Demonstrationsversuch: Wasserelektrolyse und Elektrolyseur
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Verbrennungskalorimetrie<br />
1 Zielsetzung<br />
Verbrennungskalorimetrie<br />
Bevor in der „Einleitung“ <strong>und</strong> im „theoretischen Teil“ auf den 1. Hauptsatz der Thermodynamik<br />
sowie wichtige Begriffe aus diesem Gebiet eingegangen wird, sollen kurz die Motivation<br />
<strong>und</strong> das Lernziel dieses <strong>Demonstrationsversuch</strong>s dargestellt werden. Triebfeder ist, dem<br />
Studierenden die elementare Bedeutung der Thermodynamik in der Chemie anhand der<br />
kalorimetrischen Bestimmung von Verbrennungswärmen aufzuzeigen. Dabei steht auch das<br />
Erlernen bestimmter Fachausdrücke im Vordergr<strong>und</strong>. Fragen wie „wieviel Heizöl (komplexes<br />
Gemisch, dessen Eigenschaften denen des Nonans ähnlich sind) muss verbrannt werden, um<br />
heisses Wasser für eine Badewannenfüllung zu erzeugen?“ sollen außerdem ein Gefühl für<br />
Energiemengen <strong>und</strong> Energieinhalte von Brennstoffen vermitteln.<br />
Mit Hilfe des zur Verfügung stehenden Verbrennungskalorimeter können die Verbrennungswärmen<br />
von Feststoffen <strong>und</strong> Flüssigkeiten bestimmt werden. Zu Demonstrationszwecken<br />
wird die Bestimmung der Verbrennungswärme von Kohlenstoff oder Schwefel empfohlen.<br />
2 Einleitung<br />
Die bei chemischen Reaktionen frei werdende Energie ist für die Existenz des Menschen von<br />
zentraler Bedeutung. Um Wärme oder elektrische Energie zu erzeugen, werden exotherme<br />
(Wärme freisetzende) Reaktionen wie die Verbrennung (Umsetzung mit Sauerstoff) von Holz,<br />
Kohle, Erdgas oder Heizöl nutzbar gemacht, <strong>und</strong> auch unser heutiges Verkehrswesen ist ohne<br />
die Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen wie Benzin <strong>und</strong> Dieselkraftstoffen völlig<br />
<strong>und</strong>enkbar.<br />
Der Mensch selbst nutzt die Verbrennung, um lebensnotwendige Energie aus der Nahrung zu<br />
gewinnen. Letztlich wird die in der Nahrung gespeicherte Sonnenenergie zur Deckung des<br />
Energiebedarfs herangezogen. Nur etwa 20 % des Energiegehaltes der Nahrung kann als<br />
körperliche Arbeit im physikalischen Sinne nutzbar gemacht werden, der Rest wird für den<br />
Stoffwechsel, die Muskelkontraktion <strong>und</strong> zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur<br />
benötigt. Der gesamte Energieumsatz eines Erwachsenen bewegt sich je nach Schwere der<br />
körperlichen Arbeit zwischen 10000 <strong>und</strong> 17000 kJ pro Tag. Der Gr<strong>und</strong>umsatz hingegen<br />
bezieht sich nur auf den Energieumsatz, der zur Erhaltung der Körperfunktionen bei völliger<br />
Ruhe benötigt wird, <strong>und</strong> beträgt etwa 6550 kJ pro Tag.<br />
1
Verbrennungskalorimetrie<br />
Energie Nährstoffanteil (in g)<br />
Lebensmittel<br />
(in kJ<br />
je 100 g)<br />
Eiweiß<br />
Fett<br />
Kohlenhydrate<br />
Fleisch 1155 18 21 −<br />
Bauchspeck 2530 8 60 −<br />
Rotbarsch 475 18 4 −<br />
Ei 615 11 10 1<br />
Milch 275 3,5 3,5 5<br />
Hartkäse 1555 25 28 3<br />
Butter 3240 1 83 −<br />
Brötchen 1165 7 1 58<br />
Kartoffeln 355 2 − 19<br />
Schokolade 2355 9 33 55<br />
Äpfel 210 0,3 1 12<br />
Bier 195 0,5 − 4,5<br />
Weinbrand 1005 − − 0,1<br />
Bild 1: Links: Die Tabelle zeigt eine Zusammenstellung von Nährwerten einiger Lebensmittel.<br />
Im Rahmen einer bewußten Ernährung sollten Männer nicht mehr als 10500 <strong>und</strong> Frauen<br />
nicht mehr 8800 kJ pro Tag zu sich nehmen. Beide Werte werden jedoch mit 16000 bzw.<br />
12200 kJ pro Tag deutlich überschritten.<br />
Rechts: Was 1 kJ alles bewirken kann … (die Leistung einer 100 W Glühbirne entspricht<br />
8640 kJ pro Tag <strong>und</strong> ist mit dem täglichen Energieumsatz eines Erwachsenen vergleichbar<br />
(siehe Text)).<br />
Der Energiegehalt von Nährstoffen − Eiweiß, Kohlenhydrate <strong>und</strong> Fette − kann mittels<br />
Verbrennung kalorimetrisch bestimmt werden. Der auf diese Weise messbare, physikalische<br />
Brennwert beträgt bei Kohlenhydraten durchschnittlich 17,2 kJ⋅g -1 , bei Fetten 38,9 kJ⋅g -1 <strong>und</strong><br />
bei Eiweißstoffen 23,4 kJ⋅g -1 <strong>und</strong> ist dem physiologischen Brennwert von Kohlenhydraten<br />
<strong>und</strong> Fetten, die nahezu vollständig zu Kohlendioxid <strong>und</strong> Wasser umgesetzt werden, sehr<br />
