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Das Argument

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Philosophisches Wörterbuch. 355<br />

meinte nämlich unser famoser, nicht etwa nur falsch denkender,<br />

sondern falsches Denken bewußt produzierender Rusk, würde sich<br />

die amerikanische Regierung auf das gleiche Appeasement, auf die<br />

gleiche Beschwichtigungspolitik einlassen, auf die sich vor dreißig<br />

Jahren die Chamberlains eingelassen hatten, kurz: würde sie uns<br />

Chamberlains Gehör schenken, dann würde sie damit eine ganz gewissenlose<br />

Politik treiben, nämlich eine, die zum Kriege, wenn nicht<br />

sogar zum 3. Weltkriege würde führen können.<br />

Man mache sich das klar: Da stellt sich der außenpolitische Sprecher<br />

einer Regierung hin, einer Regierung, die vor Jahren aufs gewissenloseste<br />

einen Krieg vom Zaun gebrochen hat und diesen von<br />

Tag zu Tag so gewissenlos weitereskaliert, daß er in jedem Moment<br />

in einen atomaren Weltkrieg umschlagen könnte — und dieser<br />

Mann wagt es, den, während er spricht, tatsächlich wütenden Krieg<br />

als Friedenssicherung hinzustellen und zu verteidigen; dagegen diejenigen,<br />

die diesen Krieg bekämpfen, also uns, als Chamberlains zu<br />

verleumden und lächerlich zu machen, als Männer, die dem kriegslüsternen<br />

Hitler von heute nicht rechtzeitig genug ,Halt!' entgegenrufen.<br />

—<br />

Ich gestehe, daß ich ein paar Minuten lang verständnislos geblieben<br />

bin und eine gewisse Anlaufszeit brauchte, ehe ich diese logische<br />

Falschmünzerei, bzw. die Zumutung, derart falsch gedachte Gedanken<br />

zu schlucken, ganz begriff. Nun freilich begreife ich:<br />

1. daß heute nicht mehr die klassische Maxime ,Si vis pacem, para<br />

bellum', also ,willst du den Frieden, dann bereite den Krieg vor',<br />

gilt; daß die heutige Maxime vielmehr lautet: wenn du den für dich<br />

opportunen Krieg weiterführen willst, dann stelle ihn als die Vermeidung<br />

des Krieges dar, und die Bekämpfer dieses Krieges als<br />

gewissenlose Kriegsverursacher;<br />

2. daß Rusk durch seine Warnung vor erneuter Nachgiebigkeit den<br />

Glauben zu erzeugen wünscht, daß diejenigen, die für -Frieden eintreten,<br />

nicht nur einer Drohung nachgeben, sondern einem drohenden<br />

Hitler.<br />

In anderen Worten: die wirklichen Angreifer von heute, die wirklichen<br />

.Hitlers', die Rusks, Johnsons und McNamaras unterstellen<br />

durch die Festigkeit, die sie gegenüber den von ihnen Überfallenen<br />

einnehmen, daß diese Überfallenen die Angreifer von heute, also die<br />

Hitlers, seien. Von Veteranen, in deren Augen die Kriegsgegner<br />

Amerikas natürlich a priori stets einer und derselben Front zugehören,<br />

kann man gewiß nicht verlangen, daß sie Rusks Betrug durchschauen.<br />

Da die Söhne derer, die vor 25 Jahren Hitler bekämpft<br />

hatten, heute die Dörfer der Vietnamesen niederbrennen, sind die<br />

Vietnamesen eben die Hitlerianer von heute, denen nachzugeben<br />

(oder deren Fürsprechern nachzugeben) alle Prinzipien der Freiheit<br />

verletzen würde. Aber darf Rusk damit rechnen, daß die Junioren der<br />

amerikanischen Bevölkerung ebenso betrügbar sind wie deren Veteranen?<br />

Abwarten.

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