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Das Argument

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Philosophisches Wörterbuch. 375<br />

die ,Schule der Grausamkeit', die besagte Weltmacht sehr bewußt gegründet<br />

hat, und zwar nicht deshalb, weil sie das unwiderstehliche<br />

Bedürfnis gespürt hätte, selbst etwas zu lernen, sondern deshalb,<br />

weil ihr daran lag, allen dem amerikanischen Imperialismus auf<br />

vietnamesische Art Widerstand leistenden, namentlich mittel- und<br />

südamerikanischen Völkern, mores beizubringen, also um diese davor<br />

zu warnen, Vietnamesen zu spielen?<br />

*<br />

Die auffällige Tatsache, auf die wir in so vielen dieser Glossen<br />

aufmerksam machen, die Tatsache nämlich, daß die Amerikaner die<br />

Bilder ihrer Skrupellosigkeiten nicht nur nicht verstecken, sondern<br />

sogar großzügig über die Welt ausstreuen, die wird wohl aus keiner<br />

Perspektive so begreiflich wie aus der dieses ,Mores-beibringenwollens'.<br />

Welchen Sinn würde es denn haben, Warnungsaktionen<br />

durchzuführen, wenn man diejenigen, die man zu warnen wünscht,<br />

nicht informierte? Und wäre es nicht verspielt und unwirtschaftlich,<br />

letztlich sogar barbarisch, vietnamesische Frauen und Kinder für<br />

nichts und wieder nichts mit Napalm zu bewerfen und zu verbrennen,<br />

also ohne gleichzeitig dafür Sorge zu tragen, daß Beobachter<br />

diese Greuel sehen und sich durch deren Anblick eines besseren<br />

belehren lassen? Nein, für eine so humane Weltmacht wie für die<br />

United States kämen derartige Spielereien natürlich nicht in Frage.<br />

Wahr ist vielmehr, daß der Export der Greuelbilder eines der Hauptziele<br />

der Greuelaktionen darstellt. Der nicht untalentierte Diem war<br />

da ja mit gutem Beispiel vorangegangen. Denn die obligatorische<br />

Anwesenheit bei Hinrichtungen von Viet Cong-Angehörigen auf<br />

öffentlichen Marktplätzen und der gleichfalls obligatorische Genuß<br />

der von seinen Fernseh-Teams aufgenommenen, selbst in den Dörfern<br />

von Laos noch mitgenießbaren, Fernsehaufnahmen, konnten von<br />

den Amerikanern ja unschwer als Vorbilder verwendet werden.<br />

Mord im Dom<br />

Am Ostersonntag 1967 unterbrach ein Unbekannter den im Münchner<br />

Dom stattfindenden Gottesdienst. Von niemandem bemerkt, hatte<br />

ein Mann eine der Kanzeln bestiegen, um nun von dieser gegen den<br />

Skandal zu protestieren, daß ein das Christentum für sich in Anspruch<br />

nehmender Staat ein anderes Volk mit Mord und Totschlag<br />

anfülle.<br />

Wie reagierte man auf diese Erwähnung von Mord im Dom? Wie<br />

behandelte man den Mann, der den, geradezu an ,happenings' mahnenden<br />

Versuch unternahm, sich in einem christlichen Gotteshaus<br />

auf christliche Prinzipien zu berufen und die Ausrottung eines nichtchristlichen<br />

Volkes durch ein christliches ausgerechnet an demjenigen<br />

Tage und in derjenigen Stunde zu erwähnen, die dem Geheimnis<br />

der Auferstehung gewidmet sein sollte?<br />

Nun, erst einmal ließ man den Mann von Kirchendienern zum<br />

Schweigen bringen. Und zwar, wie es in den Blättern hieß, deshalb,<br />

Weil .Zwischenfälle' während des Gottesdienstes nicht geduldet

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