ähnlich. Der Abbau von Eiweiß jedoch ist unvollständig. Neben Kohlendioxid <strong>und</strong> Wasser<br />
entsteht Harnstoff, so dass der physiologische Brennwert nur 17 kJ⋅g -1 beträgt.<br />
Ein Reihe von bahnbrechenden Ideen führte im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert zur Klärung scheinbar<br />
alltäglicher Begriffe wie Wärme, Arbeit <strong>und</strong> Energie. Diese Erkenntnisse räumten auch mit<br />
der Vorstellung auf, Wärme sei ein Stoff, der von einem Körper auf einen anderen überzugehen<br />
vermag. Der Arzt Robert von Mayer beschrieb 1842 als erster, dass Energie weder<br />
verbraucht noch erzeugt werden kann, sondern dass immer nur eine Energieart in eine andere<br />
umgewandelt wird. Der englische Physiker James Prescott Joule (die Energieeinheit Joule<br />
wurde nach ihm benannt) untersuchte die Wärmeentwicklung von elektrischem Strom <strong>und</strong><br />
stellte ein elektrisches Wärmeäquivalent auf. William Thomson, der spätere Lord Kelvin <strong>und</strong><br />
Namensgeber der absoluten Temperatureinheit, verstand Wärme als Bewegung von Teilchen<br />
(„On the dynamical theory of heat“). Damit war es zum Begriff „Thermodynamik“ nicht mehr<br />
weit. Die Beschreibung thermodynamischer Gesetze durch sogenannte Hauptsätze geht auf<br />
Rudolf Clausius zurück. Nach ihm lautet der erste Hauptsatz: „Der Energieinhalt der Welt ist<br />
2
Verbrennungskalorimetrie<br />
konstant.“ Damit war der uns vertraute Energieerhaltungssatz formuliert. Von Ludwig<br />
Boltzmann schließlich stammt die statistische Deutung des mechanischen Modells der<br />
Wärme, die die Entropie als Maß für die Wahrscheinlichkeit auffasst, ein System aus vielen<br />
kleinen Teilchen in einem bestimmen Zustand vorzufinden.<br />
Untersucht man chemische Reaktionen im Detail, so fällt auf, dass sich oftmals weder die<br />
kinetische noch die potentielle Energie des Systems ändert. Auch die Gesamtmasse verändert<br />
sich nicht, eine Energieabgabe an die Umgebung kann also nach Einstein nicht auf einen<br />
Massenverlust zurückgeführt werden. Daher stellt sich die Frage, was chemische Energie ist.<br />
Letztlich weisen Temperaturänderungen darauf hin, dass die Bildung neuer Stoffe die<br />
Spaltung von Bindungen <strong>und</strong> die Bildung neuer Bindungen voraussetzt. Für die Spaltung von<br />
Bindungen muss Energie aufgewendet werden, während bei der Ausbildung neuer Bindungen<br />
Energie frei wird. Bei der Bestimmung von Energieumsätzen chemischer Reaktionen können<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich nur Energieänderungen, nicht jedoch absolute Energien gemessen werden.<br />
3 Theoretischer Teil<br />
3.1 Elementare thermodynamische Beziehungen<br />
Der thermochemischen Bestimmung von Wärmeumsätzen bei chemischen Reaktionen liegt<br />
der 1. Hauptsatz der Thermodynamik zugr<strong>und</strong>e:<br />
Eine Änderung der Inneren Energie U eines Systems tritt durch den Austausch von Arbeit W<br />
<strong>und</strong> Wärme Q mit der Umgebung auf (Energieerhaltungssatz).<br />
Der 1. Hauptsatz lässt sich auch wie folgt formulieren:<br />
∆ U =∆ Q+∆ W . (1)<br />
U stellt dabei eine Funktion der Variablen V (Volumen), T (Temperatur) <strong>und</strong><br />
der Komponente i ) dar:<br />
U<br />
. Tritt lediglich Volumenarbeit auf, so kann Gleichung<br />
1 umgeschrieben werden:<br />
( )<br />
= U V, T,<br />
n i<br />
Für einen isochoren (V = const. bzw.<br />
Für die Änderung der Enthalpie<br />
(Molzahl<br />
∆ U =∆Q−p⋅∆ V . (2)<br />
∆ V = 0) Prozess gilt also:<br />
∆U<br />
H gilt mit H = U + pV :<br />
= Q V<br />
. (3)<br />
∆ H =∆ U +∆ ( pV)<br />
=∆ U + V ⋅∆ p+ p⋅∆ V =∆Q− p⋅∆ V + V ⋅∆ p+ p⋅∆ V =∆ Q+ V⋅∆ p,<br />
<strong>und</strong> damit für isobare ( p = const. bzw.<br />
∆ p = 0) Prozesse:<br />
∆ H<br />
= Q p<br />
. (4)<br />
Damit ist auf der Gr<strong>und</strong>lage des 1. Hauptsatzes sowie der Definition der Enthalpie H gezeigt<br />
worden, dass Messungen von Wärmemengen unter isochoren Bedingungen direkt die<br />
Änderung der Inneren Energie U des Systems liefern, während man unter isobaren Bedingungen<br />
die Änderung der Enthalpie H erhält.<br />
Um objektiv überprüfbare <strong>und</strong> damit vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, müssen Experimente<br />
unter genau definierten Bedingungen ablaufen. Man bezeichnet daher einen kleinen<br />
