Das Argument
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I. Philosophie 437<br />
bewahren möchte, erscheint lediglich seiner humanen Inhalte beraubt,<br />
wenn die intendierte Freiheit, eine Menschheit ohne Herrschaft, reduziert<br />
wird auf die ,innere Führung des Lebens' (142).<br />
Dem Resümee Kuhns zufolge soll in dem Buch „die Philosophie<br />
[...] sich den Fragen, die ihr von den Nöten und Hoffnungen der<br />
heute lebenden Menschen aufgedrängt werden" (9), gestellt haben:<br />
entkleidet man die Phrase ihres unerträglich Ideologischen, so verlmögen<br />
dem Wahren an solchem Anspruch nur die Beiträge von,<br />
J. Habermas, K. Löwith und Th. W. Adorno, auf eine verstecktere<br />
Weise schließlich der von H. Blumenberg, gerecht zu werden. Habermas<br />
geht in dem Vortrag über „Naturrecht und Revolution"<br />
— der sich in seinem Buch „Theorie und Praxis" * in einer ausgearbeiteten<br />
Form findet — den Begründungen des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges<br />
und der Französischen Revolution aus dem modernen<br />
Naturrecht nach. Er gelangt zu der Unterscheidung zweier<br />
Typen von Naturrechtskonstruktionen: der liberalen angelsächsischen,<br />
in der „Freiheit und Gleichheit, und in deren Folge auch Leben,<br />
Sicherheit und Glück" sich „dem privatrechtlich gesicherten Automatismus,<br />
sei es natürlicher Rechte, sei es der Gesetze eines naturwüchsigen<br />
gesellschaftlichen Verkehrs" (169), verdanken. Für diese,<br />
auf Locke sich stützende und bei den Amerikanern Realität gewordene<br />
Version ist die Erfüllung der „revolutionären Aufgabe: das<br />
Naturrecht zu positivieren und Demokratie zu verwirklichen" (173),<br />
keine Sache faktischer Revolutionen. Auf sie ist dagegen die Rousseausche<br />
Konstruktion angewiesen, die „eine naturrechtliche Gesamtverfassung<br />
gegen eine depravierte Gesellschaft und eine korrumpierte<br />
Menschennatur erst durchzusetzen" (173) hat, dabei auf<br />
„die formale Automatik des allgemeinen Willens" (170) vertraut,<br />
um in der Wirklichkeit dann „revolutionsgerechte Gesinnung alsbald<br />
im Schatten der Guillotine" (175) zu erzeugen. Marx, die bürgerliche<br />
Revolution durchaus im Sinn der liberalen Theorie begreifend,<br />
knüpft für die proletarische gleichwohl an das Selbstverständnis<br />
der Jakobiner an; indem er den Liberalismus als Ideologe kritisierte<br />
und die eigene Theorie vom Naturrecht loslöste, begann „die<br />
Klammer um Naturrecht und Revolution" zu zerbrechen. „Die Parteien<br />
eines internationalisierten Bürgerkrieges haben den Nachlaß<br />
verhängnisvoll eindeutig aufgeteilt: Die eine Seite hat die Erbschaft<br />
der Revolution und nur der Revolution angetreten; die andere Seite<br />
hat die Ideologie des Naturrechts übernommen, freilich bemüht,<br />
mehr denn Ideologie daraus zu machen." (178)<br />
lOT:<br />
L ö w i t h bestimmt Fortschritt als „Schritt über die Natur hinaus<br />
und von ihr weg" (17); die Natur kenne Vollkommenheit, aber<br />
keinen Fortschritt, dieser mache die Natur des Menschen aus. „Die<br />
unter den Gebildeten üblich gewordene Verhöhnung des Fortschrittsglaubens<br />
ist [...] kurzsichtig" (20), der Fortschritt vielmehr „eine<br />
universale Tatsache" (23), identisch mit der Entfaltung der neuzeitlichen<br />
Naturwissenschaft. Fortschrittsoptimismus allerdings verkehrte<br />
sich mittlerweile in Fortschrittsfatalismus: die Beherrschung<br />
der Natur werde von den Menschen nicht länger beherrscht, mit dem