vor<br />
Pensionierung noch schnell befördert.<br />
noch voll; ab 1. Januar 2011 tritt er jedoch<br />
in die Freistellungsphase seiner Altersteilzeit<br />
ein. Also muss dann ein neuer<br />
Amtsleiter her. Vermutlich jemand, der<br />
sich über eine Gehaltserhöhung freuen<br />
kann. Es kommt aber noch schlimmer:<br />
<strong>Die</strong> Pension eines Beamten richtet sich<br />
– anders als beim Arbeitnehmer – nicht<br />
nach dem Durchschnittsgehalt seines<br />
gesamten Arbeitslebens, sondern nach<br />
dem zuletzt bezogenen Gehalt. <strong>Die</strong> Pension<br />
des Amtsleiters wird also wegen der<br />
Beförderung kurz vor der Pensionierung<br />
steigen. Das heißt, die Steuerzahler müssen<br />
für eine höhere Pension aufkommen,<br />
obwohl der Betroffene dafür so gut wie<br />
keine Leistung erbracht hat. Das hat mehr<br />
als ein Geschmäckle. Zumal diese Beförderung<br />
2009 im Eilverfahren beschlossen<br />
wurde, da <strong>2010</strong> eine Haushaltssicherung<br />
droht. <strong>Die</strong> hat nämlich eine Beförderungssperre<br />
zur Folge, womit der neue<br />
Amtsleiter in der Besoldungsgruppe A 12<br />
geblieben wäre. Schlecht für ihn, schön<br />
für den Steuerzahler.<br />
Wolnzach. Unrühmlich machten der<br />
ehemalige Bürgermeister Josef Sch.<br />
und der frühere Kämmerer Wolfgang Z.<br />
des Marktes Wolnzach von sich reden.<br />
Sie haben in den Jahren 2007 und 2008<br />
ohne Kenntnis des Marktgemeinderats<br />
Kassenkredite über die satzungsgemäß<br />
zulässige Grenze von 3 Mio. Euro hinaus<br />
aufgenommen, und zwar zur Finanzierung<br />
eines umfangreichen Investitionsprogramms.<br />
Infolge der ungenehmigten<br />
Teure <strong>Die</strong>ner<br />
Kreditaufnahme sei dem Markt Wolnzach<br />
ein Schaden in Form einer Zinsbelastung<br />
in Höhe von rund 180.000 Euro entstanden.<br />
Der frühere Kämmerer Wolfgang<br />
Z. hat sich außerdem zwei Autos und einen<br />
Fernseher auf Kosten der Kommune<br />
gleichsam „in die eigene Tasche gesteckt“.<br />
<strong>Die</strong>ses Haushaltsgebaren blieb nicht folgenlos.<br />
Das Landgericht München II hat<br />
den früheren Bürgermeister Josef Sch.<br />
wegen Verwirklichung des Straftatbestands<br />
der Untreue nach § 266 StGB zu<br />
einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren<br />
verurteilt, die allerdings zur Bewährung<br />
ausgesetzt ist. Sein früherer Kämmerer<br />
Wolfgang Z. wurde zu einer Freiheitsstrafe<br />
von drei Jahren ohne Bewährung<br />
verurteilt. Auch wenn die Urteile noch<br />
nicht rechtskräftig sind – es wurde Revision<br />
zum Bundesgerichtshof eingelegt<br />
– haben die Übeltäter gleichsam ihre<br />
„Quittung“ schon bekommen. Aufgrund<br />
der erheblichen Verstöße gegen Haushaltsbestimmungen<br />
hat die Regierung<br />
von Oberbayern gegen den früheren<br />
Bürgermeister des Marktes Wolnzach,<br />
zuletzt Landrat des Landkreises Pfaffenhofen<br />
a. d. Ilm, ein Disziplinarverfahren<br />
eingeleitet, das derzeit wegen des noch<br />
nicht rechtskräftig abgeschlossenen<br />
Strafverfahrens ruht. Josef Sch. wurde<br />
außerdem vorläufig des <strong>Die</strong>nstes enthoben.<br />
Im Interesse der steuerzahlenden<br />
Wolnzacher Bürger bleibt zu hoffen, dass<br />
künftig im Wolnzacher Rathaus wieder<br />
Rechtstreue herrscht.<br />
61
Kostenexplosion<br />
Kostenexplosion<br />
Wenn Projekte aus dem Ruder laufen<br />
Berchtesgaden. Das anspruchsvolle<br />
Projekt „Haus der Berge“, ein modernes<br />
Besucherinformations- und Umweltbildungszentrum,<br />
das in Berchtesgaden<br />
für den dortigen Nationalpark errichtet<br />
wird und Ende des Jahres 2012 fertiggestellt<br />
sein soll, wird den Freistaat<br />
Bayern teuer zu stehen kommen. Das<br />
neue „Nationalpark-Haus“ soll als Anziehungspunkt<br />
in der Region eine zukunftsgerichteteInfrastruktureinrichtung<br />
und eine „Zukunftswerkstatt“ für<br />
Deutschlands einzigen Hochgebirgs-<br />
Nationalpark Berchtesgaden werden.<br />
In einem Zentrum für Naturerlebnis,<br />
ökologische Information und Umweltbildung<br />
wird man Ausstellungen, Umweltbildungswerkstätten<br />
und ein Erlebnisgelände<br />
besuchen können. Während<br />
man im September 2005 noch von Gesamtkosten<br />
in Höhe von 11 Mio. Euro<br />
ausging, war man im Juli 2007 schon<br />
bei Kosten in Höhe von 19 Mio. Euro<br />
für das ehrgeizige Nationalpark-Projekt<br />
angelangt, da eine Machbarkeitsstudie<br />
ergeben hatte, dass der ursprüngliche<br />
Kostenrahmen nicht ausreichend ist, um<br />
eine hinsichtlich Größe und Ausstattung<br />
attraktive Besuchereinrichtung zu schaffen.<br />
Der Freistaat Bayern wird sich mit<br />
15 Mio. Euro an dem anspruchsvollen<br />
Vorhaben beteiligen, 3 Mio. Euro werden<br />
aus EU-Fördergeldern fließen und<br />
eine Mio. Euro soll von dritter Seite<br />
aufgebracht werden. Wenn auch nach<br />
Auffassung des Bayerischen Staatsministers<br />
für Umwelt und Gesundheit das<br />
62<br />
Kosten-Nutzen-Verhältnis des Projekts<br />
„eindeutig positiv“ ist und das „Haus<br />
der Berge“ ein wichtiges touristisches<br />
Investitionsvorhaben für den gesamten<br />
Landkreis Berchtesgadener Land bildet,<br />
sind doch die Steuerzahler die Leidtragenden<br />
der über 70-prozentigen Kostensteigerung.<br />
Zu hoffen bleibt, dass das<br />
„Haus der Berge“ tatsächlich zu einem<br />
„Besuchermagnet“ wird und dass die<br />
Kosten nach Fertigstellung nicht weiter<br />
in die Höhe schnellen.<br />
Neuwerk. Nachdem der Orkan Kyrill die<br />
Ostbake auf der Insel Neuwerk im Jahr<br />
2007 zerstört hatte, sollte der Holzturm<br />
möglichst schnell wieder aufgebaut<br />
werden, denn er sei „unabdingbar erforderlich,<br />
um sicherzustellen, dass die<br />
Wattwanderer und Wattwagen bei auflaufendem<br />
Wasser rechtzeitig die Insel<br />
Neuwerk erreichen können“, so die Begründung.<br />
Weil die angedachte Sponsorenfinanzierung<br />
aber mangels Sponsoren<br />
nicht zustande kam, sprang die<br />
Freie und Hansestadt Hamburg ein, zu<br />
deren Staatsgebiet die Insel seit 700 Jahren<br />
gehört. Im Jahr 2009 wurde der Wiederaufbau<br />
in die Konjunkturoffensive<br />
des Senats integriert, die Bürgerschaft<br />
erteilte ihre Zustimmung zur Realisierung<br />
einer neuen Ostbake im Maßstab<br />
1:2 und bewilligte dafür 110.000 Euro.<br />
Doch nachdem alle Formalien abgeschlossen<br />
waren, entschied sich der<br />
damalige Senator für Wirtschaft und<br />
Arbeit, Axel Gedaschko (CDU), um: <strong>Die</strong><br />
Ostbake sollte doch lieber originalgetreu<br />
aus ihren Ruinen auferstehen. Flugs<br />
wurde neu geplant und die Kosten stiegen<br />
auf 269.699 Euro. Allerdings versäumte<br />
es der ehemalige niedersächsische<br />
Landrat, die zusätzlichen Mittel<br />
bei der Bürgerschaft einzuwerben. <strong>Die</strong><br />
Abgeordneten wurden von den Kostensteigerungen<br />
lediglich auf Nachfrage<br />
der SPD hin informiert; ein klarer Verstoß<br />
gegen das Budgetrecht der Hamburgischen<br />
Bürgerschaft – und eine <strong>Verschwendung</strong><br />
unserer Steuergelder!<br />
Herrenchiemsee. Müssen Bauvorhaben<br />
der <strong>öffentliche</strong>n Hand mit Kostensteigerungen<br />
verbunden sein? <strong>Die</strong>sen Eindruck<br />
gewinnt man jedenfalls bei der<br />
Sanierung des staatseigenen, denkmalgeschützten<br />
Schlosshotels Herrenchiemsee<br />
auf der Herreninsel im Chiemsee.<br />
Dabei steht die Erforderlichkeit der<br />
Sanierung des Schlosshotels, das eine<br />
schlechte Bausubstanz, u. a. mit feuchten<br />
und durch Salz belasteten Kellerwänden,<br />
aufweist, außer Frage, soll doch vielen<br />
Besuchern anlässlich der geplanten Bayerischen<br />
Landesausstellung zum 125.<br />
Todestag König Ludwigs II. im Jahr 2011<br />
auf Herrenchiemsee wieder ein zeitgemäßer<br />
Standard zur Verbesserung des<br />
Besucherservices geboten werden. Doch<br />
bei der Sanierung des Schlosshotels<br />
sind dem Freistaat Bayern die Kosten<br />
gleichsam davongelaufen. Ging man im<br />
Jahr 2008 noch von Kosten in Höhe von<br />
5,9 Mio. Euro aus, war man Ende 2009<br />
Kostenexplosion<br />
schon bei Kosten in Höhe von rund 7,93<br />
Mio. Euro angelangt. Ursächlich für die<br />
Kostensteigerung waren u. a. zusätzliche<br />
Kosten für die Behebung von Baumängeln<br />
(rund 790.000 Euro), höhere Baunebenkosten<br />
(rund 632.000 Euro, u. a. für<br />
eine externe Fachplanung), Zuschlag für<br />
Unvorhergesehenes (rund 234.000 Euro,<br />
insbesondere für Mehraufwendungen<br />
im denkmalgeschützten Bestand) und<br />
ein sog. „Inselzuschlag“ (rund 350.000<br />
Euro wegen höherer Transportkosten<br />
aufgrund der Insellage). Damit sich die<br />
Sanierungskosten nicht noch weiter erhöhen,<br />
hat man mittlerweile ein Projektsteuerungsbüro<br />
beauftragt. Im Sinne<br />
der bayerischen Steuerzahler bleibt zu<br />
hoffen, dass die Sanierung des Schlosshotels<br />
auf Herrenchiemsee im Rahmen<br />
der nunmehr genehmigten Gesamtkosten<br />
von knapp 8 Mio. Euro erfolgreich<br />
abgewickelt werden kann und nicht wieder<br />
neues Geld nachgeschoben werden<br />
muss.<br />
Osnabrück. Selbst 2000 Jahre später<br />
wirft die Varusschlacht im Teutoburger<br />
Wald noch einen langen Schatten. Eine<br />
künstlerische Reflexion der berühmten<br />
Schlacht sollte das großflächige Projekt<br />
„COLOSSAL“ darstellen. Mit einem<br />
verbindlich festgelegten Budget von<br />
500.000 Euro sollten im Osnabrücker<br />
Land vom 25. April 2009 bis Ende 2011<br />
an 14 Standorten die Werke von 20<br />
Künstlern ausgestellt werden. Es sollte<br />
sich zeigen, dass das Kunstprojekt hin-<br />
63
Kostenexplosion<br />
sichtlich der Finanzen seinem Namen<br />
tatsächlich alle Ehre machte: Das ursprüngliche<br />
Budget wurde – so viel steht<br />
jetzt schon fest – um colossale 184.000<br />
Euro, also rund 40 Prozent, überzogen.<br />
Nach Auskunft des Landschaftsverbands<br />
Osnabrücker Land, dem Träger<br />
von „COLOSSAL“, waren dafür insbesondere<br />
Mehrausgaben bei der Erstellung<br />
der Kunstwerke und krisenbedingt<br />
geringere Sponsorengelder verantwortlich.<br />
Wie das Rechnungsprüfungsamt<br />
des Landkreises Osnabrück feststellte,<br />
hatte der Landschaftsverband auch<br />
kein zeitnahes und dem Projekt angemessenes<br />
Finanzcontrolling betrieben.<br />
Zur Rechtfertigung hieß es vonseiten<br />
der Projektverantwortlichen, dass alle<br />
Beteiligten in die operative Abwicklung<br />
des Projekts eingebunden waren und<br />
daher ein Controlling nur eingeschränkt<br />
stattgefunden habe. Das hohe Defizit<br />
schultert der Landschaftsverband nun<br />
aus seinen eigenen Rücklagen und aus<br />
seinem Haushalt <strong>2010</strong>. Ohnehin sieht<br />
der Verband, der sich zu großen Teilen<br />
aus Steuergeldern finanziert, das Defizit<br />
weniger kritisch.<br />
Schließlich sei ein für die Region einmaliges<br />
Kunstevent ermöglicht worden.<br />
<strong>Verschwendung</strong> liege daher nicht vor.<br />
Offenkundig gelten in der Kunstszene<br />
andere Maßstäbe für den sparsamen<br />
Einsatz von <strong>öffentliche</strong>n Geldern. Zum<br />
Glück vergeht bis zum nächsten tausendsten<br />
Jahrestag der Varusschlacht<br />
noch sehr viel Zeit.<br />
64<br />
<strong>Die</strong>burg. Wenn ein Bürgermeister einräumt,<br />
dass seine Mitarbeiter im Bauamt<br />
zeitlich überfordert gewesen seien und<br />
auch grundsätzlich kein professionelles<br />
Controlling bei einem größeren Bauprojekt<br />
durchführen könnten, so zeigt dies<br />
zwar Einsicht, bedeutet aber für den<br />
Steuerzahler erst einmal nichts Gutes.<br />
Hintergrund ist der Bau der <strong>Die</strong>burger<br />
Stadthalle. <strong>Die</strong> bis zum Frühjahr auf 5,4<br />
Mio. Euro angesetzten Nettokosten für<br />
die „Römerhalle“ vermehrten sich von<br />
Dezember 2009 bis Februar <strong>2010</strong> schlagartig<br />
um 1,8 Mio. Euro. Dabei ist ein<br />
Anstieg bei den allgemeinen Baukosten<br />
wegen der konjunkturellen Lage um rund<br />
200.000 Euro durchaus nachvollziehbar.<br />
Dass man aber eine völlig unzureichende<br />
Beschallungsanlage einplante, die Gestaltung<br />
der Außenanlage nicht berücksichtigte<br />
und eine äußerst ungenügende<br />
Brandmeldeanlage vorsah, ist nicht zu<br />
entschuldigen. Hinzu kommen weitere<br />
völlig unverständliche Pannen: Bei den<br />
Anschlüssen für Strom, Wasser und Gas<br />
gab es Fehlplanungen für 52.000 Euro,<br />
bei der Möblierung des Hallenrestaurants<br />
hat man sich schlichtweg verkalkuliert,<br />
bei der Kostenabrechnung wurde<br />
ein Tiefenkeller für 70.000 Euro für eine<br />
eingeplante Wasser-Hebeanlage einfach<br />
vergessen. Dabei sind dies nicht die ersten<br />
Planungen gewesen. Im Jahr 2007<br />
rechnete man für eine einfache Halle<br />
noch mit Bruttogesamtkosten von weniger<br />
als 4,2 Mio. Euro. <strong>Die</strong> deutlich erweiterte<br />
endgültige Kostenplanung, der<br />
Planungschaos beim Bau des zweiten Hamburger Kreuzfahrtterminals.<br />
das Kommunalparlament im März 2009<br />
zustimmte, belief sich auf knapp unter 6,4<br />
Mio. Euro. Jetzt sollen es über 8,4 Mio.<br />
Euro werden. Fazit von Bürgermeister<br />
Werner Thomas: „Für größere Bauvorhaben<br />
braucht man ein professionelles<br />
Controlling. Nur so lassen sich falsche<br />
Kostenberechnungen von Architekten<br />
vermeiden.“ <strong>Die</strong>se Erkenntnis kommt in<br />
<strong>Die</strong>burg leider viel zu spät.<br />
Hamburg. Der Kreuzfahrttourismus<br />
boomt und der Hamburger Hafen<br />
ist Anlaufpunkt zahlreicher schwimmender<br />
Hotels. Deren Abfertigung ist<br />
von den zwei bestehenden Anlegestellen<br />
am Cruise Center kaum noch zu bewältigen.<br />
Deshalb entschied der Senat<br />
im Jahr 2007 zu Recht die Errichtung<br />
eines zweiten Kreuzfahrtterminals.<br />
Doch das Vorhaben wurde nicht etwa<br />
von der städtischen Bauverwaltung in<br />
der Stadtentwicklungsbehörde detailliert<br />
geprüft, geplant und die Ergeb-<br />
Kostenexplosion<br />
nisse dann zusammengefasst, damit die<br />
Hamburgische Bürgerschaft eine fundierte<br />
Entscheidung für oder gegen die<br />
Errichtung des Terminals treffen und<br />
die nötigen Steuergelder bereitstellen<br />
konnte. Vielmehr wurde ein <strong>öffentliche</strong>s<br />
Unternehmen gegründet, das mit 12,4<br />
Mio. Euro ausgestattet wurde und dessen<br />
Aufgaben die Errichtung und der<br />
Betrieb dieser Anlegestelle sein sollten.<br />
Damit wollte der Senat externen Sachverstand<br />
und privates Kapital in das<br />
Projekt einbinden, um möglichst schnell<br />
eine Wirtschaftlichkeit des Vorhabens<br />
sicherzustellen.<br />
Der Sachverstand kam dann unter anderem<br />
in Gestaltung einer Wohnungsbaugesellschaft,<br />
die mittels Geschäftsbesorgungsvertrag<br />
alle laufenden Verwaltungsaufgaben<br />
erledigen sollte und<br />
dafür jährlich 300.000 Euro aus den<br />
Projektmitteln erhielt. Zwei kritische<br />
Punkte hätten zu denken geben müssen:<br />
Zum einen gehörte die Gesellschaft zu<br />
65
Kostenexplosion<br />
100 Prozent der Freien und Hansestadt<br />
Hamburg, weshalb von externem Sachverstand<br />
nicht die Rede sein konnte. Zum<br />
anderen wurden der Gesellschaft von<br />
der Stadt beleihungsfähige Grundstücke<br />
kostenfrei zur Verfügung gestellt, weshalb<br />
private Investoren nach EU-Recht<br />
gar nicht beteiligt werden durften. Doch<br />
die Bedenken, die auch die Opposition<br />
im parlamentarischen Beratungsgang<br />
vorgetragen hatte, wurden von der seinerzeit<br />
mit absoluter Mehrheit ausgestatteten<br />
CDU beiseite gewischt – die<br />