Teil, z.B. einen Kühlschrank mit Inhalt oder 100 ml Salzlösung in einem Becherglas, als<br />
n i<br />
3
Verbrennungskalorimetrie<br />
System, den Rest als Umgebung. Kann das System mit der Umgebung Materie <strong>und</strong> Energie<br />
austauschen, so spricht man von einem offenen System. Ist nur ein Energieaustausch möglich,<br />
handelt es sich um ein geschlossenes System. Das Weltall im thermodynamischen Sinne ist<br />
schließlich ein Beispiel für ein isoliertes oder abgeschlossenes System, bei dem weder<br />
Energie- noch Materieaustausch möglich ist. Es sei am Rande erwähnt, dass die Abgrenzung<br />
bzw. Aufteilung in ein System <strong>und</strong> eine Umgebung bisweilen sehr schwer bis unmöglich ist.<br />
Das abgeschlossenes System ist aber nach Clausius durch den 2. Hauptsatz der Thermodynamik<br />
eindeutig definiert.<br />
Wie bereits gezeigt, ist die bei konstantem Druck von einem System an die Umgebung<br />
abgegebene bzw. aufgenommene Wärme (keine Nicht-Volumenarbeit) gleich der Enthalpieänderung<br />
∆ H . Wenn bei einer chemischen Reaktion ∆ H < 0 ist, so geht Wärme vom<br />
System auf die Umgebung über, <strong>und</strong> man spricht von einer exothermen Reaktion. Nimmt das<br />
System Wärme von der Umgebung auf ( ∆ H > 0), so liegt eine endotherme Reaktion vor.<br />
Thermodynamische Größen wie U oder H sind nach dem Satz von Hess nur vom jeweiligen<br />
Zustand des Systems (definiert durch ni<br />
, V oder p, <strong>und</strong> T ) abhängig, nicht jedoch vom Weg,<br />
auf welchem dieser Zustand erreicht wurde. Das hört sich recht abstrakt an, lässt sich aber<br />
auch anders formulieren: ∆U<br />
<strong>und</strong> ∆ H sind vom Reaktionsweg unabhängig, wie das<br />
folgende Beispiel zeigt.<br />
Graphit, die thermodynamisch stabilste Modifikation von Kohlenstoff, wird direkt (Weg A)<br />
oder indirekt (Weg B) zu Kohlendioxid verbrannt:<br />
Weg A: C (Graphit) + O 2 (g) CO 2 (g); ∆ R H A = ∆ B H (CO 2 ) = -393,51 kJmol -1<br />
Weg B: C (Graphit) +<br />
1/2 O 2 (g)<br />
CO (g); ∆ R H B1 = ∆ B H (CO) = -110,53 kJmol -1<br />
CO (g)<br />
+ 1/2 O 2 (g)<br />
CO 2 (g); ∆ R H B2 = -282,98 kJmol -1<br />
Man sieht, dass entsprechend dem Heßschen Satz die Summe der Reaktionsenthalpien für den<br />
Weg B gleich der Reaktionsenthalpie für den Weg A ist:<br />
( )<br />
∆ =∆ +∆ =− ⋅ + − ⋅ =− ⋅ .<br />
−1 −1<br />
−1<br />
RHA RHB1 RHB2 110,53kJ mol 282,98kJ mol 393,51kJ mol<br />
Würde die Reaktion über den Weg A mehr Wärme liefern als bei der Rückreaktion über den<br />
Weg B wieder zugeführt werden muss, so könnte man Energie aus dem „Nichts“ erzeugen.<br />
Das Perpetuum mobile wäre verwirklicht.<br />
In den oben angegebenen Reaktionsgleichungen sind nicht nur Reaktionsenthalpien ∆ R<br />
H ,<br />
sondern auch Bildungsenthalpien ∆ H B<br />
angegeben. Beide Enthalpieänderungen sind molare<br />
Größen. Die Bildungsenthalpie ist gleich der Reaktionsenthalpie für die Bildung eines Moles<br />
einer Verbindung aus den Elementen (genauer gesagt: aus den thermodynamisch stabilsten<br />
Modifikationen der Elemente). Zusätzlich werden die Bildungsenthalpien meist unter<br />
Standardbedingungen (298,15 K <strong>und</strong> 101325 Pa (bei Gasen), reine Substanz (bei Flüssigkeiten<br />
oder Festkörpern) bzw. 1 molale Lösung (bei verdünnten Lösungen)) gemessen <strong>und</strong> sind<br />
unter dem Namen Standard-Bildungsenthalpien in der Literatur tabelliert. Da absolute<br />
Enthalpiewerte nicht messbar sind, hat man willkürlich die Standard-Bildungsenthalpie der<br />
4
Verbrennungskalorimetrie<br />
Elemente gleich Null gesetzt. Für Kohlenstoff in den Modifikationen Graphit <strong>und</strong> Diamant<br />
gilt daher (die hochgestellte kleine Null symbolisiert die Standardbedingungen):<br />
( ) H ( )<br />
∆ H Graphit = 0 kJ ⋅mol bzw. ∆ Diamant =+ 2 kJ ⋅ mol .<br />
B<br />
0 −1 0<br />
−1<br />
B<br />
Sind die Standard-Bildungsenthalpien aller an einer Reaktion beteiligten Stoffe bekannt, so<br />
kann die Reaktionsenthalpie unter Standardbedingungen berechnet werden. Sie ergibt sich als<br />
Differenz der Summe der Bildungsenthalpien der Produkte <strong>und</strong> der Summe der Bildungsenthalpien<br />
der Edukte. Am Beispiel der Reduktion von Eisen(III)-oxid mit Kohlenmonoxid<br />
zu Eisen <strong>und</strong> Kohlendioxid soll die Berechnung von Reaktionsenthalpien aus Bildungsenthalpien<br />
