Gastland: Mexiko Gasthochschule: Universidad de Guadalajara ...
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<strong>Gastland</strong>: <strong>Mexiko</strong><br />
<strong>Gasthochschule</strong>: <strong>Universidad</strong> <strong>de</strong> <strong>Guadalajara</strong>/ CUCSH (Centro Universitario <strong>de</strong> Ciencias Sociales<br />
y Humanida<strong>de</strong>s)<br />
Zeitraum <strong>de</strong>s Auslandsaufenthaltes: August 2009 bis März 2010<br />
1. Motivation und Ziele für <strong>de</strong>n Aufenthalt<br />
Ein längerer Aufenthalt im Ausland erweitert <strong>de</strong>n persönlichen Horizont in jeglicher Hinsicht, vor<br />
allem aber: Man lernt sich selbst besser kennen - in<strong>de</strong>m man erkennt, wer man nicht ist und was in<br />
an<strong>de</strong>ren Kulturen an<strong>de</strong>rs ist. Dies mag zunächst paradox klingen, ich aber halte es für eine <strong>de</strong>r<br />
wichtigsten Errungenschaften eines Auslandsaufenthaltes. Das habe ich bereits auf einer 10-<br />
monatigen Weltreise vor meinem Studium erkannt. Allerdings nicht so intensiv, weil ich jeweils nur<br />
wenige Wochen in <strong>de</strong>m Län<strong>de</strong>r verbrachte und nicht aktiv am Alltag teilgenommen habe. <strong>Mexiko</strong><br />
zählte bei meiner Reise vor drei Jahren zu einem meiner Ziellän<strong>de</strong>rn – es erschien mir Wert, hier<br />
eine längere Zeit zu verbringen: Traditionell und zugleich mo<strong>de</strong>rn, gastfreundlich, weit und<br />
wi<strong>de</strong>rsprüchlich, sind einige <strong>de</strong>r Stichwörter, die mir zu diesem Land einfallen und die mich dazu<br />
bewogen haben, wie<strong>de</strong>rzukommen. Auch einige an<strong>de</strong>re Län<strong>de</strong>r in Lateinamerika hätten mich für ein<br />
Auslandssemester gereizt, so wie Chile o<strong>de</strong>r Argentinien. Als ich jedoch feststellte, dass sich die<br />
einzige Partnerhochschule <strong>de</strong>r Uni Bremen in Lateinamerika, die Studieren<strong>de</strong>n aller Fachbereiche<br />
offen steht, in <strong>Guadalajara</strong>/ <strong>Mexiko</strong> befin<strong>de</strong>t, stimmte mich das sogleich zufrie<strong>de</strong>n und ich wusste:<br />
Wenn es ins außereuopäische Ausland geht, dann nur dorthin.<br />
2. Vorbereitung<br />
Die Kooperation <strong>de</strong>r Uni Bremen mit <strong>de</strong>r „<strong>Universidad</strong> <strong>de</strong> <strong>Guadalajara</strong>“ (kurz U<strong>de</strong>G o<strong>de</strong>r UDG)<br />
läuft über <strong>de</strong>n Fachbereich 9 Kulturwissenschaften und existiert meines Wissens nach seit 2 Jahren.<br />
Die Bewerbung ist relativ aufwändig. Bisher sind jedoch alle Studieren<strong>de</strong>n, die sich beworben<br />
haben, auch angenommen wor<strong>de</strong>n. Dies liegt sicherlich daran, dass sich die U<strong>de</strong>G um ein<br />
internationales Image bemüht. Da, laut<br />
Erzählungen einheimischer Studieren<strong>de</strong>r,<br />
die Anzahl ausländischer Studieren<strong>de</strong>r€<br />
jedoch mit je<strong>de</strong>m Jahr zugenommen hat,<br />
wage ich zu bezweifeln, dass auch in<br />
Zukunft je<strong>de</strong>/r Bewerber_in per se<br />
akzeptiert wird. Wer sich für ein<br />
Auslandsstudium an <strong>de</strong>r U<strong>de</strong>G interessiert,<br />
sollte sich an Professorin Maya Nadig o<strong>de</strong>r<br />
