Das Argument
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Philosophisches Wörterbuch. 393<br />
man, ehe man diese Spezialwaffen einsetzt, ihre Häuser bebombt<br />
oder unter scharfen Beschuß nimmt: dann kann man nämlich damit<br />
rechnen, daß Menschen aus den zusammenbrechenden oder brennenden<br />
Häusern und Hütten herausrennen, sich um die Verwundeten<br />
kümmern und ihre Habe aus den Trümmern zu retten versuchen.<br />
Diese auf relativ engem Raum herumwimmelnden, und sich nicht<br />
wie Soldaten im Gelände verstreuenden Menschen, sind die idealen<br />
Zielobjekte; für sie sind die Anti-Personell-Waffen gemeint, gegen<br />
sie werden diese Waffen eingesetzt. Und um ganz gewiß zu sein,<br />
nicht halbe Arbeit geleistet zu haben, kann man danach ja auch noch<br />
ein bißchen mit Napalm nachhelfen.<br />
•<br />
Worin besteht der Fortschritt gegenüber den Usancen des zweiten<br />
Weltkrieges?<br />
Schließlich, so wird man, um die Herkunft der heutigen ,Lazy<br />
Dogs' und ,Guavas' zu beweisen, betonen, man sei ja auch damals<br />
schon inhuman gewesen; auch damals habe man ja keine Rücksichten<br />
mehr auf die Zivilbevölkerung genommen, und vor dem Tode<br />
seien auch damals schon Militär und Zivilbevölkerung gleich gewesen.<br />
Und man wird zurückfragen, warum die Ermordung, die den<br />
Einen damals recht gewesen war, nicht auch den Anderen heute<br />
billig sein sollte?<br />
Eine ganz falsche Frage. Denn die Gleichheit von Militär und<br />
Zivil vor dem Tode, die damals geherrscht hatte, ist nun überholt.<br />
Überholt deshalb, weil nun die Zivilbevölkerung das Vorzugsrecht<br />
auf das Ermordetwerden hat. Die Anti-Personell-Waffen werden ja<br />
nicht nur auch gegen Zivilbevölkerung eingesetzt, sondern speziell<br />
und ausschließlich zum Zwecke der Vernichtung von Zivilbevölkerungen<br />
hergestellt. Ihr im engen Sinne militärischer Wert ist ja<br />
gleich null. — Diese Waffen beweisen mithin, daß der Feind, dem<br />
der Krieg gilt, nun primär die Zivilbevölkerung ist. Diejenigen, die<br />
darüber klagen, daß sogar Frauen, Greise und Kinder getroffen<br />
werden, oder die, wie es Hochhuth jüngst getan hat, fordern, daß<br />
Soldaten nur das Umbringen von Soldaten erlaubt sein solle, die demonstrieren<br />
damit nur aufs kindischste, daß sie die Prinzipien unseres<br />
Zeitalters nicht begriffen haben. Sie sind hoffnungslose Fälle von<br />
Hoffenden.<br />
Sofern heute von einem ,Sogar' die Rede sein darf, dann nur in<br />
dem Sinne, daß ,sogar' auch gegnerisches Militär angegriffen und<br />
ausgetilgt wird. Offensichtlich entwickelt sich die heutige Kriegsführung<br />
einem Endzustand entgegen, in dem der Krieg nur noch aus<br />
solchen Handlungen besteht, die früher als die dem Völkerrecht<br />
widersprechenden Ausnahmen gegolten hatten.<br />
Da die Zivilbevölkerungen nicht mehr, wie in früheren Kriegen,<br />
,in Mitleidenschaft', sondern vermittels eigens für sie bzw. gegen sie<br />
erzeugter Waffen in Leiden gezogen werden, die allein für sie bestimmt<br />
sind, kann dieser Krieg nur noch mit Hitlers Liquidierungen<br />
in den Lagern verglichen werden, da ja auch diese bereits ausschließlich<br />
für, bzw. gegen, Zivilisten eingerichtet worden waren.