Hier - Die Linke
Hier - Die Linke
Hier - Die Linke
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Augenmaß für die aktuelle Situation und<br />
Veränderungswege sowie Berechenbarkeit in Fragen der<br />
internationalen Politik zeigen.<br />
Änderungsantrag PR.112.2.<br />
AH1, S. 40, Zeile 2528<br />
Ersetzung „militärischer Auslandseinsätze“ durch<br />
„Kriegseinsätze der Bundeswehr im Ausland“<br />
Begründung: Durch diese Konkretisierung soll<br />
klargestellt werden, dass wir weiterhin Kriegseinsätze der<br />
Bundeswehr ablehnen, nicht aber den Einsatz von<br />
Angehörigen und Strukturen von Armeen zum Beispiel bei<br />
der Bekämpfung von Hungerkatastrophen (wie 1984<br />
durch NVA und Bundeswehr in Äthiopien erfolgt) oder bei<br />
klassischen Blauhelmeinsätzen nach Kapitel VI der UN-<br />
Charta (z.B. bei der Konfliktnachsorge bzw.<br />
Friedenserhaltung bei Zustimmung der Konfliktparteien<br />
wie 1989 durch die DDR und die Bundesrepublik<br />
Deutschland zur Sicherstellung der Wahlen in Namibia)<br />
ausschließen.<br />
Generell geht es um Klarheit, ob die LINKE auf alle<br />
Auslandseinsätze der Bundeswehr verzichtet (wie es<br />
andere Anträge an den Parteitag fordern und wie man es<br />
aus der vorliegenden Leitantragsformulierung auch<br />
interpretieren könnte) oder ob sie sich die Option für<br />
Katastrophenschutzhilfen oder die Einzelfallprüfung für<br />
reine UN-Missionen nach Kapitel VI (Konfliktnachsorge<br />
bzw. Friedenserhaltung bei Zustimmung beider<br />
Konfliktparteien oder Wahlabsicherung) oder die – hier<br />
präferierte – Einzelfallprüfung für UN-Missionen auch<br />
nach Kapitel VII (Friedensdurchsetzung, sogenannte<br />
robuste Einsätze; Keine Zustimmung der Konfliktparteien<br />
nötig) für eng begrenzte Fälle (wie Völkermord) nach<br />
strengen Kriterien und mit Blick auf die historische<br />
begründete besondere Kultur der militärischen<br />
Zurückhaltung offenhält.<br />
Änderungsantrag PR.112.3.<br />
AH1, S. 7, Zeile 166 - 169<br />
Streichung von Zeile 166 bis 169 in der Präambel (für<br />
den Fall, dass die alternative Präambel nach PR.106.<br />
keine Mehrheit fand)<br />
und<br />
Ersetzung in Zeile 2551 bis 2553 (AH1, S. 40) letzter Satz<br />
des Absatzes durch:<br />
<strong>Die</strong> Bundeswehr muss wieder auf ihren<br />
grundgesetzlichen Verteidigungsauftrag im Rahmen des<br />
Völkerrechts begrenzt werden. Über eine Unterstützung<br />
ihrer Beteiligung an Missionen der Vereinten Nationen<br />
entscheidet DIE LINKE in jedem Einzelfall. Ihren Einsatz<br />
im Inneren jenseits notwendiger Katastrophenhilfe<br />
lehnen wir strikt ab.<br />
Begründung: <strong>Die</strong> jetzige Formulierung lässt offen, ob sie<br />
sich auf derzeitige Einsätze oder auch kommende<br />
bezieht. Letzteres wäre bei einem Grundsatzprogramm<br />
naheliegend. Damit müsste unsere Partei beim nächsten<br />
Oder-Hochwasser den Einsatz der Bundeswehr ablehnen.<br />
Und noch wichtiger: Damit würde die Einzelfallbewertung<br />
jeder konkreten Anfrage der Vereinten Nationen einem<br />
generellen Nein geopfert. Aber es gab Einzelfälle, bei<br />