an ihre Sekretärin Gabriele Knoop wen<strong>de</strong>n<br />
(bei<strong>de</strong> im SFB/ FB 9). Frau Knopp versorgt<br />
alle Interessierten fürsorglich via E-Mail mit<br />
Informationen. Sie hat auch eine hilfreiche<br />
Checkliste für die Bewerbungsunterlagen<br />
erstellt. Relevante Dokumente sind u.a.: ein<br />
Formblatt, das von <strong>de</strong>r Homepage <strong>de</strong>r U<strong>de</strong>G<br />
herunterzula<strong>de</strong>n ist, ein<br />
Motivationsschreiben, ein Lebenslauf,<br />
Abbildung 1: Die Kathedrale im Zentrum von<br />
<strong>Guadalajara</strong><br />
Passbil<strong>de</strong>r und Kopien <strong>de</strong>s Reisepasses (für genauere Informationen: siehe besagte Checkliste). Auf<br />
<strong>de</strong>m Formblatt müssen bereits die Kurse eingetragen wer<strong>de</strong>n, die man später belegen möchte: Ich<br />
empfehle je<strong>de</strong>/r Bewerber_in, das nicht so ernst zu nehmen. Das Veranstaltungsverzeichnis fin<strong>de</strong>t<br />
man zwar im Internet – entspricht aber nicht einmal ansatzweise <strong>de</strong>m Kursangebot, welches vor Ort
offeriert wird. Zu<strong>de</strong>m fragt nachher kein Mensch mehr danach, welche Kurse man Monate zuvor<br />
auf diesem Blatt eingetragen hat.<br />
Ob man ein o<strong>de</strong>r zwei Semester bleiben möchte, muss man bereits bei <strong>de</strong>r Bewerbung entschei<strong>de</strong>n.<br />
Es ist aber in (fast) je<strong>de</strong>m Fall ratsam, zwei Semester anzugeben, auch wenn man eigentlich plant<br />
nur eines zu bleiben. Achtung, jetzt wird ein bisschen kompliziert: Wer nur ein Semester bleiben<br />
möchte, aber danach noch Reisen o<strong>de</strong>r ein Praktikum absolvieren will und somit mehr als 180 Tage<br />
im Land bleibt, sollte auf je<strong>de</strong>n Fall zwei Semester eintragen. Das hat folgen<strong>de</strong>n Bewandtnis: kein<br />
zusätzlicher Aufwand, wenn sich doch dafür entschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n sollte zwei Semester zu bleiben,<br />
aber viel wichtiger: wer zwei Semester angibt, bekommt ein Stu<strong>de</strong>ntenvisum (FM-3) für ein Jahr.<br />
Wer jedoch ein Stu<strong>de</strong>ntenvisum für ein Semester beantragt, muss nach 180 Tagen ausreisen. Und<br />
eine Reise nach Guatemala nur für die Visa-Verlängerung ist ebenso aufwändig wie ein<br />
Behör<strong>de</strong>ngang, um das Visum auf diesem Wege nachträglich zu verlängern. Wenn man im zweiten<br />
Semester nicht mehr erscheint, hat das keine unangenehmen Konsequenzen. Ein FM-3 für ein Jahr<br />
bekommen nur die Studieren<strong>de</strong>n, die nachweislich für zwei Semester an <strong>de</strong>r U<strong>de</strong>G akzeptiert sind.<br />
Wer allerdings ganz, ganz sicher ist, nur ein Semester verbringen zu wollen, um unmittelbar danach<br />
nach Deutschland zurückzureisen, sollte sich nicht <strong>de</strong>n Stress machen, sich um ein Stu<strong>de</strong>ntenvisum<br />
zu kümmern (auch wenn die Migrationsbehör<strong>de</strong> es offiziell verlangt – wie bei so vielem<br />
bürokratischem Kram in <strong>Mexiko</strong>, fragt da anschließend aber niemand mehr nach). Ein<br />
Stu<strong>de</strong>ntenvisum kostet theoretisch nichts, aber: Wer ein Stu<strong>de</strong>ntenvisum beantragt, muss persönlich<br />
(!!!) nach Berlin fahren, um es abzuholen. Außer<strong>de</strong>m muss ein ganzer Haufen Dokumente und<br />
