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Das Argument

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438 •Besprechungen<br />

„Eintritt in das Atom-Zeitalter" scheine endgültig der Fortschritt<br />

„über uns verhängt", „uns zum Verhängnis geworden" (27) zu sein.<br />

„Und solange wir nicht unser gesamtes Verhältnis zur Welt von<br />

Grund aus revidieren, sondern [...] voraussetzen, daß die Welt der<br />

Natur für den Menschen da ist, ist nicht abzusehen, wie sich an dem<br />

Dilemma des Fortschritts etwas ändern sollte." (28 f.) — Blumenbergs<br />

Vortrag .„Säkularisation'. Kritik einer Kategorie historischer<br />

Illegitimität" stellt einen Deutungsversuch der Epochenwende<br />

zur Neuzeit dar. Von methodischen Erwägungen ausgehend, kritisiert<br />

der Autor die gängige Herleitung „der historischen Fortschrittsidee<br />

aus der theologischen Eschatologie" (243); von Säkularisation<br />

* Neuwied und Berlin 1963, S. 52 ff.<br />

im Sinne unrechtmäßiger Zueignung ursprünglich theologischer Gehalte<br />

könne in der Emanzipation der Neuzeit nicht gesprochen werden:<br />

„Es ist nicht das vielverschrieene autonome Denken, das die<br />

Frage nach Ziel und Ende der Geschichte an sich gerissen, spekulativ<br />

usurpiert und mit Gewaltsamkeit umgeformt hätte; sondern es ist<br />

die innere Konsequenz des ursprünglichen eschatologischen Gedankens<br />

und seines unausbleiblichen Schicksals selbst, was seine Verwèltlichung<br />

erzwang." (247 f.) Säkularisationsphänomene sind am<br />

ehesten noch in sprachlichen Sachverhalten aufweisbar, „die Konstanz<br />

der Sprache" jedoch „indiziert die Konstanz der Bewußtseinsfunktion,<br />

aber nicht einen genetischen Nexus der Inhalte" (259).<br />

Wenn derart die Geistesgeschichte mit einer „Diskontinuität der<br />

Substanz*' zu rechnen hat, dann wird zugleich die „Voraussetzung<br />

von geistesgeschichtlichen Konstanten, Und damit letztlich [eine] substantialistische<br />

Ontologie der Geschichte" (263) problematisch.<br />

Über die Kategorie des Fortschritts selbst und den historischen<br />

Wandel ihres Gebrauchs Rechenschaft gebend, geht es in Adornos<br />

Aufsatz doch um anderes als Begriffsgeschichte und erkenntnistheoretische<br />

Reflexion, um nichts geringeres als das, „was im Zeitalter<br />

utopischer wie absolut zerstörender Möglichkeiten das Bewußtsein<br />

der Verstrickten erfahren möchte: ob Fortschritt sei" (30). Indem er<br />

die Verfestigungen desFortschrittsbegriffs auflöst, hält Adorno in eins<br />

damit der Realität Widerpart, die jenes Feste am und gegenüber dem<br />

Fortschritt erzeugte. Als Gedanke des Anderen, das nie schon ist;<br />

die Geschichte, die bloß geschieht, übersteigt und doch i n ihr eingelöst<br />

sein will; ein Profanum, kein Theologumenon darstellt, wäre<br />

Fortschritt nicht zu ontologisieren, keinem Absoluten vorzubehalten.<br />

<strong>Das</strong> verurteilt gleichzeitig die Verfallstheorien, die Geschichte auf<br />

ihr Immergleiches herunterbringen, zur Unwahrheit: „kein Gutes<br />

und nicht seine Spur ist ohne den Fortschritt" (34). Sein Begriff<br />

besitzt ein gesellschaftliches Substrat, geht aber in Gesellschaft<br />

nicht auf; läßt sich more philosophico nicht gewinnen und bedarf<br />

doch unabdingbar der philosophischen Arbeit und Anstrengung, soll<br />

er nicht als bloß partikularer der instrumentellen Vernunft in sein<br />

Gegenteil sich verkehren. Deren blinde Akkumulation, die total<br />

gewordene Entmythologisierung, die, alles Individuelle einebnend, in<br />

der totalitären Gesellschaft sich spiegelt, signalisiert objektiv das

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