Fischereihafenentwicklungsgesellschaft<br />
mbH & Co. KG (FEG) wurde gegründet.<br />
<strong>Die</strong> Grundlage für die erste Projektplanung<br />
war allerdings ein zu kleines Bemessungsschiff,<br />
weshalb die FEG diese<br />
Pläne verwerfen und neu ausarbeiten<br />
musste. Doch die Gesellschaft war sich<br />
ihrer Arbeit trotz des von der Politik zugetrauten<br />
externen Sachverstands offenbar<br />
nicht sicher genug, denn sie bat<br />
die Betriebsgesellschaft für das Cruise<br />
Center, die Entwurfsplanung kritisch<br />
gegenzulesen. <strong>Die</strong> wurde ursprünglich<br />
nicht ins Boot geholt, damit sie sich bei<br />
einer Ausweitung ihrer Aufgaben nicht<br />
verzettelt, obwohl es sich um teils identische<br />
Tätigkeiten gehandelt hätte.<br />
Das Planungschaos hätte wohl vermieden<br />
werden können, wenn sich der Senat<br />
auf hanseatische Tugenden besonnen<br />
und das zusätzliche Kreuzfahrtterminal<br />
mit der eigenen Hochbauverwaltung<br />
geplant hätte. Dann wäre allerdings die<br />
66<br />
Vorlage der sogenannten Haushaltsunterlage-Bau<br />
(HU-Bau) zwingend erforderlich<br />
gewesen, in der alle Informationen<br />
zur Errichtung, zum Betrieb und<br />
zur Wirtschaftlichkeit des Vorhabens<br />
detailliert dargestellt und nachgewiesen<br />
werden müssen. <strong>Die</strong>se konservative<br />
Planung soll Planungsfehler minimieren<br />
und dazu beitragen, Bauprojekte<br />
wirtschaftlich zu errichten. Doch weil<br />
die HU-Bau auch kritische Fragen der<br />
Opposition provoziert und gerade die<br />
bei politisch gewollten Leuchtturmprojekten<br />
umgangen werden sollen, nimmt<br />
der Trend zur Gründung städtischer Unternehmen<br />
zur Realisierung von Bauprojekten<br />
in Hamburg zu. Das ist wiederum<br />
Auslöser für zum Teil enorme<br />
Kostensteigerungen bei <strong>öffentliche</strong>n<br />
Bauprojekten, wie im Fall des zweiten<br />
Kreuzfahrtterminals: Hier werden nun<br />
60 Prozent mehr ausgegeben als ursprünglich<br />
veranschlagt, also rund 30<br />
Mio. Euro.<br />
Aufgedeckt<br />
Rechnungshöfe werden fündig<br />
Europa. <strong>Die</strong> EU-Mitgliedstaaten wollen<br />
zusammen mit sechs weiteren Nationen<br />
einen Kernfusionsreaktor bauen. ITER<br />
(International Thermonuclear Experimental<br />
Reactor) nennt sich dieser Versuch,<br />
Wasserstoffkerne miteinander zu<br />
verschmelzen. Derzeit schmelzen aber<br />
lediglich Steuergelder. Im Jahr 2001 hieß<br />
es, die EU werde 2,7 Mrd. Euro zu den<br />
ITER-Baukosten beisteuern müssen. Inzwischen<br />
geht die EU-Kommission davon<br />
aus, dass sich der EU-Beitrag fast<br />
verdreifachen wird – auf 7,2 Mrd. Euro!<br />
Das ist ein Mehrbedarf von 4,5 Mrd.<br />
Euro. Einen Teil der Lücke müsste Frankreich<br />
schließen, da dort der ITER gebaut<br />
wird. Doch der Großteil des Mehrbedarfs,<br />
rund 3,7 Mrd. Euro, müsste von<br />
EURATOM und damit aus dem EU-<br />
Haushalt finanziert werden. Noch wird<br />
auf EU-Ebene darum gerungen, wie die<br />
Finanzierungslücke geschlossen werden<br />
kann. Im Gespräch sind Kostensenkungsmaßnahmen,Haushaltsumschichtungen<br />
oder Kredite der Europäischen<br />
Investitionsbank. Hauptleidtragende<br />
dürften die deutschen Steuerzahler sein,<br />
die mit knapp 20 Prozent den größten<br />
Beitrag zum EU-Haushalt leisten.<br />
Wie konnte es zu dieser Kostenexplosion<br />
kommen? <strong>Die</strong> EU-Kommission spricht<br />
diplomatisch von „Problemen in Bezug<br />
auf die Verwaltung des gemeinsamen<br />
Unternehmens „Fusion for Energy“ und<br />
der internationalen ITER-Organisation“.<br />
Der Europäische Rechnungshof beklagt<br />
mangelhafte Kontroll- und Finanzin-<br />
Aufgedeckt<br />
formationssysteme sowie Vergabefehler<br />
durch „Fusion for Energy“. Dessen<br />
Chef ist Anfang <strong>2010</strong> zurückgetreten,<br />
auch wenn ein Zusammenhang mit<br />
der Kostenexplosion offiziell bestritten<br />
wird. <strong>Die</strong> Bundesregierung sieht<br />
Abstimmungsprobleme zwischen den<br />
Partnerstaaten und die zweifellos große<br />
Komplexität des Projekts als weitere<br />
Gründe.<br />
So weit, so schlecht. Doch vor allem ist<br />
zu konstatieren, dass das ITER-Abkommen<br />
ein ziemlich unverblümter Vertrag<br />
zu Lasten Dritter ist. Denn die EU bzw.<br />
EURATOM haben gar kein Recht, von<br />
dem Abkommen zurückzutreten! Was<br />
immer ITER kostet, die europäischen<br />
und damit vor allem die deutschen Steuerzahler<br />
sind zur Begleichung der Rechnung<br />
verpflichtet. Wer will angesichts<br />
solch eines Blankoschecks überrascht<br />
sein, wenn dann die Kosten tatsächlich<br />
explodieren.<br />
Brandenburg. Zur Einführung umweltschonender<br />
Verfahren in der Landwirtschaft<br />
und der Produktivitätsverbesserung<br />
der Betriebe förderte das Land<br />
Brandenburg zwischen 2004 und 2006<br />
landwirtschaftliche Betriebe mit insgesamt<br />
rund 39 Mio. Euro. <strong>Die</strong> mit der<br />
Förderung beauftragte InvestitionsBank<br />
des Landes Brandenburg beachtete nach<br />
Feststellungen des Landesrechnungshofs<br />
die Zuwendungsvoraussetzungen<br />
nicht ausreichend. Entgegen der Förderrichtlinie<br />
bewilligte sie Zuschüsse an<br />
67
Aufgedeckt<br />
Existenzgründer und prüfte die Einkommensgrenzen<br />
der Antragsteller nicht<br />
vollständig. Allein für zehn geprüfte<br />
Darlehensförderungen wurden rund<br />
338.000 Euro überhöhte Zinszuschüsse<br />
ausgezahlt. Für unangemessen hoch<br />
hält der Landesrechnungshof auch die<br />
der InvestitionsBank zugeflossenen Entgelte<br />
in den geprüften Fällen für die Geschäftsbesorgung<br />
bei Refinanzierungsdarlehen<br />
in Höhe von rund 388.000 Euro<br />
(24 Prozent der bewilligten Zuschüsse).<br />
Das Entgelt an die InvestitionsBank für<br />
die zinsverbilligten Refinanzierungsdarlehen<br />
erstattete ihr sowohl der Zahlungsempfänger<br />
als auch dessen Hausbank,<br />
so dass sich für den Zahlungsempfänger<br />
regelmäßig nominale Zinssätze ergeben,<br />
die zwei Prozentpunkte über den Refinanzierungssätzen<br />
der InvestitionsBank<br />
lagen. <strong>Die</strong>se doppelte Entrichtung der<br />
Entgelte an die InvestitionsBank ist für<br />
den Landesrechnungshof nicht nachvollziehbar.<br />
Zudem fehlten entsprechende<br />
Berechnungsgrundlagen.<br />
Bad Bergzabern. Aus einem leer stehenden<br />
Gebäudekomplex in der südpfälzischen<br />
Stadt Bad Bergzabern wollte ein<br />
Wormser Investor ein Vier-Sterne-Hotel<br />
machen. Nach Verhandlungen mit der<br />
Stadt und dem Land einigte man sich<br />
darauf, die Umbaukosten von 3,1 Mio.<br />
Euro wie folgt zu verteilen: 1,9 Mio. Euro<br />
sollte das Land tragen, die Stadt und der<br />
Investor jeweils etwa 600.000 Euro. Als<br />
die Kosten auf 6,23 Mio. Euro angestie-<br />
68<br />
gen waren, mahnte der Rechnungshof,<br />
eine 90-prozentige Subvention an einen<br />
Privaten sei nicht zu vertreten. Kurzerhand<br />
zog man einen Plan aus der<br />
Schublade, der nach BdSt-Informationen<br />
schon länger vorgehalten worden<br />
war: <strong>Die</strong> Stadt kauft das Grundstück<br />
und tritt in sämtliche Verträge mit Planern<br />
und Baufirmen ein, der vormalige<br />
Investor bleibt im Projekt als Betreiber<br />
– ein Konzept, das verdächtig an den<br />
Nürburgring erinnert. Das Land gibt<br />
der Stadt, die zum Wahlkreis von Ministerpräsident<br />
Kurt Beck gehört, einen<br />
Zuschuss in Höhe von 5,6 Mio. Euro.<br />
Schließlich hatte Beck diese Maßnahme<br />
zur Chefsache erklärt und als „Leuchtturmprojekt“<br />
tituliert. Der Privatmann<br />
erhält ein Erbbaurecht über zehn Jahre<br />
und darf anschließend das Objekt käuflich<br />
erwerben. <strong>Die</strong> jährliche Pacht soll<br />
120.000 Euro betragen, der Kaufpreis<br />
ist auf 1,4 Mio. Euro taxiert. Ein wahrlich<br />
traumhaftes Geschäft: Der Investor<br />
verabschiedet sich aus allen wirtschaftlichen<br />
Risiken, zahlt in den zehn Jahren<br />
insgesamt 1,2 Mio. Euro an Pacht und<br />
kauft dann das Objekt für 1,4 Mio. Euro.<br />
Für die erbrachten 2,6 Mio. Euro erhält<br />
er dann ein Vier-Sterne-Hotel, das Stadt<br />
und Land vormals über sechs Millionen<br />
Euro gekostet haben. Mittlerweile haben<br />
sich die Baukosten auf 7,2 Mio. Euro<br />
verteuert. Ein Glück für den Privatmann,<br />
dass er das nicht berappen muss – Pech<br />
für die Steuerzahler. Und wenn der wirtschaftliche<br />
Erfolg ausbleibt, besitzt die<br />
Stadt ein leer stehendes Hotel und hat<br />
nicht einmal die Pachteinnahmen.<br />
Schleswig-Holstein. <strong>Die</strong> Fraktionen im<br />
Schleswig-Holsteinischen Landtag erhalten<br />
aus dem Landeshaushalt mehr<br />
Mittel als sie tatsächlich benötigen. Das<br />
hat der Landesrechnungshof bei einer<br />
Prüfung festgestellt. Während das Land<br />
diese Mittel aber angesichts eines strukturellen<br />
Defizits von 1,25 Mrd. Euro pro<br />
Jahr durch Kredite aufbringen muss,<br />
legen die Fraktionen die überschüssigen<br />
Gelder teilweise zinsbringend bei<br />
Banken an. Dadurch sind in den vergangenen<br />
zehn Jahren bei den Fraktionen<br />
zwar insgesamt 97.600 Euro Zinsen<br />
eingenommen worden; das Land musste<br />
selbst für die Finanzierung dieser Mittel<br />
im gleichen Zeitraum aber 280.000 Euro<br />
an Schuldzinsen bezahlen. Angesichts<br />
Mit Schulden finanzierte Zuschüsse legen<br />
die Fraktionen für sich zinsbringend an.<br />
Aufgedeckt<br />
der Selbstverständlichkeit, mit der sich<br />
die Parlamentarier am Landesvermögen<br />
bedienen, bleibt dem Steuerzahler die<br />
Spucke weg.<br />
Brandenburg. Für die Beschäftigung von<br />
Hochschulabsolventen als sogenannte<br />
Innovationsassistenten gewährt das<br />
Land Brandenburg Zuschüsse an kleine<br />
und mittlere Unternehmen. Rund 8,4<br />
Mio. Euro wurden zwischen 2004 und<br />
2007 für insgesamt 345 Fördermaßnahmen<br />
bewilligt. Ziel ist, Forschung und<br />
Entwicklung zu stärken, neue Produkte<br />
herzustellen und zu vermarkten sowie<br />
die Verbindungen zwischen Betrieben<br />
und Hochschulen zu festigen.<br />
Der Landesrechnungshof wertet die Erfolgskontrollen<br />
durch das Ministerium<br />
für Wirtschaft und die als Bewilligungsstelle<br />
fungierende InvestitionsBank des<br />
Landes als unzureichend. Für besorgniserregend<br />
hält er die hohe Quote der Mitnahmeeffekte<br />
von ca. 20 Prozent. Rund<br />
618.000 Euro wurden nach Selbstauskünften<br />
der Zuwendungsempfänger an<br />
Unternehmen ausgereicht, die ohnehin<br />
einen sogenannten Innovationsassistenten<br />
eingestellt hätten.<br />
Worms. Einem typischen Fall von „Subventionitis“<br />
kam der Rechnungshof<br />
Rheinland-Pfalz auf die Spur, als er die<br />
Errichtung eines Parkhauses in Worms<br />
genauer unter die Lupe nahm. Rund<br />
sechs Millionen Euro wurden dafür<br />
investiert, etwa je zur Hälfte von Land<br />
69
Aufgedeckt<br />
und Stadt. Doch seit der Fertigstellung<br />
wird offensichtlich, dass das Parkhaus<br />
überhaupt nicht gebraucht wurde. <strong>Die</strong><br />
Auslastung betrug 2006 nur 35 Prozent,<br />
im März 2008 sogar nur 25 Prozent. Vorgegeben<br />
waren für 2007 rund 40 Prozent<br />
Auslastung und im Jahr 2011 sollen 80<br />
Prozent der Parkflächen genutzt werden.<br />
Das wird schwierig, angesichts der<br />
Tatsache, dass in unmittelbarer Umgebung<br />
unentgeltliche Parkplätze zur Verfügung<br />
stehen. Und so gab der Bürgermeister<br />
der Stadt Worms auch freimütig<br />
zu, dass man ohne den Landeszuschuss<br />
das Parkhaus nicht hätte bauen können.<br />
Wenn die wirtschaftliche Grundlage<br />
fehlt, hätte man es gar nicht bauen sollen,<br />
denkt sich da der Steuerzahler.<br />
Land Niedersachsen. Dauernd dienstunfähige<br />
Beamte müssen, um vorzeitig<br />
Ruhegehalt zu erhalten, eine <strong>Die</strong>nstzeit<br />
von fünf Jahren abgeleistet haben. Von<br />
dieser „Wartezeit“ wird abgewichen,<br />
wenn ein <strong>Die</strong>nstunfall oder eine <strong>Die</strong>nstbeschädigung<br />
ursächlich für die <strong>Die</strong>nstunfähigkeit<br />
ist. Weder die eine noch<br />
die andere Voraussetzung lag bei den<br />
Frühpensionierungen zweier niedersächsischer<br />
Lehrerinnen im Alter von<br />
37 und 40 Jahren in den Jahren 2006 und<br />
2008 vor, wie der Niedersächsische Landesrechnungshof<br />
in seinem diesjährigen<br />
Jahresbericht feststellte. <strong>Die</strong> Beamtinnen<br />
hätten deshalb nicht auf Steuerzahlerkosten<br />
mit lebenslangen Versorgungsbezügen<br />
in den vorzeitigen Ruhestand<br />
70<br />
geschickt werden dürfen. Sie hätten vielmehr<br />
entlassen und für den Zeitraum der<br />
Lehrtätigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung<br />
nachversichert werden<br />
müssen. Obwohl rechtswidrig, bewirken<br />
die Zurruhesetzungen, dass jede der vorzeitig<br />
pensionierten Lehrerinnen rund<br />
1.350 Euro pro Monat Ruhegehalt erhält,<br />
was sich bei einer unterstellten 40-jährigen<br />
Laufzeit zu einer Belastung für<br />
die Steuerzahler von zusammen knapp<br />
1,3 Mio. Euro aufsummieren kann. In<br />
einem der beiden Fälle erstattete der<br />
Bund der Steuerzahler Niedersachsen<br />
und Bremen im Mai <strong>2010</strong> Strafanzeige<br />
wegen des Verdachts der Untreue. <strong>Die</strong><br />
Strafanzeige richtet sich gegen Verantwortliche<br />
der Landesschulbehörde mit<br />
Sitz in Lüneburg. <strong>Die</strong>se Behörde wurde<br />
vom niedersächsischen Landesamt für<br />
Bezüge und Versorgung sechs Tage vor<br />
Beginn des Ruhestandes über die nicht<br />
erfüllte fünfjährige <strong>Die</strong>nstzeit der betreffenden<br />
Lehrerin informiert. <strong>Die</strong> Landesschulbehörde<br />
hätte zu diesem Zeitpunkt<br />
die rechtswidrige Ruhestandsverfügung<br />
noch zurücknehmen und Schaden von<br />
den Steuerzahlern abwenden können.<br />
Sie tat es nach Angaben des Niedersächsischen<br />
Landesrechnungshofs dennoch<br />
nicht und flüchtete sich in Ausreden, die<br />
ihr Fehlverhalten kaschieren sollten. So<br />
hätten der Personalrat und die Frauenbeauftragte<br />
der Behörde vor Rücknahme<br />
der Verfügung gehört werden müssen,<br />
was in den sechs Tagen nicht möglich<br />
gewesen sei. Dabei muss die Rücknahme<br />
eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes<br />
gar nicht mit den Vertretungen der Bediensteten<br />
abgestimmt werden. Auch für<br />
die später vorgetragene Behauptung, die<br />
<strong>Die</strong>nstunfähigkeit der Beamtin beruhe<br />
doch auf einer dienstlich veranlassten<br />
Erkrankung, waren in der Personalakte<br />
keine Belege zu finden. <strong>Die</strong> Steuerzahler<br />
erwarten, dass die Verantwortlichen<br />
dieser krassen Fehlentscheidungen zur<br />
Rechenschaft gezogen werden.<br />
Schleswig-Holstein. Wenn man besonders<br />
clever sein will, führt dies nicht<br />
immer zum Erfolg. Das gilt auch für<br />
staatliche Behörden. Skandalös wird<br />
es aber, wenn dabei Rechtsvorschriften<br />
missachtet werden und am Ende der<br />
Steuerzahler zur Kasse gebeten wird.<br />
Einen solchen Fall deckte der Bundesrechnungshof<br />
im schleswig-holsteinischen<br />
Verkehrsministerium auf. Dort<br />
werden auf Rechnung des Bundes die<br />
Baumaßnahmen für Autobahnen und<br />
Bundesstraßen geplant, vergeben und<br />
abgerechnet. Dafür erhalten die Länder<br />
vom Bund ein bestimmtes Kontingent<br />
an Haushaltsmitteln zugewiesen, über<br />
das sie verfügen können. Nun zeigt die<br />
Erfahrung, dass nicht immer alle Mittel<br />
auch zeitnah verwendet werden können.<br />
<strong>Die</strong> nicht benötigten Mittel werden dem<br />