zusätzlicher Papier-Kram eingereicht wer<strong>de</strong>n, so wie: Fingerabdrücke, biometrische Passbil<strong>de</strong>r, ect.<br />
Außer<strong>de</strong>m muss das Visum dann später in <strong>Mexiko</strong> „registriert“ wer<strong>de</strong>n, was einen ungeahnten<br />
Rattenschwanz an bürokratischem und finanziellem Aufwand nach sich zieht. Ich hätte vorher nicht<br />
gedacht, dass es ein Land gibt, dass in Sachen Bürokratie schlimmer ist als Deutschland.<br />
Wer einmal die Bewerbung abgeschickt hat, wird bald in <strong>de</strong>n E-Mail-Verteiler <strong>de</strong>s<br />
Kooperationsbeauftragten <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r Westeuropas (Gareth Bennett) aufgenommen, <strong>de</strong>r einen mit<br />
genaueren Informationen versorgt. Eine feste Zusage haben wir allerdings erst sehr spät erhalten.<br />
Wer sich längere Zeit in <strong>Mexiko</strong> aufhält, sollte auf je<strong>de</strong>n Fall vorher nochmal seinen<br />
Impfpass überprüfen lassen. Tetanus und Hepatitis A- und B-Impfungen sollten vorhan<strong>de</strong>n sein.<br />
Malaria ist in <strong>de</strong>r Gegend um <strong>Guadalajara</strong> kein Problem. Dagegen kann man sich aber sowieso<br />
nicht impfen lassen, genauso wenig wie gegen Denguefieber eine Krankheit, die in <strong>de</strong>r Regenzeit<br />
dort zunehmend zum Problem wird.<br />
<strong>Guadalajara</strong> liegt auf zirka 1700 Metern Höhe. Mit an<strong>de</strong>ren Worten: Im Winter kann es hier<br />
durchaus kalt wer<strong>de</strong>n. Der kälteste Monat ist in <strong>de</strong>r Regel <strong>de</strong>r Januar. Auch wenn am Tage<br />
angenehme 20 Grad herrschen, kann es nachts bis zu Null Grad kalt wer<strong>de</strong>n. Da die Häuser nicht<br />
gedämmt, Fenster in <strong>de</strong>r Regeln undicht sind und es keine Heizungen gibt, sollte man sich auf je<strong>de</strong>n<br />
Fall ausreichend warme Kleidung mitnehmen, auch wenn einem das zu Beginn <strong>de</strong>s Wintersemesters<br />
(En<strong>de</strong> August) noch reichlich überflüssig erscheint: Winter/- o<strong>de</strong>r Funktionsjacke, warme Socken,<br />
ein Schlafsack ect. sind genauso einzupacken wie Regenjacke und wasserdichte Schuhe, für<br />
Regenzeit (ungefähr von September bis November).<br />
3. Studium an <strong>de</strong>r <strong>Gasthochschule</strong>: Fach, Schwerpunkt, Kursangebot, Betreuung,<br />
Campus leben<br />
Die U<strong>de</strong>G ist eine <strong>de</strong>r ältesten Universitäten in <strong>Mexiko</strong>, hat somit eine lange Tradition, hohes<br />
Ansehen und eine gefestigte Position in <strong>Guadalajara</strong> – gesellschaftlich, politisch und kulturell.<br />
Die zentrale Verwaltung und das historische Universitätsgebäu<strong>de</strong> befin<strong>de</strong>n sich im Zentrum<br />
(Avenida Vallarta), dort fin<strong>de</strong>n jedoch keine Kurse statt. Es gibt keinen zentralen Campus. Die<br />
einzelnen Fachbereiche (Centros Universitarios; CU) sind über das ganze Stadtgebiet verteilt. Das<br />
zentralste Centro Universitario ist das CUCSH (Centro Universitario <strong>de</strong> Ciencias Sociales y<br />
Humanida<strong>de</strong>s), das ich besucht habe. Es liegt zirka eine viertel Stun<strong>de</strong> vom Stadtzentrum entfernt<br />
(mit öffentlichen Verkehrsmitteln). Zu an<strong>de</strong>ren Zentren braucht man teilweise bis zu einer Stun<strong>de</strong>.
