Interview_Koetter, Herbert J.pdf - Intercoiffure Deutschland
Interview_Koetter, Herbert J.pdf - Intercoiffure Deutschland
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„Wir brauchen einen Mindestpreis von 50 Euro“<br />
Frankfurt am Main, 22. Mai 2013<br />
Am letzten Mai-Wochenende treffen sich <strong>Deutschland</strong>s beste Friseure in München. Sie debattieren<br />
unter anderem auch über das Thema Mindestlohn in der Friseurbranche. Für sie führt die Diskussion<br />
dabei am eigentlichen Thema vorbei: der Preisentwicklung in der Friseurbranche. Im <strong>Interview</strong> fordert<br />
<strong>Intercoiffure</strong>-Geschäftsführer <strong>Herbert</strong> J. Kötter deutlich höhere Dienstleistungspreise.<br />
Herr Kötter, Sie sind der Managing Director von <strong>Deutschland</strong>s wohl elitärster<br />
Friseurvereinigung, der <strong>Intercoiffure</strong> <strong>Deutschland</strong>. Wie viele Mitglieder hat dieser Verein und<br />
was macht ihn so besonders?<br />
<strong>Herbert</strong> J. Kötter: In <strong>Deutschland</strong> hat die <strong>Intercoiffure</strong> rund 300 Mitglieder. Mitglied bei der<br />
<strong>Intercoiffure</strong> werden Sie nicht, indem Sie der Vereinigung beitreten. Sie werden berufen und brauchen<br />
Bürgen. Diese Eintrittsschwelle sorgt dafür, dass nur <strong>Deutschland</strong>s besten Friseure, die sich durch ihre<br />
fachlichen, unternehmerischen und auch menschlichen Qualitäten als Führungspersönlichkeiten<br />
innerhalb der Branche auszeichnen, hier Mitglied sind.<br />
Frage: Dann kann man davon ausgehen, dass das Thema Mindestlohn in der Friseurbranche bei<br />
Ihren Mitgliedern kein Thema ist...<br />
<strong>Herbert</strong> J. Kötter: ... das bundesweite Mindestentgelt in der Friseurbranche war auch innerhalb der<br />
<strong>Intercoiffure</strong> <strong>Deutschland</strong> ein heiß diskutiertes Thema. Für unsere Mitglieder ist die ganze Debatte<br />
sehr schädigend gewesen. Es kommt immer vor, dass Sie sich in Einzelfällen gegenüber Kunden in<br />
Rechtfertigungsdiskussionen begeben müssen – über die Löhne der Friseurbranche. Dabei zahlen<br />
unsere Mitglieder ihren Mitarbeitern selbstverständlich in vielen Fällen übertarifliche Löhne, die weit<br />
über dem liegen, was vielerorts branchenüblich ist. Wer Spitzenleistung erwartet, darf seine<br />
Mitarbeiter nicht mit Tarif abspeisen.<br />
Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die ganze Debatte hat die Branche überdies in ein<br />
schlechtes Licht als vermeintliche Niedriglohnbranche gerückt. Das schadet natürlich dem Ansehen<br />
dieser kreativen und fachlich hoch entwickelten Branche. Bei dem Großteil unserer<br />
Mitgliedsunternehmen handelt es sich um traditionsreiche, mitarbeiterstarke und wirtschaftlich<br />
erfolgreiche Mittelstandsunternehmen des Handwerks – die erfüllen in keinem Punkt irgendwelche<br />
Negativklischees.<br />
Frage: Können Sie das an einem Beispiel konkretisieren?<br />
<strong>Herbert</strong> J. Kötter: Ich möchte jetzt keines unserer Mitglieder hervorheben. Es reicht, in das<br />
Mitgliedsverzeichnis der <strong>Intercoiffure</strong> zu schauen. Sie werden für jede größere Stadt, für jede Region<br />
einige Friseurunternehmen verzeichnet finden, die in der Regel über zwei bis fünf Salons verfügen,<br />
zwischen 20 und 50 Mitarbeiter beschäftigen und vor Ort einen hervorragenden Ruf besitzen.<br />
Fachkräftemangel ist für diese Betriebe oftmals kein Thema, weil sie hervorragend aus- und<br />
weiterbilden, überdurchschnittlich gut zahlen und die Mitarbeiter einfach gerne dort arbeiten.
