Das Argument
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Zur Rolle der Studenten und Intellektuellen 411<br />
rasch, daß unvermeidlich — mögen die ideologischen Schranken durch<br />
Dogmatisierung des Marxismus auch zunächst diese Tendenz recht<br />
lange hemmen — ein Druck von unten entsteht, der die innergesellschaftlichen<br />
Auseinandersetzungen um die Durchsetzung der Demokratisierung<br />
der Gesellschaft beschleunigt.<br />
In den spätkapitalistischen Gesellschaften ist umgekehrt die Garantie<br />
für Vollbeschäftigung und konsumexpansive Wohlstandsgesellschaft<br />
in der Gegenwart offenkundig bisher nur durch den gemeinsamen<br />
Nenner des Rüstungskapitalismus und der Rüstungsplanung<br />
zu gewährleisten. Rüstungskapitalismus bedeutet aber ständige<br />
Gefährdung nicht nur der unterdrückten Bevölkerung der Entwicklungsländer,<br />
sondern auch permanente Bedrohung einerseits der<br />
sozialistischen Länder, andererseits aber auch der Bevölkerung der<br />
spätkapitalistischen Staaten selbst. Die Individuen in diesen Gesellschaften<br />
werden also nicht nur durch irrationalen Konsumzwang entfremdet<br />
und verkrüppelt, sondern bleiben gleichzeitig ständig durch<br />
gesellschaftliche Katastrophen bedroht, zumal auch die planification<br />
des Spätkapitalismus Rezessionen nicht ausschließen kann. Deshalb<br />
bleibt es auch möglich, diesen Individuen diesen Widerspruch bewußt<br />
zu machen und sie in solchen Situationen, in denen diese Bedrohung<br />
augenfällig wird, in den Kampf um strukturelle Veränderung der<br />
Gesellschaft zu führen. Die soziale Macht von außerhalb des gesellschaftlichen<br />
Produktionsprozesses stehenden Intellektuellengruppen<br />
(gleichgültig, ob es sich um die Studenten handelt, die erst später in<br />
diesen Produktionsprozeß eingegliedert werden sollen, oder um Sondergruppen<br />
anderer Art, wie z. B. Schriftsteller etc.) reicht offenkundig<br />
nicht aus, um diesen Kampf isoliert zu führen. Die Interessen<br />
der Arbeitnehmer sind aber objektiv mit dieser Zielsetzung verbunden;<br />
auch wenn sie für deren Majorität z. Z. subjektiv unerkennbar geworden<br />
sind, weil ihr Bewußtsein wegen der Verfügungsgewalt der<br />
herrschenden Klassen über die Massenkommunikationsmittel und den<br />
Bildungsapparat der Gesellschaft durch die Ideologien der herrschenden<br />
Klassen überformt ist, so bleibt es gleichwohl das machtpolitisch<br />
entscheidende Problem, daß dieser Zwang überwunden und das<br />
Klassenbewußtsein der arbeitenden Bevölkerung wiederhergestellt<br />
werden muß. In denjenigen Ländern, in denen dies Klassenbewußtsein<br />
noch institutionelle Grundlagen in noch nicht zerstörten politischen<br />
Organisationen der Arbeiterbewegung hat, läßt sich diese Umwandlung<br />
der objektiven Interessen in subjektives Bewußtsein natürlich<br />
leichter herstellen als in der Bundesrepublik, in der diese<br />
institutionelle Verknüpfung mindestens hinsichtlich der politischen<br />
Organisationswelt aus Gründen der besonderen Geschichte dieser<br />
Bundesrepublik zerstört werden konnte. Aber auch in der Bundesrepublik<br />
ist immerhin noch gewerkschaftliches Bewußtsein vorhanden<br />
und organisatorisch gefaßt. Der Kalte Krieg hat in der Bundesrepublik<br />
die Gewerkschaften nicht in dem gleichen Maße den<br />
politischen Zwecken der herrschenden Klasse unterworfen, wie das<br />
in den Vereinigten Staaten möglich gewesen ist. Daß lediglich<br />
gewerkschaftliches Bewußtsein nicht genügt, um die Macht der ar-