Das Argument
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516 •Besprechungen<br />
Föhl, Carl, und Manfred Hennies: Vermögensbildung in<br />
Arbeitnehmerhand, Reihe: Politik in unserer Zeit 2, Günther<br />
Neske Verlag, Pfullingen 1966 (111 S., kart., 5,80 DM).<br />
Der größte Raum des vorliegenden Buches ist dem Versuch gewidmet,<br />
die Möglichkeiten einer Beeinflussung der Vermögensbildung<br />
und -Verteilung aufzuzeigen. Die Verfasser gehen von einer Untersuchung<br />
der Konzentration der Vermögensbildung aus und erörtern<br />
dann ausführlich und systematisch die wirtschaftlichen Auswirkungen<br />
bestimmter Maßnahmen der Vermögensbildung bei Unselbständigen<br />
(Nominallohnerhöhung, Investivlohn, Gewinnbeteiligung, Besteuerung,<br />
Sparförderung). Sie kommen zu dem Ergebnis, daß unter<br />
bestimmten Voraussetzungen in einigen Fällen eine echte Umverteilung<br />
der Vermögen stattfinden kann.<br />
Soweit überhaupt auf die gesellschaftspolitische Problematik eingegangen<br />
wird, werden die gängigen Schlagworte kritiklos wiedergegeben.<br />
Der einzelne soll „an selbstverantwortliches Handeln und<br />
politisches Verantwortungsbewußtsein" (S. 7) gewöhnt werden, er<br />
soll dadurch „die Chance einer Herauslösung aus der Apathie und<br />
dem resignierenden Hinnehmen eines... von fremden Gewalten bestimmten<br />
wirtschaftlichen Schicksals" (S. 75) erhalten. Daß nur in<br />
einer kleinbetrieblichen Wirtschaft das Eigentum dem arbeitenden<br />
Menschen wirtschaftliche Selbständigkeit gewährt, wird nicht gesehen.<br />
Heute ist diese Funktion des Eigentums weitgehend geschwunden.<br />
Gerade die wachsende Konzentration der Wirtschaft bedeutet<br />
nichts anderes, als daß die Zahl derjenigen Eigentümer, die<br />
selbständig wirtschaftliche Entscheidungen treffen können, immer<br />
kleiner wird. Im übrigen scheint es den Verfassern entgangen zu<br />
sein, daß Selbständigkeit, politisches Interesse, Persönlichkeitsbildung<br />
etc. auch auf anderen Wegen als über den der Verfügung über<br />
Privatvermögen erreicht werden können und schon immer erreicht<br />
worden sind.<br />
So ist es nicht verwunderlich, daß sich die Pläne für eine Vermögensbildung<br />
als ein Angriff auf den Wohlfahrtsstaat entpuppen. Die<br />
Vermögensbildung soll zu dem Zweck erfolgen, die gesetzliche Sozialversicherung<br />
abzubauen und teilweise zu ersetzen. Materiell erlangen<br />
die Arbeitnehmer dadurch keinen Vorteil. Soll die Vermögensbildung<br />
nicht zu einem Rückgang der Investitionsrate führen,<br />
so kann, gesamtwirtschaftlich betrachtet, immer nur der gleiche Anteil<br />
des Volkseinkommens für die soziale Sicherung zur Verfügung<br />
stehen. D. h. die Leistung der gesetzlichen Sozialversicherung muß<br />
sich (im Fall der Verwirklichung der Vorschläge der Verfasser) um<br />
die Summe verringern, die nun aus dem Vermögen der Unselbständigen<br />
privat für die Alters- und Krankensicherung ausgegeben wird.<br />
Einerseits lehnen die Verfasser das Zwangssparen bei der Vermögensbildung<br />
ab, weil das auf dem Wege zum „totalen Versorgungsstaat"<br />
weiterführt. Andererseits aber haben sie keine Bedenken,<br />
durch einen Abbau des Sozialversicherungssystems einen massiven<br />
Zwang zur Vermögensbildung auszuüben.<br />
Heidi Rosenbaum (Marburg)