Bundesverkehrsministerium zurückgemeldet<br />
und von diesem für Maßnahmen<br />
eingesetzt, die noch innerhalb des<br />
Haushaltsjahres abgeschlossen werden<br />
können. Auf dieses Verfahren hat das<br />
Aufgedeckt<br />
Land Schleswig-Holstein jahrelang spekuliert.<br />
So wurden systematisch mehr<br />
Aufträge vergeben als Mittel zur Verfügung<br />
standen. Nur durch die Rückgabe<br />
nicht verbrauchter Mittel anderer<br />
Länder konnten die Rechnungen bezahlt<br />
werden. 2008 hat man sich dabei<br />
aber „verzockt“. Schon zu Beginn der<br />
zweiten Jahreshälfte waren die zugewiesenen<br />
Finanzmittel vollständig aufgebraucht.<br />
Jetzt konnte man die fälligen<br />
Rechnungen nicht mehr fristgerecht<br />
bezahlen. Bis Oktober 2008 summierten<br />
sich die offenen Forderungen der Bauunternehmen<br />
auf 27,5 Mio. Euro. Einige<br />
Unternehmen stellten daraufhin ihre<br />
Arbeit ein und setzten Schadenersatzforderungen<br />
durch. So kam es zu vermeidbaren<br />
Mehrkosten von 2,2 Mio.<br />
Euro beim Autobahnbau. <strong>Die</strong>se Mehrbelastung<br />
wurde mit den eigentlich für<br />
2009 zustehenden Mitteln verrechnet.<br />
Dem Steuerzahler können die Details<br />
der Buchungstricks aber egal sein: Das<br />
Geld ist verloren, ohne dass der Straßenbau<br />
vorangekommen ist.<br />
Berlin. <strong>Die</strong> Berliner Wasserpreise liegen<br />
bundesweit mit an der Spitze. Mit über<br />
5 Euro pro Kubikmeter Frisch- und Abwasser<br />
zahlen die Berliner so viel wie<br />
in kaum einer anderen deutschen Stadt.<br />
Und die Preisentwicklung in den letzten<br />
Jahren ist enorm. <strong>Die</strong> Berliner Wasserbetriebe<br />
haben ihre Wasserpreise<br />
seit dem Jahr 2003 um satte 22 Prozent<br />
erhöht. Mittlerweite prüft sogar das<br />
71
Aufgedeckt<br />
Bundeskartellamt, ob es bei den Wasserpreisen<br />
mit rechten Dingen zugeht.<br />
<strong>Die</strong> Berliner Verbraucher müssen die<br />
Preise aber hinnehmen. Da es sich bei<br />
dem Versorger um einen Monopolisten<br />
handelt, gibt es keine Möglichkeit, auf<br />
andere Anbieter auszuweichen.<br />
Wie auch schon in den letzten Jahren<br />
seit 2005, geben die Berliner Wasserbetriebe<br />
im Jahr <strong>2010</strong> viel Geld für eine<br />
Imagekampagne aus. Auf Großplakaten,<br />
in Anzeigen und Flyern posiert ein Entchen<br />
und zeigt den Berliner Verbrauchern,<br />
was man mit Wasser alles machen<br />
kann. Mit der Kampagne im Wert<br />
von rund einer Million Euro wollen die<br />
Berliner Wasserbetriebe ihre Kunden,<br />
darüber informieren, was sie tun, wo<br />
das Wasser herkommt und wo es hingeht.<br />
<strong>Die</strong> Wasserbetriebe gehören zu 50,1<br />
Prozent dem Land Berlin. Der restliche<br />
Teil gehört je zur Hälfte den Unternehmen<br />
RWE und Veolia Wasser. Doch obwohl<br />
die Wasserbetriebe mit 2,3 Mrd.<br />
Euro verschuldet sind, steht der Berliner<br />
Senat zur teuren Werbemaßnahme des<br />
Monopol-Unternehmens. Unterdessen<br />
hat aber auch der Berliner Landesrechnungshof<br />
die Werbeausgaben des Unternehmens<br />
untersucht und festgestellt,<br />
dass Aufwendungen für die Imagekampagnen<br />
der letzten Jahre „angesichts<br />
des bestehenden Anschluss- und Benutzungszwangs<br />
sowie der wiederholten<br />
Erfolglosigkeit dieser Kampagnen in<br />
hohem Maße unwirtschaftlich“ waren.<br />
72<br />
Nach Ansicht des Bundes der Steuerzahler<br />
sollten die Berliner Wasserbetriebe<br />
sich die Ausgaben für sinnlose Imagekampagnen<br />
sparen und stattdessen die<br />
Wassergebühren senken.<br />
Potsdam. Zur Vorbereitung ausländischer<br />
Studienbewerber ohne direkte<br />
Studienberechtigung auf ein Studium in<br />
Deutschland errichtete das Land Brandenburg<br />
1992 ein der Universität Potsdam<br />
zugeordnetes Studienkolleg. Zum<br />
einen betreute das Ausländerstudienkolleg<br />
nur einen Bruchteil aller Studienausländer,<br />
zum anderen das auch noch ohne<br />
greifbaren Erfolg. Nur ca. 1,5 Prozent<br />
aller Kollegabsolventen erreicht einen<br />
Studienabschluss.<br />
Der Landesrechnungshof ermittelte Kosten<br />
von gut 733.000 Euro jährlich im<br />
Etat des Ministeriums für Wissenschaft,<br />
Forschung und Kultur sowie zusätzlich<br />
100.000 Euro als Verwaltungsausgaben,<br />
die entgegen den Haushaltsgrundsätzen<br />
von der Universität Potsdam bestritten<br />
wurden. Nach der Kritik des Landesrechnungshofs<br />
wird das Studienkolleg<br />
Ende des Sommersemesters <strong>2010</strong> geschlossen.<br />
Erfolge<br />
Hier konnte der BdSt <strong>Verschwendung</strong> verhindern<br />
Land Niedersachsen. Eine glückliche<br />
Wendung nahm der Fall der leerstehenden<br />
„Bornemann-Immobilie“ in Obernkirchen<br />
(Landkreis Schaumburg), für<br />
die das Land Niedersachsen über Jahre<br />
hinweg unnützerweise jährlich rund<br />
80.000 Euro Miete an die Eigentümerin<br />
Stadt Obernkirchen zahlen musste. Der<br />
Mietvertrag konnte zum 30. September<br />
<strong>2010</strong> im Zuge eines Eigentümerwechsels<br />
bei der Immobilie (von der Stadt auf<br />
den örtlichen Kreisverband des Deutschen<br />
Roten Kreuzes) vorzeitig beendet<br />
werden. Dafür muss das Land eine<br />
einmalige „Mietausstiegszahlung“ von<br />
100.000 Euro zahlen. Es entfallen aber<br />
die künftigen Mietzahlungen, die für<br />
die ursprünglich verabredete Mietlaufzeit<br />
bis Ende Dezember 2013 insgesamt<br />
rund 260.000 Euro ausgemacht hätten.<br />
Darüber hinaus wird das Gebäude nun<br />
endlich sinnvoll genutzt. Im Schwarzbuch<br />
2008 hatten wir den Einsatz von<br />
Steuergeldern für die leerstehende<br />
Immobilie heftig kritisiert und eine rasche<br />
Verwertung angemahnt. Das Land<br />
Niedersachsen hatte im Dezember 1992<br />
die Immobilie in Obernkirchen für die<br />
Unterbringung von Polizeieinheiten angemietet.<br />
Der Mietvertrag wurde im Dezember<br />
1998 ohne Ausstiegsoption um<br />
weitere 15 Jahre verlängert. Allerdings<br />
wurden die Polizeieinheiten bereits im<br />
September 2005 nach Hildesheim verlegt<br />
– seitdem stand der teuer angemietete<br />
Gebäudekomplex überwiegend leer.<br />
Mit der jetzigen Lösung zur Beendigung<br />
Erfolge<br />
des Mietverhältnisses konnten zumindest<br />
die unnützen Ausgaben seit dem<br />
Leerstand von 660.000 Euro auf eine<br />
halbe Million Euro begrenzt werden.<br />
Ruhrgebiet. <strong>Die</strong> Kritik des Bundes der<br />
Steuerzahler an der Umgestaltung der<br />
A 42 zur „Parkautobahn“ hat Erfolg: Das<br />
Projekt wurde erheblich abgespeckt. Geschätzte<br />
41 Mio. Euro sollten laut einer<br />
Machbarkeitsstudie aufgebracht werden,<br />
um die Industriekultur am Autobahnrand<br />
deutlicher hervorzuheben und<br />
die Autobahn in den sie umgebenden<br />
Emscherlandschaftspark einzubinden.<br />
Inzwischen hat nicht nur die Stadt Essen<br />
ihre Beteiligung an der Umgestaltung<br />
des Autobahnkreuzes Essen-Nord zu<br />
einem „Ohrenpark“ abgesagt. Auch die<br />
Anrainerkommunen von Castrop-Rauxel<br />
bis Oberhausen beteiligen sich nur noch<br />
ideell, aber nicht mehr mit Steuergeld an<br />
der Finanzierung der Parkautobahn. Von<br />
den ursprünglich geplanten fünf Ohrenparks,<br />
gemeint ist eine parkähnliche<br />
Bepflanzung der Innenflächen der Autobahnkreuze,<br />
wird nur einer realisiert.<br />
Das günstigste Angebot lag bei rund<br />
334.000 Euro, so die Ruhr.<strong>2010</strong> auf Anfrage.<br />
Gefördert werde das Projekt vom<br />
Ministerium für Umwelt, Naturschutz,<br />
Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />
NRW. Für die Pflege des Ohrenparks<br />
sei der Landesbetrieb Straßen.NRW zuständig.<br />
Zudem erneuert er für 17 Mio.<br />
Euro Lärmschutzwände und stattet sie<br />
mit Sichtfenstern aus. Landschaftsfens-<br />
73
Erfolge<br />
ter an den Fahrbahnrändern, die wie<br />
übergroße Bilderrahmen besondere<br />
Orte der Industriegeschichte hervorheben<br />
sollten, wird es aber wohl nicht<br />
geben. <strong>Die</strong> „Parktankstellen“ an ausgewählten<br />
Anschlussstellen, an denen man<br />
Informationen über den Emscherlandschaftspark,<br />
die jeweilige Stadt und die<br />
Kulturhauptstadtprojekte bekommen<br />
oder vom Auto aufs Fahrrad umsteigen<br />
sollte, um den Emscherlandschaftspark<br />
zu erkunden, sind zu einfachen Infostelen<br />
geworden. <strong>Die</strong> geschätzten Kosten<br />
hier: 25.000 bis 30.000 Euro. <strong>Die</strong> Autobahnausfahrten<br />
sollten zu Parktoren<br />
werden, wo Skulpturen und Zeichen auf<br />
die Besonderheiten der Stadt oder eines<br />
Stadtteils hinweisen. Auch hier hat man<br />
auf die Gestaltung mit Skulpturen verzichtet<br />
und sich ausschließlich auf eine<br />
Gestaltung mit Mitteln des Garten- und<br />
Landschaftsbaus beschränkt. Insgesamt<br />
werden jetzt Kosten in Millionenhöhe<br />
eingespart.<br />
Bund. Mit großem Brimborium plante<br />
das Bundesinnenministerium die Einführung<br />
des neuen elektronischen Personalausweises<br />
im Herbst dieses Jahres.<br />
Um den Bürgern die technischen<br />
Raffinessen und Vorzüge des scheckkartengroßen<br />
Ausweises schmackhaft<br />
zu machen, war eine aufwändige Roadshow<br />
quer durch Deutschland in Form<br />
eines „begehbaren Personalausweises“<br />
geplant. An verschiedenen Orten und<br />
Marktplätzen sollten die Bürger über die<br />
74<br />
neuen Funktionen des Ausweises aufgeklärt<br />
werden. Auffällig begleitet werden<br />
sollte die Einführung zudem durch eine<br />
umfassende Medienkampagne mit Anzeigen<br />
in diversen Medien. Sieben Mio.<br />
Euro, so der Plan der Ministerialen,<br />
sollte die Einführungskampagne kosten,<br />
die über die Medienkampagnen hinaus<br />
zahlreiche Dialogveranstaltungen, die<br />
Teilnahme an Messen sowie die Produktion<br />
von Informationsbroschüren vorsah.<br />
Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler<br />
viel zu viel Selbstbeweihräucherung<br />
in Anbetracht klammer <strong>öffentliche</strong>r<br />
Kassen. <strong>Die</strong> mediale Kritik des Bundes<br />
der Steuerzahler fand letztlich Gehör<br />
bei den Haushältern des Bundestages.<br />
Sie kürzten die im Regierungsentwurf<br />
für den Haushalt <strong>2010</strong> vorgesehenen<br />
Haushaltsmittel erheblich, um vier Mio.<br />
Euro. <strong>Die</strong> Einführungskampagne wird<br />
jetzt mit einem Drei-Millionen-Euro-<br />
Budget als Light-Version realisiert. Vor<br />
allem die Roadshow sowie die Anzeigenkampagne<br />
haben kräftig abspecken<br />
müssen. Ersparnis für die Steuerzahler:<br />
Vier Mio. Euro.<br />
Lüdenscheid. Der Lüdenscheider Sportverein<br />
„Turboschnecken“ möchte eine<br />
alte Fabrik für rund 3 Mio. Euro zum<br />
Vereinsheim umbauen. Über diese Pläne<br />
berichtete der Bund der Steuerzahler<br />
kritisch, weil die Finanzierung überwiegend<br />
aus Steuergeldern erfolgen sollte.<br />
60 Prozent sollten aus Städtebaufördermitteln<br />
finanziert werden, mit zehn Pro-<br />
zent wollte sich die Stadt Lüdenscheid<br />
beteiligen. <strong>Die</strong> restlichen Umbaukosten<br />
wollte der Verein aus eigenen Mitteln<br />
zahlen. Doch die Sache hatte zwei Haken.<br />
Erstens: Ob es bei den veranschlagten<br />
Kosten bleibt, war noch ungewiss,<br />
da der Verein bis zur entscheidenden<br />
Ratssitzung kein aussagefähiges Finanz-<br />
und Wirtschaftskonzept vorlegen<br />
konnte. Zweitens: Um die begehrten<br />
Fördermittel des Landes zu erhalten,<br />
hätte die Stadt Lüdenscheid die Gelder<br />
beantragen und 20 Jahre lang für deren<br />
ordnungsgemäße Verwendung haften<br />
müssen. <strong>Die</strong> ohnehin hoch verschuldeten<br />
Lüdenscheider hätte dies teuer zu<br />
stehen kommen können. Zum Beispiel<br />
dann, wenn der Verein die Kredit- und<br />
Unterhaltskosten nicht dauerhaft aus<br />
eigener Kraft zahlen kann oder sich<br />
vorzeitig auflöst. Im schlimmsten Fall<br />
hätte die Stadt Lüdenscheid dann bis zu<br />
1,8 Mio. Euro an Fördergeldern zurückzahlen<br />
müssen. Vor diesem finanziellen<br />
Risiko warnte der BdSt. <strong>Die</strong> Kritik zeigt<br />
jetzt Wirkung: Wie das Ministerium für<br />
Bauen und Verkehr dem BdSt mitteilte,<br />
wurden die Förderbedingungen inzwischen<br />
geändert. Das ursprüngliche Konzept<br />
war nicht förderfähig. Da die Fabrik<br />
aber unter Denkmalschutz steht, will das<br />
Ministerium ab 2011 prüfen, in welcher<br />
Höhe Mittel der Denkmalförderung in<br />
den Umbau fließen können. Vermutlich<br />
wird der Betrag deutlich abgespeckt,<br />
da die Mittel für Denkmalförderung begrenzt<br />
sind. Doch entscheidend ist, dass<br />
Erfolge<br />
jetzt der Antragsteller nach Auskunft<br />
des Ministeriums allein der Sportverein<br />
ist, der auch für die Erfüllung der<br />
Bewilligungsbedingungen einzustehen<br />
habe. <strong>Die</strong> Stadt Lüdenscheid muss deshalb<br />
nicht befürchten, unvorhersehbare<br />
Folgekosten aufgebürdet zu bekommen.<br />
Alles in allem eine erfreuliche Entwicklung,<br />
meint der BdSt.<br />
Landshut. <strong>Die</strong> „Flora“, eine künstlerische<br />
Skulptur, ist das Wahrzeichen des Hans-<br />
Leinberger-Gymnasiums (HLG) in der<br />
Stadt Landshut. Wegen einer beabsichtigten<br />
Umgestaltung des Vorplatzes am<br />
HLG sollte die „Flora“ um ca. 10 Meter<br />
versetzt werden, steht sie doch nach<br />
einem vor drei Jahren errichteten Mensaanbau<br />
„ein wenig verloren im Raum“.<br />
Der „Flora-Versetzungsakt“ sollte im<br />
Zuge einer Vorplatz-Umgestaltung des<br />
HLG erfolgen, bei der z. B. auch Radständer,<br />
Müllcontainer, Verkehrszeichen so-<br />
<strong>Die</strong> „Flora“ bleibt, wo sie ist.<br />
75
Erfolge<br />
wie ein Brunnen versetzt werden sollten.<br />
An Kosten für den gesamten „Umsetzungsspaß“<br />
waren rund 90.000 Euro<br />
vorgesehen, wobei die Hälfte hiervon als<br />
staatlicher Baukostenzuschuss geflossen<br />
wäre. Der Bund der Steuerzahler hat<br />
wachsamen Auges das Vorhaben beobachtet<br />
und beim Oberbürgermeister der<br />
Stadt Landshut am 9. Oktober 2009 u. a.<br />
nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis der<br />
Versetzungsmaßnahme gefragt. Offenbar<br />
fand man Gehör. Am 23. Oktober 2009<br />
hat der Landshuter Stadtrat mit nur einer<br />
Gegenstimme die Gesamtmaßnahme<br />
„Vorplatz-Umgestaltung am HLG“, einschließlich<br />
Versetzung der „Flora“, negativ<br />
beschieden. <strong>Die</strong> „Flora“ bleibt, wo<br />
sie ist – ihre Versetzung und die Kosten<br />
hierfür sind somit kein Thema mehr.<br />
Brandenburg. Für ein WM-Tipp-Spiel<br />
wollte der Landesbetrieb Zentrale IT-<br />
<strong>Die</strong>nstleister (ZIT) mit Steuergeldern Gewinne<br />
ausreichen. Er lockte mit einem<br />
Netbook für 149 Euro, einer Digitalkamera<br />
für 174 Euro und einer PC-Festplatte<br />
für 106 Euro. <strong>Die</strong> Idee zu dem Wettbewerb<br />
stammte aus dem Aufbaustab<br />
des Landesbetriebes im Innenministerium.<br />
Teilnehmen an dem kostenfreien<br />
Tipp-Spiel konnten nur die Landesbediensteten.<br />
Nach harschen Protesten<br />
der Öffentlichkeit und des Bundes der<br />
Steuerzahler zog Innenminister Rainer<br />
Speer die Notbremse und ordnete an,<br />
dass keine Haushaltsmittel eingesetzt<br />
werden dürfen.<br />
76<br />
Berlin. Als touristische Lustreise auf<br />
Steuerzahlerkosten hatte der Bund der<br />
Steuerzahler bereits im Herbst 2009 eine<br />
für <strong>2010</strong> geplante Ausschuss-Reise nach<br />
China bezeichnet und durch seinen massiven<br />
Protest in den Medien mit dazu<br />
beigetragen, dass die Reise letztendlich<br />
abgesagt worden ist. Das Reiseziel für<br />