demonstriert werden.<br />
Fe 2 O 3 (s) + 3 CO (g)<br />
2 Fe (s) + 3 CO 2 (g)<br />
( ) ( ) ( ) ( )<br />
∆ H = 2⋅∆ H Fe (s) + 3⋅∆ H CO (g) −∆ H Fe O (s) −3⋅∆<br />
H CO (g)<br />
0 0 0 0 0<br />
R B B 2 B 2 3<br />
B<br />
( ) ( ) ( ) (<br />
= 2⋅ 0 kJ ⋅ mol + 3⋅ −393,51 kJ ⋅mol −1⋅ −824, 2 kJ ⋅mol −3⋅ −110,53 kJ ⋅mol<br />
=− ⋅<br />
-1<br />
24,74 kJ mol .<br />
-1 -1 -1 -1<br />
Man erkennt, dass die Angabe einer Reaktionsenthalpie eine entsprechende Reaktionsgleichung<br />
erfordert. Reaktionsenthalpien sind also quasi auf den durch die Reaktionsgleichung<br />
angegebenen molaren Formelumsatz „normiert“.<br />
)<br />
Für die kalorimetrische Bestimmung von ∆U bzw. ∆ H kommen nur bestimmte Reaktionen<br />
in Frage, die<br />
• eindeutig (keine Nebenreaktionen)<br />
• schnell (Temperaturanstieg muss deutlich rascher sein als der unkontrollierbare Wärmeaustausch<br />
mit der Umgebung) <strong>und</strong><br />
• quantitativ (kann durch kontinuierliche Abfuhr der Reaktionsprodukte mit Hilfe eines O 2 -<br />
Gasstromes weitestgehend gewährleistet werden)<br />
verlaufen. Verbrennungen organischer Verbindungen, die als Reaktionsprodukte nur CO 2 <strong>und</strong><br />
H 2 O liefern, erfüllen diese Bedingungen.<br />
Bis jetzt fehlt noch eine Beziehung, die es erlauben würde, aus einer gemessenen Temperaturdifferenz<br />
∆ T <strong>und</strong> bekannter Masse ( m ) bzw. Molzahl ( n ) der wärmeabgebenden bzw.<br />
i<br />
wärmeaufnehmenden Stoffe die von einem System abgegebene bzw. aufgenommene Wärmemenge<br />
Q zu berechnen. Es besteht bisher also nur folgende Proportionalität:<br />
∑<br />
∑<br />
Q ∝ m ⋅∆T bzw. Q ∝ n ⋅∆T<br />
V / p i V / p i<br />
i<br />
i<br />
Die Proportionalitätskonstante ist die sogenannte spezifische bzw. molare Wärmekapazität<br />
unter isochoren bzw. isobaren Bedingungen. Für einen isochoren Prozess lassen sich die<br />
verschiedenen Wärmekapazitäten ineinander umrechnen (m steht für „molar“):<br />
m<br />
mi<br />
m<br />
QV = ni⋅ cVi ,<br />
⋅∆ T = ⋅cVi ,<br />
⋅∆ T = mi⋅ cVi<br />
⋅∆<br />
M<br />
<br />
∑ ∑ ∑ ,<br />
T . (6)<br />
i i i<br />
i<br />
⎛ J ⎞ ⎛ J ⎞<br />
⎜ ⎟<br />
Kmol<br />
⎜ ⎟<br />
⎝ ⋅ ⎠ ⎝Kg<br />
⋅ ⎠<br />
i<br />
(5)<br />
5
Verbrennungskalorimetrie<br />
Entsprechendes gilt unter isobaren Bedingungen:<br />
m<br />
mi<br />
m<br />
Qp = ni⋅ cp, i<br />
⋅∆ T = ⋅cp,<br />
i⋅∆ T = mi⋅ cp i<br />
⋅∆<br />
M<br />
<br />
∑ ∑ ∑ ,<br />
T<br />
i i i<br />
i<br />
⎛ J ⎞ ⎛ J ⎞<br />
⎜ ⎟<br />
Kmol<br />
⎜ ⎟<br />
⎝ ⋅ ⎠ ⎝Kg<br />
⋅ ⎠<br />
Die spezifische isobare Wärmekapazität von Wasser beträgt<br />
. (7)<br />
−1<br />
−1<br />
c p<br />
= 4,185J ⋅K ⋅ g . Die<br />
einzelnen Wärmekapazitäten können in erster Näherung als temperaturunabhängig angesehen<br />
werden.<br />
Zuletzt soll noch eine Tabelle mit Standard-Verbrennungsenthalpien angegeben werden, die<br />
einen Einblick in die Energieinhalte organischer Verbindungen <strong>und</strong> die bei der Verbrennung<br />
freisetzbaren Wärmemengen erlaubt.<br />
Tabelle 1: Molare Massen (M,<br />
in<br />
in g ⋅ mol −1<br />
0<br />
) <strong>und</strong> Standard-Verbrennungsenthalpien ( −∆ c<br />
H ,<br />
kJ ⋅ mol −1 ) ausgesuchter organischer Verbindungen.<br />
M/ g ⋅ mol<br />
−1<br />
−∆cH<br />
/kJ⋅<br />
mol<br />
0 −1<br />
CH 4 (g), Methan 16,04 890<br />
C 2 H 2 (g), Ethin (Acetylen) 26,04 1300<br />
C 2 H 4 (g), Ethen (Ethylen) 28,05 1411<br />
C 2 H 6 (g), Ethan 30,07 1560<br />
C 3 H 8 (g), Propan 44,10 2220<br />
C 4 H 10 (g), Butan 58,12 2877<br />
C 5 H 12 (g), Pentan 72,15 3536<br />
C 6 H 12 (l), Cyclohexan 84,16 3920<br />
C 6 H 14 (l), Hexan 86,18 4163<br />
C 6 H 6 (l), Benzol 78,12 3268<br />
C 9 H 20 (l), Nonan 128,26 6122<br />
CH 3 OH (l), Methanol 32,04 726<br />
CH 3 CHO (g), Acetaldehyd 44,05 1193<br />
CH 3 CH 2 OH (l), Ethanol 46,07 1368<br />
C 6 H 5 OH (s), Phenol 94,11 3054<br />
C 6 H 5 COOH (s), Benzoesäure 122,12 3254<br />
(NH 2 ) 2 CO (s), Harnstoff 93,13 632<br />
NH 2 CH 2 COOH (s), Glycin 75,07 964<br />
C 6 H 12 O 6 (s), α-D-Glucose 180,16 2802<br />
C 6 H 12 O 6 (s), β-D-Glucose 180,16 2808<br />
C 12 H 22 O 11 (s), Rohrzucker 342,30 5645<br />
6
Verbrennungskalorimetrie<br />
3.2 Charakterisierung von Kalorimetern<br />
Bild 2: Schematische Darstellung zur Charakterisierung von Kalorimetern<br />
Bild 2 zeigt eine schematische Darstellung eines Kalorimeters, die eine Unterscheidung nach<br />
