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03.03.2014 Aufrufe

pano rama 30 Jahre Kunstmuseum Thurgau Konstellation 5. 71 Jahre – 71 Werke Ein Besuch bei Markus Landert, Direktor und Kurator in der Kartause Ittingen „Die Kartause Ittingen liegt fern ab von aller Hektik – und doch ist der Weg zu uns nicht weit“ heißt es in einer Anfahrtsskizze. Und in der Tat: Wer diesen Ort besucht taucht ein in eine andere Welt, weg vom Getriebe des lärmenden Alltags. Zürich, die Weltstadt mit ihrem Flughafen ist nah und doch weitab. Eingebettet in die Weinberge liegt dieses Kleinod mit über 800 Jahren Geschichte oben über dem Tal der Thur und gegenüber der Kantons - hauptstadt Frauenfeld. Das ehemalige Kloster der Kartäuser, eines der wichtigsten Kulturdenkmäler im Kanton Thurgau, hat eine reiche und wechselvolle Geschichte hinter sich. Vor der Sanierung und Renovierung durch die Stiftung Kartause Ittingen befand sich das Anwesen über 100 Jahre in Privatbesitz und wurde als landwirtschaftlicher Betrieb geführt. Durch den Strukturwandel im Agrarsektor gestaltete sich die Unterhaltung der weitläufigen Anlage immer schwieriger. Und so wurde nach Lösungen gesucht, um diesen wichtigen historischen Ort zu retten, ihn der Allgemeinheit zu öffnen und ihm ein neues, modernes Betriebskonzept zu geben, das anknüpft an die klösterliche Vergangenheit mit der Pflege ihrer Werte wie Gastfreundschaft, Fürsorge, Bildung und Begegnung, Besinnung, Spiritualität und Naturverbundenheit. Gemäß diesen Leitgedanken unterhält die Kartause Ittingen heute ein weithin bekanntes Schulungs- und Seminarzentrum mit einem Gastwirtschaftsbetrieb und vielseitigen Bankett- und Festräumen, eine Gutsabteilung mit eigener Käserei und eigenem Weinbau, eine Gärtnerei und einen Heim- und Werkbetrieb für psychisch und geistig beeinträchtigte Menschen. Sie beherbergt das Ittinger Museum und das tecum, Zentrum für Spiritualität und Bildung der evangelischen Landeskirche. Und schließlich ist sie seit nunmehr 30 Jahren das Domizil des Kunstmuseums des Kantons Thurgau. Und dieses wiederum hat eine ähnlich bewegte Geschichte wie seine heutige Heimstatt. 6

Theo Glinz: „Selbstbildnis mit Modell und drei Malerkollegen“, 1913, Öl auf Leinwand, 90x114 cm | © Kunstmuseum Thurgau Diese Geschichte hat etwas zu tun mit der landwirtschaftlichen Prägung des Kantons. Im Blickpunkt der Politik standen lange Zeit die Belange dieses Erwerbszweigs. Kunst und Kultur führten eher ein Schattendasein, bis im Jahr 1934 nach Gründung der Thurgauischen Kunstgesellschaft das Thema langsam ins Bewusstsein rückte. Es fiel auf, dass der Kanton einer der wenigen in der Schweiz war, der kein eigenes Kunstmuseum unterhielt. Das Manko wurde gar als Schande empfunden, gegen die man nun vorgehen wollte. Und da ein Museum schließlich Inhalte benötigt entschied die Regierung, dass fortan Kunst gekauft werden sollte, und dies vorrangig von heimischen Künstlern. So ganz auf Anhieb gelang dies jedoch nicht. Ausgerechnet das erste Werk war ein Landschaftsbild aus dem Tessin von einem dortigen Maler. Vielleicht, so vermutet Markus Landert, Direktor und Kurator der beiden Museen in Ittingen, kaufte man damals zunächst nach dem eigenen Geschmack, auch um die Amtsstuben auszuschmücken, um zu repräsentieren und darüber hinaus um die Not der Künstler zu lindern, die Probleme hatten ihre Arbeiten am freien Markt zu verkaufen. In einem Reglement aus den 50-er Jahren wurde dann festgeschrieben, dass Werke von thurgauer Künstlern zu kaufen seien, dass es hier um die thurgauische Kunst gehe, die anhand möglichst repräsentativer Beispiele künftig gesammelt werden sollte. Dieser Erlass markiert eigentlich den Beginn der Sammlung, den Zeitpunkt, als man begann, sich im politischen Raum mit diesem Thema zu beschäftigen. Und auch sie hat ihre Geschichte, der rote Faden zieht sich von der reichen Historie der Kartause über die des Kunstmuseums Thurgau hin zur ihr, der heutigen Sammlung. In einem Büchlein steht eine hübsche Geschichte geschrieben, von der nicht bekannt ist ob sie stimmt oder nicht. Aber, so meint Landert, wenn sie nicht stimmt ist sie gut erfunden. Sie beleuchtet ein wenig die Wertigkeit, die der Kunst in jener Zeit von der Öffentlichkeit zugeschrieben wurde. 1941 kaufte der Kanton für 250 Franken ein Bild von Adolf Dietrich (1877 bis 1957), der in der An- 7