die rund 25 Parlamentarier zweier Ausschüsse<br />
des Berliner Abgeordnetenhauses<br />
sollte die EXPO in Shanghai sein.<br />
Nach ersten Gerüchten hatte der Bund<br />
der Steuerzahler bereits im Juli 2009 den<br />
Präsidenten des Abgeordnetenhauses<br />
schriftlich aufgefordert, „bei der Prüfung<br />
eines Antrages auch die desolate Finanzlage<br />
Berlins im Auge zu behalten und<br />
ein Zeichen für eine verantwortungsbewusste<br />
und sparsame Ausgabenpolitik<br />
zu setzen“. Auch haben wir erhebliche<br />
Zweifel angemeldet, dass der kostenmäßige<br />
Aufwand in einem vertretbaren<br />
Verhältnis zu einem denkbaren Erkenntnisgewinn<br />
bei den Abgeordneten steht<br />
und sich dem Bund der Steuerzahler vielmehr<br />
der Eindruck aufdrängt, dass die<br />
Attraktivität Shanghais als Fernreiseziel<br />
im Vordergrund steht.<br />
Noch im April <strong>2010</strong> hatten die beiden<br />
Ausschussvorsitzenden dem Bund der<br />
Steuerzahler gegenüber wortreich beschrieben,<br />
welche große Bedeutung<br />
diese <strong>Die</strong>nstreise für Berlin angeblich<br />
hätte. Grundsätzlich habe jeder Ausschuss<br />
einmal in der Legislaturperiode<br />
die Möglichkeit, eine Informationsreise<br />
durchzuführen, hieß es weiter.<br />
Allein die EXPO widme sich besonders<br />
bau- und stadtentwicklungspolitischen<br />
Fragestellungen und sei sehr zielgerichtet<br />
an Metropolen wie Berlin adressiert,<br />
begründeten die beiden Parlamentarier<br />
die Kosten und versprachen, dass dem<br />
Land Berlin diese Erfahrung in Form<br />
von neuen stadtentwicklungs- und wohnungspolitischen<br />
Ideen zugute kommen<br />
werde. Im Mai <strong>2010</strong> wurde die Reise<br />
schließlich abgesagt. Offiziell werden<br />
organisatorische Versäumnisse auf der<br />
chinesischen Seite angeführt, die dem<br />
Ansturm der Besuchergruppen nicht<br />
gewachsen gewesen sei. <strong>Die</strong> Opposition<br />
hingegen wirft der Koalition vor,<br />
die Reise nur aus Angst vor schlechter<br />
Presse abgesagt zu haben und spricht<br />
von einem Kommunikationsdesaster.<br />
Das Abgeordnetenhaus hat für <strong>2010</strong> ein<br />
Budget von 125.000 Euro für <strong>Die</strong>nstreisen<br />
der Mitarbeiter und Abgeordneten<br />
eingeplant. Wenn auch nicht die gesamten<br />
Kosten angefallen sind, werden die<br />
Steuerzahler aber trotzdem auf Stornokosten<br />
in vierstelliger Höhe sitzen bleiben.<br />
In Regress nehmen will der Berliner<br />
Parlamentspräsident deshalb aber niemanden,<br />
weil es sich um eine politische<br />
Entscheidung gehandelt habe.<br />
Bremen. Nach scharfer Kritik des Bundes<br />
der Steuerzahler beendet Bremen nach<br />
elf Jahren endlich sein hoch defizitäres<br />
Musical-Abenteuer. Zum Ende Februar<br />
2011 steigt die Hansestadt aus dem<br />
Musical-Betrieb am Richtweg aus. Im<br />
Erfolge<br />
Schwarzbuch 2009 berichteten wir zuletzt<br />
über das dort aufgeführte Musical „Marie<br />
Antoinette“. Passend zur Titelheldin<br />
– Zeitgenossen gaben ihr aufgrund ihrer<br />
<strong>Verschwendung</strong>ssucht den Spitznamen<br />
„Madame Déficit“ – generierte das Musical<br />
statt des erhofften Plus ein stattliches<br />
Minus von 2,5 Mio. Euro. <strong>Die</strong> Ursachen<br />
dafür lagen primär in den gestiegenen<br />
Produktionskosten und unzureichenden<br />
Umsatzerlösen. Auch kamen die erwarteten<br />
Verträge zur Weitervermarktung<br />
des Musicals nicht zustande. Das Stück<br />
„Marie Antoinette“ war allerdings nur<br />
der letzte in einer ganzen Reihe von<br />
spektakulären Flops. Das 1999 angesetzte<br />
Dauermusical „Jekyll und Hyde“ musste<br />
wegen fehlender Wirtschaftlichkeit vorzeitig<br />
abgesetzt werden. Das nachfolgende<br />
Musical „Hair“ ging sogar pleite.<br />
Kurze Zeit später zog für zwei Jahre<br />
das Theater Bremen ein, weil das Haus<br />
am Goetheplatz grundlegend renoviert<br />
wurde. Seit Juli 2004 liegt der Betrieb des<br />
Musical-Theaters in den Händen einer<br />
städtischen GmbH. Hierfür wurde das<br />
Gebäude für ca. 420.000 Euro pro Jahr<br />
angemietet und an Veranstalter weitervermietet.<br />
Allerdings erwirtschaftete<br />
die städtische GmbH seitdem ein durchschnittliches<br />
Defizit von rund 550.000<br />
Euro pro Jahr. Mit der Kündigung des<br />
Musical-Vertrags kann Bremen nun seine<br />
finanziellen Belastungen verringern. Sowohl<br />
die Jahresmiete von 420.000 Euro<br />
als auch das Betreiberrisiko entfallen zukünftig.<br />
Allerdings muss die Hansestadt<br />
77
Erfolge<br />
noch bis 2018 einen Kapitaldienst von<br />
jährlich gut 2,2 Mio. Euro für den kreditfinanzierten<br />
Gebäudeumbau leisten.<br />
<strong>Die</strong> Bilanz: Das Musical-Abenteuer hat<br />
Bremen laut Auskunft der Wirtschaftsdeputation<br />
einen Gesamtaufwand von rund<br />
58 Mio. Euro beschert. Doch aus Steuerzahlersicht<br />
ist in diesem Fall ein Ende<br />
mit Schrecken besser als ein Schrecken<br />
ohne Ende.<br />
Bund. Es war im Jahr 2003, als der Deutsche<br />
Bundestag seine eigene Sauna im<br />
Berliner Marie-Elisabeth-Lüders-Haus<br />
bekam. Der Bund der Steuerzahler hatte<br />
diese Form von Politluxus (Kostenpunkt:<br />
mehrere zehntausend Euro, genaue Angaben<br />
wollte uns die Bundestagsverwaltung<br />
nicht machen) von Anfang an<br />
kritisiert. Sieben Jahre später wird die<br />
Bundestagssauna nun geschlossen. In<br />
unmittelbarer Nähe der bisherigen Sauna<br />
soll ein öffentlich zugängliches Bistro<br />
errichtet werden. <strong>Die</strong> Bundestagssauna<br />
wird zur Bistro-Toilette umgebaut. Das<br />
ist gut. Besser noch wäre es gewesen,<br />
wenn auf das eigennützige Saunaprojekt<br />
gleich ganz verzichtet worden wäre.<br />
Wehretal. Der Bund der Steuerzahler<br />
warnte die Gemeinde Wehretal davor,<br />
die stark renovierungsbedürftige Obermühle<br />
zu erwerben. Der Kauf im Jahr<br />
2007 erfolgte ohne schlüssiges Nutzungskonzept<br />
und ohne konkrete Sanierungskostenberechnungen.<br />
<strong>Die</strong> Gemeinde<br />
erhoffte sich eine hohe Förderquote bei<br />
78<br />
unterschiedlichen Förderprogrammen.<br />
Doch auch zwei Jahre nach dem Kauf<br />
der Obermühle konnte die Gemeinde<br />
kein tragfähiges Nutzungskonzept vorlegen.<br />
Im November 2009 stoppte dann ein<br />
Bürgerentscheid die Sanierungspläne<br />
der Gemeinde. Auch die Initiatoren des<br />
Bürgerbegehrens kritisierten die Höhe<br />
der Sanierungskosten von insgesamt 1,7<br />
Mio. Euro und die unüberschaubaren<br />
Folgekosten. <strong>Die</strong>se Auffassung teilte<br />
eine deutliche Mehrheit der Wehretaler,<br />
die entschieden, dass das Grundstück<br />
der Obermühle an einen Investor veräußert<br />
werden soll. Doch wegen der<br />
Größe der Immobilie blieben offenbar<br />
Kaufinteressenten aus, denn bis zum<br />
Redaktionsschluss war noch kein Investor<br />
in Sicht. Der Verkaufspreis bewegt<br />
sich nach Aussage von Bürgermeister<br />
Jochen Kistner zwischen einem Euro<br />
und einer Summe X. Bezahlt hat die Gemeinde<br />
seinerzeit immerhin 37.000 Euro<br />
Wehretal kaufte die Obermühle ohne Nutzungskonzept,<br />
nun ist sie zu haben.<br />
für das Kulturdenkmal. Immerhin muss<br />
der Steuerzahler jezt nicht mehr für die<br />
immens teuren Sanierungs- und Folgekosten<br />
aufkommen.<br />
Lübeck. Lübecks <strong>öffentliche</strong> Toiletten waren<br />
schon öfter Thema im Schwarzbuch<br />
– als <strong>Verschwendung</strong>sfälle. Da wurde an<br />
der neu gestalteten Obertrave ein Toilettenhäuschen<br />
mit Kiosk für 270.000 Euro<br />
gebaut – ein Preis, für den man schon<br />
ein gutes Einfamilienhaus bekommt. Für<br />
den Markt hat man ein Hightech-Klo im<br />
japanischen Design angemietet, für das<br />
die Stadt nach Medienberichten rund<br />
90.000 Euro im Jahr bezahlt. Dennoch ist<br />
das Toilettenangebot in der Altstadt, die<br />
als UNESCO Weltkulturerbe viele Millionen<br />
Besucher im Jahr anlockt, nach<br />
wie vor unzureichend. Einige Einrichtungen<br />
befinden sich zudem in einem<br />
unhaltbaren Zustand. Eine Lösung war<br />
dringend erforderlich. Deshalb wurde<br />
drei Jahre an einem Toilettenkonzept<br />
für die Altstadt gearbeitet. Das Ergebnis<br />
liegt jetzt vor und ist für die Steuerzahler<br />
außerordentlich erfreulich! Seit<br />
dem 1. August <strong>2010</strong> stehen zwölf Toiletten<br />
gastronomischer Betriebe für die<br />
Öffentlichkeit zur Verfügung. Weitere<br />
acht sollen noch folgen. Dafür zahlt die<br />
Stadt an die Betreiber eine Pauschale<br />
von insgesamt 30.000 Euro im Jahr. Wenig<br />
Geld, wenn man bedenkt, dass die<br />
Unterhaltung einer einzigen <strong>öffentliche</strong>n<br />
Toilette rund 15.000 Euro im Jahr kostet.<br />
Das bestechend einfache System ist<br />
Erfolge<br />
nicht neu, bundesweit hat es sich bereits<br />
in 90 Städten und Gemeinden bewährt.<br />
<strong>Die</strong> Nachahmung ist nicht nur für Lübeck<br />
empfehlenswert.<br />
Bad Lippspringe. Es hat rund fünf Jahre<br />
gedauert, doch die Hartnäckigkeit des<br />
Bundes der Steuerzahler hat sich gelohnt:<br />
<strong>Die</strong> umstrittene Umgehungsstraße in Bad<br />
Lippspringe wird nicht gebaut. Bereits<br />
im Dezember 2005 hatte der Bund der<br />
Steuerzahler die geplante Umgehungsstraße<br />
kritisiert. 8,2 Mio. Euro sollte die<br />
1,8 Kilometer lange Trasse kosten, doch<br />
sowohl ihre Notwendigkeit als auch ihre<br />
Entlastungswirkung waren zweifelhaft.<br />
2008 stiegen die Baukos ten auf 9,4 Mio.<br />
Euro. Der BdSt hakte nach und erfuhr,<br />
dass die Mehrkosten auf die Verlängerung<br />
einer Brücke, den gestiegenen Baupreisindex<br />
und die Voruntersuchungen<br />
des Kampfmittelräumdienstes und der<br />
Bodendenkmalpfleger zurückgingen.<br />
<strong>Die</strong> Bezirksregierung Det mold, die der<br />
BdSt eingeschaltet hatte, erklärte, dass<br />
im Planfeststellungsverfahren geprüft<br />
werde, ob die Straße gerechtfertigt sei.<br />
Ende 2009 kam das Aus: „Aufgrund einer<br />
nicht vorhandenen Verhältnismäßigkeit<br />
ist diese Straßenplanung zu beenden“,<br />
hieß es in der Beschlussvorlage der Stadtverwaltung.<br />
Verkehrslenkende Maßnahmen<br />
seien auf den bestehenden Straßen<br />
möglich und würden zu einer „vergleichbaren<br />
Entlastungswirkung für die Innenstadt<br />
und zu partiellen Leistungsfähigkeitssteigerungen<br />
führen“. Damit wurde<br />
79
Erfolge<br />
die Kritik des BdSt an dem Projekt voll<br />
bestätigt. Auch die Bürger hatten ihre<br />
Zweifel und machten ihre Ablehnung bei<br />
den Kommunalwahlen im Herbst 2009<br />
deutlich: Mit großer Mehrheit stimmten<br />
sie für den Bürgermeisterkandidaten, der<br />
mit klaren Worten gegen die Umgehung<br />
in den Wahlkampf gezogen war. <strong>Die</strong> Kosten<br />
für die bisherige Planung belaufen<br />
sich auf 400.000 Euro. Das ist zwar kein<br />
Pappenstiel, und es hätte sicher weniger<br />
gekostet, wären die Planungen bereits<br />
2005 beendet worden – aber allein die<br />
Tatsache, dass die Stadt Bad Lippspringe<br />
doch noch von einem 9,4 Mio. Euro<br />
teuren Holzweg abgekommen ist, wird<br />
die Steuerzahler freuen.<br />
Schleswig-Holstein. <strong>Die</strong> überflüssige und<br />
teure Beitragsbefreiung des letzten Kindergartenjahres<br />
vor der Schule ist nach<br />
nur einem Jahr vom Landtag wieder<br />
abgeschafft worden. Damit wird eine<br />
Forderung des Bundes der Steuerzahler<br />
zur Konsolidierung des Landeshaushalts<br />
erfüllt. <strong>Die</strong>ses politische „Geschenk“ aus<br />
Zeiten der Großen Koalition kostete das<br />
Land rund 35 Mio. Euro. Jetzt wird ein<br />
Teil des Geldes in eine verbesserte Kindergartenausstattung<br />
investiert. Damit<br />
wird es bedarfsgerecht verwendet, während<br />
die Beitragsbefreiung unabhängig<br />
von der Einkommenssituation der Eltern<br />
war. Von einem Geschenk konnte<br />
man ohnehin nicht sprechen, weil die<br />
Beitragsfreiheit mit neuen Krediten finanziert<br />
worden war. Somit wurden die<br />
80<br />
Eltern entlastet auf Kosten der Kinder,<br />
die diese Schulden irgendwann zurückzahlen<br />
müssen – entweder durch höhere<br />
Steuern oder durch schlechtere staatliche<br />
Leistungen.<br />
Bund. Das Bundeskabinett hatte eigentlich<br />
vor, sich selbst und den vielen Bundesbeamten<br />
die Gehälter in mehreren<br />
Stufen zu erhöhen. Nach den Plänen der<br />
Regierung hätten der Bundeskanzlerin<br />
ab Mitte 2011 rund 4.000 Euro jährlich<br />
mehr zugestanden. Den Beamten und<br />
Pensionären sollte die im Jahr 2006 gekürzte<br />
jährliche Sonderzahlung – das<br />
frühere Weihnachtsgeld – wieder auf<br />
das Ursprungsniveau angehoben, also<br />
aus aktueller Sicht verdoppelt werden.<br />
Insgesamt hätten die Steuerzahler für<br />
die Bundesbeamten und die Mitglieder<br />
der Bundesregierung bis Ende 2012<br />
mehr als eine Mrd. Euro zusätzlich zahlen<br />
müssen. Unmittelbar vor Beginn der<br />
Sparklausur der Regierung Anfang Juni<br />
<strong>2010</strong> forderte der BdSt, die Pläne fallen<br />
zu lassen. Mit Erfolg: Das Bundeskabinett<br />
beschloss, auf die eigene Gehaltssteigerung<br />
zu verzichten und auch die<br />
Sonderzahlung für die Beamten nicht<br />
anzuheben. Der Verzicht der Minister<br />
auf ihre eigene Gehaltsanhebung erspart<br />
den Steuerzahlern Mehrbelastungen<br />
von immerhin rund 53.000 Euro pro<br />
Jahr. <strong>Die</strong> verhinderte Verdopplung der<br />
Sonderzahlung für Beamte spart rund<br />
500 Mio. Euro pro Jahr.<br />
<strong>Verschwendung</strong> droht<br />
Hier kann <strong>Verschwendung</strong> verhindert werden<br />
Schleswig. <strong>Die</strong> altehrwürdige Residenzstadt<br />
an der Schlei will für den hochpreisigen<br />
Tourismus attraktiver werden. Dazu<br />
meint man, auf eine moderne Therme<br />
nicht verzichten zu können. Nach ersten<br />
Schätzungen soll das Erlebnisbad auf<br />
einem ehemaligen Bundeswehrgelände<br />
etwa 28 Mio. Euro kosten. Den wesentlichen<br />
Anteil soll ein privater Investor finanzieren.<br />
Das Land Schleswig-Holstein<br />
hat Fördermittel in Höhe von 9,8 Mio.<br />
Euro in Aussicht gestellt, wenn sichergestellt<br />
ist, dass es keine Konkurrenz zu<br />
bestehenden Freizeit- und Erlebnisbädern<br />
gibt. Aber genau hier liegt das Problem:<br />
Im Umkreis von 30 Kilometern um<br />
Schleswig gibt es bereits sechs attraktive<br />
Freizeitbäder, ein siebtes ist von einem<br />
privaten Betreiber geplant. Alle diese Bäder<br />
kämpfen um eine ausreichende Auslastung.<br />
Um negative Auswirkungen auf<br />
die Konkurrenz zu verhindern, hat das<br />
Wirtschaftsministerium von einem Gutachter<br />
einen Anforderungskatalog erstellen<br />
lassen. Darin ist festgehalten, dass es<br />
sich um eine rein gesundheitsorientierte<br />
Therme ohne angegliedertes Sportbad<br />
handeln muss, die zudem unmittelbaren<br />
Anschluss an ein Viersternehotel mit<br />
Appartementbetrieb haben soll. Unter<br />
diesen Voraussetzungen könnte mit bis<br />
zu 190.000 Besuchern im Jahr gerechnet<br />
werden. <strong>Die</strong> ursprünglichen Erwartungen<br />
der Stadt lagen bei etwa 260.000<br />
Gästen jährlich. Fraglich ist auch, ob der<br />
gedeckelte jährliche Zuschuss der Stadt<br />
in Höhe von 500.000 Euro einzuhalten ist.<br />
<strong>Verschwendung</strong> droht<br />
Verschiedene Experten halten dieses Ziel<br />
für unrealistisch. Ein Projekt mit derart<br />
vielen „Wenns“ und „Abers“ ist für die<br />
finanzschwache 24.000-Einwohnerstadt<br />
ein unkalkulierbares Risiko. Dabei liegt<br />
die Alternative so nahe: Das bestehende<br />
Sportbad könnte für 3 Mio. Euro grundsaniert<br />