der Art des Betriebs erlaubt. Es gibt isotherme, adiabatische <strong>und</strong> isoperibole („gleichartige<br />
Umgebung“) Kalorimeter. Im weiteren sollen nur isoperibole Kalorimeter kurz angesprochen<br />
werden, weil das zur Verfügung stehende Verbrennungskalorimeter dieser Betriebsart am<br />
nächsten kommt.<br />
Bild 3: Isoperiboles<br />
Flüssigkeits-Einwurf-<br />
Kalorimeter<br />
Bild 3 zeigt ein isoperiboles Flüssigkeits-Einwurf-Kalorimeter, anhand dessen das isoperibole<br />
Funktionsprinzip erläutert werden soll. Die Probe, die über eine Schleuse eingebracht wird,<br />
gibt ihre Energie in Form von Wärme an die flüssige Arbeitssubstanz des Kalorimeters ab, die<br />
dabei entsprechend ihrer Wärmekapazität <strong>und</strong> den Verlusten an die Umgebung („Wasserwert“)<br />
erwärmt wird.<br />
7
Verbrennungskalorimetrie<br />
Die Arbeitssubstanz befindet sich, um den Wärmeaustausch mit der Umgebung klein zu<br />
halten, thermisch isoliert in einer isothermen Umgebung, die im Allgemeinen aus einem<br />
Flüssigkeitsthermostaten etwas oberhalb der Raumtemperatur besteht. Die thermische<br />
Isolation wird z. B. durch Konstruktionsteile geringer Wärmeleitfähigkeit mit kleinem<br />
Querschnitt für die Befestigungen (Auflagen oder Aufhängungen), durch Oberflächen<br />
geringen Emissionsgrades (polierte, vergoldete Flächen) usw. realisiert. Um den „Wasserwert“<br />
zu bestimmen, muss eine Kalibrierung des Kalorimeters durchgeführt werden.<br />
Die Messunsicherheit hängt wesentlich von einer präzisen Bestimmung der Temperaturänderung<br />
der Arbeitssubstanz unter Berücksichtigung des Wärmeaustausches mit der Umgebung<br />
ab. Im folgenden Kapitel soll kurz auf eine mögliche Auswertung isoperiboler Messungen<br />
eingegangen werden, die die graphische Ermittlung einer korrigierten Temperaturerhöhung<br />
∆ T korr<br />
erlaubt.<br />
3.3 Auswertung der isoperibolen Messungen<br />
Bild 4: Temperaturverlauf<br />
als Funktion der<br />
Zeit in einem isoperibolen<br />
Kalorimeter für<br />
einen „kurzfristigen“<br />
Wärmestrom<br />
Als experimentelles Resultat erhält man die Temperatur der Arbeitssubstanz als Funktion der<br />
Zeit (siehe Bild 4). Die Messkurve wird unterteilt in die Vorperiode, während der die<br />
Temperaturdrift konstant <strong>und</strong> klein sein soll, die Hauptperiode, während der die Probe ihre<br />
Wärme an die Arbeitssubstanz abgibt, <strong>und</strong> die Nachperiode, während der die Temperaturdrift<br />
wieder konstant sein soll <strong>und</strong> die Arbeitssubstanz ihre Wärme langsam an die Umgebung<br />
abgibt <strong>und</strong> dem Ausgangszustand zustrebt. Bei isoperibolen Bedingungen muss die „wahre“<br />
Temperaturänderung ∆ T korr<br />
aus der gemessenen Kurve durch eine Korrektur ermittelt<br />
werden. Alle Korrekturen setzen dabei die Gültigkeit des Newton‘ schen Abkühlungsgesetzes<br />
voraus. Wie bereits angesprochen, lässt sich ∆ T korr<br />
mittels eines graphischen Extrapolationsverfahrens<br />
ermitteln. Dazu werden die Temperaturdriften der Vor- <strong>und</strong> Nachperiode in die<br />
Hauptperiode extrapoliert <strong>und</strong> eine Senkrechte bei so gelegt, dass die zwischen den<br />
extrapolierten Geraden <strong>und</strong> der Messkurve befindlichen Flächen gleich werden. Die gesuchte<br />
Temperaturerhöhung ∆ T korr<br />
ergibt sich dann aus dem Abstand der beiden Geraden bei t<br />
x<br />
.<br />
t x<br />
8
Verbrennungskalorimetrie<br />
4 Experimenteller Teil<br />
4.1 Beschreibung<br />
Um den Aufbau sowie die Durchführung des Versuches für den Betrachter sichtbar zu<br />
machen, wurde bei der Konstruktion so weit wie möglich auf Glas als Baustoff zurückgegriffen.<br />
Das Verbrennungskalorimeter selbst besteht aus zwei Teilen, dem oberen Glasgefäß 1<br />
<strong>und</strong> der Bodenplatte 2 (siehe Bild 5).<br />
Bild 5: Schnitt durch das Verbrennungskalorimeter<br />
1 Glasgefäß<br />
2 Bodenplatte<br />
3 Glaswendel (Wärmeaustauscher)<br />
4 Temperaturfühler<br />
5 Rührer<br />
6 Schlaucholive (Gasaustritt)<br />
7 Stativring<br />
8 Halteplatte mit Dichtung<br />
9 Verbrennungs-(Porzellan-)Tiegel<br />
10 Metallbügel (Tiegelhalterung)<br />
11 Glühwendel<br />
12 Elektrodenhalterung<br />
13 Elektrodenanschluss (4 mm-Buchse)<br />
14 Schlaucholive (Gaseintritt)<br />
Das Glasgefäß 1, gefüllt mit der Kalorimeterflüssigkeit (im Allgemeinen Wasser, aber auch<br />
