Das Argument
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IV. Soziale Bewegung und Politik 509<br />
Schäfer, Friedrich: Der Bundestag. Eine Darstellung seiner Aufgaben<br />
und seiner Arbeitsweise, verbunden mit Vorschlägen zur<br />
Parlamentsreform. Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen 1967<br />
(380 S., kart., 28,—DM).<br />
Schäfer legt mit seinem Werk die erste wissenschaftliche Monographie<br />
über den deutschen Bundestag vor. Daß nahezu zwei Jahrzehnte<br />
seit der Gründung der Bundesrepublik verstreichen mußten,<br />
ehe ein derartiges Vorhaben in Angriff genommen und vollendet<br />
wurde, kennzeichnet die besondere Schwierigkeit des Themas, unterstreicht<br />
aber auch das Verdienst des Verfassers. Schäfer bezeichnet<br />
seine Arbeit selbst als eine „rechtspolitisch-pragmatische" Abhandlung.<br />
Sie ist vorwiegend deskriptiv angelegt, erweist sich — bei der<br />
Lektüre oft nicht eben anregend — über längere Passagen hinweg<br />
als Kommentar zu den einschlägigen Grundgesetz- und Geschäftsordnungsbestimmungen,<br />
bietet aber gelegentlich auch recht anschauliche<br />
und durch langjährige persönliche Erfahrungen instruktiv angereicherte<br />
Darstellungen der Arbeitsweise im Plenum, in Fraktionen<br />
und Ausschüssen sowie des Wechselspiels zwischen Regierung, Mehrheitsfraktion(en)<br />
und Opposition.<br />
<strong>Das</strong> Manuskript wurde vor der Einsetzung der „großen Koalition"<br />
abgeschlossen. Demzufolge konnten die inzwischen eingetretenen<br />
Veränderungen der parteipolitischen Machtverhältnisse und ihre<br />
Auswirkungen auf die innere Struktur und die Funktionsweise der<br />
Volksvertretung nicht mehr berücksichtigt werden. Selbstverständlich<br />
ist die Zugehörigkeit des Verfassers zur ehemaligen SPD-Opposition<br />
nicht ohne Einfluß auf den Fragehorizont geblieben. <strong>Das</strong><br />
wirkt sich vor allem insofern positiv aus, als Bedeutung und Leistungsfähigkeit<br />
des Parlaments grundsätzlich und durchaus zutreffend<br />
an den — in der Bundesrepublik vergleichsweise sehr bescheidenen<br />
— Entfaltungsmöglichkeiten der Minderheit gemessen werden.<br />
Problematischer ist es schon, wenn dem Bundestag a priori ein<br />
politisches Gewicht und eine „Führungsrolle" zugesprochen werden,<br />
die er gerade im parlamentarischen System kaum haben kann. Für<br />
einen Oppositionspolitiker, dessen Wirkungsmöglichkeiten lange Zeit<br />
über auf das Parlament beschränkt waren, liegt eine derartige Fehleinschätzung<br />
in gewisser Weise nahe. Es ist aber bedauerlich, wenn<br />
dadurch gravierende Problemkomplexe wie etwa das Verhältnis zwischen<br />
Parlament und Verwaltung ungebührlich in den Hintergrund<br />
geschoben werden. Der Verfasser hätte sich auch fragen müssen, ob<br />
reiche Betätigungsmöglichkeiten für Abgeordnete in Detailangelegenheiten<br />
und die Häufigkeit einstimmiger Beschlüsse nicht eher<br />
eine gewisse politische Bedeutungslosigkeit der Volksvertretung indizieren<br />
als ein reales politisches Gewicht der Opposition.<br />
Eine Arbeit über den deutschen Bundestag kann an den Fragen der<br />
Parlamentsreform heute kaum mehr vorbeigehen. Schäfer hat sich dieser<br />
Aufgabe nicht entzogen und bietet eine Fülle von Reformvorschlägen<br />
an, die am Schluß des Buches noch einmal systematisch<br />
zusammengefaßt werden. Hierbei zeigt sich nun allerdings eine<br />
grundlegende Schwäche des wissenschaftlichen Ansatzes. Da Schäfer