werden und mit einer weiteren<br />
Million Euro eine Attraktivitätssteigerung<br />
erhalten. <strong>Die</strong>se Lösung wäre der<br />
Leistungsfähigkeit aller Beteiligten angemessen.<br />
Bad Brambach. Bürgermeister Helmut<br />
Wolfram kämpft seit Jahren gegen die<br />
geplante und übliche Luxussanierung der<br />
Deutschen Bahn. Davon betroffen sind<br />
fünf Bahnübergänge in seinem Gemeindegebiet.<br />
Bad Brambach, ein Kurort mit<br />
2.100 Einwohnern, soll ca. 200.000 Euro<br />
Eigenanteil für die Kreuzungsumbauten<br />
aufbringen. Geld, was der Gemeinde<br />
für Aufgaben der Daseinsvorsorge fehlen<br />
würde. Außerdem ist den Gemeindevertretern<br />
der Sinn dieser Sanierung<br />
nicht klar, denn die Strecke ist nicht als<br />
verkehrsbedeutend eingestuft, und wird<br />
nur selten von der Vogtlandbahn benutzt.<br />
Dennoch möchte die Bahn alle Fördermittel<br />
ausnutzen und die Kreuzungen<br />
mit Hilfe der Gemeinde umbauen: Dazu<br />
gehören neben neuen Sig nalanlagen<br />
Schrankensysteme, Schaltanlagen und<br />
auch Schienenerneuerungen, so dass<br />
die Kosten pro Bahnübergang auf über<br />
500.000 Euro ansteigen. Zuviel und am<br />
Bedarf vorbei, rechnet Bürgermeister<br />
81
<strong>Verschwendung</strong> droht<br />
Um Fördermittel zu erhalten, soll die Strassenbahntrasse unnötig lang werden.<br />
Wolfram vor, denn die Bau- und Betriebsordnung<br />
des Eisenbahnbundesamtes<br />
sieht für die Signalanlagen auch<br />
kostengünstigere Maßnahmen vor, die<br />
lediglich 15.000 Euro kosten würden. Der<br />
Bund der Steuerzahler Sachsen schließt<br />
sich nach Prüfung der Maßnahme der<br />
Einschätzung der Gemeinde an und unterstützt<br />
diese bei der Umsetzung der<br />
kostengünstigsten und zweckmäßigsten<br />
Variante.<br />
Mainz. In der rheinland-pfälzischen<br />
Landeshauptstadt droht ein millionenschwerer<br />
Investitionsflop. Rund 70 Mio.<br />
Euro sollen in eine knapp zehn Kilometer<br />
lange neue Straßenbahntrasse investiert<br />
werden. Davon sollen Bund und<br />
Land 36 bzw. 12 Mio. Euro tragen. Um<br />
an die se Fördermittel aus dem sogenannten<br />
Entflechtungsgesetz, der Nachfolgeregelung<br />
des früheren Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes,<br />
zu gelangen,<br />
muss te das Vorhaben auch stark<br />
ausgeweitet werden. Der ursprüngliche<br />
Plan sah eine drei Kilometer lange Stre-<br />
82<br />
cke vor, die „nur“ 22 Mio. Euro gekostet<br />
hätte. <strong>Die</strong> nächstlängere Variante wäre<br />
auf Kosten von 41 Mio. Euro gekommen,<br />
hätte aber auch noch nicht gereicht, um<br />
an Fördermittel des Bundes zu kommen.<br />
<strong>Die</strong> fließen nämlich nur in Verkehrsvorhaben,<br />
wenn die zuwendungsfähigen<br />
Kosten mehr als 50 Mio. Euro betragen.<br />
Also wurde so „lange“ weiter geplant,<br />
bis man eine Strecke gefunden hatte,<br />
die mehr als 50 Mio. Euro kostet. Bleibt<br />
zu hoffen, dass der Bund die Subventionen<br />
verweigert, weil die Förderkriterien<br />
der dringenden Erforderlichkeit<br />
und der Beachtung der Grundsätze der<br />
Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit<br />
nicht vorliegen.<br />
Kreis Herzogtum Lauenburg. Nahezu<br />
alle Kommunen wünschen sich, Standort<br />
von erfolgreichen Unternehmen mit<br />
vielen Arbeitsplätzen zu sein. Denn die<br />
Betriebe zahlen Steuern und die Arbeitnehmer<br />
bringen Einkommen in die Region,<br />
das sich ebenfalls positiv auf die<br />
kommunalen Haushalte auswirkt. Aber<br />
rechtfertigt dieses Interesse eine kostenträchtige<br />
Standortwerbung? Und wie<br />
viel Geld darf dafür ausgegeben werden?<br />
Wir erklären das Problem am Beispiel<br />
des Kreises Herzogtum Lauenburg<br />
im südöstlichen Schleswig-Holstein.<br />
Hier haben die Kreistagspolitiker ursprünglich<br />
beschlossen, in den Jahren<br />
2009 bis 2013 500.000 bis 750.000 Euro<br />
pro Jahr für die Standortwerbung auszugeben.<br />
Mit Imageanzeigen in überregionalen<br />
Zeitungen und Wirtschaftsmagazinen<br />
sowie großformatigen Plakaten<br />
im Hamburger Hauptbahnhof und an<br />
Verkehrsachsen sollen potenzielle Interessenten<br />
angesprochen werden. Ein<br />
professionelles kreisweites Flächenmanagement<br />
soll allen Ansiedlungswilligen<br />
einen möglichst optimalen Standort anbieten.<br />
Erklärtes Ziel ist es, durch die se<br />
Aktion bis zu 1.000 zusätzliche Arbeitsplätze<br />
im Kreisgebiet zu schaffen. Hundert<br />
Arbeitsplätze sollen bereits angesiedelt<br />
worden sein, besagt eine erste Zwischenbilanz.<br />
Finanziert werden soll die<br />
Werbung durch erwartete zusätzliche<br />
Ausschüttungen der Kreissparkasse.<br />
Doch das Konzept wird heftig kritisiert:<br />
Denn allen Experten ist klar, dass durch<br />
die Werbekampagne keine neuen Unternehmen<br />
mit zusätzlichen Arbeitsplätzen<br />
gegründet werden. Bestenfalls kann erreicht<br />
werden, dass die Unternehmen in<br />
den Kreis Herzogtum Lauenburg umsiedeln.<br />
Dann gehen die hier neu geschaffenen<br />
Arbeitsplätze an anderer Stelle<br />
verloren. Unter dem Strich ist damit für<br />
<strong>Verschwendung</strong> droht<br />
die Steuerzahler mit der teuren Werbekampagne<br />
nichts gewonnen. Wenn alle<br />
Kommunen ein teures Standortmarketing<br />
betreiben, ergibt sich ein ruinöser<br />
Wettbewerb, der die Steuerzahler nur<br />
viel Geld kostet.<br />
Reichmannsdorf. Der ehemalige Bürgermeister<br />
der Gemeinde Reichmannsdorf<br />
wollte einen Hohlweg bei Gösselsdorf<br />
für Holztransporte herrichten lassen<br />
und ließ ihn mit mineralischen Abfällen<br />
verfüllen. Ein Gemeinderatsbeschluss<br />
lag dazu nicht vor. Zudem genoss der<br />
Weg auf zwei Abschnitten Biotopschutz.<br />
<strong>Die</strong> Verfüllung verstieß damit gegen naturschutzrechtliche<br />
Bestimmungen. So<br />
musste die Gemeinde den Weg wieder<br />
freilegen und renaturieren lassen. Dafür<br />
veranschlagte die Kommune 29.947 Euro<br />
für die Bauleistungen und 4.016 Euro als<br />
Honorar für das Büro der Landschaftsgestalter.<br />
<strong>Die</strong> Kosten dieser Freilegung<br />
des Hohlweges berappen erst einmal die<br />
Steuerzahler. Der Gemeinderat hat beschlossen,<br />
einen Rechtsanwalt mit der<br />
Prüfung auf Schadenersatz zu beauftragen.<br />
Bund. Seit Jahren ist geplant, die S-<br />
Bahnlinie S13 von Troisdorf nach Bonn-<br />
Oberkassel zu verlängern. Geld schien<br />
vorhanden. Denn als Kompensation<br />
für den Umzug vieler Bundesministerien<br />
nach Berlin hatte der Bund der<br />
Region Bonn im Jahr 1994 erhebliche<br />
Ausgleichszahlungen zugesagt. Im Jahr<br />
83
<strong>Verschwendung</strong> droht<br />
2000 wurden die Kosten der S13-Verlängerung<br />
auf 210 Mio. Euro geschätzt.<br />
Inzwischen geht die Deutsche Bahn AG<br />
(DB AG) von 351 Mio. Euro aus. Auch<br />
der Zeitplan hat sich um viele Jahre verschoben.<br />
Offiziell erwartet die DB AG<br />
eine Inbetriebnahme erst Ende 2016.<br />
Inoffiziell gehen die Verantwortlichen<br />
davon aus, dass das Projekt aus Kosten-<br />
Nutzen-Erwägungen gar nicht mehr realisiert<br />
wird. Das würde angesichts der<br />
Kostensteigerung nicht überraschen.<br />
Von der nordrhein-westfälischen Landesregierung<br />
bekommt deshalb auch<br />
niemand ein klares Bekenntnis zum<br />
Projekt. O-Ton des Landesverkehrsministeriums<br />
gegenüber dem BdSt: „Wenn<br />
Baurecht vorliegt, ist auf Basis der dann<br />
bekannten Kosten und etwaiger Änderungen<br />
im Gesamtnutzen gemeinsam<br />
mit allen Beteiligten über den Baubeginn<br />
zu entscheiden.“<br />
<strong>Die</strong> Bundesregierung ihrerseits ist zwar<br />
der potenzielle Hauptgeldgeber, zeigt<br />
aber keinerlei Projektinteresse. O-Ton<br />
des Bundesverkehrsministeriums gegenüber<br />
dem BdSt: „Das Land Nordrhein-Westfalen<br />
[…] kann […] selbst<br />
bestimmen, in welche Projekte mit den<br />
vom Bund zur Verfügung gestellten Mitteln<br />
investiert werden soll. […] Insofern<br />
verfügt der Bund auch über keinerlei Informationen<br />
über das Projekt.“<br />
Brisant ist dies, weil jetzt ein konkreter<br />
und teurer Schritt zur Projektvorbereitung<br />
bevorsteht. Der kleine, denkmalgeschützte<br />
Güterbahnhof Bonn-Beuel soll<br />
verlegt werden. Das würde Kosten von<br />
bis zu 400.000 Euro verursachen. Somit<br />
drohen <strong>öffentliche</strong> Mittel verschwendet<br />
zu werden, um Platz zu schaffen für ein<br />
Projekt, das nach Lage der Dinge gar<br />
nicht realisiert wird.<br />
Spreethal. <strong>Die</strong> Gemeinde Spreethal hat<br />
die Altlasten der DDR-Gasproduktion<br />
bewältigt. <strong>Die</strong> teerverseuchten Flächen,<br />
welche als Nebenprodukt der Gasproduktion<br />
einfach in die Erde verbracht<br />
wurden, wurden in der Gemeinde<br />
Spreethal mit Hilfe von Millionen Euro<br />
Steuergeldern beseitigt. Für die Entsorgung<br />
der Altlasten war eine Kohlemischanlage<br />
erforderlich, welche nunmehr<br />
einen privaten Investor gefunden<br />
hat, der diese weiter betreibt.<br />
So weit so gut, doch leider fasste die<br />
Gemeinde Spreethal einen Aufstellungsbeschluss<br />
für einen Bebauungsplan,<br />
der die vor rund zwei Jahren durch die<br />
Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-<br />
Verwaltungsgesellschaft mbh (LMBV)<br />
renaturierten Flächen betrifft. Aufgabe<br />
der LMBV ist es, die Flächen des stillgelegten<br />
Braunkohlebergbaus in den<br />
neuen Bundesländern im Rahmen von<br />
Sanierungsmaßnahmen für deren Folgenutzung<br />
vorzubereiten und zu verkaufen.<br />
Da der Investor die Flächen nicht<br />
– wie ursprünglich ge plant – mit dem<br />
Kohlekraftwerk erwarb, pflanzte die<br />
LMBV auf den renaturierten Flächen ca.<br />
20.000 Stecklinge im Wert von 100.000<br />
Euro. Nunmehr plant die Gemeinde<br />
Spreethal den Ankauf der Flächen und<br />
den anschließenden Weiterverkauf der<br />
Flächen an einen Solarparkinvestor. Für<br />
den Eingriff in die Natur – Vernichtung<br />
der 20.000 Stecklinge – muss die Gemeinde<br />
bzw. der Investor Ersatzanpflanzungen<br />
vornehmen. Da es in der Region<br />
keine freien Flächen gibt, werden die<br />
Ersatzpflanzungen wohl im Leipziger<br />
Raum erfolgen.<br />
Berlin. <strong>Die</strong> Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />
hat viel Geld in sogenannte<br />
Vorrangschaltungen investiert. Ganze<br />
31 Mio. Euro wurden in den letzten Jahren<br />
für das Beschleunigungsprogramm<br />
ausgegeben, um Busse und Straßenbahnen<br />
schneller zu machen. Doch der<br />
Erfolg lässt bislang auf sich warten. Im<br />
Rahmen des Programms der Berliner<br />
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />
<strong>Verschwendung</strong> droht<br />
31 Mio. Euro zahlte Berlin für ein Konzept zur Beschleunigung des Verkehrs.<br />
sollen Verkehrsflüsse zugunsten von Linienbussen<br />
und Straßenbahnen beeinflusst<br />
werden. Für das Projekt Straßenbahnbeschleunigung<br />
sind derzeit 294<br />
Ampelanlagen mit Vorrangschaltungen<br />
ausgerüstet worden. Kosten: 19,9 Mio.<br />
Euro. Effekt: eine Verlangsamung der<br />
Straßenbahn. Noch im Jahr 2008 fuhr<br />
sie mit durchschnittlich 19,6 km/h durch<br />
die Hauptstadt; 2009 waren es dann nur<br />
noch 19,3 km/h. Nicht viel anders sieht<br />
es beim Busverkehr aus. 710 Ampelanlagen<br />
wurden bislang für den Busverkehr<br />
mit entsprechender Technik ausgestattet.<br />
Doch auch hier blieb, trotz der Investition<br />
von 11 Mio. Euro, die Durchschnittsgeschwindigkeit<br />
von 19,5 km/h<br />
unverändert. Für die Senatsverwaltung<br />
für Stadt entwicklung liegt die Ursache<br />
für die teure „Entschleunigung“ des <strong>öffentliche</strong>n<br />
Personennahverkehrs im kom-<br />
84 85
<strong>Verschwendung</strong> droht<br />
plexen Zusammenspiel unterschiedlicher<br />
Faktoren. So hätten Baustellen in der<br />
Stadt, aber auch die Konkurrenz zum<br />
Fußgängerverkehr, den man natürlich<br />
auch beschleunigen wolle, zu den Geschwindigkeitseinbußen<br />
geführt. Aktuelle<br />
Daten zur Geschwindigkeitsentwicklung<br />
von Bus und Straßenbahn werden<br />
erst zum Ende des Jahres erwartet. Erst<br />
dann lässt sich der endgültige Effekt der<br />
teuren Investition feststellen. Der Bund<br />
der Steuerzahler wird den Sachverhalt<br />
weiter beobachten. Denn schnellere Verkehrsmittel<br />
zahlen sich durchaus aus.<br />
Wenn Busse und Straßenbahnen schneller<br />
fahren, können die Verkehrsbetriebe<br />
weniger Fahrzeuge einsetzen, was entsprechend<br />
Kosten spart – auch für das<br />
Land Berlin.<br />
Fischland-Darß-Zingst. Das Land Mecklenburg-Vorpommern<br />
diskutiert seit<br />
Monaten, ob es im Ostsee-Tourismusgebiet<br />
Fischland-Darß-Zingst die alte<br />
Darßbahn wiederbeleben soll. <strong>Die</strong><br />
Trasse würde Zingst und Prerow an das<br />
Schienennetz der Usedomer Bäderbahn,<br />
einer 100-prozentigen Bahn-Tochter, anbinden.<br />
<strong>Die</strong> Befürworter wollen damit<br />
den Individualverkehr der Touristen zurückdrängen<br />
und die vorhandenen Busverbindungen<br />
entlasten. Ende August<br />
<strong>2010</strong> fiel die Entscheidung des Verkehrsministeriums,<br />
den Bau in zwei Etappen<br />
voranzutreiben. <strong>Die</strong> Krux an den Plänen:<br />
Dem Projekt wurde Ende 2009 laut beauftragterWirtschaftlichkeitsuntersu-<br />
chung nur ein Nutzen-Kosten-Verhältnis<br />
von 0,88 bescheinigt.<br />
Soll heißen, die geschätzten Investitionskosten,<br />
die damals seitens des Ministeriums<br />
auf rund 48 Mio. Euro beziffert<br />
wurden, würden durch die mit dem Bau<br />
der Darßbahn entstehenden Vorteile<br />
nicht kompensiert. <strong>Die</strong> aktuell vom Ministerium<br />
in Umlauf gebrachten Zahlen<br />
weisen ein leicht besseres Verhältnis von<br />
0,93 aus. Ein Nutzen-Kosten-Verhältnis<br />
von mindestens 1 ist jedoch Voraussetzung,<br />
dass die Kosten der Maßnahme<br />
geradeso dem künftigen Nutzen entsprechen<br />
und der Bahnbau knapp noch<br />
als wirtschaftlich gelten kann.<br />
Interessant ist zudem auch, dass die<br />
Gesamtkosten jetzt nur noch bei 38<br />
Mio. Euro liegen sollen. Trotz überarbeiteterWirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />
rechnet sich das Projekt auf<br />
dem Papier weiterhin nicht. Doch der<br />
Verkehrsminister sieht das anders. Er<br />
hat den Bau der Darßbahn zu seinem<br />
politischen Ziel erkoren. Daher wolle<br />
er im Zuge der Detailplanung alle Optimierungsmöglichkeiten<br />
prüfen, die<br />
den Nutzen-Kosten-Faktor verbessern<br />
helfen. Mit anderen Worten: Es soll solange<br />
geplant und kalkuliert werden,<br />
bis das persönliche Ziel des Ministers<br />
schöngerechnet scheint. Kritisch ist zudem,<br />
dass bei der Gesamtbetrachtung<br />
des Projekts derzeit die Kosten, die nach<br />
dem Bau der Darßbahn jährlich für den<br />
Betrieb durch das Land aufzubringen<br />
sind, außen vorgelassen werden. Das<br />
Ministerium scheint hierzu keine Rechnungen<br />
angestellt zu haben, es verweist<br />
lediglich auf die Ergebnisse einer noch<br />
durchzuführenden Ausschreibung. So<br />
sinnvoll die Idee der Darßbahn auch<br />
scheinen mag: Der Steuerzahler darf mit<br />
seinem Geld nicht für Investitionsprojekte<br />
herhalten, die eine dauerhaft negative<br />
Rendite erwirtschaften, nur weil sie<br />
politisch gewollt sind. Und selbst wenn<br />
das Nutzen-Kosten-Verhältnis auf dem<br />
Papier nach Abschluss der Detailplanung<br />
geradeso ausgewogen sein sollte,<br />
ist erfahrungsgemäß damit zu rechnen,<br />
dass es im Zuge der Realisierung zu<br />
Baukostenüberschreitungen kommen<br />