z. B. Ethanol), dient zur Aufnahme der bei der Verbrennung von Feststoffen <strong>und</strong> Flüssigkeiten<br />
entstandenen Wärme. Es umschließt den Verbrennungsraum vollständig von der Seite <strong>und</strong><br />
von oben. Die entstandenen heißen Verbrennungsgase werden durch eine doppelte Glaswendel<br />
3 geleitet, geben dort ihre Wärme an die Umgebung (Glaskörper <strong>und</strong> Badflüssigkeit<br />
(Kalorimeterflüssigkeit)) ab <strong>und</strong> treten durch eine Olive 6 wieder aus.<br />
Für eine gleichmäßige Durchmischung der Kalorimeterflüssigkeit sorgt ein Rührer 5, der über<br />
ein Rührwerk 20 (siehe Bild 6) angetrieben wird.<br />
Die Temperaturmessung erfolgt mittels eines digitalen Temperaturmessgeräts mit NTC-<br />
Temperaturfühler 4 (siehe Anhänge A <strong>und</strong> B).<br />
Die Bodenplatte 2 dient der Halterung des gesamten Kalorimeters sowie des Verbrennungstiegels.<br />
Der obere Teil der Halteplatte passt in den Verbrennungsraum des Glasgefäßes 1<br />
hinein <strong>und</strong> schließt durch eine Gummidichtung 8 den Verbrennungsraum nach außen ab. Der<br />
Verbrennungstiegel 9, in dem das zu verbrennende Material (Feststoffe wie Aktivkohle oder<br />
Schwefel oder Flüssigkeiten wie Alkohole oder Heizöl) eingewogen wird, sitzt in einem<br />
ringförmigen Metallbügel 10. Die Zündung <strong>und</strong> damit der Start der Verbrennungsreaktion<br />
erfolgt elektrisch über eine Glühwendel 11, die durch zwei Schrauben mit den beiden<br />
Elektrodenhaltern 12 verb<strong>und</strong>en sind. Die Elektrodenhalter 12 werden über eine 4 mm-<br />
Buchse 13 mit einem Kleinspannungsstelltrafo D (siehe Anhang D) verb<strong>und</strong>en.<br />
Die Verbrennung erfolgt in einer Sauerstoffatmosphäre, um möglichst definierte Bedingungen<br />
zu haben.<br />
9
Verbrennungskalorimetrie<br />
4.2 Versuchsaufbau<br />
Der Versuchsaufbau erfolgt über Bauteile eines so genannten Chemie-Platten-Systems (CPS),<br />
das das Verbrennungskalorimeter als zentrales Bauelement enthält. Links <strong>und</strong> rechts des<br />
Kalorimeters (siehe Bild 6) werden je zwei gegeneinander geschaltete Waschflaschen<br />
angeordnet.<br />
Bild 6: Versuchsaufbau Verbrennungskalorimeter<br />
15 Waschflasche (Sicherheitswaschflasche, leer); 16 Waschflasche mit konz. H 2 SO 4 ;<br />
17 O 2 -Druckdose; 18 Waschflasche (Sicherheitswaschflasche, leer); 19 Waschflasche mit<br />
Natronlauge/Kalilauge; 20 Rührer/Rühraufsatz.<br />
Von der Sauerstoffflasche (O 2 -Druckdose) 17 wird eine Schlauchleitung zur äußeren linken<br />
Waschflasche 15 geführt. 15 bleibt leer, die nachfolgende Flasche 16 wird zur Trocknung des<br />
O 2 -Gases <strong>und</strong> zur Durchflussmessung ca. 3 cm hoch mit konz. H 2 SO 4 gefüllt, als Verbindung<br />
zu 15 dient ein Glasverbinder. Mit einem Schlauch wird der Ausgang von 16 mit der<br />
Schlaucholive 14 in der Bodenplatte 2 verb<strong>und</strong>en (siehe Bild 5). Die abgeschraubte Schlaucholive<br />
6 des Glasgefäßes 1 wird mit einem Glasverbinder mit der ersten nachgeschalteten<br />
Waschflasche 18 verb<strong>und</strong>en, die leer bleibt. Die nächste Waschflasche 19 (Glasverbinder zu<br />
18) wird ca. 3 cm hoch mit Absorbenslösung (konz. Natronlauge oder Kalilauge zum<br />
Absorbieren der entstandenen Verbrennungsprodukte wie z. B. CO 2 oder SO 2 ) gefüllt.<br />
Entweichendes Gas wird in den Abzug bzw. die Schnüffelabsaugung geleitet.<br />
Die Glühwendel 11 wird abgeschraubt, der Tiegel 9 mit Verbrennungsgut gefüllt.<br />
Das Gewicht von Tiegel <strong>und</strong> Verbrennungsgut muss vor <strong>und</strong> nach der Verbrennungsreaktion<br />
genau bestimmt werden, um die Masse der verbrannten Substanz ermitteln zu können.<br />
Der Tiegel mit Verbrennungsgut wird in den Halter 10 eingehängt, die Glühwendel 11 wird<br />
mit dem Verbrennungsgut in Kontakt gebracht (nicht völlig eintauchen, ein Kontakt zur<br />
10
Verbrennungskalorimetrie<br />
Sauerstoffatmosphäre muss gewährleistet bleiben) <strong>und</strong> an den Elektrodenhaltern 12 angeschraubt.<br />
Bevor flüssige Medien verwendet werden, sollte im Voraus sichergestellt sein, dass sich im<br />
Gasraum (die Konzentration an Sauerstoff ist hier wesentlich höher als in Luft) kein explosives<br />
Gemisch bilden kann.<br />
Die Elektrodenhalter 12 werden über die 4 mm-Buchsen 13 mit dem Gleichspannungsausgang<br />
