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Das Argument

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Philosophisches Wörterbuch. 379<br />

Niederlage des Sozialismus dar. <strong>Das</strong> würde selbst dann gelten, wenn<br />

die sozialistischen Staaten (was ja nicht undenkbar ist), diesen Konkurrenzkampf<br />

gewinnen würden — eine Niederlage wäre ihr Sieg<br />

dann deshalb, weil sie ja nicht denjenigen Zustand gewinnen würden,<br />

auf den sie beim Aufbau des Sozialismus abgezielt hatten, sondern<br />

eben nur den — Wettbewerb.<br />

Ein reizvoller Platz<br />

Daß sein Vaterland fast stets im Recht sei, daran zweifelt Kardinal<br />

Spellman nicht. Aber wenn das einmal doch nicht der Fall sei,<br />

wenn sein Vaterland einmal unmoralisch handeln sollte — nein,<br />

einen legitimen Anlaß zum Widerspruch oder gar zum Widerstand<br />

würde das nicht darstellen, auch einem unmoralischen Amerika habe<br />

man die Treue zu halten. Ausdrücklich hat sich Kardinal Spellman<br />

auf Stephen Decaturs Prinzip der Unmoralität berufen. ,1 repeat',<br />

hat er zur Vietnam-Politik Johnsons erklärt, ,may my country ever<br />

be right, but right or wrong — my country' l . <strong>Das</strong> Schauspiel dieses<br />

hinter dem breiten Rücken eines chauvinistischen Naval Commanders<br />

Deckung nehmenden höchsten Kirchenfürsten hat Seltenheitswert,<br />

sollte der Nachwelt also nicht vorenthalten bleiben.<br />

Die Rettung des Abendlandes<br />

Der wirklich Feinfühlige ist natürlich, um seine Mitmenschen zu<br />

verstehen oder um deren Wünsche zu erfüllen, auf ausgesprochene<br />

Worte nicht angewiesen. Vielmehr ist der fähig, Wünsche von deren<br />

Augen oder deren Gesten abzulesen. Über derart ganz Subtile berichtet<br />

uns die Wiener ,Arbeiterzeitung' vom 12. April 1967. Es handelt<br />

sich da um zwei Männer, die sich zusammen mit dem Hauptsturmführer<br />

Paul Rieter vor einem Münchner Gericht dafür zu verantworten<br />

hatten, in einer der letzten Kriegswochen zehn Juden und<br />

einen Russen — im Vergleich mit den bei Kriegsverbrecherprozessen<br />

üblichen Ziffern eine zugegebenermaßen bescheidene Zahl von Ermordeten<br />

— umgebracht zu haben. Nur der Hauptsturmführer, so<br />

sagte einer der diesem damals Unterstellten aus, habe eigentlich<br />

Schuld getragen; und zwar deshalb, weil er — und damit bin ich bei<br />

der Feinfühligkeit, mit der ich begonnen habe —, weil dieser Hauptsturmführer<br />

mit einer unmißverständlichen Handbewegung angeordnet<br />

habe, die Juden zu erschießen. Daß er nicht so unhöflich hätte<br />

sein dürfen, diese Handbewegung, die doch offenbar ihm und seinem<br />

Kameraden gegolten habe, einfach als Luft zu behandeln, und dies<br />

um so weniger, als er diese Bewegung ja verstanden habe, das werde<br />

man doch wohl einsehen.<br />

Wozu nur bemerkt werden kann: Solange es noch Menschen gibt,<br />

die plumpe Kommandos nicht benötigen und indirekte Andeutungen<br />

und Gesten in genaue Befehle zu übersetzen verstehen, so lange<br />

schwebt unsere abendländische Humanität noch nicht in der Gefahr<br />

ihres Unterganges.<br />

1 .Commonweal' (eine katholische Zeitschrift), 3. 6. 1966.

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