Das Argument
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IV. Soziale Bewegung und Politik 505<br />
14 Millionen. Zuzüglich der Verlustquote 2 sowie des Asien- und<br />
Europahandels und zuzüglich der bei der Menschenjagd umgekommenen<br />
Opfer — schätzungsweise das Mehrfache der Exportationen<br />
— waren es wahrscheinlich 40 Millionen, die durch dieses Geschäft<br />
beseitigt worden waren, ein Viertel der heutigen Gesamtbevölkerung<br />
Schwarzafrikas (78 ff.). — Indem die Handeltreibenden jedes<br />
andere Objekt als die Produzenten selbst vom Handel ausschlössen<br />
(234) und indem die ursprünglich über die Ware Verfügenden, die<br />
Häuptlinge und Könige, ihn zum Monopol gemacht haben, hatten<br />
die zur Hauptattraktion des europäischen Warenangebots gewordenen<br />
Feuerwaffen die tiefgreifende Zerrüttung des Gleichgewichts<br />
und der Struktur der Stämme zur Folge. Nachdem die Handelsbeziehungen<br />
zu einem „Massenaustausch von Sklaven gegen Feuerwaffen"<br />
erweitert waren, wurden sie zu einem immensen Faktor<br />
der Repression, der das kriegstechnische auswärtige Gleichgewicht<br />
ebenso wie das im Innern der Stämme (und, durch Umwandlung der<br />
traditionalen Machtausübung in autokratische, auch das soziale<br />
und ökonomische) zerstörte (193 f.). Die alte Ordnung der ursprünglich<br />
auf der Basis starker Gemeinrechte und des Naturaltausches gegründeten,<br />
autarken Versorgungssysteme eines Großteils der Bevölkerung<br />
verlor seit der Umfunktionierung des Goldeinkaufes auf<br />
die Extraktion menschlichen Rohstoffs infolge jener Kooperationen<br />
ihre dienstleistende unmittelbare Allgemeinheit. Nachdem die Eingeborenen<br />
zur Beute nicht nur der Sklavenfänger, sondern auch ihrer<br />
eigenen Herrschaft geworden waren und „die überlieferten Sitten<br />
der heimischen Sklaverei auf verhängnisvolle Weise in einen Konkurrenzkampf<br />
zur Beschaffung von Sklaven für den Exporthandel<br />
ausarteten" (169), brachen Sicherheit und Selbstachtung zusammen<br />
und verfielen die lokalen Industrien. Die Vorwände für territoriale<br />
Annexionen indessen und das Bewußtsein der Rechtfertigung im<br />
Hinblick auf die kolonialistische,Praxis wurden in der Folgezeit, wie<br />
D. bemerkt, den Europäern kurzsichtig und hilflos in die Hand gespielt.<br />
— Gemessen an den Analysen zur Zeit der größten Ausdehnung<br />
des Sklavenhandels, bildete die Aberkennung von Allgemein-<br />
2 Schuld waren die entsetzlichen Transportbedingungen. „Die Sklaven",<br />
bemerkt der Engländer Walsh 1829, „waren alle im Zwischendeck<br />
hinter vergitterten Luken eingeschlossen. Der Raum war so eng, daß sie<br />
jeweils zwischen den Beinen ihres Hintermannes sitzen mußten, und sie<br />
waren so zusammengepfercht, daß sie sich Tag und Nacht weder hinlegen<br />
noch überhaupt ihre Stellung verändern konnten. Da sie im Auftrag verschiedener<br />
Leute verschifft worden waren, hatte man ihnen, als handle<br />
es sich um Schafe, das Zeichen des jeweiligen Eigentümers eingebrannt,<br />
und zwar auf Brust oder Armen und ... mit glühenden Eisen". Die lichte<br />
Höhe des Käfigs maß 3 Fuß und 3 Zoll, wogegen sie andernortes manchmal<br />
nur 18 Zoll betrug: Dieses Schiff galt noch als eines der besten (13). Eine<br />
im Jahre 1659 an das Parlament von England gerichtete Petition berichtete,<br />
wie „72 Unglückliche" während der gesamten Überfahrt, also 5Vg<br />
Wochen lang, unter Deck eingeschlossen waren, „zusammen mit den Pferden,<br />
so daß unter dem Einfluß von Hitze und Dampf in dem tropischen<br />
Klima ihre Seelen erloschen" (53).