In meinem Semester waren zirca 600 Austauschstu<strong>de</strong>nten (Intercambios), die sich über alle Zentren<br />
verteilen. Da es nicht unüblich ist, dass mexikanische Studieren<strong>de</strong> einen Austausch mit einer<br />
inländischen Uni machen, war fast die Hälfte <strong>de</strong>r Intercambios mexikanischer Herkunft. Der größte<br />
Teil <strong>de</strong>r ausländischen Studieren<strong>de</strong>n kommt aus Deutschland, gefolgt von Frankreich und Spanien.<br />
Die ausländischen Studieren<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n zu Semesterbeginn mit einer Willkommensfeier begrüßt.<br />
Vielen meiner Mitstudieren<strong>de</strong>n kam diese Zeremonie kindisch vor, weil die gleichen Informationen<br />
zum wie<strong>de</strong>rholten Male bekannt gegeben und das ein o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Kennlernspielchen veranstaltet<br />
wur<strong>de</strong>. Dieser Meinung konnte ich mich nicht ganz anschließen. Die Veranstaltung steht<br />
stellvertretend für die mexikanische Gastfreundschaft und ich kann mir gut vorstellen, dass es viel<br />
Mühe bedurfte, sie zu organisieren. Ein Tag nach <strong>de</strong>r Willkommensfeier veranstaltete je<strong>de</strong>s Centro<br />
Universitario dann nochmal eine Informationsveranstaltung für seine Austauschstudieren<strong>de</strong>. Je<strong>de</strong>s<br />
CU ist jeweils unterglie<strong>de</strong>rt nach Fächern, wie (im Falle <strong>de</strong>r CUCSH) Soziologie,<br />
Politikwissenschaften, Rechtswissenschaften<br />
o<strong>de</strong>r Internationale Studien (u.a.). Je<strong>de</strong>s Fach<br />
hat seine eigenen Verwaltung: das so<br />
genannte „Departemento“. Dort hängen die<br />
Kurse, die in <strong>de</strong>n jeweiligen Fächern<br />
angeboten wer<strong>de</strong>n aus. Kurse kann man<br />
jedoch fächerübergreifend wählen!<br />
Spätestens zwei, drei Wochen nach<br />
Semesterbeginn muss man dann die Kurse<br />
im zentralen Verwaltungsgebäu<strong>de</strong> eintragen.<br />
Grundsätzlich kann man das mit <strong>de</strong>r<br />
Kurswahl genauso halten wie an <strong>de</strong>r Uni<br />
Bremen: Man schaut sich erstmal ein paar<br />
Veranstaltungen an und entschei<strong>de</strong>t nach ein<br />
bis zwei Wochen, welche Kurse man belegen<br />
Abbildung 2: Historisches Uni-Gebäu<strong>de</strong><br />
gegenüber <strong>de</strong>r Zentralverwaltung<br />
möchte.<br />
Je<strong>de</strong>r Studieren<strong>de</strong> erhält einen<br />
Stu<strong>de</strong>ntenausweis, das so genannte<br />
Cre<strong>de</strong>ntial. Das Cre<strong>de</strong>ntial ist eine<br />
Plastikkarte mit Bild, Adresse und weiteren Informationen <strong>de</strong>s Studieren<strong>de</strong>n und berechtigt zum<br />
Kauf von Coupons (Transvales), mit <strong>de</strong>nen man für <strong>de</strong>n halben Preis die öffentlichen Verkehrsmittel<br />
nutzen kann (für 3 statt für 6 Pesos/ 0,17; 0,34 Euro) und Vergünstigungen in Museen bekommt. In<br />
<strong>de</strong>n Semesterferien erhält man außer<strong>de</strong>m einen Rabatt von 50% auf Langstrecken-Busse. Die CU<br />
sind unterschiedlich gut organisiert. An <strong>de</strong>r CUCSH war es zu Semesterbeginn sehr chaotisch. Zum<br />
Beispiel mussten wir ewig auf unsere Cre<strong>de</strong>ntiale und auf unsere Códigos (eine Arte<br />
Matrikelnummer, mit <strong>de</strong>r man sich für die Kurse anmel<strong>de</strong>n kann) warten. An<strong>de</strong>re Zentren waren da<br />
