Alle machen mit. Die meisten wissen's nicht - Berliner Festspiele

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Biografie Nicolas Stemann Nicolas Stemann wurde 1968 in Hamburg geboren. Nach kurzem Studium der Philosophie und Literaturwissenschaften und vorübergehender Tätigkeit als Regieassistent und Musiker am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg studierte er Regie am MaxReinhardt-Seminar in Wien und am Institut für Theater, Theatermusik und Film der Universität Hamburg. Mit dem Dramaturgen Bernd Stegemann und einer freien Gruppe von Schauspielern inszenierte er u.a. folgende Produktionen "Der Disney-Killer" von P. Ridley (1996) und "Leonce und Lena" von G. Büchner (1997) im Gostner Hoftheater Nürnberg, "Einfach unwiderstehlich" (1998) von Stemann/Walburg am Theater Basel und "Verschwörung" nach F. Schiller (1999) als Koproduktion mit Kampnagel Hamburg. Seitdem Inszenierungen an verschiedenen deutschsprachigen Theatern, u.a.: „Dead Valley Junction" von Albert Ostermaier am Hamburger Schauspielhaus; „Kauft Tasso" nach Goethe am Schauspielhaus Bochum; „Die Dollarprinzessin" am Düsseldorfer Schauspielhaus; "Hamlet" von Shakespeare am Staatstheater Hannover (eingeladen zum Berliner Theatertreffen 2002 und zum Theaterfestival Bogota.) Diese Inszenierung wurde auch auf der Experimenta im Frankfurter TAT gezeigt, wo Stemann in der Folge „Ich und Politik", ein Polit-Stück über „Fischer- Mahler-Merz" zeigte. Die „Orestie" des Aischylos und Brechts "Dreigroschenoper" ebenda. Am Deutschen Theater Berlin inszeniert er 2004 Kleists „Käthchen von Heilbronn". Im April 2003 inszeniert Nicolas Stemann die Uraufführung von Elfriede Jelineks "Das Werk" im Akademietheater. Seine Inszenierung „Werther!" nach Goethe mit Philipp Hochmair war bereits an vielen Deutschen Theatern zu sehen und zu Gastspielen u.a. nach Moskau und zum BITEF Festival Belgrad eingeladen. „Werther!" ist im Akademietheater zu sehen. Im April 2004 inszeniert er bei den Ruhrfestspielen 2004 unter der Leitung von Frank Castorf.
NZZ Online 14. April 2003, Neue Zürcher Zeitung Arbeit macht vogelfrei «Das Werk» von Elfriede Jelinek - uraufgeführt in Wien Fünf Jahre darbte Österreich ohne Stücke von Elfriede Jelinek. Und jetzt, beim Beginn der Uraufführung ihres Werks mit dem schlichten, wenn auch mehrdeutigen Titel «Das Werk», muss das Publikum im Wiener Akademietheater eine Minute länger warten als geplant. Schon ist ein junger Mann vor den roten Vorhang getreten in Kampfanzughosen, Gummistiefeln und einer Skijacke, auf der ein Abzeichen mit dem österreichischen Adler klebt; schon will er ansetzen zur Rede: Den Text hat er mitgebracht, ausserdem hält er eine Perücke, oder ist es ein Skalp?, mit zwei Zöpfchen in der Hand, Markenzeichen Jelinek - da huscht eine verspätete Zuschauerin in den Saal und findet erst nach längerem Suchen den letzten freien Platz. So. Endlich kann's losgehen. Und ob es losgeht! Wenn Philipp Hauss, der seine Kostümierung Esther Bialas verdankt, zu lesen beginnt, bricht er nicht nur den Bann, mit dem die Autorin Österreichs staatliche Bühnen belegt hatte (und den sie mit dieser Premiere wieder löste). Wie der Schauspieler liest und liest und liest, immer schneller, immer lauter und dabei immer häufiger sich verhaspelnd, scheint er im sprudelnden Fluss der - vormals angestauten - Worte auch das Hauptthema des Stücks zu exponieren: das Wasser. Jenes nämlich, das hoch oben in dem Staubecken des Tauernkraftwerks von Kaprun aufgefangen wird - oder gefangen genommen? Bei Jelinek weiss man nie - und dann, statt frei dahinzuströmen, Strom erzeugt. Es arbeitet; und auch die Sprache muss arbeiten in diesem Textwerk; was sie ratternd beweist. Verräterische Sprache Allerdings lässt sie sich ungern zwingen, wenn sie an die damaligen Zwangsarbeiter erinnert, von denen einige (offiziell 160) das Leben liessen beim Wiederaufbau Österreichs bzw. beim Aufbau eines der wichtigsten nationalen Symbole der Nachkriegszeit. Wasser mag manches reinwaschen, notfalls mittels (am Stromkabel hängender) Waschmaschinen, von denen bald einige die Bühne zieren. Die Sprache aber ist und bleibt dummerweise verschmutzt. Aus einem Versprechen macht sie flugs einen Versprecher und dann vielleicht grad noch einen Verbrecher, pardon: Sie kann nichts dafür, schuld ist allein «Frau Jelinek», die immer wieder alles aufschreibt, was da so zusammengeredet wird landauf, landab und eben - unterdessen sind drei Heidis aufgetreten, quietschfidel-putzmuntere Mädels der PostJelinek-Generation: Alexandra Henkel, Elisa Maria Seydel mit «Stop Temelin»-T-Shirt, Juliane Werner - sogar im Theater. Sicher ist sich indessen die Schriftstellerin ihrer Sprache nie, weshalb sie ihr (und umgekehrt) andauernd ins Wort fällt mit verräterischen Partikeln, die den Diskurs stören wie Sand das Getriebe: «Oje», «aber egal», «und überhaupt», «also!» heisst es allüberall; oft folgt, nach irgendeiner Behauptung, die praktische Formel: «Oder auch nicht.» Referiert wird unter anderem, wie es war (oder auch nicht), damals zu Kaprun, wo erst Zwangsarbeiter der Nazis, dann Nazis als Kriegsgefangene der Amerikaner schufteten. In den i92oer Jahren geplant, mit einem Spatenstich Görings im Jahr des Anschlusses als Baustelle eröffnet, mit Geldern des Marschall- Plans 1955 vollendet: Heute ist das Werk ein
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