pano rama<br />

30 Jahre Kunstmuseum Thurgau<br />

Konstellation 5. 71 Jahre – 71 Werke<br />

Ein Besuch bei Markus Landert, Direktor und Kurator<br />

in der Kartause Ittingen<br />

„Die Kartause Ittingen liegt fern ab von aller Hektik – und<br />

doch ist der Weg zu uns nicht weit“ heißt es in einer Anfahrtsskizze.<br />

Und in der Tat: Wer diesen Ort besucht<br />

taucht ein in eine andere Welt, weg vom Getriebe des<br />

lärmenden Alltags. Zürich, die Weltstadt mit ihrem Flughafen<br />

ist nah und doch weitab. Eingebettet in die Weinberge<br />

liegt dieses Kleinod mit über 800 Jahren Geschichte<br />

oben über dem Tal der Thur und gegenüber der Kantons -<br />

hauptstadt Frauenfeld.<br />

Das ehemalige Kloster der Kartäuser, eines der wichtigsten<br />

Kulturdenkmäler im Kanton Thurgau, hat eine reiche<br />

und wechselvolle Geschichte hinter sich. Vor der Sanierung<br />

und Renovierung durch die Stiftung Kartause Ittingen<br />

befand sich das Anwesen über 100 Jahre in Privatbesitz<br />

und wurde als landwirtschaftlicher Betrieb geführt. Durch<br />

den Strukturwandel im Agrarsektor gestaltete sich die<br />

Unterhaltung der weitläufigen Anlage immer schwieriger.<br />

Und so wurde nach Lösungen gesucht, um diesen wichtigen<br />

historischen Ort zu retten, ihn der Allgemeinheit zu<br />

öffnen und ihm ein neues, modernes Betriebskonzept zu<br />

geben, das anknüpft an die klösterliche Vergangenheit<br />

mit der Pflege ihrer Werte wie Gastfreundschaft, Fürsorge,<br />

Bildung und Begegnung, Besinnung, Spiritualität und Naturverbundenheit.<br />

Gemäß diesen Leitgedanken unterhält<br />

die Kartause Ittingen heute ein weithin bekanntes Schulungs-<br />

und Seminarzentrum mit einem Gastwirtschaftsbetrieb<br />

und vielseitigen Bankett- und Festräumen, eine<br />

Gutsabteilung mit eigener Käserei und eigenem Weinbau,<br />

eine Gärtnerei und einen Heim- und Werkbetrieb für psychisch<br />

und geistig beeinträchtigte Menschen. Sie beherbergt<br />

das Ittinger Museum und das tecum, Zentrum für<br />

Spiritualität und Bildung der evangelischen Landeskirche.<br />

Und schließlich ist sie seit nunmehr 30 Jahren das Domizil<br />

des Kunstmuseums des Kantons Thurgau. Und dieses<br />

wiederum hat eine ähnlich bewegte Geschichte wie seine<br />

heutige Heimstatt.<br />

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