Das Argument
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352 Günther Anders<br />
daß man sich entschließen muß, entweder für Civil Rights und<br />
Kriegsende in Vietnam zugleich einzutreten, oder für keines von<br />
beiden Zielen; sondern sie glauben sogar, daß, wer wie Martin<br />
Luther King an der ,Stop the War in Vietnam'-Bewegung teilnehme,<br />
seine Energien, die er eigentlich ausschließlich seiner eigenen Bewegung<br />
widmen sollte, zerstreue und vergeude. Trauriges Beispiel für<br />
diese Einsichtslosigkeit: Joseph McNeil, der vor sieben Jahren, im<br />
Jahre 1960, als erster ein sit-in in einem Lokal in North Carolina, in<br />
dem er als Farbiger nicht bedient worden war, organisiert und dafür<br />
Arrest-Strafen riskiert hatte. Es ist zum Verzweifeln, aber dieser<br />
selbe McNeil hat nun seine Karriere in der Luftwaffe gemacht, dieser<br />
selbe McNeil erklärt nun, daß er stolz darauf sei, als Offizier<br />
bereits über vierzig ,Combat Support Missions' über Vietnam hinter<br />
sich zu haben, und daß er sich nun als ein ,Military Man' fühle, der<br />
— man traut seinen Ohren nicht — spüre, daß er dort ,something<br />
worthwhile' zu tun habe. Worthwhile indeed. Die Tatsache, daß er<br />
die Freiheit, für die er als Civil-Rights-Man eingetreten war, und<br />
die er auch heute noch erhofft, ruiniert, die ist ihm nicht nur unerkennbar<br />
geworden, vielmehr findet er, daß ,wir' (worunter er nun<br />
die United States versteht) den Krieg, da ,wir' nun einmal in diesem<br />
stecken, auch durchfechten und gewinnen müssen — ein <strong>Argument</strong>,<br />
das die Gegner der Civil-Rights-Bewegung natürlich mit dem gleichen<br />
Recht verwenden könnten. Außerdem findet er aber auch,<br />
daß die Civil-Rights-Bewegung noch immer viel zu langsam vor sich<br />
gehe. Wenn das letztere zutrifft (und natürlich trifft das zu),, dann<br />
hat er das nicht zuletzt sich selbst vorzuwerfen. Denn als Kämpfer<br />
in Asien zerstört er, im Unterschiede zu Carmichael, der den Zusammenhang<br />
erkannt hat, die Bewegung, für die er sich angeblich<br />
einsetzt; und jeder Schuß, den er in Vietnam feuern wird, wird<br />
.backfire' und einen der Seinen in den Vereinigten Staaten treffen.<br />
Die .Besseren'<br />
Nachdem sich am 27. September 1967 der amerikanische Senatsausschuß<br />
für die Streitkräfte der Ansicht des Vorsitzenden des Generalstabs,<br />
General Wheeler, angeschlossen hatte, der Ansicht, daß<br />
die Verminung des Hafens von Haiphong und die Bombardierung<br />
der dichtbesiedelten Stadtgebiete von Nordvietnam nunmehr empfehlenswert<br />
seien, wandte sich der Vorsitzende des außenpolitischen<br />
Ausschusse des Senats, Fulbright, gegen diese Vorschläge und erklärte,<br />
daß Amerika durch Verzicht auf das Vietnam-Abenteuer<br />
nicht nur sein Gesicht nicht verlieren würde, sondern an Prestige<br />
nur gewinnen könnte.<br />
Was am tiefsten deprimiert, sind nicht die barbarischen Beschlüsse<br />
oder <strong>Argument</strong>e unserer Gegner, sondern die <strong>Argument</strong>e unserer<br />
angeblichen Freunde. Zu glauben, daß ein Mörder durch seinen Beschluß,<br />
mit dem Morden aufzuhören, Prestige gewinnen könnte, ist<br />
noch schlimmer, als zu glauben, daß er durch diesen Beschluß sein<br />
Prestige verlieren würde. Daß man keine gemeinsame Sprache mit<br />
den Gegnern, den Hawks, findet, das versteht sich von selber, und