wesentlich schneller, wie beispielsweise CUCEA, an <strong>de</strong>m man Wirtschafts- und<br />
Verwaltungswissenschaften studieren kann. CUCEA verfügt darüber hinaus über ein<br />
Tutorensystem: Je<strong>de</strong>r Intercambio erhält seinen persönlichen Tutor (ein Studieren<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r CUSEA),<br />
<strong>de</strong>r einem in <strong>de</strong>n ersten Tagen und Wochen bei allen Fragen zur Seite steht. Ich glaube, dass ist eine<br />
ganz hilfreiche Sache, wobei man auch ohne Tutor problemlos klar kommen kann.<br />
Ich habe in meinem Auslandssemester drei Kurse an <strong>de</strong>r CUCSH besucht. Obwohl ich in Bremen<br />
Politikwissenschaften studiere, habe ich all meine Kurse aus <strong>de</strong>m Fach „Internationale Studien“<br />
belegt, da mir das Kursangebot weit mehr zugesagt hat, als das <strong>de</strong>s örtlichen<br />
politikwissenschaftlichen Departements. Die Kurse dauern – laut Plan – drei Zeitstun<strong>de</strong>n. Ich kann<br />
nicht empfehlen mehr als vier Kurse zu belegen. Neben <strong>de</strong>n Kursen am CUCSH habe ich noch zwei<br />
Mal in <strong>de</strong>r Woche für 1,5 Stun<strong>de</strong>n einen Spanischkurs besucht. Es gibt mehrere Sprachschulen in<br />
<strong>Guadalajara</strong>. Ich habe es jedoch vorgezogen, bei <strong>de</strong>r Lebensgefährtin <strong>de</strong>s Kooperationsbeauftragten<br />
Gareth Bennett Unterricht zu nehmen. Dies wur<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r Willkommensfeier von Herrn Bennett<br />
angeboten. Die Stun<strong>de</strong>n fin<strong>de</strong>n wahlweise in Gruppen und individuell statt und sind im Vergleich zu
<strong>de</strong>n Kursen im Instituto Cervantes in Bremen, wo ich vor meiner Abreise Sprachkurse bis zum<br />
Sprachniveau B 1.1 Spanisch gelernt habe, erschwinglich. Diese Sprachkurse zu besuchen kann ich<br />
nur empfehlen, da man neben einer Wie<strong>de</strong>rholung <strong>de</strong>r Grammatik auch viel über die mexikanische<br />
Kultur lernt. Im Rahmen von Studienleistungen kann man sich diese Kurse allerdings nicht an <strong>de</strong>r<br />
Uni Bremen anrechnen lassen. Vor Beginn <strong>de</strong>r Spanisch-Kurse macht man einen kurzen<br />
Einstufungstest (kostet nichts). Und wenn es einem nicht gefällt - aussteigen kann man praktisch zu<br />
je<strong>de</strong>r Zeit.<br />
Wem die zunehmen<strong>de</strong> Verschulung im Zuge <strong>de</strong>r Bachelor-/Masterumstellung auf <strong>de</strong>n Geist geht,<br />
sollte nicht nach <strong>Mexiko</strong> kommen, um hier zu studieren. Dies musste ich im Nachhinein feststellen.<br />
Die Kurse fin<strong>de</strong>n in Kleingruppen statt, die selten die Anzahl von 20 Studieren<strong>de</strong>n überschreitet.<br />
Die Lehre erinnert mehr an Unterricht in <strong>de</strong>r Oberstufe, als an selbst-bestimmtes universitäres<br />
Lernen: es gibt Anwesenheitslisten in je<strong>de</strong>m Kurs und Hausaufgaben (!!!) zu fast je<strong>de</strong>r Stun<strong>de</strong>.<br />
Manchmal gehört es zu <strong>de</strong>n Prüfungsleistungen, einen Vortrag o<strong>de</strong>r eine Diskussionsrun<strong>de</strong> zu<br />
besuchen, wo man dann eine Art Zeugnis <strong>de</strong>r Anwesenheit erhält. Vorlesungen gibt es in <strong>de</strong>r Regel<br />
nicht. Der „Workload“ unterschei<strong>de</strong>t sich von Kurs zu Kurs stark. Die Lektüre ist meistens auf<br />
Spanisch, oft jedoch europäischer Wissenschaftler_innen, seltener auf Englisch.<br />
