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II. Geschichte des Seerechts (Überblick)

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<strong>II</strong>.<br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>des</strong> <strong>Seerechts</strong> (Überblick)<br />

1. Vorklassische Antike und griechische Epoche<br />

erste Rechtsregeln bezogen auf Küstenschifffahrt (Aufstieg der<br />

Phöniker) und Fischerei<br />

Grundvoraussetzung für die Herausbildung von Völkerrecht<br />

(Nebeneinander verschiedener Herrschaftsverbände) ab ca. 1400 v.<br />

Chr.<br />

Erfolge Kretas im Kampf gegen die Piraterie (aber: Existenz der<br />

kretisch-minoischen Thalassokratie historisch nicht gesichert)<br />

2. Griechisch-persische Epoche (ab 600 v. Chr.)<br />

Entstehung erster Seebünde (delisch-attischer Seebund [478/477 v.<br />

Chr.)]; Korinthischer Bund [338/337 v. Chr.] mit erster positiver<br />

Formulierung einer seevölkerrechtlichen Navigationsfreiheit)<br />

punktuelle seerechtliche Regelungen auf den Gebieten <strong>des</strong> Seehandels<br />

(Strandrecht), der Bekämpfung der Piraterie (Piraten als Feinde der<br />

Menschheit) und <strong>des</strong> Seekriegs (Entwicklung erster Regelungen über<br />

die neutrale Schifffahrt im Verlauf <strong>des</strong> Peloponnesischen Kriegs)<br />

erste Ansätze zur Ausdehnung staatlicher Kontrolle über das<br />

küstennahe Meer (Inanspruchnahme eines „cordon sanitaire“; „Ein-<br />

Schiff-Klausel“)<br />

erste Seegerichte in Athen (Schiffsfreigabe, Seehandel);<br />

Entscheidungen innerhalb von 30 Tagen<br />

3. Hellenistisch-römische Epoche (ab ca. 300 v. Chr.)<br />

Aufstieg der „Landmacht“ Rom; Seerecht um ca. 270 v. Chr. daher<br />

zunächst geprägt durch Republik Rhodos als „Herrin <strong>des</strong> Meeres“<br />

Entwicklung der Meeresfreiheit zum Rechtsprinzip (Positivierung im<br />

Corpus Iuris Civilis, vermutlich basierend auf lex rhodia)<br />

Mittelmeer als mare nostrum (Bedeutung als Rechtskonzept umstritten);<br />

jedenfalls sah Rom seine Rolle zunehmend darin, im Mittelmeer für<br />

Sicherheit und Ordnung zu sorgen (Bekämpfung der Piraterie als<br />

Polizeiaktion, nicht als Krieg; Piraten als communis hostis omnium,<br />

nicht als Kombattanten)<br />

Vereinbarungen über Sperr- und Einflusszonen in Verträgen zwischen<br />

Rom und Karthago


Weiterentwicklung <strong>des</strong> Seehandelsrecht (Seewurf; heute: „große<br />

Haverei“ bzw. „general average“)<br />

4. Mittelalter (9. – 15. Jhdt.)<br />

Zeit der seefahrenden Städte (Hanse als „Keimzelle eines maritimen<br />

Profils <strong>des</strong> modernen Europa“ [M. Mollat du Jourdin])<br />

Ausdehnung küstenstaatlicher Territorialansprüche (Dänemark bzgl.<br />

Ostseezugänge, Venedig in der Adria [„Hochzeit mit der See“])<br />

geschriebene seehandelsrechtliche Koifikationen (Consolat del Mare in<br />

Barcelona, Entscheidungen <strong>des</strong> Seegerichtshofs auf der Insel Oléron<br />

[Rôles d´Oléron], <strong>Seerechts</strong>buch von Wisby [1407],<br />

<strong>Seerechts</strong>ordnungen von Amalfi, Pisa, Venedig, Genua, Marseille)<br />

5. Ozeanische Epoche (15. – 17. Jhdt.)<br />

geprägt durch ozeanische Expansion nach Amerika und Asien<br />

Aufteilung der Welt mittels einer gedachten Demarkationslinie 370 sm<br />

westlich der Kapverden durch den Vertrag von Tor<strong>des</strong>illas (1494)<br />

Widerstand der ausgeschlossenen Franzosen, Generalstaaten und<br />

Engländer kulminiert im „Krieg der Bücher“: De mare libero (Hugo<br />

Grotius 1609) vs. Mare clausum (John Selden 1635)<br />

Auseinandersetzung hat weitreichende Bedeutung für die Entwicklung<br />

zentraler seerechtlicher Konzepte (Freiheit der Meere, „effective<br />

control“-Test, historische Gewässer)<br />

Freiheit der Meere als naturrechtliches Postulat (spanische<br />

Spätscholastik [Vásquez, Vitoria])<br />

6. Französische Epoche (1648 – 1815)<br />

Ordonnance de la marine als französisches Seehandelsrechtsbuch<br />

(Bezugnahme auf Rôles d´Oléron und Consolat del Mare)<br />

Meeresfreiheit als anerkanntes Rechtsprinzip, erste Anklänge an<br />

Konzept der erga omnes-Pflichten (Emer de Vattel)<br />

Reichweite <strong>des</strong> Küstenmeers: Kanonenschuss-Regel (Cornelius van<br />