des Kleinspannungsstelltrafos D (6, siehe Anhang D) verb<strong>und</strong>en. Das Glasgefäß 1 wird<br />
leer (ohne Kalorimeterflüssigkeit) mit dem gesamten Rühraufsatz (5 <strong>und</strong> 20), jedoch ohne den<br />
Temperaturfühler 4 (siehe Anhang B) gewogen. Dann wird das Kalorimeter mit der Kalorimeterflüssigkeit<br />
(hier entionisiertes Wasser) befüllt (dabei muß die Glaswendel 3 so weit wie<br />
möglich von Wasser umgeben sein) <strong>und</strong> erneut gewogen. Anschließend wird es auf die<br />
Bodenplatte 2 gesetzt <strong>und</strong> abgedichtet. Der Temperaturfühler wird eingefügt, der Rühraufsatz<br />
20 mit einer Spannungsversorgung verb<strong>und</strong>en. Nach dem Anschrauben der Schlaucholive 6<br />
am Glasgefäß 1 wird Sauerstoff durch das Verbrennungskalorimeter geleitet. An der Zahl der<br />
Blasen in den Waschflaschen vor <strong>und</strong> nach dem Kalorimeter kann getestet werden, ob die<br />
aufgebaute Anordnung dicht ist. Die Kalorimeterflüssigkeit wird zum Temperaturausgleich<br />
gut durchmischt (ca. 5 min. rühren), erst dann wird die Ausgangstemperatur abgelesen. Der<br />
gesamte Temperaturverlauf kann über das digitale Temperaturmessgerät mit angeschlossenem<br />
Temperaturfühler verfolgt werden.<br />
4.3 Versuchsdurchführung<br />
In einem „Leerlaufversuch“ werden für die entsprechende Glühwendel möglichst genau<br />
geeignete Werte für die Spannung U <strong>und</strong> die Stromstärke I ermittelt (Merken Sie sich die<br />
jeweiligen Einstellungen des Stellknopfes am Kleinspannungsstelltrafo (siehe Anhang C)!).<br />
Die Glühwendel muss dabei ohne Verbrennungsgut eine deutlich sichtbare Rot- bis Weissglut<br />
zeigen.<br />
Das gesamte Innenvolumen des Kalorimeters wird anfangs ca. 3 min. mit Sauerstoff gespült,<br />
um weitestgehend eine reine Sauerstoffatmosphäre zu gewährleisten. Der Sauerstoffstrom<br />
wird so eingeregelt, dass in der vorgeschalteten Waschflasche ca. 2-4 Blasen pro Sek<strong>und</strong>e<br />
aufsteigen.<br />
Das Verbrennungsgut muss elektrisch gezündet werden, d.h. durch die Glühwendel muss<br />
solange ein elektrischer Strom fließen, bis das Verbrennungsgut eine sichtbare Glut zeigt.<br />
Neben U <strong>und</strong> I (siehe oben) ist dabei auch die Zeit t (Zünddauer) wichtig, wie in der<br />
Versuchsauswertung weiter erläutert werden soll (durch Ein- <strong>und</strong> Ausschalten des Kleinspannungstrafos<br />
kann t relativ genau bestimmt werden).<br />
Die Glut des Verbrennungsgutes wird nach dem Zünden mit Hilfe des Sauerstoffstromes<br />
kontrolliert.<br />
Wird Schwefel verbrannt, ist oberhalb des Tiegelrandes ein blauer Flammensaum zu erkennen.<br />
Bei der Verbrennung von gekörntem Kohlenstoff ist der Widerschein der Glut nur bei<br />
abgedunkeltem Raum sichtbar. Die Reaktion wird nach ca. 5 min. abgebrochen, indem der<br />
Sauerstoffstrom abgestellt wird. Der Temperaturanstieg setzt sich noch mehrere Minuten fort.<br />
11
Verbrennungskalorimetrie<br />
Während dieser Zeit sowie der ganzen Reaktionsdauer muss die Kalorimeterflüssigkeit<br />
permanent gerührt werden, um die Endtemperatur (maximale Temperatur) verlässlich<br />
bestimmen zu können.<br />
Die Reaktionszeit sowie die zum Temperaturausgleich benötigte Zeit sollten bei allen<br />
Versuchen immer etwa gleich gewählt werden. Nach Beendigung des Temperaturanstiegs<br />
wird die Temperatur abgelesen, das Glasgefäß von der Bodenplatte abgehoben, die Glühwendel<br />
gelöst <strong>und</strong> der Porzellantiegel aus der Halterung genommen.<br />
Durch Rückwägung vom Porzellantiegel mit Inhalt wird der Verbrauch an Substanz bestimmt.<br />
Die freigesetzte Wärme geht theoretisch vollständig an das Kalorimeter (Kalorimetergefäß<br />
<strong>und</strong> Kalorimeterflüssigkeit) über. Aus dem Gewicht <strong>und</strong> den spezifischen Wärmekapazitäten<br />
der verwendeten Materialien lässt sich relativ leicht die Gesamtwärmekapazität des Kalorimeters<br />
berechnen. In der Realität gibt es jedoch immer Wärmeverluste, d. h. das Kalorimeter<br />
besitzt einen Wirkungsgrad η < 1, der bei der Auswertung der Experimente mit berücksichtigt<br />
werden muss. Der Wirkungsgrad η trägt dem realen, für das jeweilige Kalorimeter charakteristischen<br />
Temperaturverlauf als Funktion der Zeit Rechnung.<br />
Unkontrollierte Wärmeverluste treten z. B. durch Erwärmung der Bodenplatte, durch nicht<br />