Eine <strong>de</strong>r mexikanischen Eigenarten ist die Unpünktlichkeit, an die es sich zu gewöhnen gilt. Auch<br />
die U<strong>de</strong>G hat sich bereits damit arrangiert und eine sogenannte Toleranzzeit von 40 Minuten<br />
eingeführt. Die Studieren<strong>de</strong>n sind <strong>de</strong>mnach verpflichtet 40 Minuten auf ihre Dozent_innen zu<br />
warten, bevor <strong>de</strong>r Kurs als „ausgefallen“ gilt. So lang auf meine Dozent_innen zu warten, kam bei<br />
mir nicht selten vor.<br />
Die Prüfungsleistungen sind vielfältig und unterschei<strong>de</strong>n sich von Kurs zu Kurs. Meistens sind aber<br />
pro Kurs und Semester mehrere Leistungen zu absolvieren, wie zum Beispiel Referate,<br />
Ausarbeitungen, Klausuren, Essays, Schaubil<strong>de</strong>r ect. Die regelmäßige Abgabe und Qualität <strong>de</strong>r<br />
Hausaufgaben ist für die Endnote ebenso relevant, wie die mündliche Beteiligung – fast wie in <strong>de</strong>r<br />
Schule eben. Treffen<strong>de</strong>rweise nennen die Mexikaner_innen die Universität auch nicht Universität,<br />
son<strong>de</strong>rn Schule (escuela). Der Seminarplan und die zu absolvieren<strong>de</strong>n Prüfungsleistungen wer<strong>de</strong>n<br />
in <strong>de</strong>r ersten Stun<strong>de</strong> bekannt gegeben. Als Intercambio gute Noten zu bekommen, ist nicht<br />
außeror<strong>de</strong>ntlich schwer, erfor<strong>de</strong>rt jedoch schon ein Min<strong>de</strong>stmaß an Mühe.<br />
An <strong>de</strong>r CUCSH studieren über 7000 Stu<strong>de</strong>nt_innen. Die Bibliothek entspricht, nach ihrer Größe,<br />
jedoch einem wesentlich kleineren Campus. Zu<strong>de</strong>m ist ein großer Teil <strong>de</strong>r Literatur häufig sehr alt.<br />
Bis zu fünf Bücher können jeweils bis zu einer Woche mit <strong>de</strong>m Cre<strong>de</strong>ntial ausgeliehen wer<strong>de</strong>n.<br />
Im CUCSH hängen häufig Werbepakte für Diskussionen, Themenaben<strong>de</strong> Filmvorführungen,<br />
Wochenendfahrten ect., die von Stu<strong>de</strong>nten o<strong>de</strong>r Dozenten organisiert wer<strong>de</strong>n. Darüber hinaus bietet<br />
je<strong>de</strong>s CU Sportangebote an. Im CUCSH gehören Fußball, Volleyball und Basketball für bei<strong>de</strong><br />
Geschlechter zum Programm.<br />
Wer im Wintersemester an <strong>de</strong>r U<strong>de</strong>G studiert, sollte sich die Buchmesse (FIL) nicht entgehen<br />
lassen. Die FIL ist eine <strong>de</strong>r größten Buchmessen in Lateinamerika und bietet neben in- und<br />
ausländischen Ausstellern eine Vielzahl von interessanten Veranstaltungen an. In <strong>de</strong>r Woche <strong>de</strong>r FIL<br />
erscheint wird die Anwesenheitspflicht in <strong>de</strong>n Kursen gelockert, weil die Dozent_innen je<strong>de</strong>m<br />
Studieren<strong>de</strong>n die Möglichkeit offen halten wollen, die Messe und die Veranstaltungen zu besuchen.<br />
4. Erlebnisse im <strong>Gastland</strong><br />
Ich habe in einem Haus mit vielen in- und ausländischen jungen Erwachsenen gelebt, was mir<br />
persönlich gut gefallen hat. Neben <strong>de</strong>r mexikanischen Kultur habe ich somit auch viel über die<br />
Kultur an<strong>de</strong>rer europäischer Län<strong>de</strong>r wie Frankreich, Schwe<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Belgien gelernt, Vorurteile<br />
abbauen können und enge Kontakte geknüpft. Mit meinen Mitbewohner_innen bin ich häufig am<br />
Wochenen<strong>de</strong> in benachbarte Städte, wie Guanajuato, Morelia und Queretaro o<strong>de</strong>r ans Meer<br />
gefahren.