Frage: Jetzt sagen Sie, dass die Diskussion um die Löhne am eigentlichen Problem vorbeiführe.<br />
Warum?<br />
<strong>Herbert</strong> J. Kötter: Ganz einfach. Alle Welt hat nur über den Lohn gesprochen. Aber die wenigsten über<br />
den Preis. Hier wurden – gerade in der Presse – immer wieder die berühmten Auswüchse am unteren<br />
Ende der Preisskala aufgeführt: die berühmten 10 Euro-Friseure, die es übrigens kaum noch gibt. Die<br />
überwiegende Mehrheit der Friseure verlangt doch ganz andere Preise für einen Haarschnitt. In den<br />
meisten unserer Mitgliedsbetriebe kosten Waschen/Schneiden/Föhnen mehr als 50 Euro. Das ist eine<br />
Preismarke, die wir als gerechtfertigt und erstrebenswert erachten.<br />
Frage: Sie fordern also den Schnittpreis von 50 Euro?<br />
<strong>Herbert</strong> J. Kötter: Nein, nicht den Schnittpreis von mindestens 50 Euro. Den gibt es längst und auch<br />
darüber. Aber wir reden über die Dienstleistungen Waschen/Schneiden/Föhnen: Das sind drei<br />
Dienstleistungen und das häufigste Dienstleistungspaket beim Friseur überhaupt. Da steckt fachliche<br />
Kompetenz, viel berufliche Erfahrung und ständiger Weiterbildungsbedarf dahinter ...<br />
Frage: ... aber oftmals werden hier die Haare doch einfach nur mit der Maschine geschnitten.<br />
<strong>Herbert</strong> J. Kötter: Stopp! Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Wir reden von einer qualifizierten<br />
Beratung des Kunden, einer auf seinen Bedarf mit Pflegeprodukten abgestimmten Haarwäsche, einem<br />
fachlich ausgereiften, modischen Messerhaarschnitt und anschließend einem Styling, bei dem der<br />
Friseur mit Föhn und Bürste eine Frisur erstellt. Das hat nichts mit Maschinenhaarschnitt und<br />
Trockenpusten zu tun. Das eine ist wie selbst tapezieren und das andere heißt, einen Malerbetrieb zu<br />
beauftragen, eine fachlich saubere Handwerksarbeit abzuliefern und dabei übrigens auch im Sinne<br />
des Kunden zu beraten. Seltsamerweise ist der Kunde in allen anderen Handwerksbereichen längst<br />
gewohnt, entsprechende Preise zu akzeptieren. Und dann reden wir hierbei oft über vergleichbare<br />
Leistungen. Wenn ich einen Installateur beauftrage, ein Waschbecken zu installieren, sollte die<br />
Leistung bei allen in etwa gleich lang dauern und das gleiche Ergebnis zeitigen. Aber wenn ich einen<br />
Friseur bitte, mir eine neue Haarfarbe zu machen, kann das Ergebnis schon sehr unterschiedlich sein.<br />
Da kommt es auf die Produkte, aber vor allem auf die fachliche Qualifikation und letztlich auf die<br />
gewollte modische Aussage an. Da ist Kreativität gefragt! Aber viele Kunden wollen nur für die<br />
handwerkliche Arbeit zahlen und das ist einfach zu kurz gedacht. Wenn ich einen Friseur beauftrage,<br />
mir eine neue Frisur zu erstellen, bin ich stark von seiner Menschenkenntnis, seinem<br />
Einfühlungsvermögen, seiner fachlichen und kreativen Fertigkeit abhängig – das ist doch weitaus mehr<br />
als nur eine handwerkliche Leistung, die vergleichbar wäre. Eine neue Frisur, die eine Frau schöner<br />
macht, ist doch mehr als ein Haarschnitt! Und das ist selbstverständlich mehr wert als 50 Euro.<br />
Frage: Nun ist die Qualität oder die modische Aussage eines Haarschnitts doch oft auch durch<br />
ein subjektives Empfinden des Kunden geprägt und schwer messbar!<br />
<strong>Herbert</strong> J. Kötter: Es gibt durchaus messbare Kriterien. Das beginnt zum Beispiel in unseren<br />
Mitgliedssalons bei der fachlichen Qualifikation der Mitarbeiter, die durch zahlreiche Weiterbildungen<br />
und ständige Schulungen gewährleistet ist, und das endet bei Qualitätschecks, die wir bei unseren<br />
Mitgliedern von einem unabhängigen Institut durchführen lassen. Die Qualität des Friseurbesuchs wird<br />
natürlich auch vom Ambiente des Salons, der Servicefreundlichkeit der Mitarbeiter und den<br />
angebotenen Zusatzdienstleistungen maßgeblich mitbestimmt. Auch hier sind <strong>Intercoiffure</strong>-Friseure<br />
vorbildlich. All das hat seinen Preis und seine Berechtigung.