Das Argument
Das Argument
Das Argument
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
V. Ökonomie 515<br />
Adelman, Irma: Theories of Economic Growth and<br />
Development. Stanford University Press, Stanford 1965. (VIII,<br />
164 S., Papb., $ 1,95).<br />
<strong>Das</strong> zuerst 1961 publizierte Buch von Irma Adelman liegt jetzt audi<br />
in einer paperback-Ausgabe vor. A. konzipiert einen begrifflichen<br />
Bezugsrahmen der Theorie der sozioökonomischen Entwicklung, der<br />
die sozialen und kulturellen Bedingungen der Produktivität der gesellschaftlichen<br />
Arbeit und ihrer Instrumente nicht als exogene Faktoren<br />
behandeln will. Neben der Kapitalausstattung, den natürlichen<br />
Ressourcen und der Arbeitskraft gehen verwertbares Wissen<br />
und institutionelles Milieu — letzteres als potentiell auch negative<br />
Größe — als Variablen in das Gleichungssystem ein, das der Bestimmung<br />
des gesamtwirtschaftlichen Produktionsausstoßes gilt. <strong>Das</strong><br />
geschieht der Unmöglichkeit zum Trotz, jene soziokulturellen Implikationen<br />
gesellschaftlichen Produzierens zu quantifizieren. Anzumerken,<br />
daß die Spezifizierung sozialer, institutioneller Einflüsse<br />
auf die Rate des Wirtschaftswachstums „a complete theory of the<br />
historical process" erfordern würde (17), gehört indessen zur Präzisheit<br />
dieses Entwurfs. In seinem Lichte haben die Entwicklungslehren<br />
von Adam Smith, Ricardo, Marx und Schumpeter — deren<br />
Darlegung je ein Kapitel gewidmet ist — insoweit verschiedenen<br />
Charakter, als ihre Postulate über die strukturellen Konstanten des<br />
ökonomischen Systems differieren (23). Die Theorien jener Autoren<br />
in der Sprache dieses Bezugsrahmens zu referieren, erweist sich<br />
spätestens im Fall von Marx als problematisch. Seine Konzeption der<br />
Gesellschaftlichkeit von Arbeit soll (in einem weiteren Quidproquo)<br />
durch ein Marx-Zitat belegt werden, das gerade die Vergegenständlichung<br />
der Produkte solcher Arbeit zur Sprache bringt (61): solche<br />
Mißverständnisse korrespondieren mit der Reduktion der gesellschaftlichen<br />
Arbeit auf einen Produktionsfaktor gleichen Namens,<br />
dem wie anderen Faktoren dieser Art die Rolle einer Systemvariablen<br />
zukommt. Gleichwohl sind diese Interpretationen ebenso instruktiv<br />
wie das anschließend von A. selbst entwickelte Modell<br />
sozioökonomischen Wachstums (109 ff.), das zwei verschiedenen Einkommensarten<br />
(und entsprechendem ökonomischen Verhalten der<br />
Empfänger) und der Rolle des technischen Fortschritts Rechnung<br />
trägt. Die Reichweite ihres theoretischen Ansatzes zeigt sich in den<br />
Schlußbetrachtungen des Buches, in denen deutlich gemacht wird,<br />
daß der Zustand sozioökonomischer „Unterentwicklung" nur als<br />
Komplex interdependenter Merkmale, nicht dagegen im klassischen<br />
Definitionsverfahren, beschreibbar ist und daß seine Überwindung<br />
ebenso des Fortschritts in den Produktionsmethoden wie der Veränderung<br />
der gesellschaftlichen Institutionen und Kulturmuster bedarf.<br />
K. H. Tjaden (Marburg)