Weihnachten und Silvester habe ich<br />
mit einer mexikanischen Familie in<br />
<strong>Mexiko</strong>-Stadt verbracht, was mir<br />
persönlich einen tiefen Einblick in die<br />
Traditionen erlaubte.<br />
Natürlich gibt es in diesem Land<br />
Phänomene, an die man sich erst<br />
einmal gewöhnen muss, dazu gehören<br />
die Unpünktlichkeit, die<br />
Unzuverlässigkeit (Verabredungen/<br />
Einladungen sind nicht so fest, wie<br />
man häufig zunächst annehmen<br />
könnte), <strong>de</strong>r Machismo, <strong>de</strong>r schädliche<br />
Umgang mit natürlichen Ressourcen<br />
und die ins Auge stechen<strong>de</strong> Armut<br />
vieler Menschen neben <strong>de</strong>m<br />
prunkvollen Reichtum an<strong>de</strong>rer. In<br />
positiver Erinnerung wer<strong>de</strong>n mir aber<br />
auf je<strong>de</strong>n Fall die ausgeprägte<br />
Gastfreundschaft, die gewisse Unkompliziert <strong>de</strong>r Menschen, die Freundlichkeit und Offenheit<br />
bleiben. Die mexikanische Kultur erscheint mir im Vergleich zu an<strong>de</strong>ren sehr traditionsbewusst und<br />
vergleichsweise wenig beeinflusst von an<strong>de</strong>ren Kulturen zu sein, zum Beispiel was die Küche,<br />
Musik, Feste, folklorischen Tänze o<strong>de</strong>r die bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Kunst angeht – in <strong>Mexiko</strong> ist noch sehr vieles<br />
sehr „Mexikanisches“ zu fin<strong>de</strong>n (auch wenn <strong>de</strong>r US-amerikanische Einfluss spürbar ansteigt).<br />
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wir in Deutschland gera<strong>de</strong>zu verwöhnt von leicht<br />
zugänglichen Informationen sind: Zu fast allem und je<strong>de</strong>m können wir im Internet, in Zeitungen<br />
o<strong>de</strong>r Archiven, zuverlässig und schnell<br />
Informationen fin<strong>de</strong>n. Das ist in <strong>Mexiko</strong><br />
lei<strong>de</strong>r nicht so. Selbst die Suche nach einer<br />
Adresse stellt sich meist als große<br />
Herausfor<strong>de</strong>rung dar – beson<strong>de</strong>rs, wenn keine<br />
Informationen über die Querstraßen<br />
bereitstehen, die <strong>de</strong>n Abschnitt <strong>de</strong>r Straße, in<br />
<strong>de</strong>r sich <strong>de</strong>r gesuchte Ort befin<strong>de</strong>n, begrenzt.<br />
<strong>Mexiko</strong> eignet sich gut, um Spanisch zu<br />
lernen: Die Bewohner dieses großen Lan<strong>de</strong>s<br />
sprechen im Vergleich zu beispielsweise<br />
Spanier_innen, Argentinier_innen o<strong>de</strong>r<br />
Chileninnen und Chilenen ein relativ<br />
<strong>de</strong>utliches und einfaches Spanisch.<br />
Abbildung 4: Alltagsszene in <strong>Guadalajara</strong><br />
Überlegungen o<strong>de</strong>r Ihre Lebensplanung?<br />
Abbildung 3: Guanajuato. Auf je<strong>de</strong>n Fall einen<br />
Wochenend-Ausflug Wert!<br />
5. Welche Auswirkungen haben die<br />
Erfahrungen für Ihr weiteres<br />
Studium, für Ihre beruflichen<br />
Lateinamerika ist durch meinen Aufenthalt in <strong>Mexiko</strong>, aus politikwissenschaftlicher Perspektive,<br />
noch interessanter für mich gewor<strong>de</strong>n. Ich habe hier vieles über die administrativen, politischen<br />
Vorgänge gelernt, was mir einen differenzierteren Blick auf die Region erlaubt, als ich ihn zuvor<br />
hatte. Eine in Zukunft intensivere Beschäftigung mit <strong>de</strong>r Region im Rahmen meines Studiums o<strong>de</strong>r<br />
einer zukünftigen Arbeitsstelle, kann ich nicht ausschließen.<br />
Ein Praktikum in <strong>de</strong>r Redaktion einer Zeitung im Anschluss meines Auslandssemesters hat meine<br />
Erfahrungen in <strong>de</strong>r Medien-Branche erweitert und mir gezeigt, dass ich auch auf Spanisch – mit ein