wird. Dann wird es dauerhaft teuer für<br />
die Steuerzahler. Ebenso ist zweifelhaft,<br />
ob die Darßbahn eine echte Alternative<br />
zum Autoverkehr darstellt. Das darf aufgrund<br />
der insgesamt schlechten Anbindung<br />
Mecklenburg-Vorpommerns an<br />
das Netz der Deutschen Bahn erheblich<br />
bezweifelt werden. Im Sinne der Steuerzahler<br />
sollten daher alle Signale für den<br />
kostspieligen und unwirtschaftlichen<br />
Wiederaufbau der Darßbahn auf Rot<br />
gestellt werden.<br />
Bremen. Damit Besucher und Mieter des<br />
neuen Stadthauses Vegesack (früheres<br />
Kaufhaus Kramer) keine nassen Füße<br />
bekommen, soll ein Tunnel zwischen<br />
der Tiefgarage am Sedanplatz und der<br />
ehemaligen Kramer-Immobilie gebaut<br />
werden. Für die knapp 20 Meter werden<br />
nach bisherigen Angaben rund<br />
<strong>Verschwendung</strong> droht<br />
371.000 Euro fällig, die vom Steuerzahler<br />
zu tragen sind. Der Nutzen der<br />
unterirdischen Fußgängerverbindung<br />
hält sich in Grenzen, zumal Besucher das<br />
Stadthaus leicht über einen Tiefgaragen-<br />
Aufzug und dann ebenerdig über den<br />
Sedanplatz erreichen können. Große<br />
Teile der Vegesacker Ortspolitik und der<br />
Bremer Wirtschaftssenator halten die<br />
wetterunabhängige Erreichbarkeit der<br />
Behördendienststellen sowie der Bank-,<br />
Einzelhandels- und Freizeitangebote im<br />
Stadthaus dagegen für unverzichtbar.<br />
Sie stützen sich auf Zusicherungen, die<br />
die in der heutigen stadteigenen Wirtschaftsförderung<br />
Bremen GmbH (WFB)<br />
aufgegangene Bremer Investitions-Gesellschaft<br />
(BIG) großzügig gegenüber<br />
Mietern des Stadthauses gegeben hatte.<br />
Doch ursprüngliche Planungen für das<br />
Untergeschoss des Stadthauses sind<br />
längst Makulatur. Eine Bowlingbahn, die<br />
über den Tunnel auch zu Zeiten erreichbar<br />
ist, an denen das übrige Stadthaus<br />
geschlossen ist, wird es aller Voraussicht<br />
nach nicht geben. Der potenzielle Betreiber<br />
hat sich schon vor Monaten zurückgezogen.<br />
So nimmt die <strong>Verschwendung</strong><br />
im Bremer Norden ihren Lauf. Dagegen<br />
kommt nicht einmal die Finanzsenatorin<br />
als Hüterin der Bremer Stadtkassen an,<br />
die die Notwendigkeit der unterirdischen<br />
Verbindung am Sedanplatz noch im Juli<br />
<strong>2010</strong> öffentlich in Zweifel zog und damit<br />
vielen Steuerzahlern aus dem Herzen<br />
sprach und spricht. <strong>Die</strong> Tunnelkosten<br />
von 371.000 Euro resultieren übrigens<br />
86 87
<strong>Verschwendung</strong> droht<br />
aus einer Machbarkeitsstudie aus dem<br />
Jahr 2007. Mit Kostensteigerungen bis<br />
zur geplanten Fertigstellung im Frühjahr<br />
2011 ist deshalb noch zu rechnen.<br />
Flensburg. Ohne Frage ist die Stadtwerke<br />
Flensburg GmbH, die sich zu hundert<br />
Prozent im Eigentum der Stadt befindet,<br />
ein erfolgreiches kommunales Versorgungsunternehmen.<br />
Der Betrieb ist<br />
mit einem gesunden Eigenkapital ausgestattet<br />
und führt Jahr für Jahr Überschüsse<br />
an den städtischen Haushalt<br />
ab. Dennoch besteht Grund zur Sorge,<br />
denn aufgrund eines von der Politik beschlossenen<br />
Strategiekonzepts hat sich<br />
das Unternehmen in den letzten Jahren<br />
mehr und mehr von seinem örtlichen<br />
Versorgungsauftrag entfernt. Hintergrund<br />
war die richtige Feststellung,<br />
dass sich bei einer Beschränkung auf<br />
das heimische Versorgungsgebiet weder<br />
die Mitarbeiterzahl noch die Gewinnerwartung<br />
wird halten lassen. Um das<br />
Geschäft auszubauen, die Abführung an<br />
den städtischen Haushalt zu sichern und<br />
neue Arbeitsplätze zu schaffen, mussten<br />
neue Marktgebiete und zusätzliche<br />
Geschäftsfelder entwickelt werden. Und<br />
so ist das Unternehmen mittlerweile<br />
als Energieversorger deutschlandweit<br />
tätig. Man hat sich sogar an einer Gesellschaft<br />
beteiligt, die in der lettischen<br />
Stadt Ventspils ein Kraftwerk und eine<br />
erneuerte Fernwärmeversorgung errichten<br />
will. Daneben beteiligt man sich<br />
an einer Vielzahl von Unternehmen im<br />
Bereich der erneuerbaren Energien. Das<br />
Innenministerium in Kiel als Aufsichtsbehörde<br />
sieht diese Entwicklung mit<br />
großem Argwohn. Schließlich schreibt<br />
das kommunale Wirtschaftsrecht in<br />
Schleswig-Holstein das sogenannte Örtlichkeitsprinzip<br />
vor, nach dem sich kommunale<br />
Wirtschaftsunternehmen nicht<br />
außerhalb der Grenzen der eigenen<br />
Kommune betätigen dürfen. Um mehr<br />
Freiräume zu erlangen, hat man für das<br />
Beteiligungsmanagement eigens ein<br />
„Enkel“-Unternehmen gegründet, das<br />
durch diese Konstruktion nicht mehr<br />
der Kommunalaufsicht und dem unmittelbaren<br />
Einfluss der Stadtvertretung<br />
unterliegt. Bislang war diese Strategie<br />
weitgehend erfolgreich. Nicht vergessen<br />
werden darf aber auch, dass mit jeder<br />
wirtschaftlichen Chance auch ein unternehmerisches<br />
Risiko verbunden ist. Und<br />
es stellt sich die Frage, ob das Risikopotenzial<br />
der Stadtwerke Flensburg nicht<br />
langsam dem Eigentümer, nämlich der<br />
Stadt Flensburg, über den Kopf wächst.<br />
Mittlerweile ist der Unternehmensumsatz<br />
der Stadtwerke mit 240 Mio. Euro<br />
im Jahr größer als das bereinigte Haushaltsvolumen<br />
der Stadt. Mit rund 1.000<br />
Mitarbeitern beschäftigt man ebensoviel<br />
Personal wie die Trägerkommune. Beim<br />
Hauptgeschäft, dem Stromverkauf, hat<br />
die Marktentwicklung der vergangenen<br />
Monate zu einem erheblichen Gewinneinbruch<br />
geführt. Das Engagement in<br />
Lettland droht an veränderten Rahmenbedingungen<br />
und Projektverzögerungen<br />
zu scheitern und auch ein Teil der vielen<br />
Beteiligungsgesellschaften schreibt rote<br />
Zahlen. Das Rechnungsprüfungsamt der<br />
Stadt Flensburg bemängelt zudem, dass<br />
die komplizierte Unternehmensstruktur<br />
es den Stadtvertretern unmöglich macht,<br />
ihre Pflichten als Gesellschaftervertreter<br />
noch verantwortungsbewusst wahrzunehmen.<br />
Alles in allem ähneln die Strukturen<br />
und Rahmenbedingungen sehr<br />
stark der Ausgangssituation, in der die<br />
HSH Nordbank als ehemalige Landesbank<br />
von Hamburg und Schleswig-Holstein<br />
in wirtschaftliche Schwierigkeiten<br />
gekommen ist. Deshalb gilt hier: Wehret<br />
den Anfängen! Das Risiko für die Stadt<br />
Flensburg muss deutlich beschränkt<br />
werden. <strong>Die</strong> Aussicht auf kurzfristige<br />
Gewinnabführungen darf nicht den<br />
Blick für langfristige Gefahren trüben.<br />
Bund. Im Bundesarbeitsministerium sind<br />
37 Mitarbeiter in vier Referaten tagtäglich<br />
damit beschäftigt, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
für das Ministerium<br />
zu verrichten. Sie planen die strategische<br />
Kommunikation, verfassen Reden, Pressemeldungen,<br />
Publikationen und organisieren<br />
Pressekonferenzen. Der Bundesarbeitsministerin<br />
scheint das Knowhow<br />
ihrer Mitarbeiter jedoch nicht zu<br />
genügen. Derzeit sucht das Ministerium<br />
per europaweiter Ausschreibung gleich<br />
drei PR-Agenturen, die bis März 2014<br />
die Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums<br />
kräftig beflügeln sollen. So sieht die<br />
All-Inclusive-Ausschreibung vor, dass<br />
<strong>Verschwendung</strong> droht<br />
Kostspielige Unterstützung sucht das Arbeitsministerium<br />
in der Pressearbeit.<br />
die Agenturen grundsätzlich die Konzeption,<br />
Entwicklung und Umsetzung<br />
von Kommunikationsmaßnahmen und<br />
-kampagnen durchführen sollen. Zudem<br />
sollen u. a. Pressekonferenzen organisiert,<br />
Pressematerialen erstellt, Publikationen<br />
des Ministeriums konzipiert<br />
und redaktionell begleitet, die Online-<br />
Redaktion des Hauses unterstützt, Tagungen<br />
und Kongresse gestaltet sowie<br />
die Ministerin bei <strong>öffentliche</strong>n Terminen<br />
begleitet werden. <strong>Die</strong> Auflistung der Ministeriums-Wünsche<br />
ist also nicht nur<br />
allumfassend, sondern auch identisch<br />
mit den Aufgaben der 37 beschäftigten<br />
Presse- und Öffentlichkeitsarbeiter des<br />
Ministeriums. Merkwürdig ist, dass das<br />
Arbeitsminis terium bisher lediglich mit<br />
einer PR-Agentur für seine Hauptkom-<br />
88 89
<strong>Verschwendung</strong> droht<br />
munikationsmaßnahmen auskam.<br />
Doch das Ministerium sieht das zwischenzeitlich<br />
anders: Drei Agenturen<br />
ließen sich zentraler und besser durch<br />
den Leitungsbereich des Ministeriums<br />
steuern. Darüber hinaus entstünde ein<br />
Wettbewerb der Ideen, der die Qualität<br />
der Maßnahmen steigere und zugleich<br />
das Preisniveau senke. Wie drei Agenturen<br />
auf einmal günstiger als eine einzige<br />
sein sollen, erklärt sich dem steuerzahlenden<br />
Bürger nicht. Und dass es<br />
hier nicht um Kleingeld gehen wird,<br />
zeigt das aktuelle Budget des Ressorts<br />
für Kommunikations- und Publikationsmaßnahmen.<br />
Stolze 15 Mio. Euro stehen<br />
allein in diesem Jahr für die Vermarktung<br />
von Informationen bereit. Wer 37<br />
Fachreferenten im Hause hat, benötigt<br />
keine drei PR-Agenturen, die im Grundsatz<br />
dieselbe Arbeit verrichten. Das<br />
wäre rausgeworfenes Geld.<br />
Schleswig-Holstein. <strong>Die</strong> Einnahmen einer<br />
Gemeinde hängen wesentlich von<br />
ihrer Einwohnerzahl ab. Insbesondere<br />
gute Einkommensteuerzahler sind heiß<br />
begehrt. Um als Wohnort attraktiv zu<br />
bleiben, möchten viele Gemeinden unter<br />
allen Umständen ihre Infrastruktur<br />
erhalten. <strong>Die</strong> Existenz von Schulen und<br />
Kindergärten hängt dabei von der Zahl<br />
der Kinder in einer Gemeinde ab. Darum<br />
gibt es immer „kreativere“ Ideen,<br />
wie man junge Familien in die eigene<br />
Kommune locken will. Sie reichen von<br />
einfachen, spendenfinanzierten Begrü-<br />
ßungspaketen für Neugeborene bis hin<br />
zu umfangreichen Sach- und Finanzleistungen.<br />
Im Kreis Ostholstein haben<br />
mehrere Kommunen ein Förderpaket<br />
für junge Familien aufgelegt, zu dem<br />
auch Zuschüsse für den Neubau von Eigenheimen<br />
gehören.<br />
<strong>Die</strong> Stadt Schenefeld im Kreis Pinneberg<br />
hat gerade beschlossen, die Kosten<br />
für das letzte Kindergartenjahr vor<br />
der Einschulung zu übernehmen, um<br />
die Eltern damit zu entlasten. Das Innenministerium<br />
sieht diese Aktivitäten<br />
sehr kritisch, insbesondere, wenn zum<br />
Ausgleich der kommunalen Haushalte<br />
Kredite aufgenommen werden müssen.<br />
Zu einem Verbot will man sich aber<br />
nicht durchringen. Für uns droht hier<br />
<strong>Verschwendung</strong> in erheblichem Maße,<br />
denn letztlich jagen sich die Gemeinden<br />
nur gegenseitig die Einwohner ab. <strong>Die</strong><br />
Mehreinnahmen der einen Gemeinde<br />
sind gleichzeitig Mindereinnahmen für<br />
die andere Kommune. Und die Kosten<br />
trägt der Steuerzahler.<br />
Nachlese<br />
Was daraus geworden ist<br />
Bund. Das langjährige Hin und Her über<br />
die Vermarktungschancen des Transrapids<br />
und die Weiterführung der Versuchsanlage<br />
im Emsland setzte sich auch<br />
<strong>2010</strong> zu Lasten der Steuerzahler fort. Obwohl<br />
der Transrapid außer in Shanghai<br />
seit Jahren keinen kommerziellen Einsatz<br />
findet, wird das Projekt immer wieder<br />
mit <strong>öffentliche</strong>n Geldern am Leben gehalten.<br />
Nachdem die letzte Hoffnungsstrecke<br />
in München den stetig steigenden Planungskosten<br />
zum Opfer fiel und auch<br />
die immer wieder beschworenen ausländischen<br />
Käufer Mangelware sind,<br />
stand die Versuchsstrecke im niedersächsischen<br />
Emsland zur Mitte des letzten<br />
Jahres vor dem Aus. <strong>Die</strong> beiden Technologielieferanten<br />
Thyssen-Krupp und Siemens<br />
sahen keinen weiteren Testbedarf,<br />
sie halten den Transrapid für marktreif.<br />
Doch anstatt die Notbremse zu ziehen,<br />
beschloss die Politik den Weiterbetrieb<br />
der Versuchsanlage bis ins Jahr <strong>2010</strong>.<br />
5,2 Mio. Euro schießt der Bund abermals<br />
zu, 575.000 Euro steuert das Land<br />
Niedersachsen bei, unter anderem mit<br />
der Begründung, dass die Anlage zu Demonstrationszwecken<br />
für potenzielle Investoren<br />
diene, die sich vor Ort von der<br />
Leistungsfähigkeit des Transrapids überzeugen<br />
könnten. Darüber hinaus gibt der<br />
Bund in diesem Jahr über 515.000 Euro<br />
aus, weitere 450.000 Euro sind für 2011<br />
geplant, um sich juristisch und technisch<br />
beraten zu lassen, wie die Interessen<br />
des Bundes im Zusammenhang mit der<br />
90 91<br />
Nachlese<br />
Nutzung von Ergebnissen des Transrapid-Weiterentwicklungsprogrammsgewahrt<br />
und durchgesetzt werden können.<br />
All der finanzielle Aufwand erfolgt nur<br />
in der Hoffnung, dass sich irgendwann<br />
doch noch Käufer finden, die den Transrapid<br />
einsetzen wollen. Das Bundesverkehrsministerium<br />
sieht neben Brasilien,<br />
China und den USA auch die Türkei und<br />
Teneriffa als potenzielle Einsatzgebiete.<br />
Denn sollte sich der Transrapid irgendwann<br />
doch noch als Vermarktungserfolg<br />
entpuppen, hofft der Bund auf die Rückzahlungen<br />
einiger Steuermittel. Und so<br />
versucht das Verkehrsministerium, Jahr<br />
für Jahr aufs Neue Millionen Euro Steuergelder<br />
in der Ems zu versenken.<br />
Doch ein Hoffnungsschimmer für die<br />
gebeutelten Steuerzahler scheint sich<br />
abzuzeichnen: In der Finanzplanung<br />
des Bundes bis 2014 sind keine weiteren<br />
Steuergelder für die emsländische Versuchsanlage<br />
vorgesehen. Aber es droht<br />
weiterhin Gefahr aus dem Verkehrsressort.<br />
<strong>Die</strong>ses will trotz der horrenden<br />
Kosten unbeirrt an der Versuchsanlage<br />
festhalten und ringt um die Bereitstellung<br />
weiterer Mittel. Einerseits sei die<br />
Anlage zur Wahrung der Exportchancen<br />
des Transrapids weiterhin unerlässlich,<br />
anderseits hält das Ministerium die Anlage<br />
für geeignet zur Erforschung und<br />
Erprobung der berührungslosen Energieversorgung<br />
im Automobilbereich.<br />
Damit werden die Begründungen und<br />
die Suche nach neuen Spielwiesen für<br />
die teure Versuchsanlage immer ausge-
Nachlese<br />
fallener. <strong>Die</strong> Devise muss daher lauten:<br />
Lieber ein Ende mit Schrecken als ein<br />
Schrecken ohne Ende. Was der Transrapid<br />
braucht, sind Käufer und keine weiteren<br />
Zuschüsse aus Steuergeldern.<br />
Erfurt. Im Schwarzbuch des vergangenen<br />
Jahres berichteten wir über einen seit<br />
2002 leer stehenden Rohbau, der mit <strong>öffentliche</strong>n<br />
Geldern gefördert wurde. In<br />
Erfurts Arndtstraße wurde durch eine<br />
Suchthilfe gGmbH vom Jahr 2000 bis<br />
2002 mit dem Umbau eines Gebäudes zu<br />
einem therapeutischen Wohnheim für<br />
drogenabhängige und drogengefährdete<br />
Jugendliche begonnen. Es wurden<br />
bis zum Jahr 2001 1.127.146,62 Euro<br />
Landesmittel investiert. Doch dann erfolgte<br />
für den Rohbau 2002 ein Baustopp<br />
durch die städtische Baubehörde. Der<br />
Träger hatte Teile der Altbausubstanz<br />
Das therapeutische Wohnheim wird nun<br />
fertiggestellt.<br />
des Gebäudes erneuert, die in einem<br />
wesentlich schlechteren Zustand als erwartet<br />
waren. Aus rechtlichen Gründen<br />
verweigerte die Baubehörde der Stadt<br />
eine Baugenehmigung für den Neubau<br />
im Außenbereich. Der Bauherr erhob<br />
Widerspruch und dann Klage. Obwohl<br />
die Stadt ein Interesse an der Betreuungseinrichtung<br />
hatte, fand sich keine<br />
kurzfristige Lösung und erst 2006 gab<br />