Bynkershoek) als Ausdruck <strong>des</strong> Effektivitätsprinzip; Entwicklung der 3<br />

sm-Regel aus skandinavischer Staatenpraxis<br />

britische Hovering Acts (1736 – 1876) als Vorläufer der Anschlusszone<br />

2


7. Englische Epoche (ab 1815)<br />

„Britannia rules the waves“ (Großbritannien als Seeimperium)<br />

bis 1858 britische Praxis, fremde Schiffe auch auf Hoher See<br />

anzuhalten und zu kontrollieren (Mandat zur Bekämpfung der Piraterie<br />

und Sklaverei)<br />

seekriegsrechtliche Kodifikationsprojekte (Pariser Seerechtdeklaration<br />

[1856], Zweite Haager Friedenskonferenz [1907]); aber: Schaffung<br />

eines Internationalen Prisenhofes scheitert ebenso wie Regelung <strong>des</strong><br />

Neutralitätsrechts in der Londoner <strong>Seerechts</strong>deklaration von 1909<br />

8. <strong>Seerechts</strong>entwicklung im 20. Jhdt. bis zu den <strong>Seerechts</strong>konferenzen<br />

Breite <strong>des</strong> Küstenmeers als seerechtliche Jahrhundertfrage (Scheitern<br />

der Haager <strong>Seerechts</strong>konferenz <strong>des</strong> Völkerbun<strong>des</strong> 1930)<br />

Durchfahrt durch Meerengen (Bosporus, Dardanellen)<br />

Scheitern von Kodifikationsbemühungen hinsichtlich <strong>des</strong><br />

Seekriegsrechts in der Zeit der Weltkriege<br />

9. <strong>Seerechts</strong>entwicklung unter UN-Ägide<br />

Bildung internationaler Organisationen als prägen<strong>des</strong> Charakteristikum<br />

(Völkerrecht entwickelt sich vom Recht der Koexistenz zum Recht der<br />

Kooperation)<br />

ressourcenbezogene Tendenzen zur „Terraneisierung“ <strong>des</strong> Meeres<br />

(1945: Truman-Proklamation über die US-amerikanische<br />

Inanspruchnahme <strong>des</strong> Festlandsockels)<br />

Genfer <strong>Seerechts</strong>konferenz von 1958: vier Konvention bzgl.<br />

Küstenmeer und Anschlusszone, Festlandsockel, Hohe See und<br />

Fischerei<br />

1967: küstenferner Meeresboden und seine Ressourcen als „common<br />

heritage of mankind“ (Arvid Pardo) als Gegenpol zu<br />

Totteilungsansätzen<br />

3. UN-<strong>Seerechts</strong>konferenz von 1973-1982: Abschluss <strong>des</strong> UN-<br />

<strong>Seerechts</strong>übereinkommens als „Verfassung für die Meere“<br />

1994 und 1995: Annahme von Durchführungsübereinkommen<br />

(Implementation Agreements) zum Meeresbodenregime und der<br />

gemeinsamen Verwaltung gebietsübergreifender Fischbestände<br />

3


1996: Internationaler Seegerichtshof (ISGH) nimmt in Hamburg seine<br />

Arbeit auf<br />

<strong>II</strong>I.<br />

Quellen <strong>des</strong> <strong>Seerechts</strong><br />

1. Völkerrechtliche Verträge<br />

insbesondere: <strong>Seerechts</strong>übereinkommen der Vereinten Nationen von<br />

1982 (SRÜ, enthält „besonderes“ Vertragsrecht in den Art. 305 ff. sowie<br />

Ansätze zu einer Hierarchisierung der einschlägigen Rechtsmaterie,<br />

vgl. Art. 311 SRÜ)<br />

Art. 311 Abs. 1 SRÜ: Verhältnis <strong>des</strong> UN-<strong>Seerechts</strong>übereinkommens zu<br />

den Genfer <strong>Seerechts</strong>konventionen<br />

im Übrigen kommen Regeln der Wiener Vertragsrechtskonvention<br />

(WVK) sowie <strong>des</strong> Gewohnheitsrecht zur Anwendung<br />

2. Völkergewohnheitsrecht<br />

relevant vor allem im Bereich der Inanspruchnahme und Abgrenzung<br />

der seerechtlichen Meereszonen (Truman-Proklamation)<br />

3. Allgemeine Rechtsgrundsätze<br />

relevant primär im Zusammenhang mit der Abgrenzung gegenüber<br />

liegender, sich partiell überschneidender Meereszonen<br />

4. Sonstige Rechtsquellen<br />

(P) einseitiger Akt als eigenständige Rechtsquelle <strong>des</strong> <strong>Seerechts</strong>?<br />

4

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