isschen Zeit und Mühe – publizierbare Texte produzieren kann.<br />
6. Was hat Ihnen <strong>de</strong>r Aufenthalt persönlich gebracht?<br />
Durch die Spanischkenntnisse, die ich hier erworben habe, ist es mir nun theoretisch möglich, mit<br />
450 Millionen Menschen mehr zu kommunizieren, als vor meinem Aufenthalt, was vor mir<br />
persönlich als intrinsischer Wert erscheint.<br />
Das Zusammenleben mit 14 Menschen verschie<strong>de</strong>ner Herkunft hat so manches Mal meine Nerven<br />
beansprucht, mir am En<strong>de</strong> aber sicherlich einen großen Beitrag zu meinen – wie man so schön sagt<br />
– interkulturellen Kompetenzen eingebracht.<br />
7. Welche Hinweise wür<strong>de</strong>n Sie künftigen Studieren<strong>de</strong>n geben?<br />
Sich im Vorhinein über alles Gedanken und Sorgen zu machen, erscheint mir als eine sehr <strong>de</strong>utsche<br />
Eigenschaft. In <strong>Mexiko</strong> funktioniert nicht alles – aber vieles ohne vorherige Organisation. Ich bin<br />
nicht <strong>de</strong>r „ich-lass-das-mal-auf-mich-zu-kommen-Typ“, was mir manchmal Schwierigkeiten hier<br />
bereitet hat. Wer aber mit genau dieser Einstellung nach <strong>Mexiko</strong> geht, <strong>de</strong>r wird es hier leichter<br />
haben. Gera<strong>de</strong> was einen Wohnort (WG o<strong>de</strong>r ähnliches) angeht. Wer in <strong>Guadalajara</strong> ein Dach über<br />
<strong>de</strong>m Kopf sucht, wird schnell fündig wer<strong>de</strong>n und muss sich diesbezüglich schon mal keine Sorgen<br />
machen. Die meisten Intercambios fin<strong>de</strong>n ihre Zimmer über Kontakte (einfach die einheimischen<br />
Kommilitonen fragen) o<strong>de</strong>r setzen eine kurze Anzeige in die Online-Suchbörse, die <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschen<br />
„WG-gesucht“ ähnelt (die meisten, die ich kenne, haben so innerhalb von zwei Tagen ein Zimmer<br />
gefun<strong>de</strong>n). Tipp: Ein eigenes mexikanisches Handy kann dabei sehr wichtig sein – am besten sofort<br />
anschaffen!<br />
Wer kein Großstadt-Mensch ist und nicht so gut mit viel Verkehr klar kommt, sollte sich ebenso<br />
wenig für ein Studium in <strong>Guadalajara</strong> entschei<strong>de</strong>n, wie sehr ängstliche Personen: die Schätzungen<br />
<strong>de</strong>r Einwohnerzahl <strong>Guadalajara</strong>s beläuft sich mittlerweile auf 6 bis 7 Millionen. Da die Stadt in <strong>de</strong>n<br />
letzten Jahren sehr, sehr stark gewachsen ist, hinkt <strong>de</strong>r Ausbau <strong>de</strong>r Infrastruktur viele Jahre<br />
hinterher. Dies erzeugt häufig Staus und eine stark verunreinigte Luft. Auch wenn <strong>Guadalajara</strong><br />
gemeinhin als eine <strong>de</strong>r sichereren mexikanischen Städte gilt, ist das Leben hier sicherlich<br />
gefährlicher als in <strong>de</strong>utschen Städten. In <strong>de</strong>r Innenstadt passieren häufiger Überfälle o<strong>de</strong>r<br />
Einbrüche. Man sollte es daher vermei<strong>de</strong>n abends/nachts allein durch die Straßen zu laufen. Mit<br />
sich herum tragen sollte man auch am Tage nur das Nötigste. Kredit- und EC-Karte sollte man<br />
wirklich nur bei sich haben, wenn man Geld abheben muss.<br />
Interessierte können mich für weitere Fragen gern kontaktieren.<br />
¡Suerte!<br />
8. Sonstiges<br />
Ein paar brauchbare Links:<br />
Google-<strong>Mexiko</strong>: http://www.google.com.mx/ (Informationen sind hier leichter zu fin<strong>de</strong>n als über<br />
Google-Deutschland)<br />
Offizielle Homepage <strong>de</strong>r U<strong>de</strong>G: http://www.udg.mx/<br />
Veranstaltungsmagazin für <strong>Guadalajara</strong>: http://www.ocioenlinea.com/<br />
Kino-Programm <strong>de</strong>s Kunstfilmtheaters <strong>de</strong>r U<strong>de</strong>G: www.cineforo.udg.mx/