es von der Stadtverwaltung eine Baugenehmigung<br />
für den gestoppten Bau von<br />
2002. Das Land zahlte 2004 zur Sicherung<br />
der Baustelle 122.710,05 Euro. Durch die<br />
Verzögerung verfiel dem Träger die für<br />
das Investitionsprojekt vorgesehene KO-<br />
Finanzierung der Arbeitsverwaltung.<br />
Lange blieb der geförderte Rohbau unvollendet<br />
und wir berichteten darüber im<br />
Schwarzbuch. Nun wird das Wohnheim<br />
für junge drogenabhängige Erwachsene<br />
seit Juni <strong>2010</strong> durch die Suchthilfe<br />
gGmbH weitergebaut und soll bis Ende<br />
<strong>2010</strong>/Anfang 2011 fertig werden. Nach<br />
Informationen des Ministeriums für Soziales,<br />
Familie und Gesundheit wurden<br />
zur Fortsetzung der Arbeiten keine weiteren<br />
Fördermittel ausgereicht. Auch die<br />
Verwendungsnachweisprüfung für die<br />
bis 2001 investierten Fördermittel ist laut<br />
Ministerium erfolgt. Der Träger hat den<br />
festgestellten Rückforderungsbetrag im<br />
September 2009 gezahlt.<br />
Ratzeburg. Zum vermutlich letzten Mal<br />
berichten wir an dieser Stelle über das<br />
Desaster der nutzlosen Abwasserlei-<br />
tung von Ratzeburg, die im Volksmund<br />
auch als Krötentunnel verspottet wird.<br />
Erstmalig hatten wir im Schwarzbuch<br />
2000 den Bau der 13 Kilometer langen<br />
Abwasserleitung kritisiert, die nie genutzt<br />
worden ist. Jetzt ist rechtskräftig<br />
entschieden, dass der noch ausstehende<br />
Verlust von 1,2 Mio. Euro aus dem Haushalt<br />
der Stadt Ratzeburg zu begleichen<br />
ist. Begonnen hatte alles in der Nachwendezeit<br />
mit der Gründung eines Abwasserzweckverbands<br />
zwischen der Stadt<br />
Ratzeburg und mehreren Gemeinden aus<br />
Mecklenburg-Vorpommern. Gemeinsam<br />
wollte man ein Klärwerk und ein Abwassersammelsystem<br />
errichten, für das man<br />
sich Fördermittel erhoffte. 1992 wurde<br />
im Vorgriff schon einmal eine Abwasserdruckleitung<br />
zwischen Ratzeburg und<br />
der Landesgrenze verlegt. <strong>Die</strong> Baukosten<br />
beliefen sich seinerzeit auf ca. 2,2 Mio.<br />
Euro.<br />
Als später dann die verbindliche Fördermittelzusage<br />
vorlag, waren die Zuschüsse<br />
wesentlich geringer als erwartet. Dadurch<br />
wurde das Projekt unwirtschaftlich und<br />
zum Jahresende 1996 sah sich die Stadt<br />
gezwungen, aus dem Abwasserzweckverband<br />
auszutreten. Jetzt entwickelte<br />
sich ein Rechtsstreit darüber, wer die Kosten<br />
für die nutzlose Rohrleitung zu tragen<br />
habe. In einem Vergleich wurden die<br />
Kosten zwischen dem Abwasserzweckverband<br />
und der Stadt Ratzeburg geteilt.<br />
Der Kos tenanteil Ratzeburgs wurde daraufhin<br />
von der Stadt in die Abwassergebührenkalkulation<br />
hineingerechnet.<br />
Dagegen legten einige Gebührenzahler<br />
Widerspruch ein. Im Herbst 2009 gab<br />
ihnen letztinstanzlich das Schleswig-<br />
Holsteinische Oberverwaltungsgericht<br />
Recht. <strong>Die</strong> noch offenen 1,2 Mio. Euro<br />
dürfen nicht über die Abwassergebühren<br />
finanziert werden, sondern müssen aus<br />
dem hoch verschuldeten Stadthaushalt<br />
getragen werden.<br />
Hagen. Im vorigen Jahr haben viele<br />
nordrhein-westfälische Kommunen<br />
durch hochspekulative Zinswetten Millionen<br />
verloren – der Bund der Steuerzahler<br />
berichtete in der Vergangenheit<br />
im Schwarzbuch darüber. Den größten<br />
Schaden müssen sich die Verantwortlichen<br />
der Hagener Stadtverwaltung<br />
zurechnen lassen. Jetzt wurde bekannt,<br />
dass ihr Vertragspartner, die Deutsche<br />
Bank, 5 Mio. Euro in einem Vergleichsverfahren<br />
gezahlt hat. Dafür, so erfährt<br />
die Öffentlichkeit, lässt die Stadt Hagen<br />
eine Schadensersatzklage vor dem Oberlandesgericht<br />
Düsseldorf fallen. Zuvor<br />
hatte die Stadt mehrfach vor Gericht verloren,<br />
so dass aus Sicht der Stadt der Vergleich<br />
sicherlich Sinn macht. Ärgerlich<br />
aber ist aus Sicht der Steuerzahler, dass<br />
trotz Mahnungen die hochverschuldete<br />
Stadt Hagen überhaupt derartige Spekulationen<br />
betrieben hat. Der Steuerzahler<br />
ist der Geschädigte – trotz der Millionenzahlung<br />
der Bank.<br />
Nürburg. Kein Jahr vergeht ohne neue<br />
Hiobsbotschaften von Deutschlands teu-<br />
92 93<br />
Nachlese
Nachlese<br />
Ein Untersuchungsausschuss deckt beim<br />
Nürburgring weitere Skandale auf.<br />
erstem staatlichen Vergnügungsbetrieb.<br />
Der Nürburgring mit seiner 2009 errichteten<br />
„Erlebniswelt“ kostete schon den Finanzminister<br />
von Rheinland-Pfalz, Ingolf<br />
Deubel, das Amt. War damals noch ein<br />
gescheitertes Finanzierungsmodell der<br />
Auslöser für den Rücktritt, rücken nun<br />
auch alle anderen Geschäftsbereiche der<br />
zu 90 Prozent landeseigenen Ring-Gesellschaft<br />
in den Mittelpunkt. Zum einen<br />
geht ein Untersuchungsausschuss den<br />
Vorgängen auf den Grund, was bei dem<br />
Ausbau, der statt der geplanten 210 Mio.<br />
Euro wohl mehr als 330 Mio. Euro kosten<br />
wird, schief gelaufen ist. Daneben ermittelt<br />
inzwischen die Staatsanwaltschaft<br />
wegen des Verdachts auf Untreue gegen<br />
den mittlerweile geschassten Geschäftsführer<br />
der Nürburgring GmbH, den Finanzdirektor<br />
am Ring, den ehemaligen<br />
Finanzminister Deubel sowie gegen den<br />
privaten Geschäftspartner Kai Richter.<br />
Jener, zunächst als Privatinvestor präsentiert,<br />
musste mit Geldern von Landesge-<br />
sellschaften gestützt werden, da ihm das<br />
Geld ausging und ein Baustopp drohte.<br />
Wegen dieser Finanzspritze in Höhe von<br />
85 Mio. Euro ermittelt die Staatsanwaltschaft<br />
nun auch gegen den ehemaligen<br />
Geschäftsführer der landeseigenen Investitions-<br />
und Strukturbank Rheinland-<br />
Pfalz, Hans-Joachim Metternich – derzeit<br />
ist Metternich Kreditmediator der<br />
Bundesregierung und soll dafür sorgen,<br />
dass Unternehmen ausreichend Kredite<br />
von Banken bekommen. Und auch in der<br />
rheinland-pfälzischen Landesregierung<br />
zieht die Affäre immer weitere Kreise.<br />
Jüngst musste der Wirtschaftsminister<br />
zugeben, dass Herr Richter für das Weiterleiten<br />
der angesprochenen 85 Mio.<br />
Euro aus der Landeskasse knapp zwei<br />
Mio. Euro an Zinsgewinnen verdient<br />
hatte. Auch habe er, laut einem vertraulichen<br />
Rechnungshofbericht, im Jahr<br />
2007 ein Grundstück für 180.000 Euro<br />
gekauft und später für 2,5 Mio. Euro an<br />
die Projektgesellschaft am Ring verkauft.<br />
Es gibt noch viel zu tun für Staatsanwaltschaft<br />
und Untersuchungsausschuss.<br />
Finsterbergen. <strong>Die</strong> Gemeinde Finsterbergen<br />
wollte ihr Heilklima besser vermarkten<br />
und Kurgäste gewinnen. Dazu<br />
wurde 2002 ein drehbarer Klimapavillon<br />
errichtet und 2004 daneben noch ein Klimatherapiezentrum.<br />
Der Klimapavillon<br />
kostete 153.101 Euro, wovon das Wirtschaftsministerium<br />
118.171 Euro trug<br />
und den Rest die Gemeinde. Für das<br />
Klimatherapiezentrum wurden 161.160<br />
Auf Gäste wartet das Klimatherapiezentrum<br />
noch immer vergebens.<br />
Euro investiert, wobei das Wirtschaftsministerium<br />
128.641 Euro Zuschüsse<br />
ausreichte. Trotz herrlicher Landschaft<br />
und vorhandener Terrainkurwege mit<br />
verschiedenen Belastungsindikatoren<br />
gab es viel zu wenige Nutzer. Finsterbergen<br />
hatte keine stationären Kurpatienten<br />
und ambulante Klimakuren fanden auch<br />
nicht statt. Wir berichteten darüber im<br />
Schwarzbuch 2008.<br />
Wegen nicht zweckentsprechender<br />
Nutzung widerrief das Wirtschaftsministerium<br />
die gesamte Förderung des<br />
Klimatherapiezentrums sowie einen Teil<br />
der Förderung des Klimapavillons und<br />
forderte diese Mittel nebst sechs Prozent<br />
Zinsen zurück. <strong>Die</strong> Gemeinde Finsterbergen<br />
gehört inzwischen als Ortsteil<br />
zur Stadt Friedrichroda. <strong>Die</strong> Stadt organisiert<br />
Klimawanderungen auf den Terrainwegen<br />
für Kurgäste und Touristen.<br />
Eine Station der Touren ist der Pavillon in<br />
Finsterbergen, der so nun doch für eine<br />
Frischluftliegekur genutzt wird. Von der<br />
Stadt sind Rückforderungen von insgesamt<br />
145.326 Euro zuzüglich der Zinsen<br />
zu begleichen.<br />
Europa. Seit Jahren lagern sechs unbenutzte<br />
Ganzkörper-Nacktscanner in den<br />
Kellern des Europäischen Parlaments<br />
(EP). Wie im Schwarzbuch 2009 berichtet,<br />
haben die Scanner insgesamt rund<br />
720.000 Euro gekostet. Im März 2009<br />
forderte der Haushaltskontrollausschuss<br />
des EP, dass die originalverpackten Scanner<br />
verkauft werden sollen. Das EP folgte<br />
dem Ausschussvotum und fasste im April<br />
2009 einen förmlichen Beschluss. Aber<br />
es dauerte noch ein dreiviertel Jahr, bis<br />
die Parlamentsverwaltung tatsächlich<br />
per Ausschreibung nach Käufern für die<br />
Scanner suchte. Das Mindestgebot lag<br />
bei 65.000 Euro pro Stück. Mitte März<br />
<strong>2010</strong> war klar: Solch einen Preis für die<br />
inzwischen veralteten Scanner wollte<br />
niemand bezahlen. <strong>Die</strong>ses Fiasko rief den<br />
österreichischen EP-Abgeordneten Martin<br />
Ehrenhauser auf den Plan. In einer<br />
medienwirksamen Aktion bot er einen<br />
der Scanner auf dem Internet-Portal Ebay<br />
zum Verkauf an. Hier fanden sich innerhalb<br />
eines Tages 31 Bieter. Doch dann<br />
wurde die Ebay-Auktion abgebrochen<br />
– wegen „unzulässiger politischer Meinungsäußerung“.<br />
Zu diesem Zeitpunkt<br />
lag das Höchstgebot für einen „Rapiscan<br />
Secure 1000“ bei 2.565 Euro. <strong>Die</strong> EP-Verwaltung<br />
sollte sich an diesem unkonventionellen<br />
Vorgehen ein Beispiel nehmen<br />
und schnellstmöglich einen neuen Ver-<br />
94 95<br />
Nachlese
Nachlese<br />
kaufsversuch starten – mit realistischen<br />
Preisvorstellungen. Selbst ein niedriger<br />
Verkaufspreis ist besser als ein weiteres<br />
Einlagern, das den Steuerzahlern dann<br />
irgendwann auch noch Entsorgungskosten<br />
aufhalst.<br />
Völklingen. Bereits das Schwarzbuch<br />
„<strong>Die</strong> <strong>öffentliche</strong> <strong>Verschwendung</strong>“ des<br />
Bundes der Steuerzahler 2008 hatte über<br />
die damals projektierte Meerwasserfischzuchtanlage<br />
in Völklingen berichtet.<br />
Der BdSt befürchtete damals, dass die<br />
geschätzten Investitionskosten von gut<br />
12 Mio. Euro verloren gehen könnten.<br />
<strong>Die</strong>ses Risiko ist inzwischen gestiegen.<br />
Nach unwidersprochenen Presseberichten<br />
sollen die Baukosten gestiegen sein<br />
und der Zeitpunkt der Fertigstellung der<br />
Anlage rücke in immer fernere Zukunft.<br />
2008 hatte es geheißen, dass 12 Mio. Euro<br />
investiert würden und die Anlage Ende<br />
<strong>2010</strong> die ersten Fische auf den Markt<br />
bringen könnte. Störe, Barsche und Doraden<br />
sollten nicht mehr aus dem weit<br />
entfernten Meer, sondern aus Völklingen<br />
kommen. Daraus wird wohl vorerst<br />
nichts werden. Wesentliche technische<br />
Gerätschaften warten noch bei ihren<br />
Herstellern auf den Versand nach und<br />
den Einbau in Völklingen. Derweil sollen<br />
die Baukosten inzwischen auf knapp 15<br />
Mio. Euro gestiegen sein und die Gesamtkosten<br />
des Projekts auf mehr als 17<br />
Mio. Aufzubringen von der Meeresfischzucht<br />
Völklingen GmbH, die zu rund 90<br />
Prozent der Gewerbeansiedlungsgesell-<br />
96<br />
schaft Völklingen mbH (GAV) gehört,<br />
die ihrerseits eine 100-prozentige Tochter<br />
der Stadtwerke Völklingen Holding<br />
GmbH (SWV) ist. Geht das Unterfangen<br />
schief, müssen am Ende einmal mehr<br />
die Steuerzahler bluten, denn die Stadt<br />
Völklingen hat Bürgschaften in Millionenhöhe<br />
gewährt. Und dass das Projekt<br />
ein Erfolg wird, bezweifeln Experten.<br />
<strong>Die</strong> International Fish Farming Technology<br />
(IFFT) ist mit einem zehnprozentigen<br />
Anteil an der Meeresfischzuchtanlage<br />
Völklingen GmbH beteiligt. Kritiker<br />
sehen in dieser untergeordneten Beteiligung<br />
ein Indiz für die Risikobehaftung<br />
des Vorhabens. Wenn der ökonomische<br />
Erfolg große Wahrscheinlichkeit hätte,<br />
dann wäre der Technikentwickler selber<br />
größer eingestiegen und hätte andere<br />
private Investoren gewinnen können.<br />
Bleiben am Ende nur <strong>öffentliche</strong> Investoren<br />
übrig, landet das Risiko letztlich<br />
beim Steuerzahler.<br />
Bei allem Verständnis für das Bemühen,<br />
den Strukturwandel in Völklingen<br />
voranzutreiben, bleiben Zweifel an den<br />
Erfolgsausichten der maritimen Zuchtanlage.<br />
Der Markt ist heiß umkämpft,<br />
was auf die Preise drückt. Wenn aber die<br />
Produktionskos ten tief im Binnenland<br />
höher sind als in Zuchtbetrieben an der<br />
Küste, dürfte es schwer sein, die Finanzierungskosten<br />
hereinzubekommen und<br />
eine Rendite zu erwirtschaften. Treibt<br />
man aber die Schulden der bürgenden<br />
Stadt in die Höhe, erreicht man das Gegenteil<br />
von Strukturverbesserung.<br />
Darmstadt. Das Kongress- und Wissenschaftszentrum<br />
Darmstadtium war bereits<br />
Thema im Schwarzbuch 2008. Wir<br />
kritisierten damals neben verschiedenen<br />
Planungsmängeln auch das jährliche<br />
Defizit, das den städtischen Haushalt auf<br />
Dauer in Millionenhöhe belasten werde.<br />
Jetzt wurde nicht nur die Schlussabrechnung<br />
präsentiert. Es liegen auch Erfahrungen<br />
aus den ersten Betriebsjahren<br />
vor. Fakt ist, dass die Baukosten für das<br />
Mammutprojekt nochmals gestiegen<br />
sind, und zwar von 80 auf 90,5 Mio. Euro.<br />
Viel musste wegen mangelhafter Planung<br />
nachgebessert werden. Manche Ideen,<br />
wie die Molekular-Gastronomie, das<br />
Cybernarium oder die Vermietung von<br />
Ladenflächen, erwiesen sich als regelrechte<br />
Flops. Dass das Kongresszentrum<br />
gut angenommen wird und zahlreiche<br />
Besucher in die Stadt lockt, kann die<br />
Steuerzahler allerdings wenig trösten.<br />
Denn nachdem es nicht gelungen ist, ei-<br />
Das Kongresszentrum muss jährlich mit<br />
3,6 Mio. Euro bezuschusst werden.<br />
Nachlese<br />
nen Partner für eine Beteiligung an dem<br />
Betrieb zu gewinnen, muss die Stadt mit<br />
immer neuen Bürgschaften nachhelfen.<br />
<strong>Die</strong> Betriebskosten steigen und der städtische<br />
Zuschuss zur Deckung der Defizite<br />
wird voraussichtlich 3,6 Mio. Euro pro<br />
Jahr betragen. Der früher einmal eingeplante<br />
Zuschuss von jährlich 2,4 Mio.<br />
Euro reicht also bei weitem nicht aus.<br />
Naumburg. Es stand im Schwarzbuch<br />
2005, dass der Sportverein TV Friesen<br />
1888 mit immerhin 875.000 Euro einschließlich<br />
Fördermitteln des Bundes aus<br />
dem „Goldenen Plan Ost“ den Neu- und<br />
Umbau eines Sportplatz-Sozialgebäudes<br />
bewältigen wollte. Doch nach einer ersten<br />
Feier mit viel Prominenz im halbfertigen<br />
Haus im Jahr 2003 tat sich nicht<br />
mehr viel. Nach einer Reihe von Pleiten,<br />
Pech und Pannen gammelte eine Bauruine<br />
vor sich hin, der TV Friesen 1888 e. V.<br />
Naumburg hatte Insolvenz angemeldet.<br />
Das Landesverwaltungsamt erließ als einer<br />
der Gläubiger einen Rückforderungsbescheid.<br />
Doch das 2005 eingeleitete Insolvenzverfahren<br />
musste 2008 mangels<br />
einer die Verfahrenskosten deckenden<br />
Masse eingestellt werden. 320.375 Euro<br />
Fördermittel lös ten sich in Luft auf, denn<br />
die Insolvenzgläubiger erhielten auf ihre<br />
anerkannten Forderungen 0,00 Prozent.<br />
Wie uns das Landesverwaltungsamt<br />
wissen ließ, haben Prüfungen nach einer<br />
persönlichen Haftung des Vorstands<br />
des Sportvereins und der damals mit der<br />
