Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
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Sprach- und Literaturwissenschaft 473<br />
<strong>für</strong> „Ideale <strong>der</strong> Freiheit" zu begeistern suchen (so Oesterle, 41). Gerade<br />
<strong>der</strong> Bezug auf die Bundesbeschlüsse vom 28. 6. und 5. 7. 1832<br />
hätte Anlaß se<strong>in</strong> können, die zahlreichen zeitgenössischen Flugschriften<br />
und Broschüren <strong>in</strong> größerem Umfang e<strong>in</strong>zubeziehen, die e<strong>in</strong>en<br />
weiterreichenden politischen Anspruch dokumentieren. In diesem<br />
Zusammenhang macht Oesterle gegen den bisherigen Forschungsstand<br />
die E<strong>in</strong>heit des III. Teils <strong>der</strong> „Reisebil<strong>der</strong>" deutlich. Integratives<br />
Element ist ihm die Kritik <strong>der</strong> Koalition von F<strong>in</strong>anzkapital und<br />
Adel. E<strong>in</strong>e differenzierte Interpretation erweist, daß die Attacke gegen<br />
Platen — und später gegen Börne — nicht als „beson<strong>der</strong>s gehässige<br />
Form literarischer Polemik", son<strong>der</strong>n als Aufhellung des öffentlichen<br />
im Privaten zu sehen ist (84).<br />
Die gesellschaftliche und literarische Reaktion auf die Polemiken<br />
He<strong>in</strong>es gibt Anlaß, ausführlich auf Frivolität und ihre Funktion<br />
gegen die Unterdrückungsmechanismen bürgerlicher „repressiver<br />
Moral" e<strong>in</strong>zugehen. War <strong>für</strong> He<strong>in</strong>e die frivole Schreibart zunächst<br />
und vorrangig <strong>in</strong> <strong>der</strong> Religionskritik am Platze, so setzt er sich mit<br />
<strong>der</strong> historischen H<strong>in</strong>terfragung des Schönen <strong>in</strong> Gegensatz zur spätidealistischen<br />
und klassizistischen Ästhetik (95). Wo die spätidealistische<br />
Ästhetik Frivolität als „destruierend" und damit als nichtaffirmativ<br />
und <strong>in</strong>human ablehnt, ist sie <strong>für</strong> He<strong>in</strong>e Möglichkeit von<br />
Humanität ohne bürgerliche Askese und <strong>der</strong>en Triebunterdrückung.<br />
Damit im Zusammenhang steht He<strong>in</strong>es Versuch, <strong>in</strong>- <strong>der</strong> Schrift<br />
„Zur Geschichte <strong>der</strong> Religion und Philosophie <strong>in</strong> Deutschland"<br />
aufklärerische Religionskritik <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e „ansatzweise dialektisch verfahrende<br />
umzuwandeln" und so zur Gesellschaftskritik zu kommen<br />
(113). Indem Oesterle dem „Pantheistischen Exkurs" als Versuch<br />
e<strong>in</strong>er antirestaurativen Politisierung <strong>der</strong> Naturphilosophie größere<br />
Bedeutung als bisher zumißt, kommt er zur Korrektur <strong>der</strong> wesentlich<br />
auf Hegel rekurrierenden Forschung. He<strong>in</strong>es Position <strong>in</strong><br />
„Zur Geschichte <strong>der</strong> Religion und Philosophie <strong>in</strong> Deutschland" wird<br />
als „ideologie-<strong>kritische</strong>r Schell<strong>in</strong>gianismus" gesehen. He<strong>in</strong>e greift dabei<br />
zurück auf Sp<strong>in</strong>oza. Vor allem, <strong>in</strong>dem He<strong>in</strong>e dessen hedonistische<br />
Pr<strong>in</strong>zipien mit <strong>der</strong> Perspektive auf die Entwicklung <strong>der</strong> Produktivkräfte<br />
und e<strong>in</strong>er daran orientierten Fortschrittsidee verb<strong>in</strong>det, gelangt<br />
er <strong>in</strong>s Stadium „konkreter Utopie" (118 f.). Indessen läßt se<strong>in</strong><br />
Verständnis <strong>der</strong> Welt als „Signatur des Wortes" e<strong>in</strong> <strong>Theorie</strong>-Praxis-<br />
Problem im eigentlichen S<strong>in</strong>ne nicht entstehen (122).<br />
Politisch weist die Zuordnung des Rousseauismus zum Deismus<br />
und damit zum bürgerlichen Asketismus bereits auf die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />
He<strong>in</strong>es mit dem „Jakob<strong>in</strong>ismus qua Republikanismus und<br />
Kommunismus qua Babouvismus" h<strong>in</strong> (124). Zum Autonomieanspruch<br />
<strong>der</strong> Kunst als oppositionelles Moment greift He<strong>in</strong>e, als er<br />
e<strong>in</strong>erseits im politischen Asketismus (= Börnescher Republikanismus<br />
und babouvistischer Kommunismus; nicht also, wie Leo Kreutzer<br />
deutlich gemacht hat, im Kommunismus Marxscher Konzeption) und<br />
<strong>der</strong> von ihm verfochtenen politischen und sozialen Revolution, an<strong>der</strong>erseits<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Totalisierungstendenz <strong>der</strong> bürgerlichen Gesellschaft<br />
e<strong>in</strong>e Bedrohung <strong>der</strong> Kunst sieht.