vollständige Wärmeübertragung vom Verbrennungsgas auf die Wärmeaustauscherspirale<br />
sowie durch Wärmeübergang vom Kalorimeter nach außen (Atmosphäre, Peripherie etc.).<br />
Der Wirkungsgrad wurde durch Eichversuche bestimmt, es handelt sich um eine individuelle<br />
Gerätekonstante.<br />
4.4 Versuchsbeispiel mit Auswertung: Verbrennung von Kohlenstoff<br />
Chemikalien:<br />
• Kohlenstoff in gekörnter Form.<br />
• Sauerstoff in einer 1 l-Druckdose.<br />
• entionisiertes Wasser.<br />
• konz. H 2 SO 4 .<br />
• NaOH- oder KOH-Plätzchen.<br />
Säuren <strong>und</strong> Basen in konzentrierter Form können schwere Verätzungen<br />
hervorrufen! Es dürfen keine hochentzündlichen Substanzen wie z. B.<br />
Benzin oder Ether verbrannt werden!<br />
12
Verbrennungskalorimetrie<br />
Der Aufbau <strong>und</strong> die Durchführung des Versuchs werden wie in den beiden vorangegangenen<br />
Kapiteln beschrieben durchgeführt.<br />
Im Folgenden ist die Auswertung des Versuchs „skizziert“:<br />
Art der ermittelten Daten<br />
Werte<br />
Masse des Tiegels mit Kohlenstoff vorher (g)<br />
Masse des Tiegels mit Kohlenstoff nachher (g)<br />
Masse des verbrannten Kohlenstoffs ∆ m C<br />
(g)<br />
Molare Masse von Kohlenstoff M C<br />
(g/mol)<br />
Stoffmenge des verbrannten Kohlenstoffs ∆ n C<br />
(mol)<br />
Anfangstemperatur T A<br />
(K)<br />
Endtemperatur T<br />
E<br />
(K)<br />
Temperaturdifferenz ∆ T (K)<br />
Masse des Kalorimetergefäßes (g)<br />
m K<br />
Masse des Wassers (Kalorimeterflüssigkeit)<br />
m H O 2<br />
Spannung U (V)<br />
Stromstärke I (A)<br />
Zeit t (s)<br />
Folgende Werte müssen aus Tabellenwerken entnommen werden:<br />
• Spezifische Wärmekapazität von Glas (des Kalorimeters):<br />
J<br />
c<br />
K<br />
= 0,8 . K ⋅ g<br />
• Spezifische Wärmekapazität von Wasser:<br />
J<br />
c<br />
HO=<br />
4,185 .<br />
2<br />
K ⋅ g<br />
Die bei der Reaktion freigesetzte Energie (das System gibt an die Umgebung Energie ab) geht<br />
als Wärme Q punkorr , .<br />
auf das Kalorimetergefäß (Glas) <strong>und</strong> die Kalorimeterflüssigkeit (Wasser)<br />
entsprechend den jeweiligen Massen <strong>und</strong> spezifischen Wärmekapazitäten über. Die Reaktion<br />
findet bei konstantem Druck p statt, d. h. es gilt: −Qp, unkorr.<br />
∝∆ H . Aus der Temperaturdifferenz<br />
∆T lässt sich Q wie folgt berechnen, jedoch muß dieser Wert noch korrigiert<br />
werden:<br />
punkorr , .<br />
Zwei Korrekturen müssen berücksichtigt werden:<br />
• Die Zündenergie U ⋅I ⋅ t muss von<br />
(g)<br />
( )<br />
Qp, unkorr. = ∆T⋅ cK ⋅ mK + cH O<br />
⋅m<br />
2 H2 O<br />
. (8)<br />
Q punkorr , .<br />
abgezogen werden.<br />
• Der Wirkungsgrad des Kalorimeters wurde zu η = 0,810 bestimmt, d. h. ein Faktor<br />
1/0,810 muss mit ( Qpunkorr<br />
U I )<br />
Damit erhält man schließlich:<br />
, .<br />
− ⋅ ⋅t multipliziert werden.<br />
1<br />
= ⋅ − ⋅ ⋅ . (9)<br />
0,810<br />
Qp, korr. ( Q<br />
p, unkorr.<br />
U I t)<br />
Die Reaktionsgleichung für die Verbrennung von Kohlenstoff zu Kohlendioxid lautet:<br />
13
Verbrennungskalorimetrie<br />
C + O2 → CO2<br />
Wird Q p,<br />
korr .<br />
jetzt noch auf 1 Mol Kohlenstoff bezogen, so erhält man die Reaktionsenthalpie<br />
∆ R<br />
H für die obige Reaktion:<br />
Q<br />
=−<br />
⋅ M<br />
p, korr.<br />
C<br />
∆ R<br />
H<br />
m<br />
C<br />
. (10)<br />
Der Literaturwert der Reaktionsenthalpie unter Standardbedingungen für die Verbrennung<br />
von Kohlenstoff zu Kohlendioxid ist mit der Standardbildungsenthalpie von CO 2 identisch:<br />
0 0<br />
kJ<br />
∆<br />
R<br />
H =∆<br />
B<br />
H ( CO2<br />
) =− 393,51 . mol<br />
Will man Abweichungen von diesem Wert untersuchen, so müssen unter anderem zwei<br />
Fehlerquellen berücksichtigt werden:<br />
1. Die Temperaturablesung erfolgt nur mit einer Genauigkeit von ± 0,1 K.<br />
2. Die der Berechnung zu Gr<strong>und</strong>e liegenden Zahlenwerte sind teilweise nur auf 1 % genau<br />
zu bestimmen, d. h. das Gesamtergebnis kann somit nicht genauer als ± 1 % sein.<br />
14
Verbrennungskalorimetrie<br />
Anhang A: Digitales Temperaturmessgerät<br />
15
Verbrennungskalorimetrie<br />
16
Verbrennungskalorimetrie<br />
17
Verbrennungskalorimetrie<br />
Anhang B: NTC-Temperaturfühler<br />
18
Verbrennungskalorimetrie<br />
Anhang C: Kleinspannungsstelltrafo D<br />
19
Verbrennungskalorimetrie<br />
20