Gewährung der Fördermittel befassten<br />
97
Nachlese<br />
Mitarbeiter des Amtes keine Anhaltspunkte<br />
für eine erfolgreiche Durchsetzung<br />
einer Schadenshaftung ergeben.<br />
Hoffen lassen die Konsequenzen, die<br />
das LVA gezogen hat. Das Sportreferat<br />
wurde in der Führungsebene personell<br />
neu besetzt und strukturell verändert.<br />
Damit meint das Landesverwaltungsamt,<br />
dass sich künftig ein derartiger<br />
Vorgang nicht wiederholt.<br />
Schleswig. <strong>Die</strong> Skater-Anlage auf den<br />
Königswiesen an der Schlei ist endlich<br />
eröffnet. Was die Sportfreunde jubeln<br />
lässt, treibt den Steuerzahlern die Tränen<br />
in die Augen, denn letztlich mussten<br />
sie 180.000 Euro für die Anlage ausgeben.<br />
<strong>Die</strong> Kostenexplosion dürfte selbst<br />
für das Guinness-Buch der Rekorde<br />
interessant sein. Angefangen hatte alles<br />
mit dem Abriss der alten Anlage am<br />
Jugendzentrum, die der Landesgartenschau<br />
weichen musste. Für den Ersatz<br />
hatte man 8.000 Euro einkalkuliert. Verschiedene<br />
Standorte wurden geprüft<br />
und letztlich für ungeeignet befunden.<br />
Mal war es der Lärmschutz für die Nachbarn,<br />
ein anderes Mal die schlechte Erreichbarkeit<br />
für Jugendliche, die die<br />
Vorschläge scheitern ließen. Nur jeder<br />
Vorschlag war teurer als der vorangegangene;<br />
so war man inzwischen bei<br />
Projektkosten von 73.000 Euro angekommen.<br />
Letztlich entschied man sich,<br />
die Skater-Anlage auf dem wieder frei<br />
gewordenen Gelände der Gartenschau<br />
zu errichten. <strong>Die</strong> Ausschreibung ergab<br />
die exorbitante Summe von 200.000<br />
Euro für die Errichtung. Trotz Spenden<br />
und Fördermitteln des Landes muss die<br />
Stadt immer noch 100.000 Euro tragen.<br />
Dass es auch anders geht, zeigen die<br />
Beispiele Altenholz und Gettorf nördlich<br />
der Landeshauptstadt Kiel. In Altenholz<br />
hat die Gemeinde einschließlich<br />
zahlreicher Spenden 34.000 Euro ausgegeben,<br />
in Gettorf werden 30.000 Euro<br />
für einen Skaterparcours veranschlagt.<br />
Beide Anlagen entsprechen den Bedürfnissen<br />
der jugendlichen Sportler.<br />
Kreis Bergstraße. Vor einer drohenden<br />
<strong>Verschwendung</strong> in Höhe von 6 Mio.<br />
Euro für eine Draisinenbahn zwischen<br />
Mörlenbach und Wald-Michelbach<br />
warnte der Bund der Steuerzahler im<br />
Schwarzbuch 2008. Dabei wurde insbesondere<br />
die fragwürdige Wirtschaftlichkeitsberechnung<br />
des Projektes kritisiert.<br />
Um Fördermittel zu erhalten, soll im Kreis<br />
Bergstraße diese Bahn fahren.<br />
So wurde angeführt, dass die Draisinenbahn<br />
wegen der hohen Steigungen kaum<br />
genutzt werden würde und die Prognosen<br />
über die Besucherzahlen schöngerechnet<br />
worden seien. Da sich angesichts<br />
dieser Bedingungen kein Betreiber für<br />
das Projekt fand, man die alte Eisenbahnstrecke<br />
aber schon gekauft hatte und auf<br />
die Fördermittel nicht verzichten wollte,<br />
überlegte man sich etwas Neues. So teilte<br />
das Hessische Wirtschaftsministerium<br />
im Frühjahr mit, dass es jetzt „einen Betrieb<br />
mit Solardraisinen geben“ soll, da<br />
„allein mit Muskelkraft die Befahrung<br />
der Überwaldbahn mit den üblichen<br />
Handhebel- und Fahrraddraisinen manchen<br />
Besuchern nicht möglich“ gewesen<br />
wäre. Warum der Einsatz von Solardraisinen<br />
auf der waldreichen und mit vielen<br />
Tunnelmetern versehenen Strecke sinnvoll<br />
sein sollte, konnte das Ministerium<br />
zwar nicht erklären, verwies aber darauf,<br />
dass die Draisinen das Sonnentanken an<br />
den Haltestationen vornehmen könnten.<br />
Der neuartige Einsatz von Solardraisinen<br />
biete aber im Gegensatz zu normalen<br />
Elektrodraisinen den Vorteil eines<br />
förderfähigen Alleinstellungsmerkmals.<br />
Für die beteiligten Kommunen und den<br />
Kreis waren die Fördermittel aus der EU-<br />
Kasse von jetzt über 2,7 Mio. Euro natürlich<br />
ein entscheidendes Kriterium für die<br />
Realisierung des Vorhabens. <strong>Die</strong> Steuerzahler<br />
rechnen da anders. Sie müssen<br />
für alle Kosten der <strong>öffentliche</strong>n Hand<br />
aufkommen und die sollen inzwischen<br />
immerhin 7.460.300 Euro betragen.<br />
Nachlese<br />
Kiel. Aus der Traum! Der lang ersehnte<br />
Einzug des traditionsreichen Fußballclubs<br />
Holstein Kiel in die 3. Deutsche<br />
Fußballliga ist schon nach einem Jahr<br />
nur noch Geschichte. Jetzt wird wieder<br />
in der viertklassigen Regionalliga Nord<br />
gekickt. <strong>Die</strong> sportlichen Ambitionen<br />
musste der Steuerzahler mit knapp 2 Mio.<br />
Euro teuer bezahlen. Um den Verein und<br />
das Stadion fit für die 3. Liga zu machen,<br />
wurde ein Erstliga erprobter Trainerstab<br />
verpflichtet. Das Nachwuchsleistungszentrum<br />
wurde modernisiert und das<br />
Stadion musste an Standards angepasst<br />
werden, die von der Deutschen Fußballliga<br />
vorgegeben werden. Dazu gehört<br />
eine Videoanlage, eine leistungsfähige<br />
Notstromversorgung sowie eine fernsehgerechte<br />
Flutlichtanlage. Alles in allem<br />
wurden rund 4 Mio. Euro investiert. Der<br />
Steuerzahler musste davon fast die Hälfte<br />
bezahlen. Denn der Club, der über eine<br />
stattliche Anzahl gut bezahlter Profis verfügt,<br />
hat selbst lediglich 2,1 Mio. Euro<br />
eingebracht. Über eine Million kam aus<br />
dem Konjunkturprogramm und der Rest<br />
von der Landeshauptstadt Kiel. Bereits<br />
im letzten Schwarzbuch hatten wir die<br />
konjunkturellen Effekte dieser Maßnahmen<br />
angezweifelt. Bis heute konnte<br />
uns nicht glaubhaft gemacht werden,<br />
dass der sportliche Höhenflug wirklich<br />
zu mehr Wirtschaftswachstum in der<br />
Landeshauptstadt beigetragen hat. Damit<br />
sind die Steuermittel für sportliche<br />
Träume verbrannt.<br />
98 99
Nr. Stadt/Region Land/Bund/EU/Stichwort Seite<br />
01. Bund Bund<br />
Fehlerhafte Lärm- und Windschutzwände 4<br />
02. Büdingen Hessen<br />
Eislaufbahn aus Kunststoff 4<br />
03. Oberhof Thüringen<br />
Kosten eines geschlossenen Bads 4<br />
04. Buxtehude Niedersachsen<br />
Unzweckmäßiger Schwimmsteg 6<br />
05. Kreis Herzogtum Lauenburg Schleswig-Holstein<br />
Neue Bodenschutzverordnung behindert Straßenbau 6<br />
06. Baden-Baden Baden-Württemberg<br />
Grundstück am Festspielhaus 7<br />
07. Bund Bund<br />
Praktikantenbörse verbrennt Steuergeld 8<br />
08. Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt<br />
Bahn Naumburg-Zeitz: Schließung nach Sanierung 9<br />
09. Friedrichshafen Baden-Württemberg<br />
Immobilienkauf ohne Nutzungskonzept 10<br />
10. Baden-Württemberg Baden-Württemberg<br />
Krötenwanderung auf der B 10 10<br />
11. Potsdam Brandenburg<br />
Planungsfehler beim Wiederaufbau des Stadtschlosses 11<br />
12. Bund Bund<br />
Teurer Tunnelblick 12<br />
13. Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt<br />
Sanierung der B 6n 13<br />
14. Hamburg Hamburg<br />
Fehlende Kontrolle der ARGE 14<br />
15. Lübeck Schleswig-Holstein<br />
Lübecker Eigentor 15<br />
16. Bördekreis Sachsen-Anhalt<br />
Sportboothafen Calvörde 15<br />
17. Bergen auf Rügen Mecklenburg-Vorpommern<br />
Regenwürmer fürs Stadion 16<br />
18. Duisburg Nordrhein-Westfalen<br />
Kameraschienenbahn an Regattabahn der Kanuten 17<br />
19. Overath Nordrhein-Westfalen<br />
Turnhalle aus Konjunkturmitteln 18<br />
20. Coburg Bayern<br />
Neue Ballsporthalle 18<br />
21. Zarrentin am Schaalsee Mecklenburg-Vorpommern<br />
Vereins- und Sportlerheim Lassahn 19<br />
22. Wiesbaden Hessen<br />
Anbindung des Hauptbahnhofs an ICE-Strecke 21<br />
23. Bamberg Bayern<br />
Kettenbrücke und Löwenbrücke 21<br />
24. Tübingen Baden-Württemberg<br />
Umgestaltung der Mühlstraße 23<br />
25. Oberursel/Steinbach Hessen<br />
Sanierung eines Treppenaufgangs 23<br />
26. Triptis Thüringen<br />
Gefahrenpunkte bei der A 9 24<br />
27. Kraichgau Baden-Württemberg<br />
Rastanlage an der A 6 25<br />
Nr. Stadt/Region Land/Bund/EU/Stichwort Seite<br />
28. Baden-Württemberg Baden-Württemberg<br />
Anschubfinanzierung für Ablachtalbahn 26<br />
29. Obersimten Rheinland-Pfalz<br />
Überflüssiger Brückenbau 27<br />
30. Kisdorf Schleswig-Holstein<br />
Wenn sich die <strong>Verschwendung</strong> im Kreis dreht 28<br />
31. Finnentrop Nordrhein-Westfalen<br />
Bahnübergang ist temporäre So-Da-Brücke 29<br />
32. Helsa/Hessisch Lichtenau Hessen<br />
Autobahntunnel für Molche 30<br />
33. Bund Bund<br />
Ehrenurkunden der Bundesjugendspiele 31<br />
34. Wittenberg Sachsen-Anhalt<br />
Förderung des ÖPNVs 31<br />
35. Bund Bund<br />
Rentenanpassungsmitteilungen 32<br />
36. München Bayern<br />
BayernLB 33<br />
37. Pforzheim Baden-Württemberg<br />
Derivatgeschäfte 35<br />
38. Leipzig Sachsen<br />
Finanzwetten der kommunalen Wasserwerke 35<br />
39. Mintraching Bayern<br />
Beteiligungsgesellschaft des Abwasserzweckverbands 36<br />
40. Leinfelden-Echterdingen Baden-Württemberg<br />
Bau eines Ziegenstalls 38<br />
41. Goslar Niedersachsen<br />
Entschädigungszahlung für nicht gekündigte Pavillons 38<br />
42. Blandorf Niedersachsen<br />
Teures Campingplatzgelände 39<br />
43. Kreis Herford Nordrhein-Westfalen<br />
Teure Architektenfehler 40<br />
44. Maubach, Rems-Murr-Kreis Baden-Württemberg<br />
Schilderstreich „Tempo 50“ 41<br />
45. Wettenberg Hessen<br />
Teure Eigenwasserversorgung 41<br />
46. Bremerhaven Bremen<br />
Bürgschaftsverpflichtung beim Seniorenheim 42<br />
47. Ulm Baden-Württemberg<br />
Aussichtsturm für Talblick 43<br />
48. Hannover Niedersachsen<br />
Amtspflichtverletzung 43<br />
49. Europa Europa<br />
Absurde EU-Förderungen 44<br />
50. Magdeburg Sachsen-Anhalt<br />
Nichtnutzbarer Neubau fürs Finanzministerium 45<br />
51. Landkreis Lörrach Baden-Württemberg<br />
Aussichtsplattform Isteiner Schwellen 46<br />
52. Würselen Nordrhein-Westfalen<br />
Kunstobjekte für die Natur 46<br />
53. Büren Nordrhein-Westfalen<br />
Alphorn-Quartett 47<br />
54. Winterberg Nordrhein-Westfalen<br />
Schulhofgestaltung Kommunikationsinsel 48<br />
100 101
Nr. Stadt/Region Land/Bund/EU/Stichwort Seite<br />
55. Bund Bund<br />
Sachleistungskonto der Abgeordneten 49<br />
56. Schwerte Nordrhein-Westfalen<br />
Freizeit-Allwetterbad wieder geschlossen 50<br />
57. Hennef Nordrhein-Westfalen<br />
Kulturprojekte: Quer zur Sieg 51<br />
58. Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein<br />
Viel Geld für wenig neue Erkenntnisse 52<br />
59. Dresden Sachsen<br />
Hochglanzbroschüre zum neuen Konzertsaal 52<br />
60. Baden-Württemberg Baden-Württemberg<br />
Informationsbroschüre „Qualitätsoffensive Bildung“ 53<br />
61. München Bayern<br />
Projektgruppe „Waldumbau-Klimawandel“ 53<br />
62. Höxter Nordrhein-Westfalen<br />
Neuer Skywalk 54<br />
63. Berlin Berlin<br />
Investitionsprogramm Zukunft, Bildung und Betreuung 55<br />
64. Saarbrücken Saarland<br />
Verfassungswidrige Wahlkampfwerbung 56<br />
65. München/Taiwan Bayern<br />
Reiselust der Abgeordneten 57<br />
66. Waldeck-Frankenberg Hessen<br />
Reisekosten eines Landrats 57<br />
67. Kreuztal Nordrhein-Westfalen<br />
Abwahl von zwei Beigeordneten 58<br />
68. München/Vietnam Bayern<br />
Reiselust der Abgeordneten 59<br />
69. Wilster Schleswig-Holstein<br />
Teure Stellenanzeige 60<br />
70. Löhne Nordrhein-Westfalen<br />
Beförderung eines Beamten 60<br />
71. Wolnzach Bayern<br />
Ausweitung der Kassenkredite 61<br />
72. Berchtesgaden Bayern<br />
Haus der Berge 62<br />
73. Neuwerk Hamburg<br />
Wiedererrichtung der Ostbake 62<br />
74. Herrenchiemsee Bayern<br />
Sanierung des Schlosshotels 63<br />
75. Osnabrück Niedersachsen<br />
Budgetüberschreitung beim Kunstprojekt COLOSSAL 63<br />
76. <strong>Die</strong>burg Hessen<br />
Planungsfehler beim Bau der Stadthalle 64<br />
77. Hamburg Hamburg<br />
Bau des Kreuzfahrtterminals 65<br />
78. Europa Europa<br />
ITER - Blankoscheck führt zur Kostenexplosion 67<br />
79. Brandenburg Brandenburg<br />
Förderung landwirtschaftlicher Betriebe 67<br />
80. Bad Bergzabern Rheinland-Pfalz<br />
Subvention an Vier-Sterne-Hotel 68<br />
81. Schleswig Holstein Schleswig-Holstein<br />
Fraktionen legen Zuschüsse an 69<br />
Nr. Stadt/Region Land/Bund/EU/Stichwort Seite<br />
82. Brandenburg Brandenburg<br />
Innovationsassistenten 69<br />
83. Worms Rheinland-Pfalz<br />
Kaum ausgelastetes Parkhaus 69<br />
84. Niedersachsen Niedersachsen<br />
Frühpensionierung zweier Lehrerinnen 70<br />
85. Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein<br />
Bei der Planung „verzockt“ 71<br />
86. Berlin Berlin<br />
Imagekampagne der Wasserbetriebe 71<br />
87. Potsdam Brandenburg<br />
Studienkolleg für ausländische Studienbewerber 72<br />
88. Niedersachsen Niedersachsen<br />
„Bornemann-Immobilie“ 73<br />
89. Ruhrgebiet Nordrhein-Westfalen<br />
Ohrenparks an der Autobahn 73<br />
90. Bund Bund<br />
Elektronischer Personalausweis 74<br />
91. Lüdenscheid Nordrhein-Westfalen<br />
Sportverein Turboschnecken 74<br />
92. Landshut Bayern<br />
Versetzung der „Flora“ verhindert 75<br />
93. Brandenburg Brandenburg<br />
WM-Tippspiel mit Steuergeldern 76<br />
94. Berlin Berlin<br />
Shanghai-Reise verhindert 76<br />
95. Bremen Bremen<br />
Defizitäres Musical-Abenteuer beendet 77<br />
96. Bund Bund<br />
Keine Sauna mehr für Bundestagsverwaltung 78<br />
97. Wehretal Hessen<br />
Verkauf der Obermühle 78<br />
98. Lübeck Schleswig-Holstein<br />
Toilettenkonzept Altstadt 79<br />
99. Bad Lippspringe Nordrhein-Westfalen<br />
Keine Umgehungsstraße 79<br />
100. Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein<br />
Gebührenbefreiung für letztes Kindergartenjahr 80<br />
101. Bund Bund<br />
Kein höheres Weihnachtsgeld für Beamte 80<br />
102. Schleswig Schleswig-Holstein<br />
Risikofaktor Therme 81<br />
103. Bad Brambach Sachsen<br />
Luxussanierung für Bahnübergänge 81<br />
104. Mainz Rheinland-Pfalz<br />
Bau einer Straßenbahntrasse 82<br />
105. Herzogtum Lauenburg Schleswig-Holstein<br />
Standortwerbung 82<br />
106. Reichmannsdorf Thüringen<br />
Verfüllen eines Hohlwegs 83<br />
107. Bund Bund<br />
Verlängerung S-Bahnlinie 83<br />
108. Spreetal Sachsen<br />
Sonnenstrom nimmt Stecklingen das Licht 84<br />
102 103
Nr. Stadt/Region Land/Bund/EU/Stichwort Seite<br />
109. Berlin Berlin<br />
Vorrangschaltung für Bahnen und Busse 85<br />
110. Fischland-Darß-Zingst Mecklenburg-Vorpommern<br />
Wiederaufbau der Darßbahn 86<br />
111. Bremen Bremen<br />
Stadthaus Vegesack 87<br />
112. Flensburg Schleswig-Holstein<br />
Neue Geschäftsfelder der Stadtwerke 88<br />
113. Bund Bund<br />
Drei PR-Agenturen für das Arbeitsministerium 89<br />
114. Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein<br />
Standortwerbung der Gemeinden 90<br />
115. Bund Bund<br />
Transrapid 91<br />
116. Erfurt Thüringen<br />
Therapeutisches Wohnheim 92<br />
117. Ratzeburg Schleswig-Holstein<br />
Unnötige Abwasserleitung (Krötentunnel) 92<br />
118. Hagen Nordrhein-Westfalen<br />
Zinswetten 93<br />
119. Nürburg Rheinland-Pfalz<br />
Untersuchungsausschuss Nürburgring 93<br />
120. Finsterbergen Thüringen<br />
Klimatherapiezentrum wartet auf Besucher 94<br />
121. Europa Europa<br />
Teure Ganzkörpernacktscanner ungenutzt 95<br />
122. Völklingen Saarland<br />
Meerwasserfischzuchtanlage 96<br />
123. Darmstadt Hessen<br />
Dauerbelastung Kongresszentrum 97<br />
124. Naumburg Sachsen-Anhalt<br />
Bauruine Sportlerheim TV Friesen 97<br />
125. Schleswig Schleswig-Holstein<br />
Skateranlage 98<br />
126. Kreis Bergstraße Hessen<br />
Draisinenbahn 98<br />
127. Kiel Schleswig-Holstein<br />
Holstein-Stadion 99<br />
104
Bund der Steuerzahler Deutschland e.V.<br />
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