denen zur Katastrophenhilfe, zur Durchsetzung des<br />
184<br />
Völkerrechts, zur Beobachtung und Sicherung von<br />
Waffenstillstandsabkommen oder zur Verhinderung von<br />
Völkermord UN-Missionen sinnvoll und gerechtfertigt<br />
waren. <strong>Die</strong>se Fälle kann es auch künftig geben.<br />
So sagte Oskar Lafontaine nach den bewaffneten<br />
Auseinandersetzungen zwischen Russland und Georgien<br />
2008: »Wenn der UNO-Sicherheitsrat einen Blauhelm-<br />
Einsatz beschließen würde, würde dieser von der LINKEN<br />
unterstützt.« Bei der Debatte 2008 über den Einsatz der<br />
Bundeswehr zur Sicherung des Friedensabkommens<br />
zwischen Libanon und Israel argumentierte Wolfgang<br />
Gehrcke zwar gegen eine deutsche Beteiligung, erkannte<br />
aber zugleich die Notwendigkeit dieser sogar nach<br />
Kapitel VII der UN-Charta mandatierten Mission an: »<strong>Die</strong><br />
haben wir immer für notwendig gehalten, weil ein<br />
Waffenstillstand ohne die UNIFIL-Mission ebenso<br />
unmöglich gewesen wäre wie eine Aufhebung der<br />
Seeblockade.« Gesine Lötzsch unterstützte 2005 im<br />
Bundestag die UN-Mission im Sudan zur Einhaltung des<br />
Friedensabkommens nach 22 Jahren Bürgerkrieg,<br />
kündigte aber hinsichtlich der Bundeswehrbeteiligung mit<br />
Verweis auf mangelnde Kontrollmöglichkeiten die<br />
Enthaltung der beiden PDS-Abgeordneten an. Bei der<br />
Verlängerung 2008 hat ein Drittel der Linksfraktion nicht<br />
mit »Nein« gestimmt, weil viele den Einsatz – und die<br />
Beteiligung unbewaffneter Militärbeobachter der<br />
Bundeswehr daran – sinnvoll fanden. Im Juni 2010 vor<br />
dem Referendum über die Unabhängigkeit Südsudans<br />
sagten erneut 25 Abgeordnete nicht »Nein«, darunter<br />
Gregor Gysi. Der Einsatz gegen die indonesische Armee,<br />
der die Ermordung Tausender nach dem Referendum<br />
über die Unabhängigkeit Osttimors beendete war sinnvoll<br />
und richtig. Und beim Völkermord in Ruanda 1994, dem<br />
hunderttausende Menschen zum Opfer fielen, oder dem<br />
Massaker in Srebrenica 1995 mit tausenden Toten hätten<br />
die Vereinten Nationen besser eingreifen sollen, als<br />
zuzusehen oder gar die Truppen abzuziehen. Es wäre<br />
falsch gegen Hilfseinsätze der Bundeswehr, wie etwa<br />
nach dem Erdbeben 1990 im Iran oder 1984 zur<br />
Bekämpfung der Hungerkatastrophe in Äthiopien zu sein,<br />
an dem sich übrigens auch die NVA beteiligte. <strong>Die</strong><br />
Entscheidung des SED-Politbüros 1989 zur Beteiligung<br />
von Volkspolizei und NVA an der UN-Mission in Namibia<br />
zur Sicherstellung der Wahlen ist aus unserer Sicht<br />
richtig gewesen. Der Einsatz von UN-Blauhelmen zur<br />
Überwachung des Waffenstillstandsabkommen auf<br />
Zypern ist sinnvoll. <strong>Die</strong> Frage, ob und an welchen UN-<br />
Einsätzen die Bundeswehr teilnehmen soll, sollte jeweils<br />
konkret entschieden werden.<br />
<strong>Die</strong> Änderungsanträge basieren auf Debatten und<br />
Beschluss des Bundestreffens des Forum demokratischer<br />
Sozialismus am 19.6.2011 in der Frankenakademie<br />
Schney gelegt.