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Staatslehre VI.pdf

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gründen die Menschen eine Gemeinschaft, dass sie nun vereint gut leben,<br />

was jeder im Leben als einzelner nicht erreichen kann. Gut leben aber<br />

heißt leben, wie es die Tugend verlangt. So ist das Leben nach der Tugend<br />

das Endziel menschlicher Gemeinschaft. Ein Zeichen dafür ist es, dass nur<br />

diejenigen Glieder einer in Gemeinschaft verbundenen Gesellschaft sind,<br />

die einander wechselseitig zu dem guten Leben die Hilfe der Gemeinschaft<br />

leisten. Denn wenn sich die Menschen allein des bloßen Lebens<br />

willen zusammenschließen wollten, so wären auch Tiere und Sklaven ein<br />

Teil der staatlichen Gemeinschaft. Wenn sie sich wieder nur, um Reichtümer<br />

zu erwerben, vereinigen würden, so müssten alle, die in gleicher<br />

Weise am wirtschaftlichen Verkehr interessiert sind, zu einem Staate gehören,<br />

denn wir sehen es ja, dass immer nur die als eine staatliche Gemeinschaft<br />

angesprochen werden, die unter denselben Gesetzen und von<br />

derselben Führung zur guten Lebensführung geleitet werden. Wenn aber<br />

der Mensch durch ein Leben nach der Tugend zu einem höheren Ziel gelenkt<br />

wird, das im Anschauen Gottes beschlossen liegt, wie wir es schon<br />

dargelegt haben, so muss das Ziel der menschlichen Gesellschaft dasselbe<br />

wie das eines einzelnen sein. Nun ist es aber nicht das letzte Endziel einer<br />

in Gemeinschaft verbundenen Gesellschaft, bloß nach der Tugend<br />

zu leben, sondern vielmehr durch dieses tugendvolle Leben in<br />

den Genuss der göttlichen Verheißung zu gelangen. Wenn man nun<br />

durch die Kraft der menschlichen Natur zu diesem Ziel gelangen könnte,<br />

so wäre es notwendigerweise Aufgabe des Königs, die Menschen dahin<br />

zu führen. Denn wir nehmen an, dass als König eben der bezeichnet wird,<br />

dem die höchste Leitung in den menschlichen Dingen anvertraut wird.<br />

Umso höher ist aber eine Regierung, je höher das Ziel ist, auf das sie sich<br />

einstellt.“<br />

• Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 – 1831): „Der Staat ist die Wirklichkeit<br />

der sittlichen Idee – der sittliche Geist, als der offenbare, sich<br />

selbst deutliche, substantielle Wille, der sich denkt und weiß und das, was<br />

er weiß und insofern er es weiß, vollführt. Der Staat ist […] das an und<br />

für sich Vernünftige. Diese substantielle Einheit ist absoluter unbewegter<br />

Selbstzweck, in welchem die Freiheit zu ihrem höchsten Recht kommt,<br />

so wie dieser Endzweck das höchste Recht gegen die Einzelnen hat, deren<br />

höchste Pflicht es ist, Mitglieder des Staats zu sein.<br />

Der Staat [...] hat aber ein ganz anderes Verhältnis zum Individuum; indem<br />

er objektiver Geist ist, so hat das Individuum selbst nur Objektivität,<br />

Wahrheit und Sittlichkeit, als es ein Glied desselben ist. Die Vereinigung<br />

als solche ist selbst der wahrhafte Inhalt und Zweck, und die Bestimmung<br />

der Individuen ist, ein allgemeines Leben zu führen; ihre weitere<br />

besondere Befriedigung, Tätigkeit, Weise des Verhaltens hat dies Substantielle<br />

und Allgemeingültige zu seinem Ausgangspunkte und Resultate.<br />

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